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Samstag, den 30. Juni 2007

Neuer EU-Vertrag

 
J.G - Washington.  Ob der Beschluss des neuen EU-Vertrages einen Erfolg darstellt oder nicht, wird in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich beurteilt. Rechtlich enthält er jedenfalls interessante Neuerungen.

Die Mitgliedsstaaten sind von einer echten Verfassung abgerückt und haben sich nur auf einen Vertrag, Treaty, geeinigt. Der Begriff Verfassung kommt im Text nicht mehr vor. Die im Jahr 2000 beschlossene Grundrechtscharta der EU wird rechtsverbindlich, taucht im Vertrag jedoch nicht mehr auf, sondern wird über einen Verweis einbezogen. Darüber hinaus werden auf Drängen Frankreichs Regelungen zur Wettbewerbsfreiheit gestrichen.

Am 28. Juni 2007 organisierte die Friedrich Naumann Foundation unter dem Motto An Assessment of the EU Summit - Implications for the Future eine Veranstaltung, die die Ergebnisse des EU-Gipfels vom 21.-22. Juni 2007 in Washington vorstellte. Der Repräsentant der FNF in Washington, Claus Gramckow, begrüßte als Gastredner Dr. Werner Hoyer.

Hoyer fasste die wichtigsten Erkenntnisse des EU-Gipfels zusammen und analysierte einige relevante Regelungen des neuen EU-Vertrages. Da die Mitgliedsstaaten von einer Verfassung nach deren Scheitern in 2005 zunächst Abstand genommen hatten, sei der nun beschlossene EU-Vertrag äußerst wichtig für die EU. Auch wenn er nur einen kleinen Schritt darstelle, sei er auch für die USA und den transatlantischen Dialog bedeutsam.


Freitag, den 29. Juni 2007

Vertragsanpassung bei Irrtum

 
J.G - Washington.  Fahrlässiges Fehlverhalten schließt eine Vertragsanpassung wegen eines beiderseitigen Irrtums nicht aus. Dies entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in seinem Urteil vom 22. Juni 2007. Es hebt die erstinstanzliche Entscheidung teilweise auf und weist das Bezirksgericht an, die Deckungssumme im Versicherungsvertrag auf $5 Millionen zu erhöhen.

Die Berufungsklägerin hatte bei der Berufungsbeklagten für diverse Gebäude eine Versicherung abgeschlossen. Diese sah unter anderem eine Deckungssumme für Erdbebenschäden von $5 Millionen vor. Bei der jährlichen Erneuerung der Police zu den vermeintlich selben Bedingungen trug die Beklagte versehentlich eine Deckungssumme von lediglich $500.000 ein - ebenso konsequenterweise bei den weiteren Erneuerungen in der Folgezeit.

In Sachen Caliber One v. Cook, Az. 04-35181, führt der Court of Appeals aus, dass ein mutual Mistake vorliegt und daher der Vertrag anzupassen ist. Nach dem Recht des Staates Washington liegt ein solcher vor, wenn die Parteien zwar identische Absichten haben, diese aber nicht im Schriftstück niederlegen. Bei der Erneuerung der Police hatten die Parteien nach Überzeugung des Gerichts die übereinstimmende Absicht, die ursprüngliche Deckungssumme zu vereinbaren.

Die Eintragung der niedrigeren Deckungssumme war - auch nach der Beklagten - nur ein Schreibfehler. Die Beklagte hat zudem keinen ausreichenden Beweis dafür erbracht, dass die Klägerin Kenntnis von der niedrigeren Deckungssumme hatte. Ein etwaiges fahrlässiges Verhalten der Klägerin steht der Reformation-Klage ebenfalls nicht entgegen. Denn sonst wäre eine solche fast nie möglich, da die Fahrlässigkeit gewöhnlich aus dem Irrtum herrührt.

Zudem enthielt die Police eine Regelung, wonach der Versicherungsnehmer in einem Erdbebenfall pro Ereignis einen Abzug von fünf Prozent, mindestens $50.000, selbst zu tragen habe. Fünf Prozent wovon - vom gesamten Versicherungsvolumen oder von den Schäden?

Das Gericht bestätigt in diesem Punkt das Ausgangsgericht. Es hält die Klausel für unklar, ambiguous, und stellt nach Berücksichtigung der Beweise auf das Versicherungsvolumen ab. Nach dem einzelstaatlichen Recht von Washington zieht das Gericht bei unklaren Vorschriften zur Ermittlung ihrer Bedeutung äußere, von den Parteien vorgebrachte Beweise heran. Die Klägerin hatte keinen Beweis angeboten, während die Beklagte überzeugende Beweise für ihre Auffassung vorbrachte.


Donnerstag, den 28. Juni 2007

Bush verweigert Beweisvorlage

 
.   Wer den Eindruck erhält, Cheney sei ein disgusting Creep, wundert sich nach der vierteiligen Washington Post-Serie über den aufgebrühten Macchiavelli nicht, dass sein nomineller Vorgesetzter die heute fällige Unterlagenvorlage im Kongress verweigert.

Das von ihm beanspruchte executive Privilege wird also auf den Prüfstand der Gerichte gelangen. Vor denen braucht Bush keine Angst zu haben. Die neuesten rechtspolitisch wichtigen Urteile zeigen, dass er den Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten nun fest in der Hand hält.

So hat der Supreme Court am 28. Juli 20078 die seit Jahrzehnten verfolgte Rassengleichstellung in den Schule mit dem Urteil in Sachen Parents Involved in Community Schools v. Seattle School District No. 1, Az. 05-908, aufgehoben. Auf einer Ebene hat Bush damit einen beachtlichen Sieg errungen, der seine rechtsradikalen Freunde auf Jahrzehnte hinaus beglücken kann.



Strafzettel plus $2250

 
.   Ab dem 1. Juli 2007 kostet der Strafzettel in Virginia nicht nur die üblichen $50 oder $100. Ein Aufgeld von $1000 oder mehr soll als Verkehrsmissbrauchsgebühr die Fahrer in Virginia zu besseren Manieren animieren.

Zudem sollen die Civil Remediation Fees, die keine strafrechtlichen Folgen auslösen, die Staatskasse um jährlich $65 Mio. aufbessern. Steuererhöhungen ließen sich politisch nicht durchsetzen, und massive Anstrengungen im Straßenbau sind vor allem in der Region um Washington, DC notwendig. Diese sollen mit den neuen Gebühren finanziert werden.

Um den Bürgern das Programm schmackhaft zu machen, werden Ratenzahlungen akzeptiert. Beispielsweise darf der Zuschlag von $2250 auf die erste Trunkenheitsfahrt über drei Jahre abgestottert werden.


Mittwoch, den 27. Juni 2007

Nach dem Schiedsspruch

 
.   Eine Klage kann auch ohne bundesrechtliche Frage vor das Bundesgericht gelangen, wenn die Parteien aus unterschiedlichen Staaten stammen und der Streitwert $75.000 überschreitet. Was geschieht, wenn die Klage suspendiert wird, damit das Schiedsgericht den Streit regelt, und der Sieger vom Gericht die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs von $59.208 beantragt? Entfällt wegen des niedigeren Wertes die sachliche Zuständigkeit des Bundesgerichts?

Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks entschied am 20. Juni 2007, dass die sachliche Zuständigkeit wegen der Suspendierung erhalten bleibt. Daher sah es auch keinen Anlass, auf das Argument des Siegers einzugehen, der Wert der Widerklage von $36.935 sei seiner Forderung hinzuzurechnen.

In Sachen Choice Hotels International, Incorporated v. Shiv Hospitality, LLC et al., Az. 05-2201, bestätigte es zudem, dass der Sieger eine Einjahresfrist zur Anerkennung des Schiedsspruchs beachten muss, während der Verlierer mit dem Antrag auf seine Aufhebung, Vacatur, nur drei Monate Zeit hat. Diese Regel des Federal Arbitration Act gilt auch, wenn der Sieger seinen Antrag erst nach drei Monaten stellt: Der Verlierer darf dann das Vacatur nicht mehr geltend machen; sein Recht ist verwirkt.



$2000 plus iPhone

 
.   Enttäuschungen kann es beim iPhone-Wiederverkauf wegen der komplexen Vertragsstruktur des AT&T-Apple-Angebotes geben. $2000 dürften die Kosten nicht reinbringen.

Neben dem Kaufvertrag für das Gerät wird ein Dienstleistungsvertrag geschlossen, dessen Mindestwert bei $1440 liegt. Hinzu kommen Steuern und Gebühren, also noch einmal etwa $250.

Die Vertragsstrafenoption, die als early Termination Fee $175 kostet, ändert das Ergebnis im Einzelfall. Eine Strafe wäre als Penalty im amerikanischen Vertragsrecht nichtig, also stellt sie sich als liquidated Damages dar. Im Einzelfall sogar als Bonus.


Dienstag, den 26. Juni 2007

Bei 101 Grad kein Blau

 
.   101 Grad: Der erste Tag, an dem der dunkelblaue Anzug im Schrank bleibt. Der Referendar legt sogar die Jacke ab. Die Mandanten machen es sich schon lange bequem. Washington, DC erstand schließlich an Sumpfland, und die Luftfeuchtigkeit erinnert ständig daran. Bald wird der Kongress in heimische Gefilde flüchten. Der Stillstand der Gesetzgebung wird jedoch die vierte Gewalt nicht ergreifen: Anwälte dienen ihren Mandanten aus den USA und dem Ausland auch, wenn's heiß hergeht.



Sinnlose Meinung verboten

 
.   Dem Recht auf Meinungsfreiheit sind in der Schule Grenzen gesetzt, entschied der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington, DC am 25. Juni 2007 in Sachen Deborah Morse et al. v. Joseph Frederick, Az. 06-278, 551 US ___ (2007).

Das gilt auch, wenn die Schulverwaltung den sinnlosen Spruch BONG HiTS 4 JESUS auf einem Banner als Aufruf zur Drogenbenutzung missversteht. Die Verwaltung darf den Schüler aus der Schule ausstoßen. Sie muss jedoch die Gesamtumstände und die den Schulbetrieb störende Wirkung abwägen.


Montag, den 25. Juni 2007

Hose 23 Seiten wert

 
.   Die Hose, die um die Welt ging, ist dem Gericht 23 Seiten wert. Die Urteilsbegründung, die getrennt vom Urteil ergeht, erörtert die materiellen Anspruchsgrundlagen sowie die unterschiedlichen Beweisschwellen, die der Kläger nicht erklimmen konnte. Richterin Bartnoff bestätigte in Sachen Roy L. Pearson, Jr. v. Soo Chung et al., Az. 05 CA 4302 B, dem klagenden Verwaltungsrichter, was jeder mit gesundem Menschenverstand versteht: Klagabweisung.

Seine Ansprüche beruhten auf einem Verbraucherschutzgesetz des Hauptstadtbezirks, Betrug aufgrund einer Zufriedenheitszusicherung sowie Unterschlagung oder allgemeiner Fahrlässigkeit. Neben gesetzlichem, tatsächlichem und Strafschadensersatz wurde eine Verbotsverfügung für die Ladenschilder Satisfaction Guaranteed und Same Day Service beantragt.

Im nächsten Prozessschritt entscheidet der Superior Court of the District of Columbia, ob der Kläger ausnahmsweise das Anwaltshonorar der Beklagten trägt und wegen Missbrauch des Gerichts nach Rule 11 des Prozessrechts von Washington, DC Sanktionen unterliegt.



IP-Anschrift: privat, nutzlos

 
.   Auf IP-Anschriften von ISP-Kunden darf im Prinzip niemand zugreifen. Die Ausnahmen bestehen in der Freigabe durch Kunden selbst oder in einem rechtsstaatlichen Eingriff. Als privates Merkmal der Identifizierbarkeit einer Verbindung, vielleicht auch eines Rechners und einer möglicherweise definierbaren Gruppe von Benutzern stehen IP-Anschriften unter dem Schutz der informational Privacy: die staatliche Forderung ihrer Herausgabe bei Untersuchungen für Zivil- oder Strafverfahren muss daher auf einem Gerichtsbeschluss basieren, entschied das Berufungsgericht von New Jersey in Sachen State of New Jersey v. Shirley Reid, Az. A-3424-05T5.

Soweit einzelne Staaten der USA die Expectation of Privacy für die IP-Adresse so definieren, ergibt sich ein verwirrendes Bild. New Jersey kann beispielsweise nicht zum Schutz seines Bürgers einschreiten, dessen ISP in Virginia sitzt, wenn dort jemand aus Kalifornien die IP-Anschrift ohne Gerichtsbeschluss abfragt.

Ebenso verwirrend und verfassungsrechtlich unsystematisch ist auch die Verwertung von Kundendaten. Nach Bundesrecht darf der Staat sie nicht vom Bürger fordern, nach dem Bank Secrecy Act jedoch von Banken. Wenn er sie von Banken erhält, darf er sie nach Belieben verwerten. Dass manche fremde IP-Anschrift bei Banken lagert und in den Datenbestand des Bundes gelangt, dürfte unbezweifelt sein.

Da jeder Browser ohne sichernde Einstellungen IP- und zahlreiche andere Daten über Gerät und Verbindung des jeweiligen Nutzers - oder korrekter: mehrerer oder einzelner Benutzer - herausgibt und die wenigen rechtlichen Sicherungen zur informationellen Selbstbestimmung mehr Löcher als schweizer Käse haben, muss man dem Titel von David Holtzmanns warnendem Buch zustimmen: Privacy Lost: How Technology is Endangering Your Privacy.

Andererseits ist jedoch kaum zu fassen, welcher Wert einer IP-Anschrift aus Empfängersicht und im Rechtsalltag zugemessen wird: Die Empfänger muss immer damit rechnen, eine verbindungsfremde IP-Anschrift zu erhalten. Selbst wenn die Zuordnung der IP-Anschrift zur Verbindung stimmen sollte, können hinter ihr über 250 Geräte stehen, von denen wiederum jedes ein nachbarschaftsfreundliches WLAN oder einen Router mit ca. 250 angeschlossenen Rechnern bedeuten kann.

Sollte ein bestimmtes Gerät durch die zahlreichen vom Browser übermittelten Daten identifizierbar sein - was wegen der Einstellbarkeit von Browsern auch nicht einfach ist -, ist damit noch längst kein Beweis über einen konkreten Benutzer geführt. Für rechtliche Zwecke kann daher eine beim Empfänger eingegangene IP-Anschrift, selbst in Verbindung mit weiterführenden Gerätedaten, höchstens eine infinitesimal geringe und leicht irreführende Indizwirkung besitzen.



Verschwenderische Anwälte

 
.   Im Aufzug lernt man, was zum $300-Stundensatz für Anfänger führt:

Schon gehört, dass die Konzerne die K Street verlassen? Sie wird ihnen zu teuer.
Kanzleien bauen dort weiter aus. Marmor, Gold und Glas.
Die Konzerne produzieren, ihre Wasserträger plündern sie aus.
Aus dem Verband der Firmenjuristen kam ein Embargovorschlag für Kanzleien mit exorbitanten Anfängersätzen.


Sonntag, den 24. Juni 2007

Cheneys Intrigen

 
.   Wie kamen die verfassungs- und völkerrechtswidrigen präsidentiellen Anordnungen zustande, die zur Überwachung des internationalen Telefonverkehrs ohne Gerichtsbeschluss und die Entziehung aller Rechte der in Afghanistan Gefangenen führten? Die Washington Post beschreibt ab dem 24. Juni 2007 in einer Sonderserie die Intrigen von Vizepräsident Cheney, der gleichermaßen Bush wie Gonzales um den Finger wickelte sowie die Justiz- und Außenministerien in Washington ignorierte und aus dem von ihm gesteuerten Informationfluss heraushielt. Der Online-Bericht verlinkt auch zu den kritischen Dokumenten. Die Darstellung entspricht den seit dem 11. September 2001 in der Hauptstadt zirkulierenden Berichten.



Eritrea, Äthiopien, USA

 
.   Äthiopien ließ im Krieg durch die Zentralbank die Konten von Eritreern einfrieren. Diese verklagten in Washington Zentralbank und Republik. Das Gericht wies die Sammelklage ab, und das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks bestätigte nach amerikanischem Prozessrecht die Abweisung am 22. Juni 2007.

Nach dem Foreign Sovereign Immunities Act muss eine gesetzliche Ausnahme von der Staatsimmunität greifen, damit das Gericht die sachliche Zuständigkeit über einen souveränen Staat oder seine Organe ausüben kann. Das Gericht erörtert in Sachen Hiwot Nemariam et al. v. Federal Democratic Republic of Ethiopia et al., Az. 05-7178, ausführlich die Merkmale owned or operated sowie rights in property in 28 USC §1605(a)(3) des FSIA in Bezug auf die Guthaben.

Diese Merkmale sind von den Klägern auch nach einem für das Verfahren zur Ermittlung der Zuständigkeit durchgeführten Beweisausforschungsverfahren, jurisdictional Discovery, nicht hinreichend dargelegt. Der United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit hatte den Klägern bereits Hoffnungen gemacht, als er die erste Klagabweisung nach dem forum non conveniens-Grundsatz aufhob, vgl. Nemariam v. Fed. Dem. Pub. of Ethiopia, 315 F.3d 390 (DC Cir. 2003).


Samstag, den 23. Juni 2007

Die amtliche US-Sicht

 
.   Ein Dialog der Nationen kann vernünftig verlaufen, wenn die Positionen geklärt werden. Bei den USA bringt Hin- und Herschreien über den Teich nichts. Zum Glück hat der oberste internationale Jurist der USA Anfang Juni einige bedeutsame völkerrechtliche Auffassungen klargestellt.

John B. Bellinger III arbeitet als Legal Adviser im Außenministerium in Washington. Der erste US-Chef des Verfassers war solch ein Legal Adviser, und die erste wichtige Erkenntnis lautete, dass selbst ein ehemaliger Legal Adviser im internationalen Recht so hoch angesehen ist wie eine Ex-Supreme Court-Richter im allgemeinen Recht, und höher als mancher Ex-Justizminister. Diese Erkenntnis war nur schwer zu gewinnen, weil echte Koryphäen in Amerika unglaublich bescheiden, humble, sind, nie mit Titeln herumwerfen, und weil den Anfänger auch diese US-typische Vornamensbenutzung verwirren kann.

Was der jetzige Legal Adviser zu sagen hat, hat also Gewicht. Auf der Webseite des United States Department of State ist seine Rede vom 6. Juni 2007 in Den Haag veröffentlicht. Von der Besteuerung von Botschaftsgebäuden bis zur Benachrichtigung von Konsuln in Strafsachen erörtert sie zahlreiche Fragen des internationalen Rechts aus US-Sicht. Selbst wenn nicht jedes Argument vollständig überzeugt, ist seine Darstellung ernst zu nehmen und kann als Ausgangspunkt für den internationalen Dialog wirken.



Ihr Elevator Profile?

 
.   Auch vom Lawyer wird in den USA ein Elevator Profile erwartet. In der Hauptstadt muss es kurz sein. In der Stadt New York sollte es für 20 Stockwerke reichen.

Deutscher Anwalt, amerikanischer Anwalt - Europäer erwarten Antworten zum amerikanischen Recht, Amerikaner stellen Fragen zum deutschen Recht.

Nein - keine Zweigstelle in Deutschland - wir konkurrieren nicht mit unseren Korrespondenzanwälten. Supreme Court? Ja, auch da als Attorney zugelassen - Ihr Stockwerk: angenehmen Aufenthalt und viel Erfolg in Washington!

Über dem 13. Stock: Studium hier und dort, Heidelberg, London, Berlin, Washington, hat überall Spaß gemacht. Washington ist einfach spannend: Als Anwalt ist man in Rechtsanwendung, Gesetzgebung, Politik, Finanzierung und immer international einbezogen.


Freitag, den 22. Juni 2007

FDA verschiebt Jahresmeldung

 
J.G - Washington.  Die Bundesbehörde für Lebens- und Arzneimittel, FDA, verschiebt die jährliche Registrierung für bereits bei ihr angemeldete Unternehmen, die medizinische Geräte in den USA vertreiben, auf Oktober oder November dieses Jahres. In ihrer Benachrichtigung vom 19. Juni 2007 führt sie als Grund umfangreiche Änderungen des Meldesystems an.

Zum einen will die FDA zukünftig im Sinne von §510(p) des Federal Food, Drug, and Cosmetic Act eine elektronische Registrierung der Unternehmen sowie Auflistung der Geräte ermöglichen. Dies soll die Registrierung beschleunigen, erleichtern und absichern. Die obligatorische Erneuerung der Unternehmensangaben könne dann auf einmal pro Jahr reduziert werden. Auch soll es gestattet sein, mehr als einen Markennamen für ein Produkt anzugeben.

Ferner beabsichtigt die FDA, durch Überarbeitung ihrer derzeitigen Bestimmungen in 21 CFR 807 die Meldevoraussetzungen zu vereinfachen und verständlicher zu machen. Die Unternehmen haben die Möglichkeit, mit Kommentaren und Anregungen zu den geplanten Änderungen beizutragen, wenn die Behörde ihren Entwurf im Laufe des Jahres in einer Federal Register Notice vorstellt.

Zudem plant die FDA, bei der Änderung ihrer Bestimmungen den Bioterrorism Act umzusetzen. Dann müssen ausländische Unternehmen im Registrierungsverfahren die Namen aller Importeure der vom Unternehmen in die USA exportierten Waren angeben.

Weitere Informationen sind auf der Seite www.fda.gov/cdrh erhältlich. Fragen können an die FDA telefonisch (001) 240-276-0111 oder per E-Mail device.reg@fda.hhs.gov gerichtet werden. Die FDA benachrichtigt gegenwärtig die Official Correspondents der Hersteller per E-Mail über die Veränderungen und die Fristverlängerung. Von praktischer Bedeutung ist die Fristverlängerung nicht, da die Jahresmeldung ohnehin erst nach Erhalt der entsprechenden Formulare von der FDA bearbeitet und eingereicht werden kann.



Fluchen im TV

 
J.G - Washington.  Die Bundesbehörde für Kommunikationswesen, FCC, hat nicht ausreichend begründet, warum sie nun auch den einzelnen Gebrauch von Kraftausdrücken im Rundfunk bestraft. Die Sanktionen gegen die betroffenen Fernsehsender waren aufzuheben und die Angelegenheit zu erneuten Betrachtung an die Behörde zurückzuverweisen. So entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks am 4 Juni 2007.

Die FCC bestätigte in ihrer Remand Order die für einige Vorfälle verhängten Sanktionen gegen Fox und andere Sender wegen unanständiger und profaner Sprache nach 18 USC §1464, während sie bei vergleichbaren Vorkommnissen die Bestrafung aufhob. Für die Beurteilung von Indecency und Profanity stellte die Behörde auf die 2003 bei der Golden Globe Order entwickelten Grundsätze ab.

Dort war die Behörde erstmals dazu übergegangen, auch fleeting Expletives im Rundfunk zu sanktionieren. Bis dahin hatte die FCC stets die Auffassung vertreten, dass ein isolated Use nicht bestraft werde. Ebenso war sie von ihrer ursprünglichen Definition von profane abgerückt und fasst darunter nun nicht mehr nur gotteslästerliche Äußerungen. Zudem wird beim F-Wort und beim S-Wort seitdem grundsätzlich Indecency und Profanity vermutet.

In Sachen Fox v. FCC, Az: 06-1760, führt der Court of Appeals aus, dass die Sanktionierung von fleeting Expletives eine signifikante Abkehr von der früheren Politik der FCC darstellt. Diese sei willkürlich und unberechenbar, arbitrary und capricious, so dass das Gericht die Sanktionen nach 5 USC §706(2)(A) aufheben kann.

Zwar steht der Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, doch muss sie ihre neue Politik zufriedenstellend begründen. Ein generelles Abstellen auf den Schutz der Allgemeinheit - wie es die FCC macht - reicht nicht aus. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbare Gründe für das Abrücken von ihrer dreißigjährigen Praxis darlegen.

Das Gericht macht in seinem umfangreichen Urteil zu den von den Klägern vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken - obwohl es auf diese gar nicht mehr einzugehen brauchte - interessante Ausführungen. Diese lassen erkennen, dass das Gericht es für sehr fraglich hält, ob der Indecency-Test der FCC sowie die neue Definition von profane einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würden.


Donnerstag, den 21. Juni 2007

Uni Heidelberg in USA

 
.   Die Universität Heidelberg hat ein Treffen zur Gründung eines Clubs der Ehemaligen in den USA angekündigt. Die vorbereitende Versammlung findet am 8. und 10. August 2007 in New York City, New York, statt. Eine PDF-Datei auf der Webseite Heidelberg Alumni International der Ruprecht-Karls-Universität beschreibt mehr.

Wer die Webseite studiert, wird dort ein Link zu Alumni.med entdecken. Offensichtlich benötigen die Mediziner eine virtuelle Weiterbildung. Alumni der juristischen Fakultät in Amerika dürfen gern den Verfasser ansprechen. Selbst wenn sie keine virtuelle Weiterbildung benötigen, kann man sich gemeinsam Gedanken über ein ansprechendes Link für Juristen machen.

Im übrigen bleibt zu hoffen, dass die Juristen genauso gut bei der Veranstaltung im August vertreten sind wie sie in der Altstadt anzutreffen waren. Anmeldungen sind noch möglich.


Mittwoch, den 20. Juni 2007

EU-Vertrag oder Verfassung

 
J.G - Washington.  Beim EU-Gipfel ab dem 21. Juni 2007 soll unter der deutschen EU-Präsidentschaft erneut versucht werden, in der Frage der EU-Verfassung einen entscheidenden Schritt nach vorne zu machen. Von einer wirklichen Constitution haben die Mitgliedsstaaten nach den Ablehnungen in Frankreich und den Niederlanden bereits Abstand genommen. Favorisiert wird nun eine simple Änderung des EU-Abkommens.

Am 18. Juni 2007 organisierte die Friedrich Naumann Foundation unter dem Motto Perspectives for the EU beyond the German Presidency. Is there a coherent EU strategy? einen Workshop zur Zukunft der EU. Der Repräsentant der FNF in Washington, Claus Gramckow, begrüßte als Gastredner Prof. Dr. Stefan Fröhlich, Christian Wernecke und Dr. Jürgen Wickert.

Neben der Zukunft der EU im Allgemeinen und den transatlantischen Beziehungen zu den USA stand insbesondere die Notwendigkeit einer Verfassung - gleich in welcher Form - im Vordergrund. Dabei gingen die Vortragenden auch auf die Gründe des Scheiterns des umfangreichen Verfassungsentwurfs in 2005 ein und zeigten mögliche Wege aus der Misere auf.



Versichert für Produkthaftung

 
.   Versicherer aus Deutschland, England und Holland schlossen mit einem holländischen Hersteller ein weltweites Versicherungsdeckungsprogramm für Risiken aus Produkthaftung ab. Eine Tochter des Herstellers in Kansas war solchen Risiken ausgesetzt. Als das Risiko dem Konsortium angezeigt wurde, lehnte es den Deckungsschutz ab und erhob schließlich vertragsgemäß eine negative Feststellungsklage in Holland, die die Tochter mit einer Klage in den USA erwiderte.

Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks bestätigte am 12. Juni 2007 die Klagabweisung in Sachen TH Agriculture & Nutrition, LLC v. ACE European Group Limited et al., Az. 06-3105. Die Abweisung erfolgte wegen mangelnder persönlicher Zuständigkeit. Dabei war im ersten Schritt zu prüfen, ob Long Arm Statute des Staates Kansas ausreicht, eine Zuständigkeit zu begründen. Mit diesen Gesetzen wird die personal Jurisdiction geschaffen, wenn die Beklagten nicht im Forumsstaat ansässig oder für Zustellungszwecke unerreichbar sind.

Wenn nach dem Long Arm Statute die sogenannten minimum Contacts eines Beklagten mit dem Forumsstaat bejaht werden können, ist im zweiten Schritt zu ermitteln, ob die Bundesverfassung der Vereinigten Staaten die Zuständigkeit nicht als unzumutbar ansieht. Bei einer Verfassungsunvereinbarkeit ist die Klage wegen mangelnder Zuständigkeit ebenso wie bei fehlenden Minimum Contacts abzuweisen.

Die Tochter hatte den Vertrag nicht geschlossen und keine Prämien gezahlt. Die Versicherer hatten dennoch über die Versicherungspolice selbst Minimalkontakte mit dem Gerichtsstaat im Sinne des Präzedenzfalls World-Wide Volkswagen v. Woodson, 444 US 286 (1980), unterhalten, sodass sie mit der Unterwerfung unter seine Gerichtsbarkeit rechnen mussten.

Der United States Court of Appeals for the Tenth Circuit wies das Argument der Versicherer zurück, das Wording der Police halte sie aus dem Forumsstaat heraus. Die Police enthält nicht die oft übliche Bestimmung, dass die Versicherer die Tochter gegen alle Risiken verteidigen würden, sondern behielt den Versicherern lediglich dieses Recht vor. Der Court of Appeals entschied, dass dies der Sprachregelung gleichkommt, die Versicherer allein aufgrund der Existenz einer Police zugunsten einer Person im Forumsstaat seiner Gerichtsbarkeit unterwirft.

Dennoch war die Klagabweisung aufrechtzuerhalten, denn die Ausübung der Gerichtsbarkeit wäre bei diesen Beklagten und den behaupteten Fakten verfassungsunvereinbar. Gegen die traditional Notions of fair Play and substantial Justice, vgl. Asahi Metal Ind. Co. v. Sup. Ct. of Cal., 480 US 102 (1987), spricht, dass sich die Versicherer unerwartet der Belastung eines Prozesses in den ihnen fremden USA ausgesetzt sehen. Andererseits sprechen die Mittel der modernen Kommunikation gegen eine allzu schwere Belastung.

Der Umstand des bereits anhängigen Zivilprozesses in den Niederlanden und der Anwendbarkeit holländischen Rechts auf den Rechtsstreit ist gegen das Interesse des amerikanischen Forumsstaates abzuwägen, seinen Bürgern zum Recht zu verhelfen - hier ein Patt. Dass die Klägerin in Holland mit einer effektiven Rechtsverfolgung rechnen darf und sich die vertragsrelevanten Zeugen und Beweismittel nicht in Kansas befinden, spricht gegen eine Zuständigkeit des Gerichts in Kansas.

Zudem würde die Ausübung der Gerichtsbarkeit in Kansas die holländische Souveränität beeinträchtigen. Unter Abwägung dieser Faktoren gelangte das Gericht zur Erkenntnis, dass auch beim Bestehen von minimum Contacts eine Unterwerfung des Versicherungskonsortiums unter die Gerichtsbarkeit von Kansas im Rahmen der personal Jurisdiction unzulässig, weil nicht verfassungsvereinbar ist.


Dienstag, den 19. Juni 2007

Unversehrt in der Schule

 
.   Die persönliche, physische und psychische Unversehrtheit seiner Schüler schützt der Kreis Fairfax, Virginia, durch eine Schulregel die jeden physischen Kontakt verbietet. Den Arm um Freunde legen gilt nicht.

Merke: Guns don't kill people. People do. Trotz dieser Einsicht soll die zum Schulausschluss führende Vorschrift gelockert werden. Unklar ist weiterhin, ob das Verfahren gegen die Lehrerin Julie Amero, die 40 Jahren Haft wegen eines unerwünschten Porno-Fensters entgegensieht, eingestellt wird.

Sie hatte mit dem Windows-Schul-PC die Moral ihrer Schüler gefährdet. Die strafrechtliche Verfolgung dürfte ihre psychische Unversehrtheit angegriffen haben, auch nachdem der Schuldspruch aufgehoben wurde.



Wo sitzt der Trust?

 
.   Nach mehr als 10 Jahren Streit urteilt das Gericht, und der Prozess geht mit umfangreicher Kritik in die nächste Instanz. Das Bundesberufungsgericht schreibt eine lange Begründung und entscheidet wenig: Wo liegt der streitbefangene Trust für das zugrundeliegende Finanzierungsgeschäft? Zurück ans Untergericht zur weiteren Beweisausnahme zur Frage der gerichtlichen Zuständigkeit!

Die Crux liegt in der Natur eines Trusts und der Beurteilung seines Sitzes nach dem Sitz des Verwalters und des Begünstigten. Erst wenn der Sitz im Verhältnis zu Parteien aus den British Virgin Islands, Florida, New Jersey und anderen Staaten ermittelt ist, kann das Vorliegen der Diversity Jurisdiction bestätigt werden, die den Fall ans Bundesgericht statt ans einzelstaatliche Gericht bringt.

Das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks setzt sich in Sachen Emerald Investors Trust v. Gaunt Persippany Partners et al., Az. 05-3706, am 13. Juni 2007 gründlich mit den Unterschieden zwischen ausdrücklichen und gesellschaftsrechtlich strukturierten Trusts sowie den Merkmalen des Sitzes von Verwaltung und Begünstigten im Rahmen der Gerichtsbarkeitsermittlung auseinander.

Vor dem Untergericht hatten die Parteien die Tatsachenfragen unzureichend dargelegt, sodass es keine Entscheidung über des Bestehen der Diversity Jurisdiction - und erst recht nicht der materiellen Streitfragen - erlassen kann. Der District Court soll die Parteien wieder das Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, aufnehmen lassen, das vor dem Trial, der Hauptverhandlung, durchgeführt wird, hier also als jurisdictional Discovery. Also nochmal, fast von ganz vorne, bitte!


Montag, den 18. Juni 2007


Nach der Anwaltskarriere

 
.   Wie Spam, doch legal, trifft die Nachricht ein, dass Hamm & Associates Inc. erfolgreiche Rechtsanwälte auf den Ausstieg aus dem Beruf vorbereitet. Wenn der Einstieg schon eine Herausforderung darstellt, kann der Abgang ja wohl nicht ohne Berater zu schaffen sein. Faszinierend allerdings, dass noch jemand eine Compuserve-Anschrift benutzt. Wenn das nicht beweist, dass die Firma schon seit Urzeiten im Geschäft ist!



Zwischen Ivy League und Karriere

 
.   Er sei freundlich und gebe den Legal Assistants interessante Aufgaben, lautete die Empfehlung der jetzigen rechten Hand an die Bewerberinnen. War das der Stein im Brett, die die beiden gleichwertigen Top-Kandidatinnen zusagen ließ?

Die Entscheidung fiel so schwer, dass beide eingestellt wurden. Hier Ivy League-Uni, dort ein feines Liberal Arts College, in beiden College Transscripts Bestnoten, zudem jeweils Deutsch als Fremdsprache und Auslandserfahrung.

Der letzten Assistentin gelang nach dem ersten Jahr Law School der große Wurf - das Internship beim Federal Judge. Sie kam von derselben Ivy League-Uni. Die jetzige geht auch an eine. Ausnahmsweise nicht als Law Student, sondern - wie einer ihrer Vorgänger - als Jungprofessorin. Was sie in der Kanzlei vom amerikanischen und internationalen Recht lernte, wird ihr trotzdem hilfreich sein, meinte sie.

So soll es sein. Das Jahr als Legal Assistant - oder auch zwei - sollen lehrreich sein und nützen, denn diese Stelle ist keine Endstation nach dem Uniabschluss, sondern ein Sprungbrett. Das Gehalt alleine reicht nicht. Die Aufgaben - und die Chemie mit Anwälten und den anderen Legal Assistants - müssen stimmen. Also etwas anstrengen, um dem Ruf gerecht zu werden.


Sonntag, den 17. Juni 2007

Software unzulässig schlau

 
.   Der Programmierer einer Webseite beging rechtswidrige Rechtsberatung, indem er Involvenzkunden sein System gegen ein Honorar zur Verfügung stellte, das nicht nur Einträge in Formularen vornahm, sondern als Expert System auch rechtlich bedeutsame Erklärungen formulierte sowie rechtliche Würdigungen in die Auswahl von Formularen und Textbausteinen einfließen ließ.

Das amerikanische Insolvenzrecht des Bankruptcy Code verlangt wie bei Steuererklärungen die Unterschrift des Beraters. Das Programm der Webseite bot dem Nutzer eine Erklärung an, die auf die Webseitennutzung verwies, die entrichtete Gebühr nicht erwähnte und den Nutzer allein unterzeichnen ließ.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks entschied in Sachen In re: Jayson Reynoso, Az. 04-17190, am 27. Februar 2007, dass der Anbieter der zu schlauen Webseite als Insolvenzberater im Sinne von 11 USC §110 wirkt und nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist. Daher gilt seine Beteiligung an der Vorbereitung von Insolvenzanträgen als betrügerisch, unlauter oder täuschend. Die Verheimlichung seiner Beteiligung und der Vergütung tragen dazu bei, dass es die Unterlassungsverfügung, Injunction, des Untergerichts wegen unzulässiger Rechtsberatung nach dem Recht Kaliforniens bestätigt.

Das Urteil ist in seiner Begründung nachvollziehbar. Doch wirft es Fragen auf. Die Nutzung von Software-Programmen und interaktiven, dynamischen Webseiten zum Ausfüllen von Formularen stellt seit Jahrzehnten eine bedeutsame, sich ständig weiterentwickelnde Errungenschaft der Rechnertechnik dar. Programmierer können die Verantwortung für den Automatisierungsprozess, nicht jedoch das Ergebnis im Einzelfall der Nutzung eines Prozesses tragen.

Eine Anpassung der Gesetzeslage scheint unverzichtbar. Bis das geschieht, müssen Programmier Anwälte in die Prozessentwicklung einbeziehen, um verhängnisvolle Fehler zu vermeiden, die eine Haftung für das Ergebnis auslösen. Alternativ können sie die Nutzung der automatisierten Prozesse auf Rechtsanwälte beschränken, die für das Ergebnis die Verantwortung übernehmen und die fertigen Formulare als zugelassene Preparer unterzeichnen.

Zudem zeigt das Urteil vergleichbare Risiken für intelligente Programme auf, die sich auf andere besonders zugelassene Berufssparten, beispielsweise Architekten, Ärzte, Versicherungsmakler oder Steuerberater, beziehen. Gegenwärtig sind Programmierer und Webseitenanbieter nur geschützt, wenn sie dumme Formulare anbieten, die Einträge von Kunden lediglich darstellen, statt sie auszuwerten und intelligent zu verarbeiten. Auf Artificial Intelligence ist der Gesetzgeber, jedenfalls in Kalifornien, noch nicht vorbereitet.



Mit Schmerz zum Vertrag

 
.   Selbst das hartgesottene Wall Street Journal setzte Gänsefüßchen, als es diese Verhandlungsphilosophie eines Hedge Fund-Leiters beschrieb: Die Verhandlungen sind wie ein Krieg zu führen. Und sie müssen dem Gegner Schmerz zufügen. So erzwingt man einen Vertrag zu den eigenen Bedingungen.

Im Kapitel Vertragsverhandlungen in den USA im neuen Heussen-Buch verwendet der Verfasser nicht diese Worte. Doch wird die strategische Vielfalt dargestellt, auf die der US-Besucher vorbereitet sein muss. Bei den Verhandlungen unterstützt der mit beiden Rechtsordnungen vertraute Anwalt und Attorney, der nach US-Übung schon vor der Aufnahme von Verhandlungen eingeschaltet wird und auch die unterschiedlichen Wirtschaftskulturen überbrücken hilft.

Dieser Tage kam die Frage auf, ob auch ethnische Herkunft und religiöse Zugehörigkeit das Verhalten in Vertragsverhandlungen in den USA prägen. Sicherlich, genauso wie der regionale Hintergrund! Man kann hier wie in Deutschland nichts über einen Kamm scheren. Das gilt auch für das Vertragsmanagement mit Vertragsparteien aus den Vereinigten Staaten.


Samstag, den 16. Juni 2007

Indianer lassen feststellen

 
.   Nicht nur Indianer können vom Urteil vom 11. Juni 2007 lernen, das eine Feststellungsklage betrifft. Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks prüfte, ob die Bundesgerichtsbarkeit gegeben war. Diese folgt aus dem Vorliegen eines bundesrechtlichen Anspruches, federal Question, oder aus der Herkunft der Parteien aus unterschiedlichen Staaten.

Indianer gelten nicht als dem Ausland oder einem US-Staat zugehörig, sodass ihre Beteiligung keine Diversity Jurisdiction begründen kann. Der von dem Stamm als Kläger geltende gemachte Anspruch auf Immunität in Bezug auf ein von der Beklagten für erforderlich gehaltenes Schiedsverfahren entstammt dem Bundesrecht. Daher könnte sich die Zuständigkeit der Bundesgerichte aus einer der federal Question zur Immunität ableiten.

Das trifft jedoch bei einer Feststellungsklage nicht zu. In Sachen Oglala Sioux Trive v. C&W Enterprises, Inc., Az. 06-3480, erklärte das Gericht, dass es eine Feststellungsklage als defensiven Schritt ansieht. Bei der Zuständigkeit muss jedoch auf den Anspruch abgestellt werden, der die Verteidigung auslöst.

Hier handelt es sich um einen normalen vertragsrechtlichen Anspruch, den die Beklagte geltend machen könnte. Im US-Recht gehört ein Vertragsanspruch ebenso normal vor das einzelstaatliche Gericht, wenn keine Diversity der Parteien besteht. Daher bestätigt es die Abweisung der Klage mangels Zuständigkeit.



Wir brauchen Fake-Anwälte

 
.   Fake-Anwälte für Fake-Produkte - so etwas fehlt hier. China liefert vergiftetes Tierfutter. Colgate warnt vor chinesischen Zahnpasta, die als südafrikanische Ware deklariert ist, und selbst der Knoblauch aus nichtchinesischem Asien soll aus China kommen. Zwar gibt es keinen Fachanwalt in den USA. Doch der Markt für den Fake-Anwalt blüht schon.


Freitag, den 15. Juni 2007

Die Botschaft versteigern

 
.   Am 14. Juni 2007 entschied in Washington der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten, Supreme Court, die nach den Wiener Übereinkommen aus amerikanischer Sicht ungeklärte Steuer- und Immunitätsfrage, ob die kommunale, jährlich erhobene Grundsteuer gerichtlich gegen Botschaften durchgesetzt werden kann.

Dieser Präzedenzfall betrifft die von New York City erhobene Steuer für ein Gebäude im Eigentum der ständigen Vertretung Indiens bei den Vereinten Nationen. Das Gebäude wurde nicht nur für amtliche Zwecke genutzt, sondern es diente auch untergeordnetem Botschaftspersonal als Wohnstätte.

Die Stadt beanspruchte für die nichtdienstliche Nutzung Property Tax und erwarb ein Pfandrecht nach der Weigerung Indiens, diese Steuer zu entrichten. Die Rechtsfrage lautet, ob amerikanische Gerichte zur Durchsetzung dieses Steueranspruches ihre sachliche Zuständigkeit gegen fremde Staaten ausüben dürfen oder vom Foreign Sovereign Immunities Act daran gehindert sind.

In Sachen Permanent Mission of India to the United Nations at al. v. City of New York, Az. 06-134, entschied das Gericht aufgrund der FSIA-Ausnahme in 27 USC §1605(a)(4) für rights in immovable property situated in the United States gegen Indien. Die Entscheidung wird noch genauer zu analysieren sein, da sie Auswirkungen auf das Verhältnis des Bundes, der Einzelstaaten und der Kommunen der USA zu Botschaften, Konsulaten und ständigen Vertretungen des Auslands sowie zu internationalen Organisationen entfaltet.



Haft wegen Porno-Fenster

 
.   Die Staatsanwaltschaft darf nicht ohne weiteres einer Lehrerin die Verantwortung für Porno-Fenster im Browser aufbürden, selbst wenn solche Fenster die strafrechtlich geschützte moralische Entwicklung von Schülern im Unterricht gefährden. Ein Spyware-Opfer ist nicht wie ein Porno-Profi zu verfolgen.

Die Lehrerin Julie Amero war von den Geschworenen in der Strafsache State of Connecticut v. Julie Amero, Az. CR04-93292 bereits für schuldig befunden worden, - siehe Wortprotokoll der Hauptverhandlung von Bob Johnstons, - als die Verteidigung die Gelegenheit wahrnahm, das Gericht auf die technischen Hintergründe von sich selbständig öffnenden Werbe-Fenstern hinzuweisen.

Auf ihren Antrag vom 4. Juni 2007 hin wird das Verfahren nun neu aufgerollt: Teacher Granted New Trial in Pornographic Pop-up Case. Der Ehemann der Lehrerin erklärte schon vor einiger Zeit, dass schädliche Software für die Porno-Darstellungen verantwortlich ist, nicht die Lehrerin:
After two independent forensic investigations concluded that malware, not Julie was responsible for the infestation of pop up ads for pornography sites. The states assertion of a deliberate attempt to access pornographic web sites can only be deemed as persecution of a political nature.


Donnerstag, den 14. Juni 2007

Lügner ins Gefängnis

 
.   Man könnte ja fast Interesse am Strafrecht entwickeln, wenn man sieht, wie fix Lügner Libby ins Gefängnis kommt. Sein Richter entschied am 14. Juli 2007, dass der ehemalige Cheney-Berater während der Berufung nicht auf freiem Fuß bleibt. Alles nur wegen Lügen in dem Untersuchungsverfahren wegen des Verrats der CIA-Beamtin Plame, an dem Libby nicht einmal beteiligt war.

Eine Falschaussage, false Statement, oder ein Meineid, Perjury, werden hier sehr ernst genommen. Dabei ist es gleich, ob die Untersuchung ein Straf- oder ein Zivilverfahren betrifft. Auch die Vernehmung, Deposition, im zivilrechtlichen Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, lange vor der Hauptverhandlung, dem Trial, erfolgt unter Eid und bringt Zeugen regelmäßig an den Rand des emotionalen und psychischen Ruins.

Bei den drohenden Strafen ist das kein Wunder. Zu ihrem Schutz haben Zeugen einen Anwalt an ihrer Seite. Soll er sich doch die Sorgen machen.



1, 2, 3 - Lebenslang dabei

 
J.G - Washington.  Wiederholungstätern drohen in den USA in einigen Staaten selbst für verhältnismäßig geringe Straftaten lebenslange Haftstrafen. Dort sehen die Strafgesetze vor, dass die dritte Verurteilung wegen eines Verbrechens, Felony, eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Folge hat. Eine Strafaussetzung kommt in den meisten Fällen erst nach fünfundzwanzig Jahren in Betracht.

Die Staaten rechtfertigen diese lange Inhaftierung damit, dass Wiederholungstäter unverbesserlich und chronisch kriminell seien und daher aus Sicherheitsgründen weggesperrt werden müssen. Dem liegt offenkundig ein anderes Verständnis von dem Sinn von Strafe und den Gründen für Straffälligkeit zugrunde als in Deutschland, wo auch bei Wiederholungstätern die Resozialisierung im Vordergrund steht.

Das Three Strikes Law kam in den 90er Jahren auf und seine Grundsätze wurden inzwischen von sechsundzwanzig Staaten in unterschiedlicher Ausgestaltung übernommen. Einige Staaten setzen drei Verurteilungen wegen Gewaltverbrechen voraus, während in anderen Staaten - wie in Kalifornien - schon jedes dritte Verbrechen genügt, soweit die ersten beiden gewalttätig oder schwerwiegend waren.

Am weitreichendsten hat Kalifornien die Three Strikes-Grundsätze umgesetzt, vgl. §667 California Penal Code. Die ersten beiden Strikes werden nach Anklagepunkten und nicht nach individuellen Fällen gezählt. Es können Verurteilung aus allen Staaten und durch Bundesgerichte berücksichtigt werden, selbst wenn diese vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgten oder Ergebnis einer Absprache, Plea Bargain, waren. Auch Verurteilungen wegen Jugendstraftaten, die sonst davon unabhängig sind, können gezählt werden.

Zudem sollen Wobbler - das heißt Straftaten, die als Misdemeanor, also leichtere Straftaten, oder Verbrechen gewertet werden können - nach den kalifornischen Vorschriften als Verbrechen angeklagt werden, wenn die Anklage einen dritten Strike darstellt. Dazu kommt, dass Kalifornien sogar Ladendiebstahl als Verbrechen, Felony petty Theft, bestraft, wenn der Angeklagte bereits zuvor wegen Diebstahls oder Raubes verurteilt wurde. Im Fall von Kevin Weber hat dies zu einer lebenslänglichen Inhaftierung wegen des Diebstahls von vier Plätzchen geführt.

Nicht zuletzt diese Entscheidung hat verständlicherweise für erhebliche Kritik am Three Strikes Law geführt. Der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten hat am 5. März 2003 in Sachen Ewing v. California, 538 U.S. 11, jedoch entschieden, dass die Three Strikes-Grundsätze nicht gegen den achten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verstoßen, welcher eine grausame und unübliche Bestrafung verbietet. Damit sind auch in Zukunft aberwitzigen Verurteilung Tür und Tor geöffnet.


Mittwoch, den 13. Juni 2007

Illegales Inkasso: Selbstmord

 
.   Der US-Forderungseinzug wird illegal, wenn Gläubiger strafrechtliche Folgen androhen, um einen zivilrechtlichen Anspruch durchzusetzen. Die unüberlegte Drohung verstößt gegen diverse amerikanische Rechtsgrundsätze. Die Folge eines Schadensersatzes wird nun deutlicher.

Ein Kreditkartenunternehmen bedrohte so eine Geisteskranke, die sich dann erschoss. Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks entschied in Sachen Donald MacDermid v. Discover Financial Services, Az. 06-5792, am 29. Mai 2007, dass eine Schadensersatzklage ihres überlebenden Ehegatten unter diesen Umständen nicht abzuweisen ist. Sie ist vielmehr vom Untergericht weiter zu prüfen ist, weil er die Merkmale eines Anspruches aus unterlaubter Handlung hinreichend darlegte, wie das Gericht auf 16 Seiten erklärt.


Dienstag, den 12. Juni 2007

Herbe Enttäuschung

 
.   Eine herbe Enttäuschung droht Ali Al-Marri, wenn er der Tagesschau glaubt oder die Neuesten Geklauten Nachrichten liest, wo ihm die Freilassung angekündigt wird. Das Urteil vom 11. Juni 2007, Az. 06-7427, besagt nichts dergleichen. Ihm wird nach seinem Habeas Corpus-Antrag lediglich die Überführung in die zivile Strafverfolgung gewährt.

Ähnlich wird der Beobachter deutscher Medien bei der Berichterstattung über amerikanisches Recht regelmäßig irregeführt. Besonders fällt die Darstellung der Sprüche der Geschworenen in Zivilverfahren, Jury, als Urteile auf. In Wirklichkeit folgt das Urteil erst später, und der Richter der ersten Instanz kann das Subsumtionsergebnis der Jury, das Verdict, aufheben oder ändern sowie Schadensersatz und Strafschadensersatz erhöhen oder kappen.

Die sensationelle, noch unverbindliche Vorentscheidung wird dann als typisch amerikanisch gelobt oder verschrieen, während die Medien das Urteil oft ignorieren. Typisch ist hingegen, dass es lange dauert und sehr teuer werden kann, bis man im US-Prozess die endgültige Entscheidung erhält. Die unterscheidet sich dann in ihrer Höhe oft kaum von einem deutschen Urteil.

Zudem ist typisch, dass nach der American Rule jeder auf seinen enormen Kosten sitzen bleibt. Man hat sich mit Erfolg verteidigt, Nerven verschlissen, alle Akten, Unterlagen und Zeugen zum Durchleuchten zur Verfügung gestellt. Herausgekommen ist dabei keine, oder eine unsensationelle Zahl - doch die Kosten können in die Millionen gehen - von den Gerichtskosten von läppischen 350 Dollar bis zu den tausenden Dollars pro Tag für Wortprotokollführer und Dokumentensichter in der Discovery, dem Ausforschungsbeweisverfahren, das lange vor der Hauptverhandlung stattfindet.

Drohende Verteidigungskosten im Zivilprozess oder bei einer Strafanklage können als erpresserisch oder unternehmensvernichtend verstanden werden - doch sind solche Details keine Themen für Meldungen in Großbuchstaben auf Seite 1. Sie zwingen allerdings mehr deutsche Unternehmen in den USA in die Knie als die sensationellen Geschworenensprüche.



Ohne Anklage in Haft

 
.   In Sachen Ali Saleh Kahlah Al-Marri v. S. L. Wright, Az. 06-7427, erklärt das erzkonservative Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks am 11. Juni 2007 dem Präsidenten Bush, dass mit dem Rechtsstaatsgrundsatz der Bundesverfassung, Due Process, die Inhaftierung einer sich legal in den USA aufhaltenden Person in einem Militärgefängnis ohne Anklage unvereinbar ist.

Zudem hält es das Sondergesetz Military Commissions Act of 2006 für unanwendbar, das nach der Festnahme des Klägers den ordentlichen Gerichten die Gerichtsbarkeit für Terrorfälle entzog. Der Kläger war zwar angeklagt worden, doch am Morgen der Hauptverhandlung hatte Bush ihn als Enemy Combatant bezeichnet, die Klage wurde fallengelassen und der Kläger wurde auf Bushs Anweisung ins Militärgefängnis verbracht.

Der Kläger muss nun der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugeführt werden. Auf Seite 11 der 86-seitigen Begründung dankt das Gericht den Verfassern von Amicus Curiae-Schriftsätzen für Beiträge zu prozessualen und materiellen Rechtsfragen. Die Mindermeinung geht davon aus, dass Bush den Kläger rechtmäßig als feindlichen Kämpfer einstufte.


Montag, den 11. Juni 2007

Zuständig für Ausländer?

 
.   Ein Buch erscheint in den USA. Ein im Buch erwähnter Saudi verklagt die US-Verfasserin in England wegen Verleumdung und gewinnt ein Versäumnisurteil. Die Verfasserin erhebt zur Abwehr der Folgen des englischen Urteils eine Festststellungsklage in New York, jedoch im Bundesgericht, und zwar mit der behaupteten Zuständigkeit wegen der unterschiedlichen Herkunft der Parteien, Diversity Jurisdiction.

Abweichend vom Fall Yahoo! v. La Ligue Contre Le Racisme, 433 F.3d 1199, (9th Cir. 2006), entschied das Gericht, dass der Fall nicht aufgrund des Ripeness-Erfordernisses abzuweisen ist. Das englische Urteil ist rechtskräftig und kann daher Wirkungen in den USA entfalten, die sich auf die Verfassungsvereinbarkeit der verleumderischen Behauptungen im Buch auswirken.

Das Gericht gelangt jedoch bei der persönlichen Zuständigkeitsfrage zum Ergebnis, dass es den Fall dem Obergericht des Staates vorlegen muss. Die Zuständigkeit über Personen von außerhalb des Forumsstaates nach dem Long Arm Statute von New York ist unklar. Für die Weiterentwicklung des Rechts von New York ist das Bundesgericht nicht zuständig.

Daher legt das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks am 8. Juni 2007 in Sachen Rachel Ehrenfeld v. Khalid Salim Bin Mahfouz, Az. 06-2228, die Rechtsfrage dem Court of Appeals vor, ob eine Person, die sich nicht in dem Staat aufhält und dort auch keine Geschäfte abwickelt, der Gerichtsbarkeit in New York unterfällt.

Während eine Abmahnung nicht ausreicht, liegen hier auch die Zustellung eines Schreibens über den englischen Prozess sowie sechs weitere Schreiben und EMails des ausländischen Beklagten vor; zudem wurden Zustellungen von Gerichtsschreiben in New York erwirkt. Schließlich unterhält der Beklagte eine Webseite, die New Yorker erreichen. Ob diese Anknüpfungsmerkmale ausreichen, kann das Gericht nicht selbst entscheiden.


Sonntag, den 10. Juni 2007

Samstag, den 09. Juni 2007

Spass mit Marken und Geheimnissen

 
.   Der aufmerksame Leser hat wohl gemerkt, dass Marken und Trade Secrets dem Verfasser den meisten Spaß im geistigen Eigentumsrecht der USA bereiten. Trade Secrets sind interessant, weil einerseits alles mögliche Vertrauliche geschützt werden kann, anderererseits der Unterschied zwischen dem deutschen und amerikanischen Schutz so enorm ist. Viele Parteien missdeuten in Verhandlungen oder im Streit die Bedeutung des US-rechtlichen Geschäftsgeheimnisses, und das bedeutet schöne Herausforderungen für den Anwalt.

Zudem bereitet der Entwurf von Non-Disclosure Agreements oder Confidentiality Agreements für knifflige Situationen Vergnügen. Wie bei einer Due Diligence muss man die Gesamtheit der relevanten Umstände aufklären und zukünftige, noch teilweise unbekannte oder unvorhersehbare Entwicklungen berücksichtigen.

Das ist kein Deckel, der auf jeden Topf passt. Formulare, Vorlagen oder Muster können nur bei größter Not benutzt werden. Zu leicht fällt das NDA und damit der Schutz für die vertraulichen Unterlagen, das Know-How, die Software, patentierbare Ideen oder die Kundenlisten.

Im Markenrecht stellen sich die spannendsten Aufgaben heute nach und aufgrund der Öffnung des US-Markeneintragungssystems für das Ausland über die WIPO- oder IR-Verfahren. Die angestrebte Harmonisierung führt Antragssteller immer wieder zur Annahme, dass auch die USA harmonisch mitspielen und beispielsweise Waren- und Dienstleistungs-Verzeichnisse europäischer Übung akzeptieren.

Weit gefehlt! Immer wieder werden Anträge zurückgewiesen, weil dem amerikanischen Harmonieverständnis prozessuale oder materielle Mängel des IR-Verfahrens zuwiderlaufen.

Prozessual geht es regelmäßlig um den fehlenden Domestic Representative, den Zustellungsbevollmächtigten in den USA, sowie um die mangelnde Postulationsfähigkeit nicht-amerikanischer und nicht-kanadischer Rechtsanwälte. Ein nur in Deutschland zugelassener Anwalt darf vor dem United States Patent and Trademark Office in Markensachen nicht auftreten.

Das gilt gleichermaßen für einen Markenantrag im IR-Verfahren oder dem originär amerikanischen Verfahren, das sich nur nach dem Lanham Act richtet. Gelegentlich wird der fehlende Hinweis auf die Art der Gesellschaftsform gerügt, die bei einer KG oder einer GmbH im US-Markenrecht Probleme aufwerfen kann.

Materiell fällt am häufigsten die Kritik am WDV auf, der Identification of Goods and Services. Wo bleibt da die Harmonie? Selbst die erfahrensten Markenspezialisten Europas sind erschüttert, wenn sie sich an die IR-Regeln halten und das US-Markenamt unerwartet Steine in den Weg legt. Liegt es daran, dass vielleicht nicht die nach dem Lanham Act erforderliche Markenrecherche eingeholt wurde, die Bundesmarken, einzelstaatliche Marken und Common-Law-Marken berücksichtigt?

Nach ihrer gründlichen Auswertung führt die Markenrecherche aufgrund der Bestimmungen des Lanham Act fast immer zu einem ganz anderen WDV als nach der IR-Praxis. Nach WIPO scheint das Grapsch-Prinzip vorzuherrschen. Möglichst viel in den Antrag hineinpacken, lautet die Regel wohl. Im amerikanischen Markenrecht soll sich die Marke auch möglichst weit entfalten.

Doch führt hier die Abgrenzung gegenüber im Markenbericht auftauchenden existierenden Marken zu anderen, meist viel knapperen Formulierungen des WDV. Ein kurzes WDV zu verfassen, scheint die größere Herausforderung zu sein. Geht die Identification zu weit, kommt ein hoffentlich einkalkulierter Rüffel vom Markenamt, - ist sie zu eng, schenkt man Dritten unnötigen Spielraum, den der Mandant vielleicht in der Zukunft gern genutzt hätte.

Wenig Vergnügen bereitet die Office Action, doch hat man sie als einen wichtigen Schritt im Tanz mit dem Markenamt vorhergesehen. Wie der Fragende im Kreuzverhör auf jede denkbare Antwort vorbereitet sein muss, so sind bestimmte Office Actions Teil des kalkulierten Gebens und Nehmens, das zum Erzielen des machbarsten Ergebnisses gehört.

Außerdem bedenkt man, dass die Vergütung im Markenamt leistungsbezogen ist. Ohne Office Action und die dazugehörigen Textbausteine kommt der Sachbearbeiter nie auf einen grünen Zweig. Damit die Spannung bleibt und die Sachbearbeiter ihre Punkte verdienen können, ändert das Trademark Office gelegentlich - wie kürzlich bei der Formulierung der Identification - die internen Spielregeln.

Bestimmt spielt beim Spaß am US-Markenrecht auch die Einstellung der Kollegen eine Rolle. Nicht nur in den USA, sondern scheinbar in vielen Ländern der Welt herrscht in der Markenpraxis ein ungewöhnlich kollegiales Verhalten vor. Ausreißer bestätigen die Regel. Der Gentleman- oder Gentlewoman-Typ ist typisch. Das gilt ebenfalls für die amtlichen Trademark Examiners.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach eingetragener Bundesmarke aus blauem Himmel ein amerikanischer Trademark Attorney mit dem Hinweis auf eine Common Law-Marke Prioritäten geltend macht, die dem Kollegen im Ausland bei der Beantragung einer IR-Marke nicht bekannt waren und zum Schock der Mandantschaft eine noch keine sechs Jahre lang eingetragene Bundesmarke zunichte machen können - wenn sich da nicht der Ausweg über ein Co-Existence Agreement auftäte.


Freitag, den 08. Juni 2007

Nicht immer Punitive Damages

 
J.G - Washington.  Kein Strafschadensersatz trotz Wettbewerbsverstoß und kein Schadensersatz für in Erwartung eines späteren Vertragsabschlusses unentgeltlich erbrachte Leistungen: Dies bestätigte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 24. Mai 2007 in Sachen Incase Inc. v. Timex Corp., Az. 06-1577.

Wie berichtet, entwickelte die Klägerin mehrere Entwürfe für Spezialverpackungen für Uhren der Beklagten. Die Entwicklung erfolgte unentgeltlich, doch in der beiderseits verstandenen Erwartung eines späteren Auftrags zur Herstellung der Verpackungen. Die Beklagte ließ dann einen der Entwürfe in nahezu identischer Ausfertigung von einem Dritten herstellen.

Der Court of Appeals führt in seinem Urteil aus, dass punitive Damages - entgegen der aufgrund gelegentlich oberflächlicher Darstellung in Deutschland verbreiteten Meinung - nur unter engen Voraussetzungen gewährt werden. Zwar liegt ein einen Wettbewerbsverstoß nach Chapter 93a des Rechts von Massachusetts darstellendes unfaires Verhalten der Beklagten vor.

Dieses Verhalten allein begründet aber noch keinen Strafschadensersatz. Erforderlich ist im US-Recht nach der Verfassung der USA auch eine besondere Verwerflichkeit, Reprehensibity. Die Klägerin hatte nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht einmal Beweis dafür erbracht, dass das Verhalten der Beklagten willfully und knowingly war, also vorsätzlich und wissentlich.

Das Gericht erläutert zudem die Bemessungsgrundlagen für Schadensersatz für in Erwartung eines späteren Vertragsabschlusses unentgeltlich erbrachte Leistungen. Dabei lässt es offen, ob sich der Anspruch aus konkludentem Vertrag - implied Contract - oder ungerechtfertigter Bereicherung - unjust Enrichment - ergäbe. Kann die Jury den Wert der Leistungen nicht einschätzen, so muss der Kläger Beweis für den Wert der Leistungen und der verwendeten Materialien erbringen. Ein Abstellen auf den entgangenen Gewinn, wie es die Klägerin tat, reicht allein nicht aus.

Verfahrensrechtlich interessant ist, dass der Richter in der ersten Instanz die Entscheidung der Jury teilweise aufgehoben hatte. Dazu ist er im Rahmen eines Judgment as a Matter of Law berechtigt. Ein JMOL kann eine Partei beantragen, wenn sie der Ansicht ist, die Gegenpartei habe nicht ausreichend Beweis erbracht und die Zivilgeschworenen haben fehlerhaft subsumiert.


Donnerstag, den 07. Juni 2007


Mobbing folgenlos

 
.   Mobbing gibt es in den USA nicht als Rechtsfigur. Der Begriff steht für den Ansturm auf Sonderangebote oder Idole. Die Rechtsprechung hat der Verhaltenshaftung deutliche Grenzen gesetzt, die mangelnden Anstand oder Charakter von Rechtsfolgen befreien.

Gegen Bullying und Intimidation wollen 12 Staaten vorgehen, indem sie das Arbeitsrecht gesetzlich ergänzen. Einschüchterungen jenseits der Grenze zur Diskriminierung würden schadensersatzpflichtig. Die aufbrausende Chefin und der ordinäre Mitarbeiter könnten sich nicht mehr aus der Verantwortung ziehen, wenn die Beweise zeigen, dass sie gegenüber allen gleichermaßen ungezogen auftraten.

Die Wirksamkeit solcher Gesetze ist Zweifeln ausgesetzt. Wirksame Wohlverhaltenskontrollen sind dem Arbeitgeber kaum zuzumuten. Ungerechte Behandlungen sind auch mit keinem strikten Gesetz abschließend regulierbar. Bullied by the Boss? in der Legal Times vom 21. Mai 2007 argumentiert gegen gesetzliche Schritte und plädiert für unternehmerische Maßnahmen.

Dazu kann beispielsweise im Personalhandbuch eine Regelung zählen, die an bestimmte Arten unzivilisierten Verhaltens Sanktionen knüpft. Im transatlantischen Bereich ist die Entwicklung beobachtenswert. Was im deutschen Betrieb akzeptiert wird, hat sich in der amerikanischen Niederlassung schon oft als verheerend erwiesen. Die Verabschiedung solcher US-Gesetze erhöht Risiken in den USA.


Mittwoch, den 06. Juni 2007

Einblick ins US-Beweisrecht

 
J.G - Washington.  Das amerikanische Beweisrecht macht ein Sechstel der amerikanischen Anwaltsprüfung aus. Es ist jedoch nicht nur in der grauen Theorie sondern auch in der Praxis von enormer Bedeutung.

Einen auf das Wesentliche beschränkten, systematischen Einblick in das äußerst komplizierte und vielfältige amerikanische Beweisrecht vermittelt Lothar Lieske auf Deutsch in seiner Darstellung vom 6. Juni 2007. Nach einer allgemeinen Einführung zu den Beweismitteln erläutert er vertiefend die mit der Zeugenvernehmung zusammenhängenden Befragungs- und Einspruchsmöglichkeiten.



Bürger inspirieren Richter

 
.   Auf 373 Seiten legen Bürger mit und ohne Einfluss Zeugnis über den Charakter des verurteilten I. Lewis Scooter Libby ab - von Cheneys Fotograf bis zum Steward der Airforce 2.

Professoren und anonyme Schreiber geben dem Richter Empfehlungen. Manche drängen im pre-sentencing-Schreiben auf die Höchststrafe, andere flehen inständig um Gnade.

Am eindrucksvollsten sind die Hinweise auf die Wirkungen seiner Lügen: CIA-Gate werde deshalb vielleicht nie vollständig aufgeklärt werden; hingegen werde Libby nach der Verbüßung der Haftsstrafe für seine Loyalität von reichen Freunden Bushs belohnt werden.



Handbuch zum Lizenzvertrag

 
.   Zum amerikanischen Softwarelizenzrecht erscheint im Juni 2007 die zweite Auflage von A Practical Guide to Software Licensing. Neben Vorlagen und Formularen enthält sie Kapitel über Lizenzverhandlungen und die sogenannten Boilerplate-Bestimmungen im amerikanischen Recht, die sich bei deutschen Verträgen vornehmlich in den AGB finden. Das Werk wird von einem Anwaltsverein, der American Bar Association, verlegt. Eine Leseprobe als PDF geht auf das hier oft erörtete Thema der Schutzes von Software und anderen Rechtsgütern als Trade Secret ein.


Dienstag, den 05. Juni 2007

Normenhierarchie im US-Recht?

 
J.G - Washington.   Eine strikte Normenhierarchie gibt es im amerikanischen Recht nicht. Bei der Einführung einer Verfassungsnorm bestehende einfachgesetzliche Vorschriften können die Verfassung begrenzen. Dies bestätigte am 5. April 2007 das oberste Gericht von Kalifornien.

Der dortige Supreme Court räumte in Sachen Jakob B v. County of Shasta et al., Az. S142496, dem im Zivilgesetzbuch,Civil Code, verankerten Litigation Privilege den Vorrang gegenüber dem durch die kalifornische Verfassung garantierten privaten Datenschutzrecht ein. Eine ausführliche Zusammenfassung der relevanten Punkte der Entscheidung und Erläuterung der Hintergründe verfasste Lothar Lieske am 1. Juni 2007.



Hart bei Verrat und Lüge

 
.   Immer wieder dasselbe, und diesmal härter: Der Täter wird nicht verfolgt. Der Lügner hingegen kommt ins Gefängnis. I. Scooter Libby gleich für zweieinhalb Jahre. So ähnlich ging es Martha Stewart. Aber so hart bestraft wurden sie nicht einmal wegen Watergate. Kein Wunder, dass die Rechte Amerikas die Begnadigung wünscht. Dies würde allerdings ein Schuldanerkenntnis im CIA-Verratsfall bedeuten. Da dürfte die rechte Hand von Cheney wohl erst den Rechtsweg beschreiten. Ein Urteil ist auf der Seite des Gerichts nicht veröffentlicht, denn heute ging es lediglich um die Strafzumessung. Das Urteil fiel bereits am 6. März 2007.



WLAN von Kanzlei bis Cafe

 
.   Im Aufzug von der Kanzlei zum Cafe klinkt sich das Netgear Skype-Telefon in zahlreiche Netze ein. In Michigan wird einem PC-Benutzer eine Geldstrafe von $400 aufgebrummt, weil er gegen das dortige Gesetz gegen die WLAN-Nutzung verstieß. Fantasie oder Realität?

Die Laienmeinungen zum Michigan-Fall finden sich beim normalerweise gut unterrichteten InfoWorld. Der Gesetzgeber in Michigan agierte fern der Realität. Ein offenes WLAN ist nun einmal offen - absichtlich oder versehentlich. Es stellt einen Kundendienst oder auch Nachbarschaftsdienst sowie Werbung dar - und der Noch-Nichtkunde entwickelt Sympathie für den Anbieter.

Solche Gesetze legen den Verdacht nahe, dass sie von Lobbyisten gewerblicher WiFi-Anbieter den Gesetzgebern in die Tasche geschoben wurden. Der Polizei, die so gelegentlich ein Bußgeld in die lokalen Haushalte einbringt, kann man das nicht unterstellen. Dass Michigan sich von technischer Innovation abkapselt, ist seinem Gesetzgeber wohl nicht klar.



Maskierter Spammer enthüllt

 
J.G - Washington.  Die Grand Jury am Bundesgericht Seattle, Washington, traf am 23. Mai 2007 die Entscheidung zur Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen der produktivsten Spammer. Die Anklage in Sachen United States of American v. Robert Alan Soloway et al., Az. CR 070187, lautet auf Geldwäsche, Post- und E-Mail-Betrug, Telefonbetrug und Identitätsdiebstahl in mehreren Fällen.

Soloway, Inhaber der Newport Internet Marketing Corporation und 2003 auf der Worst-of-the-Worst-Liste von Spamhaus, wird vorgeworfen, fremde Webseiten und Internetdomains genutzt zu haben, auf denen er Unternehmen einen vermeintlich legalen E-Mail-Dienst anbot. Ferner soll Soloway Proxy-Computer als Botnets angelegt sowie E-Mail- und Domainnamen mißbraucht haben, um seine mit falschen oder gefälschten Betreffzeilen versehenen Spam-Mails zu verbreiten, aaO 13 ff.

Die Grand Jury sieht darin Verstöße gegen den Computer Abuse and Fraud Act, den CAN-SPAM Act sowie diverse einzelstaatliche Spam-Gesetze. Interessanterweise stuft sie die Nutzung fremder Domains und E-Mail-Adressen zur Versendung von Spam als schweren Identitätsdiebstahl nach 18 USC §1028A(a)(1) ein.


Montag, den 04. Juni 2007

Schwebende Rechtswahl nichtig

 
.   Mieter aus Florida mietet von Vermieter in New Jersey. Laut Rechtswahlklausel ist das Recht des Staates des Vermieters oder - sollte er den Vertrag abtreten - seines Zessionärs anwendbar. Zudem unterwerfen sich die Parteien den Gerichten in jenem Staat.

Der Mieter weiß von einer beabsichtigten Abtretung nichts, doch kommt sie zustande. Als der Vermieter als Zedent im Rahmen eines größeren Skandals schlecht leistet, stellt der Mieter die Zahlung ein. Der Zessionär aus Ohio verklagt den Mieter in Ohio auf Zahlung.

Die Rechtswahlklausel mit verbundener Gerichtsstandsklausel wirft zwei interessante Fragen auf: 1. Beurteilt das Bundesgericht sie nach einzelstaatlichem oder Bundesrecht? 2. Kann so eine Klausel überhaupt wirksam sein? Der Mieter konnte bei Vertragsschluss nicht wissen, welches Recht anwendbar sein sollte und welchem Gericht er sich unterwürfe.

Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks erörtert am 29. Mai 2007 in Sachen Preferred Capital, Inc. v. Sarasota Kennel Club, Inc. et al., Az. 06-3063, auf der Grundlage des allgemeinen Prinzips, dass prozessual Bundesrecht gilt und materiell einzelstaatliches Recht, wenn die Zuständigkeit der Bundesgericht nur auf der Herkunft der Parteien aus unterschiedlichen Staaten beruht, Diversity Jurisdiction. Im Sinne der funktionalen Prüfung zur Vermeidung des Forum Shopping gelangt es zur Anwendung des Rechts von Ohio, nach welchem die Klausel nichtig ist.



Im Dachboden erfunden

 
.   Tellerwäscher und Erfinder Gambaro hatte eine Tastatur erfunden, die er patentierte. Die Klägerin erwarb die Patente und meinte, sie sei durch Nokia-Telefontastaturen und Microsoft-Game Controller verletzt.

Zwar wurde der Verletzungsanspruch abgewiesen, doch hielt das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks die Patente am 29. Mai 2007 aufrecht. Eine wichtige Rolle kam dabei dem Geheimnisschutz durch ein Non-Disclosure Agreement, NDA, zu, das Gambaro mit Investoren bei der Offenlegung der Erfindung abgeschlossen hatte.

Zudem wirkte sich vorteilhaft aus, dass die Mustertastatur bei den ersten Vorführungen noch nicht an ein Empfangsgerät angeschlossen war. Solange die vorführende Nutzung nicht öffentlich war, erklärte das Gericht im Fall Motionless Keyboard Company v. Microsoft Corporation et al., Az. 05-1497, war sie einer nachfolgenden Patentanmeldung nicht schädlich.


Sonntag, den 03. Juni 2007

Marke beschreibt Aspirin

 
.   Aspirin ist in den USA ein generischer Begriff geworden, und Aspirina ist beschreibend für Aspirin-Produkte, entschied in Sachen In re Bayer Aktiengesellschaft, Az. 06-127, das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks als Spezialgericht für Markenrecht am 24. Mai 2007. Die 23-seitige Begründung erörtert die Eintragungsschranke des §2(e)(1) Lanham Act, 15 USC §1052(e)(1) für beschreibende Marken auch im Zusammenhang mit einer fremdsprachlichen Bedeutung.


Samstag, den 02. Juni 2007

Bremser als Lokführer

 
.   Soeben hat Präsident Bush die Pläne für Staatsverträge und Gesetzgebung im Rahmen der G8 offengelegt: Englisch / Spanisch / Audio. Ja, es ist wahr: Der Bremser will Lokführer werden.

Zunächst wird im Bereich Klimaschutz, Global Warming, erst einmal nichts getan, bis dann nach 18 Monaten Ziele genannt werden sollen. Zwischenzeitlich soll die Unternehmen der USA ihre Errungenschaften mit der Welt teilen: … share these technologies with other nations deutet wohl auf neue Schranken im Patentrecht hin, damit die Wohltaten der US-Wirtschaft der ganzen Welt zugute kommen können.

Diese Auslegung bestätigt sein Hinweis: … the American people can be proud of our global leadership and generosity.

Die Opposition wertet seinen Aktionsplan jedoch anders, nämlich als verantwortungslose Verzögerungstaktik. Sie wünscht unverzüglich die notwendige Gesetzgebung, um Kyoto im amerikanischen Recht umzusetzen, und eine progressiv-orientierte Beteiligung am G8-Gipfel.


Freitag, den 01. Juni 2007

Papier oder Plastik?

 
.   Beim Einkauf heißt es in jedem Geschäft: Paper or Plastic? Die Frage passt auch zum Einreichen von Formularen: Papier oder PC? Beim Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung und Begründung des Einspruchs gegen einen Markenantrag sind beide Wege zulässig. Das gilt aber nur für Anträge nach §1 oder §44. Bei §66 greift 37 CFR §2.102(a)(2) und In re Börlind Gesellschaft für kosmetische Erzeugnisse mbH, 73 USPQ2d 2019 (TTAB 2005): Definitiv elektronisch. Gleiches trifft auf den Einspruch selbst zu.



Fotorecht und Schaden

 
.   Schlampiger Umgang mit Rechten an Fotografien zeichnet nicht nur Kunden, sondern auch Agenturen aus. In Sachen Arthur Grace v. Corbis-Sygma et. al., Az. 06-0195, beurteilte das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks am 25. Mai 2007 die Rechtsgrundlagen der Haftung für von der Fotoagentur verlorene Bilder eines berühmten Fotografen sowie die Bemessung des Schadensersatzes im US-Recht. Bei der Berechnung des Schadens stellt das Gericht in New York mehrere Methoden vor.



Geheimnis, Verrat, Ersatz

 
.   Die Entwendung von Know-How und ihre Rechtsfolgen erörtert das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 24. Mai 2007. Geschäftsgeheimnisse, die als Trade Secrets im US-Recht viel weiter reichen als nach deutschem Recht und umfassend durch zivilrechtliche Haftungsansprüche geschützt sind, waren schon oft Thema im German American Law Journal - meist unter dem Blickwinkel der unverzichtbaren NDAs, also der Non-Disclosure Agreements oder Confidentiality Agreements.

In Sachen Incase Inc. v. Timex Corp., Az. 06-1577, verband eine Herstellerin von Spezialverpackungen Ansprüche gegen den Uhrenhersteller nach Trade Secret-Recht, Vertragsrecht sowie unlauterem und täuschendem Wettbewerb. Das ihr günstige Verdikt der Zivilgeschworenen der Jury hob das Gericht noch in der ersten Instanz teilweise auf.

Der Uhrenhersteller ließ die von der Klägerin entwickelte Verpackung von einer Firma auf den Philippinen herstellen. Die Klägerin hatte verpasst, die ihre Geschäftsgeheimnisse repräsentierenden Dokumente und Muster wie erforderlich zu kennzeichnen, ein NDA mit Timex zu vereinbaren und Timex auf die Geheimnis-Qualität hinzuweisen.

Der Umstand, dass die Klägerin ihre Entwicklungsarbeit außer Timex niemandem offenlegte und damit eine vertrauliche Arbeitsbeziehung bestand, die als Geheimnisschutz zu bewerten sei, überzeugte das Gericht nicht. Es verwies auf den Fall J.T. Healy & Son, Inc. v. James A. Murphy & Son, 357 Mass. 728 (1970):
Protecting a trade secret "calls for constant warnings to all persons to whom the trade secret has become known and obtaining from each an agreement, preferably in writing, acknowledging its secrecy and promising to respect it. To exclude the public from the manufacturing area is not enough."







CK
Rechtsanwalt i.R. u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, von 2014 bis 2022 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2021 erschien die 5. Auflage mit seinem Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.




 
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