×KEINE COOKIES - KEINE TRACKER

• • Anspruch auf Löschung des Kontos eines Dritten • • Überstunden in den USA: Aktualisierung • • Beeinflussung der Onlinemoderation verboten • • Folgen des Vertragsauslaufens: Expiration • • Ungeliebtes Wandgemälde versteckt: Haftung? • • Virales Video, Presserecht und Beleidigung • • Dicker statt dünner: Produkthaftung • • Verbot unechter Online-Bewertungen • • Neueste Urteile USA

Samstag, den 21. Okt. 2023

Zurück zum uneinheitlichen Presserecht

 
.   Wie im Waffenrecht pocht der seit trump einflussreiche Supreme Court-Richter Thomas auf die Rückkehr des Presserechts zum bei der Gründung der USA geltenden Recht. Das bedeutet die Abkehr vom einheitlichen Maßstab der Verleumdungsmerkmale, die sich zwar nach einzelstaatlichem Recht unterschiedlich darstellen, aber von der bundesverfassungsrechtlichen Garantie der Pressefreiheit geprägt werden.

Die Verfassungsrechtsprechung fordert seit 1964, seit dem Entscheid in New York Times Co. v. Sullivan, 376 U. S. 254 (1964), Böswilligkeit der beklagten Presse bei behaupteter Verleumdung von Personen des öffentlichen Interesses. Eine versehentliche oder unbeabsichtigte Verleumdung führt nicht zur Haftung.

Thomas erklärte am 10. Oktober 2023 in der Entscheidungsbegründung im Fall Blankenship v. NBCUniversal LLC, dass die Rechtsprechung von 1964 zu revidieren sei. Verleumdungsrecht müsse einzelstaatliches Recht bleiben, und die Gerichte müssten sich am zur Zeit der Gründung der USA geltenden Recht orientieren. Dieses habe auch verfassungsrechtlich nicht den Böswilligkeitsfaktor gekannt. Er zitiert sich:
"The common law of libel at the time the First and Fourteenth Amendments were ratified did not require public figures to satisfy any kind of heightened liability standard as a condition of recovering damages." McKee v. Cosby, 586 U. S. ___, ___ (2019) (THOMAS, J., concurring in denial of certiorari) (slip op., at 6).


Mittwoch, den 18. Okt. 2023

Anspruch auf Löschung des Kontos eines Dritten

 
.   Der Inhaber eines dreimal minimal verletzten Videourheberrechts verklagte ein Forum, auf dem der verletzende Forumskunde unerlaubt einen Ausschnitt eingestellt hatte, weil das Forum zwar die verletzenden Werke gelöscht, aber nicht das Kundenkonto gelöscht hatte. Das Forum habe seinen eigenen Nutzungsvertrag rechtswidrig ignoriert, der Kunden die Kontolöschung nach drei Urheberrechtsverletzungen androhe, und damit gegen den Digital Millennium Copyright Act verstoßen.

Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City erörterte in seiner Begründung vom 17. Oktober 2023 im Fall Business Casual Holdings, LLC v. YouTube, LLC zunächst ausführlich, dass dem Kläger gegen das Forum kein Schadensersatzanspruch nach Urheberrecht wegen der Rechteverletzung durch den Kunden zustehe, und wandte sich dann dem behaupteten DMCA-Anspruch zu.

Der DMCA gewährt den Betreibern von Internetauftritten eine Haftungsbefreiung bei behaupteten Urheberrechtsverletzungen unter der Bedingung, dass sie Urheberrechtsinhabern die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zur Beantragung einer Löschung eines geschützten Werks anbieten und prompt auf das Löschungsbegehren reagieren. Rechtlich gilt diese DMCA-Regel als Einrede, nicht als Anspruch, wie das Gericht erklärt:
The DMCA safe harbor provision that Business Casual relies on is an affirmative defense that a defendant may assert when a plaintiff sufficiently alleges a viable claim of prima facie copyright infringement. See 17 U.S.C. § 512(l) (“The failure of a service provider’s conduct to qualify for limitation of liability under this section shall not bear adversely upon the consideration of a defense by the service provider that the service provider’s conduct is not infringing under this title or any other defense.”); see also Capitol Recs., LLC v. Vimeo, LLC, 826 F.3d 78, 94 (2d Cir. 2016) (“[T]he safe harbor is properly seen as an affirmative defense, and therefore must be raised by the defendant.”); CoStar Grp., Inc. v. LoopNet, Inc., 373 F.3d 544, 555 (4th Cir. 2004) (“[T]he DMCA is irrelevant to determining what constitutes a prima facie case of copyright infringement.”). In other words, there is no affirmative cause of action for any alleged failure by YouTube to apply its Repeat Infringer Policy in accordance with the DMCA’s safe harbor provisions.
Dass das Forum angeblich die eigenen Forumsregeln über den Ausschluss von Mehrfachverletzern, Repeat Infringers, ignoriert haben soll, ist demnach irrelevant und führt zu keinem Schadensersatzanspruch des Urheberrechtsinhabers gegen das Forum. Der DMCA befreit bei prompter Löschung von Werken von der Haftung nach dem Copyright Act und verlangt vom Forum keine Löschung von Kundenkonten. Hier hielt das Forum auch die erforderliche vertragliche Regelung für Mehrfachverletzer vor; dieser Vertrag ist jedoch nicht als Anspruch des Urheberrechtsinhabers durchsetzbar.







CK
Rechtsanwalt i.R. u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, von 2014 bis 2022 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2021 erschien die 5. Auflage mit seinem Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.




 
×KEINE COOKIES - KEINE TRACKER