CK • Washington.
Can und
may hatte die Washington Post verwechselt und damit Leserproteste provoziert: Man hat doch in der Grundschule gelernt, dass
may nur für das Dürfen steht, und
can nur für die Fähigkeit, etwas zu tun. Die Zeitung steht allerdings nicht allein. Diese Begriffe werden in den USA immer häufiger falsch verwendet. Ihre unvorsichtige Verwendung im US-Vertrag dürfte nicht nur tragische Auswirkungen entfalten, sie kann und tut es auch.
Meist sind amerikanische Rechtsanwälte bei der Formulierung von Verträgen auch in dieser Hinsicht vorsichtig, doch manche begehen denselben Fehler, den man sehr häufig in englischer Korrespondenz aus Deutschland mit amerikanischen Vertragsparteien sieht. Der Amerikaner meint, der Deutsche biete eine Leistung, zu der er fähig ist, an, und ahnt nicht, dass der Deutsche meint, er wolle etwas dürfen und die Leistung sei damit vereinbart. Ob das tatsächlich so ist, folgt nicht aus dem
can, sondern dem
may.Vergleichbare Missverständnisse - oder auch schwerwiegende Rechtsfolgen - ergeben sich aus der unvorsichtigen Verwendung von Verben der Gegenwart und der Zukunft. Der amerikanische Anwalt darf Präsens und Futur einfach nicht gleichsetzen. Englische Korrespondenz aus Deutschland ist hingegen in dieser Beziehung sehr oft uneindeutig.
Als deutsch-amerikanischer Anwalt versteht man, was die deutschsprachige Seite wünscht, weil man mit der sprachlichen Eigenart und dem laxen Gebrauch vertraut ist, doch die rein amerikanischen Anwälte oder Vertragsparteien lesen Präsens - Wir machen das! - und verstehen Präsens, selbst wenn derselbe Text im Deutschen als auf die Zukunft gerichtet zu lesen ist.
Abschließend ist noch eine Umständlichkeit in englischen Verträgen aus Deutschland anzumerken. Das steht
AB is entitled to …, wenn der Amerikaner
AB may … erwartet. Das
may drückt im Vertrag aus, dass AB zu etwas berechtigt ist.