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Dienstag, den 10. Jan. 2006

Retourkutsche mit Folgen  

SM - Washington.   Im Fall Martin Wishnatsky v. Laura Rovner, Az. 04-3503, hatte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks zu entscheiden, ob die Entscheidung der Beklagten in ihrer Funktion als Direktorin des Clinical Education Program (CEP) der Law School der Universität von North Dakota, dem Kläger rechtlichen Beistand in einem Rechtsstreit - mitunter wegen dessen zuvor geäußerter Kritik an dem Programm - zu verweigern, den Kläger in seinem Recht auf Meinungsfreiheit nach dem ersten Verfassungszusatz zur Bundesverfassung verletzt.

Der Kläger wurde im Jahre 2002 auf die Beklagte aufmerksam, als diese mehrere Kläger in einem Verfahren, in dem die Entfernung einer auf städtischem Boden befindlichen Tafel der zehn Gebote gefordert wurde, mit dem CEP unterstützte. Das CEP bietet Bedürftigen Rechtsbeistand an. Gleichzeitig sammeln die Studenten durch das Auftreten vor Gericht so erste Praxiserfahrung. In einem Brief an eine Lokalzeitung kritisierte der Kläger die Teilnahme des CEP an dem Verfahren als Steuerverschwendung.

2003 bat der Kläger die Beklagte um Rechtsbeistand in einem von ihm angestrengten Verfahren, in dem er die Entfernung der Statue der griechischen Göttin des Rechts, Themis, von einem regionalen Gerichtsgebäude verlangen wollte. Die Beklagte lehnte wegen der hohen Arbeitsbelastung und den begrenzten Kapazitäten des CEP ab. Zudem führte sie an, eine Vertretung des Klägers scheide wegen dessen früheren Anfeindungen gegen das CEP aus.

In Abweichung vom erstinstanzlichen Bundesgericht, das die Klage abgewiesen hatte, sah das Bundesberufungsgericht in seinem Urteil vom 5. Januar 2006 die Entscheidung der Beklagten als unvereinbar mit dem First Amendment an. Es verwies auf die seit 50 Jahren bestehende Rechtsprechung des obersten US-Bundesgerichtshofes, wonach die Verweigerung der Inanspruchnahme einer staatlich finanzierten Einrichtung einer Person gegenüber aufgrund deren Glauben oder Meinungen verfassungswidrig ist.

Das Berufungsgericht als reine Rechtsinstanz brauchte nicht zu klären, ob für die Entscheidung der Beklagten tatsächlich, wie seitens des Klägers behauptet, in erster Linie dessen Ansichten ausschlaggebend waren. Nach Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Ausgangsgericht hat jenes sich nun mit dieser Frage zu beschäftigen.


Dienstag, den 10. Jan. 2006

Ärgern? Nur mit vollem Namen  

.   Nur mit Namensangabe soll man ab jetzt per Internet andere verdrießen dürfen. Diese Vorschrift ist laut Declan McCullaghs Bericht Perspective: Create an e-annoyance, go to jail im neuen Gesetz namens Violence Against Women and Department of Justice Reauthorization Act versteckt, den Präsident Bush am vergangenen Donnerstag, dem 5. Januar 2006, unterzeichnet haben soll. McCullagh zitiert die Bestimmung folgendermaßen:
Whoever...utilizes any device or software that can be used to originate telecommunications or other types of communications that are transmitted, in whole or in part, by the Internet... without disclosing his identity and with intent to annoy, abuse, threaten, or harass any person...who receives the communications...shall be fined under title 18 or imprisoned not more than two years, or both.
Da heute nicht der 1. April ist, hat McCullagh diese Vorschrift wohl nicht erfunden. Dass sie eine verfassungswidrige Schnapsidee ist, die vor keinem Gericht Bestand behalten kann, ist klar. McCullagh kritisiert die Bestimmung. Die American Civil Liberties Union ist ebenfalls nicht begeistert.

Nachdem ein Mädchen über ihre sexuellen Abenteuer im Kongress ein anonymes Blog verfaßte, ist zwar verständlich, dass einige Abgeordneten sich geärgert haben, während andere schneller seinen Namen erfahren wollten, doch sind das keine Gründe, den Verfassungsschutz für die anonyme Meinungsäußerung nach über 200 Jahren aus dem Fenster zu werfen.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.