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Donnerstag, den 31. Mai 2007

Grundfragen der Rechtshilfe  

.   Niemand weiß alle Antworten zur internationalen Rechtshilfe in Zivilsachen. Im eben in Washington eingetroffenen Mai-Heft des Rechts der Internationalen Wirtschaft finden sich die Fragen, und damit ist einem schon viel weiter geholfen.

Prof. Siehr bietet mit der Darstellung Grundfragen der internationalen Rechtshilfe in Zivilsachen, RIW 2007, 321, einen umfassenden Überblick, der für manche als Einführung und für die meisten Leser als Fortführung nützlich ist. Das gilt auch für die verbindlichen Antworten und weiterführenden Anstöße.

Siehrs Quellenangaben mit vielen alten Bekannten, doch immer wieder auch interessanten neuen Verweisen, sind genauso hilfreich wie seine systematische Aufteilung der Rechtshilfe in diese Kernbereiche:
Zustellungen
Beweisaufnahme
Verfahrensüberleitung
Verfahrenshilfe
Rechtsauskunft.
Dass der Justizkonflikt zwischen den USA und Deutschland und Europa aufgrund sehr unterschiedlicher Rechtsordnungen nicht zu kurz kommt, versteht sich von selbst. Sehr lesenswert!


Donnerstag, den 31. Mai 2007

US-Anwalt in einem Moment  

.   Darf ich Sie einen Moment stören? Welche Voraussetzungen muss man als deutscher Anwalt erfüllen, um Anwalt in Amerika zu sein? Wo finde ich Informationen zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen?
Die Mitgliedschaft in der deutschen Anwaltschaft ist für die amerikanische Zulassung zur Anwaltschaft nicht von Bedeutung. Die einzelnen Rechtsordnungen stellen die Vorgaben für die Zulassung. Mithin müssen Bewerber die Bestimmungen in den 50 Staaten und den weiteren Rechtsordnungen prüfen. Diese Bestimmungen ändern sich gelegentlich, sodass man darauf auch die Ausbildung anpassen muss. Mit der deutschen Zulassung kann man in manchen Rechtskreisen eine beschränkte Zulassung als Nichtanwalt zur Beratung im deutschen Recht erhalten. Zahlreiche Informationen finden Sie bei den Obergerichten der verschiedenen Rechtskreise. Und an die DAJV denken, die ist sehr hilfsbereit.
Mit dem Thema kann man auch 1000 Momente oder 142 Seiten füllen … Da gab es ja auch den Weg über das Jurastudium in den USA und die weiteren Schritte.


Mittwoch, den 30. Mai 2007

Formfehler im Gesetz  

.   Darf man Gesetze ignorieren, die formfehlerhaft zustande kommen? Die Bundesverfassung schreibt in Art. I §7 vor, dass ein dem Präsidenten zur Unterzeichnung vorgelegtes Gesetz in identischer Fassung von beiden Häusern angenommen worden sein muss.

Der Fall Public Citizen v. United States District Court for the District of Columbia, Az. 06-5232, betrifft das Steuergesetz Deficit Reduction Act of 2005. Die Klägerin beantragte das Impeachment des Gesetzes, weil es unter anderem die Gerichtsgebühr auf $350 erhöhte, was sie als häufig im öffentlichen Interesse auftretende Klägerin besonders beinträchtige. Der Formfehler betrifft einen Tippfehler, der im Senat korrigiert wurde, nachdem das Haus bereits die Entwurfsfassung mit dem Tippfehler angenommen hatte.

Anschließend unterzeichneten sowohl die Vorstände beider Häuser als auch der Präsident die korrigierte Fassung. Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks entschied am 29. Mai 2007 gegen ein Impeachment unter Berufung auf das Urteil des Obersten Bundesgerichtshofes der Vereinigten Staaten in Sachen Marshall Field & Co. v. Clark, 143 US 649 (1892). Es begründet seine verfassungsrechtliche Analyse auf 24 Seiten.


Dienstag, den 29. Mai 2007

Wahlrecht für Hauptstadt  

.   Die Debatte um das Wahlrecht für Bürger der Hauptstadt richtet sich auf die bevorstehende Entscheidung im Senat. Dort haben sie nicht einmal einen nichtstimmberechtigen Beobachter. Im Repräsentantenhaus darf eine Bürgerin in ihrem Namen wenigstens zuschauen.

Kompromisslos stehen sich Verfechter von zwei Interpretation der Absichten der Verfassungsgeber gegenüber. Wollten diese mit der Schaffung eines Bundesbezirks, der keinem Staat angehört, den Bürgern des Bezirks das Wahlrecht verweigern? Oder sollte sich diese Bestimmung nicht gegen die Bürger wenden?

Die Verfassungsgeber hatten ausgiebig den Wert der Demokratie, des Wahlrechts und der Gleichbehandlung erörtert und dafür gestimmt. Andererseits räumten sie dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungsgewalt für das Schicksal des District of Columbia ein:
Section 8. The Congress shall have power …
To exercise exclusive legislation in all cases whatsoever, over such District (not exceeding ten miles square) as may, by cession of particular states, and the acceptance of Congress, become the seat of the government of the United States, and to exercise like authority over all places purchased by the consent of the legislature of the state in which the same shall be, for the erection of forts, magazines, arsenals, dockyards, and other needful buildings;… Art. I Sect; 8 Bundesverfassung.

Wollten sie nur die Staaten von einer Einmischung ausschließen, oder auch die Bürger Washingtons? Könnte man deutsche Auslegungsregeln auf diese Verfassungsgeschichte anwenden, wäre klar, dass die Ausschließlichkeit die Staaten trifft, nicht die Bürger, hilfsweise, dass sich die Gesetzgebungsgewalt auf die gesetzgebenden Organe bezieht und nicht auf die Bürger, die die Legislative durch Wahlen schaffen. Nach deutschem Recht dürfte Washingtonern also das Bundeswahlrecht zustehen. Oder?


Montag, den 28. Mai 2007

Pre-Trial Discovery bedeutet ?  

.   Warum wird so oft von pre-trial Discovery gesprochen statt von Discovery? Das Adjektiv pre-trial erscheint überflüssig. Die Beweisausforschung der Discovery findet schließlich immer vor dem Trial, der Hauptverhandlung vor dem Richter oder den Geschworenen im Zivilprozess der USA, statt. Wer bis dann die Beweise nicht rangeschafft hat, hat im US-Recht halt Pech gehabt.

Vielleicht soll pre-trial Discovery ein Hendiadyoin oder Pleonasmus sein? Dazu passen die Einsichten bei Wikipedia: Oft rühren Tautologien aus nicht verstandenen Begriffen oder Fremdwörtern her …, und beim Kollegen Marcus T. Cicero, Esq.: Quousque tandem abutere, Catilina, patientia nostra? Quamdiu nos etiam furor iste tuus eludet? Quem ad finem sese effrenata jactibit audicia?







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.