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Freitag, den 19. Jan. 2007

Juwel versteckt im Datenschutz  

.   Der Referendar hatte das richtige Gespür: 15 Minuten reichen nicht für die Auseinandersetzung mit amerikanischem Privacy Law und internationalem Datenschutz. In Williamsburg, Va, fördert David Holtzman, Autor des neuen Buches Privacy Lost: How Technology is Endangering Your Privacy, ein Juwel zutage: Informationelles Selbstbestimmungsrecht. Das hört man selten in Amerika. Dann beschreibt er die Datenschutzkrise in den USA.

Jay Aceto als angestellter Omniplex-Datenknacker führt die konkreten Gefahren vor Augen, die Juristen wie jedermann treffen und liefert sich ein Gefecht mit dem hochspezialisierten, nur für Anwälte und Banken tätigen Datenlieferanten Donald Berlin von ICI, die die positiven Seiten der legitimen Datenaufbereitung im Rahmen des geltenden Rechts darlegt.

Auf dem Rückweg nach Washington kommt die Sonne auf. Resümé: Vortrag umgeworfen und aufgebaut auf dem, was die Nichtjuristen vorwegnahmen. Amerikanisches Prinzip: Life, liberty and property als Grundlage für zuküftigen Datenschutz. Umfassender Datenschutz auch in den USA verfassungsvereinbar. Hilft Dir und mir, aber dank klarer Regeln auch Unternehmen wie Investigative Consultants Inc.

Auf der Landstraße ohne Karte verfahren! Schon wieder im gestern unglücklich wirkenden West Point. Heute die historische Seite: Noch ein Juwel! Die Papierfabrik bläst weiße Schwaden in den strahlenden Himmel. Vor ihr wird neben den Gleisen ein 18-Wheeler Big Rig rückwärts fast senkrecht zum Entladen hochgekippt: Datenentsorgung? Wohl nicht. Papier-Recycling? Schon eher.

Recycling steckt auch im Datenschutzvorschlag von Microsoft: Anpassung an Europa. Man kann es aber auch anders verkaufen: Als Umsetzung der Internet Infrastructure Working Group-Prinzipien von 1995, die Gleis an Gleis zu den UN-, OECD-, und EU-Prinzipien fuhren. Also die Schutzziele definieren, und neben Sammeln auch einmal an Entsorgen denken. Löschen tut bisher niemand. Informationen und Personenbezug als Property Plus statt rein funktionsgebundene Regulierung von Datenströmen im rechtlichen Bermuda-Dreieck der Privacy. Insgesamt: Gut gelaufen. Den Teilnehmern schien zu gefallen, dass Amerika sich nicht dem Ausland anpassen muss, sondern aus eigenen Quellen zum selben Ergebnis gelangen kann. Mit dem erhobenen Zeigefinger können wir Europäer hier ohnehin nichts erreichen.

Auf, weiter nach Washington! Dort findet die Schlacht um den Datenschutz statt. Vielleicht nimmt sich der neue Kongress etwas mehr Zeit für Grundsatzfragen statt hektisch auf Phishing, SPAM und Spyware zu reagieren. Dank an Marshall Curtis. Der Patentanwalt hat in Virginia den Grundstein gelegt und eine interessante Gruppe zusammengestellt. Seine Idee, Profiling-Praktiken wie von Amazon unterzubringen, ging wegen der knappen Zeit unter. Genauso wie Mikado, Geolocation und John Grisham. Dafür gibt es das Handout der Virginia Bar Association.


Freitag, den 19. Jan. 2007

Und dann ein Palast!  

.   Route 30 East, 40 Meilen bis West Point, Va. Eine Schneise, drei Ampeln, Flachland Richtung Atlantik. Der Vortrag geht durch den Kopf. Penisangriff auf Avatar in Second Life: Ein False Light Tort? John Grisham mit dem geklauten Anmeldeformular: Warum emotional Distress statt Datenklau als unerlaubte Handlung? Ah, die Mutter will Schmerzensgeld, die Tochter kriegt nichts. Immerhin, der Supreme Court von Virginia zog mit.

Warum fahren alle exakt 60? Arme Gegend, scharfe Cops. Kiefern, Felder und Sumpf. Schnee liegt in der Luft, das Land ist noch zu warm. Mini-Hütten, fast wie Schrebergartenhäuschen. Darin leben ganze Familien. Im Vorgarten Schrott, aber hin und wieder ein Lichtblick. Kleine Leute, die ihr Anwesen fein herausputzen. Große Leute mit dem Blick von der geringen, hier aber höchsten Erhebung der Region.

Urplötzlich in einer Lichtung ein Palast. Drei Flügel, fast eineinhalbstöckig. Dann die Erklärung, weiss auf blau: Court House. Der Justizpalast, auf Sand gebaut. Daneben eine Tankstelle, ein Drugstore. Weiter mit dem Vortrag! Bis Williamsburg muss er stehen. Da kommt schon West Point, hässlicher als erwartet. Liegt's nur am Wetter? Aus dem hässlichsten Nest kommen oft die besten Leute. Eine großartige Assistentin lebte hier, hat es nun bis zur Jurastudentin geschafft, gar nicht so einfach.

Was stinkt hier? Die Papierfabrik? Die Marsch? Alle fahren exakt nach Vorschrift. Die Polizei muss ja enorm streng sein. Wohl kein Steueraufkommen außer der Papierfabrik.

Ein paar Meilen weiter: Williamsburg, die Welt des 17. Jahrhunderts. Daneben Jamestown, nun 400 Jahre alt, erste Volksvertretung der Eroberer aus dem Osten, lange vergessen im Sumpf. $52 die Nacht im Luxushotel. Vortrag noch einmal durchgehen. FISA Surveillance besser links liegenlassen. Geolocation and Privacy nicht vergessen. Morgen früh geht's los.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.