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Dienstag, den 31. Dez. 2019

USA 2019: Die Ohnmacht des Rechts  

.   Die Ohnmacht des Rechts - oder der Rechtsstaatlichkeit? - be­schreibt das do­mi­nan­te Thema im Jahresrückblick 2019. Der mächtigste Mann des Lan­des spielt sich wie ein Diktator auf. Er verweigert die Mitwirkung an Ver­fah­ren. Er ver­bie­tet sei­nen Mitarbeitern die Be­fol­gung gerichtlicher An­ord­nun­gen. Er pro­zes­siert ge­gen alles, verliert, erduldet gerichtliche Zwangs­mit­tel, und hofft auf Re­vi­sio­nen bis zum von ihm be­setz­ten Supreme Court.

Halt Recht Zeichen
Das schlechte Vorbild macht nicht nur Schule, son­dern ani­miert auch sonst - schon be­ruf­lich bedingt - zö­ger­li­che Drit­te, wie Anwälte, selbstherrlich das Recht zu in­ter­pre­tie­ren. Sei­ne Marionette Giuliani geht so weit, unabhängig vom Außen­mi­ni­ste­ri­um die Außenpolitik zu dirigieren. Wie sein be­haup­te­ter Man­dant nimmt er keine Rücksprache bei, und Rück­sicht auf, Fach­leu­te in den Mi­ni­sterien, sondern kämpft auf eige­ne Faust auf un­sicht­ba­ren Schlachtfeldern.

Wie der Präsident wechselt er Strategien, Taktiken und Rechts­an­sich­ten nahe­zu stündlich. Der laut Verfassung unabhängige Senat geriert sich als ihr Pro­tek­tor. Was die USA anderen Ländern als Demokratie diktieren und von vie­len als vor­bild­lich adaptiert wurde, hat Trump 2019 über den Haufen ge­wor­fen. Die of­fen­sichtliche Korruption der Herrschermafia spielt dabei eher eine Ne­ben­rol­le, und al­le anderen Rechtsentwicklungen des Jahres 2019 ver­schwin­den im Hinter­grund.


Samstag, den 28. Dez. 2019

Gewerbliche Kopie von Creative Commons-Werk  

.   Einen Druckladen verklagte der Verfasser eines Ma­the­ma­tik-Stu­di­en­plans, weil der gewerbliche Nachdruck nach der Creative Com­mons At­tri­bu­ti­on-Non­Com­mer­ci­al-ShareAlike4.0InternationalPublicLicense eine Ur­heberrechtsverletzung darstelle. Der Revisionsent­scheid in Great Minds v. Of­fi­ce De­pot Inc. erging am 27. De­zem­ber 2019 in San Fran­cisco.
Copyright Symbol


Der Verfasser bietet selbst gewerblich das Druckwerk an. Die CC-Li­zenz verbietet in §1(k) die Verbreitung für primär ge­werb­li­che Zwecke, gewerblichen Vorteil oder geldwerte Ver­gü­tung. Der Be­klag­te er­bringt Kopierleistungen für Schu­len und fer­tigt auf de­ren Wunsch Ko­pi­en des Stu­di­en­plans ent­gelt­lich an. Er ver­treibt kei­ne Ko­pi­en an son­sti­ge Kun­den.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA beurteilte die Li­zenz­la­ge so, dass die Schulen die nichtgewerblichen Bedingungen der CC-Li­zenz er­füll­ten und der Beklagte selbst kein Lizenznehmer war. Als Dienstleister der Li­zenz­neh­mer ver­letz­te er selbst keine Rechte bei seiner Leistungserbringung für die recht­mäßig han­deln­den Schulen, die den Kopiervorgang an Drit­te aus­la­gern dürfen.

Das Gericht gelangte über das einzelstaatliche Vertragsrecht Kaliforniens zur Aus­le­gung der Li­zenz, die ih­rer­seits das bundesrechtliche Urheberrecht umsetzt. Auf die­sem Weg stell­te es fest, dass der Dienstleister des Li­zenz­neh­mers selbst kein Lizenznehmer wird und als Gewerbe die Lizenz nicht verletzt.


Mittwoch, den 25. Dez. 2019

NSA-Eintrag: Korrektur, Löschung, Schadensersatz  

.   Im Fall Jacobs v. NSA verliert der Kläger wegen Unschlüssigkeit oder Schusseligkeit, aber die lehrreiche Abweisung vom 24. Dezember 2019 erklärt dem Leser alle denkbaren Anspruchsgrundlagen, die sich gegen Einträge persönlicher Daten in den Akten der National Security Agency wenden.

Nach 5 USC §§ 552a(g)(1)(A), (2)(A), § 552a(g)(1)(B), (3)(A) können die Korrektur und Herausgabe von Einträgen beantragt werden. Immer steht vor einer Klage die Hürde des Verwaltungsverfahrens, die der Kläger ignorierte, urteilt das Bundesgericht der Hauptstadt. Ebenso fehlt der Klage die Substantiierung von Tatsachen, die einen Schadensersatz oder andere Abhilfe nach der Verfassung, dem Privacy Act oder dem Common Law, auslösen könnten.


Dienstag, den 24. Dez. 2019

Rechtshilfe im Ausland: Letters Rogatory  

.   In der Verfügung in Hyundai Motor Co. v. Direct Technologies International vom 23. Dezember 2019 erklärt das Bundesgericht der Hauptstadt Washington die Anforderungen an ein Rechtshilfeersuchen in einem verwaltungsrechtlichen Markenstreit. Die Antragstellerin geht vor der International Trade Commission außenhandelsrechtlich gegen die Antragsgegnerin vor, und der Verwaltungsrichter regte die Einholung von Beweisen in Kanada an. Dazu wandte sich die Antragstellerin an das zuständige Bundesgericht, und die Antragsgegnerin brachte ihre Rügen vor.

Der Entscheid weist die Rügen zurück: Die zu befragende Zeugin hatte mit der Sache zu tun, auch wenn sie nicht zum Personal der Antragsgegnerin gehört. Eine Fristversäumnis ist undenkbar, weil das Gesetz bei Letters Rogatory keine Fristen kennt. Die prozessualen Anspruchvoraussetzungen sind erfüllt, weil für ein Verfahren Beweise einzuholen sind. Zudem ist das Prozessrecht, Fed. R. Civ. P. 28(b)(1)(A)–(D), in diesen Fällen flexibel, und die zitierten Präzedenzfälle belegen dies.


Montag, den 23. Dez. 2019

FARA: FBI und Justizministerium prüfen Compliance  

.   Für Lobbyisten gelten mehrere Meldepflichten. Solange sie mel­den, für wen sie ar­bei­ten und was sie erhalten, dürfen sie vielerlei unter­neh­men. Die Ver­tre­tung aus­ländischer Interessen steht vor einer weiteren Hür­de, der Mel­de­pflicht nach dem Foreign Agents Registration Act. Nachdem ein Ge­richt so­gar einen ame­ri­ka­nischen Dienstmittler für eine ausländischen Me­di­en­dienst dem FARA un­ter­warf, siehe Kochinke, Propaganda-Meldepflicht des Ra­dio­li­zenz­in­ha­bers, folgen weitere Verschärfungen.

Bisher hatte das zuständige Amt, die Strafrechtsabteilung im Bundes­justiz­mi­ni­ste­ri­um, United States Department of Justice, haupt­säch­lich Mel­dun­gen ent­ge­gen­ge­nom­men und nur sel­ten ge­prüft. Nun steigt die Zahl der Compliance-Audits, die das Amt bei den Mel­dern vor­nimmt. Außer­dem schal­tet es neuerdings auch das Federal Bureau of Inve­sti­ga­ti­on ein.

Auch Kanzleien unterfallen der Meldepflicht. Sie gilt nicht, wenn sie beispiels­wei­se Staa­ten oder ihre kul­tu­rel­len, wis­sen­schaft­lichen oder politischen Or­ga­ni­sa­tio­nen ge­richt­lich oder bei Trans­aktionen wie Kauf-, Miet- und Arbeits­ver­trä­gen in den USA be­ra­ten oder vertreten. Doch jegliche Tä­tig­keit, die An­sich­ten einer aus­ländischen Regierung oder ihrer Organi­sa­tio­nen di­rekt oder in­di­rekt der ame­ri­ka­ni­schen Öffentlichkeit ans Herz legt, gilt nach FARA als Propaganda und ist zu melden, so also selbst ein wohlwollender Aufsatz über rechtliche In­stru­mente eines solchen Mandanten in einer Fachzeitschrift.


Sonntag, den 22. Dez. 2019

Normenkopie: Zwangsmittel gegen DNS-Mittler  

.   Das Zwangsmittel einer Subpoena genehmigte das Bun­des­ge­richt in Delaware in In re: Cloudflare Inc. gegen einen DNS-Mitt­ler, um ihn zu Kun­den­aus­künften zu zwingen. Die Kunden sollen hinter der Ver­öf­fent­li­chung angeblich rechtswidrig kopierter Normen im Internet stehen. Die Nor­men des An­trag­stellers sollen vom beantragendem Verband nur ge­druckt an­ge­bo­ten werden.

Die Frage des Urheberrechtsschutzes von Normen liegt ge­gen­wär­tig dem Su­pre­me Court zur Be­ur­teilung vor. Wenn Normen von Gesetzgebern des Bun­des und der Staa­ten mit Gesetzeskraft zwingend werden, kann ihr Copyright un­ter­ge­hen, sie­he Kochinke, Die Norm als Gesetz: Darf man sie zitieren, ko­pie­ren?.

Wie bei an­de­ren Druck­wer­ken kann je­doch die Kopie von Werken oh­ne zwin­gend­en Charakter eine Zwangsmaßnahme oder eine Unter­las­sungs­ver­fü­gung nach dem Digital Millennium Copyright Act zulässig ma­chen, sie­he auch An­dy, American Petroleum Institute Obtains DMCA Sub­poe­na Or­de­ring Cloud­fla­re Ac­tion Against Pirate Site, Kochinke, Ver­öf­fent­lich­te Normen im Urheberrecht.


Sonntag, den 22. Dez. 2019

Haager Übereinkunft: Spät gerügte Zustellung  

.   Von zwei Mitgesellschaftern wurde der Revisionskläger aus Mos­kau im Fall In re: Kirwan Offices S.à.R.L. durch einen Insolvenzplan aus der ge­mein­sa­men Gesellschaft ausgeschlossen. Er rügte die fehlerhafte Zu­stel­lung nach der Haa­ger Zu­stel­lungs­übereinkunft und die Wahl eines mit nur einem Rich­ter be­setz­ten, bei rus­si­schen Par­tei­en be­liebten Konkursgerichts. Am 20. De­zem­ber 2019 ent­schied das Bun­des­be­ru­fungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City ge­gen sei­ne Einwendungen.

Er hatte sich nämlich rügelos bereits inhaltlich auf das Verfahren eingelassen und hat­te Kennt­nis vom Ver­fah­ren erhalten. Dann ist der Zustellungsfehler harm­los. Die Kri­tik an der Wahl des Gerichts, die täuschend gewesen sein soll und die ga­ran­tierte Zuweisung an einen Richter durch ein Auswahlverfahren ver­hin­dert ha­ben soll, sei ebenfalls zu spät vorgetragen worden. Der Kläger ha­be sich an­hand öf­fent­li­cher In­for­ma­tionen über die Gerichtsbesetzung früh­zei­tig un­ter­rich­ten und eine Verfahrensrüge erheben können.


Samstag, den 21. Dez. 2019

Tor zur Spielhölle versperrt Blick auf AGB  

Softwareanbieter macht jeden denkbaren Fehler im Vertragsangebot
.   Die Wirksamkeit von Vertragsbestimmungen eines Te­le­fon-Ca­si­no­pro­gramms erörtete die Revision im Fall Wilson v. Huuuge Inc. am 20. De­zem­ber 2019. Sie richtet sich nach einzelstaatlichem Ver­trags­recht. We­der Ein­sicht noch ausdrückliche Zustimmung zu den AGB for­der­te ihr An­bie­ter in App Sto­res oder im Spiel. Zudem fand sich ein Hinweis auf die AGB erst nach zah­lrei­chen Text­sei­ten, und dieser Hinweis beschränkte sich auf eine Ver­knüp­fung zu einer im Browser aufrufbaren Webseite. Um zu die­ser zu ge­lan­gen, muss der Kun­de das Link ko­pieren und in einen Browser eingeben.

Im allgemeinen hat sich im Vertragsrecht der einzelnen Staaten vornehmlich durch Recht­spre­chung der Gedanke durchgesetzt, dass Verträge als Clickwrap- oder Brow­se­wrap-Ver­träge wirksam online abgeschlossen werden können. Dies setzt in der Re­gel eine leichte Auffind- und Einsehbarkeit voraus und wird in der Pra­xis mit einer Be­stä­ti­gungsfunktion verbunden.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Francisco ent­schied, dass das um­ständ­liche Verfahren bei dieser App nicht wirksam zum Ver­trags­schluss füh­ren konn­te und kei­ne Vermutung der Einsicht und Zustim­mung grei­fen kann. Auch das Drei-Punkte-Menü in der App, das zu den AGBs führt, erachtet es als im Sinne des Vertragsrechts unzureichend. Das vom An­bie­ter ge­wähl­te Ver­fahren weist alle Fehler auf, die bei Browsewrap-Ver­trä­gen denk­bar sind, und er kann die angestrebte Schiedsklausel nicht durchsetzen.


Freitag, den 20. Dez. 2019

Bullsh*t-Artikel verleumdet nicht: Journalismus  

.   Seit 1995 betreibt der Kläger im Revisionsentscheid Leidig v. Buzz­Feed Inc. einen Nachrichtendienst im Internet. Er wurde 2015 mit einem The King of Bullsh*t News betitelten Internet-Artikel der Beklagten bestraft. Ge­gen de­ren Ver­le­ger streng­te er eine Verleumdungsklage an, die das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des zwei­ten Be­zirks der USA in New York City am 19. De­zem­ber 2019 be­ur­teil­te.

Das Untergericht hatte die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Wahr­heits­be­weis ge­gen die behauptete Unwahrheiten über seine Berichte und die Cha­rak­te­ri­sie­rung Fake News von acht fantasievollen Artikeln, die als angeb­li­che Nach­rich­ten for­mu­liert waren, antrat. Die Beklagte hätte die Anfor­de­run­gen an Me­di­en er­füllt und die journalistischen Standards eingehalten, entscheidet die Revision. Blankokritik des Klägers am Artikel ohne konkrete Beweise der Wahr­heit, de­ren Fak­ten er al­lein be­sitze, rei­che nicht für einen Verleumdungs­an­spruch. Das Gericht bestätigt diese Würdigung:
To prevail on a libel claim under New York law …, the plaintiff must show that the defendant published a false and defamatory sta­te­ment that is about the plaintiff, without privilege or autho­ri­za­ti­on, to a third par­ty, with the requisite degree of fault, and that the sta­te­ment caused damage or was per se libelous. …
[t]o accept such a colorless denial as sufficient proof would ef­fec­ti­ve­ly shift plain­tiffs' burden of establishing falsity onto media de­fen­dants to es­ta­blish truth.


Montag, den 16. Dez. 2019

USA: Selten spielt der Streitwert eine Rolle  

Bei Wahl zwischen Bundes- und Staatsgericht: Fremdenschutz
.   Als die Kolonien noch verfeindet waren, konnte der rei­sen­de Händ­ler nicht si­cher sein, in der xenophoben Fremde sein Recht zu fin­den. Die Ver­fas­sungs­väter überließen nach der Unabhängigkeit der USA die Ge­richts­bar­keit mit zwei Ausnahmen den Staaten: Bundes­recht­li­che Fra­gen ge­hö­ren vor Bun­des­gerichte, und andere Prozesse mit Parteien aus un­ter­schied­li­chen Einzelstaaten dürfen vors Bundesgericht gehen, siehe Die Hexe und der Han­dels­rei­sen­de - aber nur wenn eine Streitwerthürde genommen wird, die heu­te $75.000 beträgt.

Diese Hürde betrifft der Revisionsbeschluss vom 16. Dezember 2019 im Fall GW Holdings LLC v. US Highland Inc.. Das Bundesgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City erklärt ganz konkret, dass an die Klägerbehauptung zum Streitwert nur minimalste Ansprüche gestellt werden. Der Beklagte muss hingegen - will er den Fall zum einzelstaatlichen Gericht verweisen lassen - das Gericht vom Fehlen des ausreichenden Streitwerts substantiiert überzeugen:
There is no allegation that Plaintiff-Appellant's initial estimation of da­ma­ges was ma­de in bad faith. Once a good faith representation has been ma­de, the par­ty op­po­sing ju­risdiction must show to a "le­gal cer­tain­ty" that the amount re­co­ve­rable does not meet the ju­ris­dic­tio­nal threshold. … It is not easy to do this. "[T]he legal im­pos­si­bi­li­ty of re­co­ve­ry must be so cer­tain as vir­tu­al­ly to negat[e] the plain­tiff's good faith in asserting the claim." AaO 3.


Donnerstag, den 12. Dez. 2019

Geltendmachung im Konkurs vernichtet Anspruch?  

.   Ein als Nachunternehmer eingeschalteter Aussteller­be­trieb ließ sich mündlich von einem Hersteller zusagen, für seine Lei­stun­gen für des­sen Ausstellungsdienstleister notfalls vom Hersteller bezahlt zu wer­den. Im Kon­kurs des Dienstleisters meldete er seine Forderung erfolglos an, ver­klag­te dann den Her­stel­ler und verlor mit der Begründung, die Geltend­ma­chung im Kon­kurs ver­nich­te­te den Anspruch. Das kann auch im amerika­ni­schen Recht nicht stim­men.

Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chicago entschied am 11. De­zem­ber 2019 im Beschluss CSI Worldwide, LLC v. Trumpf, Inc. für den Nach­un­ter­neh­mer und leg­te anhand zahlreicher Beispiele lehrreich dar, dass der Miss­er­folg einer An­mel­dung im Insolvenzverfahren nichts über das Be­ste­hen der For­de­rung ge­gen­über Drit­ten besagt. Im Untergericht müssen nun die An­spruchs­grund­la­gen und Ein­reden ganz normal beurteilt werden.


Dienstag, den 10. Dez. 2019

Markenlöschung muss nicht sein: Alternativen  

.   Ein Familienunternehmen spaltete sich in unter­schied­li­che Ge­schäfts­be­rei­che, und ein Teil wurde verkauft, nachdem es den Fami­li­en­na­men als Mar­ke an­ge­mel­det und ein­ge­tra­gen hatte. Nach dem Verkauf klagte der an­de­re Teil auf Markenlöschung aufgrund der Verwechslungsgefahr aus der ent­schei­den­den Kundensicht.
Markensymbol R im Kreis

Der Revisionsentscheid in Fabick, Inc. v. JFTCO, Inc. vom 9. De­zem­ber 2019 stellt die Erwägungen dar, die das Untergericht zu einer Billigkeitsentscheidung führten, die das Obergericht, das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chi­ca­go, billigt.

Bei einer Verletzung ist die Löschung oder das Unterlassungsgebot nicht un­be­dingt die ge­rech­te Lö­sung, er­klärten die Gerichte. Ein Katalog von Aufklä­rungs­pflich­ten auf Web­sei­ten, Rech­nun­gen und son­sti­ger Korrespondenz über einen Zeit­raum von fünf Jah­ren kann ein ge­eig­ne­tes Mittel zur Vermeidung einer Kun­den­ver­wechs­lung und auch eines Scha­dens­er­satz­ur­teils sein, ent­schie­den bei­de Ge­rich­te.


Dienstag, den 10. Dez. 2019

Das Recht der Mogelpackung: Slack Fill  

33% Luft in der Süßigkeitenschachtel: Sammelklage Benson v. Fannie May Confections
.   Wegen einer behaupteten Mogelpackung strengten die Klä­ger im Re­vi­si­ons­ent­scheid Benson v. Fannie May Confections Brands Inc. vom 9. De­zem­ber 2019 eine Sam­mel­kla­ge an. Zuviel funktionslose Luft in einer un­durch­sich­ti­gen Ver­packung verletzt das von der Food and Drug Admini­stra­ti­on ver­wal­te­te Nahrungsmittel- und Gesundheitsrecht, ohne dem Verbraucher ein Kla­ge­recht ein­zu­räumen:
A container that does not allow the consumer to fully view its con­tents shall be con­si­de­red to be filled as to be misleading if it con­tains non­func­tio­nal slack-fill. Slack-fill is the difference between the ac­tu­al ca­pa­ci­ty of a container and the volume of product con­tai­ned the­re­in. 21 CFR 100.100(a).
Das Bundesgesetz untersagt jedoch keine Anspruchsgrundlagen aus ein­zel­staat­li­chem Recht wie Ver­brau­cher­schutz, Falschwerbung, Täuschung oder einer Ver­bin­dung von un­er­laub­ter Handlung und Verstoß gegen Bundes­recht. Al­le denk­ba­ren Re­gi­ster zo­gen die Klä­ge­rin­nen, doch das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des sieb­ten Be­zirks der USA in Chicago wies sie nach lehrreicher Er­ör­te­rung zu­rück. Letzt­lich ist auch klar, dass die richtige Menge angegeben war und der Slack-fill-Luft­raum nicht funk­ti­ons­los ist, son­dern dem Schutz der Wa­re dient.


Samstag, den 07. Dez. 2019

Hölle oder Hochwasser entpflichten nicht  

Hell or High Water-Klausel im Vertrag verbietet Einreden
.   Ein Mietfinanzvertrag mit einer Hell or High Water-Klausel zeigt der Beklagten im Revisionsentscheid Xerox Corp. v. JCTB Inc. ihre dra­sti­schen Kon­se­quenzen. Sie kann erfolgreich bei einer Zahlungseinstellung nach Pro­ble­men mit der Miet­sa­che auf Zah­lung verklagt werden, ohne jegliche Ein­re­de oder Ein­wen­dung, De­fen­ses, gel­tend ma­chen zu dürfen.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City er­klär­te ihr am 6. De­zember 2019, dass sie sich vertraglich fast aller Rechte be­ge­ben habe - außer dem Recht auf Ersatzlieferung vertragsgerecht fun­kti­o­nie­ren­der Geräte.

Bei der Hell or High Water Clause muss der Leasenehmer unter al­len Um­stän­den zah­len und darf nur dieses eine Recht geltend machen. Selbst ein Rück­be­halt oder eine Auf­rechnung, auf die eine deutsche Beklagte hoffen würde, sind aus­ge­schlossen.


Mittwoch, den 04. Dez. 2019

$2,4 Mio. Schaden aus unerlaubter Rechtsberatung  

.   Kunden eines Boot- und Anhängervertriebs klagten er­folg­reich auf Scha­dens­er­satz, weil das Unternehmen unerlaubt Rechts­be­ra­tung be­trieb, in­dem es die notwendigen Urkunden ohne anwalt­li­chen Bei­stand aus­stell­te und da­für eine Ge­bühr be­rechnete.

Am 4. Dezember 2019 erhielten sie einen Nachschlag von $2,4 Mio. für die Erstattung ihrer Anwaltshonorare im Revisionsentscheid Robert McKeage v. Bass Pro Outdoor World, LLC. Das Bundesberufungsgericht des ach­ten Be­zirks der USA in St. Louis begründete diese Entscheidung mit der Ver­trags­klau­sel, die der ob­sie­gen­den Partei die Kosten eines Rechtsstreits zu­spricht. Die Klausel weicht von der American Rule of Costs ab, die jede Partei die eige­nen Kos­ten tra­gen lässt.

Doch ist die Wirksamkeit der Klausel vertragsrechtlich unbedenklich, auch wenn der Schuss, unerwartet aus der Sicht des die Klausel anbietenden Un­ter­neh­mens, nach hin­ten los­geht. Beim Vertragsentwurf sind solche Risiken gründ­lich zu be­den­ken. In manchen Fällen empfiehlt es sich, genau wie bei der Haf­tungs­frei­stel­lungs­klau­sel un­ter dem Ti­tel Indemnification das wirtschaft­li­che Ri­si­ko durch angepasste Formulierungen einzugrenzen.


Sonntag, den 01. Dez. 2019

Bei Twitter angekreidet: Schadensersatz  

.   Das Urteil in Illoominate Media Inc. v. CAIR Foundation betrifft die Haftung einer als verschwörungsphantasierend bekannten twitternden Klägerin, die von einer anderen Twitternutzerin wegen Regel­ver­stößen an­gekrei­det wurde, woraufhin Twitter das Konto der Klägerin sperrte und ein Scha­den aus an­geb­li­ch rechtswidrigem Eingriff in Geschäfts­be­zie­hun­gen mit Drit­ten, nämlich den Lesern der Klägerin, entstand.

Das Bundesgericht im Südbezirk von Florida prüfte die Tatbestandsmerkmale der behaupteten Tortious Interference, die auf bestehende und erhoffte Ver­trä­ge und auch Geschäftsbeziehungen einwirkt. Es wies die Klage schon al­lein we­gen des Man­gels an Geschäftlichkeit der Beziehungen zwischen Twit­ter­schrei­bern und -le­sern ab. Dabei stellte es auf die nichtidentifizierten Le­ser in ihrer Ge­samt­heit ab.

Denkbar wäre ein solcher Eingriff, wenn ein Anbieter und ein konkreter Kunde ihr Geschäft über Twitter abwickeln und ein Konkurrent dieses unterminiert. Die Klä­ge­rin behauptet vorsichtshalber auch, dass die Mel­dung an Twitter ihre Ver­trags­be­zie­hungen mit Twitter rechtswidrig störe. Das Gericht erkennt, dass Twit­ter kei­ne Kon­to­er­halts­ver­tragspflicht versprochen hat; deshalb kann die Meldung keinen rechts­wi­dri­gen Eingriff bedeuten.

Das Urteil vom 19. November 2019 erörtert unnötigerweise auch die Haf­tungs­be­frei­ung von Internetforen in §230 Communications Decency Act und ver­mischt da­bei die Merk­ma­le der Absätze 1 und 2; an dieser Erörterung sollte sich kein Leser orientieren. Siehe dazu die Landesberichte USA vom Verfasser in Kommunikation & Recht mit den obergerichtlichen Entscheidungen zum CDA und die Analyse von Eric Goldman, Notifying Twitter of TOS Violations Isn't Tortious Interference - Illoominate v. CAIR.


Dienstag, den 26. Nov. 2019

Unvergüteter Zeitungsartikel gedruckt und online  

.   Seine Meinung sandte der Kläger im Revisionsbeschluss Joseph v. Buffalo News Inc. an eine Zeitung, erhielt die Antwort, dass sie am Sonntag veröffentlicht werden könne, bedankte sich und sandte nach dem Erscheinen eine Rechnung. Er klagte, weil die Zeitung nicht zahlte, auf urhe­ber­recht­li­chen Schadensersatz, den er erweiterte, nachdem er entdeckte, dass sein Beitrag auch online erschien.

Den Copyright Act lasen das Gericht und das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City so, dass der Kläger ein konkludentes Nutzungsrecht erteilt hatte. Ohne die Bedingung einer Vergütung bleibe die Nutzung durch Abdruck vergütungslos und sei nicht schadensersatzpflichtig.

Auch den erweiterten Anspruch wegen der nicht in der Anfangskorrespendenz erwähnten Online-Veröffentlichung prüfte das einflussreiche Revisionsgericht am 25. November 2019. Die Zeitung hatte bereits ein Nutzungsrecht. Wenn der Lizenzgeber die über eine bejahte Lizenz hinausgehende Nutzung rügt, trägt er die Beweislast für den Rechtemangel. Der Kläger hatte jedoch nicht bewiesen, dass er die Veröffentlichung auf das Druckwerk beschränkt hatte.

Zudem berücksichtigt die Revision wohlwollend für die Beklagte, dass sie die Löschung des Beitrags angeboten hatte. Weil der Kläger auf das Angebot schwieg, durfte das Untergericht davon ausgehen, dass er keine Urheber­rechts­ver­let­zung beklagte: Because Joseph did not accept Buffalo News's offer to cease publication on the website, he fails to assert a valid claim that the con­ti­nued display on the website thereafter, pursuant to his prior autho­ri­za­tion, infringed his copyright.


Montag, den 25. Nov. 2019

Diffamierung: Entscheiden Richter oder Jury?  

Klimawandelwissenschaftler von Presse beleidigt: Rechtsfragen zum Wahrheitsbeweis
.   Der Supreme Court hat den Klimawandelwissenschafts-Re­vi­si­ons­fall Na­tio­nal Review Inc. v. Mann mehrheitlich nicht ange­nom­men, doch die Min­der­meinung von Justice Alito legt den Finger in eine of­fe­ne Wun­de: Die Un­ter­ge­rich­te sind unterschiedlicher Auffassuung bei der Frage, ob der Richter oder die Geschworenen in Diffamierungsprozessen die Wahr­heits­ein­re­de beurteilen.

Richter sind für Rechtsfragen zuständig; die Jury würdigt die Beweise und sub­su­miert, bis sie zum Verdikt gelangt, das der Richter im US-Prozess zum Urteil auf­wer­ten kann. Ali­to er­klärte am 25. November 2019 die Rechtsfrage und ihre Be­deu­tung. Er meint, dass die Nichtannahme zur Revision dazu führt, dass Par­tei­en die für ihr Ar­gu­ment günstigsten Gerichte anstreben. Die unklare Rechts­la­ge müs­se in Zu­kunft be­rei­nigt werden.

Alito wendet sich dann einem weiteren Problem zu. Die Meinungsfreiheit kön­ne über­stra­pa­ziert wer­den, wenn einer beleidigenden Falsch­be­haup­tung die Wor­te In my Opinion vorangestellt werden. Damit ent­la­ste sich der Be­lei­di­ger, doch bleibt nicht die falschaussagende Be­lei­di­gung am Op­fer hän­gen? Auch die­se Kon­stel­la­tion be­dür­fe drin­gend einer Kor­rek­tur, ar­gu­men­tiert der durch die trumpsche Rich­ter­er­nen­nun­gen in sei­nem Ein­fluss ge­stärk­te Alito.


Samstag, den 23. Nov. 2019

Kreditvertragsklauseln: Konzilianz bestraft  

Waiver und Estoppel als Vertragseinreden
.   In Bank of America NA v. New England Quality Service Inc. ging die Bank bei einem notleidenden Kreditvertrag davon aus, sie hät­te sich al­le Rech­te vorbehalten, als sie wiederholt auf die Erfüllung be­stimm­ter Ver­trags­pflich­ten verzichtete und dem Kreditnehmer mehr Zeit einräum­te. Die­ser be­haup­tete hingegen, die Bank habe auf ihre Rechte konklu­dent ver­zich­tet. Zu­dem ha­be er sich rechtswirksam darauf verlassen, sie werde ihre Rech­te nicht gel­tend machen.

Ersteres ist die Einrede des Waiver, die zweite ist das Estoppel. In New York City legte das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 22. November 2019 die für diese Einreden notwendigen Anforderungen offen und subsumierte zugunsten der Bank:
1. Waiver of a contract right is "the intentional relinquishment or aban­don­ment of a known right, and the act of waiver may be evi­den­ced by ex­press words as well as by conduct … [I]t involves the act or con­duct of one par­ty to the contract only, and involves both know­le­dge and in­tent on the part of the wai­ving party.
2. [E]quitable estoppel has four elements …: (1) the party to be estop­ped must know the facts; (2) the party being estopped must in­tend that its con­duct be re­lied upon or the party asserting estop­pel has a right to be­lieve that the conduct is so intended; (3) the par­ty as­ser­ting estop­pel must be ignorant of the true facts; and (4) the par­ty as­ser­ting estoppel must rely on the con­duct of the par­ty to be estop­ped to its own detriment.


Dienstag, den 19. Nov. 2019

Unfreiwillig in Sammelschiedsprozess einbezogen  

.   Darf eine Schiedsrichterin alle Kunden eines Juweliers, die des­sen Schieds­klau­sel un­ter­zeichneten, in ein von anderen Kunden eingelei­te­tes Schieds­ver­fah­ren einbeziehen? Sie bejahte, und das prüfende Bundes­ge­richt mein­te nein. Die un­frei­willig Einbezogenen seien keine Schieds­pro­zess­par­tei­en geworden, weil die Schiedsrichterin ihre Kompetenz überschritten habe.

Am 18. November 2019 entschied hingegen das Bundesberufungsgericht des zwei­ten Be­zirks der USA in New York City in Jock v. Ster­ling Je­we­lers Inc., dass al­le Kun­den mit ihrer Unterschrift die Schiedsklausel annahmen. Dies be­deu­tet, dass sie auch die An­wen­dung und Aus­le­gung der Schiedsklausel auf einen Rechtsstreit akzeptierten.

Die Schiedsrichterin war deshalb für ihre Entscheidung zuständig. Das Un­ter­ge­richt muss nun die Opt-Out-Möglichkeit für Schiedsunwillige prüfen, be­vor der Schieds­pro­zess fortgesetzt werden kann.


Samstag, den 16. Nov. 2019

Wem darf man glauben - Penalty of Perjury  

.   Auf fast jedem amerikanischen Amtsformular findet der Bür­ger den Hinweis Under Penalty of Perjury. Kaum jemand denkt an die ge­wal­ti­gen Fol­gen einer Falsch­erklärung. Die Zeugen im Kongress sind sich der Fol­ge einer Aus­sa­ge un­ter Eid meist be­wusst, aber das Ergebnis ist immer das­sel­be:

Eine falsche Erklärung wird verfolgt, so wie die Verurteilung am 15. November 2019 von Ro­ger Sto­ne, der als Büt­tel Trumps im Kongress log und nun mit einer Haft­stra­fe von bis zu 50 Jah­ren rech­nen muss. Auch Schutz­be­haup­tun­gen gel­ten nicht - den Be­griff kennt der ame­ri­ka­ni­sche Jurist gar nicht. Die Di­plo­ma­ten, die im Amts­ent­he­bungs­ver­fah­ren trump seit Dien­stag im Kon­gress aus­sa­gen, wis­sen um die Be­deu­tung des Mein­eidsbegriffs Perjury.

Welchen Zeugen darf man also beim trump Impeachment glauben? Denen, die einen Aus­sa­ge­be­fehl des Kon­gresses schlicht ignorieren und in Fernsehen oder So­ci­al Me­dia wie der Bank­rot­teur trump Ge­schichten erzählen, oder den an­ge­se­he­nen, nicht­po­li­tisch er­nann­ten Diplomaten, die der Aussageauffor­de­rung Fol­ge leisten und von der Ein­schwö­rung ge­lei­tet sind?


Mittwoch, den 13. Nov. 2019

Flughafendurchsuchung elektronischer Geräte  

.   Nachdem am 16. August 2019 ein Westküstengericht die verdachtslose Durch­su­chung elek­tronischer Geräte durch Grenzbeamte als ver­fas­sungs­wid­rig bezeichnete, siehe Grenzkontrolle auf digitales Schmug­gel­gut, wies am 12. No­vem­ber 2019 das Bundesgericht für Mas­sa­chu­setts den Ein­wand des Hei­mat­schutz­mi­ni­ste­ri­ums zu­rück, die Ver­fas­sung ge­stat­te ihm die ein­fa­che und in­ten­si­ve Durch­suchung der Geräte am Flughafen. Mehrere Fluggäste ver­klag­ten das Mi­ni­ste­rium.

Eine Klägerin verbat sich aus religiösen Gründen die Prüfung ihrer Fotos, die sie ohne Kopftuch zeigten, auf ihrem Te­le­fon. Ein weiterer Klä­ger rüg­te die Ein­sicht in Pro­gramm­code, den er als Soft­wa­re­ent­wick­ler pro­du­zier­te, so­wie de­ren Über­tra­gung auf Me­di­en des Grenz­schut­zes zur weiteren Prüfung, und verlangte die Herausgabe. In einem anderen Fall nahmen Beamten Einblick in vom An­walts­ge­heim­nis ge­schütz­te elektronische Dokumente.

Der United States District Court sah die Rechte der Fluggäste als verletzt an. Der vier­te Ver­fassungszusatz schützt den Bürger vor verdachtslosen Durch­su­chun­gen. Das gilt auch an Gren­zen, obwohl dort eine Abwägung zu­gun­sten der Staats­ge­walt zu­läs­sig ist. Internationale Flughäfen stehen den Grenz­über­gän­gen gleich. Die an­lass­lo­se Durch­su­chung ist auch dort nicht ver­ein­bar mit der Ver­fas­sung, be­stimm­te das Ge­richt mit einer 48-sei­ti­gen Be­grün­dung und Präze­denz­fall­wir­kung für sei­nen Be­zirk im Fall Ala­sa­ad v. Nielsen.


Mittwoch, den 06. Nov. 2019

Konflikt: Bundes- und Staatsprozessrecht  

.   Schön illustriert der Beschluss in Walters v. Dollar General Corp. vom 6. November 2019 den Erie-Grundsatz. Er besagt, dass auch die Bun­des­ge­rich­te, die pa­ral­lel zu den Staats­ge­rich­ten zuständig sein können, ma­te­ri­el­les Staats­recht und prozessuales Bundesrecht anwenden müssen. Dies gilt, wenn ein Bun­des­ge­richt wegen der Herkunft der Parteien aus verschiede­nen Staa­ten zuständig ist, also bei ihrer Diversity Jurisdiction-Zuständigkeit.

Die Klägerin wehrte sich gegen die Rüge der Beklagten, vor dem Antrag auf Straf­scha­dens­ersatz, punitive Damages, eine gerichtliche Erlaubnis nach ein­zel­staat­li­chem Recht ein­holen zu müssen. Das Staatsprozessrecht am Ge­richts­sitz be­stimmt die­ses Erfordernis. Das Bundesgericht für den Bezirk von Kansas muss­te al­so klären, wie nach Erie mit dieser Vorgabe umzugehen ist, wenn das Bundesrecht bedingungslos mit der Klage die Angabe aller An­sprü­che fordert.

Es prüfte daher, ob die Vorschriften prozessual wirken - ja -, ob sie einen un­aus­weich­li­chen Konflikt bedeuten - ja -, ob die Bundesprozessregel ver­fas­sungs­ver­ein­bar ist - ja - und gelangt zum Schluss, dass dann das Bun­des­pro­zess­recht das ein­zel­staat­liche verdrängen darf.
The Court concludes that there is a direct conflict between the fe­de­ral ru­le and Kan­sas state law. Since the federal rules are a valid ex­er­ci­se of autho­ri­ty in this instance, they govern the case. The De­fen­dants of­fer no com­pel­ling arguments that convince this Court to over­turn its long­stan­ding pre­ce­dent. As a result, the Court de­cli­nes to app­ly K.S.A. § 60-3703 in this case.


Dienstag, den 05. Nov. 2019

Klagehindernis: Konkurs im Ausland  

.   Im Revisionsbeschluss EMA Garp Fund v. Banro Corp. vom 5. November 2019 verlieren die Kläger ihren Anspruch, trotz des Be­klag­ten-In­sol­venz­ver­fah­rens im Ausland einen Prozess gegen diese Partei in den USA füh­ren zu dür­fen.

Das Untergericht hatte ohne Zwang, sondern allein aus Respekt vor den Ge­rich­ten des Aus­lands, Comity, die Kla­ge abgewiesen, da die Klageansprüche inhalt­lich zum In­sol­venz­ver­fah­ren gehörten und gemeldet werden konnten. Die Klä­ger glaub­ten, die Ab­wei­sung sei nur beim Vor­lie­gen außergewöhnlicher Um­stän­de, ex­cep­tio­nal Cir­cum­stan­ces, zulässig, die das Gericht nicht geprüft habe.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks in New York City erklärte je­doch, dass nach sei­ner Recht­spre­chung diese Umstände in Nichtkonkurs­ver­fah­ren nor­ma­lerweise eine Rolle spielen, doch in diesen Verfahren nicht zwin­gend be­rück­sich­tigt wer­den müs­sen. Das Gericht habe seine Ermes­sens­ent­schei­dung über die Co­mi­ty unter Abwägung der maßgeblichen Mer­kma­le - auch der Tat­sa­che, dass die In­sol­venz in Ka­na­da ein rechts­staat­li­ches Ver­fah­ren be­deu­tet - getroffen, sodass sie irrevisibel ist.


Freitag, den 01. Nov. 2019

Klageverbot und doppelte Kostenerstattung  

.   Nach zwei erfolglosen Prozessen in Illinois holte sich der Klä­ger im Re­vi­si­on­sbe­schluss Henneberger v. Ticom Geomatics Inc. eine dra­sti­sche Ab­fuhr im näch­sten Prozess in Texas: Da er dasselbe Anliegen ver­folg­te und so­mit Part­ei­en und Ge­richte belästigte, wird seine Revision nach einem kla­ren Ab­wei­sungs­ur­teil verworfen, und das Gericht verbietet ihm wei­tere Kla­gen ge­gen die Ge­gen­sei­te ohne vor­herige gerichtliche Erlaubnis.

Zudem gibt das Gericht dem Antrag der Beklagten auf Erstattung der ein­fa­chen oder doppelten Revisionsverteidigungskosten von $10.370 statt: Der Klä­ger muss den Be­klag­ten $15.000 zahlen. Am 1. November 2019 begründete das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des fünf­ten Bezirks der USA in New Orleans den Be­schluss mit einer aus­führ­li­chen Tatsachendarstellung, die sich aus einer be­haup­te­ten münd­li­chen Ver­einbarung über eine Vergütung für geistiges Eigen­tum ent­wickelte.

Das Gericht berücksichtigt nachsichtig, dass sich der Kläger selbst vertritt, doch be­ur­teilt es die wie­der­hol­te Anspruchsstellung vor Gerichten in unter­schied­li­chen Staa­ten nach Ab­wei­sun­gen als rechtsmissbräuchlich, und die man­geln­de Dar­le­gung des Klä­gers, wes­halb in Texas das Verjährungsrecht von Illinois gel­ten sol­le, als nicht nach­voll­ziehbar. Danach wandte es sich le­sens­wert den von den Beklagten beantragten Sanktionen zu.


Donnerstag, den 31. Okt. 2019

Böser Sheriff verliert Verleumdungsklagen  

.   Der rechtsbrechende Sheriff in Arizona verklagte drei Fern­seh- und On­li­ne-Me­di­en­ein­rich­tun­gen wegen verleumdender Be­rich­te über eine sei­ner Straf­ta­ten, für welche ihn sein Freund Trump schon vor der Strafzu­mes­sung be­gna­dig­te, und verlor mit dem für Journalisten lesenswerten Urteil in Ar­pa­io v. Zucker am 31. Ok­to­ber 2019.

Die Medien berichteten, dass der Kläger verurteilt und begnadigt wur­de, doch stuf­ten sie die Tat als Ver­bre­chen ein, während die Anklage eine ord­nung­s­wi­dri­ge, straf­recht­li­che Missachtung des Gerichts bis zur Verurteilung verfolgte. Mi­nu­ten bis maximal zwei Tage nach den Berichten korrigierten sich die Me­di­en öf­fent­lich und nach­hal­tig.

Das Bundesgericht der Hauptstadt erklärte die Tatbestandsmerkmale einer Ver­leum­dung, zu de­nen bei einer Per­son des öffentlichen Interesses eine Bös­wil­lig­keit der Falsch­be­richt­er­stat­tung, actual Malice, zählt. Als solche Per­son, pub­lic Fi­gu­re, sehen die Parteien und das Gericht den Kläger an. Da der Klä­ger kei­ne Bös­wil­lig­keit ar­ti­ku­lieren konnte, wies das Gericht seine Klage ab, auch wenn es die Nach­tei­le einer tem­po­rä­ren und nach­läs­si­gen Falsch­dar­stel­lung be­stätigt.


Mittwoch, den 30. Okt. 2019

Handelsvertreterschutz in den USA  

.   Ohne landesweites Gesetz folgen Handelsvertreter und Vertriebsunternehmen dem Recht der einzelnen Staaten. Von diesen haben einige Schutzgesetze wie das Wisconsin Fair Dealership Law erlassen, das am 29. Oktober 2019 im Revisionsfall PMT Machinery Sales Inc. v. Yama Seiki Inc. mit weiteren Aufschlüssen über die rechtliche Stellung von Hersteller- und Vertriebsunternehmen erörtert wurde.

Das einflussreiche Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chicago beschreibt den Sachverhalt anschaulich, dem kein Vertriebsvertrag zugrunde liegt, doch Umsätze zugunsten eines Herstellers und des klagenden Vertriebsunternehmens aufzeigt. Diese Umsätze führte der Kläger herbei, indem er für Kunden mit dem Hersteller Kontakt aufnahm, eine Kommission erhielt, und den Hersteller den eigentlichen Verkauf und die Rechteübertragung vornehmen ließ.

Ohne Händler- oder Vertriebsvertrag musste der Kläger dem Gericht belegen, dass er Herr des Kundengeschäfts war oder rechtmäßig die geistigen Eigentumsrechte des Herstellers in Vertrieb und Werbung nutzte. Die vom Gericht hierzu zitierten Präzedenzfälle sind lehrreich und ausführlich. Es folgert zur Anspruchsabweisung:
… PMT has failed to show that it had any dealership agreement with Yama Seiki, much less an exclusive one. To qualify as a dealership under the statute, PMT must have either possessed the right to sell or distribute Yama Seiki's products or made more than de minimis use of Yama Seiki's corporate symbols. But PMT never stocked any of Yama Seiki’s products, collected money for their sale, or made more than de minimis use of Yama Seiki’s logos.


Freitag, den 25. Okt. 2019

Bademeister und Badenixen: Diskriminierung  

.   Sprüche klopften ein Bademeister und seine unter­ge­be­nen Badehilfen, bis er nach einer anonymen Behauptung entlassen wurde, er wür­de ein sexuell geprägtes, frauenfeindliches Klima inspirieren oder tolerie­ren. Das ab­weisende Urteil im Fall Redmon v. YMCA vom 24. Oktober 2019 ent­hält zahl­rei­che Argumente, die lehrreich gegen seine Behauptung einer ge­schlechts­be­zo­ge­nen Diskriminierung wirken:
1. Ein Gericht ist keine Superpersonalabteilung und untersucht nicht jeden Sachverhalt, sondern verlässt sich auf die Par­tei­vor­trä­ge.
2. Ein Mann kann sich nicht allein deswegen diskriminiert ansehen, weil er der einzige Mann ist, der entlassen wird, während Frauen we­gen des­sel­ben Verhaltens ungerügt bleiben.
3. Ein Arbeitgeber darf Vorgesetzte anders behandeln als Un­ter­ge­be­ne, solange keine Diskriminierung nach gesetzlichen Maß­stä­ben vorliegt.
4. Auch nach einer anonymen Beschuldigung muss der Arbeitgeber nicht zwingend eine Untersuchung einleiten und kann, solange kei­ne dis­kriminierende Vergeltung ausgeteilt wird, einen Mitarbeiter aufgrund mangelnder Leistungen oder Fehlverhaltens entlassen.
Die letzte Feststellung des Bundesgerichts der Hauptstadt ist mit Vorsicht zu genießen, weil die Einleitung und Durchführung einer neutralen Untersuchung behaupteten Fehlverhaltens in vielen Fällen für eine erfolgreiche Verteidigung gegen Diskriminierungsbehauptungen entscheidend ist.


Donnerstag, den 24. Okt. 2019

Richter fordern Staatenimmunität  

.   Im Revisionsentscheid Merlini v. Canada brechen drei Richter des Gesamtsenats des Bundesberufungsgerichts des ersten Bezirks der USA in Boston eine Lanze für die Staatenimmunität. Am 23. Oktober 2019 erklärten sie, dass die zugrundeliegende arbeitsrechtliche Entscheidung über Nebenleistungen für Ortskräfte an Konsulaten in Neuengland wesentliche Grundsätze des Foreign Sovereign Immunities Act verletzt, der in den USA die Wiener Übereinkommen von 1961 und 1963 umsetzt.

Die Entscheidung ignoriere den Wortlaut des Gesetzes und fuße fehlerhaft auf der Rechtsgeschichte des Gesetzes in 28 USC §1602. Die Richter regen eine Nachprüfung durch den United States Supreme Court in Washington, DC an. Ihrer Auffassung zufolge ist die weitere Revision zulässig, weil andere Bundesberufungsgerichte den FSIA anders verstehen.


Dienstag, den 22. Okt. 2019

Vertragsbruch oder Höhere Gewalt: Maus im Laden  

.   Ein Ladenmieter und sein Vermieter werfen sich gegen­sei­tig einen Ver­trags­bruch vor, nach­dem der Mieter Mäuse entdeckte, Um­bau­ten vor­nahm und den La­den nicht vor einer Umbauvertragsfrist öff­nen konn­te, wäh­­rend der Ver­mie­ter seine Zustimmung zum Umbau verweigerte und die Stadt da­her kei­ne Um­bau­ge­neh­migung erteilen konnte. Der Mieter beruft sich auch auf hö­he­re Ge­walt. Am 22. Oktober 2019 stellte das Bundesgericht der Hauptstadt zunächst die Merkmale der Vertragsverletzung, Breach of Con­tract, dar:
In the District of Columbia, a court must consider the following fac­tors when de­ter­mining whether a breach was material:
(a) the extent to which the injured party will be deprived of the be­ne­fit which he rea­sonably expected;
(b) the extent to which the injured party can be adequately com­pen­sa­ted for the part of that benefit of which he will be de­pri­ved;
(c) the extent to which the party failing to perform or to offer to per­form will suf­fer forfeiture;
(d) the likelihood that the party failing to per­form or to of­fer to per­form will cu­re his failure, taking into account all of the cir­cum­stan­ces in­cluding any reasonable assurances; and
(e) the extent to which the behavior of the party failing to perform or to of­fer to per­form comports with the standards of good faith and fair dealing.
Da die Parteien und ihre Gutachter widersprüchliche Beweise über die Ver­ant­wor­tung vor­tra­gen, darf das Gericht nicht entscheiden, sondern muss nach all­ge­mei­nem Prozessrecht der USA die Geschworenen laden, die Fakten und Recht würdigen und subsumieren werden. Zudem kann es auch nicht selbst die Fra­ge der hö­he­ren Ge­walt entscheiden, deren die einen Vertragsbruch ent­schul­di­gen­den Merk­ma­le es im Fall Whole Foods Market Group, Inc. v. Wical Li­mi­ted Part­ner­ship wie folgt beschreibt:
It is also undisputed that in certain circumstances, a rodent in­fe­sta­ti­on could constitute an "act of God" if it was truly a force of na­tu­re out­si­de the con­trol of the party claiming the benefit of the for­ce ma­jeu­re clau­se. In order to qualify as an "act of God," how­ever, the in­fe­sta­ti­on must be "of such character that it could not have been pre­ven­ted or avoi­ded by foresight or prudence." Watts v. Smith, 226 A.2d 160, 162 (D.C. 1967). This means that "hu­man in­ter­fe­ren­ce or in­flu­en­ce on what could otherwise be considered an act of God … precludes an 'Act of God' legal defense."


Mittwoch, den 16. Okt. 2019

Beleidigende Reaktion auf Sexualgewaltvorwurf  

.   Wird die heftige, beleidigende Reaktion auf einen als un­ge­recht em­pfun­denen Sexualgewaltvorwurf vom Selbstvertei­di­gungs­grund­satz ent­schul­digt? In Giuffree v. Dershowitz verteidigt sich so ein ehe­ma­li­ger Star­an­walt, dem eine Frau Sexualgewalt vorwarf. Als junges Mädchen sei sie von einem superreichen Pädophilen zum Geschlechtsverkehr mit dem Anwalt ge­zwun­gen worden. Der Anwalt entgegnete, die Behauptung sei falsch, der Ge­schlechts­ver­kehr ha­be nie stattgefunden, ihre Kanzlei erpresse ihn, die Frau sei des Meineids schuldig und sie sei eine Hure. Gegen diese Beleidigungen klag­te die Frau.

Der Anwalt wandte ein, die Klage sei unschlüssig. Das Self-Defense Privilege entschuldige seine in den Medien ausgetragene Reaktion. Die Tatsachen seien unwahr. Zudem sei die Kanzlei der Klägerin auszuschließen, weil er ihre Anwäl­te als Sachverhaltszeugen vernehmen wolle. Das Gericht gab ihm nur im letzten Punkt recht, weil ein Interessenskonflikt nach den Standesregeln denkbar sei. Der Selbstverteidigungsgrundsatz könne greifen, aber das kann sich erst im Pro­zess vor der Jury zeigen, und somit sind die Klagebehauptungen als schlüs­sig einzuordnen, entschied das erstinstanzliche Bundesgericht für den süd­li­chen Be­zirk im Staat New York am 16. Oktober 2016.


Freitag, den 11. Okt. 2019

Gutscheine für Opfer, $2 Mio. für Anwälte  

.   Gegen den Irrsinn eines Sammelklagevergleichs wandten sich Ju­stiz­mi­ni­ster, als der Vergleich abgeschlossen und vom Gericht mit Rück­fra­ge bei Be­trof­fe­nen genehmigt werden musste. Der Vergleich verlangt vom Her­stel­ler eines an­geb­lich de­fek­ten Schnellkochtopfes die Zah­lung von fast $2 Mio. an die Sam­mel­klä­ger­an­wäl­te, während Kunden einen Gut­schein für einen Preis­nach­lass beim Ersatztopfkauf erhalten sollten.

Sammelklägeranwälte fungieren wie Spieler und Schauspieler. Sie müssen den Ge­schwo­re­nen im amerikanischen Zivilprozess ein düsteres Bild vermitteln, und sie fi­nan­zie­ren er­folg­los zahlreiche Prozesse, bis schließlich einer den großen Wurf ein­spielt.

Den Justizministern erschien der Gewinn angesichts der Op­fer­ab­spei­sung un­aus­gewogen. Ob ein Defekt überhaupt vorlag, war beim Vergleichsschluss noch nicht ent­schie­den, doch der Hersteller wich dem Druck, den die An­wäl­te der Klä­ger auf­ge­baut hatten.

Im Ergebnis gestattet das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks der USA am 10. Ok­to­ber 2019 im Fall Kenneth Chapman v. Tristar Products Inc. den Ju­stiz­mi­ni­stern nicht, erst im Revisionsverfahren als Neben­in­ter­ve­nien­ten zugelassen zu werden.


Donnerstag, den 10. Okt. 2019

Trump-Doppelbesteuerungsgesetz verfassungstreu  

.   Einen tiefen Einblick in die Geschichte der Einkommen- und Lohn­be­steue­rung in den USA vermittelt das erstinstanzliche Urteil im Fall Sta­te of New York v. Mnu­chin. Die klagenden Einzelstaaten wenden sich ge­gen Trumps Ge­set­zes­än­de­rung, die eine Dop­pel­be­steuerung von Einkünften auf Bun­des- und Ein­zel­staa­ten­ebe­ne er­laubt. Sie befürchten unter anderem die Ab­wan­de­rung von Steu­er­zah­lern in Ein­zel­staa­ten, die diese Einkünfte nicht be­steu­ern.

Der konkrete Anlass ist die Änderung, dass an Einzelstaaten gezahlte Steu­ern nicht vom bun­des­recht­lich ver­steu­er­baren Einkommen vollständig ab­ge­zo­gen wer­den dür­fen. Ursprünglich gestattete die Verfassung dem Bund ledig­lich die Er­he­bung von Son­der­steu­ern auf bestimmte Produkte und Zöllen. Erst ab dem Bürger­krieg gab es Be­stre­bun­gen, neben der Lohn- und Einkommen­be­steue­rung der Staa­ten auch eine sol­che Besteuerung durch den Bund einzuführen.

Richter Paul Oetken schildert in seiner Urteilsbegründung des Bundesgerichts für den süd­li­chen Be­zirk in New York vom 30. September 2019 diese Entwick­lun­gen, die in eine Ver­fas­sungs­än­de­rung einmündeten, vor seiner Erörterung der Änderungen des Internal Revenue Code durch Trump, die nun Milliardären eine niedrige Besteuerung zusichern als dem einfachen Mann. Die Staaten ver­loren.


Montag, den 07. Okt. 2019

Trump verliert Steuerklärungsfreigabeprozess  

Self destruct 1922
.   Nachdem ein Be­zirks­staats­an­walt den Steu­er­be­ra­ter Trumps ver­pflich­te­te, ihm Trumps Steu­er­er­klä­run­gen vor­zu­le­gen, focht Trump die­se Ver­pflich­tung an. Am 7. Ok­to­ber 2019 ver­lor Trump im Fall Trump v. Van­ce Jr. mit einer le­sens­wer­ten Ent­schei­dung von 75 Sei­ten Län­ge.

Das Bundesgericht erster In­stanz im süd­li­chen Be­zirk von New York fuß­te das Ur­teil auf ver­fas­sungsrechtliche Grundlagen, die schon in den Verfas­sungs­ent­wür­fen vor­se­hen, dass die voll­stän­di­ge Immunität des eng­li­schen Kö­nigs nicht für den Prä­si­den­ten der neu­en Ver­einig­ten Staa­ten gel­ten soll, son­dern eine be­schränk­te Im­muni­tät mit Be­zug auf die Amts­aus­übung be­deu­tet.


Samstag, den 05. Okt. 2019

Unerlaubter Fotoausschnitt gewerblich verwendet  

Merkmale des Fair Use im amerikanischen Urheberrecht
.   Ein Fotograf li­zen­sier­te einer Zei­tung ein Fo­to, das es mit einem Be­richt über das Pri­vat­le­ben eines Ma­na­gers ver­öf­fent­lich­te. Ein ge­werb­li­ches Blog ver­band einen Fo­to­aus­schnitt mit einem Aus­schnitt des Ar­ti­kels für einen ei­ge­nen kri­ti­schen Be­richt. Der Fo­to­graf ver­klag­te das Blog wegen Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung man­gels ei­ge­ner Li­zenz.

Nahezu vorhersehbar, doch mit lesenswerter Begründung er­klär­te das Bun­des­ge­richt für den süd­li­chen Be­zirk von New York die lizenzfreie Übernahme des Bild­aus­schnitts für eine Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung, die nach dem Fair Use-Grund­satz des Ge­set­zes in 17 USC §107 schadensersatzfrei bleibt. Dazu musste das Ge­richt im Fall Yang v. Mic Net­work Inc. mehrere Faktoren gegeneinander abwägen.

Die gewerbliche Nutzung spricht gegen den Beklagten, doch ist sie nicht zu ein­schneidend und vereitelt dem Fotografen keine andere Ver­wer­tungs­we­ge. Der Blog­bericht ist transformierend: Er mokiert sich über den Zei­tungs­be­richt und die Le­bens­an­sich­ten des Managers im Verhältnis zu Frauen. Der Aus­schnitt ver­wer­tet zu­dem nicht das ge­samte geschützte Werk, und er steht in Be­zug zu Zei­tungs- und Blog­artikel. Die Gesamtabwägung führte am 24. September 2019 zur An­er­kennung des urheberrechtlichen Fair Use.


Dienstag, den 01. Okt. 2019

Die Jury würdigt - danach nur Rechtsfehlerprüfung  

.   Oft erhoffen sich deutsche Parteien in den USA eine Be­ru­fung, doch der Rechts­weg verweist sie in den USA auf eine Revision mit rei­ner Rechts­feh­ler­prü­fung. Ob ein Gutachter zugelassen werden durfte, ist eine Rechts­fra­ge. Ob das Gut­achten falsch ge­würdigt wurde, ist Tatsachenfrage, und die Re­vi­si­on hält sich an die Wertung der Jury. Eine Ausnahme besteht. Schon in der er­sten In­stanz darf der Richter den Spruch einer Crazy Jury im US-Prozess aufheben, wenn sie Fakten und Recht ignoriert.

Das Revisionsergebnis illustrierten am 1. Oktober 2019 die Richter im Fall Moon Express Inc. v. Intuitive Machines LLC vor dem Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks der USA in Philadelphia. Die Parteien stritten sich um die die Vertragserfüllung bei der Entwicklung von Mondlandungs- und -ab­flug­ge­rä­ten. Die un­ter­le­ge­ne Par­tei rüg­te, dass die Jury auf­grund un­zu­rei­chen­der Be­wei­se zum fal­schen Ergebnis gelangte und der Richter Bewei­se aus Ver­gleichs­ver­hand­lun­gen im Pro­zess zu­ließ, obwohl diese vom bun­des­recht­li­chen Ver­gleichs­ge­heim­nis ge­schützt seien.

Unter Verweis auf das Wortprotokoll und die Akten der ersten Instanz erklären die Richter, dass die Einschätzung der Geschworenen zu respektieren ist:
A party seeking to overturn a jury verdict faces an uphill climb. Giving due deference to our jury system, we will uphold the verdict if it is rational. See Leonardv. Stemtech Int'l Inc, 834 F.3d 376, 386 (3d Cir. 2016). Our review of the record in this case leads us to the con­clu­sion that plenty of evidence supported the jury's decisions that Moon Express breached both contracts, that it pre­ven­ted In­tu­i­ti­ve Ma­chi­nes from performing the software contract, and that any breach of the vehicle contract by Intuitive Machines was im­ma­te­ri­al. AaO 3.


Samstag, den 28. Sept. 2019

Verletzt US-Marine deutsche Softwarelizenz?  

.   Im Urteil Bitmanagement Software GmbH v. United Sta­tes er­warb die US-Ma­ri­ne eine Softwarelizenz über den amerikanischen Ver­triebs­händ­ler einer deutschen Herstellerin. Dabei kam kein direktes Ver­trags­verhält­nis zwi­schen Herstellerin und Marine zustande.

Die Marine installierte die Software nach Abklärung mit dem Händler auf mehr als 500.000 Geräten und setzte eine weitere Software ein, um die gleichzeitige Nut­zung li­zenz­gerecht auf 12 Geräte zu beschränken. Die He­rstel­lerin verklagte die USA aus Ur­heber­recht, weil die Installation auf 12 Ge­rä­te beschränkt sei. Nach 17 USC §106 und §501(a) könn­te ihr ein Schadens­er­satz­an­spruch über $600000 zustehen.

Das Sondergericht für Ansprüche gegen die Bundesregierung, United States Court of Federal Claims in Washington, DC, verkündete in seiner Entscheidung am 24. September 2019, dass die Tatsachen- und Rechtslage durch die Ver­trags­ge­stal­tung so kom­pli­ziert wur­de, dass die Herstellerin guten Glaubens einen schlüs­si­gen Ver­letzungsanspruch behaupten durfte. Die vom Händler ein­ge­räum­te Lizenz samt vorvertraglicher Korrespondenz zwischen allen Be­tei­lig­ten be­le­ge je­doch eine wirksame Nutzungsgenehmigung in der von der Marine umgesetzten Art.

Lesenswert ist Fußnote (2), die die Vernehmung des Geschäftsführers der Her­stel­le­rin als we­nig glaubwürdig bezeichnet, was eher auf Sprachkenntnissen und der an­walt­li­che Be­ar­bei­tung einer schriftlichen Erklärung beruhen dürfte als auf sei­ner man­geln­den Wahrheitsliebe. Dieses Risikos müssen sich deutsche Par­tei­en im amerikanischen Prozess ebenso wie die Prozessanwälte bewusst sein. Deu­tsche Par­teien vor amerikanischen Gerichten im rechten Licht er­schei­nen zu las­sen, ist eine Kunst für sich.


Mittwoch, den 25. Sept. 2019

Gewerbliche Redefreiheit: Werbung an Mauer  

.   Im Fall Leibundguth Storage & Van Service Inc. v. Village of Dow­ners Gro­ve geht ein Unternehmen gegen eine Dorfsatzung vor, die ihre auf eine Mauer gemalte Werbung neben Bahngleisen wegen der Über­schrei­tung der zu­läs­si­gen be­mal­ten Fläche untersagt. Es beklagt die Verletzung des Ver­fas­sungs­rechts auf gewerbliche Redefreiheit. Der Revisionsentscheid vom 25. Sep­tem­ber 2019 erklärt die Maßstäbe für gewerbliche, politische und sonstige Re­de­frei­heit.

In Chicago entdeckt das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA nicht die behauptete und verfassungswidrige Ansichtendiskriminierung, die das Unternehmen aus den Satzungsunterschieden für die verschiedenen Aus­drucks­for­men herleitet. Bei der Mauerwerbung reguliere das Dorf nicht An­sich­ten, son­dern al­lein die Ästhetik. Über sie bestünden viel­fäl­ti­ge Auf­fas­sun­gen, doch fällt dieses Thema unter die dörfliche Regu­lie­rungs­kom­pe­tenz, er­klärt das Gericht.


Sonntag, den 22. Sept. 2019

Dienstag, den 10. Sept. 2019

Bot darf zur Auswertung Mitgliederdaten klauben  

.   Im Revisionsentscheid HiQ Labs Inc. v. LinkedIn Corp. wollte eine Informationsplattform Bots eines Daten­ver­ar­bei­tungs­un­ter­neh­mens verbieten, Mitgliederdaten zu sammeln. Sie ging nach zahlreichen Anspruchsgrundlagen ge­gen den Bot-Ein­satz vor, nach­dem der Geg­ner eine Fest­stel­lungs­kla­ge er­hob: den Bun­des­ge­set­zen Com­pu­ter Fraud and Abu­se Act, Di­gi­tal Mil­len­nium Co­py­right Act so­wie dem ein­zel­staat­li­chen Straf­recht Ka­li­for­niens mit dem Ca­li­for­nia Pe­nal Code §502(c) so­wie An­sprü­chen aus dem Com­mon Law, das seit dem 19. Jahr­hun­dert im Fall­recht einen Schutz der Pri­vat­sphä­re entwickelt.

Am 9. September 2019 bestätigte in San Francisco das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des neun­ten Be­zirks der USA eine un­ter­ge­richt­li­che Ver­bots­ver­fü­­gung, In­junc­ti­on, ge­gen den be­haup­te­ten Un­ter­las­sungs­an­spruch. Kei­ne der von ihm un­ter­such­ten An­spruchs­grund­la­gen der In­for­ma­ti­ons­platt­form ver­bie­tet das Ab­sau­gen ver­öf­fent­li­chter Da­ten, die tech­nisch oder recht­lich kei­nem be­son­de­ren Schutz un­ter­fal­len. Die Platt­form hat­te kein Daten­ei­gen­tum an den Mit­glie­der­ein­trä­gen be­haup­tet, und was die­se im In­ter­net ver­öf­fent­li­chen, ge­nießt kei­nen Schutz vor Da­ten­klau.


Donnerstag, den 05. Sept. 2019

US-Anwaltspflicht bei Markenantrag in USA  

Markensymbol R im Kreis
.   Seit einem Monat gilt die US-Anwalts­pflicht vor dem US-Markenamt des Bundes. Einzel­staat­liche Markenämter sind nicht an die neue Bundesver­ord­nung ge­bunden. Die neue Regel betrifft auch Kanadier; bisher durf­ten kanadische Anwälte allein Markeninhaber vor dem Amt vertreten.

Das United States Patent and Trademark Office begründet die Änderung mit zunehmenden betrügerischen Anmeldungen aus dem Ausland. Praktiker spre­chen von Missbrauch aus China. Das Amt erklärt seine Haltung unter dem Ti­tel Trademark rule requires foreign applicants and registrants to have a U.S.-licensed attorney.

Wird mit der neuen, seit dem 3. August 2019 wirksamen Bestimmung, Re­qui­rement of U.S. Licensed Attorney for Foreign Trademark Applicants and Regi­strants, die Beantragung einer Marke in den USA teurer? Das kommt darauf an, ob ein Anwalt im Ausland und ein US-Anwalt gemeinsam den Antrag be­ar­beiten, was in der Regel sinnvoll ist und effizient sein kann.

Wenn der Anwalt in den USA dieselbe Sprache wie der Markenantragsteller spricht, kann die alleinige Vertretung durch ihn effizienter sein. Andererseits ist der ausländische Anwalt oft mit dem Markenportfolio seiner Mandanten gut vertraut und kann effizienter die notwendigen Daten für den Kollegen in den USA beschaffen. Bei einem gut eingespielten Team müssen in der Erfahrung des Ver­fas­sers als Korrespondenzanwalt in den USA die Kosten nicht steigen.


Mittwoch, den 28. Aug. 2019

Anforderungen an Fotorechtsverletzungsklage  

Copyright Symbol
.   Die hohen Anforderun­gen an einen ur­heber­recht­li­chen Schadensersatzanspruch gegen einen Schul­buchverlag wegen behaupteter Überschreitung von Li­zenzbedingungen für Bilder, die ein Fotograf über eine Agen­tur vertreibt, belegt der Revisionsentscheid Yamashita v. Scholastic Inc. vom 28. August 2019. Die vom Ver­lag er­wor­be­ne Li­zenz wirkt als Einrede; ihre Verletzung muss der Kläger, also die Agentur oder Fotograf, spezifisch durch Fakten in Verbindung mit den Grenzen der Lizenz behaupten.

Hier hatte der Fotograf das gewährte Nutzungsrecht selbst erwähnt, aber außer Spekulationen nichts über dessen Einschränkungen und der Verletzung in der Klage dargelegt. Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City bestätigte daher die untergerichtliche Abweisung der Klage als unschlüssig. Mit einer umfassenderen Faktensammlung vor Kla­g­er­he­bung oder im Ausforschungsbeweisverfahren Discovery des US-Pro­zes­ses hät­te der Fo­to­graf seine Behauptungen untermauern können, um in das näch­ste Stadium des Verfahrens zu gelangen.


Dienstag, den 27. Aug. 2019

Verwechselbarkeitsmerkmale im Markenrecht  

Afflication-Marken aus Prozessakte
.   Für unschlüssig hielt das Un­ter­ge­richt die behauptete Ver­wech­sel­bar­keit von Marken und da­mit die Kla­ge auf Scha­dens­er­satz, die ein Be­klei­dungs­her­stel­ler ge­gen einen E-Zi­ga­ret­ten­her­stel­ler, der auch Be­klei­dung mit sei­ner Mar­ke kenn­zeich­ne­te, verfolgte. Keins der Merkmale der Ver­wech­sel­bar­keit ist entscheidend, aber alle sind gemeinsam abzuwägen, und die Revision legte sie wie folgt dar:
In assessing whether there is a likelihood of confusion, we consider the fol­lo­wing non-exhaustive factors: (1) the degree of similarity bet­ween the marks; (2) the intent of the alleged infringer in adop­ting its mark; (3) evidence of actual confusion; (4) similarity of pro­ducts and man­ner of mar­ke­ting; (5) the degree of care likely to be ex­er­ci­sed by pur­cha­sers; and (6) the strength or weakness of the marks. Sal­ly Beau­ty Co., 304 F.3d at 972. "These factors are in­ter­re­la­ted and no one fac­tor is dis­po­si­ti­ve." Id. AaO 4.
Ein Kläger muss auch den Schaden beziffern, was hier vor dem Beweis­aus­for­schungs­ver­fah­ren Discovery im US-Prozess unmöglich war, sowie erklären, in wel­chem Ver­mark­tungs­sta­dium die Verwechslung erfolgte: Consumer con­fu­sion can ari­se pri­or to sa­le (in initial interest), at the point-of-sale, or in post-sale con­texts.

Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks der USA entschied in Aff­lic­ti­on Hol­dings LLC v. Utah Vap Or Smoke LLC am 27. August 2019, wie­so eine Ver­wechs­lungs­ge­fahr schlüs­sig dargelegt ist und von den Ge­schwo­re­nen ge­wür­digt und un­ter das Mar­ken­ge­setz, Lan­ham Act, sub­su­miert wer­den muss. Das Un­ter­ge­richt muss dem Kläger auch er­mög­li­chen, den Scha­den zu ermitteln und zu beziffern.


Montag, den 26. Aug. 2019

Herstellerhaftung nach FBI-Telefondurchsuchung  

.   Der Kläger im Revisionsentscheid McFadden v. Apple Inc. verklagte den Hersteller seines Mobiltelefons, der auf Anordnung der Bun­despolizei sein Gerät durchsuchte, wegen rechtswidriger Verschwörung mit der Staatsgewalt. Am 26. August 2019 bestätigte in Philadelphia das Bun­des­be­rungs­ge­richt des dritten Bezirks der USA die Abweisung der Klage man­gels Schlüs­sig­keit: Die Unzufriedenheit mit der Mitwirkungsentscheidung des Her­stel­lers rei­che nicht für eine Verschwörungsbehauptung. Auch eine bun­des­recht­li­che An­spruchs­grund­la­ge für Schadensersatz wegen Ver­schwö­rung aus ras­si­sti­schen Mo­ti­ven ist unschlüssig behauptet. Das Ergeb­nis lau­tet an­ders als im Fall der vergangenen Woche, als das ent­spre­chen­de Ge­richt in San Fran­cisco in U.S. v. Canoden Prozess weitergehen ließ, weil die techni­sche Un­ter­su­chung des Ge­räts ohne Durchsuchungsbeschluss - hier vergleichbar der FBI-An­ord­nung an den Hersteller - vorgenommen wurde.


Sonntag, den 25. Aug. 2019

Zwang zur Gleichbehandlung verfassungswidrig  

.   Schweigen fällt unter die Rede- und Meinungs­frei­heit der Verfassung genauso wie Äußerungen. Darf ein Staat in den USA ge­setz­lich Un­ternehmen verpflichten, ihre Dienste allen an­zu­bie­ten, oder darf ein Hoch­zeits­fo­tograf sein An­ge­bot auf Hei­raten zwi­schen Mann und Frau be­schrän­ken? Der Staat Minnesota verlangte die Gleich­behand­lung al­ler, und der An­bie­ter klag­te we­gen Ver­let­zung des First Amendment.

Der Staat entgegnete, er regele nicht den Inhalt, Con­tent, der Auf­nah­men, son­dern das Verhalten, Conduct, des Unter­neh­mers, der sich wei­gert, den Knopf zu drücken, wenn vor der Kamera kein Paar aus Mann und Frau steht. Die Re­vi­sion in Telescope Media Group v. Lucero konterte, dass sehr viel als Ver­halten bezeichnet werden könne, das jedoch eine Meinung, Aussage oder ein Schwei­gen darstellt. Mit diesem Argument kann der Staat nicht ge­winnen.

Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis entdeckte weitere Ansätze für die Verfassungswidrigkeit des Minnesota Human Rights Act. Eingriffe in das Grundrecht müssen eng gefasst sein, was hier nicht zu­trä­fe. Ein Zwang zur gleichermaßen positiven Aufnahme, Be­ar­bei­tung und Kom­men­tie­rung unterschiedlicher Hochzeiten führe in die Richtung einer von der Ver­fas­sungs­recht­spre­chung verpönten Staatspropaganda. Die Ent­schei­dung vom 23. August 2019 begleitet eine gleichermaßen lesens­wer­te Min­der­mei­nung, die wie das Untergericht für die Auf­recht­er­hal­tung dieses Men­schen­rechts­ge­set­zes plä­diert.


Samstag, den 24. Aug. 2019

Buch im Eigenverlag von Bestseller plagiiert  

Copyright Symbol
.   Die Augenfarbe der Helden sei iden­tisch, Ge­burts­ta­ge fie­len auf dasselbe Datum, und Er­eig­nis­se wie­sen den­sel­ben Ver­lauf auf, be­klag­te die Buch­au­to­rin im Re­vi­si­ons­entscheid Eva Webb Wright v. Penguin Random Hou­se um einen Best­sel­ler, die ihr im Eigenverlag he­raus­ge­ge­be­nes und ein Mal ver­kauf­tes Buch nach­ah­me. Sie ver­langt vom Ver­lag Scha­dens­er­satz nach bun­des­recht­li­chem Ur­heber­recht so­wie ein­zel­staat­li­chen An­spruchs­grund­la­gen: (1) [V]iolation of her sta­tu­to­ry right of pub­li­ci­ty, (2) tortious interference with contractual relations and/or pro­spec­tive business relations, (3) commercial misappropriation, (4) co­py­right in­fringement, (5) harassment, and (6) negligent and intentional in­flic­ti­on of emotional distress. AaO 4.

In New York City bestätigte das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 21. August 2019 die Abweisung, nachdem es lesenswert die be­haup­te­ten Ähnlichkeiten sowie die Anspruchsgrundlagen prüfte. Die An­sät­ze aus ein­zel­staat­li­chem Recht werden vom bun­des­recht­li­chen Copyright Act über­la­gert, der aus­nahms­weise die aus dem Kolonialrecht weiterent­wickel­ten Re­geln un­an­wend­bar macht - meist bleibt das einzel­staat­liche Recht vom Bundesrecht unberührt, weil Bundesrecht oft nicht wie hier und bei­spiels­wei­se im Luft­fahrt- und Phar­ma­recht prä­emp­tiv wirkt. Die Revision er­klärt die Kon­flik­te le­sens­wert und lässt nur die An­sprü­che 4 und 5 ne­ben dem Ur­he­ber­rechts­an­spruch bestehen.

Nach dem Copyright Act muss die Klage schon deshalb untergehen, weil die Klägerin ihr Werk nicht beim Copyright Office in Washington, DC angemeldet hat. Der Anspruch wegen verletzter Gefühle kann auch nicht bestehen: For the claim to survive at the outset, Wright must allege the elements of a general neg­li­gen­ce claim--duty, breach of duty, causation, and serious or severe emo­ti­o­nal in­ju­ry. … Among other shortcomings, she fails to allege that Penguin owed her any duty of care. Ohne Sorgfaltspflicht konnte der Verlag kei­ne Ver­let­zung be­ge­hen, die eine Haf­tung auslösen könnte. Ein Ha­rass­ment kann nicht vor­lie­gen, wenn der Ver­lag le­dig­lich die Pla­gi­ats­be­haup­tung be­stritt und das be­haup­te­te Cyber-Stalking durch Besuch ihrer Webseite nicht mit dem Ver­lag in Ver­bin­dung steht.


Freitag, den 23. Aug. 2019

Grenzkontrolle auf digitales Schmuggelgut  

.   US-Grenzkontrollen beruhen teilweise auf Aus­nah­men vom Ver­fas­sungs­ge­bot, das eine Durch­su­chung einen Ver­dacht erfordert. Die Prü­fung di­gi­ta­ler Ge­rä­te kann unter die Aus­nah­me fal­len, doch zog die Re­vi­si­on in U.S. v. Ca­no klarere Grenzen. Der Zoll hatte nach der Ent­deckung von Ko­ka­in beim An­ge­klag­ten nach di­gi­ta­lem Schmug­gel­gut auf sei­nem Mo­bil­te­le­fon ge­sucht. Die Er­geb­nis­se wollte der An­ge­klag­te im Straf­pro­zess als ver­fas­sungs­widrig beschafft unterdrücken.

In San Francisco erklärte das Bundesberufungsgericht des neun­ten Be­zirks der USA am 16. August 2019 einen Unterschied zwi­schen einer ma­nu­el­len Ein­sicht­nah­me ins Ge­rät und des­sen fo­ren­sischer Aus­wer­tung mit Soft­wa­re­einsatz. An der Gren­ze und im weit­räu­mi­gen Zollgrenzbezirk sind eine verdachts­lo­se Prü­fung und da­mit die Pro­zess­ver­wer­tung der Ergebnisse zulässig.

Die forensische Untersuchung von Geräten steht jedoch unter dem Vorbehalt des Verdachtserfordernisses. Der Verdacht muss sich auf digitales Schmug­gel­gut auf den Geräten beziehen.


Donnerstag, den 22. Aug. 2019

Anfechtung der Online-Haftungsimmunität  

.   Zensurbewusste Politiker möchten das Re­de­frei­heits­prin­zip der Haftungsimmunität für Online-Ver­le­ger im Com­mu­ni­ca­ti­ons De­cency Act aufgeben. In Zivilprozessen ver­su­chen Klä­ger, sie aus di­ver­sen Grün­den an­zu­fech­ten. Die Gerichte bestätigen je­doch re­gel­mäßig, dass ein On­li­ne-Dienst nicht für das Wort Drit­ter haf­tet, die Kor­res­pon­denz, Be­rich­te oder An­gebote in Foren und Plattformen einbringen.

Ein neuer Ansatz, Haftung für den Tod ihres Sohnes nach Dro­gen­kon­sum, fin­det sich im Revisionsentscheid Kristanalea Dyroff v. Ulti­ma­te Soft­wa­re Group vom 20. August 2019. Mit ihrer Software betrieb die Be­klag­te eine Ver­kaufs­platt­form, bei der Sohn die zu seinem Tod füh­ren­den Dro­gen er­warb. Haf­tet die Soft­wa­re­her­stel­le­rin, weil sie auf die Ge­stal­tung der An­ge­bo­te Drit­ter Ein­fluss nimmt? Sind ihr die An­ge­bo­te als In­hal­te der Web­sei­ten da­her zu­zu­rechnen, so­dass keine Immunität wirkt?

In San Francisco entdeckt das Bundesberufungsgericht des neun­ten Be­zirks der USA die drei für die CDA-Immunitäten erforderlichen Merkmale: Das Fo­rum ist ein interaktiver Rechnerdienst, der kei­ne ei­ge­nen In­hal­te schuf oder ver­öf­fent­lich­te. Der Sohn erkannte, dass die Plattform als Verleger der Inhalte Drit­ter, nicht als Anbieter eigener Inhalte handelte. Schließlich handelte die Plattform nicht als Schöpfer der Korrespondenz zwischen dem Sohn und sei­nem Händler.

Außerdem war der Ansatz, die Plattform sei Beihelfer illega­ler Hän­dler we­gen der Er­möglichung anonymer Abwicklungen, zu verwerfen. Das inhalts­neu­tra­le An­ge­bot der Plattform schafft außerdem - wie beim Post­bo­ten - kei­ne be­sondere Sorgfaltspflicht zugunsten der Klägerin, die die Beklag­te ver­letzt ha­ben könn­te. Weil die CDA-Immunität greift, muss sich die Klä­ge­rin an den Händ­ler als Drit­ten, der Inhalte einstellte, halten.


Mittwoch, den 21. Aug. 2019

Zession des Urheberrechts nach 35 Jahren beendet  

Copyright Symbol
.   Trotz inter­na­ti­o­na­ler Über­ein­kün­fte un­ter­schei­det sich das ame­rika­ni­sche Ur­he­ber­recht, das na­he­zu aus­schließ­lich auf Bun­des­ebe­ne ge­re­gelt ist, vom Recht an­de­rer Staa­ten. Mo­ra­li­sche Rech­te gibt es nicht, ab­tre­ten lässt sich das ge­sam­te Recht. Aber bei einer Zes­si­on be­hält der In­ha­ber ein ge­setz­lich vor­be­hal­te­nes Recht: Nach 35 Jah­ren darf er die Zes­si­on ge­mäß 17 USC §203(a) wider­ru­fen und er­hält ex nunc sein Ur­he­ber­recht zur wei­te­ren Ve­rwer­tung zu­rück.

Der Revisionsfall Ennio Morricone Music v. Bixio Music Group vom 21. August 2019 il­lu­striert die­ses Recht und eine Kom­pli­ka­ti­on. Der kla­gen­de ita­lie­ni­sche Kom­po­nist trat seine Kom­po­si­ti­o­nen für Fil­me ab und kün­dig­te die Zes­sion nach 35 Jah­ren. Da­rauf folg­te die Ein­re­de, die Wer­ke sei­en nach ita­lie­ni­schem Recht als Works Ma­de for Hi­re an­zu­se­hen. Des­halb sei das Ur­he­ber­recht ori­gi­när nicht in sei­nem Na­men ent­stan­den.

Bei Arbeitnehmern entsteht das Urheber­recht beim Ar­beit­ge­ber; bei Nicht­ar­beit­neh­mern kann eine Ver­ein­ba­rung da­rüber ge­trof­fen wer­den, ob das Recht beim Auf­trag­ge­ber oder beim Auf­trag­neh­mer ent­steht. Der WMFH-Ver­trag lässt das Recht beim Auf­trag­ge­ber ent­ste­hen. In die­sem Fall er­klär­te das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des zwei­ten Be­zirks der USA in New York Ci­ty, dass kein­e WMFH-Wir­kung ein­trat und das Recht beim Kom­po­ni­sten ent­stand, der es ab­tre­ten konn­te und die Ab­tre­tung auf­kün­di­gen darf.


Dienstag, den 20. Aug. 2019

Prof. in Mensa von Wand geknickt: Haftungsrecht  

Vertrag als V
.   Jeder Staat hat in den USA sein eigenes Recht, und das zu finden, ist nicht leicht. Als eine Professorin in der Mensa von einer fal­len­den Wand erwischt wurde, ver­klag­te sie den Mensabetreiber, nicht die Uni, nach dem Recht des Staats der belegenen Sache. Die Rechtswahl stimm­te, und die Re­vi­si­on in Ma v. Bon Appetit Mana­ge­ment Co. kon­zentriert sich auf die Fra­ge der richtigen Beklagten.

Nach einem Kompendium des Rechts, das oft von Gerichten wie ein Mu­ster­ge­setz zur Orientierung verwandt wird, haftet der Inhaber der Kon­trol­le im Sinne von Zugangsrechten zum Anwesen - doch nur nach der 2. Fas­sung des Re­sta­te­ment of the Law of Torts: "Control" is defined--quite simp­ly--as ha­ving "the po­wer and right to admit people to the premises and to ex­clu­de peop­le from it, and involves a substantial exer­ci­se of that right and po­wer, zi­tiert das Ge­richt. Die 3. Fassung des Restatement kennt eine Art Sorg­falts­pflicht des Be­sit­zers. Die Kontrolle im Sinne der 2. Fassung liegt bei der Uni. Die 3. Fas­sung er­reicht den Be­treiber, und darauf stützt sich die Klägerin.

Die Revision entscheidet am 19. August 2019 jedoch wie das Untergericht: Das ober­ste Gericht des Staates Ohio hat sich für die Anwendbar­keit der 2. Fas­sung entschieden, daran ist auch die Bundesgerichts­bar­keit ge­bun­den, und keiner der anderen von der Klägerin vorgebrachten Haftungsansätze kann gegen den Be­trei­be­rin grei­fen: While on the surface this argument appears compelling, the Re­sta­te­ment (Third) of Torts is not a reflection of Ohio law.

Der lesenswerte Beschluss des Bundesberufungsgericht im sechsten Bezirk der USA in Cincinatti zeigt indirekt den enormen Vorteil des greifbareren deut­schen Rechts auf: Ein Gesetz als Text oder Kommentierung kaufen, ist in den USA undenkbar. Denn überall ist das Recht anders und das Gesetz regelt nur lückenhaft; da lohnt sich der Abdruck nicht.


Freitag, den 16. Aug. 2019

Der Postbote haftet nicht - Foren bald doch?  

Aufweichung der Haftungsimmunität durch Zensurpflichten
.   Axiomatisch: Der Postbote haftet nicht für rechts­wid­ri­ge In­hal­te Dritter. Nahezu ebenso axiomatisch haften Internet­fo­ren nicht für In­hal­te Drit­ter, wie es seit 23 Jahren auf Bundesebene in den USA im Com­mu­ni­ca­ti­ons De­cen­cy Act statuiert wird. Section 230 schreibt die Haf­­tungs­im­muni­tät nach der Rechtsprechung selbst dann vor, wenn das Fo­rum Fil­ter setzt und in­halt­liche Auswahl, Plazierung und Ge­stal­tung vor­nimmt. So­lan­ge der Con­tent von Dritten stammt, haf­tet nur der Verfasser, be­sagt §230 CDA.

Die rechte Szene im Kongress und Weißen Haus rüttelt an die­sem Fun­da­ment. Sie bringt Novellen ein, die Foren selbst in die Pflicht neh­men sol­len. Da­bei ver­las­sen sie sich auf gesetzessystematisch unsinnige und die Grund­rech­te der Pres­se-, Mei­nungs- und Redefreiheit schwächende Änderngen, die eine Zen­sur ein­füh­ren. Im Änderungsmodus beschreibt Eric Goldman unter dem Titel Com­ments on Rep. Gosa's "Stop the Censorship Act," Another "Conservative" Attack on Section 230 die gegenwärtigen und angeregten Gesetzes­for­mu­lierungen.


Mittwoch, den 14. Aug. 2019

Jury beurteilt Haftungsfreistellungsklauseln  

.   Wenn im US-Zivilprozess nur Rechts­fra­gen zu be­ur­tei­len sind, kom­men die Ge­schwo­re­nen nicht zum Zug, und das Ge­richt er­lässt ein Ur­teil als Summary Judgment. Sind Tatsachen zu würdigen, gelangt der Streit vor die Geschworenen, und sie nehmen nach Anweisung des Gerichts die Be­weis­wür­di­gung und die recht­li­che Sub­sum­tion vor. In English v. Rummel, Klep­per & Kahl führt der Re­vi­si­ons­ent­scheid zur Si­tua­ti­on, dass die Ge­schwo­re­nen die Aus­le­gung kom­ple­xer Ver­trags­klau­seln als Rechts- und Tat­sa­chen­fra­gen vor­neh­men müs­sen, nach­dem das Un­ter­ge­richt irr­tüm­lich an­ge­nom­men hat­te, der Streit um die Be­deu­tung von Haf­tungs­frei­stel­lungs­klau­seln kön­ne zwin­gend nur zu einem Er­geb­nis führen.

Am 14. August 2019 entschied hingegen das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des vier­ten Bezirks der USA in Richmond, dass die an­ge­wand­te Aus­le­gungs­me­tho­dik falsch ist und mehrere Aus­le­gun­gen mög­lich sind. Wel­che Aus­le­gung der In­dem­ni­fi­ca­ti­on Clau­ses die rich­ti­ge ist, muss nun die Jury ent­schei­den.

Im Brücken­bau­ver­trag hatten sich die Bau­fir­ma und die Qua­li­ty-Con­trol- und Qua­li­ty-As­su­ran­ce-Nach­un­ter­neh­mer auf un­ter­schied­li­che Haf­tungs­frei­stel­lun­gen ge­einigt, die das Unter­gericht als ähnlich den Mit­ver­ur­sa­cher­haf­tungs­regeln des Com­mon Law an­sah, was die Re­vi­si­on als un­zu­läs­sig be­ur­teil­te. Com­mon Law-Grund­sät­ze gäl­ten nicht, wenn ein Ver­trag aus­drück­lich an­de­re Re­ge­lun­gen vor­schrei­be.


Mittwoch, den 14. Aug. 2019

Anwalt agiert wie im TV: Bestraft  

Schutz des Offenlegungspflichtigen vor unzulässigem Beweisausforschungsvorgehen
.   Aus Fernsehserien und Filmen ist der ameri­ka­ni­schen Öf­fent­lich­keit der An­walt vertraut, der am Abend vor dem Geschworenen­ter­min schla­gen­de Be­wei­se her­bei­zau­bert. Am Freitagnach­mit­tag stell­te der An­walt in Progressive EMU Inc. v. Nutrition & Fitness Inc. einer Zeu­gin eine Be­weis­for­de­rung als straf­be­wehr­te Subpoena mit La­dung zu, die sie ver­pflich­te­te, zum Ter­min am Montag zahl­rei­che Do­ku­mente zu sammeln, auszuwerten und vor­zu­legen. Die Beklagte wehrte dieses Vorgehen zu erheblichen Ver­tei­di­gungs­kosten ab.

In der Revision gegen die vom Gericht ausgesprochene Sanktion we­gen Miss­brauchs des Aus­forschungsbeweisverfahrens in diesem Zivilprozess um einen Ver­triebs­ver­trag unterlag der Anwalt am 13. August 2019. Das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des elf­ten Be­zirks der USA in Atlanta bestätigte nicht nur die Sank­ti­on, son­dern erlegte dem Anwalt auch die Revisionskosten der Ge­gen­sei­te wegen der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels auf.

Die wichtige Lehre des Entscheids lautet, dass das Ausforschungs­be­weis­ver­fah­ren Dis­co­ve­ry als Teil des US-Pro­zesses streng ist. Nicht nur wird die Ver­nich­tung von Beweisen oder ihr versehentliches Verlieren bestraft, sondern auch der Miss­brauch des Verfahrensmittels. Beim Untergang von Beweisen kann eine Kla­ge ab­ge­wiesen werden, während Einreden der Verteidigung ab­ge­schnit­ten wer­den kön­nen. Geldstrafen und Verfahrensnachteile sind eben­falls zu­läs­sig. Es em­pfiehlt sich im­mer die Mit­wir­kung - allerdings stets im Wissen, dass un­zu­läs­si­ge Forderungen vom eigenen Anwalt eingedämmt werden, bevor es zur Offen­le­gung von Be­wei­sen kommt. Zudem kann die beweisfordernde Partei be­straft werden, wenn sie zu weit geht.


Montag, den 12. Aug. 2019

Scharfe Zunge schlägt scharfen Sheriff  

.   Der Kläger hasste Ausländer und bezeichnete seine Zelt­la­ger für Ein­wan­de­rer als Konzentrationslager. Als er eine Vorwahl verlor, kom­men­tier­te die be­klag­te Jour­nalistin in der beklagten Zeitung mit scharfer Zunge den schwe­ren Ver­lust für die Mensch­heit, wo­rauf­hin der Klä­ger, ein sich als scharf rüh­men­der She­riff, we­gen Verleumdung klagte.

Die amüsant formulierte und rechtlich lesenswerte Entscheidungsbegründung des Bun­des­ge­richts im Haupt­stadt­be­zirk vom 9. August 2019 in Arpaoia v. Cott­le er­kennt, dass das bei einer be­rühm­ten Person notwendige Ma­li­ce-Tat­be­stands­merk­mal in der Kla­ge er­wähnt wird, ohne es irgendwie zu sub­stan­ti­ie­ren. Da­mit ist die Klage unschlüssig. Das Gericht geht zudem lehr­reich auf das neue An­ti-SLAPP-Ge­setz ein, das Eingriffe in die Redefreiheit der Bundes­ver­fas­sung mit einem verkürzten Prozess klären soll. Die Tatbestandsmerkmale lauten:
To state a claim for defamation under District of Columbia law, a plain­tiff must al­le­ge suf­ficient facts to establish:
(1) that the defendant made a false and defamatory statement con­cer­ning the plain­tiff;
(2) that the defendant published the statement without privilege to a third party;
(3) that the defendant's fault in publishing the statement amoun­ted to at least neg­li­gence; and
(4) either that the statement was actionable as a matter of law ir­re­spec­ti­ve of special harm or that its publication caused the plain­tiff spe­cial harm.


Samstag, den 10. Aug. 2019

Vermieter haftet bei Plagiatsverkauf des Mieters  

Shoppingcenter als Beihelfer von Billigläden im Markenrecht
Markensymbol R im Kreis
.   Im Revisions­ent­scheid Lu­xot­ti­ca Group SpA v. Air­port Mi­ni Mall LLC haf­tet ein Shop­ping­cen­ter samt sei­nem Ver­wal­tungs­per­so­nal für $1,9 Mio. Scha­dens­er­satz we­gen wie­der­hol­ter Mar­ken­ver­let­zun­gen durch sei­ne Mie­ter, klei­ne Bil­lig­lä­den, nach de­ren Ver­kauf von Imi­tat­son­nen­bril­len zum Zeh­ner­preis, wäh­rend die Ori­gi­na­le im Hun­der­ter­be­reich kos­ten. Der Ori­gi­nal­her­stel­ler hat­te Raz­zi­en ar­ran­giert und die Be­klag­ten zwei­mal schrift­lich über de­ren Er­geb­nis­se und Fol­gen un­ter­rich­tet, doch der Pla­gi­ats­ver­kauf ging wei­ter.

Das Bundesberufungsgericht des elf­ten Be­zirks in At­lan­ta muss­te zum ersten Mal die Erstreckung des Con­tri­bu­to­ry Lia­bi­li­ty-Grund­sat­zes auf das Miet­ver­hält­nis be­ur­tei­len. Ob­wohl das Mar­ken­ge­setz, Lan­ham Act, nur die di­rek­te Ver­let­zung an­spricht und das Bei­hil­fe-Prin­zip aus der Rechts­spre­chung zur un­er­laub­ten Hand­lung auf das Mar­ken­recht über­tra­gen wur­de, er­klär­te die Re­vi­si­on das Prin­zip für an­wend­bar.

Außerdem klärte es am 7. August 2019 die Anforderun­gen an die vom Her­stel­ler mit­zu­tei­len­de No­ti­ce, die beim Bei­hel­fer ein haf­tungs­ent­fa­chen­des Wis­sen­müs­sen aus­löst: Wäh­rend bei eBay in einem Prä­ze­denz­fall die kon­kre­te Auf­klä­rung über be­stimm­te Ver­let­zer und Wa­ren er­for­der­lich war, reicht bei einem über­schau­ba­ren Mall eine Mit­tei­lung, die den Mall-Eig­ner in die Lage ver­setzt, bei einem Rund­gang auf­fäl­li­ge Preis­ab­wei­chun­gen zu ent­decken und po­ten­ti­el­le Ver­let­zer zur Ab­hil­fe auf­zu­for­dern.


Freitag, den 09. Aug. 2019

Haftung bei Gesichtserkennung im Internet  

.   Jetzt werden Anbieter von Gesichtserkennungs­pro­gram­men wach: Das vor­bild­li­che Biometrie-Schutzgesetz des Staa­tes Il­li­nois darf in einer ka­li­fornischen Sammelklage von Facebook-Kunden gegen den Anbieter, der ohne deutliche Aufklärung und Erlaubnis Gesichtsdaten sammelt, aus­wer­tet und speichert, Anwendung finden, entschied in San Francisco das ein­fluss­rei­che Bun­des­berufungsgericht des neunten Bezirks der USA am 8. August 2019 mit seiner Begründung in Patel v. Facebook.

Schon 2008 hatte der Staat für seine Bürger den Biometric Information Pri­va­cy Act ver­kün­det, ohne Nach­ah­mer in anderen Staaten zu finden. Selbst dort mach­te der Ver­fas­ser des be­wun­der­ten Ge­setzes neulich Rückzieher im In­ter­es­se von An­bie­tern, doch bleibt das Gesetz in Kraft. Wie regelmäßig hier und im Länderreport USA in der Zeitschrift Kommunikation & Recht berichtet, hat sich das Gesetz bewährt. Jetzt hielt es auch gegen eine der mächtigsten An­bie­ter­koa­li­ti­onen und im Rahmen einer Sammelklage Stand. Letztere dienen oft der Er­pres­sung von Un­ter­neh­men, doch in diesem Fall bewährt sich das Ver­fah­rens­mo­dell zum Schutz bei po­ten­ti­ell geringwertigen Ansprüchen und wohl mil­lio­nen­schwe­ren Pro­zess­kosten.

Die Revision klärte, dass das Schadenserfordernis der Aktivlegitimation, Stan­ding, im Pro­zess bei Verletzung des BIPA fast wie bei einer verschuldens­lo­sen Haf­tung er­füllt ist. Eine Verletzung kann Schäden in Finanz-, Gesundheits- und sonstigen Sphären des täglichen Lebens auslösen, und der Schaden kon­kre­ti­siert sich be­reits mit der rechts­wi­dri­gen Sammlung, Nutzung und Speicherung.

Praxisrelevant ist auch die Ablehnung des von Facebook behaupteten Grund­sat­zes, dass das Recht von Illinois eine extraterritoriale Wirkung vor­schrei­ben muss, nur Ver­stöße in Il­li­nois relevant sein dürfen - also nicht an den Fa­ce­book-Stand­orten außerhalb des Staates - und damit BIPA prak­tisch nur vor Ge­rich­ten in Il­linois gelten soll. Selbst wenn einzelne rechts­wi­dri­ge Hand­lun­gen außer­halb von Illinois stattfänden, urteilt die Re­vi­si­on, mache die Ge­se­tzes­auslegung das Gegenteil deutlich.


Donnerstag, den 08. Aug. 2019

Diffamierungsanspruch der bekannten Politikerin  

Schlüssigkeitserfordernis der Actual Malice
.   Als ein Journalist einen Massenmord mit Handlungen und Aus­sa­gen einer ehe­maligen Vizepräsidentschaftskandidatin in Verbindung setz­te, ver­klag­te sie die Zeitung und den Verfasser wegen Verleumdung. Auf­grund sei­ner Er­fah­rung als Re­dak­teur äl­terer Berichte über diese Vorgänge, die sie und ihre Wahl­fi­nan­zie­rungs­berater bereits entlastet hatten, liege nicht nur eine ein­fa­che Ver­leum­dung vor. Die­se sei auch, wie bei berühmten Perso­nen not­wen­dig, bös­wil­lig. Die Revision erklärte das für die Schlüssigkeitsprüfung er­for­der­li­che Tat­be­stands­merkmal der actual Malice am 6. August 2019 im Fall Sarah Palin v. The New York Times Company:
We emphasize that actual malice does not mean maliciousness or ill will; it simply means the statement was "made with knowledge that it was false or with reckless disregard of whether it was false or not." Here, given the facts alleged, the assertion that Bennet knew the sta­te­ment was false, or acted with reckless disregard as to whether the statement was false, is plausible. AaO 19.
Die actual Malice muss als subjektives Tatbestandsmerkmal beim Verfasser vor­lie­gen. Das Bun­des­berufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York Ci­ty be­schrieb es im Rah­men der Minimalerfordernisse einer Schlüs­sig­keits­prüfung, die auf plau­sibel behauptete Anspruchsmerkmale ab­stellt. Das Un­ter­ge­richt hat­te die Kla­ge als unschlüssig abgewiesen, weil es die Aus­sa­ge des Ver­fas­sers, die vor Langem behandelten Zusammenhänge ver­ges­sen zu ha­ben, für plau­sibler als die Klagebehauptung der böswilligen Un­ter­stel­lung einer Ver­bin­dung hielt. Die Revision erklärte, dass nicht die Plau­si­bi­li­tä­ten ge­gen­ein­an­der ab­ge­wo­gen wer­den, sondern allein die Klage­be­haup­tun­gen auf ihre Schlüs­sig­keit zu prüfen sind. Der Prozess geht nun im Un­ter­ge­richt wei­ter.


Mittwoch, den 07. Aug. 2019

Fair Use im Markenrecht: Keine Verletzung  

Beschreibende Begriffsverwendung stärkt Einrede nach dem Lanham Act
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.   Den Begriff SportFuel meldete die Klä­ge­rin im Re­vi­si­ons­entscheid Sport Fuel Inc. v. Pep­si­co Inc. er­folg­reich als Marke an. Als die für Erfrischungsge­trän­ke be­kann­te Beklagte den Slogan Gatorade The Sports Fuel Com­pa­ny an­mel­den woll­te, veranlasste das Markenamt sie zum Ver­zicht auf den bereits eingetragenen Begriff, weil die An­trag­stel­le­rin ihn be­schrei­bend und damit nicht eintragungsfähig verwandte.

Die Klägerin verklagte die Beklagte wegen Verletzung ihrer Rech­te für sport­ori­en­tier­te Nah­rungsmittelsmittelzusätze und da­mit ver­bun­de­ne Dienst­leis­tun­gen. Die Beklagte rechtfertigte die behauptete Verletzung mit dem ent­schul­di­gen­den Fair Use-Grundsatz des Mar­ken­rechts, den das Bun­des­be­ru­fungs­gericht des siebten Bezirks der USA in Chicago am 2. August 2019 so beschrieb:
[T]he Lanham Act provides several affirmative defenses to a plain­tiff's claims, including the "fair use" defense. See 15 U.S.C. § 1115(b). The fair use defense is available against even in­con­tes­ta­ble tra­de­marks, like SportFuel's. … "[A] defendant in a trademark in­frin­ge­ment ac­tion may invoke the fair use defense by de­mon­stra­ting that the alleged infringement,' 'is a use, otherwise than as a mark …' which is descriptive of and used fairly and in good faith only to describe the goods or services of such party.' … In short, to raise the fair use defense successfully, Ga­tor­ade must show that (1) it did not use "SportsFuel" as a trademark,(2) the use is de­scrip­ti­ve of its goods, and (3) it used the mark fair­ly and in good faith. … The district court determined that Gatorade met all three prongs.
Auch die Revision subsumierte den Sachverhalt unter diese Merkmale. Meist wirkt sich im Markenrecht die beschreibende Qualität einer Marke als Hin­der­nis aus - in diesem Fall entlastete sie die Beklagte.


Montag, den 05. Aug. 2019

Haftet Mutter für US-Tochter?  

Ansatz zur Haftungsvermeidung im amerikanischen Durchgriffshaftungsrecht
.   Wie im deutschen Recht kann ein Gesellschafter einer US-Gesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Bei der Cor­po­ra­ti­on, deren Gesellschafterhaftung auf das Vermögen der Gesellschaft be­schränkt ist, gibt es wie in Deutschland eine Durchgriffshaftung.

Bei Vorliegen bestimmter Merkmale wird der Gesellschafter da­mit der Ge­sell­schaft gleich gestellt und muss mit seinem eigenen Ver­mö­gen haf­ten. Das gilt für den Ge­sell­schafter als natürliche Per­son eben­so wie für eine Mut­ter­ge­sell­schaft. Piercing the corporate Veil und Alter Ego sind die Stichworte für die Rubrik Durchgriffshaftung.

In den vergangenen Jahren haben Gerichte in den verschiedenen US-Staaten, deren Gesellschaftsrecht maßgeblich ist, weil es kein Bundesgesellschaftsrecht gibt, die Anwendung dieser Begriffe ausgedehnt: Nicht nur die Haftung für Schul­den wird erfasst, sondern auch die Ge­richts­bar­keit, Ju­ris­dic­ti­on, wird von der Ge­sell­schaft auf den Ge­sell­schafter erstreckt. Das heißt, die Mutter­ge­sell­schaft im Ausland kann trotz mangelnder Anknüpfungen an die USA der Ge­richts­bar­keit dort unterworfen werden, wo die örtliche Zuständigkeit für die US-Tochtergesellschaft liegt.

Außerdem wenden manche Gerichte nun auch die Umgekehr­te Durch­griffs­haf­tung an: Das Vermögen der Gesellschaft haf­tet für die Ver­bind­lich­kei­ten der Gesellschafter.

Die wichtigste Handlungsmaxime lautet, bei Gesellschaftsentscheidungen der Shareholders und der Directors die Finger von ihrer Ent­schei­dungs­frei­heit las­sen: Keine Konzerndirektiven, keine Bevor­mun­dung, kei­ne Ein­mi­schung, kei­ne Interessensvermischung. Die Muttergesell­schaft muss den Or­ga­nen ver­trau­en, die sie als Gesellschafterin in die US-Tochter gewählt hat - oder sie ab­wäh­len. Das ist ja nicht zu kompliziert.


Samstag, den 03. Aug. 2019

Fakten verheimlicht: Einreden und Marke weg  

.   Im US-Prozess ist die mangelnde Mitwirkung der Be­tei­lig­ten am Aus­for­schungs­be­weis­ver­fah­ren Discovery mit dem Risiko saf­ti­ger Stra­fen ver­bun­den. Im Streit um Marken Beach Mart Inc. v. L&L Wings Inc. be­stä­tig­te die Re­vi­si­on das Abschneiden aller Einreden, Schadensersatz und das Ver­bot, Rech­te aus ihrer Mar­ke zu behaupten, gegen die Par­tei, die ver­heim­licht hat­te, dass sie ihre Mar­ke im We­ge der Lizenznahme erworben hatte.

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Ob sich dieser Umstand auf die Rechtsinhaberschaft aus­wirk­te, war für die Sank­ti­o­nen­fin­dung unerheblich. Der Ver­stoß ge­gen die Of­fen­le­gungs­pflicht er­schwer­te und ver­zö­ger­te den Pro­zess. Die Stra­fe be­rücksichtigt auch das Ziel, der Partei vor­beu­gend ein­zu­schär­fen, in Zu­kunft kei­ne Mit­wir­kungs­pflich­ten zu ig­no­rie­ren. Das Bundesberufungs­ge­richt des vier­ten Be­zirks der USA in Rich­mond ver­kün­de­te sei­ne le­sens­wer­te Re­vi­sions­entscheidung am 1. August 2019.


Freitag, den 02. Aug. 2019

Gestalt aus der Natur im Urheberrecht: Banane  

.   Der Supreme Court hatte am 22. März 2017 im Fall Star Athletica LLC v. Varsity Brands Inc. entschieden, dass In­sig­ni­en auf einer Uni­form als Verzierung urheberrechtlich schutzfähig sind. Dar­auf baut die Klä­ge­rin im Revisionsentscheid Silvertop Associates Inc. v. Kan­ga­roo Ma­nu­fac­tu­ring Inc. auf, der den Schutz für eine der Natur nach­gahm­te Ge­stalt, einem Ba­nenenkostüm, bejaht. Die Beklagte bestritt, dass na­tür­li­che For­men Schutz genießen können.

Copyright Symbol
Das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks der USA in Philadelphia erörterte die Vorgaben des Co­py­right Act in sei­ner Auslegung durch den Supreme Court und ar­bei­te­te sich durch die zahlreichen Urheberrechtsmerkmale durch. Es ent­schied am 1. August 2019, dass die wegen ihrer Funk­ti­ons­lo­sig­keit schutzfähigen Verzierungen auch bei einem Vor­bild aus der Natur entscheidend sind, die ein Ge­richt in je­dem Ein­zel­fall wür­di­gen muss.


Donnerstag, den 01. Aug. 2019

Terrorpost und Verlegerhaftung: §230 CDA  

.   In Terrorfragen stößt das Recht leicht an rechtsstaatliche Grenzen. Eine Klage wegen Terrorakten oder selbst behaupteter Behilfe zu ihnen setzt in den USA selbst das Fundament der Staatenimmunität ins Wackeln. Am 31. Juli 2019 folgte ein Revisionsentscheid zur Haftung von Verleger und Her­aus­ge­ber auf Scha­densersatz wegen behaupteter Unterstützung von Ter­roris­mus, der bei den Kläger Schaden auslöste, indem ein Webkommunikations­dienst­leis­ter eine als Terrororganisation bezeichnete Gruppierung auf seinen Seiten mit einem von ihr eingerichteten Auftritt erscheinen ließ.

Der Dienstleister im Entscheid des Bundesberufungsgerichts des zwei­ten Be­zirks der USA in New York erhob die Einrede aus §230, die einem Publisher im In­ter­net eine ab­solute Immuität für die Mitteilungen Drit­ter in ihren In­ter­net­diensten ein­räumt. Diese Immunität haben die Gerichte nicht nur in Dif­fa­mie­rungs-, son­dern auch zahlreichen anderen Zusammenhängen bestätigt, wie hier und in den Län­derreports USA in Kommunikation & Recht regelmäßig berichtet.

Doch Terror trumpft, zumindest in den Augen der amerikanischen Politik, alles. Dann liegt es an den Gerichten, Ansprüche und Behauptungen wieder in den Rah­men des Rechts­staats zurück­zu­führen. Mit einer 100-seitigen Begründung ge­lingt dies auch lesenwert und lehrreich im vorliegenden Fall, Force v. Facebook.


Mittwoch, den 31. Juli 2019

Digitales End-to-End wird Pflicht im Markenrecht  

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.   Am 31. Juli 2019 verkün­­­­de­te das Bun­des­markenamt im Bundesanzeiger un­ter dem Ti­tel Chan­ges to the Tra­demark Rules of Practi­ce To Man­da­te Elec­tro­nic Fi­ling sei­ne Ver­ordnung über die grund­sätz­li­che Pflicht zur di­gi­ta­len Ein­rei­chung und Bearbeitung von Mar­ken­an­trä­gen. Die Re­ge­lun­gen gelten für originäre amerikanische An­trä­ge so­wie für Er­streckungs­an­träge aus dem Ausland. Sie treten am 5. Oktober 2019 in Kraft und gel­ten nicht für die Markeneintragungsverfahren vor den ein­zel­staat­li­chen Markenämtern in den USA.


Sonntag, den 28. Juli 2019

Trump verliert am Tag, siegt in der Nacht  

Plotkin, Foreign Affairs, excerpt

Stephen Plotkin, What Mueller Found - and Didn't Find -
About Trump and Russia, Foreign Affairs, 7/2019, 65
.   Trump klagte etwa 3500-mal und prä­sen­tiert die Gerichte lau­fend mit un­ge­wöhn­li­chen Rechts­fra­gen. Jetzt folg­ten zwei pro­zes­su­a­le Be­schlüs­se, die auch im Wirt­schafts­recht be­deut­sam sein kön­nen. Im Bun­des­ge­richt des Haupt­stadt­be­zirks beantragte Trump die Zusammen­le­gung von Kla­gen über die Of­fen­le­gung sei­ner Steu­er­er­klä­run­gen - ein für Prä­si­den­ten nor­ma­ler, von ihm je­doch hef­tig zu­rück­ge­wie­se­ner Vor­gang.

In Trump v. U.S. House of Representatives' Committee on Ways and Means ent­schied das Gericht am 25. Juli 2019 mit wenig Beach­tung, weil das Land bei der Ver­kün­dung noch die im Kongress behandelten Untersuchungs­er­geb­nis­se von Ro­bert Mueller über Trumps Wahlstraftaten mit landes­wei­ter Fern­seh­aus­strah­lung erörterte, dass die Verfahren nicht verbunden werden, weil sie auf un­ter­schied­lichen Rechtsgrundlagen beruhen und unzureichende Ge­mein­sam­kei­ten aufweisen. Ein Prozess betrifft Bundesgesetze und Verfassungsrecht, der zweite behandelt primär einzelstaatliches Recht. Im Wirtschaftsrecht gibt es solche Konstellationen häufig, sodass diese Beschlussbegründung lehrreich ist.

Der zweite Beschluss kommt vom Supreme Court in Trump v. Sier­ra Club und fiel so spät in der Nacht des 26. Juli 2019, dass selbst der ob­sie­gen­de Trump ihn fast ignorierte: Die von ihm zur konserva­ti­ven Mehr­heit ein­ge­schwo­re­nen Richter beschlossen, seine Haushaltumschichtung zum Bau einer Mau­er an der me­xi­ka­ni­schen Gren­ze zuzulassen. Der Haushalt ist Sa­che des Kon­gres­ses, und Trump ver­füg­te eigen­mäch­tig, Gel­der aus dem Ver­tei­di­gungs­haus­halt dem Hei­mat­schutz­mi­ni­ste­ri­um zum Mau­er­bau zu über­tra­gen. Die Mehr­heit und eine Min­der­heit vo­tier­ten ohne Be­grün­dung; die Be­grün­dung des Rich­ters Bey­er ver­tritt le­sens­wert einen Mittelweg.


Mittwoch, den 24. Juli 2019

Asset Purchase mit Gerichtsstandsklausel  

.   Eine Gerichtsstandsklausel wie die folgen­de im Re­vi­si­ons­entscheid in Gemini Technologies Inc. v. Smith & Wesson Corp. strei­ti­ge wird in der Regel von Gerichten und Schiedsgerichten an­er­kannt, wo­bei sie die nach dem Forum non conveniens-Grundsatz vom Supre­me Court ge­setzten Regeln beachten müssen:
Each party hereto irrevocably submits to the jurisdic­ti­on of the Cir­cu­it Court of the state of Delaware, in any action or pro­cee­ding ari­sing out of or relating to this Agreement or any of the Colla­te­ral Agree­ments, and each party hereby irrevocably ag­rees that all claims in re­spect of any such action or procee­ding must be brought and/or de­fen­ded in such court.
Am 24. Juli 2019 entschied in San Francisco das Bundesberufungs­ge­richt des neunten Bezirks der USA, warum diese Klausel, die vom Untergericht trotz der Nicht­exi­stenz des in in ihr bezeichneten Gerichts als wirksam durchgesetzt wur­de, unwirksam sei. Sie verletze im Staat der Klägerin zwin­gen­des Ge­se­tzes­recht, das für amerikanisches Vertragsrecht ungewöhnlicherweise sol­che Klau­seln außer Kraft setzt:
Every stipulation or condition in a contract, by which any par­ty the­re­to is restricted from enforcing his rights under the con­tract in Ida­ho tribunals, or which limits the time within which he may thus en­for­ce his rights, is void as it is against the pub­lic po­li­cy of Ida­ho. No­thing in this section shall affect con­tract pro­vi­si­ons re­la­ting to ar­bi­tra­ti­on so long as the contract does not re­qui­re ar­bi­tra­ti­on to be con­ducted outside the state of Idaho. Idaho Code § 29-110(1).


Donnerstag, den 18. Juli 2019

Pressehaftung wegen Krebsforschungsberichts  

.   Am 16. Juli 2019 erklärte die Revision zahlreiche Rechts­the­o­ri­en zur Fra­ge der Dif­famierungshaftung der Presse im Beschluss Cro­ce v. New York Ti­mes. Der kla­gen­de Krebs­for­scher sah sich ver­leum­det, als die Zei­tung in einem Bericht über seine Leistungen nicht nur Gu­tes, son­dern auch er­folg­lo­se Un­ter­su­chun­gen gegen ihn wegen Un­sorg­fäl­tig­kei­ten in sei­ner For­schung un­ter einer ihn störenden, reißerischen Über­schrift er­wähn­te: Years of Ethics Charges, but Star Cancer Researcher Gets a Pass.

Der Bericht begann mit der Feststellung: Dr. Carlo Croce was repeatedly clea­red by Ohio State University, which reaped millions from his grants. Now, he faces new whistle-blower accusations. Das Bundesberufuungsgericht des sech­sten Be­zirks der USA in Cincinnati untersucht zahlreiche Facetten des Ver­leum­dungs­rechts von Ohio mit diesen Merkmalen, von denen nur das zweite in der Re­vi­si­on um­strit­ten ist:
To state a claim of defamation, the plaintiff must show (1) that a fal­se sta­te­ment of fact was made, (2) that the statement was de­fa­ma­to­ry, (3) that the sta­te­ment was published, (4) that the plain­tiff suf­fe­red in­ju­ry as a pro­xi­mate result of the publication, and (5) that the de­fen­dant ac­ted with the re­qui­si­te degree of fault in pub­li­shing the sta­te­ment.
Die Kernfeststellung des Gerichts liegt in der Erkenntnis, dass nicht nur die Über­schrift, son­dern der Ar­ti­kel in sei­ner Gesamtheit zu würdigen ist. Positives steht ne­ben Ne­ga­ti­vem. Vorwürfe gegen den Forscher werden entlastend dar­ge­stellt, und die Nicht­ahn­dung von Nach­läs­sigkeiten nach Untersuchungen wird der Uni­ver­si­tät angelastet. Die Berichterstattung ist nicht unwahr. Be­stimm­te Aus­sa­gen, die als ver­leum­dend angesehen werden könnten, eig­nen sich eben­so für eine po­si­ti­ve Aus­le­gung. Zudem hatten die Journalisten den Wert von Be­le­gen Drit­ter ge­mäßigt und als möglicherweise fragwürdig dar­ge­stellt. Ins­ge­samt fehlt damit ein Haf­tungs­tatbestand.


Mittwoch, den 17. Juli 2019

Im Ausforschungsbeweisverfahren zu streng gesiebt  

Beklagte gewinnt NDA-Verletzungsklage, aber Sanktion kann folgen
.   In Knight Capital Partners Corp. v. Henkel AG & Co. ge­wann die Be­klag­te ge­gen die Behauptung der Verletzung einer Vertrau­lich­keits­ver­ein­ba­rung, in die die Klägerin erfolglos auch deren Mutter­ge­sell­schaft ein­be­zog. Die Klag­ab­wei­sung wird lesenswert von der Revision im Bundes­be­rufungs­gericht des sech­sten Be­zirks der USA in Cincinnati am 16. Juli 2019 er­klärt und be­stä­tigt. Unter anderem hatte die Klägerin beklagt, die Mutter ha­be in Ver­trags­be­ziehungen ihrer Tochter rechtswidrig eingegriffen, was eine in­ter­es­san­te Rechts­frage darstellt.

Neben diesen Punkten erörterte die Revision den vom Untergericht als erledigt be­trach­te­ten An­trag der Klägerin auf eine prozessuale Bestrafung der Beklag­ten we­gen ihres Ver­hal­tens im Ausforschungsbeweisverfahren Discovery. Sie wirft ihr nicht die Un­ter­schla­gung oder Ver­nichtung von Beweisen vor, die im­mer Sank­ti­o­nen aus­lö­sen, son­dern die Falsch­ein­stu­fung von Be­wei­sen als sol­che, die nur die An­wäl­te ein­se­hen dür­fen. Der dadurch verursachte Mehr­auf­wand füh­re zur Haf­tung. Die Re­visi­on entschied, dass der Sanktionen­an­trag selb­stän­dig über die Klag­ab­wei­sung hinaus existiere und vom Un­ter­ge­richt noch zu be­schei­den sei.


Dienstag, den 16. Juli 2019

$1,6 Mrd. oder $32 Mio. für Spam-Anrufe?  

Schadensersatzänderung in erster Instanz nach Geschworenenspruch
.   Zwei nicht angenommene Anrufe, die als Umfrage kon­zi­piert wa­ren, aber einen Film preisen sollten, erhielten die Klä­ger. Ihre Sam­mel­klage wirft zahlreiche Fragen nach dem Gesetz gegen un­er­wünsch­te An­ru­fe, Te­lephone Consumer Protection Act, auf, die auch die Scha­dens­er­satz­höhe nach einem Geschworenenspruch betreffen. Das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des zehn­ten Bezirks der USA in St. Louis ent­schied in Ron Go­lan v. Free­Eats.com Inc. am 16. Juli 2019.

Zunächst bestätigte es, dass zwei Anrufe für die Bejahung einer Aktiv­le­gi­ti­ma­ti­on nach dem Spokeo-Präzendenzfall des Supreme Court über den mess­ba­ren er­forderlichen Schaden aus­rei­chen, weil das Ge­setz streng Spam-An­ru­fe ver­hin­dern soll. Außerdem bejahte es die Haftung des beklagten Call­cen­ters, das vom Film­ver­trieb als Dienstleister eingeschaltet war.

Am kritischsten für die Beklagten ist die Schadensersatzhöhe, die das Ge­setz mit $500 pro An­ruf fest­legt und hier zu insgesamt $1,6 Mrd. führ­te. Das Un­ter­ge­richt nahm die von den Geschworenen richtig berech­ne­te Sum­me zur Kennt­nis und kor­ri­gierte sie selbst auf $32 Mio. her­ab. Ein Ge­richt darf den Scha­dens­ersatz nach einem Jury-Verdict korrigieren, selbst wenn es - wie auch die Ober­ge­rich­te - in der Re­gel an ihre Beweiswürdigung ge­bun­den bleibt. Die Re­vi­si­on be­stätig­te die­se Kor­rektur, weil $1,6 Mrd. den Rah­men der Rechts­staat­lich­keit nach der Due Process-Klausel der Bundesverfassung verletzen:
To state the obvious, $1.6 billion is a shockingly lar­ge amount. Com­pa­re that to the conduct of ccAdvertising. It plausibly believed it was not violating the TCPA. It had prior con­sent to call the re­ci­pi­ents about religious liberty, and a predomi­nant the­me of Last Oun­ce of Cou­ra­ge is religious liberty. Moreover, on­ly the re­ci­pi­ents who vo­lun­ta­ri­ly opted in during the call heard the mes­sa­ge about the film. The call cam­paign was con­duc­ted for on­ly about a week. And the harm to the re­ci­pients was not severe - only about 7% of the calls ma­de it to the third que­sti­on, the one about the film. Un­der the­se facts, $1.6 bil­lion is "so se­ve­re and op­pres­si­ve as to be whol­ly dis­pro­por­ti­oned to the of­fen­se and ob­vious­ly un­rea­so­na­ble."


Freitag, den 12. Juli 2019

Ein Drohnenhaftungsrecht wird amtlich  

.   Der Bund ist für die Zulassung von Drohnen im Luft­raum der USA zu­stän­dig. Die Ein­zel­staa­ten regeln hingegen die mei­sten Rechts­ge­bie­te, zu de­nen auch Sa­chen- und Grund­stücks­recht, Pri­vat­sphä­ren­schutz und die Haf­tung für un­er­laub­te Hand­lun­gen, Torts, zäh­len. Da ihnen oft die Kom­pe­tenz für die Ge­setz­ge­bung fehlt, sprin­gen An­walts­ver­eine und auch ein na­tio­na­ler Ge­setz­ge­bungs­aus­schuss ein und en­twickeln Mo­dell­ge­set­ze. Die Staa­ten kön­nen die­se nach Be­lie­ben an­neh­men, adap­tie­ren und ig­no­rie­ren.

Das neueste Vorhaben behandelt die Haftung nach dem Recht der un­er­laub­ten Hand­lun­gen für den Droh­nen­ein­satz, der auch Haus­frie­dens­bruch und Pri­vat­sphäh­ren­ein­grif­fe be­rück­sich­tigt. Die Be­ra­tun­gen fin­den in die­sem Som­mer un­ter der Ägi­de der Na­tio­nal Con­fe­ren­ce of Com­mis­sio­ners on Uni­form Sta­te Laws mit dem Ent­wurf des Uni­form Tort Law Re­la­ting to Dro­nes Actstatt. Der Ent­wurf ist mit zahl­rei­chen Kom­men­tie­run­gen ver­se­hen und ent­hält die­se Glie­de­rung:
Gliederung


Mittwoch, den 10. Juli 2019

Trumps Hotelbetrieb prozessual unanfechtbar  

.   Zwei Staaten verklagten Trump und verloren am 10. Juli 2019 in der Revision wegen mangelnder Aktivlegitimation ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Untergerichts. Die Staaten beklagten Schä­den für ihre Wirt­schaft, de­nen das Trumphotel zweihundert Meter vom Weißen Haus das Was­ser ab­gräbt. Sie ha­ben das Geschäft mit der Bewirtung von Diplomaten und aus­län­dischen Delegationen verloren, die sich beim Präsidenten einschmeicheln wollen.

Dadurch verliert die Gesamtwirtschaft von Maryland und des Dis­trict of Co­lum­bia, und die Einnahmen von Trump aus dem Hotel­be­trieb verletzen das Ver­fas­sungsverbot der Annahme von Geldern und Geschenken von Aus­län­dern in der Emoluments Clause. Das oft kon­ser­vative Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des vier­ten Be­zirks der USA in Rich­mond stand Trump im Verfahren In re Trump bei, der nun un­ter an­de­rem wie­der ver­mie­den hat, seine Fi­nan­zen in einem Aus­for­schungs­beweisverfahren, Discovery, des amerika­ni­schen Pro­zes­ses offenlegen zu müssen.


Dienstag, den 09. Juli 2019

Trump verletzt Verfassung mit Twitter-Ausschluss  

.   Twitter darf Konten löschen, bestätigen viele Ge­rich­te, denn ein Un­ter­neh­men kann nicht wie ein Staat zum Meinungsfreiheitsschutz ver­pflich­tet wer­den. Anders verhält es sich beim Präsidenten. Der ohnehin lau­fend ver­fas­sungs­bre­chend agierende Trump hat sich am 9. Juli 2019 einen Re­vi­si­ons­ent­scheid eingefangen, der Twitter als öffentliches Forum bezeich­net, aus dem der Staat, also auch der Präsident, keine Leser ausschließen darf. Das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des zwei­ten Bezirks der USA erließ in Knight First Amend­ment In­sti­tu­te v. Do­nald J. Trump eine lesenswerte Begründung, die wohl wie auch andere Entscheidungen als Fake News ignoriert wird.


Dienstag, den 25. Juni 2019

Unerklärter Schaden bei Vertragsbruch  

.   Eine dem anwendbaren Ortsrecht unbekannte Scha­dens­er­satz­fol­ge mach­te ein deut­sches Un­ter­neh­men nach einer be­haup­te­ten Ver­trags­ver­let­zung durch den Ver­kauf eines EU-Nor­men nicht ent­spre­chen­den Boots, das auch män­gel­be­haf­tet sein soll­te, gel­tend. Da­mit mach­te es der Re­vi­si­on die Prü­fung des ab­wei­sen­den Ur­teils im Fall Se­lect­Sun GmbH v. Por­ter Inc. am 25. Ju­ni 2019 leicht.

Schwierig war die Frage, ob der beklagte Bootshersteller überhaupt in einer wirk­sa­men Ver­trags­be­zie­hung zum Kläger stand, denn zwischen beiden waren meh­re­re, zwi­schen­zeit­lich plei­te ge­gan­ge­ne Ver­treter ein­ge­schal­tet. Den­noch klärt das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des sieb­ten Be­zirks der USA in Chi­ca­go lehr­reich das Ver­tre­tungs- und Ver­trags­recht.

Ausschlaggebung ist für das Gericht selbst bei einer ungeklärten Ver­trags­be­zie­hung, dass der Klä­ger alles oder nichts als Schadensersatz gewählt hat­te. Den Scha­den durch Män­gel und Nor­men­ver­let­zung be­leg­te und ver­lang­te er nicht, son­dern al­lein den Kauf­preis. Die­se Rechts­fol­ge ist im an­wend­ba­ren Recht nicht vor­ge­se­hen, so­dass ohne zu­läs­si­ge Rechts­fol­ge die Kla­ge in je­dem Fall er­folg­los bleibt.


Montag, den 24. Juni 2019

Anstößige FUCT-Marke eintragungsfähig  

.   Am 24. Juni 2019 entschied der Supreme Court in Wa­sh­ing­ton, DC, dass ent­ge­gen der Auffassung des Bundesmarken­amts an­stößige Mar­ken eintragungsfähig sind. Der Lanham Act sieht in 15 USC §1052(a) die Nicht­ein­tragung von Marken vor, die immoral or scan­da­lous sind. Die Mar­ke FUCT wirkt so, aber die verweigerte Eintragung ist ver­fas­sungs­wid­rig, weil sie un­zu­läs­sigerweise den Inhalt einer nach dem First Amend­ment grund­rechts­ge­schütz­ten Meinung bewertet:
But in any event, the "immoral or scandalous" bar is substan­ti­al­ly over­broad. There are a great many immoral and scandalous ide­as in the world (even more than there are swearwords), and the Lan­ham Act co­vers them all. It therefore violates the First Amend­ment.
Ohne die Entscheidung in Iancu v. Brunetti wäre der klagen­de Be­klei­dungs­her­steller allein auf die Nutzung der Marke im Ver­kehr ohne die sei­ne Rech­te stär­ken­de Eintragung angewiesen. Die Mindermeinung stimmt zu und be­zeich­net das ge­setz­li­che Verbot von Meinungen als Gift.


Samstag, den 22. Juni 2019

Rechtsschutz für Geschäftsgeheimnisse  

.   In Heraeus Medical GmbH v. Esschem Inc er­klärt der Re­vi­si­ons­ent­scheid vom 21. Juni 2019 den Rechtsschutz gegen fort­lau­fen­de Ge­schäfts­ge­heimnisverletzungen. Das Gericht schützt die deut­sche In­ha­be­rin des Rechts im US-Prozess, obwohl die Klage nach Ablauf der Ver­jäh­rungs­frist er­ho­ben war: Bei einer fortlaufenden Verletzung kann das Gericht auf die nach Ver­jäh­rungs­recht re­le­van­ten drei oder vier Jahre zurück­blicken, um den Scha­dens­er­satz zu be­stim­men.

Die deutsche Firma hatte sinnvollerweise auf ein kurzlebiges Patent mit sei­ner Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht verzichtet und statt dessen Lizenzen für ihr Tra­de Se­cret er­teilt. Sie erkannte erst spät, dass durch Firmenzusammen­schlüs­se und Ver­trags­er­wei­terungen die beklagte Konkurrentin Zugang zu den Ge­heim­nis­sen er­lang­te. Die Rechtswidrigkeit der Nutzung der Trade Secrets konn­te sie je­doch nach­wei­sen und gew­ann dem Grun­de nach.

Zur Gewährung des Rechtsschutzes musste das Bundesberufungs­ge­richt des drit­ten Be­zirks der USA in Philadelphia den Zeitpunkt der Kenntnis­er­lan­gung von der Ver­let­zung be­wer­ten, den die Parteien unterschiedlich be­haup­te­ten. Da die Klä­ge­rin frü­her als selbst eingeschätzt Kennt­nis er­langt hat­te, un­ter­liegt ihr An­spruch dem Statute of Limitations. Das an­wend­ba­re Recht er­laubt je­doch einen fort­lau­fen­den Schutz bei fort­lau­fen­den Ver­let­zun­gen, was die Ent­schei­dung be­son­ders le­sens­wert macht.


Freitag, den 21. Juni 2019

Amerikanische Gerichtsentscheide finden  

.   Der Verfasser sammelt Entscheidungen der US-Ge­rich­te täg­lich auf der Seite Decisions Today für seinen schnellen, aktuel­len Über­blick. An­de­re Quellen gibt es zuhauf, und manche sind mit guten Suchfunk­ti­o­nen ver­bun­den. Pacer sollte als staatliche Einrichtung alles anzeigen; aber eine An­mel­dung ist er­for­der­lich, und kleine Gebühren fallen auch an. Bei Justia fin­den sich die die­sel­ben Ent­schei­dun­gen gra­tis und mit ergänzenden Angaben über Parteien und Ver­fah­ren.

Mit dem Suchbegriff GmbH findet man beispielsweise nicht nur Ent­schei­dun­gen, sondern auch Klagen, die Firmen dieser Gesellschafts­form tref­fen. Lexis und Westlaw sind die alteingesessenen Datenbanken, die bei Ge­rich­ten am zi­tier­fä­hig­sten gelten; sie sind auch die teu­er­sten, und Man­dan­ten sind oft von de­ren Da­ten­bank­ko­sten schockiert. Günstiger mit fast glei­chem Lei­stungs­um­fang sind Casetext und Fastcase.

Die Webseiten der Gerichte sind unterschiedlich ausgestattet. Die Re­vi­si­ons­in­stan­zen erlauben den vollständigen Zugriff in unterschiedlichen Formaten, was den Verfasser zur automatisierten, einheitlichen Zu­sam­men­stel­lung aus Quel­len der 13 Bundesberufungsgerichte und des Supreme Court ver­an­lass­te. Erst­in­stan­zen bieten ganz unterschiedliche Qualität. Der United States District Court for the District of Kansas steht beim Verfasser ganz oben.


Donnerstag, den 20. Juni 2019

Grundrechtsanspruch gegenüber Unternehmen  

Recht auf Meinungsfreiheit beim staatlich eingewiesenen Kabelsender?
.   Verfassungsrechte schützen den Bürger vor staat­li­chen Ein­griffen. Das First Amendment der Bundesverfas­sung schützt die Mei­nungs-, Pres­se-, Versammlungs-, Petitions- und Religionsfreiheit. Kann der Bür­ger die­sen Schutz gegen ein Unternehmen durchsetzen, das der Staat mit der Auf­ga­be be­traut hat, der Öf­fentlichkeit einen Kabel­sen­der­ka­nal für die Aus­strah­lung ihrer Mei­nun­gen zu öffnen? Der Supreme Court ver­nein­te am 17. Ju­ni 2019 in Man­hat­tan Com­mu­ni­ty Access Corp. v. Halleck.

Ein Unternehmen kann zur Beachtung von Grundrechten wie ein Staat ver­pflich­tet sein, wenn es des­sen Ex­klu­siv­aufgaben in seinem Auftrag erfüllt: po­wers tra­di­tionally exclusively reserved to the Sta­te. Den Klä­gern, die eine Kri­tik über den Kanalbetreiber auf dem Kanal ausgestrahlt hatten, ver­wei­ger­te je­ner an­schließend die wei­te­re Mit­wir­kung. Der Supreme Court entschied bei star­ker Min­der­mei­nung, dass der Kabelkanal keine ausschließ­lich dem Staat vor­be­hal­te­ne Aufgaben erfüllte und deshalb das Grundrecht ignorieren darf.


Mittwoch, den 19. Juni 2019

Schadensersatz für Sachen, nicht das Leben  

.   Die lesenswerte Mindermeinung im Revisionsentscheid Phi­lipp v. Ger­ma­ny vom 18. Ju­ni 2018 weist auf Risiken der Mehr­heits­ent­schei­dung hin: Sou­ve­räne Staaten können vor US-Gerichten mit Völ­ker­mord­kla­gen schlech­ter ge­stellt wer­den als Un­ter­neh­men, die an den­sel­ben Hand­lun­gen betei­ligt gewesen sein sollten.

Das Bundesberufungsgericht der Hauptstadt legt die Ausnahmen von der Staa­ten­im­mu­ni­tät nach dem For­eign Sovereign Immunities Act weiter aus als die Kollegen in anderen Bundesberufungsgerichtsbezirken. Die Mehr­heits­ent­schei­dung führt zum kaum nach­voll­zieh­ba­ren Ergebnis, dass die Ent­eig­nung von Sa­chen bei Ge­no­zid-Ver­bre­chen Scha­dens­er­satz er­mög­licht, wäh­rend der Ver­lust des Le­bens ent­schä­di­gungs­los bliebe.


Montag, den 17. Juni 2019

Ne bis in idem: Nicht in den USA  

.   Double Jeopardy ist ein elemen­ta­rer Grund­satz im mo­der­nen Strafrecht, der wie der Ne bis in idem-Grund­satz die mehr­fa­che Ver­fol­gung einer Straftat verbietet, doch entschied der Ober­ste Ge­richts­hof der Ver­einigten Staaten am 17. Juni 2019, dass er nicht gilt, wenn der Be­schul­dig­te vom Bund und von Einzelstaaten we­gen der­sel­ben Tat ver­folgt wird. Die Ent­schei­dung des Su­pre­me Court in Gam­ble v. Uni­ted Sta­tes stellt auf die Sou­ver­ätät des Bun­des und der Einzelstaaten ab.

Ein Souverän darf dem anderen keine Verbote erteilten, so­fern die Bun­des­ver­fas­sung nichts anders gestattet. Straf­tä­ter müs­sen grund­sätz­lich auch be­ach­ten, dass die Indianerreservate und eini­ge Ter­ri­to­ri­en der USA, wie der Haupt­stadt­bezirk, Puerto Rico, Guam und die Maria­nas-In­sel­ket­te, eige­ne Sou­ver­ä­ne bil­den.


Samstag, den 15. Juni 2019

Drohnendatenerfassungsapp im Bundesrecht  

Drone Law Avatar: Propeller
.   Das Bundesluftfahrtamt Federal Aviation Administration ver­kün­det am 17. Ju­ni 2019 un­ter dem Ti­tel Agency Information Col­lec­ti­on Ac­ti­vi­ties: Re­quests for Com­ments; Clea­ran­ce of a Re­ne­wed Ap­pro­val of In­for­ma­ti­on Col­lec­ti­on: B4UFLY Smart­pho­ne App im Bun­des­an­zei­ger, Fe­de­ral Re­gi­ster, sein Mel­de- und Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren zur Da­ten­er­fas­sung von Droh­nen­nut­zern durch die amt­li­che Droh­nen­da­ten­er­fas­sungs­app B4YFLY, die auf Mo­bil­ge­rä­ten in­stal­liert wird. Die Öf­fent­lich­keit er­hält nach dem Ad­mi­ni­stra­ti­ve Pro­ce­du­res Act die Gelegenheit zur Stel­lung­nah­me. Da­für setzt das Amt eine Frist von 60 Tagen.


Mittwoch, den 12. Juni 2019

Nichteingetragene Aufmachung als Trade Dress  

Statt Design Patent Schutz durch Rechteverfolgung gegen Plagiatoren
Sklavische Nachah­mung von Kaf­fee­ko­chern
.   Die Anmeldung von De­sign Pa­tents ist teuer und umständlich, doch auch ohne sie kann eine Aufmachung recht­li­chen Schutz ge­nießen. Im Re­vi­si­ons­ent­scheid Bodum USA Inc. v. A Top New Ca­sting Inc. er­hielt der Ex­klu­siv­ver­tre­ter einer fran­zö­si­schen Kaf­fee­ko­cher­her­stel­le­rin ge­gen einen Pla­gi­ats­her­stel­ler Recht. Die Kla­ge be­ruht auf die­sen recht­li­chen Grund­la­gen: Lan­ham Act, 15 U.S.C.§1125(a); common law unfair competition; Illinois Uniform Deceptive Trade Practices Act, 815 Ill. Comp. Stat. §510/1.

In Chicago entschied das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA am 12. Juni 2019 ge­gen die Auf­he­bung des un­ter­ge­richt­li­chen Ur­teils. Die Klä­ge­rin hat­te ihre Rech­te kon­si­stent mit Ab­mah­nun­gen als Cea­se and De­sist Let­ters ge­gen Nach­ah­mer ver­folgt. Ihre Pro­duk­te ha­ben sich einen Na­men ge­macht und wer­den von Ex­per­ten als Klas­si­ker be­zeich­net. Die skla­vi­sche Nach­ahmung sa­hen die Ge­schwo­renen als eine $2 Mio. Dol­lar wer­te Rechte­ver­let­zung an, und das Un­ter­ge­richt hat­te ihre Ein­schät­zung nicht auf­ge­ho­ben.


Mittwoch, den 12. Juni 2019

Schwache Marken im Hüllenmarkt verwechselbar  

Markensymbol R im Kreis
.   Likelihood of Confusion, Verwech­sel­bar­keit, ist ein wichtiges Merkmal im Mar­ken­recht. Der Re­vi­si­ons­ent­scheid in Uncommon LLC v. Spi­gen Inc. vom 11. Ju­ni 2019 un­ter­sucht die ge­setz­li­chen und die von der Rechts­pre­chung ent­wickel­ten Merk­ma­le der Ver­wech­sel­bar­keit bei der Prü­fung eines Strei­tes zwi­schen zwei Te­le­fon­hüllenanbietern. Kei­ner hat mit seiner Mar­ke eine star­ke Be­deu­tung im Markt erworben, und beide verwenden den beschreibenden Begriff Kapsel, Capsule.

Ein Prozessfehler führte zum Ausschluss eines Markt­gut­ach­tens, aber das Bun­desberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chi­ca­go manövriert wie das Untergericht um den Ausschluss her­um, um nach lehr­rei­cher Schil­de­rung und Sub­sumierung der Verwechselbarkeitselemente als auch der Er­geb­nis­se des Gutachtens zum Ergebnis zu gelangen.

Es weist die Klage des Markeninhabers gegen einen Konkurrenten, wegen Mar­kenverletzung und Wettbewerbsverletzung ab. Lesens­wert ist auch die Er­ör­te­rung der Markenamtspraxis, manchmal den Begriff als beschreibend und ein­tra­gungsunfähig zu bezeichnen, während es anderen Antragstellern die Ein­tra­gung gestattet.


Sonntag, den 09. Juni 2019

Schadensersatzkette nach Datenklau: Folgeschaden  

Vertragsrecht: Definition der Consequential Damages in Haftungsausschlussklausel
.   Eine Handelskette verletzte vertragliche Kredit­kar­ten­si­cher­heits­be­dingungen. Die Kreditkartenfinanziers verlangten Schadens­er­satz, doch die Han­dels­ket­te verwies auf den vertraglichen Haftungs­aus­schluss für Folgeschäden in dieser Klausel: IN NO EVENT SHALL EITHER PAR­TY'S LIA­BI­LI­TY OF ANY KIND TO THE OTHER HERE­UN­DER IN­CLU­DE ANY SPE­CI­AL, IN­DI­RECT, IN­CI­DEN­TAL, OR CON­SE­QUEN­TI­AL LOS­SES OR DA­MA­GES, EVEN IF SUCH PAR­TY SHALL HAVE BEEN AD­VI­SED OF THE POSSIBILITY OF SUCH POTENTIAL LOSS OR DAMAGE. Die Definition von consequential Damages ging in die Re­vision.

Vertrag V im Kreis
Am 7. Juni 2019 erklärte das Bundesberufungsgericht des sech­sten Be­zirks der USA in Cin­ci­nat­ti in Spec's Family Par­tners Ltd. v. First Da­ta Mer­chant Ser­vi­ces LLC diese Schä­den als Fol­ge­schä­den im Sin­ne der spe­ci­al Da­ma­ges. Die­se sind na­tür­li­che, wenn auch nicht not­wen­di­ge Fol­gen einer Hand­lung: … the na­tu­ral con­se­quen­ces of the act com­plai­ned of, though not the ne­ces­sa­ry re­sults. … Where da­ma­ges, though the na­tu­ral re­sults of the act com­plai­ned of, are not the ne­ces­sa­ry re­sult of it, they are ter­med 'special damages'. AaO 5.

Die Erstattung von Kundenschäden nach der Verletzung ihrer Daten durch die Han­dels­ket­te an die Fi­nanz­institute stelle eine natürliche Konsequenz der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Datenschutzvorkehrungen und Folgen ihrer Miss­ach­tung dar.

Doch sei der Ersatz dieser Erstattungen an die Finanziers keine notwendige Fol­ge der man­geln­den Da­ten­sicherheit. Zwingend sei diese Folge schon des­we­gen nicht, weil sich die Fi­nanz­in­sti­tute ein Ermessen bei der Erstattung durch den Han­del vor­be­hal­ten. An­dere Regelungen für Folgeschäden böten sich auch an. Da der Ver­trag ein­deu­tig sei, be­dür­fe die Haftungsausschlussklausel, In­dem­ni­fi­ca­ti­on Clau­se, keiner weiteren Auslegung: [W]ritten words are the lode­star of con­tract interpretation, and Tennessee courts have rejected firmly any no­ti­on that courts may dis­regard the written text and make a new con­tract for par­ties under the gui­se of in­ter­pre­ta­tion. AaO 7.


Samstag, den 08. Juni 2019

Haftungsimmunität der Suchmaschinen  

Haftet der Postbote für Ergänzungen der Postkarte?
.   Die Haftungsimmunität nach dem Communications De­cen­cy Act geht weit und schließt wie bei einer Zeitung, einem Postboten oder einer Te­le­fon­ge­sell­schaft die Haftung für Inhalte Dritter nach zahlreichen Haf­tungs­grund­la­gen aus. Gilt dies auch, wenn eine Suchmaschine sich von Drit­ten ma­ni­pu­lie­ren lässt und eigene Inhalte wie Kartenmarkierung den gesammel­ten In­hal­ten hinzufügt?

Etablierte Schlüsseldienste mit örtlicher Gewerbegenehmigung verklagten Such­ma­schi­nen ver­bit­tert, weil sie Konkurrenten, die nicht vor Ort tätig sind, sondern über Call­cen­ter Schlüs­sel­dien­ste mit fingierten Ortsvorwahlen an­bie­ten, als orts­an­säs­sig aus­wei­sen und mit fik­ti­ven Orts­an­schriften auf Land­kar­ten ver­se­hen und da­mit potentielle Kunden irreführen, die vor der ver­schlos­se­nen Haus­tü­re ver­zei­felt nach dem nächst­lie­gen­den Schlüsseldienst suchen.

Am 7. Juni 2019 bestätigte das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks die Ab­wei­sung ihrer Kla­ge gegen drei Suchmaschinen unter Verweis auf §230 CDA für alle An­spruchs­grundlagen nach Kartellrecht, Markenrecht, Wett­be­werbs­recht, Be­trugs, Ver­schwö­rung und Ein­griffs in erwartete Kunden­be­zie­hun­gen. Der ein­zi­ge von der Immunität nicht erfasste Anspruch ist eine be­haup­te­te Ver­trags­ver­letzung. Bearbeitungen gesammelter In­hal­te, die nicht völ­lig neue In­hal­te dar­stel­len, hält die Revision in Locksmith Service Inc. v. Goo­gle LLC für CDA-unerheblich.


Mittwoch, den 05. Juni 2019

EV nach Geschäftsgeheimnisbruch geht zu weit  

.   Trade Secrets werden vom Common Law, einzel­staat­li­chem Recht und neuerdings auch Bundesrecht streng geschützt. Die Rechts­fol­ge der Schutz­ver­fü­gung aus dem Equity-Recht kann neben der Scha­dens­er­satz­fol­ge nach Com­mon Law stehen. Der Revisionsentscheid vom 5. Juni 2019 in Ex­pert­Con­nect LLC v. Parmar zeigt für die Verbotsverfügung Gren­zen auf, die weit­hin in den USA gel­ten.

Das beklagte Personal nahm vom ehemaligen, nun klagenden Arbeitgeber Kun­den- und an­de­re ver­trau­li­che Informationen mit, als es eine eigene Firma grün­de­te, und nutz­te sie. Ge­gen sein Start­up beantragte die Klägerin er­folg­reich eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung mit einem Nutzungsverbot. Es ging in die Re­vi­sion.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City be­stä­tig­te die Ver­fügungs­grund­la­ge nach Bundes- und New Yorker Recht: die Ent­wen­dung ge­heim­ge­hal­te­ner In­for­ma­ti­o­nen, die Dring­lich­keit und das Nicht­aus­reichen von Scha­dens­er­satz. Jedoch hob es die Verfügung zum Neu­er­lass ans Un­ter­ge­richt auf, weil die Injunction weder die Geheimnisse in ihrem ma­te­riel­len Schutz­um­fang noch den zeit­li­chen Rah­men der Ver­fü­gung be­zeich­ne­te. Letz­te­rer richtet sich nach der Vertraulichkeitsvereinbarung, die das Per­so­nal un­ter­zeich­net hatte.


Mittwoch, den 05. Juni 2019

Risiko der fehlerhaften Urheberrechtseintragung  

.   Die abgeschlossene Eintragung eines Urheberrechts ist eine Kla­ge­vor­aussetzung für die gerichtliche Verfolgung von Urheber­rechts­ver­let­zun­gen, hat­te der Supreme Court am 14. März 2019 entschieden. Fehler in der An­mel­dung ha­ben je­doch gra­vie­ren­de Fol­gen, beweist der Revisionsentscheid Gold Va­lue In­ter­na­tional Textile Inc. v. Sanctuary Clothing LLC vom 4. Juni 2019.

Copyright Symbol
Die Klägerin hatte ein Stoffmuster erfolgreich angemeldet und die Beklagte wegen eines Plagiats verklagt, die jedoch er­folg­reich die Ungültigkeit der Eintragung behauptete und un­ter­ge­richt­lich die Löschung der Eintragung erzielte, weil der An­trag auf eine Grup­pen­registrierung unzulässigerweise unver­öf­fent­lich­te und ver­öffentliche Musterelemente ver­band.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in San Francisco stimmte zu und hielt auch die urheberrechtliche Haftungsfolge der Pro­zess­ko­sten­er­stat­tung zu­gun­sten der obsiegenden Beklagten aufrecht.


Samstag, den 11. Mai 2019

Veröffentlichte Normen im Urheberrecht  

.   Abmahnungen sind riskant und teuer. Eine Takedown No­ti­ce vom 6. Mai 2019 nach dem Digital Millennium Copyright Act behauptet die un­er­laub­te Ver­öf­fent­li­chung von HDMI-Normen, die die standardsetzende Or­ga­ni­sation im Internet veröffentlichte, durch einen Dritten im Internet. Sie be­haup­tet, HDMI-Nor­men seien vertraulich, was nach Geschäfts­ge­heim­nis­recht nicht stimmen kann, wenn eine Veröffentlichung stattfand, und die übliche Veröf­fent­li­chung der Ab­mah­nung setzt die Or­ga­ni­sa­ti­on dem Spott aus.

Klar ist jedoch, dass der Urheberrechtsinhaber nach einer eigenen Ver­öf­fent­li­chung eines Werks als Monopolinhaber die al­lei­ni­ge Kon­trol­le über die Wei­ter­ver­brei­tung, Auf­füh­rung, Dar­stel­lung, Über­setzung und sonstige Rechte be­hält. Er darf seine Rechte durch Erklärungen oder Lizenzvergabe ein­schrän­ken. Bei­spiels­wei­se kann eine Normenorganisation eine Mitgliedschaft oder eine Ver­gü­tung für die Einsicht oder Nutzung der Normen voraussetzen, was bei­spiels­wei­se beim vom Justizministerium genehmigten Bluetooth-Kartell der Fall ist.

Unter dem Titel "Confidential" HDMI Specifications Docs Hit With DMCA Take­down erörtert Autor Andy die widersprüchliche Tatsachen- und Rechtslage der HDMI-Ab­mah­nung lesenswert. Die Normenveröffentlichung steht ge­gen­wär­tig in einem rechtlichen Spannungsfeld ungeklärter und un­ein­heit­li­cher Recht­spre­chung über die Fair Use-Einrede des Urheberrechts.

Be­son­ders angespannt wird erwartet, ob und wie der Supreme Court eines Ta­ges die Wiederveröffentlichung von Normen beurteilen wird, die ein Ge­setz­ge­ber in ein Gesetz umgesetzt hat oder in einem Gesetz unter Verweis auf die Quel­le ver­bindlich macht, siehe Kochinke, Die Norm als Gesetz: Darf man sie zitieren, kopieren? und Länderberichte USA in der Zeitschrift Kom­mu­ni­ka­ti­on & Recht.


Donnerstag, den 09. Mai 2019

Lizenznehmer passt Software durch Änderung an  

Copyright Symbol
.   Der Revisionsentscheid Univer­sal In­struments Corp. v. Micro Systems Engineering Inc. betrifft die Behauptung eines Softwareherstellers, dass der Kunde seine Automatisierungssoftware rechtswidrig an seinen Nachfolger, der den Folgeauftrag erhielt, weitergab und veränderte. Eine Anpassung des Quellkodes ist un­be­strit­ten. Die die Veränderung regeln­de Rechts­fra­ge folgt aus dem Ex­klu­siv­li­zenz­vertrag und dem Copyright Act, der in 17 USC §117(a) Softwarerechte besonders regelt:
… it is not an infringement for the owner of a copy of a compu­ter pro­gram to make or authorize the making of ano­ther co­py or adap­ta­tion of that computer program provided:
  (1) that such a new co­py or adap­ta­ti­on is created as an essential step in the utilization of the computer program in con­junc­ti­on with a machine and that it is used in no other manner … AaO 21.
Der Lizenznehmer hatte Software für seine Geräte und einen Server in Auf­trag ge­ge­ben und erhalten. Ursprünglich sollte der Quellkode des Ser­ver­pro­gramms beim Auf­trag­nehmer verbleiben, doch bei der Produktabnahme wurde der Quellkode einvernehmlich dem Kunden ausgehändigt. Nach der Ausschreibung des zweiten Entwicklungsschritts der Kundenprodukte gewann ein billigerer Anbieter, dem der Erstentwickler auf Anfrage den Verkauf von Serverhardware verweigerte.

Der Kunde setzte daraufhin ein alternatives Servergerät ein und ließ den Quell­kode des Serverprogramms darauf anpassen. Das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des zweiten Bezirks der USA in New York City erörterte am 8. Mai 2019 die Merk­ma­le von §107: das Eigen­tum an einer Ko­pie des Pro­gramms, die An­pas­sung des Pro­gramms als not­wendigen Schritt zu seiner Nutzung auf dem Gerät sowie keine andere Nutzung. Die Voraussetzungen sind gegeben. Ein zudem be­haup­te­ter Vertragsverletzungsanspruch kann ebensowenig wie eine Ge­schäfts­ge­heim­nis- oder eine Wettbewerbsrechtsverletzung greifen, weil die urheber­recht­li­che Re­ge­lung anderen Ansprüchen vorgeht.


Mittwoch, den 08. Mai 2019

Propaganda-Meldepflicht des Radiolizenzinhabers  

Supreme Court muss klären, ob Kommunikationsanbieter Propaganda betreiben
.   Der Foreign Agents Registration Act soll seit 1938 Na­zi­pro­pa­gan­da trans­pa­rent ma­chen und erfasste heute den Inhaber einer Ra­dio­li­zenz, der für den Sender Sput­nik In­ter­na­tio­nal ver­trag­lich dessen Programme aus­strahlt. Der Li­zenz­in­ha­ber bestritt die Anwendbarkeit der Meldepflicht, die mit an­walt­li­chem Bei­stand eher um­ständ­lich als be­schwer­lich ist, den Schatten des Be­griffs Pro­pa­gan­da auf völ­lig nor­ma­le Programme wirft und verfassungsrecht­lich be­denk­lich wirkt. Am 7. Mai 2019 ent­schied das Bun­des­ge­richt des Süd­lichen Bezirks von Florida in RM Broadcasting LLC v. U.S. Department of Ju­sti­ce gegen ihn.

Vertraglich ist der Lizenzinhaber zur vergüteten Ausstrahlung des Sputnik-Pro­gramms ver­pflich­tet. Die für die FARA-Meldungen und Durchsetzung zu­stän­di­ge Straf­ab­tei­lung des Bun­des­justizministerium bestimmte, dass die Klä­ge­rin als Pub­li­zit­ätsagent und als In­for­ma­tion-Service Employee im Sinne des Ge­set­zes für Sput­nik han­delt und bei der FARA-Ab­tei­lung ge­mel­det wer­den muss. Sie wei­ger­te sich und ver­klag­te das Ministerium auf Bestätigung ihrer Rechts­auf­fas­sung.

Veröffentlichte FARA-Entscheidungen sind extrem selten. Das neue Urteil wird mit erheblicher Sicherheit in der Revision vor das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta gelangen und kann sogar den Supreme Court erreichen. Die Entscheidungsbegründung prüft die FARA-Paragrafen sorgfältig durch und stellt fest, dass Sputnik Weisungs- und Kontrollrechte gegenüber der Klägerin ausübt und diese daher den Definitionen der Melde­pflich­ti­gen entspricht.


Donnerstag, den 02. Mai 2019

Zahnvergleich im Zahnarztfotourheberrecht  

.   Der Revisionsentscheid in Mitchell A. Pohl, DDS v. MH Sub I LLC vom 1. Mai 2019 behandelt vom Zahnarzt angefertigte Pa­ti­en­ten­be­hand­lungs­fo­tos, die die beklagte Webseitengestalterin von seiner Web­sei­te ko­piert und auf Web­sei­ten ihrer Kund­schaft wiederveröffentlicht hat­te. Der Klä­ger war ak­tiv­le­gi­ti­miert, weil seine Fotos und die Webseite beim Co­py­right Of­fi­ce ein­ge­tra­gen sind. Die Beklagte wand den Mangel an urheber­rechts­qua­li­fi­zie­ren­der Kreativität der Werke ein, und das Untergericht ent­schied:
… taking the pictures in­vol­ved no "creative spark." … (1) the pic­tu­res ser­ved the purely utilitarian purpose of advertising Dr. Pohl's ser­vi­ces, (2) the actions Dr. Pohl took in taking the pictures in­vol­ved "the most rudimentary and basic task[s] for photo­gra­phers sin­ce the era of the da­gu­er­reotype," and (3) the en­ti­re pho­to­gra­phy process took only five minutes. AaO 7.
Urteile über die Schöpfungshöhe im Fotorecht sind selten, weil der Supreme Court die gesetzlichen Anforderungen als minimal bezeichnet hat. Das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des elften Bezirks der USA in Atlanta schlug in dieselbe Kerbe und legte außerordentlich ausführlich dar, warum beschreibend wir­ken­de Wer­be­auf­nah­men Urheberschutz genießen. Allein seine Auswertung zahl­rei­cher Prä­ze­denz­fäl­le ist lehrbuchhaft praxisrelevant und zur Einführung ins ame­ri­ka­ni­sche Fotorecht empfohlen.


Donnerstag, den 02. Mai 2019

Verfassungsbruchklage gegen Trump schlüssig  

.   Von Königen, heute Staaten, des Auslands darf ein Prä­si­dent kei­ne Ver­gü­tung ohne Erlaubnis des Kongresses an­neh­men, be­stimmt die Emoluments Clause der Bun­des­ver­fas­sung. trump rühmt sich zahl­rei­cher Ge­schäf­te mit solchen Staaten auch während sei­ner Amts­zeit und glaubt, die Ver­fas­sung ge­statte sie. Die der Durchsetzung der Ver­fas­sungs­schran­ken ge­wid­me­te Fest­stellungsklage eines Se­na­tors und 200 wei­te­rer Ab­geordneten be­an­trag­te trump als unschlüssig abzuweisen:
The Foreign Emoluments Clause provides:
No Title of Nobility shall be granted by the United Sta­tes: And no Person holding any Office of Profit or Trust under them, shall, with­out the Consent of the Congress, ac­cept of any pre­sent, Emo­lu­ment, Office, or Title, of any kind whatever, from any King, Prin­ce, or for­eign Sta­te.
U.S. Const. art. I, § 9, cl. 8.
Am 30. April 2019 wurde in Blumenthal v. Trump seine Einrede abgewiesen. Das Bundesberufungsgericht der Hauptstadt erkannte, dass die Geschäfte von trumps 500 Körperschaften zu Emoluments-Vergütun­gen von Staa­ten und Di­plomaten im Sinne der Verfassung führen können.

Der Schlüssigkeitsprüfung folgt im US-Prozess das Beweisaus­for­schungs­ver­fah­ren Discovery. In ihm werden die Geschäfte, die auch die Entgegennahme chinesischer geistiger Eigentumgsrechte einschließen, weiter erforscht werden. Mit der Feststellungsklage verbinden die Kläger eine Verbotsverfügung, die trumps zu­künf­ti­ge Ge­schäf­te mit dem Aus­land ein­schränkt. Das Ge­richt wer­te­te, dass diese Rechtsfolgen zulasten eines Präsidenten ver­fas­sungs­ver­ein­bar sind.


Mittwoch, den 01. Mai 2019

Tod im Propeller: Wer haftet?  

Sorgfaltspflicht bei vorhersehbarem Schaden und umsichtigen Personen
.   So grausam der Gang in den rotierenden Propeller eines Fall­schirm­sprin­gerflug­zeugs und damit den Tod einer Flugbetriebsmitarbeiterin ge­we­sen sein mag, so klar ist der Re­vi­si­ons­bescheid vom 30. April 2019 in Re­bec­ca Wink­ler v. Win Win Avi­ati­on Inc. zur Frage der Haftung von Be­trieb und Pi­lot for­mu­liert. Die El­tern klag­ten, weil beim Auffüllen des Flug­ge­räts die Motoren beim Spritnachfüllen nicht abgestellt wurden, ihre Toch­ter kei­ne Si­cher­heits­ein­wei­sung am To­des­tag er­hielt und da­mit ein Ver­schul­den durch Sorg­falts­pflicht­ver­let­zung vor­liege.

Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks der USA in Cincinnati er­klärt leicht les­bar die Haupt­re­geln der Haf­tung, die eine Pflicht nur bei einer vor­her­seh­ba­ren Ge­fahr aufgibt: [U]nder Ohio law, "a plaintiff must prove (1) that the de­fen­dant owed the plain­tiff a duty, (2) that the defendant breached that du­ty, and (3) that the breach of the du­ty pro­xi­ma­te­ly cau­sed the plain­tiff's in­ju­ry." Chambers v. St. Mary's Sch., 697 N.E.2d 198, 200 (Ohio 1998) … "The exi­sten­ce of a du­ty de­pends on the fore­see­abi­li­ty of the in­jury." Me­ni­fee v. Ohio Wel­ding Prods., Inc., 472 N.E.2d 707, 710 (Ohio 1984).

Die Tote hatte eine rote Linie überschritten, die alle, Passagiere ebenso wie Pers­on­al, vor einer Ge­fah­ren­zo­ne warnt. Sie war betrieblich in Sicherheits­fra­gen ge­schult. Das Lau­fen­las­sen der Mo­to­ren zwi­schen Flü­gen ist zu­läs­sig und üb­lich. Sie hatte das Mo­to­ren­ge­räusch ig­no­riert. Die Vor­her­seh­bar­keit der Un­falls war un­ter die­sen Um­stä­den nicht ge­ge­ben: An injury is fore­see­able if "a rea­sona­bly pru­dent per­son would have an­ti­ci­pa­ted that an in­ju­ry was li­ke­ly to re­sult from the per­for­man­ce or non­per­for­man­ce of an act." Das Ig­no­rie­ren von Si­cher­heits­an­wei­sun­gen, der ro­ten Li­nie und der Ge­räu­sche pas­sen nicht zur durch­schnitt­lich um­sich­ti­gen Per­son und der an ihr zu mes­sen­den Vor­her­seh­bar­keit einer Gefahr.


Sonntag, den 28. April 2019

Spitzenplagiat: Bestechende Ähnlichkeit  

Merkmale der bestechenden und der wesentlichen Ähnlichkeit des Plagiats
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.   Die bestechende Ähnlichkeit ihres Spit­zen­mus­ters mit dem Stoff der Be­klagten legte die Klä­ge­rin Ma­li­bu Tex­ti­les Inc. v. La­bel La­ne In­ter­na­tio­nal Inc. dar, doch wies das Ge­richt die Kla­ge ab, weil es da­von nicht über­zeugt war und eine we­sent­li­che Ähn­lich­keit nicht mit dem ur­he­ber­recht­li­chen Tat­be­stands­merk­mal des mög­li­chen Zu­gangs der Be­klag­ten zur Spi­tze der Klä­ge­rin vor­ge­tra­gen war.

In San Francisco prüfte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA am 24. Ap­ril 2019 neu und er­ör­ter­te die Merk­male des Copyright Act an­hand von Prä­ze­denz­fäl­len lehrreich. Die erste Alternative der striking Si­mi­la­ri­ty be­jah­te es ebenso wie die Zugangsmöglichkeit. Die Klägerin hatte ihre Rech­te or­dent­lich beim Co­py­right Office eingetragen, und die Kurzform der Wa­ren­be­zeich­nung im Prozess hin­dert nicht den Eigen­tumsnachweis.

Die schutzwürdigen Elemente grenzt es von anderen Designelementen im Ver­gleich mit der Spi­tze der Be­klag­ten ab und findet sie bestechend ähnlich nach­ge­ahmt. Aus zahl­lo­sen denk­ba­ren Designvarianten hätte sich die Beklagte an die Spi­tze der Klä­ge­rin ge­klam­mert. Die Beklagte hätte auch den Zugang zu den De­signs der Klä­gerin be­sitzen können, da ihre Ware in den USA und Chi­na bei Sei­den­we­be­rei­en und im Han­del weit­räu­mig ver­füg­bar war. Im Unter­ge­richt darf die nun als schlüssig beurteilte Klage weiterverfolgt werden.


Samstag, den 27. April 2019

Die Absicht des Fotoklaus bei der Fair Use-Einrede  

.   Den objektiven Merkmalen des Urheberrechtsgesetzes in seiner Definition der Fair Use-Einrede, die eine Urheberrechtsverletzung ent­schul­di­gen kann, ist kein subjektives Merkmal hinzufügen, ent­schied die Re­vi­si­on am 26. April 2019 in Russell Brammer v. Violent Hues Productions LLC. Das Untergericht unterschied zwischen der Absicht des Fotografen, der eine Sze­ne auf­neh­men und be­wer­ben wollte, und der des ungestatteten Nut­zers, der Fe­sti­val­be­su­cher über lokale Informationen bereichern wollte. Die ob­jek­ti­ven Merkmale werden so geprüft:
The "ultimate test" of fair use is whether the progress of human thought "would be better served by al­lo­wing the use than by pre­ven­ting it." Cariou v. Prince… In applying this test, a court con­si­ders:
(1) the purpose and character of the use, including whether such use is of a com­mer­ci­al na­tu­re or is for nonprofit educational pur­po­ses;
(2) the nature of the copyrighted work;
(3) the amount and substantiality of the portion used in relation to the copyrighted work as a whole; and
(4) the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work.
17 USC §107.
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Das Foto hat­te der Fotograf mit einem Ur­he­ber­rechts­ve­rmerk gekennzeichnet. Die­ser fehl­te, nachdem der Verletzer das Bild auf einer In­ter­net­fo­to­platt­form fand, eben­so wie ein Bild­aus­schnitt. Das Merk­mal der Trans­for­mie­rung un­ter­such­te das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des vier­ten Be­zirks der USA in Rich­mond gründ­lich: To be transformative, a use must do "some­thing more than re­pa­cka­ge or re­pub­lish the original co­py­righ­ted work." Authors Guild, Inc. v. Ha­thi­Trust … [I]f the copying is done to "avoid the drudgery in working up some­thing fresh, [then] the claim to fair­ness in borrowing from another's work di­mi­ni­shes ac­cor­ding­ly (if it does not va­nish)." Es stellt beim Vergleich der Bil­der nichts trans­for­mie­rend Neu­es fest. Auch die Einbindung in eine Fe­sti­val­bro­schü­re be­wir­ke kei­ne neue Zweck­aus­rich­tung, an­ders als bei­spiels­wei­se die Auf­nah­me eines Tex­tes in eine Plagiats­such­ma­schi­ne.

Der Verletzer hätte dieselbe Wirkung durch den Abschluss eines Lizenzver­tra­ges erzielen können, den der Fotograf bereits mit anderen ab­ge­schlos­sen hat­te. Der Mangel an Böswilligkeit seitens des Verletzers spiele kei­ne Rol­le, der ge­werb­lich auftrete und einen finanziellen Schaden zufügte. Gute Ab­sich­ten wür­den von ihm ohnehin erwartet und wirkten sich nicht auf die Fair Use-Ab­wä­gung aus. Die behauptete Unschuldigkeit sei ebenso irrelevant wie der Glau­be, das Bild sei unbeschränkt nutzbar.


Donnerstag, den 25. April 2019

Rechtsumfeld USA vor M&A-Transaktion aufklären  

.   ZF - TRW, Bayer - Monsanto, Deutsche Bank - Bankers Trust, Daimler - Chrysler: Was bewegt deutsche Firmen mit glänzendem Ruf in den USA zur Verbindung mit amerikanischen Firmen mit grottenschlechtem Ruf, deren Rechtsrisiken sie übernehmen müssen? Ist das ameri­kanische Rechts­um­feld wirklich so erstrebenswert? Werden die Ri­si­ken des Rechts­raums USA he­run­ter­gespielt?

Als Anwalt muss man die Mandanten schützen. Dazu gehört auch die Auf­klä­rung der Manager über konzeptionelle Risiken, die nicht jede Ge­schäfts­füh­rung gern hört. Für manche Unternehmen, gerade solchen mit Ver­brau­cher­ri­si­ken wie Airbags, Pestiziden oder Hypotheken empfiehlt sich das Um­feld in den USA mit seinem vervielfachten Schadens­er­satz und er­pres­se­ri­schen Sam­mel­kla­gen gar nicht oder nur, nachdem die Haftung exakt ein­ge­schätzt wird. Ein paar Pro­dukt­haf­tungsklagen - wobei das Produkthaftungsrecht nicht einmal so krass wie in Europa ist - sollten als Tornadowarnung verstanden werden: Der ge­nau­e Scha­den ist noch unbekannt, aber höchste Vorsicht ist geboten.

In manchen Geschäftszweigen spielt Produkthaftung keine Rolle. Für sie kann das ständige Schwanken zwischen Handelsfreiheit und Handelssanktionen samt Ausfuhrkontrollen - sowohl für Waren als auch Dienstleistungen und Wis­sen - in Verbindung mit Finanzkontrollen der völlig intransparenten OFAC-Ab­tei­lung des Schatzamts bedeutsamer sein. Anderen schadet das restriktive Einwanderungsrecht. Wie vor den Geschworenen steht der verschmolzene, aus dem Ausland geführte Konzern in ungünstigerem Licht als eine amerikanische Firma, die ihr Rechts- und politisches Umfeld meist bes­ser ein­schät­zen und steuern kann.

Aus der anwaltlichen Beraterperspektive ist daher die M&A-technische Ab­wick­lung von der grundsätzlichen Rechtsumfeld­be­ra­tung zu tren­nen. Man­che Un­ter­nehmen mit US-Ambitionen im Management lassen die Finger vom eige­nen En­ga­ge­ment in den USA für globale Aktivitäten und beschränken sich in den USA auf das aus­ge­wählte, risikominimierte operative Geschäft. Das ver­langt Mut im Management und Aufrichtigkeit seitens der Anwälte, auch wenn sie eine fette M&&A-Transaktion gern unterstützen würden.


Mittwoch, den 24. April 2019

Wucherzinsen für Kredit von Indianern  

IPR: Anwendbarkeit von US-Recht auf Verträge mit souveränen Indianern
.   Indianerstämme sind als rechtlich souverän anerkannt. Was sie tun, kann nicht vor Bundes- oder einzelstaatlichen Gerichten ver­han­delt werden, sondern gehört vor die Stammesgerichte. Der Fall Gingras v. Think Finance, Inc. behandelt die Situation, wenn Nicht­indianer bei In­di­a­nern Kre­di­te zu Wucherzinsen aufnehmen, deren Höhe die Wu­cher­ge­setze des Ein­zel­staats, aus dem die Kunden stammen, oder des Bundesrechts über­schrei­tet.

Wucher selbst ist nicht sonderlich verpönt, aber bestimmte Kreditarten sind mit dreistelligen Zinsen ausgestattet, die vielen Gesetzgebern allmäh­lich zu hoch er­scheinen. Daher wurden Gesetze gegen bestimmte Payday-Loans zum Ver­brau­cher­schutz erlassen. Für solche Kredite brin­gen meist är­me­re Ar­beit­neh­mer ihre Lohnschecks zu bankunähnlichen Finanzinstituten und stottern ihre Dar­lehn so ab, das sie oft von der Droge Payday Loan auf lange Zeit ab­hän­gig blei­ben.

Auch Unternehmen können auf solche Maschen hereinfallen, und man­che In­dianerstämme bieten Nichtindianern unter dem Schutz ihrer Ex­tra­ter­ri­torialität Darlehn zu außerhalb rechtswidrigen Bedingungen an. Hier entschied das Bun­des­be­ru­fungs­gericht des zweiten Bezirks der USA in New York City am 24. April 2019, dass der vermeintliche Schutz ausnahmsweise in diesen Fällen nicht greift. Das Darlehn mit Zins­sät­zen zwi­schen 60% und 360% darf vor dem Bun­des­ge­richt verhandelt werden.


Mittwoch, den 24. April 2019

Nach GeoLocation Schutzbeschluss für IP-Nutzer  

.   Amerikanische Gerichte wissen um den Missbrauch von Geo­Lo­ca­ti­on-Iden­tifizierung von Internetanschlüssen durch wahre und an­geb­li­che Ur­he­ber­rech­te­inhaber, die einen Beweisbeschluss auf die Offen­ba­rung von In­ha­ber­da­ten durch Netzanbieter beantragen. In Strike 3 Hol­dings LLC v. Doe ließ sich das Bundes­gericht der Hauptstadt am 23. April 2019 durch einen Gut­ach­ter von der Zuverlässigkeit des angewandten Ortungs-Ver­fah­rens über­zeu|gen und er|ließ ge|gen den Be|treiber einen Auskunftsbeschluss.

Es ging jedoch sua sponte, von Amts wegen, einen Schritt weiter und verfügte eine Vertraulichkeitsbehandlung des weiteren Verfahrens. Dazu veranlasste es die Erkenntnis, dass ein Anschlussinhaber kein Rechtsbrecher sein muss. Die An­trag­stellerin muss nach der Auskunft darlegen, welche Person mit Zugang zu dem An­schluss die Urheberrechtsverletzung begangen haben und als Be­klag­te iden­ti­fi­ziert wer­den soll.

Gerade bei der behaupteten Verletzung durch rechtswidrige Pornografie-Down­loads be­ste­he ein über­wie­gen­des Interesse am Schutz der Privatsphäre des An­schluss­in­ha­bers, er­klärt es. Auf den in anderen Verfahren aufgedeckten Miss­brauch braucht es nicht einzugehen, doch siehe IP-Anschriftensammlung und Er­pres­sung und 150 Monate Haft nach Film-Download-Betrug.


Freitag, den 19. April 2019

40 Jahre Anwalt in der USA-Hauptstadt  

.   Kaum traf der Verfasser vor 40 Jahren in der damals noch verschlafenen Hauptstadt ein, brachen erneut Boat People zu ihren Un­glücks­fahr­ten ins Südchinesiche Meer auf, wo sie massenhaft ertranken, wäh­rend der Iran in seine Re­vo­lu­ti­on stürtzte. Beiden Themen standen im Vor­der­grund der Auf­ga­ben, die ihm wie auch dem anderen Ausländer in einer be­nach­bar­ten Kanz­lei zu­ge­wie­sen wurden. Aus den einen entwickelten sich die Algiers Ac­cords über Enteignungsentschädigungsverfahren, aus dem anderen er­gab sich zu­min­dest ein Anruf vom CIA beim Verfasser, was er denn da an­stelle.

Interessante Lehrzeiten! Daran hat es in Wa­sh­ing­ton seither nie gemangelt, wo das Recht anfangs meist mit der Politik verbunden war - von einfachen Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren bis zur Außen- und Außenwirtschaftspolitik. Erst all­mäh­lich be­gann auch die Transactional Practice des klassischen Wirt­schafts­rechts in Wa­sh­ing­ton eine Rol­le zu spielen: eigen­stän­dig oder in Verbin­dung mit der Ver­ord­nungs- und Ge­setz­gebung oder dem Ministerial­ver­wal­tungs­recht. Zwi­schen­durch immer wie­der In­formationssammlungen für diverse Staaten und ihre Par­la­men­te, so über Korruptionsvermeidung oder die Ent­wick­lung des Aus­fuhr­kon­troll­rechts und seine Aus­wir­kungen auf Un­ter­neh­men im Ausland.

Nach dem weiteren Studium samt Zulassungen bis zum Supreme Court folgte der Umstieg in eine kleine Kanzlei, in der der Aufbau einer auf transatlantische Beziehungen ausgerichteten Praxis organisatorisch leichter fiel. Dabei ent­fal­len natürlich Mandate, die für eine Mega-Transaktion die Mitwirkung von 50 Ju­ri­sten an der Due Diligence voraussetzen. Das ist allerdings ein klei­ner Preis für die enorme Freiheit, selbst im ausgewählten über die Annahme von Man­dan­ten und auch die Aufnahme komplementärer Partner zu entscheiden - und ein paar hundert Referendare und Praktikanten aus aller Welt ins US-Recht und auch die Vertretung von Staaten, Botschaften und global aktiven Un­ter­neh­men ein­zu­füh­ren.


Donnerstag, den 18. April 2019

IP-Haftungsfreistellungsklausel mangelhaft  

Indemnification Clause muss absolut eindeutig formuliert sein
.   Neues Recht schrieb die Revision in New York City am 17. April 2019 zur Haftungsfreistellungsklausel. Der klagende Musiker ver­trieb ein Lied über die Beklagte. Als beide erfolgreich eine Klage wegen be­haup­te­ter Rech­te­ver­letzung abwehrten, behielt die Beklagte $500000 für auf­ge­wen­de­te Ver­tei­di­gungs­ko­sten von den Tantiemen des Klägers ein, die er nun ein­klag­te. Die Beklagte gewann im Untergericht, das die Haftungsfreistellungs­klau­sel für gei­sti­ge Eigentumsrechte zugunsten der Beklagten für anwendbar hielt.

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Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA hob die Entscheidung auf und wies in Pettibone v. WB Music Corp. das Untergericht an, dem Beklagten Auskunft über die ausstehenden Tantiemen zu erteilen, damit diese vollständig ausgezahlt werden. Ausschlaggebend war, dass die Revision ver­langt, die Haftungsfreistellungsklausel müs­se durch­ge­hend un­ein­deu­tig sein, während sie sich als löch­rig wie ein Schweizer Käse erwies. Wenn eine solche Klausel schon ohne je­de Aus­le­gung uneindeutige Ansätze erlaubt, sei sie unwirksam.


Mittwoch, den 17. April 2019

Fotos vom Wettbewerber auf Webseite kopiert  

Zwei Verletzungsarten sowie einfacher und verschärfter Schadensersatz
.   Ein Fotograf entdeckte seine Fotos, die er einer Bank li­zen­ziert hat­te, auf einer Fi­nanz­dienst­lei­ster­web­sei­te und klagte wegen der Ur­he­ber­rechtsverletzung. Die Geschworenen sprachen ihm Schadensersatz zu, aber die Art der Ver­let­zung und die Ersatzverschärfung prüfte die Revision in Erick­son Pro­duc­ti­ons v. Kast am 16. April 2019 mit anderen Ergebnissen neu. Die Be­klag­te hat­te einen Web­sei­ten­ge­stal­ter en­ga­giert und sich selbst in die Ge­stal­tung ein­ge­bracht. Ihm gefiel die Bankseite.

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In San Franscisco erläuterte das Bundesberufungsgericht des neun­ten Be­zirks der USA lehrreich die Unterschiede zwi­schen Ur­he­ber­rechts­verletzungen. Es fand keine vi­ca­ri­ous Lia­bi­li­ty, die vom Be­klag­ten (1) the Right and Ability to su­per­vi­se the in­fringing Conduct and (2) a direct fi­nan­ci­al In­ter­est in the in­frin­ging Activity voraussetzt, weil der Fi­nanz­vor­teil der Be­klag­ten und da­mit das zwei­te Merk­mal un­be­wie­sen war.

Die Mitverletzungshaftung, contributory Liability, greift hingegen: A Party en­ga­ges in con­tri­bu­tory Copyright Infringement when it (1) has Knowledge of ano­ther's In­frin­ge­ment and (2) either (a) materially contributes to or (b) in­du­ces that In­frin­ge­ment. Ein Wissenmüssen von der Verletzung ist der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen.

Zur Höhe des Schadensersatzes führt die Revision aus, dass das Untergericht die Absichtlichkeit der Verletzung neu prüfen muss. Eine Verschärfung greift bei einfacher Fahrlässigkeit nämlich nicht.


Sonntag, den 14. April 2019

Auslandsverweisung trotz Gerichtsstandsklausel  

.   Trotz eigener Zuständigkeit darf ein amerika­ni­sches Ge­richt einen US-Prozess ins Ausland verweisen, wenn die An­for­de­run­gen an den Fo­rum non Con­ve­ni­ens-Grund­satz in sei­nem Er­mes­sen erfüllt sind. Doch gilt dies, wenn eine Gerichtsstandsklausel ein US-Gericht festlegt, prüft der Re­vi­si­ons­beschluss in Fasano v. E-Commerce China Dangdang Inc. am 12. April 2019 aus New York City.

Diese Klausel ist ein wichtiger Faktor, den die erste Instanz im Rahmen der FNC-Abwägung berücksichtigen muss, erklärte das Bundesberufungsgericht des zwei­ten Bezirks der USA. Zunächst muss die Klau­sel wirk­sam sein: [A] district court must consider three factors in determining whether the pre­sump­ti­on of en­for­ceability applies to a forum selection clause: whe­ther (1) the clau­se was rea­so­nably communicated to the party resisting its enforcement; (2) the clau­se is man­da­to­ry or permissive; and (3) the claims and parties to the dispute are subject to the clause. Wenn die Vermutung zu­gun­sten der Wirk­sam­keit der Klau­sel nicht greift, darf das Gericht die FNC-Abwägung nach die­sen Merk­ma­len treffen:
In general, we have recognized that when a defendant moves to dismiss on the ground of forum non conveniens, courts assess:
(1) the deference to be accorded the plaintiff's choice of forum;
(2) the adequacy of the alternative forum proposed by the de­fen­dants; and
(3) the balance between the private and public interests impli­ca­ted in the choice of forum. … Where the parties have contrac­tu­al­ly se­lected a forum, however, the forum selection clause "sub­stan­ti­al­[ly] modifi[es]" the forum non conveniens doctrine and the "usu­al tilt in fa­vor of the plaintiff's choice of fo­rum gives way to a pre­sump­tion in favor of the contractually selected forum." AaO 5.


Samstag, den 13. April 2019

Ideen zusenden verboten: Kein Plagiatsanspruch  

.   Menschen mit Ideen haben es schwer. Kein auch nur halb­wegs er­folgreiches Unternehmen wie die Fernsehanstalt im Revisions­ent­scheid An­to­nio Vernon v. CBS Television Studios will sich Ide­en zu­sen­den las­sen. Das ist ver­ständlich, weil man wahrscheinlich selbst an einem ähnlichen Konzept ar­bei­tet - schließlich ist man vom Fach.

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Der Kläger entwickelte drei Sendungen für die In­ter­net­kri­mi­serie Cyber Police und sandte sie einfach ein. Als er spä­ter eine Serie im TV mit ähnlichen Themen fand, verklagte er den Sender aus unerlaubter Handlung, Vertrags- und Ur­he­ber­rechtsverletzung. In Chicago bestä­tig­te das Bun­des­be­ru­fungsgericht des siebsten Bezirks der USA die Ab­wei­sung im Tatsachengericht.

Seine Begründung vom 12. April 2019 erklärt, wieso der Kläger nicht einfach einen konkludent geschlossenen Vertrag oder plausibel ein Plagiat seiner Idee behaupten kann: [N]othing … could plausibly suggest the existence of any contract. For the same reason, Vernon failed to state a claim of tor­ti­ous in­ter­ference.

As for the copyright-related claims, Vernon described the supposedly copied features of his work-agents fighting cyber­cri­me, "ro­man­tic stri­fe," and "com­puter hijacking"-but those features are too common and standard to plau­si­bly sug­gest that the defendants’ shows were "substantially similar" to his.
Eine schlüssige Klage setzt mehr als Vermutungen voraus. Fakten müssen mit An­spruchsmerkmalen verbunden sein.


Mittwoch, den 10. April 2019

Amerikaner darf nicht ins zuständige US-Gericht  

Auslandsbeklagte gewinnt Verweisung aus den USA vor eigene Gerichte
.   Der Forum non conveniens-Grundsatz ist für die Abwehr von Klagen in US-Gerichten wichtig. Selbst wenn das Gericht sach­lich und ört­lich zuständig ist, darf es einen Fall mit überwiegendem Aus­lands­be­zug nach einer Interessensabwägung in seinem Ermessen ins Aus­land ver­wei­sen. Un­ge­wöhn­lich ist im Fall Paul Jones v. IPX International Equatorial Guinea SA, dass auch ein Amerikaner sei­ne Kla­ge aus dem von ihm ge­wähl­ten US-Ge­richt ins Ausland verfrachten muss - und dazu noch ins von ihm als kor­rupt und ge­fähr­lich bezeichnete Afrika.

Am 9. April 2019 prüfte das Bundesberufungsgericht des sechsten Be­zirks der USA in Cincinatti vorbildlich die für diesen Grundsatz geltenden Prä­ze­denz­fäl­le und Merkmale, der sich eine Mindermeinung mit wei­te­ren nütz­li­chen Er­läu­te­run­gen anschloss. Der Kläger lebte und arbeitete bis auf we­ni­ge Mo­na­te im Aus­land; sein von ihm gegründetes Unternehmen entließ ihn wäh­rend einer kur­zen Auf­bauphase für eine ame­ri­ka­ni­sche Zweig­stel­le in Mi­chi­gan. Das ver­an­lass­te ihn zur dortigen Klage.

Entscheidend war für die Gerichte, dass die Zeugen und Un­ter­la­gen in Af­ri­ka zu finden sind, die Beweisaufnahme dort möglich ist, die Klä­ger­be­haup­tun­gen über Korruption und Gefahren unsubstantiiert waren, auslän­di­sches Recht auf das Ar­beitsverhältnis anwendbar ist und in den USA kein son­der­li­ches oder gar über­wiegendes Interesse an der Prozessführung beim vor­lie­gen­den Sach­ver­halt besteht. Allein der Umstand, dass der Kläger ein US-Bür­ger ist, ga­ran­tiert ihm kein Forum in den USA.


Dienstag, den 09. April 2019

US-Uneinheitlichkeit: Bund ist unzuständig  

Ein amerikanischer Brexit wäre überflüssig.
Penny e pluribus unum
.   Einigkeit und Recht und Freiheit be­deu­ten in den USA etwas anderes als in Frankreich oder Deutsch­land. Freiheit ist die Freiheit vom englischen König - aus der Per­spek­ti­ve der Unabhängigkeits­be­we­gung vor fast 250 Jah­ren. Heu­te ist es die vom Bund als Big Bro­ther, der sich nicht in ein­zel­staat­liche Be­lan­ge der Nach­fol­ger der Ko­lo­ni­en ein­mi­schen darf. Einig­keit ist nicht im Sin­ne von Einheitlichkeit, wie sie 1815 und 1871 in den zer­split­ter­ten deutschen Landen sinn­voll er­schien, er­wünscht. Die Bun­des­ver­fas­sung der USA besagt des­halb in ihrem 10. Zu­satz, dem Tenth Amend­ment:
The powers not delegated to the United States by the Consti­tu­ti­on, nor prohibited by it to the states, are reserved to the sta­tes re­spec­ti­ve­ly, or to the people.
Der Bund darf also nicht die Belange wie Vertragsrecht oder Straf­recht oder Ge­richtsbarkeiten regeln, soweit ihm die Verfassung nicht be­stimm­te Zu­stän­dig­kei­ten - anfangs Außenpolitik, Patente und Sonder­steu­ern, aber kei­ne Ein­kom­mensteuern, - zuwies. Dieser Födera­lis­mus sieht et­was an­ders als von aus­län­di­schen Besuchern erwartet aus. Einheit­li­che Ver­kehrs­re­geln in den USA? Weit ge­fehlt! Nur die Siegel verkünden: E Pluribus Unum.


Sonntag, den 07. April 2019

Vorratsgesellschaften in den USA?  

.   Das Geschäft mit Vorratsgesellschaften ist in den USA kaum bekannt, aber ausländische Gründer neuer Gesellschaften in den USA kön­nen sich für den Erwerb einer bestehenden Gesellschaft vor ihrer Auflösung interessieren. Die Hauptvorteile sind die Übernahme der Steu­er­num­mer und eines Bankkontos. Beide sind heute schwieriger und lang­sa­mer zu er­lan­gen oder ein­zu­richten als vor fünf Jahren. In Kalifornien dau­ert auch die An­mel­dung beim Han­dels­re­gi­ster einige Wochen, während in man­chen an­de­ren Staa­ten die­ser Vor­gang 15 Minuten in Anspruch nimmt.

Die Übernahme einer bestehenden Gesellschaft ist bei einer Corporation mit der En­dung Corp., Inc. oder Co. am einfachsten: Der Veräußerer indossiert die Ak­ti­en­zer­ti­fikate auf der Rückseite und händigt sie dem Erwerber aus. Der Er­wer­ber lässt sich vom Veräußerer vertraglich - auch nach nicht­ame­ri­ka­ni­schem Recht - mit einer Haftungsfreistellung zusichern, dass alle Steuern ent­richtet und alle Schulden be­gli­chen sind. Zudem kann er sich eine Bürg­schaft für vor der Über­nah­me ent­stan­de­ne Ver­bind­lich­kei­ten aus­stel­len las­sen. Die Über­nah­me einer LLC ist um­ständ­li­cher, was nicht wun­dert, weil die LLC kon­zep­tio­nell eine ABM für Rechts­an­wäl­te und Steuer­be­ra­ter ist und ohne die seit Jahr­hun­der­ten für Cor­po­ra­ti­ons ent­wickel­te Prä­ze­denz­fall­rechts­si­cher­heit von Staat zu Staat un­ter­schied­lich existiert.

Für den Veräußerer bedeutet der Verkauf den Erhalt des Aktienwertes und eine Er­spar­nis der Auf­lö­sungs­kosten. Die Auflösung bedingt im gün­stig­sten Fall bei­spiels­weise im Staat New York mehrere Schrit­te zu fol­gen­den Schätz­ko­sten: Ent­wurf und Protokoll des Gesellschafterbeschlusses: $500; Ein­ho­len der Zu­stim­mung des Finanzamts: $300; Fertigstellen, Einreichen, Nach­ver­fol­gen des An­trags auf Auf­lösung: $500; Amtsgebühr $60. Die Ersparnis beim Verkauf statt Auflösung und der Aktienwert sind Faktoren, die der Ver­käu­fer der Kauf­preis­ermittlung zugrunde legt, während der Käufer die Er­spar­nis der Grün­dungs­kos­ten, der Stammeinlage, der Kosten des Erwerbs der Steu­er­num­mer und der Einrichtung eines Bankkontos sowie des damit verbundenen Zeit­ver­lu­stes berücksichtigt.


Samstag, den 06. April 2019

Geheimhaltung des Strafgeschworenenverfahrens  

Präzedenzfall berührt auch den Mueller-Untersuchungsbericht über Trump-Russland
.   Der Öffentlichkeitsgrundsatz stellt die Vermutung auf, dass der amerikanische Prozess samt Akten jedermann, insbesondere den Me­dien, zugänglich sein muss. Ausnahmen gelten für bestimm­te Da­ten, so bei Kin­dern und aktiven Strafverfolgungen. Politisch bedeutsam ist aktuell, ob die den Strafgeschworenen vorgetragenen Beweise geheim bleiben müssen, wie es die Rule 6(e) der Strafprozessordnung vorsieht, deren Ausnahmen am 5. April 2019 das Bundesberufungsgericht der Hauptstadt so zitierte:
3) Exceptions.
(A) Disclosure of a grand-jury matter - other than the grand ju­ry's de­li­berations or any grand juror's vote - may be made to:
(i) an attorney for the government for use in per­for­ming that at­tor­ney's duty;
(ii) any government personnel - including those of a sta­te, sta­te sub­di­vi­si­on, Indian tribe, or foreign government - that an at­tor­ney for the go­vern­ment considers necessary to assist in performing that attorney's duty to enforce federal criminal law; or
(iii) a person authorized by 18 U.S.C. § 3322.
Ein Historiker verlangte die Offenlegung von Beweisen aus einem Grand Jury-Verfahren. Das Gericht wies in Stuart McKeever v. William Barr das Be­gehr ab: Gerichte seien nicht befugt, weitere Ausnahmen zu schaffen. Das Grand Jury-Verfahren dient der Staatsanwaltschaft zur Verbe­rei­tung einer Straf­anklage und der Verfahrenseröffnung. Es stellt noch kei­nen Ab­schnitt des Straf­pro­zes­ses dar. Diese Geheimhaltung kann sich auch auf den Be­richt des Son­der­er­mitt­lers Mueller im Trump-Russland-Vorgang aus­wir­ken, an des­sen Of­fen­le­gung die Öffentlichkeit ein besonderes Inter­es­se zeigt.

Andere Gerichte hatten anders entschieden, sodass der Entscheid dem Su­pre­me Court in Washington, DC, vorgelegt werden kann.


Freitag, den 05. April 2019

Beim Bierkauf ausgeruscht, dann Laden verklagt  

Gefahr und Sorgfalt: Unreasonable Risk of Harm, Exercise of reasonable Care
.   Manche meinen, in den USA führe jeder Slip & Fall-Fall zum Schadensersatz. In Heidi Foreman v. Circle K Stores, Inc. be­ur­teilte die Revision den Fall einer Bierkundin, die viermal einen frisch ge­putz­ten, mit zwei grellgelben Warnschildern und gelben Putz­eimern mar­kier­ten Weg un­ter der Aufsicht einer Videokamera zum und vom Re­gal lief, bis sie aus­rutsch­te und klagte. Die Haftungstatbestandsmerkmale definierte es am 5. Ap­ril 2019 so:
(1) The condition presented an unreasonable risk of harm to the clai­mant and that risk of harm was reasonably foreseeable.
(2) The merchant either created or had actual or constructive no­ti­ce of the condition which caused the damage, prior to the oc­cur­rence.
(3) The merchant failed to exercise reasonable care. In determining rea­so­nable care, the absence of a written or verbal uniform clean­up or sa­fety procedure is insufficient, alone, to prove failure to ex­er­cise reasonable care.
La. R.S. § 9:2800.6(B)(1)-(3).
Natürlich hatte der Händler die Gefahr geschaffen und war ihrer bewusst. Da er angemessen vor ihr gewarnt hatte und die Kundin sie nicht hätte igno­rie­ren dür­fen, bleibt der Schicksalschlag an ihr hän­gen, ent­schied das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des fünften Bezirks der USA in New Orleans: Ju­ris­pru­den­ce has spe­ci­fi­cal­ly found that mopped floors do not create an unreasonable risk of harm when the ap­pro­pri­ate signage is used to warn patrons of the conditions of the floor. AaO 5.


Mittwoch, den 03. April 2019

Abwerbe-, Wettbewerbsverbot im Außendienst  

.   In Bindagraphics Inc. v. Fox Group Inc. untersucht das Bun­des­ge­richt für Maryland ein Abwerbe- und Wettbewerbsverbot, das einem an­ge­stell­ten Handelsvertreter umfassend Kontakte mit Kunden nach sein­em Ausscheiden aus dem Unternehmen untersagt. Die in der Ur­teils­be­grün­dung aufgeführten, nicht unüblichen Klauseln seines Arbeitsvertrags enthalten Fehler, die auch das Gericht nicht korrigieren kann. Die lehrreiche Be­grün­dung behandelt auch die Frage des Streichens unwirksamer Teile der Klauseln.

Blue-Pencil heißt das Berichtungsverfahren, das ein Ersetzen fehlerhafter Klau­seln dem Ge­richt verbietet. Beide Klausel leiden unter demselben De­fi­ni­ti­on­en­problem: Sie stellen die Verbote nicht auf das dem ehemaligen Ver­tre­ter Ver­bo­te­ne und Er­laub­te ab, sondern sind als Methoden zum Aus­schal­ten der Kon­kur­renz formuliert. Das ist zwar meist das gewünschte wirtschaftliche Ziel, aber es ent­spricht nicht dem zu­läs­siger­wei­se zu schüt­zen­den recht­li­chen In­ter­es­se. Die­ses besteht beispielsweise im Schutz eigener Daten und dem Erhalt bestehender Kundenbeziehungen. Es darf nicht die zukünftigen Beziehungen zu Nicht­kun­den er­fas­sen oder den zugewiesenen Bezirk unangemessen regional aus­deh­nen.


Dienstag, den 02. April 2019

Kann EU-Lizenznehmer US-Verletzer verklagen?  

Markensymbol R im Kreis
.   Für Europa erwarb der Kläger im Re­vi­si­ons­ent­scheid Kroma Makeup EU LLC v. Boldface Li­cen­sing + Branding Inc.. eine Markenlizenz und verklagte die Fa­milie Kardashian als amerikanische Verletzer der Marke, als der Markeninhaber nicht gegen die­se vor­ging, sowie den In­ha­ber selbst. Am 1. April 2019 wurde die Kla­ge­abweisung we­gen man­gelnder Aktivlegitimation bestätigt. Der ame­ri­ka­ni­sche In­ha­ber hatte sich im Li­zenz­ver­trag ausdrücklich und ausschließlich das Recht zur Ver­fol­gung von Ver­letzern vorbehalten.

Das Gericht musste nicht einmal prüfen, ob ein Marken­recht nach dem bun­des­rechtlichen Lanham Act verletzt war oder die Verletzungsbehauptung schlüs­sig dar­gelegt war. Das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in At­lan­ta entschied, dass der Kläger keine Rechte geltend machen konn­te, weil er im Li­zenzvertrag auf sie verzichtigt hatte: a licensee's right to sue to protect the mark "largely depends on the rights granted to the licensee in the licensing agree­ment." AaO 7.


Montag, den 01. April 2019

Die qualifizierte elektronische Signatur in den USA  

.   Digital wird in den USA, beispielsweise beim Markenamt, so sig­niert: /Ich Bins/. Das ist kein Aprilscherz. Wer zum Vergleich die Urteile und Pra­xis­fra­gen zur qualifizierten Signatur liest, fragt sich, ob der kumulative Mehr­auf­wand in Deutschland nicht den ersparten Aufwand bei der Auf­klä­rung von Be­trugs­fäl­len über­steigt.

Auch das besondere elektronische Anwaltspostfach übersteigt Kosten und Auf­wand, aber auch Feh­ler­an­fälligkeit, Zustellungsunsicherheit und die Gefahr der Frist­ver­säum­nis der einfachen amerikanischen Lösungen. Je­des US-Ge­richt ver­langt eine eigene Zulassung des Rechtsanwalts, aber dann ist selbst beim Su­pre­me Court die An­mel­dung zur elek­tro­ni­schen Korrespondenz eine Sa­che von fünf Mi­nu­ten. Be­son­dere Geräte oder technische Einrichtungen werden nicht verlangt.


Samstag, den 30. März 2019

Dokumente exportiert: ein Jahr Haft, Handelsverbot  

Extraterritoriales Handelsverbot trifft verbundene Personen und weltweit jedermann
.   Auf ein Jahr und einen Tag Haft lautete die Strafe für eine Per­son, die als ge­heim ge­kenn­zeich­ne­te Dokumente ausführte - was auch An­wäl­ten mit Pro­zes­sen oder Schiedsverfahren im Ausland geschehen kann und ge­sche­hen ist. Die Rechts­grund­lage ist der Espionage Act in 18 USC §792-799, und die Strafe ist nicht alles:

Am 1. April 2019 wird das Wirtschaftsministerium durch sein Amt Industry and Security Bureau unter dem Titel Order Denying Ex­port Privileges: Mohan L. Ni­rala ein zehnjähriges Ausfuhrverbot verkünden. Es kündigt auch an, dass al­le mit ihr verbundenen Personen derselben Sank­ti­on un­ter­fallen können. Zu­dem darf weltweit niemand mit ihr handeln; wer es doch tut, wird gleicher­maßen verfolgt.


Freitag, den 29. März 2019

Verleumdung mit Wikileaks-Verbindung, Mord  

Tatbestandsmerkmale von Defamation, Defamation per se und False Light
.   Der Familie eines vor der Trumpwahl ermordeten jungen Man­nes bot der Klä­ger in Bau­man v. Bu­towsky Unterstützung eines De­tek­tivs an, der die behauptete Beziehung zu Wikileaks untersuchen könnte. Ihm war­fen die Be­klag­ten in rechts­radikalen und trump nahestehenden Medien vor, ein Werk­zeug der De­mo­kra­ti­schen Partei, ein Saubermacher und ein lü­gen­der, be­trü­gen­der und steh­len­der Propagandist zu sein, wogegen er sich mit der Kla­ge we­gen Ver­leum­dung und False Light - ins falsche Licht Setzens - wehrte.

Das Bundesgericht der Hauptstadt entschied am 29. März 2019 mit einer lehr­rei­chen Be­grün­dung. Es gab dem Antrag Butowskys auf Abweisung man­gels ört­li­cher Zu­ständigkeit statt und wandte sich dann den materiellen An­spruchs­grund­la­gen gegen den Mitbeklagten Heavin zu. Die extremen Be­schim­pfun­gen er­reichten weder den Grad der einfachen noch den der per-se-Ver­leum­dung oder der Falsch­be­leuch­tung, erklärte es nach der Schlüs­sig­keits­prü­fung, die auch die direkte und die konkludente Verleumdung erörtert. Deshalb wies es auch die Klage gegen Heavin ab.


Donnerstag, den 28. März 2019

150 Monate Haft nach Film-Download-Betrug  

.   Im Schriftsatz USA v. Paul Hansmeier vom 25. März 2019 erfährt der naive Internetnutzer, welche Tricks ihn zum Porno-Download verführen, wenn Kriminelle ihn zum peinlichkeitsvermei­den­den Ver­gleich zwin­gen wol­len. Die Staatsanwaltschaft schreibt zur Begrün­dung einer 150-mo­na­tigen Haftstrafe:
It was Hansmeier who came up with the idea to construct a co­py­right settlement mill focused on pornographic films. It was Hans­mei­er who directed his brother to upload clients' movies onto file-sha­ring websites to lure downloaders. It was Hans­mei­er who draf­ted nearly all of the legal pleadings used to deceive judges. It was Hansmeier who invented phantom hacking allegations. …
Hansmeier's mass John Doe copyright infringement suits were spe­ci­fi­cally designed to deceive courts into believing that real third-par­ty plain­tiffs were suffering actual damages as a result of un­au­tho­ri­zed, un­invited, large-scale infringement of por­no­gra­phic mo­vies by co­py­right pi­rates. …
Hansmeier uploaded to Bit Torrent websites the very mo­vies he sued others for downloading. …
Paul Hansmeier selected the pornographic movies for his bro­ther to up­load based upon how attrac­ti­ve they would be to Bit­Tor­rent users, thus deliberately encouraging the piracy Hans­mei­er pre­ten­ded to hate. …
[I]n courts throughout the country, … Hansmeier filed hundreds of lawsuits against thousands of "John Does." …
Hansmeier and Steele created pornographic content for the so­le pur­pose of extracting settlements.
Der angeklagte Rechtsanwalt bewegte die von ihm über IP-Anschriften und ge­richt­li­che Zwangsmittel ermittelten angeblichen Urheberrechtsverletzer außer­ge­richt­lich zu Vergleichzahlungen knapp unter der Schmerzgrenze ihrer wahr­schein­lichen Ver­tei­di­gungs­ko­sten, sodass er lange Zeit einer gerichtlichen Prü­fung sei­ner be­haup­te­ten Ansprüche oder der Merkmale einer Urheberrechts­ver­let­zung ausweichen konnte.


Mittwoch, den 27. März 2019

Forumshaftung: Keine Unterdrückungsfunktion  

.   Als sich sein Freund als er bei einem In­ter­ne­tfo­rum aus­gab, verklagte der Kläger den Forumsbetreiber auf Scha­dens­er­satz aus un­er­laubter Handlung, darunter Produkthaftung we­gen man­geln­der Vor­keh­run­gen ge­gen die Impersonation. Am 27. März 2019 be­ur­teil­te die Re­vi­si­on in Her­rick v. Grindr LLC die Einrede des §230 Communi­ca­ti­ons De­cency Act ge­gen die ver­schie­de­nen Anspruchsgrund­la­gen, die das Forum geltend machte. Foren sol­len für das Material von Dritten nach dem Bundesgesetz haftungs­be­freit sein.

In New York City erkannte das Gericht, dass das Forum nur Ma­te­ri­al von Drit­ten verwaltet und als interaktiver, wie im Gesetz defi­nier­ter Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst­leis­ter auftritt. Der Mangel automatisierter Unterdrückungs­funk­ti­o­nen für fal­sches oder rechts­wi­dri­ges Ma­te­ri­al, das Drit­te ein­stel­len, kom­me nicht einer in­halt­lichen Bearbeitung gleich, für das ein Fo­rum haf­ten müsste, urteilte der Uni­ted Sta­tes Court of Appeals for the Se­cond Circuit.


Dienstag, den 26. März 2019

Amerikanisches Embargo unterlaufen: $13 Mio. weg  

.   Das Urteil im Fall USA v. $6,9999,250.00 of Funds As­so­cia­ted with Velmur Management PTE Ltd. zeigt die drastischen Sank­ti­o­nen ge­gen aus­län­dische Unternehmen, die ein amerikanisches Handels- oder Fi­nanz­em­bar­go un­ter­lau­fen. Das beklagte Unternehmen aus Singapur verteidig­te sich nicht und wirk­te vor den Beamten des FBI und dem Gericht wie ein Strohmann für Nord­korea.

Die USA hatten Gelder beschlagnehmen können, weil die Transaktionen auf Dol­lar lau­te­ten und da­her zumindest für eine rechtliche Sekunde der US-Zu­stän­dig­keit un­ter­fie­len. Die Urteilsbegründung vom 22. März 2019 des Bun­des­ge­richts der Haupt­stadt er­ör­tert die diversen Embargo-, Geldwäsche- und Be­trugs­an­spruchs­grund­la­gen, die An­for­de­run­gen an ein Versäumnisurteil und die Be­mes­sung der Ord­nungs- und Einziehungsgelder im Zivilprozess.


Samstag, den 23. März 2019

Extraterritoriale Embargos im US-Rechtsumfeld  

Verteidigende Rechtsanwälte wie Embargobrecher betroffen - ihnen hilft Trump nicht
trump tweet: Keine Kim-Sanktionen
.   Am 25. März 2019 werden von Med­ve­dev bis Ze­lenodolsk wei­te­re Per­sonen den amerikanischen Em­bar­go-Sper­ren un­ter­wor­fen. Nie­mand darf mit ihnen han­deln. Rechts­anwälte dürfen sich für ihre Verteidigung nicht vergüten lassen.

Am 22. März 2019 hob trump die am selben Tag von seinem Schatzamt er­las­se­nen Sper­ren gegen seinen gu­ten Freund, den fluguntauglichen Herrn Kim aus Nord­ko­rea, auf. Das Hüh und Hott verwirrt, doch das gesamte Rechts­um­feld der Em­bar­gos ist schon lange verwirrend. trump setzt ihm nur die Krone auf.

Im Schatzamt erlässt das Office of Foreign Asset Controls die Finanzsperren, die den weltweiten Dollarhandel einbeziehen und auch jemanden in West­eu­ro­pa ohne jede Ahnung von OFAC-Regeln erfassen können. Im wenig be­deut­sa­men Wirt­schafts­mi­nis­terium werden Waren, Wissen, Software und Tech­nik mit Em­bar­gos be­legt. Das Außenministerium regelt die Ausfuhr von allem, was nach ITAR-Re­geln als Waf­fe gel­ten kann.

Gemeinsam ist allen Regelungen, dass sie extraterritorial wirken. Sie erfassen also auch den Handel im Ausland, beispielsweise ein deutsches Soft­wa­re­pro­gramm mit ame­ri­ka­ni­schem Ver­schlüsselungsmodul und den luxemburger Transaktionsfinanzier. Genehmigungen gibt es für nahezu alles. Ihre amtliche Bearbeitung ist weniger transparent als sonstige Verwaltungsverfahren. OFAC ist fast undurchsichtiger als die Geheimdienste.

Die Verteidigung gegen OFAC-Behauptungen zur Entfernung von der Schwar­zen Liste mithilfe von Rechts­an­wäl­ten ist erst möglich, wenn das Amt der Kanz­lei eine Aus­nah­me­ge­neh­mi­gung zur Ho­no­rar­an­nah­me erteilt. Die­ser Akt er­folgt trans­pa­rent und zügig, solange man beim Amt bekannt ist. Wer die­sen Schritt vergisst, findet sich als An­walt selbst auf der Schwarzen Liste wieder, was zur Auslieferung, sie­ben­stel­ligen Ordnungsgeldern und Haft­strafen führen kann.


Freitag, den 22. März 2019

US-Gerichte nicht beim Unfall im Ausland anrufen  

Zuständigkeit nach Auslandsflug und Montrealer Übereinkommen
.   Auf einem Flug in Asien wurde eine Passagierin aus den USA versehentlich verbrüht und verklagte nach der Montrealer Übereinkunft zwei asiatische Flugunternehmen: Das transportierende Unternehmen sowie eine verbundene Luftfahrtgesellschaft, die neuerdings auch nach Hawaii fliegt. Das Bundesgericht der Hauptstadt prüfte lesenswert seine Zuständigkeit, da direkte Anknüpfungen an den Gerichtsbezirks fehlen. Die erste Voraussetzung ist der Wohnsitz der Klägerin im Gerichtsstaat, fordert das Übereinkommen. Nur diese Voraussetzung ist erfüllt. Die weiteren Merkmale liegen nicht vor. Das Ge­richt kann sich nicht auf Präzedenzfälle für Zuständigkeitsmerkmale nach der Übereinkunft verlassen und prüft daher besonders gründlich. Die le­sens­wer­te Abweisungsbegründung erging im Fall Erwin-Simpson v. Air Asia Berhad am 22. März 2019 und bezieht auch Präzedenzfälle mit deutscher Be­tei­li­gung ein.


Dienstag, den 19. März 2019

Wirkung des Siegels auf dem Vertrag  

.   Jeder Staat der USA hat und entwickelt sein eigenes Recht, siehe Kochinke, Flotter Einstieg ins amerikanische Recht, Zeitschrift für deut­sches und ame­ri­kani­sches Recht 2018, 51. Dies gilt besonders für das Vertrags- und Prozessrecht. Die Verjährungsregeln, die beides betreffen, wei­chen eben­falls erheblich voneinander ab. Eins ist allerdings in vielen Staaten identisch: Ein Sie­gel auf einem Do­ku­ment wie einem Vertrag oder einer Ur­kunde kann die Ver­jäh­rung um ein Viel­faches verlängern.

Im Revisionsentscheid in US Bank NA v. HLC Escrow Inc. ging es um den Un­ter­schied zwi­schen sechs Jah­ren für ungesiegelte Verträge und 20 Jah­ren für mit einem Sie­gel ver­sehene nach dem Recht des Staates Maine. Dieselben Fri­sten gel­ten in Mas­sa­chu­setts auch für Arbeitsverträge, die ja ohnehin nicht un­be­dingt schriftlich vereinbart werden sollten. Im District of Columbia folgt hin­ge­gen der Be­siegelung eine Zehnjahresfrist.


Dienstag, den 19. März 2019

Der Presse bei Hinrichtung den Rücken gestärkt  

.   Eine Hinrichtung scheiterte an der Venen des Tod­ge­weih­ten, wonach eine eilig angesetzte Gerichtsverhandlung folg­te. In ihr war das Hin­richtungsprotokoll ein wichtiges Beweisstück, das die Pres­se an­forderte. Das Gericht gab der Forderung nach dem Öffentlichkeits­grund­satz statt, ob­wohl das Do­kument nicht in die Gerichtsakte aufgenommen war. Der Staat ging in die Re­vision.

Das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta stärkte der Pres­se den Rücken. Nach Common Law-Regeln und ihrer Um­set­zung im Pro­zess­recht sind Akten öffentlich. Die Annahme, dass der Öffentlichkeits­grund­satz nur für förmlich eingeführte Beweise gelte, sei weit verbreitet, aber falsch, urteilte es. Auch in statuierten Regeln beispielsweise über die Nicht­öf­fent­lich­keit von von den Parteien im Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, an­ge­for­der­ten Beweisen, finden sich Ausnahmen.

Diese zeigen eine Abwägungspflicht des Gerichts auf. Solche Beweise werden erst dann öffentlich, wenn sie über Anträge in den Prozess eingebracht werden. In diesem Fall gilt das Gegenteil: Die Abwägung muss zugunsten der Presse aus­fallen, weil das öffentliche Interesse regional und landesweit besteht. Sie durf­te wie vom Untergericht vorgenommen ausfallen: Schwärzungen sind zu­läs­sig, aber die Freigabe muss sein, erklärte es in Advance Local Media LLC. v. Com­mis­sio­ner, Alabama Department of Corrections am 18. März 2019.


Sonntag, den 17. März 2019

Bei Vertragstreue keine Produkthaftung  

Gerät nach Kundenspezifikation vertragsgerecht gebaut, nicht offensichtlich gefährlich
.   Im Tunnel erlitt ein U-Bahnarbeiter Verletzungen beim Schweißen, als zu heiß gewordene Hydraulikflüssigkeit ex­plo­dier­te. Die Ab­wei­sung sei­ner Produkthaftungansprüche zeigt die Gren­zen sei­ner For­de­rung auf Scha­densersatz auf: Am 15. April 2019 entschied in Smith v. Hol­land LP das Bun­desgericht der Hauptstadt, dass der beklagte Hersteller des verlet­zungs­auslö­sen­den Geräts nicht haftet, weil die U-Bahn das Gerät mit konkreten Spe­zi­fikationen vorgegeben und der Hersteller es vertragsgerecht hergestellt hat­te.

Das entlastet den Hersteller, und die Aus­nahme der fehlerhaften Herstellung, die den Hersteller belasten würde, greift nach der Beweislage nicht. Auch auf die Ausnahme einer offensichtlich gefährlichen Spezifikation kann sich der Klä­ger nicht berufen. Er hat keinen Beweis beigebracht, dass eine solche Ge­fahr be­stand, die die Haftung hätte auf den Hersteller übertragen können.


Samstag, den 16. März 2019

Makler gaben Webdienst Immobilienbilder: Haftung  

.   Über $8 Mio. sprachen die Geschworenen im Ur­he­ber­rechts­pro­zess Fotografen wegen der lizenzüberschreiten­den Nut­zung von Im­mo­bilienfotos in einem Internetangebot zu, das sie von Mak­lern erhalten hat­te. In San Francisco entschied die Revision für den Anbieter im Fall VHT Inc. v. Zil­low Group Inc. und gab den Fall ans Untergericht mit Hin­wei­sen zu­rück. Dieses hatte das Verdikt bereits im eigenen Urteil halbiert.

Im US-Prozess nimmt die Jury die Subsumtion vor, doch der Richter spricht das Urteil nach wei­te­ren Par­tei­an­trägen. Ausschlaggebend war für das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des neun­ten Bezirks der USA am 15. März 2019 der Man­gel an An­zei­chen für eine Bös­willigkeit der verletzenden Nutzung, die einen hohen Scha­dens­er­satz recht­fertigen kann.


Freitag, den 15. März 2019

Kein Plagiat: Auf eigene Kosten Prozess gewonnen  

Klagender Goliath muss obsiegendem David sechsstellige Kosten nicht erstatten
.   Die Abwehr von Klagen in den USA ist meist sehr teuer, und in der Revisionsbegründung Louis Vuitton Malletier SA v. My Other Bag Inc. erfährt der Leser, dass das Risiko im US-Prozess nicht über eine Kos­ten­erstattung für den obsiegenden Beklagten aus­ge­gli­chen wird. Die Be­klagte ge­wann gegen einen Goliath, der ein Plagiat behauptet hatte, und for­derte nach der erfolgreichen Prozessabwehr die Kostenerstattung. Die An­walts- und Gut­ach­terkosten können schnell im mitt­le­ren sechs­stel­ligen Be­reich liegen, wäh­rend die Gerichtskosten mit $400 de minimis ausfallen.

In New York City begründete das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 15. März 2019, dass die gerügte Abweisung des Erstattungsantrags auf einen ordentlichen Ermessensausübung beruhe. Diese beurteile sich nach dem Bundesmarkengesetz, dass eine Er­stat­tung nur in außer­or­dent­li­chen Fäl­len gestattet, und nach dem Urhebergesetz, das auf eine ein­fa­ches Er­mes­sen des Ge­richts ab­stellt. Das Außerordentliche war nach dem Lanham Act auch bei sehr einem aggressiven Vorgehen der Klägerin nicht erkennbar.


Donnerstag, den 14. März 2019

Konservativer Stimmenverlust online: Kartell?  

.   Das Urteil In Freedom Watch Inc. v. Goog­le Inc. un­ter­sucht Schadensersatzansprüche wegen der behaupteten Un­ter­drückung kon­ser­vativer Stimmen im Internet durch Foren­be­trei­ber. Goog­le, Twit­ter und Fa­ce­book hin­ter­trieben seit der Trump­wahl das Wachs­tum der Be­su­cher­zah­len ihrer Fo­ren, be­haup­tete eine reaktionäre Gruppe, während eine an­de­re Klä­ge­rin rüg­te, sie sei als Meinungsmacherin von Fo­ren aus­ge­schlos­sen worden. Verletzt seien Monopolgesetze, die Men­schen­rechts­ga­rantie des Be­zirks der Haupt­stadt, dem District of Columbia, und die Meinungsfreiheit.

Das Bundesgericht des Hauptstadtbezirks entschied am 14. März 2019 mit einer 15-seitigen Begründung gegen die Kläger, weil ihre Behauptungen keine Tat­sa­chen an die anwendbaren Gesetze knüpften, selbst wenn sie hinreichend die Wahrscheinlichkeit eines Schadens darlegten und ihre Fragen daher ju­sti­zia­bel sind. Kartellrecht kann mangels Zusammenwirkens der Be­klag­ten nicht zu­tref­fen. Außerdem richten sich die einschlägigen Verfassungsgebote an Staaten, nicht Private.

Die Beklagten seien auch nicht Staaten in der Weise gleichgestellt wie es bei­spiels­weise beim Strom- oder Wasserwerk der Fall sein kann. Das Men­schen­rechts­gesetz kann nicht wirken, weil es als einzigartiges Gesetz in den USA ein physisches Forum in District of Columbia voraus­setzt. Das bie­ten die Be­klag­ten nicht, und Präzedenzfälle über Online-Foren aus an­de­ren Rechts­krei­sen der USA binden das Gericht nicht. Mangels vergleichbarer Men­schen­rechts­kon­zepte in anderen US-Staaten darf es solche Fälle nicht ein­mal als Ge­dan­ken­anregung wahrnehmen.

Einen Überblick über erfolglose Klagen gegen Twitter, die nach dem Communications Decency Act unterliegen mussten, vermittelt Goldman, Twitter Defeats Yet Another Lawsuit from a Suspended User - Cox v. Twitter.


Mittwoch, den 13. März 2019

Sinnlose Sammelklage um Musik-App gut abgewehrt  

.   Der Anbieter einer Musikbox-Anwendung erlaubte Gast­stät­ten­per­sonal, das Abspielen einzelner, von Kunden mit $0,40 auf dem Smart­pho­ne be­zahl­ter Lie­der zu un­ter­bin­den, und eine Sammelklage folgte mit der Be­haup­tung des Betrugs mangels fehlender Aufklärung der Kundschaft. Als Ver­gleichsentschädigung erhalten sie eine Gutschein für ein Lied. Die Anwälte ver­langten $100.000, die das Gericht verweigerte. Die Revision gab ihm am 13. März 2019 in Cline v. Touchtunes Music Corp. recht.

Der App-Anbieter hatte bereits vor der Klageeinreichung seine Vertrags­be­din­gun­gen durch eine passende Kundenaufklärung ergänzt, sodass das Gericht die Klage als Belästigung ansehen durfte. Zudem hatten die Anwälte den Auf­wand ihrer Arbeit nicht nachgewiesen. Der Erfolg ihrer Leistungen sei selbst bei einer sechsstelligen Zahl betroffener Kunden unbedeutsam.

Das Abspeisen mit Gutscheinen - nicht einmal Gutschriften - wandte das Ge­richt ana­log auf das Anwaltshonorar an. Dieses solle sich nur an der Zahl der Gutscheine bemessen, die die Kunden als Entschädigung binnen eines Jah­res ein­lö­sen wür­den. Auch in diesem Punkt pflichtete ihm das Bundesberufungs­ge­richt des zwei­ten Be­zirks der USA in New York City bei. Die Ent­schei­dung er­spart der Beklagten viel, und sie empfiehlt sich als Lektüre bei der Ab­wehr der oft sinn­lo­sen, wenn nicht gar missbräuchlichen Sammelklagen.


Dienstag, den 12. März 2019

Lizenz ohne definierten Verkauf: Was wird verletzt?  

.   Eine US-Firma lizensierte eine Technik an einen aus­län­di­schen Her­stel­ler, der die Firma wegen Nichtzahlung nach Lieferung der Ware an sie erfolgreich auf $4,6 Mio. plus $5,6 Mio. Kosten und Zinsen verklagte. Die Revision hob das Urteil in GEOMC Co. Ltd. v. Calmare Therapeutics Inc. lehrreich auf. Nicht schon bei Lieferung sei die Zahlung fällig, sondern beim Weiterverkauf der Ware an Endkunden, entschied es.

Die Verträge zwischen den Parteien lassen keine andere Deutung zu. Diese kon­zen­trier­ten sich auf die Lizenzerteilung, die Zahlungsbeträge, und die Fol­gen von Vertragsverletzungen, doch ließen sie die Definition des Verkaufs aus. Die Klä­ge­rin behauptete, die Zahlung sei bei Lieferung fällig, die Beklagte meinte beim Ver­kauf an Kunden. Das Gericht ging beim Begriff vom Verkauf an Dritte aus, da die Lieferung keinen Verkauf darstelle.

Außerdem behandelte das Gericht die Kostenregelung, die gegen das an­wend­bare ein­zel­staat­liche Wuchergesetz verstoßen könnte, was das Untergericht bei der Neubearbeitung aller Tatsachen- und Rechtsfragen, die ihm das Bun­des­be­ru­fungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City am 12. März 2019 aufgab, behandeln muss. In einem weiteren Beschluss erklärte die Re­vi­si­on dem Untergericht zahlreiche prozessuale Fragen, die auch Beweis­fra­gen und Einreden betreffen.


Dienstag, den 12. März 2019

Haftungsbegrenzung vertraglich zu unbestimmt  

.   Lehrreich für den Entwurf von Verträ­gen mit Haf­tungs­be­schrän­kungen ist die Revisionsentscheidung in International Bu­si­ness Ma­chi­nes Corp. v. United Microelectronics Corp. vom 11. März 2019. Zwei Par­tei­en ver­ein­bar­ten Lizenzen und -zahlungen, die sie später mit einem Än­de­rungs­ver­trag geo­grafisch und monetär er­wei­ter­ten. Im zwei­ten Ver­trag steht eine Haf­tungs­be­gren­zung auf $2 Mio., doch die Klägerin macht einen Scha­dens­er­satz von $10 Mio. wegen einer nicht rückforderbaren Mindestzahlung geltend.

Sie behauptet, die schadensersatzbegrenzende Klausel des zweiten Vertrags gelte für bestimmte Ursprungsklauseln nicht, während die Gegenseite be­haup­tet, der geforderte Schadensersatz hänge vom Eintritt be­stimm­ter Be­din­gun­gen ab, nach der die hier gescheiterte Lizenzzahlung fällig ge­wor­den wäre.

In New York City untersuchte das Bundesberufungsgericht des zwei­ten Be­zirks der USA die Verträge. Es bestimmt, dass die Versuche der Klä­ge­rin, die Kap­pung zu umgehen, scheitern, doch sei noch eine Ver­trags­aus­le­gung vom Un­ter­ge­richt we­gen einer Unbestimmtheit der Beschränkungs­klau­sel not­wen­dig. Jedenfalls sei nach dem gründlich erläuterten Vertragsrecht klar, dass die Quer­ver­wei­sun­gen zwischen den Verträgen nicht so ver­stan­den wer­den dür­fen, dass 4.1 nach Auf­fas­sung der Klägerin auch als 4.1A bedeute.


Sonntag, den 10. März 2019

Neuregelung des US-Bundesarbeitsrechts  

Überstundenvergütungsregelungsentwurf vom Bundesarbeitsministerium
.   Die unter Präsident Obama erlassenen Über­stun­den­ver­gü­tungs­re­geln setz­te ein Bundesgericht aus, obwohl es mehr Klarheit schaff­te und Ar­beit­neh­mern bis zu einem Jahresgehalt von $47.476 diese Ver­gü­tung ga­ran­tierte. Unter trump unternimmt das Bundesarbeitsministerium einen neuen Versuch mit einer Begrenzung auf $35.308. Gleichzeitig schafft es diese Ver­gü­tung bei Ge­häl­tern über $147.414 ab. Die Grauzone in diesem Rah­men bleibt erhalten. Bestimmte Berufsgruppen wie Polizisten werden nicht neu ge­re­gelt, während ansonsten die komplexen, in der Praxis stets Fragen auf­wer­fen­den Einordnungen als exempt Employee und non-exempt Employee wei­ter­hin not­wen­dig sein werden. Die ersten erhalten keine Überstundenvergü­tung, wenn sie bei­spiels­weise leitende Funktionen ausüben.

Das Department of Labor hat am 7. April 2019 eine Übersicht unter dem Titel Notice of Proposed Rulemaking: Overtime Update veröffentlicht. Die rechts­verbindliche Verkündung der Notice erfolgt demnächst im Federal Register un­ter dem Ti­tel Defining and Delimiting the Exemptions for Executive, Ad­mi­ni­stra­tive, Professional, Outside Sales and Computer Employees. Die ge­setz­li­che Grundlage ist der Fair Labor Standards Act. Nach Bundesrecht be­steht die Über­stundenvergütung im Eineinhalbfachen des normalen Stun­den­sat­zes und fällt bei mehr als 40 Arbeitsstunden in der Woche an.

Einzelstaatliches Arbeitsrecht geht vielfach weit über den bundesrechtlichen Sockel hin­aus. Beispielsweise sind in Kalifornien dortiges Staatsrecht und zu­dem städtisches Recht von San Francisco, Los Angeles usw. zu beachten. Das Bun­des­ar­beits­recht beschränkt sich hauptsächlich auf die Arbeitszeiten und die Über­stun­den­ver­gütung, während die sonstigen, primär vertragsrechtlichen Themen nach einzelstaatlichem Recht beurteilt werden.


Samstag, den 09. März 2019

Verletzt PUP-Filter Programmanbieterrechte?  

Haftungsimmunität bei Filtern und Sperre von Schadsoftware
.   Mit der Behauptung zahlreicher Rechteverletzungen ver­klag­te ein PC-Optimierungssoftwareanbieter einen Schadsoftware­fil­ter­an­bie­ter. Dieser wandte die Haftungsimmunitätseinrede aus dem Communi­ca­ti­ons De­cen­cy Act ein. Am 6. März 2019 entschied in PC Drivers Headquarters LP v. Mal­wa­re­bytes Inc., 2019 WL 1061739, das Bundesgericht des Nordbezirks von Ka­li­for­ni­en über die Zulässigkeit der Sperre von Potentially Unwanted Pro­grams, die das Programm der Beklagten aussortiert. Das Programm der Klä­ge­rin ist nur über Wer­be­banner im Internet zu finden und wurde vom PUP-Filter als potentiell un­er­wünscht und damit als Schadsoftware eingestuft.

Das Gericht gewährt dem Beklagten die gesetzliche Immunität gegen Marken- und Vertragsrechtsansprüche nach §230(c)(2)(B) Communications Decency Act of 1996, 47 U.S.C. §230. Er ist als interaktiver Computerdienst im Sinne des CDA einzustufen. Das Gesetz erlaubt die Sperre von Material, das neben ob­szön, belästigend und gewalttätig auch objectionable sein darf. Objectio­na­ble stellt auf die geschützte subjektive Meinung ab und bezieht sich bei der ge­sperr­ten Soft­ware nach der Ansicht der Beklagten auf Funktionen, die System­feh­ler vor­täu­schen, um Internetnutzer zum Erwerb weiterer Software zu ani­mie­ren.

Die Haftungsimmunität wirkt nach dem CDA gegen die Behauptung der un­er­laub­ten Handlung der Umleitung von Klicks der Benutzer, die zu Er­läu­te­run­gen über die Schadsoftware auf der Webseite der Beklagten statt zu ihrem An­bie­ter geführt werden, ebenso wie gegen die behauptete Markenverletzung durch die Erwähnung der markenrechtlich eingetragenen Bezeichnung der Software. Sie stellt nach dem CDA auch keinen haftungsauslösenden Eingriff in er­war­te­te Vertragsbeziehungen zwischen ihrem Anbieter und dessen potentiellen Kun­den dar. Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Fran­cisco hatte dem Bundesgericht bereits aus dem Bereich der Anti­viren­soft­ware einen Präzedenzfall in Zango Inc. v. Kaspersky Lab Inc., 568 F.3d 1173, ge­lie­fert, den das Gericht hier entsprechend einsetzte.


Freitag, den 08. März 2019

Einschüchternde Erfahrung im US-Recht  

.   Zuviel Erfahrung, kann das sein? Dies ist ja kein Ich-Blog, aber eine neue Erfahrung rechtfertigt eine Ausnahme aus dem Leben des Ver­fas­sers: Ein Jung­unternehmer, den ein Korrespondenzanwalt zum Aufbau des US-Ver­triebs em­pfiehlt, gesteht, von der Vita des Verfassers ein­ge­schüch­tert zu sein. Jahrzehntelange Erfahrung in der Vertretung von Staa­ten und globalen Un­ter­nehmen - würde solch ein Anwalt in den USA noch einen Man­dan­ten sei­nes Kalibers annehmen?

Niemand sollte zu schüchtern für eine Anfrage sein. Wer inhaltlich interessante Man­da­te an­trägt, wird mit der Empfehlung des Hausanwalts selbstver­ständ­lich gern beraten, solange die Aufgaben hier ef­fi­zi­ent und sinn­voll be­arbeitet wer­den kön­nen. Das entscheidet sich erst im Gespräch. Wenn das Anliegen nicht zum Kom­pe­tenz­bereich passt, wird ein Kollege empfohlen.

Bedeutet mehr Erfahrung mehr Kosten? Vielleicht auf den ersten Blick, weil die Stun­den­sät­ze erfahrener Anwälte höher als die von Anfängern liegen. Anfän­gern fehlt al­ler­dings die Er­fah­rung, um effizient komplexe Fragen im ame­ri­ka­ni­schen Recht zu be­anw­or­ten - und das lehrreiche Rechtsreferendariat ist hier un­be­kannt. Des­halb werden sie in US-Kanzleien im Rahmen einer be­währ­ten Hier­ar­chie über ein Jahrzehnt an immer mehr Mandats­ver­ant­wor­tung he­ran­ge­führt und sammeln Wissen und Erfahrung. Meist ar­bei­ten jün­ge­re Kol­le­gen mit äl­te­ren zu­sam­men. Sie ergänzen sich. Das führt zu Durchschnitts­stun­den­sät­zen, die sich auch ein Start­up lei­sten kann.


Mittwoch, den 06. März 2019

Zustellung der Fotorechtklage gegen Ortsfremde  

.   $15000 gesetzlichen Pauschalschadensersatz verlangt ein Fotograf wegen der Verwendung eines Fotos mit entfernter Urheberangabe im Internet. Er verliert in Myeress v. ProAm Dance Team NYC LLC am 4. März 2019, denn die beklagte Partnerschaftsgesellschaft sitzt im Staat New York, die Zu­stel­lung muss an die Partner erfolgen, und der Nachweis der über das Han­dels­re­gister erfolgten Zustellung wegen mangelnder Erreichbarkeit eines Re­gi­ste­red Agent als Zustellungsbevollmächtigtem am Gerichtsbezirk reicht nicht aus. Sein Antrag auf ein Versäumnisurteil wird abgewiesen.

Die Entscheidungsbegründung geht lehrreich auf die Zu­stel­lungs­an­for­derun­gen ein, Die Zustellung an eine Par­tner­schaft unterscheidet sich von der an eine Cor­poration. Die Zustellung an Ortsfremde kann über das Handelsregister am Ge­richts­ort erfolgen, wenn die Beklagte am Gerichtsort als Gesellschaft an­ge­mel­det sein muss. In diesem Fall hat der Fotograf nicht erklärt, dass die Be­klag­te dazu verpflichtet war. Das Gericht darf nicht selbst vermuten, dass sie eine sol­che Pflicht verletzt hat und die Zustellung über das Handelsregister erfol­gen dur­fte.

Sowohl Amerikanern wie Ausländern ist oft unbekannt, dass in einem Staat ge­grün­dete Gesellschaften auch beim Handelsregister in weiteren Staa­ten re­gi­striert sein müssen - als foreign Corporation -, wenn sie dort er­heb­li­chen Ge­schäfts­tätigkeiten nachgehen. In jedem solchen Staat muss ein Re­gi­stered Agent als Zu­stellungsbevollmächtigter benannt und gemeldet wer­den. Welche Wir­kung das Un­terlassen dieser Meldung - und damit die Zu­lässigkeit der Zu­stel­lung über das Handelsregister - hat, hängt von zahl­rei­chen Faktoren ab, die ins­be­sonders bei einem Antrag auf ein Ver­säum­nis­urteil zur Falle werden können.


Dienstag, den 05. März 2019

Frühe Urheberrechtseintragung steigt im Wert  

.   Am 4. März 2019 stellte der Supreme Court im Fall Fourth Estate Pub. Benefit Corp. v. Wall-Street.com den Wert der Ur­he­ber­rechts­ein­tra­gung klar. Die billige Eintragung beim Copyright Office in Wa­sh­ing­ton, DC, wirkt nach 17 USC §411(a) klagelegitimierend; dasselbe gilt für die Ab­leh­nung des Eintragungsantrags: … no civil action for infringement of the co­py­right in any United States work shall be instituted until … registration of the co­py­right claim has been made in accordance with this title. Unklar war, ob Inhaber auch Scha­dens­ersatz für Verletzungen des Rechts nach der An­trag­stel­lung, doch vor der Ein­tragung, einklagen dürfen.

Der Kläger hatte der Beklagten Nutzungsrechte an Nachrichten für einen In­ter­net­dienst eingeräumt, die mit Ablauf der Lizenz ausliefen. Als die Beklagte die Be­rich­te nicht entfernte, verlor die Klägerin im Untergericht, weil das Ur­he­ber­rechts­amt ihre Anträge auf die Eintragung der Werke noch nicht be­schie­den hatte. Gegenwärtig dauert die amtliche Bearbeitung der Anträge etwa sie­ben Monate.

Richterin Ginsburg schrieb in der von allen Richtern getragenen Begründung unter anderem, dass die von der Beklagten behauptete Rückwirkung schon des­we­gen das richtige Verständis des Copyright Act darstellt, weil der Ge­setz­ge­ber auch nach einer Ablehnung eines Eintragungsantrags die Aktiv­le­gi­ti­ma­ti­on ge­währt. Doch ist die Entscheidung des Amts eine zwin­gen­de Vor­aus­set­zung - ohne Entscheidung ist die Klage unzulässig:
We hold … that regi­stra­ti­on oc­curs, and a copyright claimant may com­men­ce an infrin­ge­ment suit, when the Copyright Office re­gi­sters a co­py­right. Upon regi­stra­ti­on of the copyright, how­ever, a co­py­right owner can recover for infringe­ment that occurred both be­fo­re and af­ter registration.


Montag, den 04. März 2019

Neuregelung der Auslandskommunikation: Call ID  

.   Das Washingtoner Bundesnetzamt verkündet am 4. März 2019 als Schlag gegen Anrufe aus dem Ausland, bei denen die Rufnummer un­ter­drückt oder falsch ausgegeben wird, zur Kommentierung durch die Öf­fent­lich­keit einen Regelungsvorschlag. Unter dem Titel Truth in Caller ID be­ab­sich­tigt die Federal Commissions Commission die Erfassung jeglicher tele­fon­num­mern­ba­sie­render Kom­mu­ni­kation, gleich wie technisch ausgeführt, als Ver­brau­cher­schutz­maß­nah­me.

Die FCC richtet zahlreiche, bis zum 3. April 2019 zu beantwortende Fragen an die Le­ser, um technische und praktische Fragen vor einem abschließenden Ver­or­dnungs­ent­wurf in 47 CFR Part 64 zu klären, damit alle Arten bekannter und er­war­te­ter Kommunikationswege erfasst werden: The document also in|vites com­ment on what other changes to our Truth in Caller ID rules the Com­mis­si­on can make to better prevent inaccurate or misleading caller ID infor­ma­ti­on from har­ming consumers. In doing so, the Commission takes ano­ther sig­ni­fi­cant step in its multi-pronged approach to ending malicious caller ID spoofing.


Sonntag, den 03. März 2019

Immunität internationaler Organisationen beschnitten  

AMB - Washington.   Das Immunitätsgesetz für internationale Or­ga­ni­sationen von 1945 gewährt in 22 USC §288 a(b) diesen Einrichtungen vor US-Ge­richten die absolute Immunität. Der International Organisations Immu­ni­ties Act ga­ran­tier­te ihnen dieselbe Immunität wie Staaten, Bot­schaf­ten und Kon­su­la­ten. Die­ses Vorrecht hat der Oberste Gerichtshof der Ver­ei­nig­ten Staaten in Wa­sh­ing­ton, DC, in seinem Urteil vom 27. Februar 2019 als nicht mehr zeit­ge­mäß ein­ge­stuft. Stattdessen gelte dieselbe Immunität wie im Fo­reign So­ve­reign Im­mu­nities Act von 1976, der in 28 USC §1602 die ab­so­lu­te Im­munität durch eine be­schränkte ersetzte.

In dem Fall Jam vs. International Financial Corporation er­klärte der Su­pre­me Court eine Klage von Bewohnern eines Dorfes in Indien gegen den Fi­nanz­arm der Welt­bank-Gruppe vor US-Gerichten für nicht von der absoluten Im­mu­ni­tät erfasst. Die Dorfbewohner machen die IFC für Umweltschäden ver­ant­wort­lich, die durch ein von der Beklagten finanziertes Kraftwerk ver­ur­sacht wor­den sein sol­len. Ob die restriktive Immunität greift und ob die Fi­nan­zie­rung un­ter die Aus­nahme für gewerbliches Handeln fällt, muss das Unter­ge­richt noch ent­scheiden.

Die Entscheidung fiel mit sieben zu einer Stim­me deut­lich aus. Der das Urteil ver­fas­sen­de Vorsitzende Richter John Roberts sagte in einem Interview, keine Or­ga­ni­sation dürfe über dem Gesetz agieren. Die Regierung von US-Präsident Trump hatte die Kläger mit der Begründung unterstützt, inter­na­tio­na­len Or­ga­ni­sa­tionen sollten nicht mehr als die eingeschränkte Immunität gewährt wer­den, die ausländischen Staaten eingeräumt wird.


Samstag, den 02. März 2019

Darf der Anwalt den Lump Trump verraten?  

.   Ein Anwalt schweigt. Darauf verlassen sich Mandanten, und dafür zahlen sie. Manchmal schreibt oder sagt er etwas. Verraten darf er sie nicht. Was galt für Michael Cohen, der seinen ehemaligen Mandanten Trump als Lump und seine Geheimnisse und Straftaten verriet? Zwei Kon­gress­an­hö­run­gen deckten Skandale von und mit Trump auf, und eine drit­te folgt. Gelten für Co­hen nicht die Grundsätze der anwaltlichen Schwei­ge­pflicht?

Trump und seine Berater hatten Cohen als ehrlich und ehrbar bezeichnet und ihn ermuntert, im Kongress auszusagen. Da Cohen log, um Trump zu decken, muss Cohen für drei Jahre ins Ge­fängnis. Jetzt beklagt Trump, dass Cohen ihn verrät. Von der Schweigepflicht hatte er ihn allerdings bereits entbunden, auch wenn er sich nicht mehr daran erinnert. Das Recht steht Mandanten zu. Wenn sie den Hahn einmal aufdrehen, kräht er, und die Informationen kehren nicht ins Geheimfach zurück.

Bei Straftaten gelten Sonderregeln zur Entbindung von der Schweigepflicht ent­bin­den. Dabei muss sich der Anwalt am für ihn geltenden einzelstaatlichen Recht orientieren. Die Einzelheiten sind komplex, und in der Regel würde kein Anwalt ohne gerichtliche Feststellung der Aussagepflicht reden.

Die Schweigepflicht gilt nicht für bereits öffentlich bekannte Tatsachen. Cohen berief sich auf diese Umstände: Er hatte bereits im Kongress und bei den Straf­ver­fol­gungs­be­hörden ausgesagt, und Trump hatte ihn zu Stellungnahmen, sprich Lü­gen, er­mun­tert und die Lügen mit dem Prädikat ehrlich ausge­zeich­net. Schließlich stellt sich die Frage nach der Wirkung des Ausschlus­ses von Cohen aus der Anwaltschaft. Diese sollte nicht bewirken, dass die Schwei­ge­pflicht er­losch - genauso wie der Austritt eines Anwalts aus einer Kanzlei die Schwei­ge­pflicht der Kanzlei aufhebt. Die Regel sind klar, aber der Fall Cohen wird die Fachliteratur um viele Nuancen bereichern.

Dass Trumps neuer, scheinbar geistig geschwächter Anwalt Giuliani nun am laufenden Band lügt und versehentlich Mandatsgeheimnisse enthüllt, schockiert nie­man­den mehr. Unsere Kanzleipartner, die Mandanten vor dem Kongress und den Ministerien vertreten, schweigen.


Freitag, den 01. März 2019

Gerichtsstrafe nach Beweisverlust im US-Prozess  

.   Extreme Vorsicht ist nach dem Erhalt eines Litigation Hold Letters angezeigt, mit dem eine Partei, die Klage erhoben hat oder dies beab­sich­tigt, die Gegenseite zum Schutz von Beweismitteln jeder Art ver­pflich­tet. Im Fall Beaudoin v. Accelerated Logistics LLC stritten die Par­tei­en um eine be­antragte Gerichtsstrafe wegen nach dem Erhalt eines hier Evi­den­ce Pre­ser­va­ti­on Letter genannten Schreibens verlorener Beweise. Die Be­klag­te hat­te Fahr­tenbücher vernichtet.

Das Bundesgericht für Maryland erklärte die Anforderungen an eine Sanktion:
1.   Die Partei muss zum Beweisschutz verpflichtet sein. Das war hier der Fall, weil die Klägerin die Beklagte schriftlich zur Vorsicht ermahnt hatte und ein Prozess absehbar war.
2.   Die Vernichtung oder der Verlust muss absichtlich geschehen sein. Das Ge­richt wür­digt die Umstände. Böswilligkeit ist nicht erforderlich. Ein Versehen kann aus­rei­chen. Hier lag ein Versehen vor, und eine prozessorientierte Ver­nich­tungs­ab­sicht war nicht erkennbar.
3.   Die verlorenen Beweise müssen relevant sein. Hier beziehen sie sich auf die Haf­tung dem Grunde nach. Diese hatte die Beklagte anerkannt. Die Be­wei­se wa­ren mit­hin irrelevant.

Das Gericht entschied daher bereits im November 2018 mit einer am 22. Fe­bru­ar 2019 ver­kündeten Entscheidung, dass keine Sanktion angezeigt ist. Die Be­klag­te hatte ungewöhnliches Glück. Der Verlust von Beweisen kann zu har­ten Fol­gen wie einem Ver­säumnisurteil, dem Abschneiden von Einreden oder dem Vor­trag eigener Beweise sowie Geld­strafen führen.


Mittwoch, den 27. Febr. 2019

Schiedsklausel als sittenwidriger Knebelvertrag  

.   Eine Schiedsklausel verbot einem Baukunden, gegen den Inhaber der Baufirma vozugehen, obwohl er eine prozessrechtlich notwendige Partei wäre, und das Schiedsverfahren offenzulegen, obwohl Bundesrecht ihm als Verbraucher die Offenlegung gestattet. Gegen den Schiedsantrag be­an­trag­te er eine Unterlassungsverfügung, die zu einem normalen Gerichts­pro­zess füh­ren wür­de. Die Baufirma wandte Zustel­lungs­feh­ler so­wie die bin­den­de Wir­kung der Schiedsklausel nach ständiger höchstrichtlicher Recht­spre­chung ein.

Am 26. Februar 2019 folgte vom Bundesgericht der Haupt­stadt eine le­sens­wer­te Auseinandersetzung mit beiden Argumenten. Die Zu­stel­lung sei wir­ksam ge­we­sen, selbst wenn die Baufirma die Gerichtspost versehentlich ignoriert oder von der falschen Person angenommen habe. Im Fall Seibert v. Precision Con­trac­ting So­lutions, LP untersuchte der United States District Court for the Di­strict of Co­lum­bia dann den Federal Arbitration Act und das Ver­brau­cher­schutz­recht, be­vor er die Sit­ten­widrigkeit und Knebelhaftigkeit der Klausel be­jah­te und das Schiedsverfahren aussetzte.


Dienstag, den 26. Febr. 2019

Beweis per Facebook-Konto-Spionage ermittelt  

.   Unclean hands ist ein Grundsatz aus dem Equity-Recht, das neben dem Common Law in sogenannten Common Law-Staaten existiert, aber ganz anderen Regeln folgt. Der Grundsatz schneidet alle Ansprüche einer Partei ab, die sich unsauber verhalten hat. In Scherer De­sign Group LLC v. Ahe­ad Engineering LLC ging die Revision detaillierter als üblich auf den Be­zug der unsauberen Handlung zum Streitgegenstand ein. Unsauber soll das Fa­ce­book-Aus­spio­nie­ren des Beklagten durch seinen klagenden ehemaligen Ar­beit­ge­ber sein.

Der Arbeitgeber beantragte eine einstweilige Verfügung, weil der Beklagte nach dem Aus­schei­den aus der Firma einen wichtigen Kunden und mehrere Mit­ar­bei­ter in eine neue, kon­kurrierende Gesellschaft mitnahm. Trotz der un­clean Hands-Ein­re­de gewährte das Untergericht die Verbots­ver­fü­gung, und das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des dritten Bezirks der USA in Philadelphia gab ihm nach der Prüfung der Einrede am 25. Februar 2019 recht, wobei es die Grenzen zwi­schen Equity und Common Law aufweicht:
The unclean hands doctrine "is not an automatic or absolute bar to re­lief; [ra­ther,] it is only one of the factors the court must consider when deciding whether to exercise its discretion and grant an in­junc­ti­on." … (citing Johnson v. Yellow Cab Transit Co.,)(explaining that the unclean hands doctrine "is not a rigid formula which 'tram­mels the free and just exercise of discretion'"); Shondel v. McDermott, … ("Today, 'unclean hands' really just means that in equity as in law the plaintiff's fault, like the defendant's, may be re­le­vant to the question of what if any remedy the plaintiff is en­tit­led to.")


Sonntag, den 24. Febr. 2019

Online Stalking-Gesetz verletzt Meinungsfreiheit  

.   Im Staat Washington untersagt ein Stalking-Gesetz ano­ny­me oder wie­derholte Online-Veröffentlichungen, die sich zur Irritierung, Be­­lei­di­gung oder Einschüchterung eignen, zu verbotenen Handlungen aufrufen oder un­bot­mäßi­ge In­halte enthalten:
A person is guilty of cyberstalking if he or she, with intent to harass, in­ti­midate, torment, or embarrass any other person, and un­der cir­cum­stan­ces not constituting telephone harassment, ma­kes an elec­tro­nic com­mu­ni­ca­tion to such other person or a third party:
(a) Using any lewd, las­ci­vi­ous, indecent, or obscene words, images, or lan­gu­a­ge, or suggesting the commission of any lewd or lascivious act;
(b) Anonymously or repeatedly whether or not conversation oc­curs; or
(c) Threatening to inflict injury on the person or property of the per­son called or any member of his or her family or household. RCW 9.61.260(1)
Ein Online-Kommentator schreibt regelmäßig über die vorbeugende Ver­haf­tung von Amerikanern, insbesondere japanischer Abstammung, in Kriegs­zei­ten. Po­li­tiker und Ehrenmalverwalter waren deshalb gekränkt. Die Polizei verfolgte den Autor. Unterstützt von Bürgerrechtsgruppen ging er gegen das Gesetz vor, das das Bundesgericht des westlichen Bezirks von Washington in Tacoma für ver­fas­sungs­wid­rig erklärte. Die Kombination von anonymer oder wiederholte Mei­nungsäußerung verbunden mit Peinlichkeit oder Irritation auf der Em­pfän­ger­sei­te fällt perfekt in den Bereich verfassungsgeschützer Rede, sodass das Ge­setz of­fen­sichtlich nichtig ist, entschied das Gericht im Fall Rynearson v. Fer­gu­son am 22. Februar 2019.


Freitag, den 22. Febr. 2019

Beweis der Vertragsnichtverletzung und Nichtidentität  

.   Vertragsstrafen sind in den USA nicht durchsetzbar, und der Revisionsfall Prime Finish, LLC v. ITW Deltar IPAC grenzt die Pönale von Liquidated Damages ab, als ein Vertrag von vier Jahren Laufzeit vorzeitig mit der Begründung der Insolvenz und Schlechterfüllung der Ge­gen­partei ge­kündigt wurde. Ob eine Strafe vereinbart wurde, entscheidet die Revision nicht, weil die Fakten noch ungeklärt sind. Dafür erörtert sie lesenswert die Be­weis­last für das Nichtgreifen der vertraglichen Kündigungs­gründe. Als re­vi­sib­len Fehler erkennt das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks in Cin­ci­nat­ti am 21. Februar 2019, dass der unterliegenden Partei der Beweis des Nicht­vor­lie­gens aufgebürdet wurde, und erklärt die anwendbaren Präzedenz­fäl­le.

Das Nullum beweisen verlangte kürzlich eine Großbank. Sie nahm eine an­ge­for­der­te Steuererklärung eines Jahrzehnte-alten Kunden mit der Be­grün­dung nicht an, eine gleichnamige Firma existiere im Ausland. Der Kunde sol­le be­wei­sen, dass er nicht mit ihr identisch sei. Dieses Erlebnis zeigt die Skur­ri­li­tät der An­wen­dung von Know Your Customer-Regelungen, die für US-Ban­ken Neu­land dar­stellen und dank unerfahrener Compliance-Abteilungen die Ein­rich­tung von Bank­kon­ten für Unternehmen erheblich erschwert haben. Die Ne­ga­tiv­be­weis­hür­de konn­te der Kunde nur mit anwaltlichem Einschreiten nehmen.


Mittwoch, den 20. Febr. 2019

Supreme Court begrenzt Einziehung als Nebenfolge  

.   Einziehungen von Vermögen sind bei Kommunen, Polizei und Staatsanwaltschaft beliebt. Das gilt im Wirtschaftsstrafrecht wie bei son­sti­gen Strafverfolgungen. Am 20. Februar 2019 zog der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington, DC, Grenzen. Sie sind noch schwammig, weil sie eine Verhältnismäßigkeitsabwägung erfordern, aber lesens­wert und wer­den in Zu­kunft wohl weiter ausgeformt. Im Fall Timbs v. Indiana betrug das Höchststrafmaß $10.000. Eingezogen wurde im Wert von über $40.000. Diese Strafnebenfolge sei verfassungswidrig, weil unverhältnis­mäßig, entschied der Supreme Court.


Dienstag, den 19. Febr. 2019

20 Minuten zur USA-Aufenthaltsrechtsaufgabe  

.   20 Minuten braucht der Inhaber einer Green Card, um seine Aufenthaltsgenehmigung in den USA aufzugeben, schätzt das Einwan­derungs­amt, U.S. Citizenship and Immigration Services, im Heimatsicherheits­ministerium am 15. Februar 2019 unter dem Titel Record of Abandonment of Lawful Permanent Resident Status im Federal Register.

Die Bearbeitung des Formulars Form I-407 betrifft jährlich etwa 13.800 Per­so­nen und führt zu einem Gesamtaufwand von 4.554 Stunden bei Kosten von $3.381.000.

Die noch auf dem Stand vom 23. Dezember 2016 unter Präsident Obama be­findliche Gebührenwebseite der USCIS sieht keine Gebühr für die Abschieds­erklärung vor.


Montag, den 18. Febr. 2019

Notstand: Trumps Verfassungsillusion  

Trump Declaration of National Emergency
.   Er musste den nationa­len Notstand nicht ausrufen, erklärte trump, aber tat es doch. Nach der Bun­des­ver­fassung ist er da­zu nicht be­rech­tigt, so­weit es die Ver­wen­dung von Steu­er­gel­dern erfordert. Doch hat­te die Legislative der Exe­ku­ti­ve 1976 eine Aus­nah­me ge­setz­lich ein­ge­räumt. Die Ver­fas­sung ge­währt als Power of the Purse allein dem Kongress die Kontrolle über den Haushalt:
No money shall be drawn from the treasury, but in consequence of appropriations made by law; and a regular statement and account of receipts and expenditures of all public money shall be published from time to time. Art. I(9)(7) Constitution.
Die vom Kongress selbst 200 Jahre nach der Unabhängig­keit der USA auf­ge­ge­bene Notstandszuständigkeit findet sich im National Emergencies Act, 50 U.S. Code §1601. Auf sie hat sich beispielsweise G.W. Bush nach den Angriffen vom 11. September 2001 in Washington, Shankstown und New York City be­ru­fen. trumps willkürliche Zweckentfremdung von Mitteln für einen Mau­er­bau wird als Miss­brauch vor den Ge­rich­ten beurteilt werden.


Sonntag, den 17. Febr. 2019

Neue Regeln bei Markenantrag aus dem Ausland  

Verordnungsentwurf fordert Anwaltszwang wegen Auslandsbetrugs am Markenamt
.   In den USA einen Markenantrag einreichen: Auch aus dem Ausland war das kein Problem. Inhaber und Rechtsanwälte dürfen es - noch. Doch das Markenamt will die Anwaltspflicht für Ausländer einführen. An­trag­stel­ler müssen von US-Anwälten vertreten sein. Die bisherige Pra­xis er­laubt In­ha­bern, mit dem vertrauten Hausanwalt den Antrag vorzubereiten und ein­zu­rei­chen. Demnächst muss er sich direkt oder über seinen Anwalt an den An­walt in den USA wenden, der den Antrag entwerfen, prüfen, ein­rei­chen und wei­ter­ver­folgen muss.

Der Grund, erklärt das United States Patent and Trademark Office unter dem Titel Requirement of U.S. Licensed Attorney for Foreign Trademark Applicants and Registrants am 15. Februar 2019 in einem Verordnungsvorschlag, sind die vielen Falschbehauptungen in ausländischen Anträgen. Gegen diese kann das Markenamts kaum mit Sanktionen vorgehen, weil die Inhaber und Anwälte nicht wie amerikanische Lawyers seiner Disziplinargewalt unterliegen.

Zunächst muss das Markenamt Kommentare aus der Öffentlichkeit, auch der ausländischen einholen. Der Inhaber und Anwalt im Ausland kann bei­spiels­wei­se unterstreichen, dass man dort bereits mit dem Markenportfolio vertraut ist. Der Anwalt in den USA kann behaupten, dass ausländische In­ha­ber, die oft un­nötig Anträge in mehr als einer Klasse anmelden, Kosten sparen könn­ten. Amts­be­trug durch Ausländer könnte der Verfasser aus der laufen­den Er­fah­rung mit Mar­ken­sachen mit Aus­lands­be­zug nicht bestätigen.


Samstag, den 16. Febr. 2019

Ungleiche Brust im Lichte der Verfassung  

.   Gerichte dürfen sich nicht auf Wikipedia verlassen, und das gelte auch für die Erörterung der Ungleichbehandlung und Schockwirkung weib­li­cher Brü­ste, erklärt die Revisionsbegründung aus Denver in Free the Nipp­le v. Ci­ty of Fort Col­lins am 15. Februar 2019. Die beklagte Stadt hat­te nack­te Brü­ste von Frau­en in der Öffentlichkeit verboten, wie auch das Ge­richt in Chi­ca­go und kürzlich die erste Instanz in Maryland, siehe Gleich freier Torso am Strand als Menschenrecht, während Nachbarorte diese Freiheit gestatten.

Vor dem Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks ging es um die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie der Gleichbehandlung, die die Revisionsgerichte unter­schied­lich be­ur­tei­len. Daher kann der Fall zum Supreme Court in Washington gelangen. Ungleich ist die Behandlung ganz offensichtlich, und als Gründe dafür werden biologische Unterschiede, erotische Auffassungen, Moral und das öffentliche Interesse genannt. Diese wog das Gericht zugunsten der klagenden Ver­ei­ni­gung lesenswert ab.

Die neuen Entscheidungen zeigen, dass die Berufung auf den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, Equal Protection Clause, der Verfassung bessere Er­folgs­aus­sich­ten als der Verweis auf die Rede-, Meinungs-, Pres­se- und Re­li­gi­ons­frei­heit nach dem First Amendment hat. Die aufrecht erhaltene Stadt­ver­ord­nung in Mary­land behandelte nicht nur weibliche Brüste, sondern auch männ­li­che Erek­ti­o­nen, und ging damit über die üblichen Verbote hinaus. Sie ver­bot bei­den Ge­schlech­tern etwas und behielt Bestand.


Freitag, den 15. Febr. 2019

GmbH liefert nach Kuba, kassiert $10 Mio.-US-Strafe  

OFAC-Compliance-Regeln absichtlich umgangen
.   Mit einer Selbstanzeige ihrer deutschen Tochter versuchte eine US-Firma, die Strafe für ein verletztes Lieferverbot der USA nach Kuba zu reduzieren, doch in OFAC v. AppliChem GmbH wurde eine Em­bar­go­um­ge­hungs­stra­fe von über $10 Mio. festgesetzt. Die US-Firma hatte das deut­sche Un­ter­nehmen ge­kauft und des­sen Ausfuhren nach Kuba angehalten, aber das deutsche Ma­na­ge­ment ent­wickel­te einen Umgehungsplan, der zu Ku­ba-Um­sät­zen von €2.833.701 führte.

Da der Plan raffiniert und der Muttergesellschaft verschwiegen war, hielt das Fi­nanz­mi­ni­ste­rium die Vorgehensweise für besonders verwerflich. Auf die be­trof­fe­nen 304 Transaktionen wandte das berüchtigte Office of Foreign Asset Con­trols den Stra­fen­ka­talog in den Economic Sanctions Enforcement Gui­de­li­nes, 31 C.F.R. part 501, app. A. an, stellt die Firmen auf seiner Webseite am 14. Februar 2019 bloß und schließt mit dieser Compliance-Empfehlung:
This case demonstrates the importance of (i) impleme­nting risk-ba­sed controls, such as regular audits, to ensure subsidiaries are comp­ly­ing with their obligations under OFAC’s sanctions re­gu­la­ti­ons, (ii) per­forming follow-up due diligence on acquisitions of for­eign per­sons known to engage in historical transactions with sanctio­ned per­sons and jurisdictions, and (iii) appropriately re­spon­ding to de­ro­ga­to­ry in­for­ma­tion regarding the sanctions com­pli­an­ce ef­forts of for­eign per­sons subject to the jurisdiction of the United States.
Ein amerikanischer Interessent muss vor und nach dem Er­werb einer aus­län­di­schen Unternehmensbeteiligung besondere Vorsicht walten lassen, wenn er embargokritische Einstellungen auf der Verkäuferseite entdeckt. Deutsche Unternehmen, die sich zum Verkauf stellen, sollten in der Due Diligence bereits ihre Einstellungen und Erwartungen klarstellen. Das kann bedeuten, dass ein Amerikaner vom Erwerb Abstand nimmt, aber wenig­stens dro­hen den Be­tei­lig­ten dann kei­ne Sank­tionen, die von Handels­ver­bo­ten über Kon­ten­sper­ren bis zu Haftstrafen reichen.


Mittwoch, den 13. Febr. 2019

Gerichtsstand im Memorandum of Understanding  

.   In einem Memorandum of Understanding einigten sich die Parteien in Championship Tournaments LLC v. United States Youth Soccer­As­so­cia­ti­on Inc. auf einen Gerichtsstand, den jede Partei anrufen darf: If the dispute is not resolved within 30 days after it is referred to the mediator, either party may file a lawsuit in Howard County in the State of Maryland. Da­mit wird die Bindung an das Gericht permissive, nicht zwingend. Doch streiten sich die Parteien, ob darf nicht auch muss bedeuten kann.

Das Bundesgericht für Maryland entschied am 8. Februar 2019, nachdem es die Merkmale und das Zustandekommen eines Vertrags und die prozessuale Wir­kung einer Fo­rum Se­lec­ti­on Clause erklärte. Danach untersuchte es die Aus­le­gungs­re­geln, die nach dem erst fest­zustellenden anwendbaren Recht, hier dem Recht von Mary­land, gel­ten. Das MoU als Vertrag sei demnach objektiv auszulegen, wenn über­haupt ein Aus­le­gungs­be­darf bestehe.

Hier wird er behauptet, und objektiv muss sich das Gericht daher an das ge­schrie­be­ne Wort hal­ten, nicht die Ab­sich­ten oder An­sich­ten der Parteien. An­hand der Prä­ze­denz­fäl­le zu permissive entschied es, dass der Gerichtsstand nicht aus­schließ­lich be­stimmt wur­de. Selbst wenn in den Vertrag ein shall hin­ein­ge­le­sen würde, fehlte der Klausel die Ausschließlichkeit, und auch dann wä­re der Ge­richts­stand von der Klägerin frei wählbar.


Dienstag, den 12. Febr. 2019

Sieht die Presse den Durchsuchungsbefehl?  

.   Die Presse erhält wie jeder Bürger nach dem Öf­fent­lich­keits­grundsatz Zugang zu allen Gerichtsakten, wenn keine Ausnahme greift. Ob ein Durchsuchungsbeschluss gegen Trumps Rechts­an­walt Co­hen zu den Ge­richts­ak­ten gehört, ist eines der Themen im Be­schluss vom 7. Fe­bru­ar 2019 im Fall USA v. Co­hen des Bundesgerichts im Süd­li­chen Be­zirk von New York in New York City.

Die Presse stützte sich auf die Vermutungen des Öffentlichkeitsgrund­sat­zes des Common Law sowie der Bundesverfassung, die im Er­sten Ver­fas­sungs­zu­satz die Pressefreiheit garantiert. Beide Grund­sät­ze er­ör­ter­te das Gericht in seiner le­sens­werten Entscheidung von 30 Seiten Länge.

Die besondere Schwierigkeit liegt in diesem Fall im Umstand, dass zwar das Straf­verfahren gegen Cohen abgeschlossen ist, während das um­fas­sen­de­re Ver­fah­ren um die trumpsche Wahlkorruption das Cohen-Ver­fah­ren als Be­stand­teil ent­hält und noch nicht abgeschlossen ist. Das Ge­richt ent­schied sa­lo­mo­nisch: Die Staatsanwaltschaft muss die angeforder­ten Do­ku­men­te noch nicht ent­sie­geln, sondern nur mit Schwärzungs­vor­schlä­gen dem Ge­richt un­terbreiten, wel­ches spä­ter entscheiden wird, was der Presse bereits überlassen werden darf.


Sonntag, den 10. Febr. 2019

Staatliche Offenlegung von Verbrauchereingabe  

.   Darf der Staat erwägen, im Internet Eingaben von Ver­brau­chern zu ver­öffentlichen? Soll er vom bisher praktizierten Opt-In zum an­wähl­ba­ren Opt-Out wech­seln? Be­vor er seinen Online-Produktinfor­ma­ti­ons­dienst Sa­fer­Products.gov ändert, bittet er die Öffentlichkeit um Ideen. Doch kann der Bür­ger noch dem Bun­des­ver­braucherschutzamt U.S. Consumer Pro­duct Safety Com­mis­si­on trau­en, das im Bun­desanzeiger unter dem Titel Pos­sible Improve­ments to Sa­fer­Pro­ducts.gov; Request for Information and No­ti­ce of Public Hea­ring am 11. Fe­bru­ar 2019 seine Unterstützung anfordert?

Die gesamte Gestaltung seiner Webseite stellt er zur Diskussion, und zahlreiche Vorschläge klingen vernünftig. Der Bürger fühlt sich als geschützter Ver­brau­cher an­gesprochen - als Wähler muss er vermuten, dass der politische Hin­ter­grund der Aktion Trumps Wahlversprechen der Abschaffung von Staats­dien­sten ist. Das Verbraucherfinanzschutzamt hatte Trump schließlich kurz nach seinem Amtsantritt entmachtet, und in diesen Wochen entfernt er den unter Obama mühsam entwickelte Schutz vor Kredithaien, die Verzinsungen im dreistelligen Prozentbereich kassieren, während wahlkampfspendierende Glücks­spiel­ver­an­stal­ter aus Las Vegas Unbedenklichkeitsbescheinigungen bei Trump-Ministe­ri­en ein­sam­meln.

Trotzdem ist der Aufruf im Federal Register lesenswert. Wenn man die bei Trump ge­ra­te­ne Vor­sicht aus­setzt, finden sich in den Fragen an den ak­ti­ven Bür­ger sti­mu­lierende Überlegungen zur Gestaltung staatlicher Web­sei­ten und zum Auftritt staatlicher Onlineangebote.

Beim Lesen sollte man die Angesprochenen beider vom Gesetz berück­sich­tig­ten Pro­dukt­be­tei­ligten im Auge behalten: Verbraucher und Her­stel­ler. Bei­de müs­sen vom Staat fair be­han­delt werden. Das gilt auch bei Web­sei­ten. Die­se stel­len, wie man in der Pri­vat­wirt­schaft sieht, Waren und Dienstleistungen oft mit ver­zerr­ter Be­wer­tung dar.


Samstag, den 09. Febr. 2019

Immobilienbewertung mit Algorithmen redlich  

.   Die Beklagte im Revisionsentscheid Vipul Patel v. Zillow, Inc. setzte als erster Onlinedienst Algorithmen ein, um eigene Schätzungen im Internet anzubieten. Der Kläger verlangt die Löschung des Schätzwerts seines Anwesens, da er falsch sei und etwaige Käufer seine Preisvorstellung als über­zo­gen ansehen könnten. In Chicago prüfte das Bundesberufungsgericht des sieb­ten Be­zirks der USA die Behauptungen, die Schätzungen der Beklagten ver­letz­ten die Lizenzpflicht für Immobilienschätzer und seien somit illegal; sie schä­dig­ten zudem Verbraucher nach dem Illinois Consumer Fraud and De­cep­ti­ve Bu­si­ness Practices Act durch Irreführung.

Beide Anspruchsgrundlagen leiden an derselben Schwäche: Eine als Schätzung bezeichnete Berechnung kann keine Falschdarstellung bedeuten oder ir­re­füh­ren. Der Kläger dreht und wendet die Argumente, doch ist der Beklag­ten kei­ne fal­sche oder irreführende Behauptung vorzuwerfen. Der Schätzerlizenz­an­for­de­rungs­weg erweist sich als verfehlt.

Der Illinois Real Estate Appraiser Licensing Act enthält seine eigenen Sank­ti­o­nen für einen Berufszweig, der nicht unerlaubt ausgeübt werden darf, und kei­ne Komponente für eine private Rechteverfolgung. Der Kläger ignoriert, dass der Anbieter sich nicht als Schätzer einzelner Immobilien ausgibt, sondern le­dig­lich öf­fent­liche Daten bearbeitet, die in Schätzwerten resultieren, ohne auf einer Be­sich­tigung und Einschätzung der Immobilie zu beruhen. Insgesamt gilt auch, dass die Online-Schätzung nicht nur die begrenzte Methodik, son­dern auch die Fehler- und Trefferquoten offenlegt. Alle Ansprüche ver­sag­ten am 8. Februar 2019.


Freitag, den 08. Febr. 2019

Verkehrte Welt im Ärzte- und Religionsrecht  

.   Man muss mit dem Supreme Court schon ein wenig ver­traut sein, um die Bedeutung der Entscheidung in June Medical Services LLC v. Gee vom 7. Februar 2019 zu verstehen. Gleichzeitig erging ein Be­schluss in Dunn v. Ray, der ein Schwanken der Ver­fas­sungs­fun­da­men­te an­deu­tet.

Im ersten Fall schwenkte Chef Roberts vom rechten zum linken Flügel, als er mit den liberalen Richtern für die Aussetzung eines Abtreibungs­ver­bots in Lou­i­si­a­na stimm­te. Mit diesem Ergebnis konnte man nach der Ein­set­zung des neu­en Trump­rich­ters Kavanaugh nicht rechnen. Dieser Kavanaugh schrieb dann die Beschluss­be­grün­dung der Minderheit.

Im zweiten Fall ordnete das Gericht den Todesstrafenvollzug an einem ver­ur­teil­ten Moslem an, der rügte, dass ihn kein Iman in seiner letzten Stun­de be­glei­ten dür­fe, während verurteilten Christen ein Priester beistehe. Der normale Men­schen­ver­stand interpretiert das Religionsverfassungsrecht der USA im Er­sten Ver­fassungszusatz so, dass sich der Staat nicht in Religionsfra­gen ein­mi­schen darf und deshalb Gläubige unterschiedlicher Religionen gleich be­han­deln muss. Der rechte Flügel entschied jedoch genauso hart, wie das ge­sam­te Ge­richt sonst nur über Schiedsklauseln urteilt. Ohne Wenn, Aber und Imam muss die Voll­streckung stattfinden.


Montag, den 04. Febr. 2019

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Verbotsbeschluss  

.   Die Revisionsentscheidung in Heartland Pay­ment Sy­stems LLC v. Robert Volrath behandelt lesenwert die Ver­let­zung des nach­ver­trag­li­chen Wettbewerbs- und Abwerbeverbots, doch für aus­län­di­sche Leser ist auch wichtig, dass die Verbote nicht mit einer Ver­gü­tung ver­bun­den sind. Das­sel­be gilt für das verletzte, hier ebenfalls implizierte Ge­schäfts­ge­heim­nis. Ein erfolgreicher Kundenwerber ließ sich nach sei­nem Aus­tritt vom kla­gen­den Un­ter­nehmen Kundendateien zusenden, die er zur Kun­den­ab­werbung für sei­nen neu­en Arbeitgeber verwendete.

Die von Beweiskonzessionen des Beklagten gekennzeichnete Sach­la­ge be­schreibt das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks der USA in Phi­la­del­phia am 1. Feburar 2019 gründlich, bevor es die vom Untergericht er­las­se­ne einst­wei­li­ge Verbotsverfügung, preliminary Injunction, anhand der üb­li­chen Merk­ma­le prüf­te und entschied:
The manager agreement's confidentiality and non-soli­ci­ta­ti­on clau­ses govern, and Volrath breached them. And the District Court tho­roughly considered all the relevant cases and facts in the record in finding that a preliminary injunction is warranted. It nei­ther clear­ly er­red nor abused its discretion. So we will affirm.


Freitag, den 01. Febr. 2019

Herstellerzuständigkeit ohne Kundenkenntnis im US-Vertrieb  

Nexus an Forumstaat: Merkmale umfassen Handbuch, Webseite und Kundenpflege
.   Herb enttäuscht wurde die Beklagte im Revisions­ent­scheid MetalForming Inc. v. Schechtl Maschinenbau GmbH vom 30. Ja­nu­ar 2019, nachdem ihre Anfechtung der örtlichen Zuständigkeit im ameri­ka­ni­schen Un­ter­gericht erfolgreich war. Ihr war schließlich nicht einmal bewusst, in wel­chem Staat der USA ihre deutsche, über einen amerikanischen Ex­klu­siv­händler vertriebene Maschine installiert wurde, die einen Arbeiter ver­letzt ha­ben sollte.

Der lehrreiche Beschluss des Bundesberufungsgerichts des ersten Bezirks der USA in Boston hebt die Klagabweisung auf, weil das Untergericht Zustän­dig­keits­merk­male ig­noriert hatte, die eine Anküpfung der Beklagten an den Fo­rum­staat be­le­gen. Dazu gehören die Zahl der in den Staat gelieferten Ge­rä­te, die Aus­rich­tung des Ver­triebs auf un­ter an­de­rem den Forumsstaat, sowie das vom Vertriebsunternehmen getrennte Angebot einer Gebrauchsanweisung samt eigener Webseite und Kundenunterstützung. Das mangelnde Wissen um den kon­kre­ten Kun­den spiele keine Rolle, erklärt die Revision dem Hersteller, der sonst keine Verbindungen zu den USA pflegt.


Mittwoch, den 30. Jan. 2019

Roy Rambo und der Slayer Act: 40 Jahre Haft  

.   Der Kläger verteidigte sich selbst und er­hielt 40 Jah­re Ge­fäng­nis we­gen des Mordes an seiner Ehefrau. Er besaß genug Geld für einen Rechtsanwalt, aber der Staat hatte nach dem Slayer Act sein und das Ehe­ver­mö­gen ein­gefroren. Dieses Gesetz verbietet Mördern, vom Mord zu pro­fi­tie­ren.

In Roy Rambo v. Administrator East Jersey State Prison untersuchte das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des dritten Bezirks der USA am 30. Januar 2019, ob der Act ver­fas­sungs­wid­rig dem Kläger das garantierte Recht auf Rechts­bei­stand ent­zog. Ob­wohl die Ver­ur­tei­lung vom einzelstaatlichen Gericht in New Jer­sey er­folg­te, durf­te der Kläger im Bundesgericht sein Grundrecht einklagen: In all cri­mi­nal pro­se­cu­ti­ons, the accused shall enjoy the right … to have the as­si­stan­ce of coun­sel for his defense.

Die in der Revision erörterten Prä­ze­denz­fäl­le behandeln die Vermögens­be­schlag­nah­me oder -einziehung als prozessuale Nebenfolge. Kein ver­gleich­ba­rer Fall be­trifft das Einfrieren nach dem Slayer Act oder einem vergleich­ba­ren Ge­setz. Aus der Verfassung folgt nicht, dass das Gesetz verfassungs­wid­rig sei, schloss das Gericht in Philadelphia. Der Leser muss wissen, dass der Kläger sich nicht selbst ver­teidigen muss­te, sondern die ihm angebotene Pflicht­ver­tei­di­gung abgelehnt hat­te.


Mittwoch, den 30. Jan. 2019

Geheimnis von Tochterfirma entwandt: Greift NDA?  

.   Im Prozess um eine Samentrennungstechnik behauptete die Klägerin, eine Vertraulichkeitsvereinbarung könne nicht dadurch verletzt worden sein, dass sie ein Geschäftsgeheimnis von einer Mitarbeiterin erhalten habe, die vorher bei einer Tochtergesellschaft der Beklagten beschäftigt war und dort das Geheimnis der Muttergesellschaft entwandt und der Klägerin über­ließ.

Am 29. Januar 2019 entschied in Chicago das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des sieb­ten Bezirks der USA nach einer lan­gen Er­ör­te­rung pa­tent­recht­li­cher Ver­dik­te der Ge­schwo­re­nen den Wirkungsbereich des Confidentiality Agree­ment. Weil des­sen Re­geln al­le Ri­si­ken berücksichtigten, kann auch der Erwerb über eine Toch­ter­ge­sell­schaft eine Verletzung darstellen, erklärte es in ABS Global Inc. v. In­gu­ran LLC mit Verweis auf die Klausel:
[T]he term "ST's Confidential Information" shall mean (i) that in­for­ma­ti­on pertaining to the research, processing or production of Sor­ted Se­men that is dis­closed by ST or its Affiliates to ABS and is con­fi­den­ti­al, non-public, proprietary and/or generally not known to the public, to include but not limited to: any and all in­for­ma­ti­on re­la­ting to technology, methods, techniques, processes, know-how, con­cepts, secrets, and scientific or technical know-how, whether such information be tangible, intellectual or otherwise; and (ii) any in­for­ma­ti­on related to Sorted Semen that is based on or derived from any of the fo­re­go­ing, whether by ABS or ST or third parties. ST's Con­fi­den­ti­al In­for­mat­i­on shall encompass all of the foregoing infor­ma­ti­on whe­ther pro­vi­ded by ST in writing, orally or by other means. AaO 36.


Dienstag, den 29. Jan. 2019

Entschuldigt Primitivbau im Ausland Vertragsbruch?  

Schiedsrichter sucht gerechtes Ergebnis und ignoriert Vertrag
.   Schiedsklauseln binden nahezu felsenfest, und Schieds­ur­teile sind selbst dann anzuerkennen, wenn dem Schieds­ge­richt Rechts­feh­ler un­terlaufen. Im Revisionsfall Aspic Enginee­ring & Constr. v. ECC Centcom Con­structors LLC verweigerte das Gericht jedoch die An­er­ken­nung, weil der Schiedsrichter nicht nur zwingend an­wend­ba­re Bau­rechts­be­stim­mun­gen ig­no­riert hatte, sondern auch dem Ver­trag frem­de Er­wä­gun­gen über Pri­mi­tiv­bau­prak­tiken im Ausland zur Gerechtigkeitsfindung heranzog. Dem vom Schieds­spruch begünstigten Kläger aus Af­ghani­stan sei nicht zuzumuten, die stren­gen Bundesbauregeln zu verstehen oder zu beachten.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Francisco entschied daher am 28. Januar 2019 gegen ihn. Das Schiedsurteil gehe über eine fehlerhafte Beurteilung des anwendbaren Rechts hinaus und füh­re un­zu­läs­sig mit Umständen außerhalb der Essence from the Contract zur Fest­stel­lung, dass die Parteien den Vertrag unterschiedlich auf­fass­ten - ohne das ver­trags­rechtlich erforderliche Meeting of the Minds.


Sonntag, den 27. Jan. 2019

IP-Anschriftensammlung und Erpressung  

Der Erpressung keinen Vorschub leisten: Schlankes Log hilft.
.   Geolocation is famously flawed, erkennen amerikanische Bundesgerichte und bezeichnen behauptete Rechteinhaber, die sich auf IP-An­schrif­ten bei der Suche nach angeblichen Rechtsbrechern stüt­zen, als Er­pres­ser: Ihr Modus Operandi besteht darin, Speicherer von IPs zu verklagen, um da­hin­ter­ste­hende Anschlussinhaber oder Webseitenbesucher zu er­mit­teln, und an­schließend von jenen eine Vergütung zu fordern. Erwidern die Be­su­cher eine Kla­ge, zie­hen sie sie zurück, weil sie offenbar die Schwächen der IP-Er­mitt­lung zur Identifizierung keiner gerichtlichen Prüfung unterziehen las­sen wol­len.

Copyright Symbol
Die Schwächen sollen nicht der weiten Öffentlichkeit be­kannt wer­den. Sachverständige weisen schließlich seit Jahr­zehn­ten darauf hin, dass die IP zur Bestimmung eines Rechteverlet­zers ungeeignet ist. In Schweden und England sind die­se Me­tho­den wei­ter ver­brei­tet als in den USA, wo das Co­py­right Trol­ling of­fen als Er­pres­sung und Missbrauch der Ge­richts­bar­keit be­zeich­net wird.

Webseitenbetreiber können ihr Teil zur Vermeidung der Irreführung bei­tra­gen und gleichzeitig die Verfolgung von Besuchern ihrer Seiten durch Dritte ein­gren­zen. Cookies, Tracker, Beacons, Schrifttypen aus Drittquellen und Re­fer­rer-Da­ten brau­chen sie meist ohne­hin nicht, und das Log der Webserver­soft­wa­re wie Apa­che oder Lighttpd lässt sich leicht auf ein Mi­ni­mum re­du­zie­ren, das nur Da­ten für einige wichtige Zwecke vor­über­ge­hend be­hält:
Standard Log mit allen Besucherdaten:
46.229.168.139 bcrdc.com - [27/Jan/2019:19:01:02 -0500] "GET / HTTP/1.1" 200 744 "-" "Mozilla/5.0 (compatible; SemrushBot/3~bl; +http://www.semrush.com/bot.html)"

Schlankes Log ohne IP-Anschrift und Referrer:
anwalt.us [27/Jan/2019:18:48:41 -0500] GET / HTTP/1.1 200 0
www.vertrag.us [27/Jan/2019:18:53:32 -0500] GET / HTTP/1.1 200 0
gen.ius.tv [27/Jan/2019:18:53:50 -0500] GET / HTTP/1.1 200 1


Einbruchslog / auth.log mit Quelle und Methode:
Jan 27 19:06:26 server3 sshd[3478]: Failed password for admin from 122.194.229.80 port 61514 ssh2


Samstag, den 26. Jan. 2019

Vorreiter beim Schutz biometrischer Daten: Illinois  

.   Nur ein Staat schützt in den USA vorbildlich mensch­li­che biometrische Daten. Der vor zehn Jahren bei der Verab­schie­dung des Il­li­nois Biometric Information Privacy Act ausschlaggebende Senator woll­te das Ge­setz 2018 schwächen, siehe demnächst vom Verfasser Länderreport USA in Kom­mu­ni­kation & Recht, doch dazu kam es nicht. Am 25. Januar 2019 forcierte der Sup­re­me Court des Staates Illinois in Ro­sen­bach v. Six Flagsdiesen Schutz gegen die Einwände von Datennutzern. Ohne seine Zustimmung hatte ein Vergnügungspark von einem Vierzehnjährigen einen Daumenabdruck für die Ausstellung einer Dauerkarte genommen.

Geschädigte Personen erhalten einen Schadensersatzanspruch. Vor dem Ge­richt war zu klären, welcher Schaden aktivlegitimiert. Muss der Kläger einen wirt­schaftlichen Schaden erleiden? Das Untergericht meinte, a plaintiff who al­le­ges on­ly a technical violation of the statute without alleging some injury or ad­ver­se ef­fect is not an aggrieved person …

Das Oberste Gericht des Staates beurteilte das gesetzliche Merkmal ag­grie­ved an­ders. Die Sammlung biometrischer Daten stelle per se eine scha­dens­er­satz­pflich­ti­ge Verletzung dar, die keine weitere negative Aus­wir­kung vor­aus­setzt. Das Ge­richt be­rücksichtigte Stellungnahmen von Wirtschafts- und Bür­ger­rechts­or­ga­ni­sationen in seiner Gesetzesauslegung und entschied: Con­tra­ry to the ap­pel­late court's view, an individual need not allege some actual in­ju­ry or ad­ver­se ef­fect, beyond violation of his or her rights under the Act, in or­der to qua­li­fy as an "aggrieved" person and be entitled to seek liquidated damages and in­junc­ti­ve relief pursuant to the Act. AaO 13.


Samstag, den 26. Jan. 2019

Erst das US-Gericht ignoriert, dann doch obsiegt  

.   Ein Arbeitsvertrag rettete den Arbeitgeber, als der Ar­beit­neh­mer ihn nach sei­ner Entlassung mit 74 Jahren wegen Alters­dis­kri­mi­nie­rung ver­klag­te und das Gericht bereits ein Versäumnisurteil ausgesprochen hatte, weil der Arbeitgeber als Botschaft zuerst das Gericht ignoriert hatte. Wie jeder an­de­re Be­klagte konnte die Botschaft jedoch noch die Wiederaufnahme und Klag­ab­wei­sung nach den Federal Rules of Civil Procedure beantragen.

Vertrag V im Kreis
Vor dem Bundesgericht der Hauptstadt gelang es der Bot­schaft im Fall Dahman v. Qatar am 25. Januar 2019, das Ge­richt von der Wirksamkeit einer Schiedsklausel mit Schieds­stands­wahl im Arbeitsvertrag sowie der Anwendung des Fo­rum Non Conveniens-Grundsatzes zur Abweisung trotz vor­han­de­ner Zuständigkeit zu überzeugen.

Weil der Fall ohnehin abzuweisen war, brauchte der United States District Court for the Di­strict of Columbia nicht die Staatsimmunitätsfrage anzurühren, die besondere Zuständigkeitsschranken setzt. Der Arbeitsvertrag mit Al­ters­klau­sel wä­re nach dem Recht des Bundes und der Hauptstadt bedenklich, weil eine ar­beits­vertragliche Altersgrenze in der Regel eine verbotene Diskri­mi­nie­rung be­deu­tet. Dass der Arbeitnehmer das Rentenalter weit über­schrit­ten hatt­e, darf kei­nen Kündigungsgrund darstellen.
Disclaimer: Die Kanzlei des Verfassers vertrat die Beklagten in diesem öffentlichen Prozess.


Donnerstag, den 24. Jan. 2019

Aus dem Ausland ins US-Gericht zitiert: Jurisdiction  

.   Darf das US-Gericht seine Gerichtsbarkeit über Beklagte mit Sitz in Kanada und Kuba ausüben, wenn die Kläger aus dem Forumstaat in den USA behaupten, sie hätten von dort Geld an die Beklagten überwiesen, um mit ihnen Geschäfte in Kuba, Kanada, Florida und Panama zu machen? Am 23. Januar 2019 erklärte in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA im Fall Timothy Coffey Nursery Landscape Inc. v. Dominic Soa­ve:
None of the parties' agreements were made in New York and there is no indication that defendants ever came to New York. The only con­tact defendants allegedly had with New York is the use of funds flo­wing between plaintiffs' New York bank account and defendants' Ca­na­dian bank account and some communications associated with the­se wire transfers. This "essentially adventitious" use of a New York bank ac­count does not establish personal jurisdiction. Licci v. Le­ba­ne­se Canadian Bank SAL, 20 N.Y.3d 327, 338 (2012). Indeed, this case presents the inverse of the type of business relationship that might establish personal jurisdiction in New York: rather than an out-of-state defendant seeking out business in New York, in-state plaintiffs sought out business outside of New York. AaO 4.
Auch der Schadenseintritt im Forumstaat allein reicht nicht, schrieb es unter Verweis auf Präzedenzfallrecht: [T]he suffering of economic damages in New York is insufficient, alone, to establish a direct injury in New York for N.Y. C.P.L.R. § 302(a)(3) purposes. AaO 5. Dem Grundsatz folgend a plaintiff must make a prima facie showing that jurisdiction exists bestätigte es die Klag­ab­wei­sung mangels örtlicher Zuständigkeit. Diese ist bei Bundesgerichten er­ster In­stanz ge­nau­so begrenzt wie die Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte.


Donnerstag, den 17. Jan. 2019

US-Gerichtsbarkeit: General, specific Jurisdiction  

.   Wegen verletzter und aufgehobener Spiele­kon­so­le­pa­ten­te verlangte ein Russe von der in Kalifornien ansässigen Beklagten Scha­dens­er­satz aus ungerechtfertigter Bereicherung vor dem Bundesgericht der Haupt­stadt. Die Abweisungsbegründung in Pilkin v. Sony Interactive En­ter­tain­ment LLC vom 16. Januar 2019 erklärt lehrreich, dass der Kläger ungenü­gen­de Be­haup­tun­gen zur Zuständigkeit vorgelegt hatte. Die Merkmale der general Ju­ris­dic­ti­on und der spe­ci­fic Jurisdiction als Grundlage für die Ausübung der Ge­richts­barkeit über die Be­klag­te et­wa vergleichbar der örtlichen Zuständig­keit feh­len der Klage.

Die Beklagte müsste in der Hauptstadt ihren Sitz haben oder so kontinuierlich und aktiv sich dem Recht des Gerichtsbezirks, etwa durch Geschäfts­aktivi­tä­ten, unterwerfen, dass sie wie ein dortiger Bürger anzusehen wäre. Al­ter­na­tiv müss­te das ge­rügte Handeln konkret den Gerichtsbezirk berühren. Hunder­te Kla­ge­sei­ten hat­te der Kläger eingereicht, aber das Gericht findet nichts, was diese An­for­de­run­gen trifft, sondern das Gegenteil. Die Beklagte habe ihren Sitz in Ka­li­for­ni­en, und der gerügte Hergang fand in Russland statt. Das reicht dem Gericht nicht.

Der Kläger wäre gut beraten gewesen, die Umsätze der Beklagten im Ge­schäfts­ver­kehr in der Hauptstadt dazulegen, was beispielsweise bei einer Klage ge­gen die orts­fremde Firma Fiat für die Zuständigkeitsbegründung aus­reich­te, oder an­de­re Anknüpfungsmerkmale vorzutragen, um die minimalen An­for­de­run­gen des prima facie-Nachweises zu erfüllen. Jedes Kind weiß schließlich, wie aktiv die Beklagte in jedem Markt der USA auftritt.


Samstag, den 12. Jan. 2019

Standortvorteil USA: Zwei Nieten für die Forschung  

K.I=A.I
.   Für den Standort USA spricht auch bei Forschung und Entwicklung manches, aber die Vor­teile wer­den aus recht­licher Per­spektive ver­gleichs­weise schwä­cher. Gleich zweimal schossen sich die USA gerade mit Ausfuhr­kontroll­recht in den Fuß: Der US-Tochter der chine­sischen Firma Hua­wei ver­boten sie, Forschungs­ergeb­nisse ins Aus­land zu ver­bringen. Am 10. Januar 2018 lief auch die ver­län­gerte Frist zur Kom­men­tierung einer all­geme­inen Ausfuhr­sperre für den Bereich künst­liche Intel­ligenz aus. Die Pläne nehmen Ergeb­nisse aus der Grund­lagen­forschung vom Ausfuhr­verbot aus, doch wie lange noch? Die Ver­ordnungs­planung kann einige Zeit bis zur Ver­wirk­lichung benö­tigen, und die Öf­fent­lich­keit darf nach dem Admini­stra­tive Pro­ce­dures Act kon­krete Ent­würfe fach­gerecht kom­men­tieren.

Unter Trump ist allerdings nicht auszuschließen, dass er nicht ein­fach den Not­stand ausruft oder auf die beliebte Natio­nal Se­curity ver­weist, um kurzer­hand Ver­bote auszu­sprechen. Addiert zur ohne­hin im Vergleich zu Deutsch­land erheb­licheren Rechts­unsicher­heit in den USA, die im Normal­fall mit entspre­chen­den Kosten und Re­sourcen beherrsch­bar ist, führt diese Ent­wick­lung zu neuen Fra­ge­zeichen für den F&E-Stand­ort USA: Darf die Inve­stition über­haupt welt­weit verwer­tet wer­den? Oder muss man sich an Nicola Tesla erin­nern, dessen For­schungs­ergeb­nisse nach seinem Tod vom US-Bund aus seinem Tre­sor ent­fernt wurden und nie wie­der das Licht der Welt sahen?


Freitag, den 11. Jan. 2019

Unzumutbar gestaltetes Online-Angebot: Kein Vertrag  

.   Online-Verträge gelten seit langem als grund­sätzlich wirksam, und die Gerichte setzen sie durch. Aber in Starke v. SquareTrade Inc. fanden Vertrags­klauseln am 10. Januar 2019 ihre Schran­ken, weil sie zu un­deut­lich einem Erwer­ber ga­ran­tie­ähn­li­cher Zu­satz­lei­stun­gen ver­mit­telt wor­den waren.

In New York City erklärte das Bundesberufungsgericht des zwei­ten Be­zirks der USA eine Schiedsklausel für un­wirk­sam, die der Kun­de nur auf dem Um­weg über ver­schie­dene Links auf­fin­den konn­te und von den Klau­seln ab­wich, die er in an­de­ren Ver­trä­gen mit dem­sel­ben Dienst­lei­ster vor­fand. Das Gericht be­ton­te, dass diese Ent­schei­dung nicht die Prä­ze­denz­fall­recht­spre­chung über die Wirk­sam­keit des On­line-Ver­trags­schlus­ses aufhebe.

Bei unverhersehbaren Klauseln, die Kunden nur mit ex­tre­mer Gründ­lich­keit und dem An­klicken meh­re­rer Links zu wei­te­ren Do­ku­men­ten auf­fin­den kön­nen, liege je­doch kein vom Kun­den er­kenn­ba­res An­ge­bot vor, dass sich für eine An­nah­me und da­mit für einen Ver­trags­schluss eig­ne.

Vertragsangebote im Internet sollten mithin deutlich gestal­tet wer­den und keine Zumutung für den Durch­schnitts­kunden - das ist einer mit dem Bil­dungs­stand eines Viert­kläss­lers - dar­stellen.


Mittwoch, den 09. Jan. 2019

Mit EMail, SMS und c.i.c. ins US-Gericht  

.   Ein kalifornischer Fußballklub bat ein Rei­se­bü­ro in Puerto Rico um ein Angebot für das Aus­rich­ten einer Spie­le­tour­nee und betonte wäh­rend län­gerer Ver­hand­lun­gs­korrespondenz, dass ein Angebot vom Vorstand zu prü­fen und genehmigen sei. Als er sich für ein anderes Angebot entschied, ver­klag­te das Bü­ro den Klub aus culpa in contrahendo auf Schadensersatz im Ge­richt in Puerto Rico. Das zuständige Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks der USA in Boston bestätigte die Klagabweisung am 8. Januar 2019.

Auf dem Festland der USA ist der Grundsatz der cul­pa in con­tra­hen­do kaum be­kannt, und das Gericht be­zeich­net ihn als Pflicht zur gut­gläu­bi­gen Ver­trags­ver­hand­lung. Die Ab­wei­sung be­ruht auf man­geln­der ört­li­cher Zu­stän­dig­keit im Sin­ne der per­so­nal Ju­ris­dic­ti­on, die auf die Anknüp­fungen des Be­klag­ten an den Forums­ort ab­stellt und die An­for­de­run­gen der Bun­des­ver­fas­sung an das Rechts­staats­prin­zip, due Pro­cess, erfül­len muss.

Das Bostoner Gericht erörterte in PREP Tours Inc. v. American Youth Soccer Org. ausführ­lich die­se Merk­ma­le. Im Er­geb­nis ist aus­schlag­ge­bend, dass die in den Fo­rums­staat ge­rich­te­te EMail­an­fra­ge mit fol­gen­dem SMS-Aus­tausch nach dem prima facie-Maß­stab den Klub nicht hin­reichend mit dem Ge­richt ver­knüpft: To make a prima facie showing of this ca­lib[er], the plain­tiff ordi­narily cannot rest upon the plea­dings, but is ob­liged to ad­duce evi­dence of speci­fic facts. AaO 8. Die Kläger­be­weise las­sen nicht er­ken­nen, dass der Klub mehr als eine An­ge­bots­an­fra­ge ein­ge­lei­tet hatte, Er musste nicht an­neh­men, dass er dem Büro umfang­reiche Recher­chen, die zudem unbe­wiesen sind, zuge­mutet hatte, die das Büro eben­falls als Ver­bin­dung zum Forum­staat zitierte: In fact, the re­cord does not show that the defendants ever asked PREP Tours to contact any entity or person in Puerto Rico on their behalf. AaO 37.


Sonntag, den 06. Jan. 2019

Verklagt in USA: SOS Erste Hilfe - Checkliste Verteidigung  

.   Für die ersten Abwehrschritte gegen eine angedrohte, ein­ge­reich­te oder zugestellte Klage in den USA hier eine Checkliste.
    A. Klage in USA angedroht?

  1. Docket bei zuständigen Bundesgerichten, einzelstaatlichen Gerichten über­wa­chen; Akteneinsicht nehmen.
  2. Zustellungsprüfung: Haager Übereinkunft; Supreme Court-Alternativen.
  3. Klagedrohung mit behaupteten Torts / unerlaubten Handlungen nach ma­te­ri­el­lem US-Recht: Handlungsort oder Erfolgseintritt in Deutschland?
  4. Negative Feststellungsklage zur Vermeidung der US-Klage, zur aktiven Ver­tei­di­gung im rechtssichereren und kostenvorhersehbareren Rahmen deut­schen Rechts?
  5. Greift Schiedsklausel? Vorteil: Nicht Kosten, sondern Prozess ohne Ge­schwo­re­ne, Öf­fentlichkeit.
  6. Gerichtsstandsklausel? Rechtswahlklausel?
  7. Reisen in den USA: Droht Festnahme oder Zustellung einer Klage?
    B. Klage in USA eingereicht?

  1. Litigation Hold: zwingend.
  2. Abwehrplanung, erste Fristen.
  3. Schutzschrift gegen Zustellung abhängig von materiellem und pro­zes­su­a­lem ame­rikanischen Recht und deutschem Verfassungsrecht.
  4. Zustellungsanweisungen für Empfangspersonal.
  5. Keine unbedachte Empfangsbestätigung.
  6. Interne Aufklärung: Discovery, Ausforschungsbeweisverfahren mit In­ter­ro­ga­to­ries (Fragenkatalog), Depositions (Vernehmungen).
  7. Datenschutz gegen Klägerziele abwägen: Ausforschung von Ge­schäfts­ge­heim­nis­sen unter behaupteter Verletzung des neuen Defend Trade Se­crets Act?
    C. Anwalt, beispielsweise den Verfasser, anrufen

  1. Korrespondenzanwalt mit Sitz in den USA.
  2. Spricht deutsch.
  3. Empfiehlt bei Bedarf andere Spezialisten.
  4. Kontaktdaten aller Parteien für Conflicts Check zusenden.
  5. Mandatsvertrag folgt nach Konfliktprüfun.g
    D. Der US-Prozess lesen, 14 Seiten, gratis PDF.


Samstag, den 05. Jan. 2019

Reasonable Time zur Garantieanspruchsmeldung  

Vertragsnebenpflicht der Implied Warranty of Merchantability
.   Was ist die angemessene Zeit, in der ein ge­setz­li­cher Ga­ran­tie­an­spruch gel­tend zu machen ist? Der Kunde meldete Warenfehler beim LKW-Pla­nen­her­steller fast drei Jahre nach dem Eingang einer ersten Re­kla­ma­ti­on sei­nes Kun­den und drei Monaten nach einer weiteren Rekla­ma­ti­ons­wel­le, die drei Jahre später folgte, an. Die Ware unterliege der kon­klu­den­ten Ge­währ­lei­stung der implied Warranty of Merchantability des anwend­ba­ren Uni­form Com­mer­ci­al Co­de in der Ausgestaltung des Staates Michi­gan, Mich. Comp. Laws § 440.2607(3).
Vertrag V im Kreis


Der Hersteller monierte die verspätete Anspruchsstellung, die bei einer Vertragsverletzung in angemessener Zeit ge­mel­det wer­den muss: within a reasonable time after he dis­co­vers or should have discovered [the] breach … or be barred from any remedy; siehe Mich. Comp. Laws § 440.2607(3)(a). Das Ge­richt betrachtete die unterschiedlichen Darstellungen als Rechtsfrage, die es selbst beurteilen durfte, und entschied, dass der Kunde nicht drei Jahre warten durf­te, sondern gleich nach Kenntnis vom Vertragsbruch entweder rügen oder zur Vorbereitung eines Garantieanspruchs prüfen musste. Am 4. Januar 2019 be­stä­tigte in 679637 Ontario Ltd. v. Alpine Sign & Printer Supply Inc. das Bun­des­berufungsgericht des sechsten Bezirks der USA in Cincinatti das Urteil.

Der United States Court of Appeals for the Sixth Circuit berücksichtigte hin­ge­gen in der lehrreichen Mindermeinung, dass der Kunde anfangs von einem Symp­tom ausging und keinen vertieften Untersuchungsbedarf er­ken­nen muss­te. Die an­gemessene Frist könne mithin erst mit der Re­kla­ma­ti­ons­wel­le, auf die er auch angemessen reagierte, begonnen haben: Whe­ther the pas­sa­ge of ti­me pro­ves rea­sonable "depends on the nature, pur­po­se, and cir­cum­stances of the ac­ti­on." AaO. 3. Dies sei eine Tatsachen­fra­ge, für deren Würdigung und Sub­sum­tion un­ter das anwendbare Recht im US-Prozessrecht die Ge­schwo­re­nen zu­stän­dig sind. Der Fall wäre an das Untergericht zu­rück­zu­rei­chen.


Freitag, den 04. Jan. 2019

Datenschutz - oder $500 mehr vom Arbeitgeber?  

.   Im Revisionsentscheid William Dittmann v. Quest Dia­gno­stics Inc. behielt der Arbeitgeber von Arbeitnehmern, die eine Gesund­heits­un­ter­su­chung zur Ermittlung des Rauchverhaltens ablehnten, wie von Rau­chern einen Zu­schlag von $500 auf die Krankenversicherungsprämie ein. Der Klä­ger für­ch­te­te um sei­ne Pri­vat­sphä­re und ver­klag­te den Dienst­lei­ster, der im Auf­trag des Ar­beit­ge­bers die Un­ter­su­chun­gen durch­führte, nach ver­schie­de­nen Ge­set­zen, die die Diskriminierung am Arbeitsplatz und nach genetischen Merk­ma­len ver­bie­ten.

Der Dienstleister wandte ein, nicht der Ar­beit­ge­ber zu sein und damit nicht den Arbeitsdiskriminierungsgesetzen zu unterliegen. Der Kläger entgegnete, dass der Dienst­lei­ster im Auf­trag und als Vertreter des Arbeitgebers handele. Das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des siebten Bezirks der USA in Chicago stellte am 3. Ja­nu­ar 2019 auf die Gehaltszahlung ab. Wer zahlt, ist Arbeitgeber. Der Dienst­lei­ster tut es nicht und kann deshalb nicht als Arbeitgeber verklagt werden oder haften.


Dienstag, den 01. Jan. 2019

Sind Gesichter biometrische Daten?  

.   Ein Staat, Illinois, schützt gesetzlich biometrische Daten, und Kläger auch in anderen Staaten versuchen sich auf den Biometric In­for­ma­ti­on Privacy Act zu berufen. Facebook bittet Kunden um die Identi­fi­zie­rung frem­der Ge­sichts­fotos, während Google Kunden anbietet, ihre Fotos zu ver­wal­ten. Goog­le stellt eine Sortierfunktion mit Gesichtserkennung zur Verfügung, die der Kläger in Rivera v. Google Inc. als Verletzung des BIPA ansah. Das Bun­des­ge­richt in Il­li­no­is-Nord entschied am 29. Dezember 2018 jedoch man­gels Scha­dens ge­gen ihn. Sam­meln und Sor­tieren stell­ten keine Ver­let­zun­gen dar, die erst mit einer absichtlichen oder versehentlichen Veröf­fent­li­chung oder Auswer­tung vor­lä­gen und im Hackingfall eine Mit­tei­lungs­pflicht aus­lös­ten. Zu­dem sei ein Ge­sicht nicht unbedingt privater Na­tur - man zei­ge es lau­fend der Öf­fent­lich­keit, anders als beispielsweise Finger­ab­drücke oder Aus­weis­da­ten.

Urteil BPA
Da Google die Auf­nah­men in der pri­va­ten Scha­tul­le des Kun­den be­lässt und nicht für eige­ne Zwecke der Da­ten­aus­wer­tung oder Ver­öf­fent­li­chung ver­wen­det, ge­lang dem An­bie­ter die Klag­ab­wei­sung. An­de­re Rich­ter könn­ten an­ders ent­schei­den, meint Eric Gold­man in Google Photos Defeats Privacy Lawsuit Over Face Scans–Rivera v. Google unter Verweis auf weitere Ent­schei­dun­gen. Die Verwendung von Fotos mit identifizierbaren Merkmalen von Per­so­nen bleibt für Dienst­leister trotz dieser Entscheidung ein Haf­tungs­ri­si­ko. Sie soll­ten auch die weitere Gesetzesentwicklung beobachten.

Andere Staaten interessieren sich ebenfalls für den Schutz biometrischer Da­ten - und auch Fake Porn,- und ihre meist kurze Legislaturperiode beginnt in die­ser Woche. Andererseits geht der Senator, der den BIPA entworfen hatte, da­von aus, dass das zehn Jahre alte Gesetz zum Schutz von Anbietern an­ge­sichts des tech­ni­schen Fortschritts eingeschränkt werden sollte: Bob Susn­ja­ra, State se­na­tor sought to weaken biometric privacy protections he had cham­pioned.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.