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Donnerstag, den 25. Mai 2017

Supreme Court: Klagezustellung ins Ausland per Post  

SD - Washington.   Vor einem Prozess muss jedem Beteiligten die Klage ord­nungsgemäß zugestellt werden. Dies wird schwerer, wenn ein Adressat im Aus­land ansässig ist. Der Supreme Court of the United States entschied am 22. Mai 2017 im Fall Water Splash v. Menon, dass eine Klagezustellung auf dem Postweg ins Ausland nach den Regeln des Haager Übereinkommens grundsätzlich zulässig ist.

Der Kläger hatte eine Klage vor dem einzelstaatlichen texanischen Gericht we­gen einer Wettbewerbsverletzung erhoben. Da sich der Wohnsitz der Be­klag­ten in Kanada befindet, holte sich die Klägerin die Erlaubnis ein, die Kla­ge auf dem Postweg zuzustellen. Die Beklagte weigerte sich, vor Gericht zu erschei­nen oder auf sonstigem Wege auf die Klage zu antworten. Das Gericht erließ ein Versäum­nis­ur­teil zu Gunsten der Klägerin. Die Beklagte ging in Revision mit der Begrün­dung, dass ihr die Klage nicht ordnungsgemäß nach den Regeln der Über­ein­kunft zugestellt worden war. Das texanische Berufungsgericht stimmte ihr zu. Die Klägerin wandte sich an den Supreme Court.

Strittig war insbesondere die Auslegung von Artikel 10a der Übereinkunft:
Article 10
Provided the State of destination does not object, the present Con­ven­tion shall not interfere with -
a) the freedom to send judicial documents, by postal channels, di­rect­ly to persons abroad, …
Die Beklagte behauptete, dass das Wort send nicht die Übermittlung juristischer Unterlagen umfasse und eng aus­zulegen sei. Hilfsweise führte sie an, dass selbst wenn diese umfasst seien, ein Versand zu einem bestimmten Zweck, hier die Klagezustellung, Service of Process, gegen das Abkommen verstoßen würde.

Das Gericht widersprach ihr in beiden Punkten. Der Begriff send sei weit aus­zu­le­gen, und aus der Systematik des Ab­kom­mens gehe hervor, dass, insbesondere in Anbetracht von Artikel 1, Artikel 10a eine Klagezustellung einschließen muss, da letzterer sonst überflüssig sei. Die Ratio der Vorschrift sei, die Zustellung von gerichtlichen und außergerichtlichen Dokumenten zwischen den Mit­glieds­staa­ten zu erleichtern, nicht zu behindern. In der französischen Fassung des Ab­kom­mens sei mit dem Begriff adresser zudem auch regelmäßig die Klage­zu­stel­lung enthalten.

Wenn außerdem eine Absicht der Gesetzesverfasser bestünde, Artikel 10a auf eine bestimmte Teilmengevon Dokumenten zu beschränken, hätten sie dies laut Gericht wohl explizit erwähnt, wie etwa in Artikel 15. Voraussetzung für eine wirksame Zustellung sei jedoch stets, dass der Staat, in den das Dokument über­mittelt wird, keine Einwände dagegen geltend macht.

Deshalb vereitelt beispielsweise in Deutschland eine Zustellung entgegen den Bestimmungen des Übereinkommens eine Anerkennung und Vollstreckung eines amerikanischen Urteils. Doch kann mit diesem Urteil in das Vermögen des Beklagten in den USA wirksam vollstreckt werden.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.