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Freitag, den 03. Juli 2009

Kein Urteil über $1,9 Mio.  

.   Selbst sonst verlässliche Quellen wie Heise sprechen von einem $1,9 Mio.-Urteil gegen eine Musikmutter in Minnesota. Sie liegen schief, solange es kein Urteil gibt. Kritiker springen auf den Zug, sprechen von Strafe, verdammen die Geschworenen oder machen sich in die Hose.

Der Geschworenenspruch steht vor dem Urteil. Er ist nicht das Urteil. Erklärungen über Berufungsabsichten sind verfrüht, wenn das Urteil aussteht. Nach dem Jury Verdict ist alles reine Spekulation.

Auf das Verdikt folgen Anträge der Parteien, die post-trial Motions. Anträge auf einen neuen Geschworenenprozess, auf Kappung oder auf Erhöhung des Geldbetrages, auf ein Urteil des Richters ohne Beachtung eines falschen Geschworenenspruchs und auf ein Urteil auf seiner Grundlage.

Dass Heise, N-TV und andere Quellen das Verdikt falsch darstellen, beruht wohl auf falschen amerikanischen Darstellungen. Auch in den USA konzentriert sich die Presse auf hohe Zahlen, und die liefern meist die Geschworenen. Auch die US-Presse wartet mit Kommentaren nicht bis zum Urteil. Nur die Electronic Frontier Foundation drückte sich vorsichtig aus.

Bei der Berufung gibt es ebenfalls deutsch-amerikanische Missverständnisse. Die Berufung im amerikanischen Prozess stellt keine Berufung im deutschen Prozesssinne dar, sondern eine Revision. Fakten werden nicht erneut eingeführt oder geprüft. Die Aufgabe eines Courts of Appeal besteht in die Aufdeckung von Rechtsfehlern.

Nachtrag: Am 6. Juli 2009 bestätigt cnet News in Jammie Thomas asks for new trial, dass die Beklagte den Antrag auf einen New Trial wie oben beschrieben als Post Trial Motion gestellt hat.


Freitag, den 03. Juli 2009

Fristen um Feiertage berechnen  

.   Die Fristenkalkulation ist auch für Juristen in den USA ein Erlebnis. Gerade in dieser Woche wird es wieder interessant. Einer der hohen Feiertage fällt auf einen Samstag. Statt des Independence Day erhalten viele Arbeitnehmer deshalb den Freitag frei, Gerichte schließen und Busse fahren nicht.

Wie ist der freie Tag in der Fristenberechnung zu berücksichtigen? In den USA lautet die Antwort: Das kommt darauf an - auch hier gelangt eine deutsche Juristenweisheit zur Anwendung.

Es kommt darauf an, was im Einzelstaat gilt und bei Bundesverfahren kommt es auf die Regeln der Bundesgerichte an. Pi mal Daumen: In den meisten Fällen läuft ein auf den freien Freitag fallendes Fristende erst am Montag ab.

Aber sag das nicht den Anwälten, die gestern im GM-Insolvenztermin auftraten. Der Richter erwartet von ihnen EMails bis Samstagabend, also am heiligen Unabhängigkeitstag selbst. Er will ihre Schriftsätze und Entscheidungsentwürfe bis dahin sehen, um dann möglicherweise gleich über den Verkauf von GM an den Bund, Kanada und die Gewerkschaftstreuhand zu entscheiden. Für uns Anwälte ja nichts ungewöhnliches. Die Interessen der Mandanten gehen dem Freizeitvergnügen vor.


Freitag, den 03. Juli 2009

Eidliche Erklärung ignoriert  

.   Ist das Urteil rügbar, wenn der Richter die Parteien anweist, ihre Schriftsätze und Beweise vorzutragen, um dann zu entscheiden, oder müssen die Parteien in jedem Fall die Gelegenheit erhalten, die Zeugen, deren eidliche Erklärungen ihm als Beweis vorliegen, im Kreuzverhör zu vernehmen?

In Sachen Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs AG v. UT Finance Corp., Az. 08-4176, erörtert das Bundesberufungsgericht am 2. Juli 2009 die Voraussetzungen.

Da das Instanzgericht hier die Affidavits der Zeugen ignorierte und ignorieren durfte, ist kein Rechtsfehler erkennbar, der die Aufhebung des Urteils begründen könnte. Die Cross Examination war verzichtbar.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.