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Dienstag, den 30. Aug. 2005

Rechnerzugriff, Telefonat: Auswirkung auf Zuständigkeit

 
.   Allein der Zugriff auf Daten im Forumsstaat durch eine Beklagte aus einem anderen Staat begründet nicht die Zuständigkeit des Forumsgerichts, entschied das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks im Fall Horizon Aggressive Growth, LP v. Rothstein-Kass, PA et al., Az. 04-12890, am 23. August 2005.

Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen ohne Sitz in Florida hatte, ohne den Forumsstaat Florida zu besuchen, vertraglich Zugriff auf Rechnerdaten der Klägerin im Staat Florida erhalten. Die Klägerin behauptete, dass die Firma ihre Leistungen durch diesen Zugriff so erbracht hätte, als wenn sie in Florida geschäftlich aufgetreten sei und sich damit der Zuständigkeit des Staates Florida unterworfen hätte.

Das Berufungsgericht stellte fest, dass diese wie-wenn-als-ob-Geschäftstätigkeit in Florida nicht ausreicht, um die verfassungsrechtlich erforderlichen Minimalkontakte zum Forumsstaat zu unterhalten.

Es unterwarf die Beklagte dennoch der Gerichtsbarkeit von Florida, weil sie nach den Klagebehauptungen auch telefonisch mit der Klägerin in Florida in Verbindung stand und dabei einen deliktischen Schadensersatzanspruch ausgelöst haben könnte.

Vermutlich hätte das Gericht auch aufgrund des Zugriffs auf die Rechner in Florida die Zuständigkeit bejaht, wenn dieser wie das Telefongespräch zu einer deliktischen Verletzungsfolge in Florida geführt hätte.



Schadensersatz: unterdrücktes Merkmal

 
.   Auf die Subsumtion bereitet der Richter die Zivilgeschworenen, die Jury, vor, indem er ihnen das Recht erklärt, nachdem ihnen die Parteien die Beweise und Argumente vorgeführt haben.

Vielfach sind die Regeln, die die Richter der Jury vorlegen, als Jury Instructions standardisiert. Im Fall einer übermäßig gewaltsamen Überwältigung durch einen Polizisten, H.N. Dang v. Gilbert Cross, Az. 03-55403, erklärt das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 22. August 2005 die erforderliche Abwägung solcher Formeln durch den Richter.

Der Unterrichter hatte bei der Beantragung von Strafschadensersatz - punitive Damages - die Forderung des Klägers abgelehnt, die Geschworenen über die Anwendbarkeit des Handlungsmerkmals oppressive, d.h. unterdrückend oder gewaltsam, zu unterrichten, welches neben den Merkmalen callous, malicious, wanton die Pönale erlaubt.

Der Richter lehnte die Forderung ab. Die Jury durfte die gewaltsame Natur der Handlungen nicht berücksichtigen. Sie lehnte den Strafschadensersatzanspruch ab.

Das einflussreiche Obergericht wies den Fall nun an das Untergericht zurück, weil nach seiner Rechtswertung das Tatbestandsmerkmal oppressive der Jury als Anspruchsgrundlage hätte vorgelegt werden müssen.



Vereinbarung der Schiedsklausel

 
VH - Washington.   Zur Beurteilung der Wirksamkeit und des Anwendungsumfangs vertraglicher Schiedsklauseln findet sowohl einzelstaatliches Recht als auch die bundesrechtliche Regelung des Federal Arbitration Act Anwendung. Fragen, welche die Feststellung der wirksamen Entstehung, der Widerruflichkeit und die Durchsetzbarkeit der Schiedsvereinbarung betreffen, sind nach dem jeweiligen einzelstaatlichen Recht zu beurteilen. Das materielle Bundesrecht des Schiedsverfahrens findet daneben auf jede Schiedsklausel Anwendung, die in seinen Anwendungsbereich fällt. So wird dem bundesrechtlichen Interesse des Vorrangs des Schiedsverfahrens Rechnung getragen, ohne in die materiellen und prozessualen Regelungen des Einzelstaats einzugreifen.

Diese Grundsätze folgen aus Entscheidungen des obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington, beispielsweise: First Options of Chicago, Inc. v. Kaplan, 514 US 938 (1995); Moses H. Cone Memorial Hosp. v. Mercury Constr. Corp., 460 US 24 (1983); Perry v. Thomas, 482 US 483 (1987).

Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks nahm auf sie in seiner Entscheidung vom 22. Juni 2005 im Fall Karren Y. Hill v. PeopleSoft USA, Inc., Az. 04-2187, Bezug. Es hob aufgrund dessen die Entscheidung des Untergerichts auf und wies es an, erneut die Verweisung an das Schiedsgericht zu entscheiden.

Das Untergericht hatte irriger Weise eine zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsklausel für unwirksam erklärt, da nach seiner Ansicht die für die Wirksamkeit nach dem Recht von Maryland erforderliche vertragliche Gegenleistung, Consideration, nicht vorlag.



Kein Theater Für die Jury

 
MAG - Washington.   In seiner Entscheidung vom 25. August 2005 im Fall Jordan Blair v. Bob Wills, Sam Gerhardt et al , Az. 04-2434, hob das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks das Urteil des Bezirksgerichts des östlichen Bezirks von Missouri, United States District Court for the Eastern District of Missouri, teilweise auf.

Der Kläger warf den Beklagten eine Reihe von zivilrechtlichen Delikten vor, unter anderem tätliche Beleidigung, Assault, Körperverletzung, Battery und Freiheitsberaubung, false Imprisonment. Diese Verletzungen soll er nach seiner Einweisung in eine geschlossene Sonderschule erlitten haben, in die er nach einer jugendstraflichen Verurteilung wegen terroristischen Drohungen, terroristic Threatening, und strafbarem Unfug, criminal mischief, auf Wunsch seiner Eltern geschickt wurde. Das Bezirksgericht entschied zu Gunsten des Klägers, und schloss sich somit dem Spruch, Verdict, der Geschworenen an.

Die Entscheidung wurde in der Berufung wegen fehlerhafter Anweisung der Zivilgeschworenen, Jury, teilweise aufgehoben. Der Anwalt des Klägers habe im erstinstanzlichen Prozess bei der Zeugenbefragung irrelevante Fragen gestellt, die die Jury beeinflusst haben könnten. Das Gericht hatte zwar den zahlreichen Einsprüchen der Beklagten stattgegeben, jedoch unterliess es, die Jury ausdrücklich darauf hinzuweisen, das Gesagte zu vergessen. Dieser Verfahrensfehler sei so bedeutsam gewesen, dass er eine teilweise Aufhebung des Urteils des Bezirksgericht rechtfertigt.



Ein passendes Gericht

 
.   Erweist sich die Wahl eines zuständigen Gerichtsstandes durch den Kläger als für den Beklagten erdrückend und unverhältnismäßig, dabei ohne jeden Bezug zu Vorteilen für den Kläger, darf das gewählte Gericht nach dem Forum non conveniens-Grundsatz die Bearbeitung des Falles aussetzen und an ein zuständiges Gericht außerhalb des Forumsstaates abgeben, das einen Bezug zum Sachverhalt, den Zeugen, Beweisen und sonstigen verfahrenswesentlichen Faktoren aufweist, siehe Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 US 235, 241 (1981).

Im Fall In re: Bridgestone/Firestone Inc., Tires Product Liability Action, Az 04-1827, ermittelte das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks die anwendbaren Merkmale dieses Grundsatzes bei einem Sachverhalt, der ein in den USA hergestelltes und in Mexiko verunfalltes KFZ eines Mexikaners betrifft.

Der mexikanische Kläger schloss sich einem US-amerikanischen Sammelklageverfahren an. Das Gericht war zweifellos zuständig und nicht unverhältnismäßig nachteilig für die Beklagte. Gerichte in Mexiko sind überlastet, aber dasselbe lässt sich für US-Gerichte sagen. Jedoch spricht das Vorhandensein der wichtigsten Beweise in Mexiko für einen mexikanischen Gerichtsstand, zumal durch das bereits abgeschlossene Ausforschungsbeweisverfahren in den USA die Produktfehlerfrage geklärt ist.

Das Gericht tendierte aufgrund dieser Umstände dazu, den Fall durch das Untergericht nach Mexiko verweisen zu lassen. Jedoch erklärte sich während des Berufungsverfahrens ein mexikanisches Gericht unerwartet für unzuständig, als die Kläger dort den Sachverhalt anhängig zu machen suchten. Im mexikanischen Verfahren erfolgte die Feststellung der Unzuständigkeit vor der Klagezustellung an die Beklagte, erklärten die Kläger. Dies rief beim Berufungsgericht Bedenken hervor. Zudem hatte die Beklagte dem Untergericht zwei Gutachten in der Form von Affidavits vorgelegt, nach denen ein mexikanisches Gericht zulässig sein müsste.

Daher wies es den Fall am 24. August 2005 an das Untergericht mit der Maßgabe zurück, abzuklären, wie das mexikanische Recht die Frage der Zustellung und Zuständigkeitsermittlung behandelt, bevor das Untergericht endgültig entscheidet, ob eine Verweisung nach dem Forum non conveniens-Grundsatz zulässig ist. Insbesondere soll das Untergericht sicher stellen, dass ein möglicherweise zuständiges ausländisches Gericht nicht durch Betrug oder sonstige Manipulation blockiert wird und den Spielraum amerikanischer Gerichte bei der Ermessensentscheidung über die Verweisung unzulässig einschränkt.







CK
Rechtsanwalt i.R. u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, von 2014 bis 2022 zudem Managing Part­ner einer 80-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2021 erschien die 5. Auflage mit seinem Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.




 
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