Katholische und protestantische Justiz
CK • Washington. Mit der Wahl eines katholischen Richters zum Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten stellen sich Fragen nach dem religiösen Pluralismus des Landes sowie der Wirkung der katholischen Justizeinstellung - sowie der kontrastierenden protestantischen - auf den Supreme Court in der Auslegung der Verfassung der USA, meint Michael Dorf in A Catholic Majority on the Supreme Court: The Good News in Judge Alito's Nomination, and a Warning, am 8. November 2005.
Die katholischen Richter halten sich genauso wenig strikt an die katholische Verfassungsexegese wie die protestantischen an die ihrem Glauben typische, belegt Verfassungsrechtler Dorf. Die Furcht vor Katholiken in den USA ist seit Präsident Kennedy zurückgegangen. Katholische Richter haben bewiesen, dass sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben nicht dem Vatikanstaat folgen und sogar expressis verbis seine Positionen verwerfen. Als Beispiele nennt Dorf die Todesstrafe, Entscheidungen zur Homosexualität und Abtreibungsurteile.
Dorf argumentiert, dass im US-Senat die Frage nach der vom Richter bevorzugten religionstypischen Auslegung der Verfassung erlaubt sein soll. Er weist anhand bedenklicher Entscheidungen gegen Indianer und ihre religiösen Auffassungen nach, dass die Berücksichtigung religionstypischer Auslegungsmethoden sogar wünschenswert sein könnte. Im wesentlichen zieht sich heute jedoch eine Grenze zwischen den Gruppen der Bevölkerung, die unabhängig vom jeweiligen Glauben die strikte Trennung von Religion und Staat vorziehen, und denjenigen, die einen religiösen Einfluss für erforderlich halten - am liebsten natürlich im Sinne ihres eigenen Glaubens.