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Dienstag, den 22. Nov. 2005

Vorsicht bei der Zustellung  

.   Die neue RIW ist in Washington angekommen. Der Kommentar auf der ersten Seite bezieht sich auf das deutsch-amerikanische Recht und Exzesse in der Extraterritorialität amerikanischen Rechts.

Als vielfach in diesem Rechtskreis veröffentlichter und angesehener Autor weiss Hanno Merkt, wovon er spricht. Die - auch hier im German American Law Journal oft und deutlich dokumentierte - professionelle Vermarktung von Sammelklagen greift Merkt auf, um deutsche Gerichte zur Vorsicht bei der Zustellung amerikanischer Klagen an deutsche Parteien zu ermahnen.

Merkt geht unter dem Titel Amerikas Recht: Ex Occidente Lux nicht so weit, gewisse Klagen auch als Missbrauch des amerikanischen Rechtssystems zu bezeichnen, obwohl der Trend immer deutlicher wird. Pressedruck zum Erzwingen eines rechtlich unhaltbaren Ergebnisses wird immer häufiger durch Klagen ergänzt, die dem Erpressungsversuch Legitimität verleihen sollen. In einigen Fällen haben deutsche Gerichte derartige Konstellationen bereits zur Kenntnis und zum Anlass genommen, die Zustellungsbegehren für amerikanische Klagen auszusetzen.

Merkt schlägt jedoch in die gleiche Kerbe: Die deutschen Gerichte müssen sich solcher Fragen annehmen, denn der Schaden entsteht für die Beklagten ab dem Augenblick der Zustellung, wenn eine Verteidigungskostenlawine auf sie zurollt, die auch bei ihrem Obsiegen nicht zur Erstattung führt.

Deutsche Gerichte zeigen sich für diese Argumente aufgeschlossen. Aufgabe der Parteien, - insbesondere der eine amerikanische Klagezustellung erwartenden Beklagten - ist es, die Gerichte mit den entsprechenden Anträgen, Vorträgen und Glaubhaftmachungen über die Umstände in den Vereinigten Staaten in die Lage zu versetzen, dem Missbrauch Einhalt zu bieten.


Dienstag, den 22. Nov. 2005

Hersteller muss Gerät sicherer konstruieren  

.   Die abgewiesene Klage gegen den Hersteller in Sachen Royce Young v. Pollok Engineering Group, Inc. et al., Az. 04-3428, ließ das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 15. November 2005 wieder aufleben.

Das Gericht stellte fest, dass ein als gefährlich erachteter Stanzenwechsler im Sinne des Produkthaftungsrechts von Minnesota hätte sicherer konstruiert werden können. Ein sicheres Design existierte bereits vor dem Eintritt des Produkthaftungsfalles. Deshalb muss der Fall vor dem Untergericht weiter untersucht werden. Die Zivilgeschworenen, Jury, werden entscheiden müssen, ob sie das Produkt für haftungsauslösend gefährlich halten.

Das Gericht entlastete den Hersteller von seiner Haftung nicht, nur weil der Arbeitgeber seinem Personal ebenfalls eine Sicherheitspflicht schuldet. Selbst die Tatsache, dass die für das Gerät relevante Standardorganisation ANSI dem Arbeitergeber die Sicherungspflicht beim Einsatz von gefährlichen Geräten auferlegt und im vorliegenden Fall eine zusätzliche Sicherung durch eine von einem anderen Lieferanten zu beziehende Absperrung möglich war, reichte nicht zur Entlastung des Herstellers aus.

Mit einem weiteren Argument wies das Gericht auch die Behauptung des Herstellers zurück, die Bundesarbeitsplatzsicherheitsregelungen, OSHA, würden den Hersteller entlasten. OSHA regelt nach der Auffassung des Gerichts das Verhalten des Arbeitgebers und definiert nicht die Pflichten eines Herstellers.


Dienstag, den 22. Nov. 2005

Sony-Rootkit-Klage in Texas  

.   Die von Sony auf Musik-CDs vertriebenen Spyware-Programme haben den Staat Texas am 21. November 2005 zu einer Klage gegen Sony veranlasst, The State of Texas v. Sony BMG Music Entertainment, LLC, die beim einzelstaatlichen Gericht im Kreis Travis eingereicht wurde.

Die Klage beschreibt ausführlich die Installation der XCP-Rootkit-Technik, über die die Lizenz Verbraucher nicht unterrichtet. Die Anweisungen von Sony zum Entfernen der geheim installierten Software täuschen den Verbraucher ebenfalls. Sony hat nach der Auffassung des Staates gegen den texanischen Consumer Protection Against Computer Spyware Act aus dem Texas Business and Commercial Code verstoßen.

Ob der Staat gleichermaßen scharf gegen Dell oder einen anderen in Texas beheimateten Hersteller vorgehen würde? Einen lokalen Hersteller, die die Wahl von Richtern, Staatsanwälten und Justizministern mit Wahlgeldern unterstützen würde? Oder nutzt ein Justizminister mit politischen Ambitionen die populistische Gunst der Stunde?

Man kann Sony nur wünschen, dass diese Klage nicht zuviele Nachahmer findet. Die Klage verlangt für jeden Verstoß gegen das texanische Recht eine Zivilstrafe von $100.000. Das summiert sich schnell, sodass Sony vom Markt verschwinden könnte.

Andererseits könnte man dieses Schicksal den meisten Musikfirmen wünschen, die neue Technik - wie das Internet - erst ignorieren, dann nicht verstehen, die Entwicklung verschlafen und schließlich immer wieder nur dumm und dreist, oder arrogant und ignorant, auf dem Rücken der Verbraucher fiese Tricks ausprobieren, um ihr Oligopol auszuschlachten und dazu die technische Entwicklung aufzuhalten. Unter diesem Blickwinkel erscheint die sich anbahnende Klagewelle nur gerecht.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.