Mark Riedy ging vor allem auf die rechtlichen Aspekte des neuen Irak ein. Im Hinblick auf den Wiederaufbau betonte er Artikel 16 der Übergangsverfassung sowie die Anordungen 38 und 39 der Coalition Provisional Authority (CPA) vom 19. September 2003.
Anordnung 39 CPA ersetzt das gesamte bisherige irakische Investitionsrecht. Das alte Recht enthielt ein Verbot für ausländische Investitionen, die Errichtung von Firmen und den Erwerb von Anteilen an irakischen Firmen. Ausgenommen waren nur Investitionen Angehöriger arabischer Länder. Investitionsberechtigte Firmen mußten den arabischen Israel-Boykott einhalten. Nach § 6(1) Anordnung 39 CPA sind ausländische Investitionen jetzt nur noch bei natürliche Resourcen und deren erstmalige Gewinnung und Verarbeitung beschränkt. Artikel 16 der Übergangsverfassung sowie § 8 Anordnung 39 CPA verbieten Eigentum an Immobiliargütern in ausländischer Hand. § 8(2) hingegen erlaubt den Nutzungsverträge über Grundbesitz für bis zu 40 Jahren, die unbegrenzt verlängert werden dürfen. § 4 Anordnung 39 CPA ordnet die Gleichbehandlung irakischer und ausländischer Investoren an. Ein Ausländer darf das Alleineigentum an Unternehmen innehaben. Nach § 5 Anordnung 39 CPA muß jede Zweigstelle eines Unternehmens zum irakischen Handelsregister angemeldet werden. Die Bücher etc. müssen demnach nach wie vor in arabisch geführt werden.
Anordnung 39 CPA ermöglicht und erleichtert ausländische Investitionen im Irak. Anordnung 38 CPA ist der Versuch, den Irakern selbst beim Wiederaufbau ihres Landes beiseite zu stehen. Es richtet unter anderem eine Steuer hierfür ein, die 5% der zu versteuernden Güter ausmacht und ab dem 01. Januar 2004 in Kraft tritt. Dies gilt nach § 1(4) der Anordnung auch für Importe. Davon ausgenommen sind nach § 2(1) 38 CPA lediglich Lebensmittel, Medizin, medizinische Ausrüstung, Kleidung, Bücher, humanitäre Güter und ähnliche Importe sowie Importe von den Vereinten Nationen, anderen non-profit Organisationen oder ausländischen Regierungen, die zum Wohl der Bevölkerung verwendet werden. Von der Steuerpflicht befreit sind außerdem Importe nach dem Öl für Lebensmittel Programm sowie Personen und Unternehmen, die der CPA angegliedert oder der Koalition von Streitkräften angehören.
Abdullah Akyüz als Vertreter der Wirtschaft konzentrierte sich auf die möglichen Vorteile einer türkisch-amerikanischen Partnerschaft in Zusammenhang mit dem Nahen Osten und dem Irak. Akyüz zu Folge hat die Türkei, nicht zuletzt begünstigt durch die Zollunion mit der Europäischen Union, sowohl die individuellen Fähigkeiten als auch die institutionellen Kapazitäten, die eine wirtschaftliche Umformung des Irak erfordert. Dazu gehören eine entsprechende Logistik, die Infrastruktur für Kommunikation und Transport sowie umfassende Erfahrung mit dem irakischen Markt. Vor 1991 war die Türkei der zweitgrößte Handelspartner des Irak nach Deutschland. Der Anteil an Exporten in den Irak betrug damals 8% des gesamten Exports der Türkei. Das Handelsvolumen betrug 2,5 bis 3 Billionen USD. Die Kirkuk-Yumurtalik Ölpipeline zwischen den beiden Ländern stellte nur einen wichtigen Faktor davon dar. Nach wie vor sei die Türkei fähig und bereit, seinen Teil zum Wiederaufbau des Irak zu leisten. Herr Akyüz gab daraufhin einige Beispiele dessen, was die Türkei seit dem Ende des zweiten Irakkrieg dort geleistet hat:
- Kommittee für Koordination im Irak
- Transportlogistik für die Vereinten Nationen
- Aufbau von zwei Krankenhäusern
- Wiedereröffnung des Schienenverkehrs zwischen Irak und der Türkei
- Turkish Airlines hat bereits Starterlaubnis beantragt
- Vertragsschluß über die Stromversorgung des Irak
- Akbank als Mitglied eines internationalen Konsortiums arbeitet an der
Eröffnung einer Bank im Irak
Darüberhinaus zählte Herr Akyüz auf, in welchen Gebieten die Türkei und die USA in Zukunft zusammen arbeiten könnten und gab damit seiner Hoffnung in dieser Hinsicht Ausdruck.
Charles D. Hartman vom ATC pflichtete Akyüz im wesentlichen bei, dass die Türkei die besten Voraussetzungen für den Wiederaufbau mitbringe. Ihm zu Folge sind die Verträge für den Wiederaufbau des Irak jedoch bereits schon vor dem zweiten Irakkrieg an elf US-Firmen gegangen, so dass sich die Beteiligung anderer am Wiederaufbau schwierig erweist. Das türkische Parlament hatte den USA vor dem zweiten Irakkrieg die Eröffnung einer zweiten Front an der türkisch-irakischen Grenze verweigert. Erst kürzlich stimmte es gegen eine Truppenentsendung. Hartman war nicht der Meinung, dass sich dies nachhaltig auf die türkisch-amerikanischen Beziehungen auswirken werde.
Der Abend wurde abgerundet mit einem türkischen Buffet, bei dem erkennbar wurde, dass eine türkisch-deutsche Wirtschaftsachse viele gemeinsame Interessen in Bezug auf den Wiederaufbau und das Verhältnis zu den mit Verträgen bedachten US-Firmen verfolgt.