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Samstag, den 05. Mai 2007

Wayback kein Beweis  

.   Ohne die Wayback Machine ist so mancher Prozess nicht mehr zu gewinnen. Sind die Wayback-Informationen beweisfähig? Nicht ohne eine Authentizierung, bestimmte ein Gericht am 28. März 2007 in Sachen Robert Novak v. Tucows, Inc. et al., Az. 06-CV-1909. Die aufsehenerregende Prozessserie Petswarehouse.com gelangt damit vor dem United States Court, Eastern District of New York zu einer wegweisenden Erkenntnis im Beweisrecht.

Der prozessrechtliche Wert der Wayback Machine wird damit jedoch nicht unterminiert. Die Regeln über das Hörensagen, Hearsay, werden strikter, doch in durchaus noch realisierbarer Form nach den Federal Rules of Evidence angewandt. Wer sich nicht daran halten will, kann erwägen, die National Security Agency als Zeugin mit der Aufforderung zu laden, die von ihr gespeicherten verfahrensrelevanten Internet-Daten vorzulegen und zu authentizieren.

Das dürfte zu interessantem Präzedenzfallrecht im Bereich Subpoena Duces Tecum führen. Das lesenswerte Urteil behandelt zudem eine weitere bedeutsame Frage: Die Wirksamkeit einer Rechtswahl.


Samstag, den 05. Mai 2007

OFAC und Einzelhandel  

.   OFAC verbietet Geschäfte mit Terroristen. Meist denkt man an Banken oder Luftfahrtgesellschaften als Betroffene. Dass der Einzelhandel der Strafandrohung von $10 Mio. oder 30 Jahren Gefängnis unterliegt, springt nicht ins Auge. Doch unter Bürgerrechtsaspekten wird diese dem Handel zugemutete Hilfssheriffrolle nun vom Lawyers' Committee for Civil Right in San Francisco angeprangert.

Kann der Bäcker um die Ecke beim Doughnut-Verkauf die Schwarze Liste der OFAC prüfen oder sich einen spezialisierten Wirtschaftsanwalt leisten, wenn der Kunde zufällig aus dem Umkreis Castros, der Terroristen oder Drogenhändler stammt? Auch der Durchschnittsanwalt oder -richter wüsste nicht, wie er sich nach den komplexen Regeln des Office of Foreign Asset Control im Washingtoner Schatzamt verhalten sollte. Selbst die größten Kanzleien lassen sich von Spezialisten beraten.

Die Washington Post weist in einem Bericht vom 27. März 2007 auch auf Nebenwirkungen hin: Aus Furcht vor den extremen Strafen werden vielen Kunden Waren und Dienstleistungen verweigert, wenn Unternehmen sich der OFAC-Liste bewusst sind. Anscheinend trifft das Handelsverbot mehr Gute als Böse, darunter Amerikaner, die zufällig den Decknamen eines Staatsoberhauptes auf Liste tragen.

Ob diese unbeabsichtigten Auswirkungen auf den amerikanischen Binnenmarkt Auswirkungen auf die OFAC-Arbeit entfalten werden? Das ist zu bezweifeln. OFAC arbeitet laufend an einem ausgefeilteren Regelwerk, das dahin tendiert, eher mehr als weniger natürliche und juristische Personen und Transaktionen im In- und Ausland dem Embargosystem der USA zu unterwerfen.


Samstag, den 05. Mai 2007

Rufmord und Redefreiheit  

.   Tenor: Der Beklagten werden folgende verleumderische Aussagen über den Kläger gegenüber Dritten verboten: … Kläger stellt Sexvideos her; Kläger nimmt an Kinderpornografie teil; Kläger vertreibt illegale Drogen; Kläger hat Mafia-Beziehungen; Kläger fördert lesbische Handlungen; Kläger nimmt an Prostitution teil and wirkt als Bordell; Kläger serviert verdorbenes Essen.… So endet ein Verleumdungsprozess.

Gegen die Verbote wendet sich die Nachbarin einer kalifornischen Inselkneipe. Anne Lemen hatte jahrelang Kunden, Inhabern und Angestellten der Kneipe aufgelauert, sie fotografiert, sie beschimpft und auch als Huren bezeichnet, bis das Gericht ihr einige Behauptungen und Handlungen verbot.

Die Nachbarin ist in der Revision teilweise erfolgreich, als sie eine Verletzung ihres Recht auf Redefreiheit rügt. Das Oberste Gericht Kaliforniens erörtert ausführlich die Entwicklung und Grundlagen des Verleumdungsrechts seit dem englischen Common Law.

In Sachen Balboa Island Village Inn, Inc. v. Anne Lemen, Az. S127904, stellt es dieses am 26. April 2007 in den Kontext der Redefreiheit nach der Bundesverfassung der USA sowie der kalifornischen Verfassung und gelangt zur Erkenntnis, dass die Verbote zu weit gehen und eingegrenzt werden müssen.


Samstag, den 05. Mai 2007

Mitverschulden und Beweis  

.   In den USA gibt es so viele Rechtsordnungen, dass sich wenig verallgemeinern lässt. Doch ist es oft unvermeidbar. Ein Grundsatz aus der Law School bleibt jedoch hängen: Das Mitverschulden im Recht der unerlaubten Handlungen, Torts, ist so unterschiedlich von Staat zu Staat geregelt, dass man ohne Präzedenzfälle und Gesetze gar nichts sagen kann.

Eine lesenswerte Einführung findet sich in der Begründung des Bundesberufungsgerichts des achten Bezirks in Sachen Greyhound Lines, Inc. v. Robert Wade et al., Az. 06-1857, vom 24. April 2007. Das Gericht überprüft die Verteilung der Schadenshaftung nach den Regeln des Mitverschuldens.

Zudem untersucht es mehrere interessante Beweisfragen: Die Wirkung der Beweismittelunterdrückung, Spoliation, sowie die Zeugeneignung einer bei einem Bus- und Lastwagenunfall verletzten und über ihre Vorstrafen lügenden Fahrerin. Die Hirnverletzung ist kein Grund, ihre Aussage nicht zuzulassen. Über die Lügen hätte sich die Gegenseite bereits im Verfahren vor der Hauptverhandlung unterrichten müssen. Sie stellen keinen Aufhebungsgrund dar.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.