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Sonntag, den 17. Jan. 2010

Holocaust-Extraklage im US-Gericht  

.   Im Bereich außenpolitischer Interessen bricht Bundesrecht einzelstaatliches Recht; eine Abwägung der Interessen erfolgt nicht. Die Bundesregierung hatte dem Gericht deutlich erklärt, dass es Holocaust-Versicherungsverträge über ein freiwilliges, nach multilateralen Verhandlungen gegründetes Hilfswerk von Versicherern, ICHEIC, gegenüber US-Prozessen vorzieht.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten US-Bezirks bestätigte daher das Untergericht, als es weiter als die Hilfswerkabwicklung gehende Ansprüche nach einzelstaatlichem Recht am 15. Januar 2010 abwies. Das Urteil stützt sich vorrangig auf den Präzedenzfall des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten American Insurance Association v. Garamendi, 539 U.S. 396, aus dem Jahre 2003.

Soweit die Kläger behaupten, der Rechtsweg zum US-Gericht müsse ihnen offenstehen, nachdem die Hilfswerkabwicklung abgeschlossen sei und folglich ihre vorherigen Rechte wieder auflebten, stellte das Gericht erneut auf die außenpolitischen Zielsetzungen der USA ab.

Wenn die USA im Rahmen internationaler Verhandlungen andere Staaten und ausländische Unternehmen zu einer freiwilligen Hilfswerkentschädigung veranlassen können, würden die Aussichten für zukünftige Verhandlungen durch ein unerwartetes Wiederaufleben alter Ansprüche belastet. Das erschwert die Außenpolitik der USA.

Im Vergleich dazu sei es den Klägern selbst zuzuschreiben, dass sie sich am Hilfswerkverfahren nicht beteiligten und Ausschlussfristen verpassten. Das Gericht nimmt zudem nach eigener Recherche an, dass die Ausschlussbehauptung der Kläger unrichtig ist.

Im Fall In re Assicurazioni Generali, Az. 05-5612, erläuterte das Gericht auch, dass die Bundesaußenpolitik greift, selbst wenn Italien als Sitzstaat der beklagten Versicherungsgesellschaft im Gegensatz zu Deutschland, der Schweiz und Frankreich nicht dem Abkommen zur Schaffung des Hilfswerks beigetreten sei.

Eingangs würdigte es auch die besonderen Leistungen der Bundesrepublik Deutschland, die nach dem zweiten Weltkrieg trotz des Londoner Schuldenmoratoriums im Rahmen ihrer zunehmenden Leistungsfähigkeit freiwillig Wiedergutmachungsleistungen von 100 Mrd. DM erbracht habe.

Abschließend widmete sich Richter Leval als Verfasser der 16-seitigen Urteilsbegründung einem Versicherungsanspruch, der nicht erkennbar, doch möglicherweise vom ICHEIC-Verfahren wegen einer Vertragskündigung vor dem Beginn der Nazizeit ausgeschlossen war. Der United States Court of Appeals for the Second Circuit bestätigt die erstinstanzliche Klageabweisung.

Dennoch weist es den United States District Court for the Southern District of New York an, dem Kläger mit diesem Anspruch trotz des abschließenden Urteils eine Klageänderung nach Rule 11 des Bundesprozessrechts, Federal Rules of Civil Procedure, zu gestatten, die nur auf einen Anspruch außerhalb des ICHEIC-Geltungsbereichs lauten darf.


Sonntag, den 17. Jan. 2010

Getwittertes Fallrecht: USA  

Aus den Bundesgerichten
Evanston Insurance v. Chargois & Ernster, Anwälte haften persönlich für Internetwerbung, 5th Cir., 15. Jan. 2010, http://bit.ly/8G5Wwz

In re Assicurazioni Generali, Holocaust-Versicherungsklagen, 2nd Cir., 15. Jan. 2010, http://bit.ly/528TwV

Earley v. Wachovia Bank, Geschäftsgeheimnisschutzverletzung u. SE verneint, 8th Cir., 15. Jan. 2010, http://bit.ly/4XA7dv

Schindler Elevator Corp. v. Otis Elevator Co., Aufzug-erkennt-Benutzer-Patentverstoß, CAFC, 15. Jan. 2010, http://bit.ly/4FOlsz

Data Mountain Solutions, Inc. v. Giodano, Schiedsspruch bestätigt, DCDC, 15. Jan. 2010, http://bit.ly/7Oc3pF







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.