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Mittwoch, den 04. Nov. 2009

EU Handelsvertreter: Anspruch in USA  

.   Kann das US-Gericht dem EU-Handelsvertreter verwehren, seinen Handelsvertreter­ausgleichsanspruch im heimischen Gericht einzuklagen, wenn sein Vertrag mit dem US-Hersteller kalifornisches Recht und einen Gerichtsstand in Kalifornien bestimmt?

Diese wichtige Frage bejahte im Fall Applied Medical Distribution Corporation v. The Surgical Company BV, Az. 09-5515, das Bundes­berufungs­gericht des neunten Bezirks der USA in San Francisco am 3. November 2009 in einer wegweisenden, wenngleich für Kalifornien nicht bahn­brechenden Entscheidung. Das Urteil mit einer Begründung von 22 Seiten Länge betrifft Belgien, ist jedoch für jeden EU-Vertreter amerikanischer Güter bedeutsam.

Im Softwaregeschäft versuchen US-Anbieter oft, über gut eingeführte Unternehmen in Europa ihre Programme an die vorhandene Kundschaft des Vertreters zu vertreiben. Kaum ist das Produkt eingeführt und die Lizenzgebühren fließen - nicht selten auf Jahre hinaus -, wird der Vertrag gekündigt und der US-Hersteller macht sich selbst an die Kunden, ohne den Vertreter an den Einnahmen zu beteiligen oder einen Ausgleich zu zahlen.

Der gesetzliche Anspruch des Handelsvertreters lässt sich oft durchsetzen, doch setzt das Gericht in diesem Fall die Hürden hoch. Eine Anti-Suit Injunction soll ein Verfahren in Belgien zur Durchsetzung des gesetzlichen Anspruchs nach belgischem Recht verbieten.

Das US-Gericht könne schließlich auch ausländisches Recht beurteilen, schreibt der United States Court of Appeals for the Ninth Circuit. In der Praxis bedeutet das allerdings zusätzlichen zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwand im ohnehin teuren und komplexen US-Prozess.

Jede Partei wird ihre eigenen Rechtsgutachter benötigen, wobei die aus dem Ausland eingeflogenen in der Regel keine besonders gute Figur abgeben. Sie ahnen nicht, wie man in der Cross-Examination oder in der Discovery Fragen nicht beantwortet; statt dessen wollen sie das Gericht mit einem gefährlichen Rede- und Erklärungs­schwall überzeugen - was gar nicht ihre Aufgabe ist. Oder sie regen sich über Fragen nach der zuletzt gewechselten Bettwäsche auf.

Die gerichtliche Erörterung der Rechtsfragen zum belgischen Recht zeigt, dass das amerikanische Gericht das ausländische Gericht nicht so gut versteht wie es glaubt. Vielleicht hat auch ein mit dem ausländischen Recht unvertrauter Rechtsanwalt oder Expert Witness dem Gericht nicht deutlich gemacht, dass gewisse gesetzliche Ansprüche bei Vertragsschluss unverzichtbar sind und deshalb nicht schon im Vertrag geregelt werden konnten, nach IPR-Grundsätzen jedoch nicht einfach ignoriert werden dürfen, aaO 18.[US-Recht,Handelsvertreter, Ausgleichsanspruch, Anti-Suit,IPR]







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.