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Dienstag, den 06. Dez. 2005

Anwalt keine Bank im Datenschutz  

.   Die Anwaltsvereinigung American Bar Association hat im Fall American Bar Association v. Federal Trade Commission, Az. 04-5257, am 6. Dezember 2005 vom Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks, District of Columbia, in Washington die Bestätigung erhalten, dass das Bundesverbraucherschutzamt nicht für die Regulierung des Anwaltsstandes durch Datenschutzbestimmungen nach dem Bundesfinanzgesetz Gramm-Leach-Bliley Financial Modernization Act von 1999, 15 USC §6801(a), zuständig ist.

Der Präsidierende Richter des Obersten Bundesgerichtshofes, John Roberts, gehörte noch zum Gericht, als der Fall beraten wurde, aber nahm an der Entscheidung nicht teil.

Um unter das Gesetz zu fallen, müssten amerikanische Rechtsanwälte als Finanzdienstleister - das sind Banken und bestimmte Nichtbanken - gelten. Die Definition der Nichtbanken weist zahlreiche Merkmale auf, die auch auf gewisse anwaltliche Leistungen zutreffen, beispielsweise die treuhänderische Verwaltung von Geldern oder die Beratung bei bestimmten Finanztransaktionen, aaO S.20, siehe auch Kochinke / Krüger, Allfinanzunternehmen in den USA, RIW 2000, 518 ff.

Das Verbraucherschutzamt fasste in seiner Verordnung, 16 CFR Teil 313, im Jahre 2000 die Definition der Nichtbanken etwas weiter als der Gesetzgeber, 16 CFR §313.3(k)(1): An institution that is significantly engaged in financial activities is a financial institution.

Sowohl im Gesetz als auch in der Verordnung sind Rechtsanwälte als authorisierte Empfänger finanzieller Daten genannt, jedoch nirgends als Datenschutzverpflichtete. Mit seinem heutigen Feststellungsurteil bestätigte der United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit die Entscheidung des Untergerichts, dass das Amt das Gesetz unzulässig auf die Anwaltschaft ausdehnte, die sich der Rechtsberatung widmet, nicht dem Finanzgeschäft.


Dienstag, den 06. Dez. 2005

Vacatur abgelehnt  

.   Die mangelnde Mitwirkung einer Partei bei der Beweisbeschaffung im Rahmen eines Schiedsverfahrens veranlasste das Schiedsgericht, nach entsprechender Warnung zugunsten der Gegenseite zu entscheiden.

Die unterliegende Versicherung im Fall National Casualty Company v. First State Insurance Group, Az. 05-1505, erntete auf ihren Aufhebungsantrag, Vacatur, nach 9 U.S.C. §§10(a)(1) und (3) bei Gericht eine Abweisung, welche am 2. Dezember 2005 vom Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks bestätigt wurde.

Das Berufungsgericht bestätigte den Grundsatz des Federal Arbitration Act, dass die gerichtliche Prüfung eines Schiedsspruchs sehr eingeschränkt bleiben muss. Ein Aufhebungsgrund liegt nach §10(a)(3) des FAA nur vor, wenn:
[T]he arbitrators were guilty of misconduct in refusing to postpone the hearing, upon sufficient cause shown, or in refusing to hear evidence pertinent and material to the controversy; or of any other misbehavior by which the rights of any party have been prejudiced.

Gleich ob die vom Schiedsgericht gewählte Verfahrenssanktion dem Standard entspricht, der im ordentlichen Gericht gilt, oder nicht, die Ausübung des schiedsrichterlichen Ermessens bei der Beischaffung von notwendigen Beweisen erfolgte hier nicht missbräuchlich, entschied das Gericht.

Auch für einen durch unzulässige Maßnahmen, undue means, beispielsweise einen physischen Angriff auf Schiedsrichter, herbeigeführten Schiedsspruch im Sinne von §10(a)(1) FAA fand das Gericht keinen Beleg.

Abschließend prüfte das Gericht die interessante Frage, ob die Nichtmitwirkung einer Partei im Schiedsverfahren eine Verletzung der Schiedsvereinbarung bedeute, sodass der Fall letztlich vom ordentlichen Gericht zu entscheiden sei. Das Gericht entschied, dass auch die Frage der verweigerten Mitwirkung allein in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts fällt.

Ein anderes Ergebnis wäre auch unter dem Blickwinkel unvertretbar, dass eine Partei, der das Schiedsverfahren nicht schmeckt und die vor einer Jury mehr Schadensersatz erhofft, nur schiedsvertragsbrüchig werden muss, um den Fall vom Schiedsgericht wegzubewegen. Genau das will der FAA in seiner höchstrichterlichen Auslegung eben nicht zulassen.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.