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Mittwoch, den 24. Nov. 2004

Streitwert unterschritten  

CK - Washington.   In einem Landenteignungsfall versuchen die Eigentümer, den Streitwert unter die Grenze von $3.000 zu bringen, der nach einem Pipelinegesetz die Grenze zwischen der Zuständigkeit der Bundes- und einzelstaatlichen Gerichte zieht. Gleichzeitig streben sie eine möglichst hohe Entschädigung an. Das Untergericht des Bundes durchschaut ihre Verhandlungs- und Verfahrens-Tricks nicht.

Der für seinen scharfen Verstand und erleuchtete Urteilsbegründungen bekannte Bundesberufungsrichter Posner versteht die Eigentümer, bestätigt die Enteignungsentscheidung und findet einen Weg, ihnen die höchstmögliche Entschädigung zukommen zu lassen: ANR Pipeline Co. v. 62.026 Acres of Land, more or less, in Rock and Walworth Counties, Wisconsin, Az. 04-1465, 19. November 2004. Indirekt zwingt er sie damit ins Bundesgericht.

Dieser Fall aus dem siebten Bundesberufungsbezirk ist ein Beispiel für das Tauziehen um die Zuständigkeit von Bundes- und Staatsgerichten, die oft konkurrierend zuständig sein können. In den einzelstaatlichen Gerichten erwarten Kläger mehr Sympathie von Geschworenen und Richtern und damit einen besseren Stand gegenüber auswärtigen Beklagten. In den Bundesgerichten hoffen die Beklagten auf mehr Sachverstand und Objektivität.


Mittwoch, den 24. Nov. 2004

Anonym: OK  

CK - Washington.   Der Schutz der Anonymität ist der amerikanischen Bundesverfassung heilig. Selbst milliardenschwere Musik- und Filmvermarkter haben kaum Chancen, wenn sie Gerichte glauben machen wollen, dass ISPs die Identität ihrer Kunden offenlegen müssen. Am heiligsten ist die Anonymität, wenn es die freie Rede betrifft: Jeder soll ohne Angst vor Staat oder Dritten sagen, was ihm gefällt. Daher ist hier eine Impressumspflicht illegal.

Angesichts dieses Verfassungsgrundsatzes ist fraglich, ob die gerade vom Senat verabschiedete Offenlegungspflicht des Fraudulent Online Identity Sanctions Act, S. 3021, §511 ff., für Daten von Domainanmeldern samt seinen Strafbestimmungen Bestand haben wird. Schützer der Freiheitsrechte kritisieren die noch nicht rechtskräftige Regelung, beispielsweise die Electronic Frontier Foundation, diverse Blogs, und selbst der Ingenieurverband IEEE.

S. 3021 weist auch andere Merkwürdigkeiten auf. Der Senat nahm den Entwurf erst an, als auch eine Regelung des Boxsports eingefügt wurde. Die weitgehenden Änderungen des Urheber- und Markenrechts im Entwurf dehnen die laut Verfassung eng zu umschreibenden Monopole der Rechteinhaber aus und können ebenfalls verfassungswidrig sein, selbst wenn die Gericht die um ein Vielfaches verlängerten Laufzeiten der Monopolrechte noch toleriert haben. Die Verfassung bestimmt in Art. I:
The Congress shall have power ...To promote the progress of science and useful arts by securing for limited times to authors and inventors the exclusive right to their respective writings and discoveries; ...
Ob sie der inhaltlichen Erstreckung zulasten der von Monopolen freizuhaltenden Öffentlichkeit zustimmen, wird man sehen. Wenn im Gegensatz zum das social Mortgage-Prinzip befürwortenden Vatikan in Religion & Liberty das IP-Monopol verteidigt wird, beweist das lediglich die Notwendigkeit der Trennung von Staat und Religion, dem gegenwärtig unter Schwächeanfällen leidenden Verfassungsgrundsatz.

Disclosure: Der Verfasser gehört der IEEE Computer Society an.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.