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• • Das in den USA anwendbare Recht ermitteln • • Mangel der einzigartigen Softwareentwicklung • • Verwendungsnachweis für Marken in den USA • • Onlinebeispiel mit Todesfolge haftungsbefreit? • • Wie schreibt man US-Kollegen und -Mandanten? • • Zensur des Forumbetreibers verfassungsvereinbar • • US-Verfassung: Machtverschiebungen • • Rahmenvertrag ohne Mengenangabe nichtig • • Neueste Urteile USA

Sonntag, den 31. Dez. 2006

Anwendbares Recht in den USA

 
.   In Sachen Jean Lebegern et al. v. Glenn Forman, Stephen Cracker et al., Az. 05-1992, fand der mündliche Termin am 12. Januar 2006 statt. Erst am 18. Dezember 2006 fällte das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in Philadelphia das Urteil. Das war genug Zeit für einen Richter zu sterben und einen zweiten, in Pension zu gehen. Die dem Gericht vom Untergericht in New Jersey vorgelegte Rechtsfrage zum internen amerikanischen IPR ist jedoch bedeutsam und nun mit Präzedenzwirkung geklärt.

Ihre Bedeutung geht über den konkreten Fall, der den Autounfall einer Person aus Pennsylvanien in New Jersey betrifft, hinaus. Die Anwendung des Rechts von New Jersey führt zu anderen Rechtsfolgen als denen des Rechts von Pennsylvanien. Ein Staat gewährt den Hinterbliebenen des tödlichen Verunglückten nur Schmerzensgeld, der andere gewährt zusätzlich Schadensersatz für das Einkommenspotential des Opfers, vgl. New Jersey Wrongful Death Act, N.J. Stat. Ann. §2A:31-1ff.

Das Gericht erklärt ausführlich die Grundsätze des internationalen Privatrechts von New Jersey, den von ihm angewandten Choice of Law principles, unter anderem unter Bezugnahme auf das Restatement (Second) of Conflicts of Laws (1971). Entscheidend für seine Bewertung sind diese vom Gericht zitierten Merkmale:
They include (1) interstate comity, (2) the interests of the parties, (3) the interests underlying the substantive body of law, (4) the interests of judicial administration, and (5) the competing interests of the states. Fu, 733 A.2d at 1140-41 (citing Restatement (Second) of Conflict of Laws §145 cmt. b). The fifth factor is the most important. Erny, 792 A.2d at 1217.
Zudem prüft es die folgenden, im amerikanischen Recht der unterlaubten Handlungen, Torts, entscheidenden Anknüpfungsmerkmale:
(1) the place where the injury occurred, (2) the place where the conduct causing the injury occurred, (3) the domicile, residence, nationality, place of incorporation, and place of business of the parties, and (4) the place where the relationship, if any, between the parties is centered.


Samstag, den 30. Dez. 2006

Jurist zum letzten Mal in Washington

 
.   In Washington machte der bescheidene Jurist Karriere. Nach dem Studium wurde er in den Kongress gewählt. In seinen hehren Hallen ließ er am Wochenende seine Kinder in den Säulengängen Verstecken spielen, während er sich dem Dienst am Bürger widmete. Überraschend wurde er in ein Amt berufen, auf das er nicht spekuliert hatte: Das des einzigen ungewählten US-Präsidenten. Heute widmen alle Sender dem letzten Besuch von Gerald Ford im Kongress das Live-Programm. Am Dienstag wird er zu einem Gottesdienst in eine Kathedrale der Hauptstadt überführt, bevor er nach Kalifornien geflogen wird.


Freitag, den 29. Dez. 2006

Saddam tot, Antrag moot

 
.   Mit der vollzogenen Vollstreckung des Todesurteils am ehemaligen US-Allierten Saddam Hussein wird der heutige Eilantrag vermutlich für moot nach Art. 3 der Verfassung der USA erklärt.

Dem Verfahren vor dem United States District Court for the District of Columbia ist der justiziable Sachverhalt entzogen worden. Die dem Eilantrag zugrundeliegende Zivilklage kann nach amerikanischem Recht jedoch gegen den Nachlass des Diktators fortgeführt werden.



Der Antrag in Sachen Saddam

 
.   Der am 29. Dezember 2006 in Sachen In re: Saddam Hussein, Az. 1:05MS00566, gestellte Eilantrag vor dem erstinstanzlichen Bundesgericht in Washington richtet sich nicht direkt gegen die Vereinigten Staaten, sondern bezieht sich allein auf die Zivilklage in Sachen Haider Aziz Al-Sayed Jassim Ali Rasheed v. Saddam Hussein et al., Az. 04-1862, vom 26. Oktober 2004.

Der Antrag wurde jedoch Robert Gates, dem US-Verteidigungsminister, sowie Condoleezza Rice, der Außenministerin, zugestellt. Der Antrag lautet auf die einstweilige Einstellung der Vollstreckung des Todesurteils gegen den Beklagten. Für den 4. Januar 2007 hatten die Vereinigten Staaten den Anwälten des Beklagten Saddam Hussein einen Termin eingeräumt, um die ihnen zugeleitete Zivilklage zu überreichen.

Die Vollstreckung der Todesstrafe würde nach der Antragsbegründung rechtsstaatsgrundsätze verletzen, weil sich Saddam Hussein nach einer Vollstreckung der Strafe nicht mehr gegen die Zivilklage verteidigen könnte. Dem Antrag liegen Anlagen mit zustellungs- und immunitätsrechtlichen Darlegungen an.



Antrag gegen Vollstreckung

 
.   Von Verteidigern des irakischen Präsidenten soll soeben ein Antrag auf die Verhinderung der Vollstreckung des Todesurteils, das in den nächsten vier Stunden vollstreckt werden soll, beim United States District Court for the District of Columbia hier in der Hauptstadt eingereicht worden sein. Der Antragsgegner soll die US-Regierung sein, in deren Gewahrsam sich Saddam vielleicht noch befindet. Eine Begründung soll lauten, dass die Vollstreckung das ordentliche Verfahren in Zivilsachen gegen den Verurteilten behindert.



Streng und locker

 
.   An Silvester bietet die Hauptstadt einen Abend der Gegensätze. Die 208 alkohollizenzierten Verkaufsstellen dürfen am Sonntag öffnen. Kneipen dürfen bis Montag 4 Uhr geöffnet bleiben. Andererseits werden verstärkt Inspektoren durch die Stadt gesandt, um zu verhindern, dass Personen unter 21 Jahren Alkohol erhalten, jemand kurz vor 4 Uhr Getränke auf Vorrat bestellt und Restaurants ohne Tanz- oder Musiklizenz zum Frohsinn animieren. Da Feuerwerke je nach Ort verboten oder unüblich sind, verläuft die Einstimmung auf das neue Jahr im Raum Washington ohnehin gedämpft.


Donnerstag, den 28. Dez. 2006

Schutz von Metadaten im Prozess

 
.   Was geschieht mit Metadaten, die im Prozess an die Gegenseite gelangen? Darf eine Partei die unsichtbaren Daten, die mit einem einfachen Textprogramm oder Hex-Editor sichtbar gemacht werden können, beispielsweise aus Textdateien herausklauben und gegen die Gegenseite verwenden?

Grundsätzlich gilt im amerikanischen Ausforschungsbeweisverfahren, dass alles, was herausgegeben werden musste, verwertet werden darf. Dazu könnte auch der Mandantenkommentar zählen, der in einem Dokument nur für den eigenen Anwalt bestimmt und und vor der Übergabe an die Gegenseite scheinbar gelöscht war.

Metadaten gehören jedoch in der Regel nicht zu den Daten, die an die Gegenseite abzuliefern sind. Sie können einer Geheimnisschutzbestimmung, Datenschutz oder einem Verweigerungsrecht nach US-Recht unterfallen. Auch berufsethisch stellt sich für den US-Anwalt die Frage des Umgangs mit solchen Daten. In Maryland darf ein Rechtsanwalt nach Opinion 06-442 die Metadaten nutzen, ohne die Gegenseite zu benachrichtigen.

In Florida gilt das andere Extrem: Die Gegenseite ist zu unterrichten, wenn solche Daten gefunden wurden, und die Verwertung ist untersagt. Die vereinheitlichende Zukunft steht vielleicht in den Sternen des neuen Bundesverfahrensrechts, das die elektronische Datenverwertung im Discovery-Verfahren vor den Gerichten des Bundes regelt:
If information is produced in discovery that is subject to a claim of privilege or protection as trial-preparation material, the party making the claim may notify any party that received the information of the claim and the basis for it. After being notified, a party must promptly return, sequester, or destroy the specified information and any copies it has and may not use or disclose the information until the claim is resolved. A receiving party may promptly present the information to the court under seal for a determination of the claim. If the receiving party disclosed the information before being notified, it must take reasonable steps to retrieve it. The producing party must preserve the information until the claim is resolved. Federal Rule of Civil Procedure 26(b)(5).
Diese Regel geht über Metadaten hinaus. Die Vorlage der möglicherweise umstrittenen Daten an das Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit zur Entscheidung sollte eine rasche, oder zumindest verbindliche, Abklärung der Verwertbarkeit herbeiführen. Natürlich ist die Bestimmung nicht auf Prozesse vor einzelstaatlichen Gerichten anwendbar. Jedoch kann sie die Rechtsentwicklung in den US-Staaten beeinflussen.


Mittwoch, den 27. Dez. 2006

Blogwerbung oder Rezension?

 
.   Microsoft versendet schnelle Laptops mit Vista und AMD Turion 64x2-Chips an Blogger. Wie steht es um die Rezensionsethik? Damit niemand das Acer-Ferrari-Geschenk missversteht, gibt es eine Empfehlung:
Full disclosure--while I hope you will blog about your experience with the pc, you don't have to. Also, you are welcome to send the machine back to us after you are done playing with it, or you can give it away on your site, or you can keep it. My recommendation is that you give it away on your site. Laughing Squid, 27. Dezember 2006
Schleichwerbung oder rechtswidrige Beeinflussung sind nicht beabsichtigt. Ähnliches ist seit eh und je für Buch- oder Softwarerezensionen und Produktberichte üblich. Bei teueren Dingen wird das Produkt jedoch in der Regel als Leihgabe, nicht als Geschenk zugesandt.

Microsoft-Produkte auswerten ist meist solch eine Qual, dass eine Ausnahme gerechtfertigt ist. Scobleizer veröffentlicht weitere Auffassungen zur Rezensionsethik.



Offiziere und Soldaten

 
.   Die unterschiedliche kriegsstrafrechtliche Behandlung amerikanischer Offiziere und Soldaten sowie die diskriminierende Einstellung der USA gegenüber fremdem und eigenem Militär erörtert anhand der Haditha-Verfahren Victor Hansen im Jurist-Blog.

Die strafrechtliche Führungsverantworung weisen die USA ausländischem Militär seit dem Zweiten Weltkrieg zu. Sie nahmen maßgeblichen Einfluss auf die Anerkennung der Command Responsibility-Doktrin in Art. 86, 87 der Genfer Konvention und setzten sie in Gesetzen zur Errichtung internationaler Kriegstribunale um. Hansen rät zur Anwendung dieses Grundsatzes auch auf das eigene Militär durch nationales US-Recht.


Dienstag, den 26. Dez. 2006

DAJV-Newsletter 4/2006

 
.   Der neue Newsletter des Deutsch-Amerikanischen Juristenvereinigung e.V. ist soeben erschienen. In Washington ist das Heft noch nicht angekommen, doch die Titelseite verspricht viel.

Neben der Fortsetzung der Serie von Kochinke / Wilske / Krapfl zur Schiedsgerichtsbarkeit in der US-Rechtsprechung verspricht sie Erörtungen der Allzuständigkeit amerikanischer Gerichte - und ihrer auch im German American Law Journal besprochenen Grenzen -, des Finanzwesens, des Rechts der Unterhaltungsbranche und weiterer Spezialgebiete.

Die Gestaltung hatte der Verlag Recht und Wirtschaft schon Anfang 2006 übernommen, die den Newsletter zu einem professionellen Werk macht, das in keiner auf die USA ausgerichteten Bibliothek fehlen darf.



Bank nicht drittbegünstigt

 
.   Kann eine Bank, die einen für einen Kunden erstellten Prüfbericht zur Kenntnis nimmt und dem später insolventen Kunden Kredit gewährt, ein Drittbegünstigter des Prüfvertrages zwischen Wirtschaftsprüfern und Kunden sein? In der Regel nicht, entscheidet das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks in Sachen Johnson Bank v. George Korbakes & Co., LLP, Az. 05-3580, am 18. Dezember 2006.

Zudem prüft das Gericht, ob Fehler im Prüfbericht die Bank zu Schadensersatzansprüchen gegen die Wirtschaftsprüfer berechtigen. Der zugrundeliegende Anspruch richtet sich nach Tort-Recht, dem Recht der unterlaubten Handlung. Der Vorwurf lautet auf negligent Misrepresentation. Das Gericht weist auch diesen Anspruch ab, weil die Wirtschaftsprüfer keine Sorgfaltspflicht gegenüber der Bank hatten, sondern nur im Verhältnis zum Auftraggeber tätig waren.


Montag, den 25. Dez. 2006

Valdez: $2 Mrd. Rabatt

 
.   Als der Tanker Exxon Valdez 1989 auf Grund lief, rechnete niemand damit, dass die Schadensersatzverfahren auch Ende 2006 noch zu Urteilen führen würden. Das Urteil vom 22. Dezember 2006 zum Recht des Strafschadensersatzes der USA ist noch nicht unbedingt das letzte Wort.

Das neue Urteil setzt die Verfassungsvorgaben der Campbell-Leitlinien des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington um, s. Kochinke, U.S. Supreme Court setzt Strafschadensersatz Grenzen, 12 GALJ (8. April 2003). Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks zeichnet in Sachen The Exxon Valdez, Az. 04-35183, die Rechtsprechung des Obergerichts der USA seit 1991 im Bereich Punitive Damages nach.

Im Ergebnis gelangt das Gericht zur Auffassung, dass das Untergericht die Prüfmerkmale des Supreme Court falsch anwandte. Es ordnet die Kappung, Remittitur, der Punitive Damages um $2 Mrd. an. Die der Schädigerin vorzuwerfende Verwerflichkeit, Reprehensibility, hatte das Untergericht zum Maßstab genommen, ohne auch die verschuldensmindernden Umstände hinreichend zu berücksichtigen.

Dazu zählen die sofortigen Schadensminderungsmaßnahmen von Exxon ebenso wie die dabei entstandenen Kosten, die den Abschreckungsfaktor beim Strafschadensersatz beeinflussen. Das 63-seitige Urteil erörtert gründlich die Abwägungen des Gerichts und kontrastiert sie mit der Mindermeinung und der Auffassung der Beklagten, die auf $25 Mio. plädierte.


Sonntag, den 24. Dez. 2006

Haftungsausschluss unheilbar

 
.   Ein Haftungsausschluss ohne jede Ausnahme für Verschulden kann so unheilbar sein, dass auch das flexible amerikanische Recht eine solche Klausel verwerfen muss. Das Untergericht hatte eine solche Vertragsklausel als korrigierbar angesehen.

Damit blieb sie nach der gerichtlichen Auslegung Vertragsbestandteil und anwendbar. Doch das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks bezeichnete sie am 22. Dezember 2006 in Sachen Mark Broadley v. Mashpee Neck Marina, Inc., Az. 05-2822, als nichtig.

Zwar betrifft das Urteil einen Sachverhalt aus dem Seerecht, doch empfiehlt sich die sorgfältige Begründung des Urteils auch als lesenswerte Einführung in die Grenzen des Haftungsausschlusses nach allgemeinem amerikanischem Vertragsrecht.


Samstag, den 23. Dez. 2006

Meldefehler kein Rechteverzicht

 
.   Das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks entschied am 18. Dezember 2006 über die Inhaberschaft an Urheberrechten für Bücher, um die eine Verfasserwitwe und ein Herausgeber stritten. In Sachen E. Price Pritchett et al. v. Nacy Pound, Az. 05-41445, hatte die Berufungsklägerin als Unternehmensberatung einen Ronald Pound angestellt, der schriftliche Werke erstellen sollte. Nach dem Vertrag sollten alle Werke ausschließlich im Eigentum der Arbeitgeberin liegen.

Als Gegenleistung zahlte diese Pound ein Gehalt sowie einen Bonus, der im letzten Jahr seiner Anstellung eine Million Dollar betrug. Pound arbeitete als Mitverfasser an zwei Büchern mit, Business as Unusal und Smart Moves, die die Arbeitgeberin beim Urheberrecht anmeldete. Das Meldeformular für das Copyright Office bezeichnete die Werke versehentlich nicht als Works Made for Hire und nannte Pound nur in einem Fall den Verfasser.

Eine spätere Berichtigung weist Pound als Verfasser und die Werke als Auftragswerke aus. Als der Angestellte starb, zahlte die Arbeitgeberin der Witwe den gesamten Jahresbonus aus, obwohl Pound nur ein Vierteljahr gearbeitet hatte und die Witwe mit einem gesonderten Vertrag die Befriedigung ihrer Ansprüche gegen die Arbeitgeberin bescheinigt hatte.

Die Witwe verklagte die Arbeitgeberin jedoch später auf die Feststellung ihrer Urheberrechte an den Büchern sowie die Auskunftserteilung zur Berechnung von Vergütungsforderungen. Das Untergericht bestätigte die alleinige Inhaberschaft der Arbeitgeberin, und das Berufungsgericht stimmte ihm zu. Nach 17 USC §201(b) hatte Pound die Rechte wirksam im Arbeitsvertrag übertragen.

Das fehlerhafte Meldeformular stellt keine vertragliche Vereinbarung dar, die die Vertragsrechte verändert. Die Anmeldung beim Copyright Office in Washington kann nach Präzedenzfällen nicht als Verzicht auf Rechte interpretiert werden, selbst wenn ein Fehler im Formular diese Folgerung zulassen dürfte, vgl. Frost Belt International Recording Enterprise, Inc. v. Cold Chillin' Records, 787 F.Supp. 131, 137 (SDNY 1990). Das Gericht bestätigte auch, dass ausnahmsweise Kosten an die Berufungsklägerin zu erstatten sind, weil die Witwe einen besonders unlauteren Anspruch behauptete.


Freitag, den 22. Dez. 2006

Express macht blau am 26.

 
.   Der 26. Dezember 2006 ist kein Feiertag, doch der Express, das Blatt für Bilderleser, erscheint nicht. Wahrscheinlich wird mit wenig Lesern gerechnet, die sich nach einem anstrengenden Weihnachtsfeiertag tatsächlich auf den Weg zur Arbeit machen oder schon in der UBahn, wo die Zeitung verteilt wird, das Hirn anschalten wollen. Erst am Mittwoch hält das Blatt seine Leser wieder für aufnahmefähig. Bis dahin wird Slate wohl Trumpf sein: Komplexe Berichte im Miniformat. Kanzleien sollten geöffnet sein.



Wehrmacht in spe?

 
.   Zum Vortrag am 19. Januar 2007 im historischen Williamsburg, Va. passt die datenschutzrechtsträchtige Ankündigung, das Pentagon würde an einer Erfassung der strammen Jugend arbeiten. Gegenwärtig weiß nämlich niemand, was an wehrfähigen Leutchen im Lande wohnt. Der Draft wurde nach dem Vietnam-Krieg abgeschafft; den Begriff bringt man eher mit Bier als mit Wehrmacht in Verbindung. Wenn schon die Phisher die Daten der Amerikaner kennen, warum dann nicht auch der Staat? Der entschuldigt sich immerhin, wie heute, wenn er Daten klaut.



Voice Over IP: 911

 
.   Die landesweite Notrufnummer 911 muss auch im VoIP-Netz erreichbar sein, bestimmte das Bundesberufungsgericht in der Hauptstadt Washington. Es bestätigte damit eine Anweisung des hiesigen Bundestelekommunikationsaufsichtsamt FCC, vgl. E911 Requirements for IP-Enabled Service Providers, First Report and Order and Notice of Proposed Rulemaking, 20 FCCR 10245 (2005).

Das Gericht berücksichtigt in seinem Urteil vom 15. Dezember 2006 in Sachen Nuvio Corporation v. Federal Communications Commission and United States of America, Az. 05-1248, die besonderen technischen Umstände der VoIP-Technik sowie die Tatsache, dass ihre Nutzung nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist, mithin die Lokalisierung von Notanrufern schwieriger als im Telefonfestnetz ist.


Donnerstag, den 21. Dez. 2006

Blau bei Microsoft?

 
.   Phisher erhalten das rote Band, gute Kunden das grüne. Der Rest der Webwelt wird mit weiß oder orange abgefertigt. Microsoft will mit dem Phishing-Filter nicht die Legitimität der Kleinen in Frage stellen, schreibt das Wall Street Journal am 19. Dezember 2006. Doch diskreditiert werden die Kleinen allemal. Microsoft stellt mit dem Internet Explorer die kleinen Kunden in die Nähe der kriminellen Phisher. Wie lange lassen sie sich das wohl gefallen? Bei Slashdot wird der Bericht mit dem Tag Faschismus versehen.


Mittwoch, den 20. Dez. 2006

Ausgelieferter Verbraucher

 
.   Der amerikanische Verbraucher ist seinem Schicksal ausgeliefert, und damit hat es sich fast immer auch. Die Presse in den USA und im Ausland mag extreme Fälle im Recht der USA hochspielen. Doch in den meisten Fällen nimmt der Verbraucher hin, was ihm vorgeworfen wird. Mülleimer statt Rückabwicklung, Sichergeben ins Schicksal statt Schadensersatz. Ein gutes Beispiel liefert Verbraucherschützer Ed Foster von Infoworld im Beitrag Home Delivery Turns Into a Snow Job vom 18. Dezember 2006, der das Erlebnis der Lieferung eines Schneeräumers von führenden Unternehmen wie Home Depot und HomeDirectUSA erzählt.


Dienstag, den 19. Dez. 2006

Wirbel um Immunität der USA

 
TS - Augsburg.   Eine Beamtin zieht einer anderen ruckartig am Halsband, bis ihr Wirbel vorfällt: Dafür haftet der Bund nicht. Bundesbedienstete handeln nicht im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, wenn sie anderen Bediensteten im Dienstgebäude mehrfach ruckartig an einem um den Hals hängenden Schlüsselband ziehen. Mit dieser Begründung hob das Bundesberufungsgericht für den District of Columbia in der Hauptstadt der USA am 1. Dezember 2006 in der Sache Mary T. Majano v. United States, Az. 05-5200, die Entscheidung des Ausgangsgerichts auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung zurück.

Die Klägerin aus dem öffentlichen Dienst hatte eine ihr unbekannte Kollegin im Eingangsbereich des Dienstgebäudes weisungsgemäß um die Vorlage einer Identifikation gebeten. Die darüber empörte Kollegin zog diese daraufhin mehrfach an dem um den Hals der Klägerin hängenden Schlüsselband. Wegen des resultierenden Bandscheibenvorfalls verklagte diese den Arbeitgeber auf Schadensersatz.

Im Prozess berief sich die Beklagte, die USA, auf die Immunität nach 28 USC §2679(d)(1). Danach besteht ein Haftungsausschluss für das Bundespersonal, wenn die schädigende Handlung im Rahmen des Dienstverhältnisses eintritt. Das Berufungsgericht lehnt unter Berufung auf das Restatement (Second) of Agency das Vorliegen dieser Voraussetzung ab. Die Täterin habe nicht - auch nicht teilweise - in der Ansicht gehandelt, ihrem Arbeitgeber zu dienen, als sie an dem Umhängeband zog.


Montag, den 18. Dez. 2006

Plan für Modellbahn entgleist

 
.   Das Modell einer Eisenbahn besteht aus zahlreichen Teilen, deren Zusammensetzung und Design ein Geschäftsgeheimnis darstellt. Unter koreanischen Herstellern wurden Baupläne eines US-Auftraggebers für Modellbahnen der Spur 0 getauscht, so dass die Entwicklungsarbeit eines Auftraggebers bei einem Hersteller, der für einen konkurrierenden US-Auftraggeber arbeitete, Einsatz fand. Dieser Verletzung folgten koreanische Straf- und Zivilverfahren, denen sich das Zivilverfahren Mike's Train House, Inc. v. Lionel, LLC et al., Az. 05-1095, in den USA anschloss.

Im Urteil vom 14. Dezember 2006 entschied das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks über den Antrag der beklagten weltberühmten Inhaberin der Modellbahnmarke Lionel auf ein neues Geschworenenverfahren, weil die Geschworenen nach unzulässigen Sachverständigengutachten zur Verdopplung des Schadensersatzes bei der Prüfung der ungerechtfertigten Bereicherung gelangten. Der abgelehnte Antrag wurde aufgehoben.

Damit kehrt das Verfahren an das Untergericht zurück. Außerdem hob das Gericht die einstweilige Verfügung zugunsten der Klägerin auf. Das Urteil stellt eine lesenswerte Einführung in das Recht der Trade Secrets und die Verwertung von Beweisen aus ausländischen Verfahren im amerikanischen Prozess dar.


Sonntag, den 17. Dez. 2006

Ballern auf Bürger

 
.   Die deutsche Polizei wird in den Nachrichten als Vorbild zitiert. In Deutschland würden Anwärter zweieinhalb Jahre lang intensiv ausgebildet. Deshalb würde sie sich nicht zu Schießereien auf Bürger hinreißen lassen wie sie hier in den USA viel zu regelmäßig geschehen.

50 Schüsse auf einen unbewaffneten, nichtprovozierenden Bräutigam erklärten sich nur mit einer wochenlangen Ausbildung, die diesen Namen nicht verdient, erklären die ABCNews am 16. Dezember 2006. Zu beachten ist jedoch, dass die Ausbildungsgänge in den USA regional erheblich voneinander abweichen und Bürger manchenorts schonender als in New York behandelt werden.


Samstag, den 16. Dez. 2006

You Made the Numbers

 
.   Alle Jahre wieder: Die Partner treffen sich zur längsten Versammlung des Jahres. Associates, Non-Equity Partners, Assistants und die sonstigen Abhängigen werden bewertet und belohnt. Did they make the numbers? Bei den Associates zählen primär die Stunden. Wie intensiv haben sie sich für die Mandanten eingesetzt? Über Erfolge entscheidet der Fall, der Richter, das Ministerium, der Kongress, das Recht - den Einsatz und die Einstellung haben sie selbst in der Hand.

Bei den Non-Equity-Partnern entscheiden zusätzliche Merkmale über Boni und Mali - und vielleicht die Zukunft in der Kanzlei. Möchte man den einen oder anderen irgendwann auch in dieser Runde mitentscheiden lassen? Wie glücklich sind ihre Mandanten? Eine ausgiebige Kosten-Nutzen-Rechnung mit unzähligen menschlichen Faktoren.

Gleichbehandlung ohne Kammscheren. Nach dem Partners' Meeting geht man mehr oder weniger schmunzelnd, oder auch bewusst nichtssagend, durch die Flure. Dort sitzen gespannt die Objekte der jährlichen Bewertung. Für diese habe ich gekämpft, jenen sehe ich eher neutral. Den Associate dort muss ich mir vorknüpfen. Mit der richtigen Einweisung kann man ihn bald an Mandanten heranlassen.

Die Referendare machen sich über die von der Partnern übriggelassenen Krümel her. Sie ahnen nichts von den schicksalsträchtigen Auswertungen, die die Stimmung in der Kanzlei bestimmen.

Wann wollen wir dem Personal Bescheid geben? Sollen wir sie zappeln lassen? Die Frage stellt sich nur theoretisch. Erst müssen die Schecks ausgestellt werden. Vorher sind Boni oder Befördungen nur von theoretischer Bedeutung. Erst wenn die Umschläge mit den Schecks überreicht werden, haben die Partner ihr Soll gegenüber dem Personal der Law Firm erfüllt.

Bleibt noch die Frage der Wortwahl beim Überreichen der Schecks. Ermunternd, dankbar auf alle Fälle. Und einleitend ein wenig Knecht Ruprecht? Das hatte vor fünf Jahren manchem einem Schreck eingejagt, und dann war es noch ein Thema für die Christmas Party. Okay, dieses Jahr reiner Holiday Spirit. Schließlich haben alle die Numbers geschafft.


Freitag, den 15. Dez. 2006

Todesstrafe ausgesetzt

 
.   Die kalifornische Entscheidung vom 15. Dezember 2006 zur Vollstreckung der Todesstrafe durch die Giftspritze ist bei Findlaw veröffentlicht. In Sachen Michael Angelo Morales v. James E. Tilton et al. wird diese Methode als Verstoß gegen den achten Zusatz zur Bundesverfassung bezeichnet.



Beweise der Spionageabwehr

 
.   Der wegen Verstoßes gegen die Ausfuhrkontrollgesetze der USA Verurteilte beantragt in der Berufung das Verbot der Verwertung von Beweisen, die die Spionageabwehr beim Abhören des internationalen Verkehrs erlangte. Diese Beweise dürfen nach seiner Ansicht nicht für eine Strafanklage verwertet werden, die nicht unter die Spionageabwehr fällt.

Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks entschied am 14. Dezember 2006, dass die Verwertung der nach dem Foreign Intelligence Surveillance Act gesammelten Daten zulässig ist. Das Gericht stützt sich in Sachen United States of America v. Ning Wen, Az. 06-1385,auf die Entscheidung Sealed Case, 310 F.3d 727 (FIS Ct. Rev. 2002), des FISA-Geheimgerichts in Washington, DC.

Wenn beim Abhören nach FISA eine Straftat nach dem Exportkontrollgesetz, 50 USC §1705(b), bekannt wird, bleibt das Abhören nach dem Spionagegesetz verfassungs- und gesetzmäßig, obwohl das Ausfuhrgesetz als vorrangigen Zweck nicht die Spionageabwehr verfolgt. Die Erkenntnisse über alle gesammelten Straftaten dürfen verwertet werden, solange das Abhören primär der Spionageabwehr dient - oder, wie im USA Patriot Act umformuliert, diese als wesentlichen Zweck, significant Purpose, unterstützt, 50 USC §1804(a)(7)(B).


Donnerstag, den 14. Dez. 2006

Viel zu hoher Besuch

 
.   Der Nachteil einer Kanzlei beim Weißen Haus sind die Straßensperrungen, die man wegen hoher Besuche über sich ergehen lassen muss. Jetzt stehen so viele Polizeiwagen im ganzen Block und den daneben liegenden Straßen wie noch nie zuvor. Selbst ein Bürgersteig ist völlig abgesperrt.

Normalerweise betreffen die Vorkehrungen Besucher des Mayflower Hotels auf der anderen Straßenseite. Heute will jemand die National Geographic Society nebenan besuchen.

Wenn der Besucher mit einem goldenen verbeulten Cadillac ohne Begleitung aufkreuzen würde, wäre er bestimmt sicherer als mit der erwarteten Karawane. Mittlerweile hat er nämlich acht Bürogebäude mit je 50x13 Personen gegen sich aufgebracht, denen seit Stunden erzählt wird, sie dürften in einer halbe Stunde wieder die Gebäude verlassen oder betreten.


Mittwoch, den 13. Dez. 2006

Cheney wieder an die Macht?

 
.   Die geplante Gesetzgebung der Demokraten im sich im Januar 2007 zusammensetzenden Kongress scheint gefährdet. Wenn der am 13. Dezember 2006 erkrankte Senator Tim Johnson ausfallen sollte, verlieren die Demokraten die Mehrheit im Senat.

Der republikanische Gouverneur seines Staates dürfte eine Republikanerin als Nachfolgerin bestimmen, die bis November 2008 im Amt bliebe. Damit hätten die Republikaner zwar nicht die numerische Mehrheit.

Beim Patt gibt jedoch die gespaltene Zunge des Vizepräsidenten Dick Cheney den Ausschlag, und dieser hat zuverlässig gegen die Demokraten gestimmt. Solange Johnson - selbst amtsunfähig - am Leben bleibt, darf der Gouverneur nicht einschreiten.



Sklavenklagen gegen Unternehmen

 
.   Starrichter der Bundesgerichtsbarkeit untersuchten 10 abgewiesene Klagen von Sklavennachfahren, die eigenen Schaden durch Handlungen von Unternehmen im Rahmen der amerikanischen Sklaverei sowie ein eigenes Recht auf Schadensersatz behaupten.

Sie erörtern in der Begründung am 13. Dezember 2006 prozessuale wie materielle Fragen. In Sachen In re: African-American Slave Decendants Litigation, Az. 05-3265 usw., gelangen sie in den verschiedenen, gebündelten Verfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen. Teilweise können die Verfahren wieder aufleben.

Die 17-seitige Urteilsbegründung des Bundesberufungsgerichts im siebten Bezirk ist auch als Einführung in das Prozessrecht und Schadensersatzrecht der USA lesenswert.



Zukunft der NATO

 
CHS - Washington.   Über die Zukunft der NATO sprach am 12. Dezember 2006 Dr. Rainer Stinner, MdB (FDP), auf Einladung der Friedrich Naumann Foundation in Washington. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich die Aufgabe der NATO gewandelt: Die einst rein militärische Organisation agiert heute zunehmend auf Gebieten, die für die Sicherheit ihrer Mitgliedsstaaten mindestens genauso wichtig sind: globale Erwärmung, Energieversorgung und Terrorismus. Die NATO ist außerdem ein wichtiges Formum des transatlantischen Dialogs, wenngleich das NATO Council als politisches Gremium in der allgemeinen Öffentlichkeit relativ unbekannt ist.

Stinner zeigte zunächst die Probleme der NATO auf: Der Informationsaustausch der Mitgliedsstaaten untereinander sei oft ungenügend, weil die Individualinteressen zu weit auseinander lägen. Auch besitze die Organisation keinen Think Tank und werde von einigen Mitgliedern nicht als Diskussionsforum akzeptiert. Ausbaufähig seien weiterhin die Schnittstellen zu anderen internationalen Organisationen wie der EU, den Vereinten Nationen und der OSZE. Stinner bezeichnete es als reines Desaster, dass in der Vorbereitung der europäischen Kongo-Mission seitens der EU die Unterstützung durch die NATO nicht einmal angefragt wurde.

Diesem Befund stünden Expansionspläne mancher NATO-Mitglieder gegenüber, die Stinner eher kritisch sieht. So bezeichnete er die Partnerschaft für den Frieden mit Serbien als verfrüht, da die serbische Regierung noch immer nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag kooperiere. Auch die strategische Partnerschaft mit Russland bedürfe einer weitergehenden Definition, da die NATO eine Organisation mit gemeinsamen Werten, gemeinsamen Interessen und enger Kooperation darstelle.

Für eine weltweite Expansion der NATO, die von manchen Mitgliedsstaaten befürwortet werde, sei zudem eine Anpassung der bestehenden Verträge notwendig. Die NATO würde sich bei der Aufnahme von Staaten, die westliche Werte teilten und demokratisch regiert würden, so Australien, Neuseeland oder Japan, von einer regionalen in eine globale Organisation verwandeln. Es sei jedoch kaum denkbar, dass in einem solchen Fall beispielsweise neuseeländische Truppen auf dem Balkan stationiert würden. Möglich seien auch Kooperationen mit anderen Staaten unterhalb der Ebene der Mitgliedschaft, wie ein kürzlich geschlossener Vertrag der NATO mit Kuwait beweise.

In der laufenden Afghanistan-Mission sieht Stinner bedeutende Abstimmungsprobleme: Die Trennung zwischen OEF- und ISAF-Missionen bezeichnete er als künstlich, da ein Soldat in der Praxis kaum unterscheiden könne, ob er einen national handelnden Rebellen oder einen internationalen Terroristen vor sich habe. Weiterhin gebe es seitens des afghanischen Parlaments eine ganz eindeutige Aufforderung, die internationalen Streitkräfte noch nicht abzuziehen, allerdings verbunden mit der Bitte, dem afghanischen Volk mehr Respekt entgegenzubringen. Möglicherweise, so Stinner, brauche die NATO eindeutige Verhaltensregeln für ihre Soldaten.

Zum Schluss ging Stinner auf die Lastenverteilung innerhalb der NATO ein. Schon seit Jahren werde die finanzielle und organisatorische Hauptlast der NATO von den USA getragen, die 3,2 Prozent ihres Budgets für die Verteidigung ausgäben. Deutschland dagegen opfere nur 1,4 Prozent seines Haushalts für die Verteidigung - deutlich zu wenig, um technologisch mit den USA mithalten zu können. Dennoch komme Deutschland seinen internationalen Verpflichtungen nach und sende beispielsweise Spezialkräfte nach Afghanistan, die den Norden sicher hielten. Andere Staaten, die für den Süden verantwortlich seien, müßten sich über die dortige schlechte Sicherheitslage nicht wundern, wenn sie nicht bereit seien, genügend Streitkräfte in dieses Gebiet zu verlegen.

Die Teilnehmer der anschließenden Diskussion waren sich einig, dass die NATO für die Sicherheit der westlichen Staaten auch künftig eine wichtige Rolle spielen wird. Wie die Zukunft der Oranisation konkret aussehen wird, hängt maßgeblich vom Willen ihrer Mitgliedsstaaten ab. Von der kommenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft auch für die NATO konsensfähige Impulse zu erwarten, dürfte wohl etwas zu viel verlangt sein.


Dienstag, den 12. Dez. 2006

Strafverfolgung von Firmen

 
.   Die Strafverfolgung von Unternehmen soll verschärft werden. Neue Richtlinien hat das Bundesjustizministerium am 12. Dezember 2006 verkündet. Die Entscheidungsmerkmale für die Aufnahme einer Strafverfolgung richten sich nach einem Neunpunkteprogramm, aaO 4. Es ersetzt auch das vielfach kritisierte Thompson Memorandum vom 20. Januar 2003.

Der Vermerk namens Principles of Federal Prosecution of Business Organizations enthält die Richtlinien und stammt aus der Feder des Stellvertretenden Justizministers Paul McNulty. Es beschreibt die Pflichten der Staatsanwaltschaft im Department of Justice ebenso wie die der Unternehmen. Obwohl die meistbenutzte Gesellschaftsform, die Corporation, angesprochen wird, ist der Vermerk auf US-Unternehmen aller Gesellschaftsformen und auch multinationale Konzerne anwendbar.

Die Richtlinien gehen auf mildernde Umstände ebenso wie auf den erzwungenen Verzicht auf das Anwaltsgeheimnis ein. Der von Staatsanwälten oft erpresste Verzicht hat sich als besonderer Stein des Anstoßes erwiesen. Für Unternehmen und ihre Rechtsanwälte bedeutet dies, dass die von Anwälten vorgenommenen Ergebnisse aus Ermittlungen, die vielleicht zu einer Selbstanzeige führen, des Schutzes beraubt werden. Doch enthalten die neuen Richtlinien ein Lippenbekenntnis zur Anerkennung des Anwaltsgeheimnisses.

Für Personal der Unternehmen ist von besonderer Bedeutung der Punkt 3, Shielding Culpable Employees and Agents, nach welchem die Staatsanwaltschaft berücksichtigen kann, ob das Unternehmen die Anwaltshonorare des ebenfalls angeklagten Personals trägt, aaO 11. Vielfach besteht nach einzelstaatlichem Recht und den By-Laws der Unternehmen eine Verteidigungspflicht.

Diese wollte das Thompson-Memorandum routinemäßig aushebeln. Die neuen Richtlinien lassen die Erfüllung der Verteidigungspflicht, die für Vorstand, Aufsichtsrat, Beirat und Geschäftsführung aufgrund der Regeln zur Corporate Governance und nach dem Sarbanes Oxley Act von 2002 von ausschlaggebender Bedeutung ist, im Regelfall unberücksichtigt.

Die unabhängige Second Opinion bleibt weiterhin ein wichtiges Instrument zur Entlastung von Unternehmen und ihrer Leitung im amerikanischen Wirtschaftsstrafrecht.


Montag, den 11. Dez. 2006


Schiedsklausel als Knebelung

 
.   Wenn ein Vertrag mit einer Schiedsklausel insgesamt als nichtige Knebelung angegriffen wird, ist die Nichtigkeit der Schiedsklausel vom Schiedsrichter zu entschreiden. Wenn hingegen die Nichtigkeit der Schiedsklausel allein angegriffen wird, da sie auf einer Knebelung beruht, ist nach § 2 des Bundesschiedsgesetzes, Federal Arbitration Act, 9 USC, das ordentliche Gericht zuständig, entschied am 4. Dezember 2006 das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in Sachen Connie A. Nagrampa v. MailCoups, Inc. et al., Az. 03-15955.


Sonntag, den 10. Dez. 2006

Baurecht und Religionsfreiheit

 
TS - Augsburg.   Es stellt keinen Verstoß gegen das Recht auf freie Religionsausübung und den Religious Land Use and Institutionalized Persons Act, RLUIPA, dar, wenn eine Gemeinde den Antrag einer religiösen Vereinigung auf Eingemeindung ablehnt, nachdem sie nach Antragstellung die örtlichen Bauvorschriften für das entsprechende Gebiet geändert hat. So entschied am 7. November 2006 das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks in der Sache Vision Church, United Methodist v. Village of Long Grove, Az. 05-4144 und 05-4234, womit es die Entscheidung des Ausgangsgerichts bestätigte.

Die Klägerin, eine christliche Religionsgemeinschaft, hatte im Gemeindegebiet der Beklagten in Illinois für die Errichtung einer Art Kirchenkomplex Land gekauft. Um die Gemeindemitglieder besser zu erreichen, beantragte die Klägerin zunächst die Eingemeindung des entsprechenden Grundstücks. Während dieses Verfahrens erließ der Gemeinderat eine Verordnung, Assembly Ordinance, mit der er die bestehenden Bauvorschriften hinsichtlich der Größe von Gebäuden für öffentliche Versammlungen beschränkte.

Die Assembly Ordinance sowie die nicht antragsgemäße Eingemeindung hielt die Klägerin für eine substantial Burden im Bezug auf ihr Recht auf freie Religionsausübung nach dem ersten Verfassungszusatz. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei eine derartige Belastung nicht gegeben, weil die Verordnung neutral sei, da sie sich nicht speziell auf religiöse Gebäude beziehe. Außerdem stelle die Eingemeindung keine Zoning Regulation im Sinne des § 2 (a) (1) RLUIPA dar.

Auch sei die Equal Protection Clause des 14. Verfassungszusatzes nicht verletzt, da keine vergleichbaren Institutionen vorhanden seien. Die Vergleichsobjekte der Klägerin seien Einrichtungen gewesen, die in einem anderen Gebiet als zulässig ausgewiesen seien.


Samstag, den 09. Dez. 2006

Versuchte Spionage: 25 Jahre

 
.   Ein Deutscher lachte, als er die Informationen sah, die ein Seemann aus den USA vom U-Boot mitbrachte, um in einem Drittland politisches Asyl zu erlangen. Doch reichten die Daten für eine Verurteilung aus. Als Deserteur und Spion erhielt er vom Militärgericht in Norfolk, Virginia, am 6. Dezember 2006 eine Haftstrafe von 25 Jahren und Nebenstrafen. 12 Jahre muss er nach einer Absprache mit der vom NCIS unterstützen Anklage verbüßen. Haftverschonung, Parole, ist frühestens nach vier Jahren denkbar. Dem Deutschen wird trotz anfangs fantasievoller Presseberichterstattung keine Beteiligung angelastet.



Prozessuales Viagra

 
.   Unternehmen, die spekulativ Patente kaufen, werden aggressiver und zahlreicher. Ihre Strategie besteht nicht in der produktiven Verwertung von Patenten. Vielmehr sollen aufgrund der Patente produktive Unternehmen verklagt werden. Wenn diesen von Patentkanzleien für die Verteidigung eine erste Kostenschätzung von $650.000 plus $200.000 Gutachterkosten präsentiert werden, gehen sie leicht in die Knie.

Selbst wenn man gewinnt, werden diese Anwaltshonorare und Kosten meist nicht erstattet. Viele Opfer zahlen daher die von Trolls erpressten Lizenzgebühren, selbst wenn sie überzeugt sind, dass ihre Technik nichts mit der patentierten gemeinsam hat.

Die Palette der Abwehrstrategien gegen Patent-Trolle wurde in diesem Jahr um zwei Entwicklungen im Prozessrecht der USA erweitert. Zum einen nahm - wie im German American Law Journal berichtet - der Oberste Bundesgerichtshof in Washington den Trollen am 15. Mai 2006 in Sachen eBay Inc. v. MercExchange, LLC, Az. 05-130, das wichtige Druckmittel der Verbotsverfügung. Dieses konnte gutgläubige Hersteller in den wirtschaftlichen Ruin treiben.

Zudem sehen Gerichte mittlerweile Massenlizenzangebote mit damit verbundenen, vorher eingereichten, doch noch nicht zugestellten Klagen als missbräuchlich an. Im Eon-Net-Troll-System biss die Patent-Klägerin auf Stein, als die beklagte Bank einen Missbrauchsantrag stellte, den das Gericht nach Rule 11 des Bundesprozessrechts gewährte. Bis dahin waren der Beklagten bereits $100.000 Anwaltskosten entstanden, berichtet IP Law & Business, Dez. 2006, S. 16. Diese Kosten sind der Flagstar-Bank ausnahmsweise zu erstatten.

Ein Ende der Patent-Troll-Misere ist damit jedoch nicht abzusehen. Im Gegenteil, jetzt investieren Private Equity-Fonds in auf diesen Missbrauch spezialisierte Unternehmen. Sie wollen damit garantieren, dass sich selbst die größten Unternehmen nicht mehr darauf verlassen können, für die hohen Kosten solcher Verfahren den finanziell längeren Atem zu besitzen: Mit Staying power during litigation wirbt einer dieser Fonds für sein prozessuales Viagra.


Freitag, den 08. Dez. 2006


Incorporation umständlicher

 
.   Die Gründung einer Gesellschaft in den USA gehört zu den simpelsten und billigsten rechtlichen Aufgaben. Demnächst soll sie umständlicher werden. Know Your Client ergänzt für Rechtsanwälte die Kontoeröffnungsvorschriften, die bisher das Umständichste am Gründungsverfahren einer Corporation darstellten.

Als Anwalt muss man ja nicht unbedingt am Bankverfahren beteiligt sein, obwohl man auf Wunsch die Mandantschaft auch dabei unterstützt. Was genau KYC für das Attorney-Client Relationship bedeuten wird, ist noch unbekannt. Bisher wird der Begriff in der Anwaltswerbung eingesetzt.

In Zukunft geht es darum, den Mandanten unter die Lupe zu nehmen, bevor man sich auf eine Vertretung einlässt, und dann wachsam zu bleiben. Jedenfalls schlägt sich zusätzlicher Aufwand auf die Honorare aus.


Donnerstag, den 07. Dez. 2006

Weltmeister MasterCard

 
.   Visa verliert die Schlacht um die FIFA-Marke, MasterCard gewinnt, entschied Richter Preska am 7. Dezember 2006 in Sachen Mastercard International, Inc. v. Fédération Internationale de Football Association, Az. 06 Civ. 3036. Das Verfahren betrifft das vertragliche Recht von MasterCard, eine Option zum Erwerb der FIFA-Lizenz für die Weltmeisterschaften in den Jahren 2010 und 2014 auszuüben. Neben dreisten FIFA-Lügen lagen dem Gericht auch Beweise vor, dass der Fußballverein sich gemäß seinem Motto Fair Play nach außen als ethische Organisation darstellen möchte.


Mittwoch, den 06. Dez. 2006

Irak: Rien ne va plus

 
.   Die Untersuchung des US-Kriegs im Irak zeigt, dass die dortige Führung ohne externe Unterstützung nicht regieren kann. Die USA müssen Hilfe leisten, jedoch nicht als Kriegsmacht bleiben, folgt aus dem am 6. Dezember 2006 veröffentlichten Bericht mit dem Titel The Iraq Study Group Report.

Empfehlung 60 regt an, dem Irak durch das US-Justizministerium, nicht das Pentagon, im Rechtswesen beizustehen. Dieses Ministerium soll nach Empfehlung 61 Richter, Staatsanwälte, Detektive und Gerichtsvollzieher ausbilden, Gerichte bauen und ausstatten sowie den Kampf gegen die Korruption unterstützen.

Der Bericht gibt auch Deutschland eine Rolle. Mit dem UN-Sicherheitsrat soll Deutschland sich für die Eingrenzung des iranischen Atomprogramms verwenden. Der Iran wird angesprochen, weil der Bericht ihm und Syrien eine Sonderstellung im Hinblick auf die Respektierung der irakischen Staatssouveränität beimisst.



Schutz des Staates verloren

 
.   Ausländische Staaten genießen den Schutz des Immunitätsrecht, das die USA im Foreign Sovereign Immunities Act ausgestalten. Auch mehrheitlich staatseigenen Unternehmen steht der Schutz zu. Gilt das noch, wenn der Staat im Verfahren seine Mehrheit aufgibt? Der Fall In re: Linee Aeree Italiana, Az. 06-2935, betrifft die Beteiligungsänderung.

Das Bundesberufungsgericht sollte beurteilen, ob die beklagte Luftfahrtgesellschaft nach der Änderung noch wie ein Staat nach 28 USC §1441(d) ein richterliches Verfahren beanspruchen durfte, ohne sich wie jeder andere Beklagte dem Subsumtionsvermögen der Geschworenen, Jury, zu unterwerfen.

Der Beteiligungswechsel wurde erst wirksam, als Alitalia die Verweisung des Verfahrens vom einzelstaatlichen an das Bundesgericht erwirkt hatte. Als das Gericht deshalb das Verfahren vor der Jury anordnete, beantragte Alitalia beim Obergericht in Chicago eine Anordnung an das Gericht, diesen Beschluss zu revidieren. Das Obergericht lehnte dies am 27. November 2006 ab, obwohl die Beklagte im Recht sein dürfte.

Eine Anordnung an das Gericht, Mandamus, stellt so einen schwerwiegenden Eingriff dar, dass er nur bei äußerster Gefahr gerechtfertigt ist. Dieser liegt nicht vor. Wenn das Verfahren im Untergericht abgeschlossen ist, kann Alitalia immer noch Rechtsmittel einlegen. Der weise Berufungsrichter Posner erinnerte jedoch das Untergericht formlos, diese Frage des US-Bundesrechts gründlich zu überdenken.


Dienstag, den 05. Dez. 2006

Ausländer und Ausweisung

 
.   In einem für Ausländer in den USA wichtigen Urteil klärte der Supreme Court am 5. Dezember 2006, welche Verurteilungen nicht zu einer Ausweisung von Permanent Legal Residents aus den USA führen. Diese Daueraufenthaltsberechtigten mit der falsch benannten Green Card leben in den USA unter dem Damoklesschwert, bei einem strafwürdigen Fehler der Ausweisung zu unterliegen.

In Sachen Jose Antonio Lopez v. Alberto R. Gonzales, Az. 05-547, bestimmte der Oberste Gerichtshof der Vereiningten Staaten in Washington heute, dass nach einzelstaatlichem Strafrecht als Vergehen klassifizierte Straftaten nicht unbedingt die nach Bundesrecht für eine Ausweisung von Inhabern einer Grünen Karte erforderlichen schweren Vergehen, aggravated Felony, im Sinne des Immigration and Nationality Act darstellen, 8 USC §1229b(a)(3).



Beweis des Kunstfehlers

 
.   Ein Arzt muss Sorgfaltspflichten beachten, die im Prozess um einen Kunstfehler zu beweisen sind, bevor der behauptete Pflichtverstoß zur Haftung führen kann. Als nach einer fehlgeschlagenen Blasenoperation der Vater der verstorbenen Patientin Dr. Holcomb verklagte und $1,1 Mio. von den Geschworenen, Jury, zusprochen erhielt, hob das Gericht den Spruch auf und wies die Klage als Judgment as a Matter of Law ab.

Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks bestätigte diese Entscheidung in Sachen Noel K. Blevens v. George W. Holcomb III, Az. 06-1467, am 30. November 2006. Der Richter darf den Geschworenenspruch annullieren, wenn die Jury mit den vorgelegten Beweisen nicht nachvollziehbar zu ihrer rechtlicher Folgerung gelangen konnte.

Hier fehlte es an jeglicher Grundlage für einen Pflichtverletzungsanspruch. Die Sachverständigen des Klägers hatten keine Pflicht definiert, die der Arzt verletzt haben könnte. Sie hatten subjektive Einschätzungen zitiert.

Den objektiven Standard, der der Jury die maßgebliche Pflicht erklärt hätte, hatten sie nicht dargelegt. Ohne Pflicht keine Verletzung, kein Schaden, keine Kausalität - und damit auch keinen Schadensersatz. Arzthaftung


Montag, den 04. Dez. 2006

Produkthaftungsfall weitergereicht

 
.   Auch innerhalb der USA reißen Gerichte nicht jede Klage an sich, wie oft leichthin vermutet wird. Der Beklagte muss sein Recht auf eine Verweisung geltend machen, wenn er ein zuständiges Gericht für unpassend nach dem Grundsatz Forum non conveniens hält.

Im Fall Kay Morris et al. v. AGFA Corporation et al., Az. A112832, klagte der Nachlass eines durch Chemikalien am Arbeitsplatz in Kalifornien geschädigten Druckers aus Produkthaftungsrecht gegen den Chemikalienhersteller. Da der Verstorbene später 20 Jahre lang in Texas denselben Chemikalien ausgesetzt war, beantragte die beklagte Herstellerin die Verweisung des Falles nach Texas.

Das Berufungsgericht des Staates Kalifornien entschied am 21. November 2006 zugunsten der Beklagten, weil die Mehrheit der über die Tatsachen unterrichteten Personen als Zeugen in Texas verfügbar ist. Von 100 Ärtzen und 93 Kollegen ist die Mehrheit in Texas und nur 19 in Kalifornien ansässig. Zudem hatte die Beklagte auf ihr Rügerecht für die nach texanischem Recht bereits eingetretene Verjährung verzichtet.


Sonntag, den 03. Dez. 2006

Airbagdefekt unbewiesen

 
.   Eine Klage kann nicht erfolgreich allein auf die Klägerbehauptung gestützt werden, ein Airbag sei fehlerhaft - der Kläger ist bei einer Produkthaftungsklage auch beweispflichtig. Diesen Beweis muss er durch einen qualifizierten Sachverständigen, expert Witness, erbringen.

Wenn das Gericht einen vorgeschlagenen Sachverständigen zu recht als unqualifiziert ablehnt und vom Kläger kein Ersatz angeboten wird, darf die Klage abgewiesen werden, bestätigte das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks in Sachen Magdalene M. Smoot et al. v. Maxda Motors of America, Inc. et al., Az. 05-4577, am 29. November 2006.

Der Grundsatz res ipsa loquitur greift nicht, denn die sachgerechte Beurteilung der physikalischen Kräfte, die die Funktion des Airbags beeinflussen, ist dem Laien nicht aus der Sache selbst heraus erklärlich.


Samstag, den 02. Dez. 2006


Deutscher Stahl im Blick

 
.   Die alte Leier: Deutscher Stahl wird wieder vom Handelsministerium verteufelt. Der aus anderen Ländern auch. Am 4. Dezember 2006 erscheint im Bundesanzeiger auf den Seiten 70363-7036 die Verkündung der International Trade Administration zur laufenden Untersuchung wegen behaupteter Dumping-Einfuhren deutschen Edelstahls.


Freitag, den 01. Dez. 2006

Garantierter Preisanstieg: .com

 
.   Das Handelsministerium genehmigte gestern die Verlängerung des .com-Registervertrages mit Verisign trotz der aus Nutzerkreisen erhobenen Bedenken gegen den Missbrauch des über ICANN eingeräumten Monopols in der Dot-Com-Domain-Verwaltung.

Beim ins Haus stehenden Anstieg des Großhandelspreises von $6 werden die Zwischenhändler ihre Endpreise fü .com-Domainnamen kräftig anheben müssen. Die Vertragsverlängerung, die jetzt auf der Webseite des Ministeriums zu finden ist, soll weitere Preiserhöhungen in das Ermessen des Monopolisten stellen.

Genaueres wird die gründliche Prüfung des Vertrags, des Amendment to Financial Assistance Award vom 29. November 2006 mit einer Laufzeit bis zum 30. November 2012, zeigen.



Ihre gespeicherten Daten bitte!

 
.   Am 1. Dezember 2006 tritt das neue Prozessrecht über elektronisch gespeicherte Beweismittel, ESI, in Kraft. Auch in Deutschland werden sich die Regeln auswirken. Denn sie betreffen nicht nur USA-interne Prozesse, sondern auch Fälle mit Auslandsberührung. Die Änderungen beschränken sich im Bundesrecht im wesentlichen auf die Rules 16, 26, 33, 34, 37 und 45 der Federal Rules of Civil Procedure. Im einzelstaatlichen Recht wird ESI unterschiedlich, meist durch die Obergerichte, neu geregelt.

Die Umstellung wird zu erheblichen Anpassungen und Experimenten führen. Insbesondere werden Rechtsanwälte veranlasst, vor den ersten Terminen gemeinsam das Ausforschungsbeweisverfahren für elektronisch gespeicherte Verfahren abzustecken. Im Idealfall soll damit vermieden werden, das ein auf einen Schadensersatz von $100.000 verklagtes Unternehmen für die Verfügbarmachung von ESI $250.000 veranschlagen muss.

Eine wichtige Regel betrifft die Löschung von Daten im Rahmen der ordentlichen Geschäftsführung. Datenverlust, auch durch fehlerhafte Bedienung oder Speicherung, soll nicht automatisch zu Sanktionen im Prozess führen. Andererseits bleiben besondere Anstrengungen zur Datensicherung erforderlich, wenn eine potenzielle Prozesspartei oder -beteiligte Person, beispielsweise Zeugen, Kenntnis von einer bestehenden oder erwarteten Klageanhängigkeit erlangt.

Zudem soll auf die technische Entwicklung Rücksicht genommen werden. Der besondere Belastung aus obsoleten Datenträgern ist Rechnung zu tragen. Diese mögen mit erheblichem Aufwand zwar noch auslesbar sein, doch ist er Aufwand im Beweisverfahren gerecht gegen den Beweiswert abzuwägen. Angesichts der vielformatigen Speicherung auf rasch obsolet werdenden Rechnern, Telefonen, Musik-, Film- oder Videospielern, Wegehilfen, Kameras, Speicherkarten, Disketten, CDs, DVDs, Haushaltsgeräten und auch gewerblich genutzten Maschinen kommt dieser Regelung eines besondere Bedeutung zu.


Donnerstag, den 30. Nov. 2006

Begabter Juraprofessor tot

 
.   Professor Peter Junger, ein Jurist, der Assembler-Quellkode lesen konnte, an der Case Western Law School in Cleveland nach der Emeritierung das ihm zustehende Büro gegen das Recht, einen Linux-Server an der Uni laufen zu lassen, eintauschte und zuletzt an einer Kritik von Softwarepatenten, die er technischer Unkenntnis zuschreibt, arbeitete, ist dieser Tage gestorben. Er galt in den Vereinigten Staaten als der Experte für das Verschlüsselungsrecht, sah den Kopierschutz des DMCA als Feigenblatt für minderwertige Programmierleistungen an und erinnerte gern an die Feststellung von Lord Macaulay aus dem Jahre 1841:

The principle of copyright is this. It is a tax on readers for the purpose of giving a bounty to writers.



Hunger, Essen, Denkste

 
.   Amerika gilt aus verklärter Sicht als darwinistischer Traum freier Märkte - Angebot und Nachfrage als oberstes Prinzip. Wie wenig das stimmt, zeigt der Kreis Fairfax, Va.

Die Hungernden werden normalerweise von Freiwilligen gespeist, die in Kirchenküchen kochen oder das Heimgekochte zu zentralen Stellen fahren und austeilen. In Fairfax ist das nun verboten. Jede Küche, die fremde Hungrige versorgt, muss staatlich geprüft sein.

Wer genauer hinschaut entdeckt, dass dergleichen Regulierungswahn in den USA schon längst im gewerblichen und unternehmerischen Bereich die Norm ist. Nicht umsonst haben die USA knapp 60 große und tausende kleinerer Gesetzgebungsgremien, die sich alle ihren Wählern mit phantasievollen Maßnahmen verkaufen wollen. Es gibt wohl keinen Bereich, in dem zwischen Angebot und Nachfrage nicht der Staat steht.


Mittwoch, den 29. Nov. 2006

Ego unter 100% ?

 
.   Damit ja kein US-Anwalt vergisst, wie klasse er ist, gibt es eine gerahmte Auszeichung: AV Peer Rated und der Name steht drauf. Nicht nur, dass die Kollegenschar keinen Einspruch einlegte, als der Fachbuchverlag sie nach Leistung, Einsatz und Ruf befragte. Man wird auch noch gepriesen. Für ein paar hundert Dollar kann man sich als gestandener Rechtsanwalt ein Holz-, Luzit- oder sonstiges Modell aussuchen und auf den Schreibtisch stellen. Jedes Jahr ein neues. Wenn Scheine nicht reichen. Wenn man nicht schon genug Kitsch besitzt. Oder wenn das Ego nicht die 100%-Marke erreicht.



Gehören Sie zum Umfeld?

 
.   Schade, jetzt weiß wieder jeder, mit wem er reden darf, und muss nicht erst den Anwalt fragen. Eigentlich war es ja kein schlechtes Geschäft, seit Bush im Jahre 2001 Kontakte mit Terrorumfeldsverdächtigen verbot. Wer darf mit wem? Können wir noch mit dieser Firma in Verbindung treten, Geschäfte abschließen? Oder kommen wir dann nach Guantanamo? Auch wenn wir im Ausland unseren Sitz haben, soll das Verbot uns erfassen? Das gibt es doch nicht!

Mit dem Urteil in Sachen Humanitarian Law Project et al. v. United States Department of Treasury et al., Az. CV-05-8047, vom 29. November 2006 ist das Thema "otherwise associated with" aus der Welt geschafft. Das Verbot in §1(d)(ii) der Executive Order 13224 vom 12. Oktober 2001 verletzt den ersten Zusatz zur US-Verfassung, schreibt das Gericht.


Dienstag, den 28. Nov. 2006

Wieviel Geld hab ich?

 
.   Essentieller als Webseiten ist Geld, auch für Blinde. Sie können ihr Geld nicht erkennen. Also muss das Schatzamt das Papiergeld blindengerecht anpassen. Das Gericht findet unzumutbar, dass Blinde Dritten vertrauen müssen, um den Wert des Scheins in ihrer Hand zu erfahren. Doch fast eine Million Blinde sind Dritten so ausgeliefert. Und knapp zweieinhalb Millionen Sehbehinderte behelfen sich, indem sie sich die Scheine erklären lassen und dann in verschiedene Formen falten oder unterschiedliche Taschen stecken, um sie wiederzuerkennen. Die Risiken, insbesondere beim Wechselgeld, sind offensichtlich, doch quantitativ unbewertet.

Von den 180 papiergeldnutzenden Staaten der Welt verwenden die USA als einzige Geldscheine mit derselben Farbe und Größe für alle Werte, beklagt das Washingtoner Bundesgericht der ersten Instanz in Sachen American Council for the Blind et al. v. Henry M. Paulson, Az. 02-0864, am 28. November 2006. Banknoten zahlreicher Staaten verwenden nicht nur unterschiedliche Formate, sondern auch fühlbare Unterscheidungsmerkmale, beispielsweise der Euro, der Yen und der schweizer Franken.

Vor zehn Jahren eingeleitete Änderungen der US-Banknoten setzten die im Kongress untersuchten Erkenntnisse über blindengerechtes Geld unzureichend um. Die Umstellung war nicht teuer; der größte Teil des Umstellungsetats entfiel auf Werbung. Das Versagen des Schatzamtes, Blinden angemessen den Zugang zu einem essentiellen Dienst der Vereinigten Staaten zu gewähren, bedeutet nach dem heutigen Teilurteil eine Verletzung von §504 Rehabilitation Act, deren Bewältigung im weiteren Verfahren zu behandeln ist.



Diskriminierende Kündigung?

 
TS - Augsburg.   Die Diskriminierungsklage eines Arbeitnehmers hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er die Diskriminierung und ihre Ursächlichkeit für die Kündigung nachweisen kann. Mit dieser Begründung bestätigte das Bundesberufungsgericht am 9. November 2006 in der Sache Everett Young v. Dillon Companies, Inc., Az. 05-1378, die Entscheidung des Erstgerichts.

Der Kläger, ein afro-amerikanischer Angestellter der Beklagten, hatte im Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, keine hinreichenden Beweise herbeigeführt, die die Zuleitung des Verfahrens an die Zivilgeschworenen, Jury, zulässig machten. Daher wurde die Klage nach dem ersten Prozessabschnitt, der Schlüssigkeitsprüfung, und dem zweiten Schritt, der Beweisbeschaffung, mit dem dann zulässigen Mittel des Summary Judgment abgewiesen.

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis gekündigt, da der Kläger - wie Videoaufnahmen bewiesen - mehr Arbeitsstunden abgerechnet hatte als er anwesend war. Dies sei allerdings nach Ansicht des Klägers nur ein Scheingrund gewesen, der vor die eigentliche Diskriminierung wegen seiner Hautfarbe gestellt worden sei.

Das Berufungsgericht hält es jedoch für den Beweis einer Diskrimierung für erforderlich, dass die von der Beklagten angeführten neutralen Kündigungsgründe so schwach oder widersprüchlich waren, dass ein vernünftig Urteilender diesen nicht geglaubt hätte. Entsprechendes konnte der beweispflichtige Kläger jedoch nicht vorbringen.


Montag, den 27. Nov. 2006

Auslobung zulässig, riskant

 
.   Eine Belohnung von $5 Mio. für Informationen zur Festnahme eines Flüchtigen versprach mit einem Dekret der Interimspräsident von Peru. Der Anspruch kann in den USA gegen Peru durchgesetzt werden, bestimmte das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks am 1. November 2006. Der Staat hatte sich vertraglich wie ein Privater verhalten, sodass die Immunitätsausnahme für gewerbliche Handlungen griff. Ius gestionis kann nach dem Urteil in Sachen Jose Guevara v. Republic of Peru et al., Az. 05-16235, jede öffentlich-rechtliche Körperschaft der Welt bei einer Auslobung diesem Risiko nach 28 USC §1605(a)(2) aussetzen.



Mergerklausel im E-Vertrieb

 
.   Mit einer Merger Clause - auch Integration Clause oder Entire Agreement Clause genannt - sollen alle Erklärungen aus Verhandlungen im Vertrag aufgehen und in Zukunft keine selbständige rechtliche Wirkung entfalten. Umfasst die Klausel auch bereits die Sachverhalte in einem getrennten Vertrag? Wirkt die Schiedsklausel im neuen Vertrag auch im älteren, dem die Schiedsregel fehlt? Ein Urteil vom achten Bezirk betrifft einen neuen Vertrag für Leistungen eines Händlers zur Unterstützung des Internetvertriebs eines Herstellers sowie einen alten Vertrag für den Ladenverkauf des Händler.

Das Bundesberufungsgericht entschied am 17. November 2006 in Sachen Suburban Leisure Center, Inc. v. AMF Bowling Products, Inc. et al., Az. 06-1865, dass auf die Schutzklage des Händlers gegen die Kündigung des Altvertrages trotz der Merger-Klausel nicht die Schiedsklausel des ECommerce-Vertrags Anwendung findet.

Der gekündigte Händler darf seinen Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller aus der vorzeitigen Kündigung des Ladenvertriebs im Prozess vor dem ordentlichen Gericht weiterverfolgen. Der Lieferant kann nicht die Mitwirkung des Händlers am Schiedsverfahren einklagen, weil der gekündigte Altvertrag keine Schiedsklausel enthält.

Die der Merger-Klausel zugrundeliegende Beweisregel, Parol Evidence Rule, findet hier keinen Einsatz, weil der Erstvertrag nicht dem Zweitvertrag widerspricht und ihn nicht ergänzt. Der neuere ECommerce-Vertrag wirkt zudem im Sinne des collateral Contract-Grundsatzes unabhängig vom älteren Vertriebsvertrag.

Daher greift die Vermutungsregel dieser Doktrin nicht in dem Sinne, dass diese Vertragsklausel jeden sonstigen, selbständigen Vertrag erfasst. Selbst wenn für Schiedsklauseln nach US-Bundesrecht die Auslegungsregel gilt, dass Schiedsverfahren favorisiert werden, ist bei unabhängigen Verträgen der Grundsatz des Federal Arbitration Act anzuwenden, dass nur der, der die Schiedsklausel vereinbart, den Schiedsweg beschreiten muss, vgl. Moses H. Cone Memorial Hospital v. Mercury Construction Co., 460 U.S. 1, 24-25 (1983).



Amtliche Bekanntmachung

 
.   Der Fernsehspot auf Kanal 7 beginnt mit dem Hinweis auf ein wichtiges public Announcement: Die Regierung und Privatbanken verkaufen Häuser an die Öffentlichkeit wegen Hypothekenverfalls billig. Bürger, deren Nachnamen mit A bis N beginnt, sollen sofort 1-800-230-0928 anrufen. Bürger mit Nachnamen von O bis Z müssen bis morgen warten.

Einblendung: Dies ist kein Spot amtlicher Stellen. Rechtswidrig ist die Verwendung des Begriffes public Announcement, der gemeinhin als amtliche Bekanntmachung verstanden wird, nicht.


Sonntag, den 26. Nov. 2006

Angriff auf Schiedsspruch

 
.   Mit einem Unternehmensverkauf gingen die Parteien auch einen Vertrag über fortlaufende Beratungsleistungen des Verkäufers ein, der eine Schiedsklausel, ein Wettbewerbsverbot und ein Verbot der Abwerbung enthält. Auf dem Schiedswege wurde dem Erwerber ein Schadensersatz von $1,4 Mio. wegen der Verbotsverletzung zugesprochen.

Gegen den Schiedsspruch ging der Verkäufer am 10. August 2005 mit einer Aufhebungsklage im Bundesgericht in Missouri vor, während der Erwerber am nächsten Tag im einzelstaatlichen Gericht von Texas die Bestätigung und Vollstreckung des Schiedsspruches beantragte. Das Bundesgericht wies die Klage wegen der vom Obersten Bundesgerichtshof der USA in Washington im Fall Colorado River Water Conservation District v. United States, 424 US 800, 817 (1976), gebotenen Zurückhaltung, Abstention, bei anhängigen einzelstaatlichen Prozessen ab. Gegen dieses Urteil geht der Verkäufer mit der vorliegenden Berufung im achten Bundesbezirk vor. Das Gericht von Texas erließ ein Urteil zur Vollstreckung des Schiedsurteils.

Da der Verkäufer den Weg in die Berufung auch im einzelstaatlichen Prozess ankündigte, kann die Berufung des Verfahrens vor dem Bundesgericht nicht als erledigt, moot, betrachtet werden. Die Berufung zum Bundesberufungsgericht in Sachen Robert L. Myer v. Americo Life, Inc., Az. 06-1687, konzentriert sich daher auf die Rechtskraftserstreckung des einzelstaatlichen Urteils auf den Bundesprozess.

Diese erörtert der United States Court of Appeals am 15. November 2006 ausführlich und bestätigt im Ergebnis das Untergericht. Selbst der Hinweis des Verkäufers, dass er nach einer erfolgreichen Berufung vor dem Staatsgericht die Frist zur Aufhebung des Schiedsspruches nach dem Federal Arbitration Act verpassen würde, hilft ihm nicht.




Striktes Verfahren

 
.   Die Prozessregeln übertrumpfen den gesunden Menschenverstand. Einem Klagabweisungsantrag wegen mangelnder Schlüssigkeit einer Klage nach Rule 12(b)(6) der Federal Rules of Civil Procedure begegnete der Kläger mit einem Antrag auf Verweisung des Prozesses von Maine nach Florida.

Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks hielt die daraufhin erfolgte Klagabweisung des Erstgerichts aufrecht. Der Kläger habe zwar den Verweisungsantrag stellen dürfen, doch habe er auf seine Rechte in Bezug auf den Schlüssigkeitsantrag verzichtet, sodass das Gericht die Klage auf den Antrag der Beklagten wirksam abweisen durfte. Um die Klage verweisen zu lassen, hätte der Kläger auch auf den Abweisungsantrag antworten müssen.

Das Urteil ITI Holdings, Inc. v. Joseph Odom et al., Az. 06-1616, vom 14. November 2006 belegt den Grundsatz, dass kein Gedankensprung toleriert wird. Die Entscheidung sähe anders aus, wenn der Verweisungsantrag als Zurückweisung des Abweisungsantrags beurteilt worden wäre - was ja logisch klingt. Doch gilt im amerikanischen Recht, dass jedes Glied einer Antrags- oder auch Argumentationskette offen gezeigt wird muss. Eine implizierte Argumentation gilt nicht, selbst wenn der gesunde Menschenverstand anders reagieren würde.


Samstag, den 25. Nov. 2006

Kopierschutz-Bruch legalisiert

 
.   Neue Ausnahmen vom Kopierschutz-Umgehungsverbot lindern Rootkit-, DRM- und CSS-Qualen. Entsprechende Regeln wurden in den Jahren 2000 und 2003 erlassen. Sie wurden im Oktober vorläufig mit der Exemption to Prohibition on Circumvention of Copyright Protection Systems for Access Control Technologies, 71 FR 63247 (October 30, 2006), verlängert.

Das Urheberrechtsamt in der Kongressbibliothek veröffentlicht nun im Bundesanzeiger vom 27. November 2006, Band 71, Heft 227, S. 68472-68480, die bis zum 27. Oktober 2009 nach dem Digital Millennium Copyright Act, 17 USC §1201(a)(1)(D)f, geltenden Ausnahmen zum Umgehungsverbot. Diese Ausnahmen nach US-Recht gelten für nichtverletzende Nutzungsarten bei urheberrechtlich geschützten Werken, die das Amt zu prüfen hatte. Bei der Prüfung arbeitete die Library of Congress mit dem Assistant Secretary for Communications and Information im Handelsministerium zusammen und holte die Stellungnahmen der Öffentlichkeit ein.

Die neuen Ausnahmen in 37 CFR 201.40 betreffen sechs Werkarten: CSS-geschützte audiovisuelle Werke für den Unterricht, ausgelaufene Softwareprogramme und Videospiele für nicht mehr im Markt vertriebene Geräte zum Zwecke ihrer Archivierung, obsolete Programme mit Dongle-Schutz, EBooks mit einer das Vorlesen behindernden Zugangsbeschränkung, Sperr-Programme in mobilen Telefonen zum Zwecke ihres Anschlusses an Netzwerke sowie DRM-geschützte CDs mit Tonaufnahmen und damit verbundenen audiovisuellen Werken zur Prüfung und Beseitigung von Sicherheitsproblemen wie im Fall Sony Rootkit.


Freitag, den 24. Nov. 2006

Fest- oder Geiselnahme?

 
.   Am 21. November 2006 entschied der United States Court of Appeals for the District of Columbia die Frage, wann eine Festnahme zur Geiselnahme wird. Libyen hatte 1987 zwei Touristen festgenommen. Die überlebende Amerikanerin verklagte Libyen und legte in Sachen Sandra J. Simpson et al. v. Socialist People's Libyan Arab Jamahiriya, Az. 05-7049, Umstände dar, die über eine einfache Festnahme hinaus gingen. Damit griff die sogenannte Terrorismus-Ausnahme zum Immunitätsgrundsatz nach dem Foreign Sovereign Immunities Act.

Die Ausnahme wurde mit dem Antiterrorism and Effective Death Penalty Act of 1996 in den FSIA eingefügt und definitiert die Geiselnahme wie Art. I der internationalen Übereinkunft gegen die Geiselnahme, siehe 28 USC §1605(e)(2). Eine Geiselnahme ergänzt nach amerikanischem Recht die Festnahme um eine besondere mens rea, das Erzwingen von Handlungen oder Unterlassungen Dritter.

Die Kläger trugen substantiiert vor, dass Libyen ihre Geiselnahme beabsichtigte, um unter anderem Druck auf die USA und Ägypten auszuüben. Das Bundesberufungsgericht in der Hauptstadt der USA entschied, dass die Klage die äußeren Umstände einer Geiselnahme hinreichend dargelegt hatte. Damit durfte das Untergericht angemessen auf die mens rea Libyens schließen. Daher konnte die Terrorismus-Ausnahme greifen. Deshalb wurde die Klage gegen Libyen nicht durch die Immunitätsschranke blockiert.


Donnerstag, den 23. Nov. 2006

Spam im Bundes- und Staatsrecht

 
.   Zuviel Reisewerbung per EMail erhielt Mark Mumma. Er weigerte sich, am Opt-Out-Verfahren teilzunehmen. Er erklärte dem Syndikus der Reisefirma am Telefon, dass darauf nur Idioten hereinfallen. Er verlangte die sofortige Streichung seiner Domains aus den Listen der Kläger. Der Syndikus versprach es. Doch hatten seine Techniker die Löschung noch nicht abgeschlossen, als das System wieder EMails an Mumma sandte. Er verlangte von den Klägern nun vergleichsweise $6.250 statt des gesetzlichen Schadensersatzes von $150.000 im Wege einer Klage.

Als kein Geld eintraf, nannte er die Kläger auf einer seiner Webseiten Spammer und veröffentlichte Fotos, die er von ihrer Webseite übernahm. Die Kläger verklagten ihn wegen Verleumdung, Urheber- und Markenrechtsverletzung sowie des Fotoklaus. Mit Ausnahme der Verleumdung wurde die Klage abgewiesen. Der Beklagte erhob im Wege der Widerklage Ansprüche wegen Spam-EMails nach Bundesrecht und einzelstaatlichem Recht.

Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks erörterte am 17. November 2006 ausführlich das Verhältnis des bundesrechtlichen CAN-SPAM-Gesetzes zum einzelstaatlichen Recht von Oklahoma. Es entschied, dass das Bundesrecht das Oklahoma-Gesetz bricht. Nach Bundesrecht hat der Beklagte jedoch keine haftungsbegründenden Tatsachen vorgetragen.

Zudem erklärte es in Sachen Omega World Travel, Inc. et al. v. Mummagraphics, Inc. et al., Az. 05-2080, dass das Bundesrecht nicht den Anspruch aus Trespass to Chattels, die behauptete PC-Beschädigung durch Spam, aus einzelstaatlichem Recht bricht. Die Geltendmachung dieses Anspruches beurteilt es jedoch als verfehlt. Untergerichtlich bleibt nun nur noch der Verleumdungsanspruch zu entscheiden.


Mittwoch, den 22. Nov. 2006

Vioxx nicht als Sammelklage

 
.   Der Versuch der Vioxx-Kläger in den USA, den Hersteller im Rahmen einer Sammelklage pauschal zu verurteilen, ist am 22. November 2006 mit der Entscheidung des erstinstanzlichen Bundesgerichts in Sachen In Re: Products Liability Litigation, Az. 1657, gescheitert.

Das Gericht weigerte sich auf Antrag des Herstellers Merck, die Klasse zu zertifizieren, weil ihre Mitglieder, die Tatsachen und die Ansprüche sehr unterschiedlicher Art sind.

Laut Richter Eldon Fallons 25-seitigem Urteil müssen sie nach geltendem, durch Präzedenzfälle belegtes Recht in Einzelverfahren beurteilt werden. Die bisher entschiedenen Fälle mit recht unterschiedlichem Ausgang bestätigen seine Einschätzung.



WLAN-Emissionen speichern?

 
.   Zuhause, im Cafe oder am Bahnhof können Daten wild durch's WLAN fliegen. Jeder kann sie empfangen, so mit den vom BSI ausgegebenen Programmen auf der BOSS-CD. Darf man die freigesetzten Daten auch speichern?

Ist Österrreich restriktiver als Deutschland? Dort wäre scheinbar nicht einmal der Einsatz der Programme gestattet. Darf der in Österreich gespeicherte Datenfluss in Deutschland gerichtlich verwertet werden? Oder in den USA? Wie sieht es mit Daten aus den USA in Deutschland oder Österreich aus?

Die Freisetzung privater Daten steht auf einer Seite der Münze, die Speicherung und Verwertung, insbesondere vor Gericht, auf der Kehrseite. Was meinen die Leser? Angesichts des morgigen Thanksgiving-Feiertags wird es hier keine Antworten geben, doch vielleicht finden sie sich in den Kommentaren.



Foren haften natürlich nicht

 
.   Der Oberste Gerichtshof von Kalifornien entschied in Sachen Stephen J. Barret v. Ilena Rosenthal, Az. S122953, am 20. November 2006 eine wichtige Frage zur Haftung für rechtswidrige Inhalte in Internet-Foren. Das Gericht in San Francisco bestätigte die Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs von Internetdienstleistern für den von dritter Seite beigesteuerten Inhalt nach dem Communications Decency Act of 1996, 47 USC §230(c)(1), und erstreckte das Privileg auf die Nutzer solcher Foren, die rechtswidrige Inhalte weiterverbreiten.

Wie ein Buchhändler nicht für die rechtswidrigen Buchinhalte haftet, haftet auch ein Internet-Forum oder Forumnutzer nicht für die rechtswidrigen Inhalte, die Dritte bereitstellen. Das Untergericht hatte jedoch die Haftung ausgedehnt. Es stellte Forennutzer Verlegern und Herausgebern gleich, die für rechtswidrige Inhalte haften. Der Sachverhalt betrifft keinen Verlag oder ISP, sondern eine natürliche Person, die kein Forum betreibt. Im Ergebnis kann sich das Opfer einer Internet-Verleumdung weiterhin nur an die Quelle, nicht Betreiber oder Nutzer eines Forums halten, in dem die Veröffentlichung erfolgt.

Die Beklagte hatte beleidigende und verleumderische Meinungen Dritter in zwei Newgroups veröffentlicht. Die erste Instanz sah die Beklagte als haftungsprivilegierten Distributor an. Das Berufungsgericht wich vom führenden Präzedenzfall Zeran v. America Online, Inc., 129 F.3d 327 (4th Cir. 1997), ab. Doch der Supreme Court verwarf seine Analyse. Er bestätigte das Haftungsprivileg für Internetdiensteanbieter. Er erstreckt es auf Personen ohne jegliche Kontrolle über Internetforen wie die Newsgroups. Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber aktive wie passive Nutzer von Internetdiensten schützen wollte.

Mit dem Haftungsprivileg wird die Meinungsfreiheit geschützt, hatte der Kongress bei Erlass des Gesetzes bestimmt. Der Preis dafür bestehe in der Gefahr, dass der Verleumdete oder Beleidigte sich nicht an den ISP wenden kann, in dessen Forum die rechtswidrige Äußerung erscheint. Auch eine Unterrichtung des ISP über rechtswidrige Inhalte könne keine ISP-Haftung oder eine Beseitigungspflicht auslösen, hatte das Gericht im Fall Zeran entschieden. Diese einer Zensur vorbeugende Auffassung ist nach dem neuen Urteil auch auf die wiederveröffentlichenden Nutzer von Foren anzuwenden.


Dienstag, den 21. Nov. 2006

Hallo Idiot

 
.   Verkehrserziehung als Ad-hoc-Maßregelung wird einfacher. Programmierbare LEDs mit 5 festen oder 122 rotierenden Buchstaben machen sie jedem Verkehrsteilnehmer möglich. Wer seine Anweisungen nicht in real Time tippen will, kann bei Platewire Dampf ablassen.

Am höchsten Familienfeiertag der USA, dem Thanksgiving Day, macht sich die Uneinheitlichkeit des Rechts besonders bemerkbar. An jedem Ort, in jedem Kreis, in jedem Staat der USA gelten andere Verkehrsgesetze, andere Schilder, andere Polizeiverordnungen - kurz, ein Durcheinander. Für das Fest in zwei Tagen kurven bereits Fahrer mit den unterschiedlichsten Vorstellungen vom Verkehr durch's Land, und die geballte Unwissenheit prallt allerorten aufeinander.

Anders als in Deutschland mit einer recht einheitlichen Rechtsordnung ist in den USA eine Wissensstreuung über Tageszeitungen, Autozeitschriften oder Fernsehsendungen unpraktisch. Das gilt für die Verkehrsregeln genauso wie das Mietrecht, Erbrecht, Gesellschaftsrecht oder Strafrecht. Die deutlich ausgeprägtere Rechtssicherheit in Deutschland sollte dort als Standortvorteil nicht unterschätzt werden.


Montag, den 20. Nov. 2006

Ausverkauf zum Feiertag

 
.   Mit dem Feiertag am Donnerstag beginnt die Weihnachtsrummelsaison, und damit der große Ausverkauf. 50% Rabatt gibt es auch auf den staatseigenen I.M. Pei-Büroturm am Hafen von Baltimore, Md. Der Staat hat seit einiger Zeit die Mietverträge im Juwel des Staates Maryland auslaufen lassen, was den Wert von $80 Mio. auf $37 Mio. reduzierte. Freunde des abgewählten Gouverneurs Ehrlich, der den Verkauf anleierte, sollen als Bieter in der Geheimauktion beteiligt sein, berichtet die Washington Post am 20. November 2006.



$1Mio. Kaution für Anwalt

 
TS - Augsburg.   Die Verhängung einer Kaution verstößt nicht schon dann gegen den Achten Verfassungszusatz, die Excessive Bail Clause, wenn sie die reguläre Höhe gleichartiger Delikte um 2000% übersteigt und neben der Fluchtgefahr noch andere Faktoren berücksichtigt wurden. Damit bestätigte am 7. November 2006 das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in der Sache Galen et al. v. County of Los Angeles et al., Az. 04-55274, die Entscheidung des Ausgangsgerichts.

Der Angeklagte war Rechtsanwalt und wegen des Tatvorwurfs der häuslichen Gewalt festgenommen worden. Um das Opfer, seine Ex-Verlobte zu schützen, verhing der zuständige Commissioner eine Kaution von $1.000.000. Normalerweise beträgt die Kautionshöhe für derartige Delikte nur $50.000. Aus Furcht vor einem längeren Gefängnisaufenthalt arrangierte der Berufungskläger die Summe. Daraufhin verlangte er dafür nach 42 USC §1983 vom County of Los Angeles und zwei Polizeibeamten Schadensersatz.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts konnte der Berufungskläger eine tatsächlich vorliegende Unverhältnismäßigkeit, wie sie §1983 voraussetzt, nicht nachweisen. Die Abweichung von der Regelhöhe hatte der zuständige Beamte in den Akten ausreichend begründet. Dafür durfte er neben der Fluchtgefahr auch die Sicherheit der ehemaligen Verlobten heranziehen, weil es geltendem Recht, dem California Penal Code §1269c, entspricht.


Sonntag, den 19. Nov. 2006

Indianer keine Ausländer

 
.   Die Immunität fremder Staaten gilt nicht für Indianerstämme, entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in Sachen Art Navarro v. Eagle Mountain Casino, Az. 05-15048, 183 Fed. App. 659 (2006). Die Entscheidung bezeichnet es als nicht zitierfähig, vielleicht weil die Einrede des Foreign Sovereign Immunities Act zu dumm ist. Die besondere Immunität der Indianerstämme wird durch das Urteil vom 6. Juni 2006 nicht aufgeweicht. Im amerikanischen Recht gelten nicht nur fremde Staaten als foreign, sondern auch die Einzelstaaten im Verhältnis zueinander, jedoch nicht in Verbindung mit diesem Bundesgesetz, das nur auf Staaten des nichtamerikanischen Auslands anwendbar ist.



Rechtedialog in Berlin

 
.   Lawrence Lessig und und Patrick Strauch werden ihre Vorstellungen zum Urheberrecht in Berlin ausfechten. Als Vertreter der sich extrem langsam auf technische Entwicklungen einstellenden Rechtevermarkter einerseits und des Urheberrechts-Realismus im Rahmen heutiger Technik andererseits sollten die von der Deutsch-Amerikanischen Juristen-Vereinigung geladenen Sprecher am 22. November 2006 eine interessante Diskussion bieten.

Unter dem Titel The Current of Ideas in Cyber Society werden der Professor und der Sony-Vertreter sicherlich über das antiquierte Geschäftsmodell eines Abmahn- und Klageunwesens für sogenannte Raubkopien hinaus zukunftsorientierte Lösungen erörtern, wie sie beispielsweise in den Arrangements von YouTube mit den Musik- und Filmrechteverwertern neue Wege weisen.

Neue Techniken verdammen, den Fortschritt hemmen, Kunden als Räuber titulieren und mit Klagen wild um sich schlagen - so kann die Film- und Musikwirtschaft nicht weitermachen.

Indem sie durch extreme Beeinflussung der Gesetzgeber zudem darauf aus ist, ablaufende Urheberrechte immer wieder zu verlängern, treibt sie ein veraltetes Geschäftsmodell so auf die Spitze, dass bald niemand mehr ihre Auffassungen und gesetzlich eingeräumten, temporären Monopolrechte respektieren kann. Von ihren Künstlern erwartet sie Kreativität - es wird Zeit, dass sich sich als Vermarkter der Werke auch etwas einfallen lässt.


Samstag, den 18. Nov. 2006

Mit Phrase gegen MySpace

 
.   Schaffen die Musik- und Filmverlage mit dem Begriff rampant ein neues Tatbestandsmerkmal? Gibt es überhaupt noch eine Urheberrechtsverletzung, die sie nicht als rampant bezeichnen? Seit mindestens 15 Jahren gehört rampant zu ihrem Standardrepertoire und wirkt wie eine abgedroschene PR-Phrase. Eine unglaubwürdige Übertreibung?

Am 17. November 2006 taucht rampant in einer Klage gegen einen Blogbetrieb auf, UMG Recordings, Inc. et al. v. Myspace, Inc. et al., Az. CV-06-07361, eingereicht bei einem United States District Court in Kalifornien, auf. MySpace soll systematisch das Kopieren geschützter Werke fördern; aaO 11.

Wenn das Urban Dictonary den Begriff mit cool; good, basically übersetzt, hat die dem technischen Fortschritt immer noch hinterherhinkende Musikindustrie für manche den Nagel auf den Kopf getroffen. Ein Monopol auf den Begriff hat sie allerdings noch nicht, wie der Inquirer mit Sex not Rampant on the Interweb am 15. November 2006 belegt.

Eine Steigerung von rampant lautet übrigens: Wenn Ihr mickriges Land das rampant Kopieren nicht abstellt, werfen wir die Atombombe des Handelsrechts auf Sie! So weit wagt sich nur die Filmindustrie vor. Da man jedoch nicht bei jedem Gespräch zwischen Außenministern und Vertretern der Filmwirtschaft zugegen sein kann, sind weitere interessante Ausgestaltungen dieser Phrase nicht auszuschließen.


Freitag, den 17. Nov. 2006

Pflichtlektüre zur Sprache

 
.   Transblawg bietet exzellente Beispiele für die Umsetzung deutscher Gedanken in die englische Sprache. Beziehungsweise ist beispielsweise ein Wort, dass sich in der deutschen Sprache, gerade der Rechtssprache, häufig findet und in der englischen keinen richtigen Gegenpart besitzt.

Oft wird unpassend auf respectively oder das so gut wie unbekannte resp. zurückgegriffen. Warum das nicht passt, und wie man seine Gedanken auf Englisch ausdrückt, erklärt Margaret Marks am 16. November 2006.

Das zweite, auffällig deutsch verwandte Wort lautet already, das oft irrtümlich für das deutsche schon eingesetzt wird. Zudem wird die unterschiedliche Verwendung des Bindestrichs erörtert. Internetbenutzer wissen es schon wegen der Domainnamen: In Amerika tauchen sie viel seltener auf als im deutschen Sprachraum. Lesenswert für Juristen und jeden, der ein Schreiben auf Englisch verfasst.


Donnerstag, den 16. Nov. 2006

Einmischung des Präsidenten

 
.   Ausgerechnet in Texas wird dem Präsidenten die unzulässige Einmischung in einzelstaatliche Angelegenheiten vorgeworfen, als er einem Urteil des Internationalen Gerichtshofs zur Wiener Übereinkunft in Konsularsachen zur Anerkennung verhelfen wollte. Bush wusste, dass das internationale Urteil im Avena-Fall die einzelstaatlichen Gerichte nicht binden kann. Doch wollte er erreichen, dass diese Gerichte dem internationalen Gerichtshof Respekt zollen und Urteile überprüften, die Ausländer ohne Notifizierung strafrechtlich verurteilten.

Die Entscheidung des Court of Criminal Appeals of Texas in Sachen Ex Parte Jos. Ernesto Medellin, Az. AP-75,207, vom 15. November 2006 kann weitreichende Bedeutung entfalten, da die Zahl von so verurteilten Ausländern hoch ist. Prof. Ku von der Willian & Mary School of Law argumentiert, dass Bush zunächst einen Staatsvertrag mit Mexiko hätte vereinbaren sollen, bevor er den Einzelstaaten Anweisungen zur Behandlung mexikanischer Todeskandidaten erteilte.

Schon der Supreme Court hatte Bedenken gegen die Einmischung geltend gemacht. Seit der Entscheidung des ICJ soll sich die Verwaltungspraxis in den USA bei der Festnahme von Ausländern im Hinblick auf die konsularische Notifizierung nach dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 jedoch erheblich verbessert haben.



NDA als Knebel

 
.   Streit bahnt sich an. Beweise liegen bei einem Dritten. Der ist gesprächsbereit. Aber er verlangt ein NDA, ein Non-Disclosure Agreement, auch als Confidentiality Agreement bekannt.

Freude kommt auf, denn Vertraulichkeit ist allerseits angezeigt. Vielleicht lässt sich der Streit ja beilegen. Doch Vorsicht: Das NDA verbietet auch eine Klage gegen den Offenlegenden. Er kann am Streitanlass beteiligt sein. Soll man nun oder besser nicht? Was empfiehlt sich im amerikanischen Recht?

Man muss ja nicht. Wenn man die Gegenseite verklagt, kommt man nach US-Recht ohnehin an die Unterlagen des Dritten und die Aussagen seines Personals heran. Und erst recht, wenn man den Dritten verklagt. Dafür gibt es die Discovery. Das weiss der Dritte auch. Also einigt man sich auf Änderungen.

Der Knebel löst sich in Luft auf. Die Gespräche führen zum Erfolg. Und der Einsicht, dass man sich mit dem Dritten vertragen kann. Vielleicht wird er nicht verklagt, selbst wenn bei ihm auch nicht alles perfekt lief. Wer gegen Feinde vorgehen muss, ist mit mehr Freunden gut bedient. US-Recht


Mittwoch, den 15. Nov. 2006

Schädeltourismus

 
.   Eine Lehrerin, die mit ihren Schülerinnen durch Land fährt, um alte Grabstätten zu besuchen, konnte ihren Freispruch vom Vorwurf der Störung der Grabesruhe nicht abholen, obwohl sie eine Ewigkeit auf den Gerichtstermin in Tazewell, Va. wartete. Entlastend hatte ein Friedhofswärter darauf hingewiesen, dass Vandalen öfter Schädel und Knochen aus Gräbern auf den Rasen werfen.

Die Totenruhe sei daher bereits gestört gewesen, als die Schulgruppe das fragliche Grab besichtigte. Bildaufnahmen belegen zwar, dass die Gruppe die Besichtigung vornahm. Jedoch sollen keine Bilder beweisen, dass sie die Knochen anrührte, berichtet TimesDispatch.com am 14. November 2006 in Teacher did Nothing Wrong.



Abmahnung geht nach hinten los

 
.   Abmahnungen von Webseitenbetreibern dienen oft der Volksbelustigung bei ChillingEffects. Der Schuss geht vor allem dann nach hinten los, wenn die Aufforderung zu Tun oder Lassen rechtlich angreifbar, sprachlich ungeschickt oder zu forsch, overreaching, formuliert ist. Der Schaden aus einem fehlschlagenden Zensurversuch kann für den Abmahner unermesslich sein.

Besonders gefährlich für Abmahner sind Forderungen, die wie eine Zensur die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit einschränken könnten. Dazu zählen Reaktionen von Politikern auf Satire oder gar falsche Anschuldigungen, denn sie haben dies hinzunehmen. Andere Beipiele betreffen den behaupteten Rufmord, die leichtfertige Geltendmachung von Urheberrechtsverletzungen oder Aufforderungen zur Löschung von Webseiten oder der Übertragung von Domainnamen.

Wenn der von einer Internetveröffentlichung Betroffene an eine Abmahnung denkt, sind besondere, und meist auch besonders vorsichtige Strategien angezeigt. Dazu gehört auch das Studium der öffentlichen Sammlungen einschlägiger Cease and Desist-Aufforderungen durch den Anwalt.

Das setzt das US-Recht zwar nicht voraus. Jedoch befiehlt dies der gesunde Menschenverstand, denn eine von Kritikern veröffentlichte fehlgeschlagene Abmahnung, über die sich die Welt lustig macht, will sich niemand leisten.


Dienstag, den 14. Nov. 2006

Luftlust Interrupta

 
.   Die Strafanklage der Bundesstaatsanwaltschaft legt am 14. November 2006 der Öffentlichkeit dar, welches Privatvergnügen nicht in die Öffentlichkeit getragen und erst recht nicht im Flugzeug erlebt werden sollte, siehe United States of America v. Carl Warren Persing, Dawn Elizabeth Sewell, Az. 5:06-CR-261-1-F-2, und nun im United States District Court, Eastern District of North Carolina, nach Bundessstrafrecht, 49 USC §46504, 18 USC §2, verhandelt werden muss.


Montag, den 13. Nov. 2006

Wem gehört die Marke?

 
.   Eine wertvolle Briefmarke aus dem Jahre 1918 fand ihren Weg auf einen Briefwahlumschlag, wurde abgestempelt und befindet sich nun in einer Kiste mit ungültigen Wahlumschlägen, weil der Absender vergessen hatte, seinen Namen auf dem Umschlag zu vermerken. Wem gehört die Briefmarke, die die Briefwahlverwaltung frühestens im September 2008 aus der Kiste fischen darf? Bis dann ist die Frage vielleicht geklärt. Immerhin war die Jenny-Marke ungestempelt $200.000 wert.



Mildernde Umstände

 
.   Bei der Zumessung der Todesstrafe dürfen die Geschworenen nach US-Recht alle mildernden Umstände bewerten, nicht nur die rechtlich bedeutsamen. Solange ein Todeskandidat die Gelegenheit erhielt, diese Umstände vorzutragen, und die Jury aufgrund der Plädoyers und der Anweisungen des Richters ihre Aufgabe erfüllen kann, kann das Strafmaß nicht mit der Behauptung angegriffen werden, die mildernden Umständen wären verfassungswidrig unberücksichtigt geblieben, entschied am 13. November 2006 der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington in Sachen Robert L. Ayers, Jr. v. Fernando Belmontes, Az. 05-4931.


Sonntag, den 12. Nov. 2006

Klage gegen Hersteller-Mafia

 
.   Die Behauptung, Hersteller und Lieferanten von vom Winde mehrfach verwehten Stahlhütten hätten Mafia-Charakter, gab dem klagenden Bauern eine Verjährungfrist von vier Jahren - zwei Jahre länger als für einen Produkthaftungsanspruch und ein Jahr mehr als für einen Verbraucherschutzanspruch. Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks musste bei der Klagabweisung nicht auf die Frage eingehen, ob eine Hersteller- und Lieferantenkette eine kriminelle Vereinigung im Sinne des RICO-Gesetzes, 18 USC §§1961-1968, darstellen kann.

In Sachen Bill J. Cory v. Aztec Steel Building, Inc. et al., Az. 06-3051, entschied es am 8. November 2006 mit einer ausführlichen Begründung, dass die Zuständigkeit nach dem Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act vom Untergericht falsch beurteilt wurde. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil der nicht von einem Rechtsanwalt vertretene Bauer aus Kansas die Klage verspätet erhoben hatte.

Nachdem zwei Gebäude umgeblasen waren, hatte er hinreichende Kenntnis vom Anspruch erlangt - und doch wartete er mehr als vier Jahre mit der Klage. Nachdem er Kenntnis von den wesentlichen Anspruchsmerkmalen erlangt hatte, kam es auf die spätere Zerstörung der Gebäude nicht mehr an - sie verlängert nicht die Verjährungsfrist für den RICO-Anspruch. Wenn er überhaupt bestand, entstand er spätestens beim zweiten Umblasen der Hütten.

Das Urteil ist bedeutsam für Hersteller, denen ein Anspruch aus Produkthaftung nach amerikanischem Recht vorgeworfen wird. Einerseits zeigt es das Risiko auf, auch nach der Verjährung des einzelstaatlichen Anspruchs aus Produkthaftung in den USA wegen eines Verstoßes gegen das RICO-Recht des Bundes verklagt zu werden. Mit ihm geht eine vereinfachte Zustellungs- und Gerichtsbarkeitsregelung einher, die das Gericht hier erörtert. Andererseits kommt es für die Verjährung nach RICO nicht auf den letzten Vorfall an, sondern den Zeitpunkt, zu dem der Kläger zum ersten Mal Kenntnis von allen erforderlichen Tatbestandsmerkmalen erhält.


Samstag, den 11. Nov. 2006

Patt der Gesetzgeber

 
.   Kann der neue Kongress ohne Bush Gesetze machen? Ohne seine Unterschrift läuft in Washington zunächst nichts. Doch gibt es drei Lösungsansätze:

1. Guter Wille: Bush macht gute Mine zum bösen Spiel und unterzeichnet die die Gesetze der Demokraten. Die Demokraten lassen gelegentlich Bush über Republikaner einen Vorschlag beim Kongress einreichen und stimmen ihm zu. Klingt recht unwahrscheinlich. Auf diesem Wege kommt wahrscheinlich nur der Haushalt zustande.

2. Rohe Gewalt: Die Demokraten nutzen ihre Macht, Untersuchungen der Exekutive einzuleiten. Sie drohen mit Untersuchungen, bis Bush klein beigibt und ihre Gesetze unterzeichnet. Zu untersuchen gibt es mehr als genug. Ein besonderer Grund, ein Auge zuzudrücken, ohne eine politische Gegenleistung, nämlich den Ausweg aus dem legislativen Patt, zu erhalten, ist nicht erkennbar. Zu lange haben die Republikaner die Demokraten verteufelt und die Nation an der Nase herumgeführt.

3. Wahlprogaganda 2008: Wenn guter Wille nicht in die Tat umgesetzt werden kann und rohe Gewalt die Wähler verstimmt, bleibt das Spiel mit dem Veto. Die Demokraten verabschieden Gesetze, Bush legt seine Veten ein, die Demokraten versuchen das Überstimmen des Vetos mithilfe republikanischer Abgeordneter. Gleich ob Republikaner gefunden werden oder nicht, jeder versucht aus dem Scheitern soviel Honig wie möglich für die Bundeswahlen im Jahre 2008 zu saugen - und aus Erfolgen erst recht.

Dann wird das Patt zur Qual für Wähler, die zwei Jahre lang über sich das ergehen lassen müsen, was sie gerade erst abschütteln konnten: Den permanenten, penetranten Wahlkampf. Und das ohne sonderliche Ergebnisse in der Gesetzgebung.



Bebauungsplan und Studenten

 
.   Als Experten im Baurecht erweisen sich Studenten, die in einer $2 Mio.-Villa wohnen. Sie meldeten sich als Orden an, damit sich bis zu 15 Personen statt der im Bebauungsplan vorgesehenen sechs Bewohner die Miete teilen können. Die Nachbarn stört der Lärm der im Haus der Apostles of O'Neill stattfindenden Parties. Sie pochen auf die Einhaltung der Zoning Ordinance im Georgetown-Bezirk der Hauptstadt. Andere nennen das Konzept genial.



Freie Software ohne Risiko

 
.   Für freie Software, die zu GPL-Bedingungen vertrieben wird, verflüchtigt sich ein Risiko: The GPL and open-source software have nothing to fear from the antitrust laws, schreibt einer der schlauesten Bundesrichter der USA im Revisionsurteil in Sachen Daniel Wallace v. IBM, RedHat and Novell, Az. 06-2454, am 9. November 2006.

Die Begründung beweist ein überdurchschnittliches Verständnis des Geschäfts mit freier Software, die gratis angeboten wird, und dem damit verbundenen, kostenpflichtigen Wartungsgeschäft. Die Rechtsfrage lautet, ob dieses Angebot kartellwidrig ist, indem es insbesondere die Vermarktung neuer, konkurrierender Produkte verhindert.

Als Microsoft DOS zwangsweise mit Rechnern bündelte, trat diese Wirkung ein, wie der Fall von DR-DOS beweist. Als Windows auf jedem PC vorinstalliert war, ging das schnelle und schicke Geoworks Ensemble ebenso unter wie das stabilere OS/2 eines mächtigen Wettbewerbers. Indem Microsoft Raubkopien seines Word-Produktes tolerierte, nahm die Firma WordPerfect die Luft weg und eroberte den Office-Markt. Hier geht es um die Verschwörung, die der GPL nach Auffassung des Klägers immanent sei, fasst das Gericht die Behauptung des Klägers zusammen.

Sicherlich ist es nicht einfach, als Softwarehersteller mit Gratisprodukten zu konkurrieren. Jedoch verweist das Gericht Wallace, den es einmal Williams nennt, auf zahlreiche Programme, die angesichts starker freier Konkurrenzprodukte erfolgreich sind: Open Office und Microsoft Office, Gimp und Photoshop. Auch das Gratisangebot der Gerichte beeinträchtigt nicht den Erfolg von Lexis und Westlaw, merkt Easterbrook an.

Das Antitrust-Recht bietet Wallace keine Abhilfe, denn die GPL entfaltet keine monopolisierenden Preiswirkungen auf die Vermarktung anderer Produkte. Im Gegenteil, die GPL fördert die Entwicklung und Vermarktung neuer Programme. Daher reicht eigentlich schon eine schnelle Prüfung des Kartellrechts und der Fakten zur Bestätigung der untergerichtlichen Entscheidung aus, die die Klagabweisung verfügte, schreibt das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks.


Freitag, den 10. Nov. 2006

Bewerbung als Referendar

 
.   Von Praktikanten kann man nicht erwarten, dass sie sich beim rref.de-referendars-gemeinschafts-weblog oder im ReferendaRRaum schlau machen, bevor sie sich für die Ausbildung beim Rechtsanwalt in der Haupstadt der USA anmelden. Dann darf es ausnahmsweise auch einmal eine telefonische Voranfrage aus Paris sein.

Doch von Referendaren wird für die Wahlstationsbewerbung mehr erwartet. Neben RRef.de gibt es ja auch noch andere Quellen. Hoffentlich weisen auch alle darauf hin, dass die Empfänger Muster recht leicht erkennen und von ihnen wenig beeindruckt sind.

Positiv ist zu vermerken, dass heute weniger Bewerbungen mit Fotos, Religion, Alter oder Familienstand eintreffen - Informationen, die nach US-Recht Probleme auslösen und daher unerwünscht sind. Negativ ist der Trend zu bewerten, der EMail-Bewerbung Anlagen beizufügen.

Für eine erfolgreiche Bewerbung sollte eine EMailanfrage mit einer überzeugenden Darstellung von Ausbildungszielen und Eignung mehr als ausreichen. Natürlich ist das etwas anspruchsvoller als eine Musterbewerbung mit x Musteranlagen. Ach, und der Fehler, einerseits zu behaupten, das Englische zu beherrschen, andererseits jedoch German oder American klein zu schreiben, sollte wirklich nicht mehr auftauchen.



Spam ans Mobile Telefon

 
.   Lebensversicherungen werden heute wiederholt mit automatisierten Nachrichten von 1-800-647-2164 über das mobile Telefon angeboten. Auch ausländische Empfänger solcher unerwünschten Werbung können sich bei der Federal Trade Commission beschweren. Die FTC bietet noch keine besondere Seite für mobilen Spam an. Bis das geschieht, muss man das allgemeine Beschwerdeformular des Bundesverbraucherschutzamtes in der Hauptstadt Washington verwenden. Ob das heute etwas bringt, ist allerdings unklar. Für die Beamten ist nämlich Feiertag, der Veterans Day.


Donnerstag, den 09. Nov. 2006

Schiedsrecht geht vor

 
CHS - Washington.   Als Elsie Sadler im Jahre 1997 einen Darlehensvertrag mit dreißig Jahren Laufzeit abschloss, um einen Wohnwagen in einem Trailer Park zu finanzieren, ahnte sie noch nichts Böses. Doch im Dezember 2004 kaufte ein Unternehmen die Bankforderung auf und sandte Elsie Sadler und ihrem Ehemann Terry zuerst eine Mahnung und gab den Wohnwagen danach in die Zwangsversteigerung, die mit dem Verlust des Wohnwagens und $18.000 Defizit endete. Dabei hatten die Sadlers immer alle Raten pünktlich bezahlt.

Die Sadlers wollten sich das nicht gefallen lassen und klagten vor dem District Court auf Schadens- und Strafschadensersatz wegen Unterschlagung, Conversion, fahrlässiger psychischer Körperverletzung und Verletzung der Gesetze des Staates Missouri. Außerdem verlangten sie ein Juryverfahren sowie die Übernahme ihrer Anwaltskosten. Die Beklagte dagegen verlangte die Verweisung des Falles an ein Schiedsgericht. Trotz einer Schiedsvereinbarungsklausel im Darlehensvertrag lehnte das Instanzgericht dies ab, weil es das Verlangen der Beklagten angesichts ihres vorherigen Verhaltens gegenüber den Klägern für rechtsmißbräuchlich hielt.

Noch im laufenden Verfahren rief die Beklagte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks an, das in Sachen Elsie Sadler, Terry Sadler v. Green Tree Servicing, LLC vom 17. Oktober, Az. 05-3850, ein Schiedsverfahren anordnete. Die Anwendung von Schiedsrecht ergab sich aus dem ganz eindeutigen Wortlaut des Vertrages, dessen umfassende Schiedsklausel jeden beliebigen Streitgegenstand umfasste.


Mittwoch, den 08. Nov. 2006

Chaotische Akte

 
CHS - Washington.   Über eine chaotische Aktenführung und offene Sachverhaltsfragen hat sich das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 19. Oktober 2006 geärgert: Im Fall Mid-State Aftermarket Body Parts, Inc. v. MQVP, Inc., formerly known as Global Validators, Inc., Az. 05/3057, hat es deshalb entschieden, dass die Sache an das Instanzgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen wird.

Beide Parteien handeln mit Autoersatzteilen, die Berufungsklägerin bietet zudem ein Qualitätskontrollsystem nach ISO-9000 und ein Online-Beschwerdemanagement an. Dem Rechtsstreit liegt die Frage zugrunde, ob eine Dienstleistungsmarke, service Mark, einen anderen rechtlichen Schutzumfang besitzt als eine Handelsmarke, Trademark, und wie sich dies auf die irreführende Werbung, false commercial Advertising auswirkt.

Das Berufungsgericht sieht keine rechtlichen Anhaltspunkte für eine unterschiedliche rechtliche Bewertung der verschiedenen Markenarten, die alle unter das Markenrecht des Bundes, den Lanham Act, fallen. Da aber völlig unklar ist, ob überhaupt eine Markenverletzung, Trademark Infringement vorliegt und demzufolge eine Verwechslungsgefahr beim Konsumenten, Confusion, eingetreten ist, hatte das Instanzgericht verfrüht aufgrund der Aktenlage im Verfahrensstadium Summary Judgment entschieden.


Dienstag, den 07. Nov. 2006

Land im Wahlfieber

 
.   Die Wahl am 7. November 2006 wird spannender als die Umfragen vorhersagten. In der letzten Minute wenden sich Republikaner der eigenen Partei zu, nachdem sie vorher Zweifel am Irakkrieg wegbewegten. Die Wahlen auf Bundesebene können den Senat und das Repräsentantenhaus in Washington umschichten und zu einer Revision von die Bürgerrechte einschränkenden Gesetzen aus der Bush-Ära führen. Auch auf einzelstaatlicher, Kreis- und Stadtebene wird mit neuen Ausrichtungen gerechnet, die die Gesetzgebung und Rechtsprechung beeinflussen.


Montag, den 06. Nov. 2006

Blaue Karten im Markenrecht

 
.   Darf American Express eine Blue-Kreditkarte ausgeben, wenn die Bezeichnung Blue Card bereits für eine Krankenkasse als Marke eingetragen war? Ein Vergleich erlaubte eine Benutzung durch American Express in der Form, dass zwischen beide Worte ein weiterer Begriff einzufügen war. Der Streit flammte später erneut auf, als eine Kreditkarte mit der Bezeichnung Blue Cash auf den Markt kam.

In Sachen Blue Cross and Blue Shield Association v. American Express Company, Az. 05-4004, prüfte das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks am 30. Oktober 2006 den vorherigen Vergleich und stellte fest, dass er auch die alleinige Verwendung von Blue mit Kreditkarten verbot. Es erkannte jedoch auch, dass die Verwirkungsdoktrin Laches greifen kann, weil die Krankenkasse jahrelang die blaue Kreditkarte toleriert hatte.

Daher wies es den Fall an das Untergericht zurück. Insbesondere muss das Untergericht ermitteln, ob für den Laches-Schutz als Vertrauensschutz alle Merkmale vorliegen. Die Urteilsbegründung ist auch verfahrensrechtlich interessant. Lesenswert ist dabei die Kritik des Gerichts an der Verschwendung von Resourcen durch die Schlamperei aller Beteiligten.


Sonntag, den 05. Nov. 2006

Feindlicher Blogger verhaftet

 
.   Am Dienstag wurde der bloggende Jurastudent Mike Stark von Anhängern des Senators Allen niedergeworfen. Gestern wurde er festgenommen, als er eine weitere Wahlverstaltung des Senators beobachtete, um den seine Anhänger einen Schutzwall bildeten, damit der Blogger George Allen nicht zu alten Straftaten befragen konnte. Dabei soll der Student einen Allen-Fan so berührt haben, dass dieser umfiel.

Die Wahlkampagne 2006 hat die kritischen letzten drei Tage erreicht. Neben den Wahlen zum Kongress werden zahlreiche Posten auf Staaten-, Kreis- und Stadtebene neu vergeben. Umfragen zufolge können beide Häuser des Kongresses an die Demokraten fallen, was der Bush-Exekutive den Rückhalt der Legislative nähme.

Allen wurde als Präsidentenmaterial gehandelt, doch wurde er in den vergangenen Monaten ausfällig, als er einen anderen Beobachter als Macaca bezeichnete. Zudem wurde bekannt, dass er Schwarze mit dem N-Wort belegte. Mike Stark hatte ihn auf einen Angriff auf Allens Ex-Frau angesprochen. Akten über zwei Straftaten Allens sollen verschwunden sein. Nach seiner Festnahme wurde Stark freigelassen.



Drogenhandel der Polizisten

 
.   Den Drogenhandel von 20 Polizeibeamten am Fuße der Appalachen dämmt die Staatsanwaltschaft des Bundes mit der Anklage in Sachen United States of America v. Robert Keith Adams et al., Az. 7-06CR00098, vom 31. Oktober 2006 ein. Den Polizisten aus dem Kreis Henry County, Va. werden neben einer mafiösen Verschwörung sowie Geldwäsche zahlreiche weitere Verbrechen vorgeworfen, als sie den Fundus beschlagnahmter Drogen und Waffen verkauften und die Strafverfolgungsbehörden des Bundes an der Nase herumführten.


Samstag, den 04. Nov. 2006

Deutsch-amerikanische Juristen 2006

 
.   Oft verwirrt die Aufteilung der deutsch-amerikanischen Juristen in zwei Gruppen, die Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung in Deutschland und die German American Law Association in den USA. Unter der Leitung von Dr. Ludwig Leyendecker aus Köln fand am 27. Oktober 2006 anlässlich der Jahrestagung der DAJV in Berlin als Eröffnungsveranstaltung ein Gedankenaustausch beider Organisationen mit den GALA-Vertretern Reinhard von Hennigs, Clemens Kochinke, William O'Brien und Sven Oehme aus Atlanta, Washington, Boston und New York statt.

Im Ergebnis zeigte sich Einigkeit, dass eine organisatorische Trennung über den Atlantik verzichtbar und ein gemeinsames Wirken mit einer einheitlichen Mitgliedschaft wünschenswert erscheint. Auf die in den USA lokal sehr unterschiedlichen Interessen kann auch bei einer einheitlichen Struktur Rücksicht genommen werden. DAJV-Mitgliedern stehen über die GALA-Gruppen Ansprechpartner zur gemeinsamen Gestaltung von Vortragsforen zur Verfügung, während die GALA sich intensiver in die erfolgreich eingeführten elektronischen Informationsstrukturen der DAJV einbringen kann.


Freitag, den 03. Nov. 2006

Altes Recht gefunden

 
.   CrimLaw sucht die Fassung des Gesetzes von North Carolina aus dem Jahre 1994. Besonders bei Gutachten sind die alten Texte oft bedeutsam. Mal ist es das BGB von 1946, kürzlich das JGG von 1981. Wenn es um die Wirksamkeit der Übertragung von Hitlerbildern an amerikanische Nazis geht, lohnt sich der Suchaufwand. Das gilt auch, wenn ein amerikanisches Amt den eingewanderten Chef eines Unternehmens unvermutet nach Jugenddummheiten, die in Deutschland milde beurteilt wurden, fragt. Auch beim letzten Umzug wurden hier die alten roten Klötze und Kommentare glücklicherweise nicht weggeworfen.


Donnerstag, den 02. Nov. 2006

15 Monate für WLAN-Nutzung

 
.   Kundendaten setzte ein Techniker ein, um an ein WLAN-Netzwerk zu gelangen, von dem er ausgeschlossen worden war, als ihm gekündigt wurde. Seine Nutzung löste einen Schaden aus, anhand dessen ihn das Gericht nach 18 USC §1030(a)(5)(A)(ii) zur Gefängnisstrafe von 15 Monaten und einem Schadensersatz verurteilte.

Gegen die Höhe der Strafe wandte er ein, das Gericht hätte bei der Schadensermittlung nicht die Kosten der Zeugen der Staatsanwaltschaft berücksichtigen dürfen. Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks gab ihm in Sachen United States of America v. Metthew R. Schuster, Az. 05-4244, am 27. Oktober 2006 zwar recht, doch wirkte sich der Fehler nicht zu seinen Ungunsten aus.

Seinen Angriff auf die Einbeziehung des von einem Kunden erlittenen Schadens wies die Berufung zurück, weil es dem Untergericht gestattete, Schlüsse aus der Verwendung der MAC-Addresse des Täters sowie seiner Google-Recherchen zur Störung von WLAN-Netzen zu ziehen.


Mittwoch, den 01. Nov. 2006

IPR: Ins Wasser gefallen

 
CHS - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks hat am 16. Oktober 2006 in Sachen Carris v. Marriott International, Inc. et al., Az. 06-1506, entschieden, dass nach dem IPR des Staates Illinois eine Haftung aus unerlaubter Handlung, Torts, nach dem Recht des Verletzungsortes zu bemessen ist. Der Kläger hatte über die Internetseite der beklagten Hotelkette einen Urlaub auf den Bahamas gebucht. Am Strand des Hotels mietete er ein Wassermotorrad, von dem er während der Fahrt herunterfiel. Dabei brach er sich ein Bein und trieb anschließend mehrere Stunden hilflos im Meer. Zurück in Illinois begehrte er Schadensersatz von der Beklagten, weil diese es unterlassen habe, ein sicheres Wassermotorrad bereitzustellen, die Bedienung desselben zu erläutern und den für Touristen freigegebenen Teil der Küste zu überwachen.

Die Klage scheiterte gleich aus mehreren Gründen: Zunächst richtete sie sich an die falsche Beklagte, die das Hotel auf den Bahamas nicht selbst betrieb, sondern durch einen selbständigen Franchisenehmer. Die bloße Buchung auf einer weltweit abrufbaren Website genüge aber nicht, um einen hinreichenden Bezug zum Recht des Staates Illinois herzustellen. Die Beklagte hafte deshalb weder aus Rechtsschein noch für Erfüllungsgehilfen.

Nach dem IPR von Illinois ist zudem das Recht der engsten Verbindung zum Streitgegenstand anzuwenden. Dies sei das Common Law der Bahamas. Auf das Argument des Klägers, der Unfall sei in internationalen Gewässern geschehen, komme es insoweit nicht an, weil die behaupteten Pflichtverletzungen alle am Strand geschahen. Auch seien Hotelbetreiber schlichtweg überfordert, wenn sie die Rechtsordnungen aller Herkunftsländer ihrer Gäste beachten müßten. Der Kläger ist also gleich zweimal ins Wasser gefallen: einmal vor den Bahamas, und einmal vor dem Bundesgericht in Illinois.


Montag, den 30. Okt. 2006

Versammlung im Internet

 
.   Wer im Aufsichtsrat Gesellschafter vertritt, weiß, wie aufwändig diese Mandate sein können. Das gilt besonders, wenn die Directors aus verschiedenen Regionen oder Ländern stammen. Seit 15 Jahren bietet sich deshalb an, Versammlungen des Aufsichtsrats oder auch der Gesellschafter mit AIM oder einem anderen Instant Messenger durchzuführen.

Das größte Hindernis ist dabei die mangelnde Sicherheit der meisten IM-Programme. Sie lassen sich leichter abhören als manch anderer Internet-Verkehr.

Heute drängt ein anderes Hilfsmittel in den Vordergrund: Die speziell auf Directors' Meetings zugeschnittenen Webportale. Über sie erhalten die Aufsichtsräte vor und während der Sitzungen Zugriff auf die zu bearbeitenden Aktenberge, die auf ein paar Elektronen reduziert werden.

Sicherheit ist von vornherein berücksichtigt, weil die Portale insbesondere für public Companies, also die börsennotierten Unternehmen, konzipiert wurden. Im Prinzip kann auch ein gut gesichertes Wiki oder ein AJAX-basiertes Kollaborationsprogramm solche Aufgaben erfüllen.

Das Wall Street Journal berichtete kürzlich, dass die Technikfurcht der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschätzt werden darf. Vor 15 Jahren sah das noch anders aus - selbst international aktive Softwareunternehmen wagten sich weder an EMail noch an IM, und die meisten Directors konnte man nicht gerade als Geeks bezeichnen.



Verlor Deutschland Immunität?

 
.   Verzichtete Deutschland mit der Kapitulation 1945 auf seine Immunität und darf nun in den USA verklagt werden? Einem deutsch-amerikanischen Erben deutscher Steuerschulden gelang es nicht, das US-Gericht in Sachen Harold William Gutch v. Federal Republic of Germany, Az. 05-2338, zu überzeugen, dass auf dieser Grundlage, nach dem NATO-Truppenstatut oder anderen Rechtsgrundsätzen eine Ausnahme vom Immunitätsschutz des deutschen Souveräns wirke.

Somit wird die Staatenimmunität nach dem Foreign Sovereign Immunities Act nicht durchbrochen, bestimmte am 27. Juli 2006 der United States District Court for the District of Columbia, sodass der Erbe wegen einer Frage deutschen Rechts die Bundesrepublik nicht in den USA verklagen kann.


Sonntag, den 29. Okt. 2006

Ende der Wahlstation

 
.   In diesen Tagen nahte vor Dekaden das Ende der Wahlstation. Der Ausbilder war gerade wieder ins Parlament gewählt worden. Sein aufsehenerregender Bankenprozess, von dem man allmorgendlich im grünen Bus auf dem Weg zum Gericht las und der zufälligerweise auch die Gastfamilie betraf, war endlich abgeschlossen. Der Prozess und die Wahl hatten das Land fast zerrissen.

Das spürte man in den nächtlichen Parlamentssitzungen. Im Gericht, wo der deutsche Lehrling in seinem viel zu warmen Anzug bekannt wie ein bunter Hund war, bemühte man sich jedoch um gerechten Ausgleich. Schließlich waren Rechtstraditionen zu wahren, die im materiellen Recht älter als der Code Napoleon waren und im Prozessrecht auf Entwicklungen seit 1066 zurückblickten.

Wer würde vermuten, dass diese intensivste Ausbildungszeit des gesamten Rechtsreferendariats später, nach der Notenausgabe im Mündlichen, als Fehlzeit bezeichnet wurde? Auf Auslandsstationen war die Verwaltung nicht vorbereitet. Die letzte Auslandswahlstation lag nach Erinnerung des Ausbildungsleiters nämlich 20 Jahre zurück. Sie erwies sich jedoch als alles andere als eine Fehlzeit.

Die Juristen im zwitterhaften Gastland mit lateinischer Schrift und semitischer Sprache - sowie der Lage im Süden und dem Zugehörigkeitsgefühl zum Norden - weckten im vierundzwanzigjährigen Halbjuristen nicht nur das Interesse an dem hybriden Rechtssystem, das in drei Sprachen zu erfassen war. Sie vermittelten auch den Impetus zum intensiveren Kennenlernen weiterer Rechtskreise, die später auch das US-Recht einbezogen und dank des in der Wahlstation Erlernten besser beherrschbar wurden.


Samstag, den 28. Okt. 2006

Aufgeschnapptes im US-Recht

 
.   Das amerikanische Recht hat seine eigene Sprache. Was die Medien Ausländern in den Kopf setzen, hat oft mit dem amerikanischen Recht wenig gemein. Und Wörterbücher oder elektronische Wortgegenüberstellungen führen auch oft genug zu drastischen Fehlern.

Beispielsweise sucht ein frischgebackener LL.M.-Absolvent eine Stelle und findet ein Angebot mit dem Merkmal DC-Barred. Barred deutet wohl in Richtung nichtzugelassen oder von der Zulassung ausgeschlossen, vermutet er. Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit, die Begriffe im Zusammenhang zu lesen. Der Zusammenhang findet sich hier bei den Bar Counsel, den Zulassungsstellen der obersten Gerichte jedes US-Rechtskreises oder der Wikipedia - und im allgemeinen in der AmJur-Sammlung American Jurisprudence, die in keiner Kanzlei oder Uni fehlt. Die Bar ist schließlich die Schranke im Gerichtssaal, an die nur Anwälte herantreten dürfen. DC-barred bedeutet daher, in Washington, DC als Rechtsanwalt zugelassen zu sein.

Uniform Code ist auch verwirrend. Einheitlichkeit ist rar in den über 50 Rechtssystemen der USA. Manchmal wird sie angestrebt, und dann setzen sich Anwälte zusammen. Vielleicht stoßen ein paar Richter und Juraprofessoren hin, und gemeinsam brüten sie ein Mustergesetz aus, das sie den vielen Parlamenten in den USA anbieten. Der Uniform Commercial Code stieß auf durchschlagenden Erfolg: Fast überall gilt er, und zwar vielfach ohne umfassende Änderungen. Doch die Änderungen können oft den Ausschlag bei konkreten Fragen geben. Beim Article 2B ist es um die Einheitlichkeit nicht so gut bestellt: Nur zwei Staaten haben diesen weitgehend verbraucherfeindlichen Zusatz adoptiert. Daher siedelt man beispielsweise Software- und Internet-Unternehmen in Maryland an, wo ihnen Article 2B Rechtsvorteile gewährt.

Vergleichbares gilt für die Model Acts. Als Modell konzipiert, werden sie ebenfalls den Gesetzgebern im Lande angeboten - manche finden Anklang, andere nicht. Und was ist mit den Restatements of the Law? Sie sind keine Modelle, sondern gelehrte Beschreibungen des Idealstands eines bestimmten Rechtsgebietes unter Berücksichtigung seiner Geschichte und Tendenzen. Die Lehre spielt im US-Recht nur eine kleine Rolle, doch sind die Restatements in ihrer Wirkung etwa mit der der Lehre im deutschen Recht vergleichbar.

Man sollte sie berücksichtigen. Besonders empfehlenswert: Das Restatement of the Law (2d) on the Conflicts of Laws, also das inneramerikanische IPR. Auf die Rechtsverhältnisse, die die Grenzen zwischen den Rechtskreisen in den USA überschreiten, also interstate wirken, muss ja auch ein Recht anwendbar sein - und das Bundesrecht ist es in den meisten Fällen nicht!


Freitag, den 27. Okt. 2006

Parteibeteiligung erforderlich

 
.   Sua sponte darf ein Gericht eine von ihm erlassene Verfügung nicht ändern, sondern es muss die Parteien mit der Einräumung rechtlichen Gehörs beteiligen. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsgrundsatz des Vierzehnten Verfassungszusatzes, und in Sachen Dr. José S. Belaval, Inc. er al. v. Rosa Peréz-Perdonmo et al., Az. 05-2854, auch aus dem zugrundeliegenden Bundesgesetz zur Gesundheitsversorgung, entschied das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 2. Oktober 2006.



DAJV Jahreskonferenz 2006

 
CHS - Washington.   Heute abend beginnt in Berlin die Jahreskonferenz 2006 zum deutsch-amerikanischen Recht, die die Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung (DAJV) ausrichtet. In den Workshops geht es unter anderem um Umweltrecht aus Unternehmenssicht, globale IT-Dienstleistungen, die rechtliche Behandlung von Online-Videorekordern, transatlantische Schiedsvereinbarungen, grenzüberschreitendes Aufspüren und Sichern von Vermögensmassen sowie das Jahressteuergesetz 2007. Ein ausführliches Programm kann bei der DAJV heruntergeladen werden.


Donnerstag, den 26. Okt. 2006

Company als Köder?

 
.   Sollte die deutsche Mutter in den USA eine Firma als Köder errichten? Eine simple Corporation lässt sich ja für $1.000 aufsetzen. Ziel ist lediglich, den Produkthaftungsklägern etwas zum Beißen zu geben. Ein leichtes Ziel, wenn sie eine freche Klage zustellen wollen. Viele Kläger, die nur auf einen schnellen Vergleich - mithilfe erpresserischer Medienwirkung - aus sind, nehmen gern, was sie leicht finden - und dann brauchen sie sich bei der Zustellung beispielsweise keine Gedanken um die Haager Übereinkunft zu machen.

Andererseits kann die falsche, weil vielleicht dumm vorbereitete Zustellung nach der Haager Übereinkuft in Deutschland abgewehrt werden. Darin liegt eine Chance für die deutsche Muttergesellschaft, die auf den Köder verzichtet. Doch damit ist die Sache ja nicht beendet, wenn der Kläger hartnäckig ist und mehr ins Verfahren investieren kann. Er holt die ordentliche Zustellung nach: Wenn darauf ein Urteil folgt, ist seine Anerkenn- und Vollstreckbarkeit in Deutschland - also der Griff ans Vermögen der Mutter - eher wahrscheinlich als bei der Zustellung nur an den Köder.

In diesem Fall wäre der Köder vorzuziehen: Soll der Kläger ihn nach einem ordentlichen oder einem Versäumnisurteil doch platt machen! Die kleine Investition lohnt sich im Verhältnis zum abgewehrten Risiko. Scheinbar einfache Rechnung, um sich gegen Tort-Ansprüche von Nichtvertragspartnern zu feien!

Doch zu diesen Fragen gesellen sich noch viele andere. Wie steht es mit der Durchgriffshaftung? Gut, sie lässt sich durch vorsichtige Organisation und Planung materiellrechtlich vermeiden. Aber prozessual? Vielleicht auch - doch das hängt vom Zusammenwirken von Mutter und Tochter, vor allem vom Einfluss der Mutter auf die Tochter, ab.

Und da wird es kritisch. Der amerikanische Vertragspartner will ja gerade mit der Mutter zusammenarbeiten, nicht der dünn kapitalisierten Tochter. Beitritt der Mutter zum Vertrag der Tochter mit der US-Partei? Bürgschaft der Mutter für die Leistungspflichten der Tochter? Für alles gibt es Lösungen. Garantien oder eine Schablone für jede Lebenslage jedoch nicht.


Mittwoch, den 25. Okt. 2006

PC am Flughafen kontrolliert

 
.   Rechtsanwälte sollten auf Reisen wegen der auf PCs gespeicherten Mandanten- und Mandatsdaten vorsichtig werden, meint Kevin Faye in Ninth Circuit OKs Border Searches of Laptops wegen der Entscheidung des Bundesberufungsgerichts des neunten Bezirks in der Strafsache United States of America v. Stuart Romm, Az. 04-10648, vom 24. Juli 2006. Einen besonderen Durchsuchungsgrund hatte das Gericht dort bei der Durchsicht von Daten auf einem Laptop anlässlich einer Grenzkontrolle für nicht erforderlich erachtet. Faye empfiehlt daher die bei FindLaw beworbenen Alternativen wie VPN.



Dienstag, den 24. Okt. 2006

Umsatz umgeleitet

 
.   Microsoft wollte dem Konkurrenten Amazon ein eigenes Angebot gegenüberstellen. Als ein Angestellter eines Webdesignhauses davon erfuhr, zeigte es kein Interesse an einem Auftrag. Der Angestellte kündigte und brachte den Auftrag bei einem Wettbewerber unter, in dessen Dienste er eintrat. Der alte Arbeitgeber verklagte ihn, unter anderem wegen der Umleitung der Geschäftsmöglichkeit, Diversion of corporate Opportunity.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks entschied zugunsten des Arbeitnehmers in Sachen Design Strategy, Inc. v. Marc E. Davis, Az. 05-4909, am 19. Oktober 2006. Im Urteil erörtert es das jederzeit kündbare at Will-Arbeitsverhältnis und die Rechtsnatur der geltend gemachten Ansprüche, die nicht dem gewohnheitsrechtlichen Law entspringen, sondern dem auch in den USA geltenden Equity-Recht und daher nicht vor den Zivilgeschworenen, Jury, verhandelt werden.

In diesem Fall hätte sich der Arbeitgeber mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag besser gestellt. Ein gutes Wettbewerbsverbot, non-competition Agreement, und eine Geheimhaltungsvereinbarung, Confidentiality Agreement, hätten seine Rechte ebenfalls schützen können, doch fehlte es hier an allem.


Montag, den 23. Okt. 2006

Menschenrechtslehrstuhl für Attila?

 
.   Die Jesuiten könnten den Menschenrechtslehrstuhl nach Attila benennen, den sie an der Georgetown Universität nach Robert Drinan benannten, denn dieser sei ein Heuchler und befürworte die Abtreibung, argumentiert die Pressemitteilung von Human Life International am 23. Oktober 2006 unter dem Titel Jesuit University Embraces Heresy and Hypocrisy, Honors Known Apostate Priest. Der Vorwurf stammt aus der fundamentalistischen Ecke, die wegen der Heuchelei ihrer Führer auffällt.



Ausweis vom Konsul: Nutzlos?

 
.   Konsuln einiger Länder erteilen ihren in den USA befindlichen Bürgern Ausweise, damit sie den Führerschein erwerben oder Bankgeschäfte abwickeln können. Die USA wissen allerdings nicht, wie sie diese sogenannte Matricula Consular rechtlich beurteilen sollen.

Verwirrung herrscht, weil einerseits ein rechtlich unbedeutsamer Ausweis besser als keiner ist, andererseits die Gefahr der Täuschung oder Verwechslung besteht, denn die US-Behörden trauen den Konsuln nicht zu, zuverlässig die Identität der Antragsteller zu prüfen.

Jim Kouri, ein Vizepräsident der National Association of Chiefs of Police, stellt die unterschiedlichen Auffassungen diverser Ministerien und Ämter in Problems with Matricula Consular Cards Unresolved am 22. Oktober 2006 vor. Interessant ist die Haltung des Außenministeriums: Die USA könnten selbst einmal in die Lage versetzt werden, ihren Bürgern vergleichbare Papiere ausstellen zu müssen. Dann wäre eine Präzedenzentscheidung ungünstig, die der Matricula Consular jede Wirkung abspricht.


Sonntag, den 22. Okt. 2006

Internationales Recht im Internet

 
.   Nahezu in Echtzeit verschafft der Diplomacy Monitor an der St. Thomas University School of Law einen Überblick über neueste Dokumente aus dem Bereich der Internationalen Organisationen und sonstigen diplomatischen, bi- und multilateralen Entwicklungen. Er stellt eine wichtige Informationsquelle für die anwaltliche Tätigkeit im Recht der Staatsabkommen, Souveränität, Immunität und Treaty Making dar.

Die juristische Fakultät entwickelte eine eigene Software, um neue Dokumente von Außenministerien, Botschaften, Konsulaten und anderen Institutionen abzurufen und auszuwerten und sie dann der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.


Samstag, den 21. Okt. 2006

Kirche wie Botschaft

 
.   Wie eine Botschaft sollte ein Unternehmen steuerfrei sein, indem es sich als religiöse Institution darstellt, bezeugte ein Anwalt, der den religiös orientierten Dinosaurier-Park besuchte. Die Kommentare zum Bericht Lawyer: Hovind Detailed Actions - Evangelist Said he 'Beat the System' vom 21. Oktober 2006 spiegeln unterschiedliche Auffassungen wider: Unverständnis für die Absurdität einerseits, Zweifel an der staatlichen Ermächtigungsgrundlage für eine Besteuerung unter Berücksichtigung des Religionsfreiheitsgedanken der Bundesverfassung.



Ft. Meade Feuer: Keine Panik

 
.   Nur eine nachrichtendienstliche Einheit, nicht die Internet-Abhörzentrale der National Security Agency wurde vom Großfeuer in Fort Meade, MD betroffen. Auswirkungen auf die Spionage-Abwehr werden nicht gemeldet. Dokumente werden nach Auskunft des Direktors der Spionage-Abwehrschule auf dem Campus anderenorts feuersicher gelagert. Die Washington Post berichtete in groben Zügen vom Einsatz der Feuerwehr. Die militärischen Strafverfolgungsbehörden hätten eine Untersuchung eingeleitet. Die Sicherheit der USA sei nicht gefährdet. Bei der Craigslist-Personensuche ist kein panikartiger Anstieg der Einträge feststellbar.


Freitag, den 20. Okt. 2006

Redefreiheit der Studenten

 
.   Meinungsfreiheit ist in Deutschland wie in Amerika ein geschütztes Gut. Gelegentlich gibt es Ausreißer wie im Vietnamkrieg, als an der Kent State Uni protestierende Studenten erschossen wurden. An Ausreißer denkt man auch, wenn ein berühmtes Jurastudentenblog verschwindet, wie es heute in Deutschland geschah. Immer wieder hört man, dass auf Studenten in Deutschland bei der Bewertung von Professoren oder Erörterung von Uni-Missständen Druck ausgeübt wird. Muss man das auch bei der Schließung des lesenswerten und erfolgreichen Bochumer Blogs vermuten?


Donnerstag, den 19. Okt. 2006

Stufenweise Lohn zurück

 
.   Muss Ex-Börsenchef Grasso seine Vergütung teilweise zurückerstatten? Die Entscheidung in Sachen People of the State of New York v. Richard A. Grasso et al., Az. 401620/04, vom 19. Oktober 2006 gibt zahlreichen Anträgen des Klägers mit diesem Ziel statt und weist die meisten Einwendungen des Beklagten zurück.

Das unterste Gericht im Staate New York mit der witzigen Bezeichnung Supreme Court verfügt auf Antrag des dortigen Justizministers nicht die Rückerstattung, sondern ordnet die stufenweise Auskunftserteilung durch den Beklagten und ein Anschlussverfahren zur Ermittlung der Rückerstattung an.

Ein Vergütungsteil wurde scheinbar nicht ordentlich vereinbart. Als Entscheidung aus der noch nicht einmal abgeschlossenen ersten Instanz ist sie kaum der Rede wert, doch hat sich die Presse bereits auf Skandalzahlen eingeschossen.



Annahme der Schiedsklausel

 
.   Für Internet-Dienste ist die Frage der einseitigen Vertragsänderung oft bedeutsam, deren Beantwortung sich aus vergleichbaren Sitationen im Arbeitsrecht ableiten kann. Im Arbeitsverhältnis kann eine vom Arbeitgeber einseitig angebotene Schiedsklausel wirksam werden, selbst wenn der Arbeitnehmer das Angebot ausdrücklich ablehnt. Dies gilt jedenfalls nach dem Recht von Oklahoma für Personal ohne Dauervertrag, die at Will-Arbeitnehmer, entschied das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks am 6. Oktober 2006 in Sachen Shelle Hardin v. First Cash Financial Services, Inc., Az. 05-6090.

Die Weiterbeschäftigung und die Annahme der Arbeitgeberleistungen, die an die Annahme der neuen Vertragsklausel geknüpft sind, reichen zur Wirksamkeit der Annahme. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitgeber zu entlassen, der die neue Klausel ablehnt, weil die Leistungsannahme durch den Arbeitnehmer die Annahme erklärt. Ein vergleichbares Verhalten ist bei zeitlich unbegrenzten Internet-Diensten oft üblich.

Das Gericht in Denver prüfte auch, ob die Klausel als illusory nichtig war, weil sie dem Arbeitgeber jederzeit ihre Änderung oder Aufhebung gestattete. Da diese Erklärungen jedoch an Bedingungen geknüpft waren, beispielsweise eine fristgerechte Ankündigung und das Verbot solcher Erklärungen nach der Einleitung eines Schiedsverfahrens. Selbst wenn das Recht einseitig ausgeübt werden darf, besteht nach dem Recht dieses US-Staates noch ein hinreichender Schutz für die Gegenseite, sodass die Klausel wirksam ist.



Arm, Bein am Gleis verloren

 
.   Wer nur die inspirierenden Seiten des Jurastudiums sieht, wird schnell eines Besseren belehrt. Als Beispiel dient die Diskussion um den Schein am Strand und die Mark Twain-fremde Anwesenheitspflicht. Wenn man an Hocherfreuliches und Tiefbestürzendes im Studium denkt, darf der Sprung auf den Freight Train nicht fehlen.

Zu den phantastischsten Erlebnissen zählt es, hoch oben in den Rockies oder Selkirk Mountains bei der Fahrt durch Spiralentunnel auf einem Güterwagen die Welt zu bestaunen. Da kann man in der Tat vergessen, dass im Gepäck auch ein Lehrbuch steckt. Bestürzend ist es allerdings zu erfahren, dass man um ein Haar ohne Arm oder Bein heimgekehrt wäre.

Das geschieht neuerdings häufiger, weil das Freight Hopping in manchen Unistädten Mode wurde. Selbst wenn kein Alkohol im Spiel ist, spielt man mit dem Tode. Ernüchternd. So erkennt man die Vorteile der Anwesenheitspflicht.


Mittwoch, den 18. Okt. 2006

Verschlüsselung und Embargo

 
.   Die Verschlüsselung unterliegt Embargokontrollen der USA. Mit einem neuen Produkt eines Mandanten, exportIP, kann Software auf die enthaltene Verschlüsselungstechnik untersucht werden, um bei der Ausfuhr und Wiederausfuhr von Programmen und anderen Produkten die US-Bestimmungen beachten zu könen. Damit lässt das Schicksal manchen Softwareherstellers vermeiden, der vom Bureau of Industry and Security, dem ehemaligen Bureau of Export Administration, wegen eines Verstoßes gegen Ausfuhrkontrollen verfolgt wurde. Das Produkt wurde bei der Ausfuhrkontrollkonferenz Update 2006 Conference on Export Controls and Policy in Washington vorgestellt.



FBI als Big Brother im Internet

 
SM - Münster.   Anlässlich der Konferenz der Internationalen Vereinigung der Polizeichefs in Boston appellierte FBI-Direktor Robert Mueller in seiner Rede vom 12. Oktober 2006 an Internetprovider, Daten über die Aktivitäten ihrer Kunden im Internet zu speichern.

Seiner Ansicht nach werde die Anonymität des Internets von Terroristen genutzt, um ihre Pläne zu koordinieren. Noch bevor die Täter ergriffen werden können, würden Internetprovider unwissentlich Daten häufig löschen, die zur Identifizierung der Täter sowie zum Schutz zukünftiger Opfer hätten genutzt werden können.

Die Rede ist im Kontext mit einer Grundsatzdebatte über das Spannungsverhältnis zwischen Datenschutz und Strafverfolgung zu sehen. Die Debatte wird in Washington zwar erst im Anschluss an die Kongresswahlen für Anfang 2007 erwartet, wirft aber bereits jetzt ihre Schatten voraus. Dabei zeichnet sich in ersten Vorschlägen für ein entsprechendes Bundesgesetz zur Datenspeicherung ab, dass ein solches nicht nur Internetprovider, sondern auch Registratoren von Domainnamen oder sogar Betreiber von Internet-Suchmaschinen zur Sicherung von Benutzerdaten verpflichten könnte.



US-Vertragsrecht erklärt

 
.   Drei Monate musste der Referendar in Washington rackern. Nun wurde als Ergebnis seiner Mitwirkung am Fall und freiwilligen Recherchen seine Betrachtung eines nicht ganz einfachen Abschnitts aus dem amerikanischen Vertragsrecht veröffentlicht: Gollisky, Anticipatory Repudiation - Vertragsverstoß vor Fälligkeit, 31 DAJV Newsletter 3/2006, 114 (Verlag Recht u. Wirtschaft, Frankfurt). Das freut auch den Ausbilder.


Dienstag, den 17. Okt. 2006

Tod als Spott

 
.   Der Tod des Enron-Vorsitzenden Kenneth Lay wird auf seine Opfer wie Spott wirken, nachdem das Strafgericht erster Instanz das Urteil gegen Lay aufhob. Damit gehen auch ihre Wiedergutmachungsansprüche unter. Die Begründung vom 17. Oktober 2006 in Sachen United States of America v. Kenneth L. Lay, Az. H-04-0025, ist bei Findlaw veröffentlicht. Richter Sim Lake gab dem Antrag des Nachlasses statt, der bekanntlich in den Vereinigten Staaten eine rechtlich selbständige Körperschaft darstellt und in die Rechte und Pflichten des Erblassers eintritt.



Wahrheit durch Kommissionen

 
CHS - Washington.   Thomas Buergenthal, US-amerikanischer Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag, hat am Frederick K. Cox International Law Center über Wahrheitskommissionen gesprochen. Opfer von Bürgerkriegen und Menschenrechtsverletzungen erhielten hier eine Stimme, um über das ihnen angetane Leid zu berichten. Erfolgreich gewesen seien beispielsweise die Kommissionen in El Salvador und Südafrika.

Deutschland dagegen habe nach dem Zweiten Weltkrieg keine Wahrheitskommissionen eingerichtet. Buergenthal, selbst Auschwitz-Überlebender, lobte in seinem Vortrag am 17. Oktober 2006 allerdings ausdrücklich die Bemühungen Westdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. So hätten die westdeutschen Schulen Wissen über den Nationalsozialismus weitergegeben.

Die Bundesrepublik habe zudem Kompensationszahlungen an die Opfer des NS-Regimes geleistet. Dies schaffe das Leiden nicht aus der Welt, sei aber als symbolische menschliche Geste zu würdigen. In vielen anderen Staaten sei nichts dergleichen geschehen, als Gegenbeispiele mangelnder Aufarbeitung nannte Buergenthal die DDR und Österreich. Außerdem thematisierte er die noch andauernde Aufarbeitung des Franquismus in Spanien und den hohen Rang der EMRK-Grundrechte in der spanischen Verfassung.



Wurst war Käsern wurst: Käse!

 
.   Wer als Markeninhaber Waren des Markendiebs im eigenen Laden und Katalog verkauft und 25 Jahre lang nicht gegen die abgekupferte Marke vorgeht, darf sich nicht beklagen, wenn das Billigkeitsrecht, Equity, die Verfolgung der eigenen Rechte gegen den Markendieb unbillig nennt, entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 11. Oktober 2006 in Sachen Tillamook Country Smoker, Inc. v. Tillamook County Creamery Association, Az. 04-35843.

Die Käsegenossenschaft verkauft ihre Waren unter der Bezeichnung Tillamook seit 1918 und liegt im Umsatz gleich hinter dem Markführer Kraft. Der Wursträucherer wurde 1976 gegründet und hatte den Käservorstand so verstanden, dass er die Bezeichnung Tillamook verwenden dürfe, solange er keine Käserei eröffne. Nach 25 Jahren war auch der Räucherer sehr erfolgreich. Die Käserei beklagt nun die schleichende Übernahme, progressive Encroachment, der Marke.

Das Bundesmarkenamt wies einen Antrag der Räucherer auf Eintragung der Tillamook-Marke wegen der Priorität der Käserei ab, doch gewährte es die Eintragung einer Marke mit dem Begriff Tillamook und einem Schmuckband. Die Käser unternahmen nichts, sondern boten die Wurstwaren im Käseladen und -katalog als unsere Wurst an.

Erst nach weiteren Markenanträgen der Wurster stellten sich die Käser auf die Hinterbeine. Sowohl die erste Instanz als auch das Berufung wiesen ihre Unterlassungs- und Feststellungsklage ab, weil die Ansprüche billigkeitsrechtlich nach dem Laches-Grundsatz verwirkt waren. Der der Räucherfirma entstehende Schaden würde bei einem Verbot der Markenverwendung heute unverhältnismäßig ausfallen. Hätten die Käser früher reagiert, wäre es gar nicht zu diesem Streit gekommen, denn die Wurster hätten sich nicht auf ihre Toleranz und gar Unterstützung verlassen dürfen.


Montag, den 16. Okt. 2006

Amtsleiter steuert Kurs seiner Aktien

 
.   Dem Bund sind in Strafsachen die Hände gebunden, also muss er sich etwas einfallen lassen, wenn er nicht mit den Staaten Streit bekommen will. Eine seiner gesetzgeberischerischen Kreationen heißt: Making a false Writing, 18 USC §1018.

Nach dieser Bestimmung und wegen Interessenskonflikts erhebt er am 16. Oktober 2006 Anklage gegen den ehemaligen Vorstand des Bundesgesundheitsamts in Sachen United States of America v. Lester M. Crawford vor dem Bundesgericht erster Instanz im Haupstadtbezirk Washington, dem District of Columbia.

Als Leiter der FDA soll Crawford Aktien von Unternehmen besessen haben, deren Schicksal er beeinflusste. Er soll sein Portfolio in den vorgeschriebenen Erklärungen verschleiert oder falsch dargestellt haben. Die Maßnahmen der Food and Drug Administration gegen die Fettsucht konnten sich direkt auf die Börsenkörse der Unternehmen in seinem Depot auswirken.



BUSHIT-Aufkleber legal, Verbot nicht

 
.   Nachdem das Gericht den Strafzettel wegen des Aufklebers I'm Tired Of All The BUSHIT aufhob, verklagt die Beschuldigte Denise Grier nun den Kreis DeKalb, dessen Polizisten den Aufkleber anstößig fanden. Am 16. Oktober 2006 beantragte sie zivilrechtlich Schadensersatz wegen der emotionalen Beeinträchtigung, den der verfassungswidrige Strafzettel auslöste. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU unterstützt das Verfahren, um die Meinungsfreiheit zu schützen.



Terroristenverteidigerin verurteilt

 
.   Zu 28 Monaten Freihheitsstrafe wurde die für ihre Zivilcourage bekannte Strafverteidigerin Lynne Stewart am 16. Oktober 2006 verurteilt, weil sie in der Verteidigung eines Terroristenscheichs zu weit gegangen war. Die Staatsanwalt hatte 30 Jahre beantragt.

Richter John Koeltl erachtete ihr Schmuggeln von Nachrichten zwischen dem Beschuldigten und seinen Anhängern als Handlung mit möglicherweise tödlichen Folgen.

Er sprach ihr jedoch seine Anerkennung für ihren 30 Jahre langen erfolgreichen Einsatz zugunsten armer, benachteiligter und unpopulärer Mandanten aus. Damit habe sie der Nation einen wertvollen Dienst erwiesen. Daher setzte er den Haftantritt bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens aus.



Sonntag, den 15. Okt. 2006

Schein am Strand

 
.   Am 15. Oktober begann früher das Wintersemester. Bis dann sollte man von Inseln und Weltstädten an die Alma Mater zurückkehren. In der ersten Woche informierte man sich intensiv über die Scheintermine, um dann alsbald wieder mit einer Hausarbeit im Schlaf- oder Rucksack abzureisen. Oft wurden ein Teil des Schönfelders und ein Kommentar eingepackt. An Unis in fremden Ländern ließ sich recherchieren - vielleicht auch mit einem Blick ins fremde Recht. Geschrieben wurde an einem warmen Strand oder im Bazar von Fez.

Die Zeiten haben sich geändert. An den Semesterterminen wird gerüttelt. Studenten richten ihre Anwesenheit vor Ort an den Kalendern der Repetitoren aus. Glauben sie noch wie ihre Professoren oder Ausbilder an die studentische Freiheit? Erschließen sie sich noch die nichtjuristischen Aspekte des Lebens im In- oder Ausland, die für die spätere Umsetzung des Erlernten wichtig sind? Sammeln sie noch Erfahrungen, die ihre Bewerbungsunterlagen lesenswert machen?

Mit juristischen Datenbanken und Internetzugang an allen Orten der Welt sollte das heute viel einfacher sein.


Samstag, den 14. Okt. 2006

Berliner Gesetzgeber

 
.   Mit einer ungewöhnlichen Umweltschutzklage gegen Gouverneur Ehrlich unterstreicht Roger Berliner seinen Wahlkampf. Den Gouverneur von Maryland will Berliner zur Anwendung des verabschiedeten, doch ohne gerichtliche Entscheidung suspendierten Umweltschutzparagraphen §13-818(b) zwingen, der Berliner und anderen Marylandern einen Rabatt auf umweltfreundliche Fahrzeuge und einen Zuschlag auf umweltfeindliche verspricht.

Die Suspendierung beruht lediglich auf einem Dekret der Exekutive. In Sachen Roger Berliner v. Robert L. Ehrlich et al., Az. 275452, vor dem Circuit Court for Montgomery County greift Berliner zum seltenen Mittel des Mandamus. Dass Ehrlich Republikaner und Berliner Demokrat ist, macht die Wahl des extremen Schrittes nachvollziehbar.

Berliner hatte sich bereits einen Namen gemacht, indem er als Anwalt für Energierecht erfolgreich gegen Enron-Exzesse vorgegangen war. Er beabsichtigt mit seiner klimaschutz-orientierten Kandidatur in einem Kreis, der bevölkerungsreicher als Staaten wie Wyoming oder der District of Columbia ist, gesetzgeberisch auf lokaler Ebene nachzuholen, was Republikaner im Staat und Bund versäumt haben.



WebMontag ohne Recht

 
.   WebMontag setzt das Wiki-Prinzip ins Leben um: Jeder darf referieren: zum Thema Web 2.0. Das scheinbar auf Dokuwiki aufbauende Wiki zählt jedoch das Recht nicht zu Themen von transatlantischer Bedeutung, denen ein Montag gewidmet werden sollte. Schade eigentlich. Oder fällt es unter den transatlantischen Austausch?


Freitag, den 13. Okt. 2006

Warum gewaltsam?

 
.   Wieder wird eine entführte Studentin gesucht, und wieder wird gefragt, warum die Männer gleich zum Mord greifen, wenn sie nachts um zwei ein Mädchen auf der Straße küssen wollen. Niemand weiß die Antwort. Vielleicht liegt es daran, dass alles pönalisiert wird. Der Dreikäsehoch fliegt wegen des einvernehmlichen Kusses aus dem Kindergarten und muss seine Tat sein Schul- und Uni-Leben lang bei Bewerbungen offenlegen. Der Angetrunkene, der die Studentin ungefragt küsst, hat Angst, dass er nun als Sextäter im Internet verzeichnet wird, und meint sich zu erinnern, dass Mord oft nur zwei Jahre Knast bringt. Politiker wissen, dass das Hochschrauben von Strafandrohungen - nicht nur im Sexrecht - in manchen Kreisen Wähler garantiert. Wenn der Mord billiger wird als der Kuss und Alkohol nicht entlastet, sondern belastet, wundern tragische Fehlentscheidungen der Täter nicht. Führt die Unverhältnismäßigkeit der Strafen zu extremen Taten?


Donnerstag, den 12. Okt. 2006

Mittwoch, den 11. Okt. 2006

Tippen macht dumm

 
.   Die amerikanische Handschrift ist anders als die deutsche. Da müssen sich auch die Rechtsreferendare umstellen. Wenn ein LLM- oder Bar Exam-Kandidat das Wunschergebnis um nur wenige Punkte verfehlt, kann der Grund in den unterschiedlichen Hand- und Druckschriften liegen.

Diejenigen, die das Schreiben fast nur noch an der Tastatur lernen, sollen weniger Denkvermögen besitzen, berichtet die Washington Post am 11. Oktober 2006. Dieser Mangel lässt sich bei der Nachprüfung von Prüfungsergebnissen wohl nicht wegerklären.

Immerhin sind dank der Tastatur transatlantische Briefe leichter auf der anderen Seite zu entziffern. Da haperte es früher oft, wenn nicht die Schreibmaschine - oder für Instant Messages der Fernschreiber - benutzt wurde. Für i-Tüpfelchen-bewusste Juristen kein Problem, solange man sich nicht vertippt.


Dienstag, den 10. Okt. 2006

Ethischer Realismus

 
CHS - Washington.   Wenn das CATO Institute, einer der profiliertesten Think Tanks Amerikas, zu einer Buchpräsentation einlädt, darf man geschliffene Rhetorik und pointierte Standpunkte erwarten. Wenn das Institut vier Wochen vor den amerikanischen Kongresswahlen und zwei Tage nach dem ersten nordkoreanischen Atomtest ein Buch mit dem Titel Ethical Realism. A Vision for America's Role in the World vorstellt, erhält die Veranstaltung besondere Brisanz.

Schon in den ersten Minuten, in denen die Autoren Anatol Lieven und John Hulsman über ihr Thema sprechen, wird klar, dass sie die Außenpolitik der jetzigen amerikanischen Regierung für gescheitert halten. Nach den Terrorattacken des 11. September habe Amerika die Sympathien der ganzen Welt auf seiner Seite gehabt. Seit dem Angriff auf den Irak seien jedoch Ansehen, Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten der US-Politik in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß gesunken. Alle Krisenherde der Erde, vom Libanon über den Iran bis hin zu Nordkorea, hätten sich aus amerikanischer Perspektive verschlechtert. Selbst alte Verbündete in Europa gingen auf Distanz.

Der einseitigen, als neoliberal etikettierten gegenwärtigen Politik setzen die Autoren einen Regierungsstil entgegen, den sie als ethischen Realismus bezeichnen. Sie empfehlen der Politik, an den Verhandlungstisch mit den rogue States zurückkehren und die momentane unilaterale Außenpolitik aufzugeben. Allein auf Kriegsführung zu setzen, helfe nicht weiter, sondern untergrabe die Attraktivität des Westens. Stattdessen müsse neben der Anerkennung fremder Patriotismen vor allem auf freien Handel und den Erfolg des great capitalist Peace gesetzt werden. Anders als das Weiße Haus hätten jedenfalls die Strategen von Al Quaida erkannt, wann sich für einen Selbstmordattentäter ein Anschlag lohne: wenn er für sein Leben und sein Land keine bessere Alternative sehe.



Lanze für Net Neutrality

 
.   Viel zu lange schon sahnen Google u. Koll. ab, und die Telefongesellschaften darben. Deshalb dauerte es 28 Stunden, bis der Dial Tone wiederkehrte. Die Telefonfirmen bemühen sich schon lange mit den Net Neutrality-Gesetzgebungsvorstößen um eine finanzielle Waffengleichheit mit Internet-Anbietern.

Zwar ziehen sie diesen Einiges an Zugangsgebühren aus dem Säckel - und den Internet-Besuchern ebenfalls -, doch reicht das einfach nicht, um auch noch die Bürde der Kabelinfrastrukturwartung zu tragen. Nur wenn der Internetumsatz mit den Telefongesellschaften geteilt wird, dürfen wir damit rechnen, dass die Netze nicht verrotten. Dann wird der verdrehte Schalter in der Zentrale vielleicht wieder am selben Tag angeknipst.


Montag, den 09. Okt. 2006

Terror und Menschenrechte

 
CHS - Washington.   Prof. Dr. Andreas Freytag aus Jena sprach auf Einladung der Friedrich Naumann Foundation heute in Washington über das Thema Bürgerrechte im Zeitalter des internationalen Terrors. Freytag ist Wirtschaftsökonom und konzentrierte sich vor allem auf die wirtschaftlichen Kosten der Antiterrorgesetze.

Terroristen, so Freytag, seien momentan recht erfolgreich. Ihre Anschläge erhöhten die Kosten des Welthandels beträchtlich und senkten dadurch den allgemeinen Wohlstand. Durch die Antiterrorgesetze verlören zudem die Regierungen immer mehr das Vertrauen der Bevölkerung. Schließlich beeinträchtigten sie auch die Lebensqualität in den westlichen Staaten.

Dieser Analyse folgten einige Ratschläge, um das Terrorproblem langfristig zu lösen. Aus ökonomischer Perspektive seien freiheitseinschränkende Regelungen eher kontraproduktiv, dagegen müsse verstärkt auf freien Welthandel, die Öffnung der Märkte sowie den Aufbau von Institutionen in den rogue States gesetzt werden. Dies setze allerdings zugleich innere Reformen in den westlichen Staaten voraus, vor allem eine globalisierungsfeste Gestaltung der Sozialsysteme. Schließlich seien auch die Rechte von gefangen genommenen Terroristen zu wahren, und Politiker müßten eine moderate Sprachweise pflegen, damit dem Terrorismus der Boden entzogen werde.

Das Fazit Freytags: Rechtsstaatlich-liberale, offene Gesellschaften seien niemals völlig gegen Terroranschläge abzusichern. Sie besäßen aber eine große Anziehungskraft auf die Menschen in den Entwicklungsländern. Es liege im Interesse der USA und der europäischen Staaten, diese Reputation auch in Zeiten des Terrors nicht leichtfertig zu verspielen.



Tag des Kolumbus

 
.   Seit 1920 wird der Columbus Day durchgehend gefeiert. Heute gehört zu ihm auch die Erinnerung an den Völkermord, von dem viele Amerikaner offen sprechen. Die meisten Kanzleien sind geöffnet, da dieser Feiertag nicht so streng eingehalten wird wie beispielsweise Thanksgiving im November oder der 4. Juli.


Sonntag, den 08. Okt. 2006

Geschworenenspruch ersetzt

 
.   Den Spruch der Geschworenen, Jury, darf der Richter ersetzen. Das dafür geltende Recht schildert beispielhaft am 3. Oktober 2006 das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks in Washington im Fall Dystar Textilfarben GmbH & Co. Deutschland KG v. C.H. Patrick Co. et al., Az. 06-1088, der ein US-Patent und seine Vorwegnahme durch ein anderes Patent aus dem Jahre 1917 betrifft.

Die Jury sprach dem Kläger Schadensersatz zu. Sie verkannte, dass ein durchschnittlicher Handwerker den patentierten Färbeprozess als offensichtliches Verfahren ansehen würde, sodass die wesentlichen Patentansprüche nichtig waren. Daher durfte das Gericht ihr Verdikt als fehlerhaft subsumierte Rechtsfrage abändern.


Samstag, den 07. Okt. 2006

Aufsichtsrat ausspionieren

 
.   Den Aufsichtsrat spionierten Vorstandsmitglieder, Chefjuristen und Dienstleister von Hewlett-Packard aus. Die Strafanklage in Sachen The People of the State of Colifornia v. Patricia Dunn et al., Az. 061027481, vom 4. Oktober 2006 wirft ihnen eine Verschwörung zur unerlaubten Verwendung persönlicher Daten sowie zum Eingriff in Computer- und Telefonsysteme vor und beantragt ihre Festnahme.

Die Strafvorwürfe im sogenannten Pretexting-Skandal richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht. Die bei den Taten eingesetzten Techniken finden sich in der eidlichen Erklärung des Untersuchungsbeamten Robert Morgester vom 4. Oktober 2006.



Forderungseinzug USA

 
.   Auf den Forderungseinzug im Ausland, darunter den USA, wirft ein Experte für Mahnwesen bei Akademie.de am 5. Oktober 2006 ein Licht.

Sein Schwerpunkt liegt auf der Inkassotätigkeit der deutsch-amerikanischen Handelskammern. Die Darstellung vermittelt einen groben Überblick über die Möglichkeiten in den USA - angesichts der mehr als 50 verschiedenen Rechtssysteme im Lande ist eine gewisse Pauschalisierung verständlich.

Während für die Kammern eine erfolgsunabängige Vergütung gelten soll, bezeichnet der Artikel das Erfolgshonorar als bei Schadensersatzprozessen häufig vereinbart. Das gilt jedoch nicht durchweg in den USA und in der Regel nicht für Vertragsverhältnisse, aus denen sich Inkassoforderungen meist ableiten.

Auch die Höhe des Erfolgshonorars von 50% und mehr würde in der Praxis auf Bedenken, insbesonders standesrechtlicher Natur, stoßen. Dennoch zeigt der Überblick eine manchmal sinnvolle Alternative zur Geltendmachung von Forderungen, gerade von Kleinbeträgen, in den USA auf.

Solange durch solche Inkassobemühungen der Gläubiger nicht im Sinne des Fair Debt Collection Practice Act präjudiziert und die anschließend oft erforderliche anwaltliche Geltendmachung von Ansprüchen nicht zulasten des Gläubigers beeinträchtigt wird, sind solche Anstrengungen mindestens genauso empfehlenswert wie der Einsatz von Do-It-Yourself-Legal-Software, mit der sich der Laie auf die Realitäten des fremden Rechtsraums einstimmt.



Geschäftsgeheimnisse outsourcen

 
.   Das Umweltschutzamt EPA in Washington erklärt am 6. September 2006 das Outsourcen von Daten an seine Dienstleister im Bundesanzeiger, Federal Register, Band 71, Heft 194, S. 59104.

Wer dem Amt Geschäftsgeheimnisse in der Erwartung anvertraut, sie würden im Amt bleiben, darf die Gelegenheit nutzen, einen Kommentar aus der Öffentlichkeit beim Amt unter der Überschrift Access to Confidential Data einzureichen. Der Datentransfer soll nicht vor dem 16. Oktober 2006 beginnen.


Freitag, den 06. Okt. 2006

Vorfall im Ausland: US-Klage?

 
.   Das Gewohnheitsrecht des Bundes spielt relativ selten eine Rolle. In Sachen Lien Hyunh et al. v. Chase Manhattan Bank et al., Az. 05-55091, ist es ebenso entscheidend wie der Umstand, dass den Klägern beim Entstehen ihrer Ansprüche jeder Bezug zu den USA fehlte. Die Kläger versuchten mit einer Sammelklage, amerikanische Banken zur Auszahlung von Guthaben zu veranlassen, die sie am Ende des amerikanisch-vietnamesischen Krieges auf vietnamesischen Konten besassen.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks griff am 28. September 2006 auf das Common Law des Bundes und das Regelwerk des Restatement (Second) of Conflicts of Laws §142 (1988) bei der Beurteilung der Verjährung und des anwendbaren Rechts zurück. Im Zusammenhang mit der Klasse der jetzt in den USA wohnhaften Kläger dieser Class Action war auch ihre Nationalität zum Zeitpunkt der Entstehung der geltend gemachten Ansprüche bedeutsam.

Soweit die Ansprüche nach einer Verweisung nach dem Recht Kaliforniens einer Verjährung nach dem Recht Vietnams unterliegen, begingen die Kläger einen schwerwiegenden Verfahrensfehler. Sie konterten die gutachtliche Erklärung der Beklagten zum Verjährungsrecht mit dem Antrag, das Gericht solle sich selbst schlau machen.

Das verwundert, weil ausländisches Recht wie eine Tatsachenfrage zu beweisen ist und ein Gutachten üblicherweise nicht durch judicial Notice ersetzt wird. Da dem Berufungsgericht somit kein Beweis vorlag und in diesem Verfahrensstadium, das der deutschen Revision entspricht, die Beweiserhebung unzulässig ist, konnte das Gericht das behauptete unrichtige Gutachten der Beklagten gegen keinen Gegenbeweis abwägen - oder vielmehr: beurteilen, ob das Untergericht in der Abwägung einen Fehler begangen hatte.

Das Gericht prüfte zudem die im internationalen Zusammenhang bedeutsame Frage, ob eine örtlicher Bezug amerikanischer Gerichte zu dem im Ausland entstandenen Sachverhalt vorliegt - wie er heute immer öfter auch bei versuchten Klagen Deutscher vor US-Gerichten zu prüfen ist. Für Kalifornien, wo die meisten betroffenen Vietnamesen nach dem Entstehen der Ansprüche ihren Wohnsitz nahmen, verneint es den verfahrensrelevanten Bezug. Das New Yorker Recht könnte einen Bezug zum Sachverhalt besitzen, doch setzt es eine Verjährungsfrist von sechs Jahren.

Ob unter Gutglaubensaspekten eine Verjährungsdurchbrechung, equitable Tolling, denkbar ist, reißt das Gericht ebenfalls an. Doch ist unstrittig, dass die Kläger seit dem Ende des Vietnamkriegs Kenntnis vom behaupteten Vertragsbruch besassen und gegen die Banken vorgehen konnten. Eine Ausnahme würde das Gericht berücksichtigen, wenn die Kläger vertrieben, gefangen und als Kriegs- oder Verfolgungsfolge in ihrer Entfaltung und Rechtsverfolgung unfrei gewesen wären, was hier nicht einmal behauptet wird. Die von der Klägern geltend gemachte mangelnde Vertrautheit mit der englischen Sprache und dem amerikanischen Recht lässt das Gericht nach fast 30 Jahren Untätigkeit nicht gelten.


Donnerstag, den 05. Okt. 2006

Pech für Beamten

 
.   Beamten verdienen in den USA ohnehin nicht viel, und dann kann ihnen der Staat auch noch vertraglich zugesagte Gehaltssteigerungen streichen, ohne wegen Vertragsbruchs haften zu müssen. Dies entschied das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks am 27. September 2006 in Sachen Stephen Schulz et al. v. City of Longmont, Az. 04-1418, nach dem Recht von Colorado für den Fall, dass die Zusage vom abgewählten Stadtrat erteilt wurde und der neue Stadtrat die Gehälter einfriert.


Mittwoch, den 04. Okt. 2006

Schiedsklausel und Schmerzensgeld

 
CHS - Washington.   Eine psychische Belastung, so genannter emotional Distress, stellt noch keine Körperverletzung, bodily Injury, dar. Dies entschied das Berufungsgericht des Staates Kalifornien am 29. September 2006, Az. B182588.

Im Fall Kenny Gravillis, Jr., et al. v. Coldwell Banker Residential Brokerage Company et al. hatten die Kläger, ein Ehepaar, von und über die Beklagten ein Haus gekauft. Mit dem Vertrag wurde zugleich eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen, derzufolge wegen aller Streitigkeiten mit Ausnahme von Körperverletzungen und Tötungen ein Schiedsgericht zuständig sein sollte.

Erst nach dem Kauf des Hauses stellte sich heraus, dass Termitenbefall, Erdbebenschäden und eingedrungenes Wasser nur notdürftig durch Schönheitsreparaturen übertüncht worden waren. Die Kläger verlangten nun gerichtlich Schadensersatz aufgrund der durch die Mangelschäden hervorgerufenen psychischen Belastungen. Außerdem behauptete die Ehefrau, dass ihre Schwangerschaftsdiabetes durch den emotionalen Stress hervorgerufen wurde. Die Beklagten dagegen hielten das angerufene Gericht wegen der Schiedsklausel für unzuständig und wollten Bundesschiedsrecht nach dem Federal Arbitration Act anwenden. Das erstinstanzliche Gericht entschied für die Kläger, da es die psychischen Belastungen als Körperverletzungen einstufte.

Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies es an die Vorinstanz zurück. Zunächst legte das Gericht ausführlich den Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit vor dem staatlichen Rechtsweg dar und betonte die herausragende Bedeutung von Parteivereinbarungen. Es entschied weiter, dass emotionale Belastungen nicht ohne weiteres unter den Begriff der Körperverletzung subsumiert werden könnten. Zur Unterstüzung dieser Argumentation verwies das Gericht auf die Rechtspraxis anderer Common- und Civil-Law-Systeme. Schließlich verneinte das Gericht auch die Kausalität zwischen der von der Ehefrau erlittenen Schwangerschaftsdiabetes und den Schäden am Haus.

Allerdings wurde auch die Rechtsansicht der Beklagten vom Berufungsgericht zum Teil zurückgewiesen. Der Federal Arbitration Act kann als Prozessrecht des Bundes beim einzelstaatlichen Gericht keine Anwendung auf den vorliegenden Fall finden. Stattdessen muss dieser nun unter Anwendung des einzelstaatlichen California Arbitration Act neu entschieden werden.



Anwaltswerbung: Gas oder Bremse?

 
.   Der im allgemeinen positiven Einstellung des Verbraucherschutzamtes FTC in Washington zur Anwaltswerbung steht eine vorsichtigere Auffassung der standesrechtliche Organe gegenüber. Kaum drückt die Federal Trade Commission vorsichtig aus, dass manche von Standesorganen gezogenen Grenzen im Sinne des Anwaltswettbewerbs zu eng sein könnten, geben Mandatsvermittler jedoch Gas.

Ein Mandatsvermittler, der sich in der werbenden EMail an Anwälte nicht identifiziert, verweist auf eine werbefreundliche FTC-Stellungnahme vom Juni 2006 und verspricht Anwälten für $30 pro Vermittlung bei einer Mindestabnahme von 50 vermittelten Kontakten die Einflechtung von Kanzleiseiten in eine ausgeklügeltes Webseitennetzwerk zu mehr als 100 Themen in 10.000 Webseiten.

Auf den Werbeseiten finden sich detaillierte, persönliche und auch intime Fragen an mögliche Kläger. Die Antworten würden beim Anwalt vom Anwaltsgeheimnis geschützt werden. Auf den Webseiten der Vermittler fallen die Daten unter keine realistische und realisierbare Verwertungsbeschränkung. Ob sie beim Anwalt noch als Geheimnis gelten können, wenn sie über eine Vermittler-Webseite Dritten offenbart wurden, ist eine interessante Nebenfrage.

Andere Vermittler werfen mit Zahlen aus neuen und teil-abgeschlossenen Verfahren um sich, die riesig klingen - wobei jedoch immer zu beachten ist, dass weder Jury-Verdikte noch Klaganträge das letzte Wort darstellen. Dass der Spruch der Geschworenen noch in derselben Instanz gekappt werden kann und dies häufig geschieht, erwähnt kaum einer, und die Presse interessiert dies weder in Amerika noch im Ausland, sodass das Zerrbild bleibt.

Soweit Juristen angesprochen werden, ist das kein Problem - sie sollten sich an das Remittitur erinnern können. Doch bei beworbenen Klägern sieht das anders aus, nämlich irreführend. Sie können sich nicht vorstellen, dass die Geschworenen ein paar Millionen zusprechen und dieser Spruch vom Richter auf ein Zehntel oder Tausendstel reduziert wird. Wenn durch irreführende Werbung unerfüllbare Erwartungen geschaffen werden, wirkt die Anwaltschaft unglaubwürdig aus. Die Vermittler hingegen stört es nicht.

Ein Nebeneffekt solcher Werbung besteht auch in der Vorstellung ausländischer Unternehmer, dass das amerikanische Recht beispielsweise mit der Produkthaftung die Kreativen bestraft. In Wirklichkeit spielt jedoch die Produkthaftung eine bedeutend geringere Rolle; die letztlich zugesprochenen Beträge sind außer in extremen Fällen als normales Geschäftsrisiko einkalkulierbar.

Dass der Bund durch die FTC gerade nicht die freie Fahrt mit Vollgas von Anwälten - oder auch Ärzten - durch die Werbelandschaft wünscht, sondern eine standesrechtliche Steuerung als eine wichtige Komponente des Wettbewerbs ansieht, erklärt die Stellungnahme vom 14. September 2006 gegenüber einer einzelstaatlichen Justizverwaltung.


Dienstag, den 03. Okt. 2006

Vertrieb, nicht Herstellung verlagert

 
.   Was einem beim Gespräch mit dem Wirtschaftsförderer so einfällt: zum Beispiel die Mandanten, die sich überzeugen ließen, die Produktion erst einmal in Deutschland zu lassen. Man muss ja nicht mit Sack und Pack in die USA umziehen. So erspart man sich Vieles und verdient unter dem Strich mehr:
  • Steuern: Die deutschen Steuern sind nicht unbedingt ungünstiger als die amerikanischen. Vor allem ist der Aufwand oft viel geringer. Hier halten Bund, Staat, Kreis und Gemeinde die Hand auf. Jeder hat eigene Formulare und andere Anforderungen.
  • Verdeckte Steuer: In Deutschland kümmert sich das Gemeinwesen um Einrichtungen wie Polizei, Feuerwehr und Krankenhaus. Hier oft auch, doch längst nicht überall und umfassend. Wie oft wird vom Unternehmer erwartet, doch bitte hier mal $10.000 und da mal $50.000 beizusteuern, weil ein Fahrzeug oder Gerät beschafft werden muss oder die Witwen und Waisen zu versorgen sind, weil sich kein Staat um sie sorgt. Zur verdeckten Steuer kann man auch die Wahlkampfspenden zählen, ohne die man auf die Gunst der gewählten Volksvertreter verzichten muss, die nicht nur in Parlamenten, sondern auch einflussreichen Ämtern sitzen.
  • Was man auf den ersten Blick nicht erkennt, ist die miserable Ausbildung des Personals. Was nützt eine billige amerikanische Betriebsstätte, wenn man laufend deutsches Personal hersenden muss, weil das amerikanische nur Ausschuss produziert?
  • Der Vertrieb von Deutschland in die USA ist oft rentabler, stellt sich heraus. In Deutschland wird die Ware in der Regel gekonnt so verpackt, dass sie auch nach mehrfacher Umfrachtung heil beim Abnehmer in den USA ankommt. Hier wird oft so verpackt, dass nur ein Teil der Bestellung beim Kunden eintrifft, und davon ist wieder ein Teil verbogen, zerstört oder sonstwie unbrauchbar.
Wer den Gewinn in der Produktion steigern und mit gleichwertigem Personal unter bekannten Rahmenbedingungen arbeiten möchte, ist wohl besser mit einer Herstellung in den neuen Ländern, vielleicht unter Einbeziehung der gegenwärtig noch billigeren Nachbarländer, und einer kleinen Vertriebsorganisation in den USA bedient. Aus juristischer Sicht bleibt damit auch der anwaltliche Beratungsaufwand überschaubarer, der ansonsten wegen der Eigenheiten des US-Rechts schnell explodieren kann.


Montag, den 02. Okt. 2006

Suchbegriffe und -maschine

 
.   Als Marken bekannte Suchbegriffe dürfen in Suchmaschinen zum Konkurrenten des Markeninhabers führen, entschied ein Bundesgericht erster Instanz am 28. September zuungunsten des Markeninhabers Rescuecom, der Google verklagt hatte.

Einige vergleichbare Fälle bleiben in den USA anhängig. Da das Markenrecht auf drei parallelen Rechtssystemen aufbaut - Bundesrecht, einzelstaatlichem Recht und dem in den USA adaptierten, dann weiterentwickelten Gewohnheitsrecht, Common Law, - muss diese Entscheidung nicht das letzte Wort bedeuten.



Verjährung: Pflicht zur Prüfung

 
.   Die Verjährungsfristen für zivilrechtliche Haftungsansprüche beginnen bei mangelnder konkreter Kenntnis einer Rechtsverletzung, wenn der Verletzte genug Wissen besitzt, um seine Pflicht zur Prüfung mit dem Ziel der Feststellung eines Verletzungstatbestandes auszulösen. Diese Pflicht besteht als Inquiry Notice ab dem ersten Ereignis, das normalerweise zu einer weiteren Untersuchung der Verletzungsvermutung führt.

Der Geschädigte kann sich nicht zu seiner Entlastung darauf berufen, dass die Behauptung einer Verletzung auf Gerüchte gestützt ist, die den Kenntnistatbestand nicht erfüllen. Wenn er die rechtzeitige Klagerhebung unterlässt, muss er die Verjährungseinrede gegen Ansprüche aus Vertragsverletzung und unerlaubter Handlung, einschließlich aus Geschäftsgeheimnisrecht, Eingriff in Vertragsbeziehungen, Unterschlagung sowie ungerechtfertigter Bereicherung, hinnehmen.

Da der Kläger nach einer ihm zugetragenen Verletzung seiner Recht aus der Entwicklung von medizinischen Geräten die Umstände nicht weiter untersuchte und erst Jahre später klagte, bestätigte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks die Klagabweisung wegen Verjährung in Sachen Scott M. Epstein v. C.R. Bard, Inc., Az. 06-1023, am 25. August 2006. Diese Entscheidung gilt nicht einheitlich für das gesamte Recht der USA, da das Gericht das einzelstaatliche Recht von Massachusetts anwandte.


Sonntag, den 01. Okt. 2006

Schlaglicht auf Steuerfreiheit

 
.   Die Steuerbefreiung religiöser Institutionen beeinträchtigt den Gemeindehaushalt in den Vereinigten Staaten mehr denn je. Die jährlich fällige Grundsteuer stellt oft den wichtigsten Beitrag für den Schulhaushalt von Kreisen und Städten und richtet sich nach dem Wert von Land und Gebäuden, der in den vergangenen Jahr stark stieg.

In Washington stellt sich dasselbe Problem auch mit Botschaften und Botschaften, die von der Property Tax nach den Wiener Übereinkünften von 1961 befreit sind. Allerdings ist Washington darauf vorbereitet, weil die Hauptstadt einen kleinen Ausgleich vom Bund erhält.

Auf der Tagesordnung der Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten soll jedoch demnächst der Fall der Gemeinde Stafford landen, die die kirchliche Befreiung nicht mehr hinnehmen will und auch einen Verfassungsstreit zur Frage der Trennung von Staat und Kirche akzeptiert.

Das Gericht nahm heute seine Arbeit mit der Roten Messe, die der Förderung der Gerechtigkeit gewidmet ist, auf und beginnt am 3. Oktober 2006 mit den ersten mündlichen Terminen im neuen Jahreszyklus.



Todeswunsch unerfüllt

 
.   Wenn der zum Tode Verurteilte den Vollzug der Strafe beantragt, nachdem er einen Habeas Corpus-Antrag auf Prüfung seines Lebens- und Freiheitsentzugs stellt, darf das Gericht diesen Antrag nicht ignorieren und dem Wunsch auf Vollstreckung der Todesstrafe stattgeben, bevor der Antrag inhaltlich geprüft und beschieden ist, urteilte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 13. September 2006.

In Sachen Robert Charles Gomez v. Dora B. Schriro, Az. 98-99003, waren dem Todeskandidaten bestialische Verbrechen zu Last gelegt worden. Er wurde ohne seine Anwesenheit schuldig gefunden. Lediglich bei der Strafzumessung war er im Gerichtssaal - blutend, fast unbekleidet, erschöpft und angekettet.

Unter diesen Umständen war das Urteil nur in die Schuldfrage, nicht in Strafzumessung aufrechtzuerhalten, entschied das Berufungsgericht, indem es auf den Habeas Corpus-Antrag einging. Bereits die Ketten vorverurteilten den Angeklagten. Die Mindermeinung verwirft die 50-seitige Begründung der Entscheidung und gelangt auf 12 weiteren Seiten zur Erkenntnis, dass dem Gericht die Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Antrag fehlt.


Samstag, den 30. Sept. 2006


Wild und Umweldschutz

 
.   Die Umwelt wird von wilden Tieren mehr als von Menschen verschmutzt, jedenfalls im Hinblick auf den Anteil an Bakterien in den drei Flüssen der Hauptstadt, Anacostia, Potomac und Rock Creek. Wildgänse tragen ebenso wie Bären und Rehe zum Umweltschaden bei, der sich auf natürliche Weise oder rechtliche Schritte kaum eingrenzen lässt, erklärt eine wissenschaftliche Untersuchung in der Washington Post.



Consignment im UN-Kaufrecht

 
.   $5,327.042,85 war die Auslegung des Begriffs Consignment der österreichischen Herstellerin in Sachen Treibacher AG v. Allegheny Technologies, Inc. et al., Az. 05-13005, wert. Das Urteil des Bundesberufungsgerichts des elften Bezirks vom 12. September 2006 eröertert dieses Merkmal im Sinne des UN-Kaufrechts, United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods.

Die Klägerin hatte der Beklagten Metallpuder auf Abruf mit einem Konsignationsvertrag verkauft. Die Beklagte stellte den Abruf ein und erwarb das Produkt günstiger von einem anderen Hersteller. Der Klägerin klagte den Ersatz ihres entgangenen Gewinns ein und berief sich auf den Handelsbrauch, der sich zwischen beiden Unternehmen in sieben Jahren entwickelt hatte: Der Kaufpreis wurde bis zum Wareneinsatz durch die Beklagte gestundet, doch galt das Produkt mit der Bereitstellung als verkauft.

Hingegen behauptete die Beklagte, auf diesen Brauch sei nicht abzustellen, sondern auf die Usancen im Wirtschaftszweig, dass nämlich erst bei Abruf und Verwendung ein Kauf zustande komme. Das Untergericht stimmte der Klägerin bei dem Course of Dealings zu, und der United States Court of Appeals bestätigte sein Urteil mit einer ausführlichen Begründung; ebenso entschied es in der Beurteilung der Schadensminderungspflicht der Klägerin.



Brutaler Strafschadensersatz

 
.   Sowohl den Lesern, die Polizeibrutalität verfolgen, als auch jenen, die Exzesse im Recht des Strafschadensersatzes aufregen, bietet das Urteil in Sachen Pedro Casillas-Diaz et al. v. Romualdo Palau et al., Az. 04-1303, vom 19. September 2006 etwas.

Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks erklärt ausführlich die Merkmale, bei denen Schadensersatz für eine von ihm als brutal bezeichnete Behandlung von zwei Bürgern durch die Polizei zuerkannt wird.

Etwas weniger gründlich beurteilt es die punitive Damages vom Zehnfachen des Schadensersatzes, indem es die Regel des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington missachtet, dass der Multikplikator einstellig sein soll. Es beruft sich auf das BMW-Urteil, BMW of N. Am., Inc. v. Gore, 517 U.S. 559, 574 (1996), nicht jedoch die neuere State Farm-Entscheidung, State Farm Mutual Automobile Insurance Company v. Inez Preece Campbell et al., vgl. Kochinke, U.S. Supreme Court setzt Strafschadensersatz Grenzen, GALJ (8. April 2003).


Freitag, den 29. Sept. 2006


Hundebiss und Experte

 
.   Jeder Staat der USA hat sein eigenes Recht zur Haftung für den Hundebiss. Dazu gehört auch die Regel des ersten haftungsbefreiten Bisses. Erst wenn der Hundehalter Kenntnis von der Beisswut des Hundes besitzt, haftet er nach dem Gewohnheitsrecht:
The rule of common law was that the owner of a vicious dog, having knowledge of its dangerous propensities, is bound to keep him secure at his peril; and if anyone,without fault on his part, is injured by the animal, the owner will be liable for all damages sustained.F. Giovannozzi & Sons, Inc. v. Lu Ciani, 18 A.2d 435, 436 (Del. Super. Ct. 1941).
Gesetzliche Regelungen ändern das Gewohnheitsrecht der One Free Bite Rule, wie bespielsweise im Recht von Delaware, welches in Sachen Nancy Jo Brady et al. v. Cathy A. White et al., Az. 04C-09-262-FSS, Anwendung fand:
The owner of a dog is liable … for any injury … to person … that is caused by such dog, unless the injury … was caused to … a person who, at the time, was committing or attempting to commit a trespass or other criminal offense on the property of the owner, or was committing or attempting to commit a criminal offense against any person, or was teasing, tormenting or abusing the dog. 25 Del. C. §1501;
Beide Regeln klären nicht eindeutig den Fall, in dem ein Tierarzt in Kenntnis der Bissgefahr verletzt wird. Die Entscheidung des Superior Court for the State of Delaware in and for New Castle County besitzt über den Hundebiss hinausgehende Bedeutung für die Haftungszuweisung bei Experten, wie sie beispielsweise auch bei Piloten und anderen besonders ausgebildeten Personen im Bereich der amerikanischen Produkthaftung eine Rolle spielt.

In diesem Fall entschied das Gericht am 27. September 2006 die Fragen des Mitverschuldens, der Auslegung des gesetzgeberischen Willens und die Risikoübernahme durch besonders sachverständige Personen mit daraus folgender Haftungsentlastung in einer lesenswerten Begründung.


Donnerstag, den 28. Sept. 2006

Masten, Indianer, Telefon

 
.   Historische Gebäude und Örtlichkeiten genießen besonderen Schutz, auch vor Sendemasten für den mobilen Telefonverkehr. Daher ist das Bundestelekommunikationsamt nicht allein für die Genehmigungen zur Errichtung solcher Masten zuständig. Nach dem National Historic Preservation Act von 1966 koordiniert es mit Vertretern von historischen Ämtern, Indianern und Hawaiianern Verordnungen im Rahmen seiner Zuständigkeit.

Der Verband drahtloser Unternehmen wandte sich erfolglos gegen die aus diesem Zusammenwirken resultierende Verordnung namens Nationwide Programmatic Agreement Regarding the Section 106 National Historic Preservation Act Review Process, 20 FCCR 1073 (2004), wie das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks am 27. September 2006 entschied.

In Sachen CTIA - The Wireless Association v. Federal Communications Commission et al., Az. 05-1008, stellte es fest, dass die Verordnung weder ermessensfehlerhaft noch rechtsmissbräuchlich erlassen wurde und daher wirksam die Zulassung von Sendemasten an historisch bedeutsamen Orten einschränkt, und zwar auch an nicht im nationalen Verzeichnis eingetragenen.



Mittwoch, den 27. Sept. 2006

Laien als Richter: Skandal

 
.   Als große Ungerechtigkeit beschreibt die Tageszeitung New York Times in einer dreiteiligen Serie die Laiengerichte, die immer noch im Staate New York wirken, obwohl man sich seit Jahrzehnten darauf geeinigt hatte, dass das System Missbrauch fördert und zum Himmel stinkt.

Während in Washington, DC die Gerichte mit hochqualifizierten Artikel I-Richtern besetzt sind, werden in manchen Staaten einzelstaatliche Gerichte weiterhin von Laien besetzt. Im Ostküstenstaat New York werden sie im Schnellkurs ins Recht eingeführt, unterliegen kaum einer Aufsicht und führen minimale Akten, heißt es in In Tiny Courts of N.Y., Abuses of Law and Power am 27. September 2006, A1.



Dienstag, den 26. Sept. 2006

Markenkritik aus unberufenem Mund

 
.   In die falschen Hände fiel der Schriftverkehr von Apple mit dem US-Markenamt. Grossschreibung und kritische Anmerkungen zu den iPod- und iPodcast-Markenanträgen lösen beim sonst gut unterrichteten ZDNet-Schreiber Russell Shaw im Bericht EXCLUSIVE: Apple Trademark Office Docs Point to REAL Reasons for "Podcast" Controversy nicht so sensationelle Spekulationen aus, aus denen er auf die Abmahnpolitik von Apple zum Begriff Podcast schließt.

Die zitierten Schriftsätze des Markenamts sind typisch. Grossschreibung findet sich ebenso wie ein großer Teil der angeführten Absätze als Textbausteine im Dokumentenverwaltungssystem des Markenamts und nahezu in jeder Korrespondenz mit nahezu jedem Antragsteller. Nur gut, dass Shaw am Ende offenbart, dass er kein Anwalt ist.

Dass das Markenamt auf einen Antrag mit einem Gegenvorschlag für die Waren- oder Dienstleistungsbeschreibung reagiert, ist normal und bedeutet nicht, dass der Markenbeamte Apple wie einen Schulbuben vorführen will. Dasselbe gilt für den stets beigefügten Hinweis, dass eine geänderte Beschreibung den Markenschutz inhaltlich nicht über den Rahmen des Antrags hinaus erstrecken darf.

Interessant an dem Bericht ist der Hinweis, dass Apple als amerikanisches Unternehmen versuchte, eine Marke zuerst im Ausland anzumelden und dann nach dem US-Recht auf ihrer Grundlage die US-Marke zu beantragen, was das Amt kritisch beurteilt.


Montag, den 25. Sept. 2006

Leicht wird schwer

 
.   Raucher leichter Zigaretten gelten, wie die Urteilsbegründung von 540 Seiten darlegt, als Klasse für ein Sammelklageverfahren, entschied am 25. September 2006 ein Bundesgericht erster Instanz in Sachen Barbara Schwab et al. v. Philip Morris USA, Inc. et al., Az. 03-CV-1945.

Nachdem Raucher nicht nur erfahren mussten, dass in Zigaretten mehr als Tabak steckt, sondern kürzlich auch lernten, dass light nicht gesünder bedeutet, Hersteller gemeinsam die Gesamtheit ihrer Kunden aufs Glatteis führten und schließlich die leichten Zigaretten in jüngster Zeit mit zusätzlichen Suchtmitteln angereichert wurden, verwundert das Ergebnis wenig. Das Verfahren vor den Geschworenen beginnt mit der Jury-Auswahl am 22. Januar 2007.



Vorwand und Diskriminierung

 
.   Als die Schlafstudie abgebrochen wurde und der Arzt feststellte, dass die Schlaftechnikerin den Patienten in Lebensgefahr gebracht hatte, entließ das beklagte Krankenhaus die Technikerin. Diese klagt wegen Diskriminierung aus Alters- und Abstammungsgründen und wegen Diffamierung. In Sachen Grace Ptasznik v. St. Joseph Hospital et al., Az. 05-2687, entschied am 21. September 2006 das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks gegen die Technikerin.

Der Kündigungsgrund der Gefährung eines Menschenlebens ist hier nicht als unzulässiger Vorwand, Pretext, zu werten. Selbst wenn die Technikerin zuvor zusammenhang- und geschmacklos als zu alt und zu polnisch bezeichnet worden war, ist keine kausale Verbindung solcher Wertungen mit der Kündigung erkennbar. Andererenfalls könnte die polnische Abstammung, obwohl nicht rassebezogen, einen Abhaltspunkt für eine unzulässige Diskriminierung darstellen.

Der Schadensersatzanspruch wegen Diffamierung scheiterte, weil die Technikerin sich nur vage auf Erklärungen im Rahmen der Untersuchung der von ihre ausgelösten Lebensgefährdung berief. Ihre eigenen Aufzeichnungen bestätigten, dass der Patient einem erheblichen Risiko ausgesetzt war und sie auf die vorgeschriebenen Eingriffe verzichtet hatte.


Sonntag, den 24. Sept. 2006

Gerichtsstand folgt Rechtswahlklausel

 
.   Die Gerichtsstandsklausel in einem gewerblichen Vertrag ist nach dem Recht der Rechtswahlklausel des Vertrages auszulegen, entschied das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks in Sachen Orhan Yavuz v. 61 MM, Ltd. et al., Az. 04-5188, am 20. September 2006, jedenfalls wenn ein internationaler Vertrag auszulegen ist. Das Gericht befand im Streit zwischen Parteien aus der Türkei, Syrien, der Schweiz, Oklahoma und Panama, dass hier die vereinbarte Wahl schweizer Rechts maßgeblich ist.


Samstag, den 23. Sept. 2006

Schiedsklausel und Sammelklage

 
.   Eine Schiedsklausel in einem Verbrauchervertrag, die eine Sammelklage verbietet, kann sittenwidrig sein, entschied das zweite Berufungsgericht im Staat Kalifornien in Sachen Philip Kent Cohen v. Directv, Inc., Az. B184630, am 18. September 2006. Die Sittenwidrigkeit hängt von den Fallumständen ab. Hier war das Sammelklageverbot nach dem ursprünglichen Vertragsschluss durch eine einseitige Änderung eines Kabelfernsehvertrages nachgeschoben worden.


Freitag, den 22. Sept. 2006


Lizenz nicht verletzt

 
.   Eine Lizenz über Baupläne im Maschinenbau erteilt dem Kunden das Recht zu den Bauplänen, jedoch nicht zu ihrer Verwendung bei der Herstellung konkurrierender Produkte für Dritte. Als der Kunde die Pläne einem Subunternehmer gab, um für sich ein Duplikat des mit den Bauplänen erworbenen Kupplungsbaugeräts anfertigen zu lassen, ging der Lizenzgeber, der das erste Gerät und die Pläne erstellt hatte, gegen den Lizenznehmer vor. Seine Klage wegen Urheberrechts- und Vertragsverletzung wurde abgewiesen.

Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks entschied Automation by Design, Inc. v. Raybestos Products Co. et al., Az. 05-1172, am 15. September 2006 - gegen den Lizenzgeber. Die Berufungsbegründung erklärt ausführlich die Vertragsauslegungsregeln, die sich auf den Lizenzvertrag für das beschränkt eingeräumte Urheberrecht auswirken. Sie deckt auch Widersprüche im Vertrag auf, die den Parteien und der ersten Instanz verborgen blieben.

Die Nichtübertragbarkeit der Rechte an Dritte stellt nach seiner Erkenntnis keine Beschränkung des Kundenrechts dar, von einem Dritten ein Duplikat für die Eigenverwendung anfertigen zu lassen. Die Mindermeinung geht allerdings davon aus, dass die Beschränkung wirksam ist, und die Lizenz deshalb nur die Verwendung der Pläne zum Eigenbau gestattet.

Das Urheberrecht richtet sich in den USA nach dem Recht des Bundes. Die Lizenz als Vertrag über das Urheberrecht - und seine rechtlichen Komponenten - unterfällt hingegen dem einzelstaatlichen Recht, hier dem das Staates Indiana.


Donnerstag, den 21. Sept. 2006


Mittwoch, den 20. Sept. 2006

Global Warming: 16 Seiten

 
.   Mit einer 16-seitigen Klageschrift soll die globale Erwärmung nach dem Willen des kalifornischen Justizministers bekämpft werden.

In Sachen People of the State of California v. General Motors Corporation et al., Az. unbestimmt, beantragt er am 20. September 2006 insbesondere die Festellung der gesamtschuldnerischen Haftung der KFZ-Hersteller GM, Ford, Toyota, Honda, Chrysler und Nissan wegen einer öffentlichen Schädigung, Schadensersatz nach den Vorgaben der Beweiswürdigung und die Feststellung der Haftpflicht aufgrund zukünftiger Schädigungen aufgrund des Global Warming.

Prozessual beantragt er als parens patriae ein Verfahren vor den Zivilgeschworenen, Jury.



Dienstag, den 19. Sept. 2006

Hausdurchsuchung zulässig

 
.   Weder die Verfassung des Bundes noch die des Staates Kalifornien verbieten den unangemeldeten Besuch des Sozialamtes bei Sozialhilfeempfängern - diese Beurteilung kann sich auf wirtschaftsrechtliche Sachverhalte auswirken, wenn Leistungen des Staates mit einer Durchsuchungs-Bedingung verknüpft sind.

Die Entscheidung des Bundesberufungsgerichts vom 19. September 2006 in Sachen Rocio Sanchez et al. v. County of San Diego et al., Az. 05-55122, traf auf eine ausführlich begründete Mindermeinung. Das kann bedeuten, dass diese Sammelklage den Weg zum Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington finden wird.



Endlich ein Geschäftsmodell

 
.   1993 fand der Partner, der Musiker berät, meinen Vorschlag blöd, ihre Musik scheibchenweise ins riesige AOL-Netz zu stellen. Im Ausblick auf das Internet-Recht 2000 meckerte ich in einer Fachzeitschrift über den Schwachsinn der Musikverlage, das Internet und die Kunden zu verteufeln.

Nun zeigt sich der langerwartete Wandel. Seit gestern gibt es ein Geschäftsmodell, das Kunden und Künstler vereint: YouTube darf ungestraft Hintergrundmusik von Warner Music in Videos verbreiten; Warner wird nicht klagen, sondern teilt sich mit YouTube die Werbeeinnahmen. Wenn das Musikzitat Warner rechtswidrig erscheint, entfernt YouTube das Video.

Eine gescheite Lösung, die auf gutem Willen und der Technik des digitalen Fingerabdruckes basiert. Statt das Internet zu bremsen, wird es endlich genutzt. Hoffentlich lassen sich auch andere davon beeindrucken.



Muster ohne Schutz

 
.   Muster für den anwaltlichen Schriftverkehr betrifft das Urteil in Sachen Ross, Brovins & Oehmke, P.C. v. Lexis Nexis Group, Az. 0501513, vom 15. September 2006 vom Bundesberufungsgericht im sechsten Bezirk.

Lexis veröffentlichte die klägerseits erstellten Muster, die großenteils auf amtlichen Formularen basierten und mit arbeitssparenden Funktionen ausgestattet waren, aufgrund eines Vertrages zwischen den Parteien, kündigte den Vertrag und veröffentlichte dann eigene Muster für vergleichbare Zwecke.

Eine Zusammenstellung von Formularen ist zwar nicht urheberrechtsschutzfähig, doch kann die Auswahl der Muster nach Feist Publications, Inc. v. Rural Telephone Service Company, 499 US 340, 349 (1991), schutzfähig sein. Da Lexis eine andere Auswahl als die Kläger getroffen hatte und die Kreativität bei der Programmierung automatisierender Elemente minimal war, wies das Gericht den Verletzungsanspruch aus dem Urheberrecht ab.

Die Berufung ließ einen Vertragsverletzungsanspruch wiederauferstehen, den das Untergericht nach der Schlüssigkeitsprüfung abgewiesen hatte. Der Anspruch betrifft das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zum Vertrieb solcher Muster. Das Berufungsgericht stellte fest, dass die Klage in diesem Punkt schlüssig war und das Verfahren weiterzuführen ist. Obwohl das Urheberrecht in den USA Bundesrecht ist und das Vertragsrecht von den Einzelstaaten geregelt wird, konnten alle Ansprüche vor dem Bundesgericht verhandelt werden.


Montag, den 18. Sept. 2006

Geheimnis muss etwas darstellen

 
.   Ohne einen definierten Inhalt von gewerblicher Bedeutung nützt der Geschäftsgeheimnisschutz auch mit einem NDA, Non-Disclosure Agreement oder Confidentiality Agreement wenig. Oder gar nichts - um beim Stil des Richters Posner in seiner Entscheidung in Sachen BondPro Corporation v. Siemens Power Generation, Inc., Az. 05-3077, 12. September 2006, zu bleiben.

Posner erörtert die Bedeutung des Trade Secret - auch im Zusammenhang mit der Offenlegung eines behaupteten Geheimnisses im Patentverfahren. Ob die Beklagte ein geheimnisungeeignetes, von der Gegenseite erlangtes Wissen dem Patentamt als eigenes Geheimnis andrehen wollte - da schweigt des Richters Höflichkeit, weil der Umstand die Entscheidung nicht beeinflusst, und er stellt ihn lediglich in den Raum.

Zudem versetzt der Richter am Bundesberufungsgericht im siebten Bezirk den Anwälten der Parteien einen Rüffel. Ihre Schlampigkeit macht die Zuständigkeitsprüfung unter mehreren Aspekten schwierig. Dabei spielt auch die gesellschaftsrechtliche Frage des good Standing einer Gesellschaft beim Handelsregister eine Rolle, die die Beklagte anspricht, doch nicht ausnutzt.

Dieselbe Einstellung trifft der Richter auch bei der unzureichenden Darlegung des Geheimnisinhalts an, die schließlich zur Abweisung der Ansprüche aus der Verletzung eines Trade Secret führte. Das Urteil stellt eine lesenswerte Einführung in das amerikanische Recht der Geschäftsgeheimnisse dar, welche einzelstaatlich geregelt sind. Viele Staaten orientieren sich an einem Mustergesetz, Uniform Act, das auch hier Anwendung findet.


Sonntag, den 17. Sept. 2006

Wahlrecht und Blogs

 
.   Wird das Wahlrecht durch bezahltes Bloggen unterminiert? In den vergangenen Jahren stellte sich die Frage, ob unbezahltes Bloggen im Sinne des Wahlrechts als Spenden an Kandidaten zu beurteilen ist. Heute bloggen Schreiber auf Geheiß mancher Kandidaten, beispielsweise konservative republikanische Blogger, um gegen die Aufdeckungen demokratischer, unbezahlter Blogger anzukämpfen. Nach dem Bundeswahlgesetz sind diese Vergütungen offen zu legen.


Samstag, den 16. Sept. 2006

Klage der CIA-Agentin ergänzt

 
.   Die Klage im Skandal der Aufdeckung einer CIA-Agentin wurde am 13. September 2006 geändert, indem der sich selbst als Schwätzer bezeichnende Ex-Vize-Außenminister Richard Armitage als Beklagter dem Verfahren Valerie Plame Wilson et al. v. I. Lewis Libby, Jr. et al., Az. 06-1258, vor dem untersten Bundesgericht im District of Columbia hinzugefügt wurde. Die Agentin verlangt neben Schadensersatz auch Strafschadensersatz, punitive Damages, aaO 22. Der Skandal erfasst auch die jeweils rechte Hand von Bush und Cheney.


Freitag, den 15. Sept. 2006

Kein eindeutiger Rechtsbruch

 
.   Ein Schiedsspruch kann recht falsch sein, und doch muss das Gericht ihn bestätigen, wenn das Recht nicht eindeutig verdreht wurde: manifestly contrary to law ist das Kriterium nach dem Bundesschiedsgesetzt, Federal Arbitration Act. In Sachen D. H. Blair & Co. et al. v. Judit Gottdiener et al., Az. 04-3260, entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks einen solchen Fall.

Zunächst entschied es, ob ein Schiedsspruch, der Ansprüche teilweise abweist und teilweise zuspricht, in zwei Verfahren zur Anerkennung und zur Aufhebung verhandelt werden muss. Es verneint diesen Ansatz. Auch klärt es, dass die von Anlegern in einem Börsenmaklervertrag unterzeichnete Schiedsklausel durchsetzbar ist.

Zudem erklärt es, dass ein Versäumnisurteil bei einem Antrag auf Anerkennung oder Aufhebung eines Schiedsspruchs in der Regel nicht angezeigt ist. Andererseits darf das Verfahren nicht unter der mangelnden Mitwirkung der Parteien leiden. Daher ist ein Urteil anhand der Summary Judgment-Prüfungsmerkmale zu fällen, die über eine reine Schlüssigkeitsprüfung hinausgehen.

Materiell stellte das Gericht am 5. September 2006 fest, dass die vom Schiedsgericht zuerkannten Zinsen auf den zugesprochenen Strafschadensersatz, punitive Damages, zwar nach anwendbarem Recht unzulässig waren, doch stellte dieser Fehler mangels der Offenlegung dieser Rechtsbestimmungen gegenüber dem Schiedsgericht keinen eindeutigen Rechtsbruch dar, der zur Teilaufhebung des Schiedsspruchs berechtigte.


Donnerstag, den 14. Sept. 2006

Schreiben des Aussenministers

 
.   Als Affront betrachten Bush-Verfechter das Schreiben des ehemaligen Außenministers Colin Powell an Senator John McCain vom 13. September 2006, mit dem Powell seine Kritik am Bush-Wunsch einer Änderung des gemeinsamen Artikels 3 der Genfer Konventionen ausdrückt. Im Rahmen seiner Wahlstrategie, die auf Terrorhysterie beruht und ihm in 13 Tagen mehrere Umfragepunkte brachte, hatte sich Bush für Änderungen ausgesprochen, die nach Powells Auffassung auch amerikanische Kriegsgefangene gefährden.



Blusen hoch: $2 Mio. Strafe

 
.   Eine Filmproduzentin spezialisiert sich auf Dokumentarfilme mit gelüfteten Blusen, und zahlt nun eine Strafe von über $2 Mio., weil die Firma die Bestimmungen zum Minderjährigenschutz missachtete. Insbesondere wirft die Bundesstaatsanwaltschaft ihr mit der Anklage- und Abspracheschrift in Sachen United States of America v. MRA Holdings LLC, Az. 5:06CR79/RS, vor dem United States District Court for the Northern District of Florida am 12. September 2005 vor, die Zustimmung der möglicherweise minderjährigen Brustzeigenden nicht vor der Veröffentlichung in der Filmserie Girls Gone Wild nach 18 USC §2257 dokumentiert zu haben.


Mittwoch, den 13. Sept. 2006


Zu früh gefreut

 
.   Sie sind der beste Anwalt der Welt! Jetzt haben wir ihn auf der Matte. Schnappen Sie ihm schnell noch den Domainnamen weg. Dann sind wir GOLD, GOLD, GOLD!

Schade, dass diese EMail mit Reply to All auch an den Gegner ging. Der verschliss nun noch zwei Anwälte, bevor er zur ursprünglichen Einsicht zurückkehrte, Verletzungen einzustellen und die Domain herzugeben.


Dienstag, den 12. Sept. 2006

Corner Office

 
.   Der Umzug ins Corner Office zwingt zu Entscheidungen. Mehr Glas, weniger Wände, weniger Platz für die Literatur. Recht der Internationalen Wirtschaft bleibt, keine Frage. Computer und Recht aus den achtziger Jahren kann wohl weg, selbst wenn man sonst kaum in den USA an die Sammlungen über deutsches Recht herankommt.

Die Untersuchungsberichte zur Virengefahr und notwendigen Anpassungen durch Gesetzgeber aus derselben Zeit? Immer noch wertvoll und doch museal. Einfacher fällt die Entscheidung, die Druckerplatinen von 1982 und die Acht-Zoll-Floppies zu entsorgen und die riesigen Festplatten mit 5MB Speicher, die tausende kosteten, dekorativ wiederzuverwerten.



Montag, den 11. Sept. 2006

Pass weg: Sicherheitsproblem

 
.   Als Problem nicht nur für Touristen bezeichnet das Government Accountability Office den Diebstahl von Pässen aus den 27 Visa Waiver-Staaten. Das sind die Staaten, deren Bürger in die USA für 90 Tage als Touristen ohne einen Sichtvermerk einreisen dürfen.

Diese Pässe gelten unter Kriminellen als besonders begehrt. Die über die direkt Betroffenen hinausgehende Problematik besteht im Fehlen von Ansprechpartnern auf amerikanischer Seite, an die ausländische Dienststellen die Meldung gestohlener Pässe weiterleiten können.

Das Heimatlandssicherheitsministerium, Department of Homeland Security, hat sich nicht darum gekümmert. Das GOA legt dem Kongress ans Herz, dem DHS eine Frist zu setzen, eine Meldestelle einzurichten.



Alte Leier: Leiter, Haftung

 
.   Der Fall von der Leiter führt oft zur Klage gegen Hersteller, doch sind diese so sorgsam in der Herstellung und Beschriftung von Leitern, dass sie viele Klagen gewinnen. Auch im Fall Raymond Beaudette et al. v. Louisville Ladder, Inc., Az. 05-2685, obsiegte die Herstellerin gegen die Produkthaftungsklage.

Hier basierte der Klageanspruch auf dem Gutachten, das die Kläger veranlasst hatten. Der Gutachter konnte zwar Leitern beurteilen, jedoch war er bei dem konkreten Typ und seinem Herstellungsverfahren überfragt. Als Gutachter wurde er daher nach Rule 702 des Bundesbeweisrechts, Federal Rules of Evidence, nicht zugelassen.

Zudem war der Antrag auf seine Zulassung zu Fragen der auf der Leiter angebrachten Warnkennzeichnung verspätet gestellt, nämlich erst fünf Wochen vor dem Verfahren vor den Geschworenen, Jury. Nach dem anwendbaren Recht von New Hampshire darf die Jury nicht ohne Gutachter die Frage der fehlerhaften Warnungen beurteilen. Daher bestätigte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 6. September 2006 die untergerichtliche Klagabweisung.



In fünf Jahren

 
.   Vor fünf Jahr stand die Welt Schulter an Schulter mit den Vereinigten Staaten. In fünf Jahren wurden die Verfassungsrechte in den USA verdrängt, Allierte wurden beleidigt und gute Freunde wie die Türkei rücken von den USA ab, vom rechtswidrigen Krieg im Irak und Lügen in der UNO ganz abgesehen. Der Kashmir Observer fasst die Lage zusammen.

Neun Häuser weiter, im weißen, sieht man die Dinge jedoch rosiger.


Sonntag, den 10. Sept. 2006

Ab- oder Verweisung der Klage

 
.   Die behauptete Verletzung von Marken-, Urheber-, Wettbewerbs- und Domainrechten löste die Klage im Fall Subsalve USA Corporation v. Watson Manufacturing, Inc. et al., Az. 05-2645, vor dem Bundesgericht in Rhode Island aus, wo die Klägerin ansässig ist.

Die Beklagte aus Florida beantragte die Abweisung wegen mangelnder persönlicher Zuständigkeit. Das Gericht wies die Klage ab und beschloss die Verweisung des Verfahrens an das Bundesgericht in Florida.

Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks bezeichnete am 7. September 2006 die Ab- und Verweisungsverfügung als widersprüchlich. Der Widerspruch lässt sich durch eine praktische Analyse lösen. Der Fall wird ohnehin neu aufgerollt werden, und das Verfahrensrecht gibt der Verweisung im Zweifel den Vorzug vor der Abweisung. Deshalb wertete es den widersprüchlichen Beschluss als Verweisungsverfügung.


Samstag, den 09. Sept. 2006

Buchung im Internet: Klage

 
.   Ein Amerikaner in London bucht ein Hotelzimmer in Moskau über einen Buchungsserver in Chicago, Illinois, welcher mit einer Rechtswahlklausel das Recht von Illinois verbindlich macht. Die Buchungsbedingungen sehen eine Abrechnung in Dollar vor. Weil die Rechnung in Rubel und nach der Umrechnung 14% teurer als erwartet ausfällt, verklagt der Kunde mit einer Sammelklage und einem Bereicherungsanspruch das Buchungssystem in Chicago.

Weil ihm ein Vertragsanspruch weniger bringen würde, behauptet der Kunde, dass kein Vertragsverhältnis bestehe, und verzichtet auf Vertragsansprüche. Vielmehr möchte er Schadensersatz aus unerlaubter Handlung nach dem Verbraucherschutzgesetz vor Betrug und Täuschung, Consumer Frauf and Deceptive Business Practices Act, von Illinois. Das Untergericht weist die Klage nach der Schlüssigkeitsprüfung nach Rule 12(b)(6) der Federal Rules of Civil Procedure ab, weil der erforderliche Bezug zu Illinois fehlt.

Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks mit den Richtern Easterbrook, Rovner und Evans entscheidet in Sachen Britt A. Shaw v. Hyatt International Corporation, Az. 05-4625, am 29. August 2006, dass der Kläger eine Vertragsbeziehung mit dem Buchungssystem eingegangen war und daher kein Raum zur Anwendung des Deliktsrechts bleibt. Wegen des ausdrücklichen Verzichts auf Vertragsansprüche ist die Klagabweisung im Ergebnis zu bestätigen.


Freitag, den 08. Sept. 2006

Staatenimmunität beschneiden?

 
.   Nach dem Foreign Sovereign Immunities Act genießen hoheitliche Akte ausländischer Staaten Immunität, indem den Gerichten die sachliche Zuständigkeit entzogen wird. Die Washington Legal Foundation regt am 8. September 2006 an, die Immunität durch eine Änderung des FSIA einzuschränken.

Sie behauptet in der Studie Nr. 140, Sovereign Debt Default: Cry for the United States, Not Argentina, durch die vom Außenministerium, dem State Department in Washington, DC, den Gerichten vorgelegte Immunitätsstellungnahme würden Staaten unterstützt, die ihre Immunität missbräuchten, unverantwortlich Schulden anhäuften und ihre Gläubiger düpierten.

Zum Beleg für diese These zieht Prof. Hal Scott im Namen der Stiftung die argentinische Finanzkrise heran. Die Überschuldung bankrotter Staaten werde durch die Immunität gefördert. Daher solle das Außenministerien in diesen Verfahren Stellung auf seiten der amerikanischen Gläubiger, nicht der Mißbraucher des US-Rechts beziehen.

Konkret sollen ausländische Zentralbanken zur Erklärung eines Immunitätsverzicht bei der Darlehnsaufnahme gebracht werden, welcher zugunsten der Gläubiger auch als Verzicht des Souveräns gelten muss, aaO 41. Zudem sollen souveräne Staaten verpflichtet werden, auf Anforderung der Gerichte ihre Vermögensverhältnisse offenzulegen und ihre Bediensteten der Vernehmung im Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, zu unterwerfen, aaO 42.



Bauchpinselei tut gut

 
.   Nimmt man sich einmal im Jahr Zeit zum Lunch und hört: Your law firm is one of the most famous in Washington, und kurz darauf beim Anruf im Ministerium: Your law firm is the best in the country in foreign sovereign immunity matters, dann kann das schon dazu verführen, sich öfter mal zum Lunch freizunehmen. Selbst wenn es Bauchpinselei ist, tut es gut.


Donnerstag, den 07. Sept. 2006

Strahlenschaden = Körperschaden

 
.   Die behaupteten Strahlungsschäden, die Mobiltelefonkunden Nokia vorwerfen, stellen Körperschäden im Sinne der Versicherungsdeckung dar, die Nokia von ihrem Versicherer erworben hat, erklärt das fünfte Berufungsgericht von Texas in Sachen Nokia, Inc. v. Zurich American Insurance co. et al., Az. 05-04-01729, am 21. August 2006.

Das begründet eine Pflicht der Versicherung, den Hersteller aufgrund der Commercial General Police, CGL, zu verteidigen. Ob die Geräte Strahlenschäden verursachen könnten, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.


Mittwoch, den 06. Sept. 2006

Aus dem Lager nach Gitmo

 
.   Kurz vor den Wahlen spricht das Weiße Haus wieder ununterbrochen vom Terrorschreck und verkündet heute die Verlegung von Insassen aus geheimen CIA-Lagern in die rechtsfreie Zone Guantanamo.

Gordon England vom Pentagon verkündet derweil das Dekret 2310.01E vom 5. September 2006 zum Vollzug der Verlegung, der Beteiligung des Internationalen Roten Kreuzes an militärischen Aktionen der USA sowie der Ausbildung der Streitkräfte zur verbesserten Beachtung der Genfer Konventionen von 1949.


Dienstag, den 05. Sept. 2006

Anwaltsgeheimnis und Webmail

 
.   Arbeitnehmer, die den Firmenlaptop für private EMail nutzen und aus Vorsicht Webmail-Dienste verwenden, speichern die Post in den Zwischenspeicher, wo der Arbeitgeber sie natürlich finden kann. Der Fall National Economic Research Associates Inc. et al. v. David Evans et al., Az. 04-2618, betrifft das Verwertungsrecht des Arbeitgebers solcher EMailkorrespondenz zwischen einem Angestellten und seinem Rechtsanwalt.

Am 3. August 2006 entschied das einzelstaatliche Gericht in Boston, Massachusetts, dass mit der dem Angestellten unbekannten Zwischenspeicherung seiner Yahoo-Webpost auf dem Arbeitsgerät nicht das Anwaltsgeheimnis erlosch. Zum einen sei selbst bei einer Belehrung des Arbeitgebers über seine Beobachtung der Webaktivitäten des Personals bei einem durchschnittlichen Internet-Besucher nicht zu erwarten, dass er von der Zwischenspeicherung weiß.

Zum anderen darf das Anwaltsgeheimnis nicht zulasten der mobilen Arbeitnehmer bei ihrem Verkehr mit Anwälten durchbrochen werden, insbesondere wenn sie glauben, mit besonderen Vorkehrungen das Geheimnis und ihr Recht geschützt zu haben. Das gilt auch, wenn die Webmail Dritten zur Einsicht offen stand, weil solche Dritten technisch überdurchschnittlich erfahren sein müssten. Richter Gants berücksichtigte, dass der amerikanische ABA-Anwaltsverein 1999 von der Sicherheit der EMailkommunikation mit web-basierten Diensten ausging und sie für die rechtsanwaltliche Nutzung zulässig erachtete.




Farbiger Fisch

 
.   Verbraucher sind nicht zur Klage gegen Hersteller künstlich gefärbten Lachses nach dem Verbraucherrechtsmittelgesetz von Kalifornien, Consumer Legal Remedies Act, berechtigt, weil das Bundesrecht im Food, Drug and Cosmetic Act dem Bund eine ausschließliche Zuständigkeit für die Aufsicht über Nahrungsmittelhersteller einräumt.

Das zweite kalifornische Berufungsgericht prüfte im Sammelklageverfahren Farm Raised Salmon Cases, Az B182901, am 31. August 2006, die Grundsätze der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach der Supremacy Clause, Art. IV(2) der Bundesverfassung. Der Gesetzgeber muss in den Bereichen, in denen die US-Staaten historisch aktiv waren, durch clear and manifest Intent deutlich machen, dass er die einzelstaatlichen Gesetze brechen will.

Verbraucherschutzgesetze fallen in die traditionelle Kompetenz der Staaten. Das Gericht muss sich daher davon überzeugen, dass der Bund eingreifen wollte, und es muss auch den Umfang der Kompetenzausübung des Bundes prüfen. Die Nahrungsmittelverfälschung hatte sich der Bund eindeutig zum Ziel gesetzt, und er hatte ausdrücklich private Klagen gegen Hersteller untersagt. Daher ist die Sammelklage abzuweisen.


Montag, den 04. Sept. 2006

Hochzeit ab Labor Day

 
.   Mit dem heutigen Labor Day beginnt die Hochzeit der diesjährigen Wahlen, die sich auf die zukünftige Gesetzgebung in Bund, Staaten, Kreisen und Gemeinden der USA auswirken wird. Die Wahlkampagnen laufen schon länger. Teilweise sind die Vorwahlen bereits abgeschlossen.

Beim Bund geht es um die Rückgabe von Senat und Haus an die Demokraten. Ihre Chancen stehen nach Umfragen gut, doch hat Präsident Bush an diesem Wochenende die Terrorkarte gezogen, den Trumpf der Republikaner, und seine Politik mit der Roosevelts gegen die Nazis verglichen.


Sonntag, den 03. Sept. 2006

Programmmiete bleibt ungeahndet

 
.   In Sachen Action Tapes, Inc. v. Kelly Mattson, Az. 05-3309, entschied das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks, dass die gewerbliche Vermietung eines Softwareprogramms ohne die Zustimmung des Entwicklers ohne Anmeldung keine urheberrechtlichen Sanktionen auslöst.

Am 30. August 2006 prüfte das Gericht die First Sale-Doktrin, die einem Erwerber die freie Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes nach 17 USC §109(a) gestattet. Dieser Grundsatz wird heute vom Computer Software Rental Amendments Act of 1990 durchbrochen, sodass die gewerbliche Nutzung einschließlich der Vermietung durch den Erwerber des Werkes untersagt ist.

Die Klage gegen die gewerbliche Vermieterin eines Stickprogramms für Nähmaschinen wies es ab, weil die Herstellerin der Software dieses nicht beim Urheberrecht angemeldet hatte, obwohl das Programm zu denjenigen Werken zählt, die vor einer Klage wegen einer Verletzung die Registrierung erfordern. Der Hinweis der Herstellerin auf die Eintragung der visuellen Werke, die mit dem Programm erzeugt werden, wirkte nicht.


Samstag, den 02. Sept. 2006

Terrorstaat nicht immun

 
.   Staaten genießen Immunität nach dem Foreign Sovereign Immunities Act, 28 USC §§1602 - 1611, der sie vor Klagen wegen hoheitlicher Handlungen schützt. Eine Ausnahme in §607(a)(7) FSIA nimmt ihnen diesen Schutz bei behaupteten Terroraktivitäten und räumt den US-Gerichten die sachliche Zuständigkeit ein.

In Sachen Olivia Rux et al. v. Republic of Sudan, Az. 05-2003, beurteilte das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks die Anwendbarkeit der Terrorregel im Zusammenhang mit dem Angriff auf das US-Kriegsschiff Cole in Yemen.

Es prüfte den Schutz, den der Sudan Terrorgruppen gewährt hatte, und gelangte am 1. September 2006 zur Erkenntnis, dass die Erklärungen der Kläger hinreichend begründeten, dass der Sudan für die Zuständigkeitsfrage als Terrorstaat gilt.


Freitag, den 01. Sept. 2006

Vier Tage Law School

 
.   Nach vier Tagen Law School beginnt die ehemalige Assistentin mit dem Studium der Bar Review-Kurse. Instant Gratification, kann man da nur sagen. Nach zwei Jahren Kanzleiarbeit ist sie bestens vorbereitet, aber Bar Review folgt Studium und ersetzt es nicht.

Law School bedeutet drei Jahre Spass mit dem Recht. Bar Review bedeutet zwei Monate Hölle. Man lernt in der kurzen Zeit so viel wie nie zuvor.

Doch der Kurs vermittelt nicht das Verständnis für die Entwicklung des Rechts, für die rechtspolitischen Er- und Abwägungen aus jahrhundertealter Tradition, ohne die ein amerikanischer Rechtsanwalt nicht arbeiten kann. Der Kurs stellt einen Schnappschuss all dessen dar, was heute gilt und im Bar Exam, der Rechtsanwaltszulassungsprüfung, abgefragt werden kann.

An der Uni hingegen kommt es nicht immer auf das richtige Ergebnis an, sondern auf die Kunst der Abwägung und Weiterentwicklung von Rechtsgrundsätzen, die Methodik der Argumentation und die Entwicklung der Rechtsphantasie. Das ist die sokratische Methode in ihrer Law School-Ausgestaltung. Sie lässt sich nicht durch die Paukmethode ersetzen.


Donnerstag, den 31. Aug. 2006

Meinungsfreiheit im Striplokal

 
CE - Washington.   Ein Striplokal fechtet eine Stadtverordnung mit einer no-touching-rule und einer Lizenzregelung für sexuell orientierte Betriebe an. Das Recht auf Meinungsfreiheit des ersten Zusatzes der US-Verfassung sei dadurch verletzt, doch das US-Berufungsgericht des fünften Bezirks war im Fall Fantasy Ranch v. City of Arlington et al., Az. 04-11337, am 2. August 2006 anderer Auffassung.

Eine no-touching-rule verbietet jeglichen körperlichen Kontakt zwischen Angestellten und Kunden im Lokal. Da durch die einfache Regel das Verbot bisher nicht durchgesetzt werden konnte, sollte sie durch Maßnahmen wie festgelegter Bühnenhöhe, Pufferzone, Bodenmarkierungen und Trinkgeldregelungen mit der Verordnung gestärkt werden. So muss das Personal sich an den Abstand zu den Kunden halten. Zudem kann nach der Lizenzregel nach vier Suspendierungen bei Verletzung der no-touching-ruleeine Auflösung des Betriebs erfolgen. Die Verordnung soll das negative Bild auf die Stadt mindern, das durch die mehrmalige Verletzung der no-touching-rule auf sie gefallen war.

Fantasy Ranch jedoch sah seine Rechte auf Meinungs- und Ausdrucksfreiheit verletzt, da die erotische Nachricht des Betriebs nicht mehr übermittelt werden könne und die Verordnung das Geschäft einschränke. Das Berufungsgericht war jedoch der Meinung, dass es bei einem sexuell orientierten Betrieb um den Schutz von Eigeninteressen gehe, nicht aber um die Unterdrückung von Meinungs- oder Ausdrucksfreiheit.


Mittwoch, den 30. Aug. 2006

Vioxx: Entschädigung überzogen

 
.   In der ersten Instanz noch kann der Spruch der Zivilgeschworenen, Jury, vom Richter überworfen werden. Er kann insbesondere den zugesprochenen Geldbetrag durch ein Additur erhöhen oder durch ein Remittitur herabsetzen. Er darf aber auch ein neues Verfahren ansetzen.

Den letzten Weg wählte Richter am untersten Bundesgericht Eldon Fallon am 30. August 2006 im Produkthaftungs-Verfahren des FBI-Beamten Gerald Barnett gegen den Pharmahersteller Merck & Co., Az. MDL 1657, 06-485. Insbesondere stellte er fest, dass der Strafschadensersatz, punitive Damages, von $50 Mio. einer Grundlage entbehrt, die diesen Betrag rechtfertigt.



Private Law in den USA

 
.   Privatrecht der USA? Sicher nicht als Private Law. Eher als Contracts für das Vertragsrecht. Torts für das Recht der unerlaubten Handlungen. Property für das Sachenrecht. Family Law dürfte das Familienrecht hinreichend beschreiben, Probate and Estate das Erbrecht abdecken.

Aber Private Law? Nein, das ist vorrangig eine Gesetzesart, die im Gegensatz zu Public Laws nur einen kleinen Kreis Betroffener berühren. Ansonsten kann man den Begriff im Zusammenhang mit Fragen des internationalen Rechts, auch aus der Sicht des US-Rechts, benutzen, zum Beispiel: International Institute for the Unification of Private Law (UNIDROIT) Convention on International Factoring.

Und Internationales Privatrecht? Das wäre im amerikanischen Recht der Bereich Conflicts of Laws. Damit ist jeder Rechtsanwalt in den USA vertraut, denn es ist ja auch im Verhältnis zwischen den Einzelstaaten stets zu prüfen.



Kein Bann von Spielen

 
.   Ein Staat nach dem anderen versucht, gesetzlich den Verkauf von gewaltzeigenden Videospielen an Kinder und Jugendliche einzudämmen, doch gewinnt der Industrieverband mit Klagen und einstweiligen Verfügungen überall aufgrund des bundesverfassungsrechtlichen Schutzes, den der erste Verfassungszusatz gewährt. Depictions of violence are entitled to full constitutional protection, erklärte am 24. August 2006 Richter James Brady vom untersten Bundesgericht, United States District Court in Baton Rouge.


Dienstag, den 29. Aug. 2006

Markenamt: Etwas Geduld, bitte

 
.   Am Sonntag schreibt das US-Markenamt. Der Mandant reagiert schon Montagmittag auf den Entwurf des Schriftsatzes, sodass dieser gleich eingereicht werden kann. Aber nein: Bitte 72 Stunden warten, hieß es in der EMail-Verfügung, damit der Bescheid in die Datenbank eingefügt werden kann. Kann es sein, dass die Juristen im Internetwettlauf gegen die IT-Welt siegen?


Montag, den 28. Aug. 2006

Haftbefehlsaufhebung

 
.   Der Antrag der Staatsanwaltschaft von Colorado in Sachen People of the State of Colorado v. John Mark Karr, Az. 2006 CR 1244, vom 28. August 2006 auf die Aufhebung des Haftbefehls gegen John Karr ist bei Findlaw veröffentlicht. Karr war freiwillig, doch bewacht, aus Thailand nach Colorado gekommen, weil er einen Mord in Colorado gestand. Seine Angaben erwiesen sich als mit der Beweislage unvereinbar. Der Fall hatte die Aufmerksamkeit der Presse hervorgerufen.



Marke aus zweiter Hand

 
.   Immer wieder WIPO. Diese Markenverfahren mit dem Verfahren in den USA unter einen Hut zu bringen, bleibt umständlicher und teurer als das originär amerikanische Verfahren. Zwar passt sich das US Patent and Trademark Office den Veränderungen an, die sich seit seiner Beteiligung am WIPO-Anmeldungsverfahren ergeben, doch nicht nahtlos.

Das gilt weiterhin auch für den elektronischen Dienst, der vom Amt zur Kommunikation mit der Außenwelt bevorzugt wird. Heute will dieser bei der Beantwortung eines Bescheids die unaufgeforderte Korrektur einer Anschrift nicht, die auf dem Weg über die WIPO verhunzt wurde. Ohne Eingabe einer Stadt geht allerdings gar nichts. Also trägt man die Stadt in einem anderen Feld ein und lässt das Feld mit der verhunzten Anschrift unberührt, damit die wichtigeren Antworten auf die Office Action angenommen werden.

Dann schlägt man drei Kreuze. Der Server ist oft überlastet; Faxgeräte sind beim Amt seit einem Jahr falsch verdrahtet; vorsorgliches Nachreichen eines ausgedruckten Schriftsatzes per Kurier oder Post darf nicht sein. Zum Glück sind einige Sachbearbeiter im US-Markenamt bei Telefonaten sehr entgegenkommend.



Blogklau und Urheberrecht

 
.   Zur hier in der Blogelei seit langem angesprochenen Frage des Blogklaus per RSS unter urheberrechtlichen und technischen Aspekten findet sich eine neue Linksammlung, die sich auf das amerikanische Recht beschränkt und Auffassungen anderer amerikanischer Verfasser einbezieht, bei ZDnet.

Dass ein RSS-Feed dem Leser keine über das Lesen und ein einfaches Zitatrecht hinausgehende Rechte verleiht, ergibt sich eindeutig aus dem Urheberrecht. Damit beschränkt sich die Diskussion notwendigerweise eigentlich darauf, ob Verfasser vielleicht eine implizierte Lizenz gewähren und ob dies wirksam wäre.

Jedenfalls verfallen die Verfasserrechte nicht, nur weil ein RSS-Feed öffentlich gemacht wird - genauso wie bei einer Werbetafel in der UBahn oder dem Werbespot im Radio. Die Erregung unlizensierter Weiterverwender über von Verfassern geltend gemachten Rechten an ihren Werken ist auf beiden Seiten des Atlantik vergleichbar, doch offensichtlich gleichermaßen rechtlich unfundiert.



Funktion in Marke

 
.   Eine Marke, die lediglich die Funktion einer Ware darstellt, genießt nicht den Schutz des amerikanischen Markenrechts, entschied das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks in Sachen Fujy Kogyo Ltd. v. Pacific Bay International, Inc. et al., Az. 05-5854, am 23. August 2006.

Der japanische Hersteller von Angelrutenzubehör hatte das Design seiner Waren zunächst als Patente, später als Bildmarken angemeldet. Er wandte sich gegen Vertriebsunternehmen, die Imitate in den USA verkauften. Das Untergericht hob die Marken nach 15 USC §1052(e)(5) wegen ihrer Funktionsdarstellung auf. Die Berufung bestätigte es in seiner Anwendung der Functionality Doctrine.

Soweit die Patente mit den Marken identisch und abgelaufen sind, kann es auch keinen Markenschutz geben, weil mit dem Ablauf des Patents das Design in das Public Domain fällt, also Allgemeingut wird, erklärte das Gericht.



Verträge mit Kindern

 
.   Als Erziehungsmaßnahme sollten Eltern mit ihren Kindern Verträge schließen, empfielt der gewerbliche Mustervertragsanbieter Kidscontracts. Vom Ausgehen bis zum Autofahren werden mit 9 Verträgstypen Regeln vereinbart.

Kinder sollen von vornherein wissen, was sie erwartet, wenn sie sich nicht wie erwartet verhalten. Die Verträge sollen wirken, sagt Dr. Robertson. Ob sie wirksam sind, steht auf einem anderen Blatt.


Sonntag, den 27. Aug. 2006

Amt am Sonntag

 
.   Klasse: The Office records have been searched and no similar registered or pending mark has been found that would bar registration under Trademark Act Section 2(d), 15 U.S.C. §1052(d). TMEP §704.02.

Dass das US-Markenamt am Sonntag einen elektronischen Bescheid erlässt, verwundert allerdings.



Samstag, den 26. Aug. 2006

Arme Professoren und Wähler

 
.   Professoren bekommen kaum Respekt in den USA. Sie verdienen wenig und selbst ihre Meinung, anderenorts als Lehre von Bedeutung, interessiert selten ein Gericht. Dafür stehen sie ihren Studenten Tag und Nacht zur Verfügung und setzen sich altruistisch für höhere Ziele ein. Rechtsanwälte nehmen ihnen die Butter vom Brot - finanziell und beim Einfluss auf die Rechtsfortbildung.

Nun entscheidet das höchste Gericht von Maryland, dass ein Juraprofessor nicht einmal qualifiziert ist, für die Stelle des Justizministers zu kandidieren. Er hatte seine Anwaltzulassung noch nicht lang genug.

Zudem entschied das Gericht, der Court of Appeals in Annapolis, dass mit Ausnahme der Briefwahlen erst am Wahltage gewählt werden darf. Das staatliche Parlament hatte ein Gesetz gegen das Veto des Gouverneurs in Kraft gesetzt, nach dem in einigen Wahlbezirken die Wahllokale ein paar Tage früher geöffnet werden.



Torture Taxi erklärt

 
.   ConsortiumNews erklärt die CIA-Verfahren zur Verbringung, Rendition, von Untersuchungshäftlingen in Folterländer im Bericht Aero's Cloaks and Daggers vom 26. August 2006. Die Folterflüge machten auf dem Weg von North Carolina in foltertolerante Staaten auch Halt in Irland, Deutschland und anderen EU-Ländern. Die Suchfunktion auf der Webseite der Central Intelligence Agency spuckt zum Thema Torture Taxi kein Ergebnis aus.



Kunst als Nutzwerk

 
.   Genießt ein künstlerisch gestalteter Park mit integrierten Skulpturen, Anlagen und anderen Gegenständen, der als Gesamtkunstwerk konzipiert ist, den besonderen Schutz des Visual Artists Rights Act of 1990, 17 USC §106A? Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks entschied in Sachen David Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., Az. 05-1970, am 22. August 2006, dass der Gesetzgeber für ein solches ortsgebundenes, site-specific, Werk keine Vorkehrungen getroffen hatte und der Eigentümer das Werk eines berühmten Künstlers beseitigen darf.


Freitag, den 25. Aug. 2006

Gnädiger Gouverneur

 
TS - Washington.   Die Begnadigungspraxis im Bundesstaat Maryland hat dessen amtierender Gouverneur, Robert L. Ehrlich Jr., in den ersten drei Jahren seiner Amtsinhaberschaft grundlegend geändert. Darüber berichtete am 25. August 2006 die Washington Post.

Abgesehen von der Wiederaufnahme der Vollstreckung der Todesstrafe, zeigte sich Ehrlich, seit 2003 im Amt, gegenüber Strafgefangenen überraschend großzügig: er sprach bislang 190 Begnadigungen und Strafumwandlungen aus. Dieses Recht steht ihm nach §20 der Verfassung von Maryland zu. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern sieht er das Pardoning nicht als politisch riskant, sondern als seine verfassungsrechtliche Pflicht an. Vor seiner Amtszeit wurden zwischen 1987 und 2003 insgesamt lediglich 129 Straftäter begnadigt.

Der Gouverneur gewährt vornehmlich solchen Straftätern Abhilfe, die nach kriminellen Fehltritten in ihrer Jugend ein vorbildliches Leben geführt haben.


Donnerstag, den 24. Aug. 2006

Nachlass von Irak-Opfern

 
.   Der Nachlassverwalter amerikanischer Arbeiter, die zur logistischen Unterstützung des Militär und Diplomaten eingesetzt wurden und 2004 an einer Brücke in Falludscha aufgeknüpft verreckten, verklagte die sie beschäftigende Logistikfirma auf Schadensersatz, weil die vertraglich zugesagten Sicherheitsvorkehrungen nicht eingehalten wurden.

Das einzelstaatliche Gericht, das in der Regel für Vertragsachen zuständig ist, verwies die Klagen an das Bundesgericht, welches den Fall mangels sachlicher Zuständigkeit zurückverwies. Gegen diesen Beschluss ging das Logistikunternehmen Blackwater Security Consulting, LLC auf dem Revisionswege unter Berufung auf verteidigungsrechtliche Bestimmungen des Defense Base Act, 42 USC §§1651-1654, vor, In Re: Blackwater Security Consulting, LLC et al., Az. 05-1949.

Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks entschied am 24. August 2006 jedoch angesichts des Urteils des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington, Supreme Court, in Sachen Gravitt v. Sw. Bell Tel. Co., 430 US 723 (1977), dass die Revision gegen den Beschluss grundsätzlich nicht zulässig sei, das Untergericht keine Subject Matter Jurisdiction besass und der Beschluss selbst bei gravierender Fehlerhaftigkeit auch nach den wenigen Ausnahmen nicht revisibel ist, s. 28 USC §1447(d).

Das Verfahren wird daher vor den einzelstaatlichen Gerichten weitergeführt, die als weniger unternehmerfreundlich als die Bundesgerichte gelten, besonders wenn beklagte Unternehmen aus einem anderen Staat oder dem Ausland stammen.



FBI soll Googeln

 
.   Als das FBI die Herausgabe von vier Tonbändern verweigerte, verdonnerte das Gericht es zum Googeln. Der Kläger verlangt die Bänder nach dem Freedom of Information Act, 5 USC §522. Das FBI argumentierte, es könne nicht feststellen, ob die Sprecher bereits verstorben seien, weil sie sich auf den Bändern nicht mit ihrer Social Security Identifikationsnummer vorstellten.

Wären sie tot, würde das Recht auf den Schutz der Privatsphäre weniger stark sein, sodass die Ermessensentscheidung des FBI nachprübar wäre. Um sich die notwendigen Informationen über diese Personen zu verschaffen, regte das Gericht im Urteil John Davis v. Department of Justice, Az. 04-5406, am 22. August 2006 an, dass das FBI auch an Suchmaschinen wie Google denke.

Bei seiner Verwendung des Begriffs Google als Verb ignorierte das Gericht vermutlich die zahlreichen Berichte über den Protest des Google-Suchmaschinenunternehmens gegen diese Verwendung. Es entnahm die Verb-Definition dem Oxford English Dictionary Online. Seine eigene Googelei führte das Gericht zu den Fakten, die dem FBI fehlten, aaO 17.


Mittwoch, den 23. Aug. 2006

Geld versehentlich verteilt

 
.   Jetzt will der Staat die $50 Mio. zurück, die er versehentlich Alten und Armen auf's Konto schob oder per Scheck zusandte. Die Teilnehmer am nationalen Krankenversicherungssystem Medicare werden über alle Sender und Medien gebeten, das Geld doch bitte nicht anzurühren und weitere Anweisungen von der Regierung abzuwarten.



Anspruch auf Rechtsbeistand?

 
TS - Washington.   Das Recht aus dem Sechsten Verfassungszusatz auf einen Verteidiger ist dann nicht verletzt, wenn dem Angeklagten in einem nicht entscheidungserheblichen Verfahrensstadium kein Rechtsbeistand gewährt wurde. Mit diesem Argument wies das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks am 1.August 2006 in der Sache Anthony Grigsby v. Zettie Cotton, Az.04-3356 die Berufung eines Wiederholungstäters zurück.

Der Angeklagte war 1978 vor den Gerichten von Indiana wegen Raubes zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bei der Verhaftung war er 16 Jahre alt gewesen. Kurz danach hatte ein sog. juvenile Waiver Hearing stattgefunden, infolgedessen das Verfahren vom Jugend- an das Strafgericht verwiesen wurde. In einem späteren Verfahren wegen versuchten, bewaffneten Raubes erhöhte das Strafgericht die Freiheitsstrafe auf 50 Jahre. Nach Einlegung zahlreicher, erfolgloser Rechtsmittel auf einzelstaatlicher Ebene, wandte er sich mit einem Antrag auf Habeas Corpus-Befreiung an die Bundesgerichte.

Als Begründung führte der Angeklagte an, die Straferhöhung sei verfassungswidrig gewesen, weil das Urteil aus 1978 infolge der Verletzung seines Rechts auf eine effektive Verteidigung ergangen sei. Bei dem juvenile Waiver Hearing sei ihm zu Unrecht kein Verteidiger bestellt worden. Nach Ansicht des Berufungsgericht lag hier gerade keine Verletzung von Verfassungsrecht vor, weil die Anhörung nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Das Strafgericht wäre nach Indiana Code §31-5-7-14 (1976) ohnehin zuständig gewesen, da der Anklagevorwurf auch einen Mord umfasst hätte, weshalb der Angeklagte nicht mehr als Jugendlicher galt.



Letzter Ausweg: Habeas Corpus

 
TS - Washington.   Ein Habeas Corpus-Gesuch kann nur dann erfolgreich darauf gestützt werden, dass der Angeklagte im Strafverfahren unzureichend verteidigt wurde, wenn er dies anhand des Protokolls belegen kann. So entschied am 2. August 2006 das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks in der Sache Luther Jerome Williams v. Richard F. Allen, Az. 05-12691, und bestätigte damit das ablehnende Urteil des Ausgangsgerichts.

Der Antragsteller, ein Death Row-Kandidat, wurde von einem Strafgericht in Alabama wegen Mordes zur Todesstrafe verurteilt. Nachdem er den einzelstaatlichen Instanzenzug erfolglos beschritten hatte, ersuchte er die Bundesgerichte um die Gewährung der Habeas Corpus-Befreiung, die ultima ratio, um der Todesstrafe doch noch entgehen zu können.

Er stützte sein Gesuch darauf, dass seine Verteidiger weder alle notwendigen Entlastungsbeweise noch alle Strafmilderungsgesichtspunkte ermittelt und vorgetragen hätten. Das Berufungsgericht wies die Vorwürfe zurück, weil der Antragsteller weitestgehend nicht habe nachweisen können, dass derartige Fehler tatsächlich vorgelegen hatten. Auch habe er nicht darlegen können, dass ohne etwaige Fehler das Urteil anders ausgefallen wäre. Das Protokoll - als einzige Beweisquelle - ließe keinerlei Rückschlüsse darauf zu.


Dienstag, den 22. Aug. 2006

Aufgabe der Marke

 
.   Nur weil ein Unternehmen stagniert und nicht mehr viel verkauft, darf das Gericht nicht auf eine Aufgabe seiner Marke schließen, bestimmte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 14. August 2006 in Sachen Electro Source, LLC v. Brandess-Kalt-Aetna Group, Inc., Az. 04-55844.

Der Eigentümer der Marke Pelican muss sich daher nicht die für eine Markenaufgabe nach 15 USC §1127 erforderliche Einstellung der Markenverwendung im normalen Geschäftsverlauf mit der Absicht, die Markenverwendung nicht weiter zu verfolgen, vorwerfen lassen, weil er weiterhin Restposten gewerblich transportierte und verkaufte, bevor er das Unternehmen mit den Markenrechten verkaufte.


Montag, den 21. Aug. 2006

Schuld und Steuer

 
.   Schreckensnachrichten über eine unerwartete Einkommenbesteuerung machen die Runde in der Presse. Niemand denke daran, dass der Verzicht auf die Schuldeneintreibung oder ein Vergleich zur Schuldensenkung die Steuer auslöst. Dabei ist das Prinzip logisch und einfach zu verstehen.

Der Gläubiger verzichtet und kann den Verlust steuerlich absetzen. Auf Schuldnerseite entsteht ein entsprechender Gewinn, der zu versteuern ist. Damit auch die Finanzämter von Bund, Staaten, Kreisen und Gemeinden unterrichtet sind, muss beim Schulderlass das IRS-Formular A&C ausgefüllt und eingereicht werden.



Ziegelofen keine Marke

 
.   Der Begriff Brick Oven eignet sich nicht als Markenbezeichnung für die Pizza. Eine gute Pizza mag aus dem Ziegelofen stammen, doch wirkt dieser Hinweis nach der Auffassung des Markenamtes, United States Patent and Trademark Office, beschreibend. Er werde allgemein für gebackene Waren eingesetzt.

Eine über die Beschreibung hinausgehende Qualität ist nicht ersichtlich, selbst wenn die Klägerin in Sachen Schwan's IP, LLC et al. v. Kraft Pizza Company, Az. 05-3463, den Begriff als Qualitätsmerkmal verwendet. Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks bestätigte die Einschätzung der Bezeichnung am 18. August 2006 als generisch und damit markenschutzungeeignet.


Sonntag, den 20. Aug. 2006

Konkurs im Ausland anerkannt

 
.   Am 11. August 2006 erließ das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks ein lehrreiches Urteil zum internationalen Konkurs. Im Ergebnis kommt das amerikanische Gericht zur Erkenntnis, dass Entscheidungen ausländischer Insolvenzgerichte anzukennen sind. Dies gilt besonders, wenn die in den USA klagende, den ausländischen Insolvenzbeschluss angreifende Partei jede Gelegenheit erhielt und nutzte, ihre Rechte im ausländischen Verfahren geltend zu machen.

Die Berufungsbegründung spricht sich in Sachen Daewoo Motor America, Inc. v. General Motors Corp. et al., Az. 04-15878, für die Anwendung des Comity-Grundsatzes gegenüber koreanischen Foren aus, auf den das Untergericht verwies, weil Korea ein erhebliches Interesse an der Ordnung der Geschäftsverhältnisse im eigenen Lande besitzt, die Unterschiede zwischen koreanischem und amerikanischem Insolvenzrecht gering sind und das amerikanische Verständnis von Rechtsstaatlichkeit nicht verletzen sowie die Klägerin sich umfassend und fair am koreanischen Verfahren beteiligen konnte; aaO 12.

Das Gericht bestimmte, dass Comity in diesem Fall zur Enthaltung amerikanischer Gerichte auffordert. Dabei ist auch der Freundschaftsvertrag der USA mit Korea zu berücksichtigen - eine Feststellung, die auch im deutsch-amerikanischen Verhältnis bedeutsam ist; aaO 21. Zudem stellte der Vertriebsvertrag, auf dem der Prozess in den USA basierte, kein hinreichendes Eigentumsrecht dar, mit welchem das koreanische Gericht hätte verpflichtet werden können, das dortige Verfahren auf Anweisung eines US-Insolvenzgerichts anzuhalten.


Samstag, den 19. Aug. 2006

Sammelklagen weiter eingeschränkt

 
.   Mit dem Class Action Fairness Act of 2005 schränkte der Bund Sammelklagen ein, indem er ihre Konsolidierung verlangte und Zuständigkeitsregeln für bundesweite Klagen einführte, um den Missbrauch auf einzelstaatlicher Ebene einzugrenzen. Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks grenzte in Sachen Jeffrey Hart v. FedEx Ground Package System, Inc., Az. 06-2903, die Zulässigkeit der Behandlung dieser Prozesse auf einzelstaatlicher Ebene weiter ein.

Mit seinem Urteil vom 9. August 2006 übertrug es dem Kläger die Beweislast für die Anwendbarkeit einer CAFA-Ausnahme, wonach ein Verfahren an das einzelstaatliche Gericht verwiesen werden darf, wenn der Fall überwiegend Parteien aus jenem Staat betrifft.

Wenn wie hier bei einem landesweit aktiven Unternehmen die Beteiligten vorwiegend aus anderen Staaten stammen, dann greift die von CAFA sanktionierte Ausnahme zur Diversity Jurisdiction, 28 USC §1332(c)(1), die einzelne auf Kläger- und Beklagtenseite aus dem gleichen Staat stammende Parteien unberücksichtigt lässt. Der Beweislast darf der Kläger in dem am Untergericht fortzuführenden Discovery-Verfahren zur Beweisermittlung entsprechen.



Sportstudio ist Dienst

 
.   Auch die Heimfahrt vom Sportstudio ist Dienst, entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 10. August 2006, wie Sally Laing im Embassy Law Web Log in Bezug auf amerikanische Diplomaten berichtet. Diplomaten stehen ihrem Ministerium 24 Stunden am Tag zur Verfügung. Das Gericht kann nicht verstehen, warum sich der Bund im Fall Alexsandr Nikolaevich Kashin; United States of America v. Douglas Barry Kent, Az 04-56703, weigert, für den in Russland verunfallten Diplomaten die Haftung zu übernehmen. Das gilt erst recht, wenn das Gericht berücksichtigt, dass die USA nach dem Foreign Sovereign Immunities Act gegen eine Klage immun wären.


Freitag, den 18. Aug. 2006

Urheber des Hauses

 
.   Das Urheberrecht schützt bei Gebäuden nicht nur die äußere Form, sondern auch die Gestaltung am und im Haus, also beispielsweise die Raumaufteilung, entschied am 18. August 2006 das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks im Fall T-Peg, Inc. et al. v. Vermont Timber Works, Inc. et al., Az. 05-2866, nach dem Architectural Works Copyright Protection Act, Pub. L. No. 101-650, §§701-706, 104 Stat. 5089, 5133-34 (1990). Dabei ist nicht allein darauf abzustellen, ob die Pläne des Architekten vollständig oder alle Details bei geschütztem und kopiertem Werk identisch sind.


Donnerstag, den 17. Aug. 2006

Königsprogramm verfassungswidrig

 
.   Das von Bush eingerichtete Abhörprogramm ist nicht nur vermutlich verfassungswidrig, sondern heute auch so vom US-Bundesgericht erster Instanz in Detroit beurteilt worden. Bush hatte die National Security Agency angewiesen, Telefonate abzuhören, ohne einen ordentlichen Gerichtsbeschluss oder den vom FISA-Geheimgericht einzuholen. Aus unerfindlichen Gründen behauptet die Regierung weiterhin, ohne erkennbare Verfassungsgrundlage zu solchen Programmen ermächtigt zu sein.

Nachtrag: Die Entscheidung vom 17. August 2006, Az. 06-CV-10204, kann jetzt bei der Klägerin, der American Civil Liberties Union, abgerufen werden.


Mittwoch, den 16. Aug. 2006

Taub in Jury

 
CE - Washington.   Das Fehlverhalten einer hörgeschädigten Geschworenen vor dem kalifornischen Berufungsgericht führt zur Neuverhandlung eines Sexualverbrechens.

Im Fall The People v. Joe Luis Rubio, Az. H028213, klagte am 1. August 2006 ein Sexualstraftäter sein Recht auf ein faires Gerichtsverfahren nach dem 6. und 14. Zusatz der US-Verfassung ein. Ein Mitglied der zwölfköpfigen Jury war hörgeschädigt und wollte entlassen werden. Nach mehreren Tests ordnete das Gericht jedoch an, es solle sich während des Prozesses melden, sobald Hörprobleme aufträten.

Die Geschworene nahm am Prozess teil, verstand aber wenig und meldete sich trotz der Hörschwierigkeiten selten, da es ihr peinlich war. Das Berufungsgericht entschied, dass Rubios Verfassungsanspruch auf ein faires Gerichtsverfahren verletzt wurde und wies die Neuverhandlung des Prozesses an.



Kunst im Schiedsspruch

 
.   Die Anerkennung eines schweizerischen Schiedsspruchs nach der New York Convention vom 10. Juni 1958 für ein Kunstwerk namens Luna Luna überprüfte das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in Sachen Admart, AG; Heller Werkstatt GesmbH; Andre Heller et al. v. Stephen and Mary Birch Foundation, Inc., Az. 04-4014. Sein Urteil vom 8. August 2006 bestätigt die Anerkennung mit Änderungen.

Die Suspendierung des Anerkennungsverfahrens nach Artikel VI der Convention wegen eines weiteren schweizerischen Schiedsverfahrens komme nicht in Frage, da dieses Ansprüche betreffe, die erst nach dem Erlass des Schiedsspruchs entstanden sein konnten.

Im Hinblick auf Abweichungen zwischen dem Anerkennungsurteil und dem Schiedsspruch bestätigte das Gericht die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung, dass im Anerkennungsverfahren ein ausländischer Schiedsspruch so modifiziert werden dürfe, dass er auch vollstreckbar ist.


Dienstag, den 15. Aug. 2006

Vernünftiges Gericht

 
.   Mississippi steht im Ruf, gern Urteile gegen Großunternehmen zu erlassen. Im Fall des Hurrikan-Versicherungsschutzes geschah am 15. August 2006 das Gegenteil: Mit einer Entscheidung zugunsten der Versicherer in Sachen Paul Leonard et al. v. Nationwide Mutual Insurance Company, Az. 1:05-CV475, bleiben die Hurrikan Katrina-Schäden an den Hauseigentümern des Gerichtsbezirks hängen.

Das Gericht entschied, dass Überschwemmungsschäden nicht von den Standardversicherungsverträgen gedeckt sind. Den Versicherern war von Versicherten, Politikern und Anwälten unterstellt worden, zu Unrecht die Deckung abzulehnen.



Politik und Justiz

 
.   Die Gebote der Außenpolitik können die Gerichtsbarkeit der Vereinigten Staaten für im Ausland eingetretene Schädigungen so beeinflussen, dass sich die Gerichte eines ihnen angetragenen Falles entsagen müssen. Insbesondere eine Stellungnahme des Außenministeriums in Washington kann die Frage der Justiziabilität beinflussen.

Im Fall Alexis Holyweek Sarei et al. v. Rio Tinto, PLC et al., Az. 02-56256, stellte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks jedoch fest, dass einer derartigen Stellungnahme Gewicht zukomme; doch ist sie nicht allein entscheidend. Der Fall kann dennoch justiziabel bleiben.

Das Gericht wies am 7. August 2006 daher die Behandlung von Repressalien in der Rio Tinto-Mine in Papua Neu-Guinea an das Untergericht zur weiteren Prüfung nach dem Alien Tort Claims Act zurück. Zudem entschied es, dass das Gesetz vor der Anrufung amerikanischer Gerichte nicht die Ausschöpfung aller Rechtsmittel im Ausland voraussetzt.



Holocaust-Hilfe nur mit Stiftung

 
TS - Washington   Für Entscheidungen über Entschädigungen wegen Misshandlungen in der Nazi-Zeit sind nicht die US-Gerichte zuständig, sondern die US-Regierung, wenn diese die Frage als ausschließlich politisch bezeichnet. So befand am 2. August 2006 das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in der Sache Simon Rozenkier v. AG Schering et al., Az.04-3924, und bestätigte damit die Entscheidung des Ausgangsgerichts.

Der Berufungskläger, ein ehemaliger Kriegsgefangener des Nazi-Regimes, war in einem Konzentrationslager derart misshandelt worden, dass er sein Leben lang zeugungsunfähig blieb. Er klagte vor dem Erstgericht auf Entschädigung aus einem Fond, den die Bundesrepublik Deutschland infolge einer Vereinbarung mit den USA gegründet hatte, um Kriegsopfer zu entschädigen und Rechtsfrieden zu erlangen.

Das Berufungsgericht wies die Berufung mit dem Argument zurück, dass die Bundesgerichte nach der political question doctrine keine Entscheidungskompetenz hätten, weil es sich um eine gerichtlich nicht überprüfbare poltische Frage handle. Würden die Gerichte dennoch über den Fall entscheiden, verstießen sie gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Insbesondere die Tatsache, dass die USA und die BRD seit fast 60 Jahren kontinuierlich politisch zusammenarbeiteten, um die Folgen des Holocausts zu beseitigen, zeige, dass der Fall in die alleinige Zuständigkeit der US-Regierung falle.


Montag, den 14. Aug. 2006

Sonntag, den 13. Aug. 2006

Keine Klage gegen Universität

 
.   Der Hersteller von Software für schlaue Telefontexttastaturen, die das vom tippenden Benutzer gewünschte Wort erraten, verklagte die Universität Texas, die seine Lizenznehmer, 48 Mobilfunkanbieter, wegen der behaupteten Verletzung eines Uni-Patents auf solche Tastaturen verklagt hatte. Mit einer Feststellungsklage wollte er die Nichtigkeit des Patents Nr. 4,674,112 beweisen - vermutlich um den im US-Vertrag üblichen Forderungen seiner Lizenznehmer auf Haftungsfreistellung und Regress zu entgehen.

Als staatliche Universität ist die Beklagte nach dem 11. Zusatz zur Bundesverfassung gegen Klagen immun. Einen Verzicht hatte sie nicht erklärt. Vielmehr hatte sie bei Gericht eine Erklärung hinterlegt, nach der sie auf eine Klage gegen den Hersteller verzichtete. Dieser behauptete hingegen, mit den Klagen gegen seine Lizenznehmer hätte die Universität ihre Immunität zumindest verwirkt.

Das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks, das für die gesamten USA die Revisionsinstanz in Patentsachen bildet, entschied in Sachen Tegic Communications Corporation v. Board of Regents of the University of Texas System, Az. 05-1553, am 10. August 2006 jedoch gegen den Hersteller. Solange die Universität nicht ausdrücklich auf ihre Immunität als staatliche Körperschaft verzichte, bliebe dem Hersteller nur der Weg in die Nebenintervention in den Verfahren der Uni gegen seine Kunden.



Das schöne Logo von VW

 
.   Ästhetisch wirken die Markenzeichen von Volkswagen und Audi, und deshalb darf sie jeder auf Accessoires verwenden. Oder vielleicht nicht? Diese Auffassung entwertet die Marken und stellt das US-Recht zum Markenschutz auf den Kopf, entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 11. August 2006 in Sachen Au-Tomotive Gold, Inc. v. Volkswagen of America, Inc. et al., Az. 04-16174.

Der Hersteller von Schlüsselanhängern mit Markenlogos konnte trotz seines raffinierten Verweises auf den aesthetic Functionality-Grundsatz mit seiner Feststellungsklage nicht durchdringen, dass er ungenehmigt die Marken als primäres Element seiner Produkte einsetzen darf. Die Klage strengte er an, nachdem BMW sich in den USA mit einer einstweiligen Verfügung solche Imitate verbeten hatte; BMW of North America, Inc. v. Au-Tomotive Gold, Inc., 1996 WL 1609124 (M.D. Fla. 1996).

Das Gericht erörtert ausführlich in der Berufungsbegründung seine Rechtsauffassung und sendet den Fall ans Untergericht mit der Maßgabe zurück, dass VW und Audi den Schlüssigkeitsnachweis einer Markenrechtsverletzung erbracht haben.



Berichtigte Beklagtenbezeichnung

 
.   Die Berichtung der Beklagtenbezeichnung wirkt nicht zurück, entschied am 7. August 2006 das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks in Sachen Aaron Locklear v. Bergman & Bevin AB et al., Az. 04-2506. Der Kläger verklagte versehentlich eine Partei, die er später als den Namen einer Stadt erkannte, in welchen die von ihm beabsichtigten Beklagten ansässig sind. Als er die Klage berichtigte, war die Verjährungsfrist von drei Jahren abgelaufen.


Samstag, den 12. Aug. 2006

Wem gehört die EMail?

 
.   Bleibt im US-Recht die private EMail von Angestellten auf dem Firmen-Laptop privat? Grundsätzlich gehört der Inhalt eines Firmen-PCs dem Arbeitgeber. Er darf auch private Nachrichten einsehen. Differenziert hat allerdings das unterste Bundesgericht im südlichen New Yorker Bezirk in Sachen Lara Curto v. Medical World Communications, Inc., et al., Az. 03 CV 6327 (2006 WL 1318387).

Der Arbeitgeber hatte zwar im Arbeitnehmerhandbuch die private Nutzung untersagt, sie jedoch in der Praxis toleriert. Die Arbeitnehmerin hatte ihren privaten EMailverkehr nicht über den EMailserver des Unternehmens, sondern einen anderen EMaildienst laufen lassen und die privaten Daten von der Festplatte entfernt, bevor sie das Gerät an den Arbeitgeber zurückgab. Sie bewies damit, dass sie besondere Vorkehrungen zum Schutz ihrer Privatsphäre getroffen hatte, die das Gericht unter diesen Umständen am 15. Mai 2006 honorierte.


Freitag, den 11. Aug. 2006

Kostenvoranschlag: Discovery

 
.   Die Discovery, in der deutschen Literatur oft pre-trial Discovery genannt, ist das Ausforschungsbeweisverfahren im Recht der USA, mit dem Kläger bei Beklagten klagebegründende Tatsachen abfragen und Beklagte vom Kläger nützliche Beweise fordern, bevor der eigentliche Zivilprozess beginnt. Der Prozess, in dem alle Fakten und Argumente beider Seiten einem Richter oder Zivilgeschworenen im Rahmen einer Verhandlung vorgetragen werden, findet meist gar nicht statt, weil das vorhergehende Verfahren die Parteien emotional und finanziell so aufgerieben hat, dass sie notgedrungen einen Vergleich schließen.

Bis ein Fall reif für einen Trial ist, vergeht also nicht nur viel Zeit, sondern er reißt auch ins Geld. Beispielsweise wird jeder Zeuge im Rahmen der Discovery vernommen. Die Vernehmung außerhalb des Gerichts, Deposition, wird mit dem Wort- und immer häufiger auch dem Videoprotokoll verewigt. Mäßiger Kostenvoranschlag pro Tag:

$1000: Videograf
$1200: Wortprotokollführer
$3200: Anwalt K1
$2400: Anwalt K2
$3200: Anwalt B1
$2400: Anwalt B2

Das macht schon ein Sümmchen aus! Wenn man bedenkt, dass die Befragung eines Zeugen selten an einem Tag abgeschlossen ist, Reise- und andere Kosten und Auslagen entstehen, Techniker, Grafiker, Paralegals und sonstige hilfreiche Geister notwendig sind und oft viele Zeugen vernommen werden, erreicht man auch bei kleinen Streitigkeiten schnell Beträge in sechsstelliger Höhe. Für die eigenen Verfahrenskosten ist jede Partei im US-Prozess selbst verantwortlich, wenn nicht eine der wenigen Ausnahmen zur Kostenerstattung greift.

Wenn man bedenkt, dass die Zeugenvernehmung erst beginnt, wenn die schriftlichen Materialen, die jede Partei - und auch Dritte - zum Verfahren beisteuern muss, vorliegen und gesichtet sein müssen, versteht man, dass das Vorverfahren nicht von Pappe ist. Die Interrogatories mit ihren schriftlichen Fragenkatalogen an Beteiligte verursachen in der Erstellung und Beantwortung leicht auch sechsstellige Beträge.

Schließlich sind hier noch nicht die Kosten für die Bearbeitung rechtlicher Fragen berücksichtigt - oder auch die Wege zum Gericht für Zwischenentscheidungen im Beweisverfahren und zur Revision zur Überprüfung solcher Entscheidungen. Selbst bei mäßigen Stundensätzen des US-Rechtsanwalts und anderer Beteiligter lösen die Vorverfahrensschritte so hohe Kosten aus, dass mancher davon ein Haus oder gar ein Unternehmen kaufen könnte.

Bevor man sich versieht, ist die erste Million weg, und man hat vielleicht noch nicht einmal eine verbindliche Entscheidung erhalten, dass das Gericht überhaupt zuständig ist. Hoffentlich weiß man nach 10 Millionen Dollar Prozesskosten Genaueres.


Donnerstag, den 10. Aug. 2006

Aufschwung für Flüssiges

 
.   Der Wirtschaftsaufschwung vor den Wahlen im November ist programmiert. Seit heute morgen müssen Flugpassagiere alles Flüssige von sich werfen, das teure Parfüm ebenso wie die billige Zahnpaste.

Das Ministerium für die Sicherheit des Heimatlandes, das im Ernstfall nicht einmal seine Schnürsenkel oder einen Deichbruch findet, verunsichert die Bevölkerung mit einer Notverfügung, und das wirkt sich stets zugunsten der Bush-Freunde aus.

Der Ersatzbedarf für Flüssiges wird steigen, und damit sieht auch die Wirtschaft bei der Wahl wie ein Erfolg aus. Demnächst aus diesem Theater: Eine Eilverfügung zum Abriss von Häusern, die Terroristen sich als Ziel setzen könnten. Im Immobilienmarkt sieht es ganz mies aus.



Stiftungszinsen justiziabel

 
.   Nach einer erfolglosen Amicus Curiae-Intervention der Bundesrepublik Deutschland in Sachen Eli Gross et al. v. German Foundation Industrial Initiative et al., Az. 04-2744, erörterte am 3. August 2006 das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks die Verzinsungspflicht für Reparationsleistungen der deutschen Wirtschaft zur Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, die den Rechtsfrieden mit Nazi-Opfern sichern sollte.

Die Kläger beantragen eine Verzinsung des Fondsbeitrags der deutschen Wirtschaft aufgrund des Verzugs bei der Einzahlung des Stiftungsanteils von $5 Mrd., zu dem sich die Wirtschaft verpflichtet hatte. Die beklagte Wirtschaftsstiftung behauptet, dass keine Verzugszinsen anfallen, weil §4 der Statuten einen Höchstbetrag für Zinsen bestimmt. Zudem sei die Zinsfrage politischer Natur und nicht justiziabel. Ihr stimmte das Untergericht zu.

Die Korrespondenz der USA mit Deutschland über den mit der Stiftung angestrebten Rechtsfrieden regelt die Verzinsungsfrage nicht. Die an US-Gerichte gerichtete Kommunikation der US-Regierung bezieht sich nur einmal auf die Zinsen: Die US-Regierung vertritt zur Verzinsung keine Auffassung.

Das Berufungsgericht entschied nach Abwägung dieser Faktoren sowie der Grundsätze zu politischen und insbesondere außenpolitischen Fragen, dass die Zinsfrage nicht in dem Maße in den politischen Bereich fällt, dass sie injustiziabel wird. Es wies den Fall zur Weiterverhandlung an das Untergericht nach seinen Vorgaben zurück.


Mittwoch, den 09. Aug. 2006

Anerkennung ausländischer Urteile

 
.   Ein Urteil ist foreign, wenn es aus einem anderen Staat der USA stammt. Es muss nach der Bundesverfassung anerkannt werden. Wie steht es um ein Urteil aus dem Ausland? In Sachen Society of Lloyd's v. Gillian Mary Siemon-Netto et al., Az. 04-7214, entschied am 8. August 2006 das Bundesberufungsgericht des Haupstadtbezirks zugunsten der Anerkennung eines Urteils aus England.

Die Versicherungsvereinigung hatte die Beklagten vor einem englischen Gericht erfolgreich auf die Zahlung von ausstehenden Rückversicherungsprämien verklagt und anschließend ebenso erfolgreich nach dem Uniform Foreign Money Judgments Recognition Act of 1995 die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils vor dem Untergericht in Washington beantragt. Der dem Streit zugrundeliegende Vertrag zwischen dem Syndikat und den verklagten Mitgliedern mit der Bezeichnung Names schreibt als Gerichtsstand England und bei der Rechtswahl englisches Recht vor.

Gillian und Uwe Siemon-Netto waren Names, die nach einer Krise das zur Rettung von Lloyd's eingesetzte Rückversicherungsprogramm Equitas ablehnten, welches Names zur Zahlung von Rückversicherungsprämien verpflichtete und ihren Beitritt durch einen Lloyd's-Vertreter erzwang. Nach dem Gesetz von Washington, DC stehen ausländische Urteile, die auf Geld lauten, den foreign Judgments der Brüderstaaten gleich, sofern sie mit dem Ordre Public der Hauptstadt vereinbar sind.

Die behauptete Unvereinbarkeit konnte das Berufungsgericht weder wegen des erzwungenen Vertragsbeitritts noch der behaupteten Nichtigkeit des Rettungsprogramms bestätigen, denn bei der Unvereinbarkeit gehe es um die Rechtsprinzipien Englands im Vertragsrecht, nicht die konkrete Anwendung auf einen bestimmten Vertrag. Kein Bundesgericht der USA habe je das englische Vertragsrecht, das dem im District of Columbia nahe steht, als unvereinbar bezeichnet. Daher könne ein Urteil im Einzelfall mit dem Recht des anerkennenden Staates unvereinbar sein, während das Rechtssystem mit ihm vereinbar ist, sodass das Urteil anzuerkennen ist; aaO 11.

Das Gericht lehnte auch einen Vergleich dieses vertragsrechtlichen Urteils mit der abgelehnten Anerkennung eines englischen Verleumdungsurteils ab, bei der das US-Gericht das englische Verleumdungsrecht wegen eines völlig anderen Verständnisses von der Meinungsfreiheit als mit dem amerikanischen Recht unvereinbar erarchtete; Matusevitch v. Telnikoff, 877 F. Supp. 1 (DDC 1995). Zudem wies das Gericht die Widerklage wegen unerlaubter Handlungen ab, weil sie nach der Gerichtsstandsklausel vor die englischen Gerichte gehört.


Dienstag, den 08. Aug. 2006

Verweigerte Pressemitwirkung

 
.   Darf die Presse ihre Mitwirkung in der strafrechtlichen Voruntersuchung vor der Grand Jury verweigern? In Sachen The New York Times Company v. Alberto Gonzales, Az. 05-2639, verweigerte die Zeitung die Offenlegung von journalistischen Informationen nach dem Erhalt einer Subpoena. Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks entschied am 1. August 2006 gegen die Zeitung.

Sie hatte im Untergericht mit einer Feststellungsklage erfolgreich ihr Aussageverweigerungsrecht für Telefonatverzeichnisse der Journalisten verteidigt, die die Staatsanwaltschaft für Ermittlungen anforderte. Die Anklage verdächtigte Journalisten der Zeitung, im Terrorumfeld vermutete Stiftungen über beabsichtigte Durchsuchungen unterrichtet zu haben, von denen die Presse aus ungenannten Quellen erfahren hatte.

Das Berufungsgericht hob das Urteil auf, weil angesichts der besonderen Umstände faktischer und rechtlicher Art kein Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten nach dem ersten Zusatz zur Bundesverfassung oder nach dem Gewohnheitsrecht des Bundes bestehen konnte. Die Berufungsbegründung stellt ausführlich die Rechtsgrundlagen für die Ausnahmen zugunsten der Presse von der Mitwirkungspflicht in strafrechtlichen Untersuchungsverfahren vor.


Montag, den 07. Aug. 2006

Verweisung an anderen Richter

 
.   Das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks entschied in Sachen Eolas Technologies, Inc. et al. v. Microsoft Corporation, Az. 06-1238, am 31. Juli 2006 im Rahmen seiner Zuständigkeit für Patentrevisionen die Frage, ob seine Rückverweisung des Falles nach seinem ersten Urteil in derselben Sache, 399 F.3d 1325 (Fed. Cir. 2005), an den selben oder einen anderen Richter erfolgt.

Der siebte Bundesberufungsbezirk, Circuit, in dem sich das Untergericht befindet, hat eine eigene Regel für diese Situationen: Rückverweisungen gehen immer an einen anderen Richter. Im Ergebnis entschied das Gericht, dass diese Verfahrensregel anwendbar ist, weil es sich in Verfahrensfragen dem Recht der Circuits unterwirft. Das gilt auch, wenn es nicht selbst beim Remand erklärt, welcher Richter im Untergericht neu prüfen muss.

Die Bundesberufungsgerichte der einzelnen Bezirke dürfen eigene Verfahrensregeln einführen, und diese unterscheiden sich von Circuit zu Circuit. Das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks ist hingegen nicht auf einen regionalen Bezirk beschränkt, sondern bei der Patent-, Außenhandels- und anderer Revision für die gesamten USA zuständig. Dass es sich bei der Rückverweisung dem Verfahrensrecht des Bezirks unterwirft, dem das Untergericht angehört, überrascht daher nicht.


Sonntag, den 06. Aug. 2006

Abgrenzung privat - öffentlich

 
.   In Sachen Marc E. Mandel v. The Boston Phoenix, Inc. et al., Az. 05-1230, beurteilte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 11. Juli 2006 die Behandlung einer Person des öffentlichen Interesse, die wegen einer privaten Angelegenheit von der Presse diffamiert wird. Die Urteilsbegründung erläutert detailliert die Grundsätze der Ausnahmen zur Presse-, Rede-, und Meinungsfreiheit nach dem ersten Zusatz zur Bundesverfassung.


Samstag, den 05. Aug. 2006

Kann und Darf: Fallstricke im Vertrag

 
.   Can und may hat die Washington Post verwechselt und damit einen falschen Eindruck beim Leser hinterlassen, der sich in der Ausgabe vom 5. August 2006 beschwert. Vor 71 Jahren hatte er gelernt, dass may nur für das Dürfen steht, und can nur für die Fähigkeit, etwas zu tun. Die Zeitung steht allerdings nicht allein. Diese Begriffe werden in den USA immer häufiger falsch verwendet. Ihre unvorsichtige Verwendung im US-Vertrag dürfte nicht nur tragische Auswirkungen entfalten, sie kann es auch.

Meist sind amerikanische Rechtsanwälte bei der Formulierung von Verträgen auch in dieser Hinsicht vorsichtig, doch manche begehen denselben Fehler, den man sehr häufig in englischer Korrespondenz aus Deutschland mit amerikanischen Vertragspartnern sieht. Der Amerikaner meint, der Deutsche biete eine Leistung, zu der er fähig ist, an, und ahnt nicht, dass der Deutsche meint, er wolle etwas dürfen und die Leistung sei damit vereinbart. Ob das tatsächlich so ist, folgt nicht aus dem can, sondern dem may.

Vergleichbare Missverständnisse - oder auch schwerwiegende Rechtsfolgen - ergeben sich aus der unvorsichtigen Verwendung von Verben der Gegenwart und der Zukunft. Der amerikanische Anwalt darf Präsens und Futur einfach nicht gleichsetzen. Englische Korrespondenz aus Deutschland ist hingegen in dieser Beziehung sehr oft uneindeutig.

Als deutsch-amerikanischer Anwalt versteht man, was die deutschsprachige Seite wünscht, weil man mit der sprachlichen Eigenart und dem laxen Gebrauch vertraut ist, doch die rein amerikanischen Anwälte oder Vertragsparteien lesen Präsens - Wir machen das! - und verstehen Präsensz, selbst wenn derselbe Text im Deutschen als auf die Zukunft gerichtet zu lesen ist.



Drei Arten von Marken

 
.   Witzig wollte die Washington Post am 5. August 2006 sein, als sie einen Hinweis vom Google-Suchmaschinenunternehmen über die richtige Verwendung der Bezeichnung Google erörtert und auf Seite B1 mit dem Satz schließt: Wonder if they Google™-d me to get the address.

Der Artikel So Google Is No Brand X, but What Is Genericide? ist in der Tat witzig, doch das ™-Zeichen bringt den US-Markenanwalt auf die Palme. Jeder Referendar lernt hier in der ersten Woche in Washington, dass es drei Arten von Marken gibt:
1) Die durch die Bundesverfassung geschützte eingetragene Marke mit dem Zeichen ®.
2) Die in einem einzelstaatlichen Markenverzeichnis nach einzelstaatlichem Gesetz eingetragene Marke.
3) Die gewohnheitsrechtliche, nicht eingetragene und dennoch geschützte Common Law-Marke.

Nur für die beiden letzten Arten gilt das ™-Zeichen. Google hat seine Marken beim hiesigen Bundesmarkenamt erfolgreich eintragen lassen. Damit sind sie über das ™-Stadium hinaus zum R im Kreis ® gereift. Die Verwendung eines ™-Zeichens wirkt wie eine Abwertung und ist markenrechtlich fast ebenso bedenklich wie die von Google kritisierte Verwendung der Marke Google als Verb - I googled that hottie -, die die Post zitiert.



Ein Bier = $5.000

 
.   Ein Beamter im Weißen Haus betrügt ein Kaufhaus als Serientäter um etwa $5.000. Ein Achtzehnjähriger trinkt ein Bier. Die Strafe ist nahezu dieselbe. Am 4. August 2006 wurde Claude A. Allen nach einer Absprache mit der Staatsanwaltschaft zu einer Strafe von $500 verurteilt. Als Bonus muss er den Schaden nur in Höhe von $850 ersetzen.

Beide Taten führn zur selben Strafe. Dreisatz: Ein Bier entspricht einem Schaden von $5000.


Freitag, den 04. Aug. 2006

Ein paar Tage steuerfrei

 
.   Seit Menschengedenken gab es in Virginia keinen steuerfreien Tag. In diesem Jahr werden, ähnlich den Regeln in Washington, Maryland und anderenorts, gleich drei eingeführt. Die Umsatzsteuerbefreiung ist zwar nur auf Schul- und Unibedarf ausgerichtet. Doch der Handel verzichtet an diesen Tagen weitgehend auf Sonderangebote, die in der Regel mehr als die Verbrauchsteuer ausmachen, und nehmen das Angebot des Staates, bei anderen Produkten die Steuer zu absorbieren, indem sie nicht gesondert in Rechnung gestellt wird. Die Washington Post erklärt dies mit Beispielen. Die Einzelstaaten nutzen damit ihre Steuerhoheit, um den Handel in der Urlaubszeit zu beleben.


Donnerstag, den 03. Aug. 2006

Gebührensenkung

 
.   Dass amtliche Gebühren nicht immer steigen, beweist die Verkündung der neuen Änderungs-Verordnung zur Meldung von Auto-Importeuren und -Einfuhren. Am 3. August 2006 teilt das Bundesverkehrssicherheitsamt NHTSA im Bundesanzeiger, Band 71, Heft 149, S. 43985-43990, die überraschende Änderung von 49 CFR §594.6 mit. Die Registrierung der Importeure wird billiger, doch steigen die Kosten der Einfuhranmeldung eines für den US-Markt umgerüsteten Kraftfahrzeugs.


Mittwoch, den 02. Aug. 2006

Abweisung, doch Kosten bleiben

 
.   Gelegentlich kann ein US-Gericht eine Kostenerstattung anordnen, und gelegentlich darf es einen Fall abweisen, weil es sich für unpassend, obschon zuständig, erachtet. Beide Fragen lagen dem Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks im Fall Yeheskel Dattner v. ConAgra Foods, Inc. et al., Az. 05-5568, vor.

Das Untergericht sah es als ein Forum non conveniens an, weil der Fall primär einen ausländischen Sachverhalt betraf, der im Hinblick auf Sprache, Zeugen und Recht praktischer eher für einen Prozess im Ausland geeignet ist. Im jüngsten Schritt zur Berufung behauptete der Kläger, das Untergericht hätte ihm nach der Abweisung nicht die Kosten von $3.060 für das Wortprotokoll sowie $9.022 für Übersetzungen auferlegen dürfen.

Das Gericht pflichtete ihm am 27. Juli 2006 bei, weil die Abweisung aus Forum non conveniens-Gründen kein materielles Urteil bildet, das unter eine der Ausnahmen des Bundesverfahrensrechts, der Federal Rules of Civil Procedure, für Kostenverfügungen fällt. Die Beklagten waren trotz der Abweisung keine obsiegende Partei, prevailing Party, im Sinne von Rule 54(d)(1).



Superblog: Ende der Zeitung?

 
.   Im Zeitungswesen spielte das Kartellrecht lange eine bedeutsame Rolle. Mehr als Google zwingt heute die Craigslist zu Verschmelzungen, da sie den Kleinanzeigenmarkt leerfegt. Der Wettbewerb verschiebt sich bald weiter, wenn ein Craigslist-Ableger auch den Nachrichtendienst übernimmt.

Der neue, auf Mom and Dad-Benutzer ausgerichtete Dienst soll daylife heißen. Hinter ihm soll Craigslist-Gründer Craig Newmark stehen, berichten InfoWorld und TechWorld. Gegenwärtig wird scheinbar an Web 2.0-Konzepten mit AJAX, Python und Linux x86 gearbeitet. Beim daylife-Personal wird auf Webscraping-Erfahrung Wert gelegt. Deshalb können wir auch interessante Rechtsfragen zur Wiederverwertung von Blog- und sonstigem Webmaterial erwarten.


Dienstag, den 01. Aug. 2006

Professoren als Manager

 
.   Uni-Fakultäten dürfen sich nicht unbedingt gewerkschaftlich organisieren, entschied am 1. August 2006 in Sachen Point Park University v. National Labor Relations Board et al. das Bundesberufungsgericht des Haupststadtbezirks, Az. 05-1060. Das gilt auch nach dem ambivalenten Urteil des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington in Sachen NLRB v. Yeshiva University, 444 US 672 (1980).

Der Supreme Court hatte erkannt, dass manche Professoren Managerfunktionen ausüben und deshalb von der Anwendbarkeit des Bundesgewerkschaftsgesetzes, National Labor Relations Act, 29 USC §151 ausgenommen sind. Die heutige Entscheidung enthält Leitlinien für die Unterscheidung nach dem Merkmal der Managerfunktion. Während die Unifakultät eine Gewerkschaft durch eine Wahl einsetzte, verweigerte die Universität ihr die Anerkennung und gewann in der Berufung. Das Ministerialverfahren ist neu aufzunehmen.



Sing Sing und Schadensersatz

 
.   Im berüchtigten Sing Sing-Gefängnis erlitt der klagende Insasse Verletzungen und verklagte erfolgreich die Verwaltung. Diese beantragt ein neues Verfahren und wehrt sich auch gegen die Wiederaufnahme des Abschnitts, in dem die Geschworenen Strafschadensersatz, punitive Damages, aufgrund der Bürgerrechtsverletzung zugesprochen hatten.

Die Entscheidung des Bundesberufungsgerichts des zweiten Bezirks in Sachen Don Juan Britt v. Glenn S. Goord, William Connolly et al., Az. 05-0641, vom 25. Juli 2006 ist vor allem zivilverfahrensrechtlich interessant, während das erfolgreiche Vorgehen gegen den Missbrauch von Gefangenen eher eine Ausnahme bleiben dürfte.


Montag, den 31. Juli 2006

Heiße Zahlen

 
.   F: Können Sie für mich $200.000 aushandeln? Keinen Cent mehr, bitte!

A: Ihnen steht doch eine Million zu. Sind Sie sicher?

Die Hitze wütet in der Gegend.


Sonntag, den 30. Juli 2006

Als Go-To Lawyer im Metatag

 
.   Schon länger steckt der Corporate Counsel-Artikel über Go-To Lawyer in der Tasche und soll zum Denken anregen. Ist man der Anwalt - will man der Anwalt sein -, den Werbefachleute als Go-To Lawyer bezeichnen, die Geheimwaffe aller Mandanten der USA?

Man schenkt ihm absolutes Vertrauen, und er vollbringt nur Wunder. Vermutlich sitzen Designteams im ganzen Lande an einer Überarbeitung der Meta-Tags ihrer Klientenkanzleien. Der Bericht enthält lauter schicke Phrasen und Schlagwörter zum Bezirzen von Suchmaschinen.

Ach, weg damit! Letzten Endes entscheiden die Mandaten, ob sie ein Wunder erlebt haben. Dass der Anwalt meint, ein Wunder zu vollbringen, gilt nicht. Und der Mandant, nicht der Anwalt entscheidet, ob das Wunder ausposaunt wird.

Die besten Wunder sind ohnehin meist die, von denen niemand erfährt - gleich ob's die angebahnte Friedensbrücke zwischen feindlichen Staaten, die vermiedene Einbeziehung in ein Spionageverfahren oder ein vor der Katastrophe geretteter Wirtschaftsdeal ist. So etwas wird vielleicht 20 Jahre nach dem Tode der Beteiligten bekannt und passt wohl kaum in Meta-Tags.


Samstag, den 29. Juli 2006

Daten meiner Nachbarn

 
.   F: Kann ich die Hauspreise meiner Nachbarn herausfinden? Mein Onkel aus Deutschland möchte hier in Grundbesitz investieren.

A: Zillow.com bietet einen guten Einstieg. Bebaute Fläche, Zimmer, Bäder, Land, Grundsteuer - alles auf einen Blick für Ihre Nachbarn und Sie einsehbar. Einige Details finden Sie auch auf den Seiten der Steuerbehörden. Interessant ist die Transaktionsgeschichte der Häuser. Zillows Schätzung liegt in Washington manchmal ein Drittel über den aktuellen Werten, doch wenn der Markt sich so entwickelt wie in den letzten Monaten, deckt er sich bald mit Zillow.


Freitag, den 28. Juli 2006

Drittbindung der Schiedsklausel

 
CE - Washington.   Ein Versicherungsmakler finanzierte Risiken des Versicherers durch die Ausgabe von Schuldscheinen, die auf eine prospektartige Subscription Notice Bezug nahmen. Diese enthält eine Schiedsklausel, die alle Streitigkeiten erfasst, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben. Als die Schuldscheine wertlos wurden, gingen zwei Inhaber im Namen aller Gleichgestellten mit einer Sammelklage gegen den Versicherer wegen nichtvertraglicher Ansprüche vor. Der Versicherer konnte die Inhaber erfolgreich zur Mitwirkung am Schiedsverfahren zwingen.

Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks stützte sein Urteil in Sachen American Bankers Insurance Group Inc. v. Richard F. Long et al., Az. 05-1747, am 14. Juli 2006 auf den Grundsatz des Estoppel aus dem Equity-Billigkeitsrecht:
[E]quitable estoppel applies when the signatory to a written agreement containing an arbitration clause must rely on the terms of the ... agreement in asserting its claims against the nonsignatory. When each of a signatory's claims against a nonsignatory makes reference to or presumes the existence of the written agreement, the signatory's claims arise out of and relate directly to the written agreement, and arbitration is appropriate.

Das Estoppel-Prinzip durchbricht den im Fall Int'l Paper Co. v. Schwabedissen Maschinen & Anlagen GmbH, 206 F.3d 411, 416 (4th Cir. 2000), bestätigten Grundsatz, dass nur Vertragsparteien an der Schiedsklausel zur Mitwirkung im Schiedsverfahren verpflichtet werden können. Der vorliegende Fall betrifft Ansprüche, die sich aus dem Vertrag ergeben, der die Schiedsklausel enthält. Den Vertrag unter Ausschluss der Schiedsklausel anzuwenden, würde ein unbilliges Ergebnis herbeiführen. Daher müssen die Inhaber die Klausel gegen sich gelten lassen. Auch ein Dritter kann sich hiernach auf die Schiedsklausel berufen.



Strafzumessung und Täterpersönlichkeit

 
TS - Washington.   Bei der Strafzumessung darf das Gericht auch kriminelles Verhalten des Angeklagten würdigen, für das er nicht verurteilt wurde. So entschied am 21. Juli 2006 das Bundesberufungsgericht im District of Columbia in der Sache United States of America v. Daniel Dorcely, Az.05-3130.

Der Angeklagte war unter einem falschen Namen aufgetreten und hatte sich und seinen Mittätern hohe Geldsummen von staatlichen Behörden erschlichen. Er wurde wegen gemeinschaftlichen Betrugs und Geldwäsche sowie Falschaussagen angeklagt, jedoch nur wegen Falschaussagen gegenüber dem FBI verurteilt. Die übliche Strafe nach den U.S. Sentencing Guidelines, den Bundesrichtlinien für die Strafzumessung, liegt bei null bis sechs Monaten Freiheitsstrafe, Dorcely wurde jedoch zu 24 Monaten verurteilt.

Dorcely behauptete, die Tatsache, dass das Gericht die hohe Strafe auf ein Verhalten stützte, weswegen er freigesprochen worden war - das Zusammenwirken mit den Mittätern bei Betrug und Geldwäsche - verstoße gegen seine Rechte aus dem Fünften und Sechsten Verfassungszusatz auf ein faires Verfahren, due Process, und eine Verhandlung vor einer Jury.

Außerdem sei die Strafe deswegen unreasonable, also nicht nachvollziehbar oder unangmessen. Diese Argumente wies das Berufungsgericht, ebenso wie die Berufung insgesamt, zurück. Eine gerechte Strafe könne nur gefunden werden, wenn alle Informationen über das Vorleben und den Charakter des Angeklagten verwertet würden, wozu auch ungeahndetes, kriminelles Vorverhalten gehöre. Dies gelte auch nach 18 USC §3661 und den Guidelines. Das Verhalten des Angeklagten sei hier Teil eines illegalen Tatplans gewesen.


Donnerstag, den 27. Juli 2006

Gefängnis für Webmaster

 
CE - Washington.   Der US-Kongress verabschiedete kürzlich den Adam Walsh Child Protection and Safety Act of 2006, den Präsident Bush am 26. Juli 2006 unterzeichnete. Das Gesetz setzt Webmaster, auf deren Internetseite sich unter einem harmlosen Begriff wie Barbie ein sexueller Hintergrund verbirgt, einer neuen Strafbarkeit aus. Sie können mit bis zu 20 Jahren Gefängnis oder Bußgeld bestraft werden. Die Gefängnisstrafe kommt in Betracht, wenn der Webmaster die Absicht verfolgt, einen ahnungslosen Besucher auf eine Sexseite zu locken.

Das Gesetz soll Kinder vor Sexualstraftätern schützen. Nach der Vorstellung des Kongresses genieße dieses mit HR 4472 nun geregelte Thema die selbe Priorität wie der Grenzsschutz vor Terroristen. Das Straftäterverzeichnis soll nun landesweit ausgebaut werden. Einige Internetseiten zeigen zum Beispiel, wie Barbiepuppen simulierten Sex haben. Diese Seiten könnten, je nachdem wie Staatsanwälte den Gesetzeswortlaut und die Webseite interpretieren, in Schwierigkeiten kommen.



Energiespartest verordnet

 
.   Das Umweltschutzamt im Energieministerium bittet die Öffentlichkeit um Stellungnahmen zu seinem Entwurf einer Energiesparverordnung. Periodisch werden Prüfmethoden für die Zulassung energiesparender Geräte nach dem Energy Policy Act of 2005 geändert oder neu eingeführt. Gegenwärtig betreffen die Anpassungen verschiedene Haushaltsgeräte.

Der VO-Entwurf kann bis zum 19. September 2006 von interesssierten Parteien zur Vorbereitung einer öffentlichen Anhörung am 26. September 2006 kommentiert werden. Anschließend sind weitere Stellungnahmen bis zum 10. Oktober 2006 zulässig. Der Entwurf betrifft in 10 Code of Federal Regulations die Abschnitte 430 und 431 und ist im Federal Register, Band 71, Heft 142, S. 42177-42219, vom 25. Juli 2006 verkündet.



Krempeln statt stempeln

 
.   Ältere Arbeitnehmer in den USA sorgen sich gelegentlich wie deutsche, dass die grauen Schläfen nicht gewürdigt werden und die Karriere ein Ende nimmt. Die typische Reaktion in den USA findet sich bei InfoWorld:
So, screw up your courage, save up about two years salary (you'll need that and more) and go into business for yourself. Set up a corporation, get a good, inexpensive CPA, a good, inexpensive corporate attorney (for contracts if nothing else) and let the Devil take the hindmost. Set a good rate and don't vary from it…

Die Ärmel hochkrempeln und ein eigenes Unternehmen schaffen ist im Prinzip relativ einfach. Die Gesellschaftsgründung zur Haftungsbegrenzung läßt sich mit einer Kapitalisierung von $1.000 und $1.000 Gründungskosten erledigen. Ein CPA richtet für Bund, Staat, Kreis und Stadt die Steuerkonten und das Buchungssystem ein. Um die zeit- und nervenaufreibenden Verhandlungen mit den diversen lokalen Ämtern für örtliche Genehmigungen können sich die meisten Gründer ohne teure Berater selbst kümmern.

Für die im Vergleich zum kümmerlichen Arbeitslosengeld oder einem anstrengenden Schadensersatzverfahren wegen Altersdiskrimierung attraktive Alternative der Selbständigkeit bietet der obige Bericht noch weitere praktische Tipps, die nicht nur in den USA gelten dürften.


Mittwoch, den 26. Juli 2006


Technik und Wissen zählen

 
.   Mit der Prüfungstechnik muss man ebenso vertraut sein wie mit dem Recht, wenn man das District of Columbia Bar Exam bestehen will. Gegenwärtig drücken hunderte von Anwärtern zur Anwaltschaft in Washington die Prüfungsbänke bei der Catholic University Law School. Viel Erfolg den Teilnehmern, unter denen auch ein GALJ-Autor zu finden ist!

Anders als in manchen Staaten sind die Zulassungsbedingungen zur Rechtsanwaltszulassungsprüfung im District of Columbia streng; ein einfacher LLM reicht nicht. Andererseits ist die D.C. Bar bei der Zulassung von bereits in anderen Staaten zugelassenen Anwälten ungewöhnlich großzügig. Obwohl sie nicht im Recht der Hauptstadt geprüft sind, dürfen auch sie mit einem Waiver hier tätig werden.



Patent erhalten, Immunität verloren

 
.   Mit acta iure gestionis, gewerblichem, nichthoheitlichem Auftreten, verliert ein fremder Staat seine Immunität vor der amerikanischen Gerichtsbarkeit. Am 14. Juli 2006 verlor Australiens Wissenschaftsbehörde CSIRO vor dem Bundespatentberufungsgericht in Washington seine Immunität nach dem Foreign Sovereign Immunities Act, FSIA, weil das Gericht den Erwerb eines WLAN-Patents in den Vereinigten Staaten als unter die commercial Activity Exception zum FSIA fallend erachtete.

Das Urteil in Sachen Intel Corporation, Dell, Inc., Microsoft Corporation et al. v. Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation, Az. 06-1032, steht nach einer Kommentierung im Widerspruch zu Vorgaben des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten, in denen für die Einzelstaaten der USA die Immunität im Zusammenhang mit Ansprüchen nach dem Elften Verfassungszusatz und dem Patenterwerb ausdrücklich nicht abgesprochen wurde.


Dienstag, den 25. Juli 2006


Fremder Staat: Keine Pfändung

 
.   Klagen gegen fremde Staaten sind nur in den Grenzen des FSIA zulässig. Die Grenzen der Pfändung zeigten sich in Sachen FG Hemisphere Associates, LLC v. The Républic du Congo, Az. 04-20965, am 10. Juli 2006. Ein US-Gericht hatte drei Drittschuldnerverfügungen aus einem US-Urteil in Vermögen der beklagten Nation erlassen, das sich nicht in den USA befand.

Das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks entschied, dass das Untergericht den Foreign Sovereign Immunities Act missversteht. Nach seiner Auffassung muss das Vermögen des ausländischen Staats nach §1601 FSIA bereits in den USA belegen sein, wenn das Gericht beurteilt, ob eine Ausnahme vom Schutz des ausländischen Souveräns greift.

Sowohl die Zuständigkeit nach dem FSIA als auch die Frage des Ortsbegriffs durfte das Gericht de novo, also ohne Bindung an die untergerichtlichen Feststellungen, beurteilen, vgl. Stena Rederi AB v. Comisión de Contratos del Comité Ejecutivo General del Sindicato Revolucionario de Trabajadores Petroleros de la República Mexicana, S.C., 923 F.2d 380, 386 (5th Cir. 1991); Walker Int'l Holdings, Ltd. v. Republic of Congo (Walker Int'l I), 395 F.3d 229, 237 (5th Cir. 2004). Auch der Drittschuldner darf die FSIA-Immunität geltend machen, was jedoch bei einem dinglichen Arrest anders beurteilt werden kann.



Deal ohne Wirkung

 
TS - Washington   Eine Prozessabsprache, bei der der Angeklagte ein volles Geständnis abgibt, bindet das Gericht nicht. Es kann die vereinbarte Strafe oder den üblichen Strafrahmen unter angemessenen Gesichtspunkten auch deutlich überschreiten. So entschied am 11. Juli 2006 das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in der Sache United States of America v. Leo F. Schweitzer, III, Az. 05-1301. Es wies damit die Berufung des Angeklagten ab.

Schweitzer, ein langjähriger Berufsbetrüger, hatte sich trotz einschlägiger Vorstrafen des Betrugs strafbar gemacht und dabei einen Schaden von $1.000.000 verursacht. Trotz einer Absprache mit der Staatsanwaltschaft, in der er ein volles Schuldeingeständnis ablegte, wurde er zu 84 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der übliche Strafrahmen nach den U.S. Sentencing Guidelines, den Richtlinien des Bundes für die Strafzumessung, beträgt 46 bis 57 Monate.

Der Angeklagte berief sich darauf, dass es keine vernünftigen Gründe für die hohe Strafe gebe, zumal es eine Absprache gab, die sich an den Guidelines orientiert hatte. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei das Gericht bei der Strafzumessung jedoch weder an eine Absprache noch an die Guidelines gebunden. Dies sei mit seiner gesetzlichen Pflicht zur Findung eines independent Judgment, der unabhängigen richterlichen Würdigung, unvereinbar. Es müsse lediglich die Gründe für die höhere Strafe darlegen. Dabei habe es sich nach den Abwägungsgründen des 18 USC §3553(a) zu richten, was hier auch geschehen sei. Alle Faktoren, darunter die kriminelle Vorgeschichte und die fehlenden Wiedergutmachungsbemühungen, rechtfertigten eine Überschreitung vorgegebenen Strafrahmens.


Montag, den 24. Juli 2006

Unbekanntes Gesetz

 
.   Gesetzgeber geben sich große Mühe, den Bürger auf den Bundes-, Staats-, Kreis- und Stadtebenen mit neuen Gesetzen zu versorgen. Manchmal vergessen sie allerdings, die Fachverlage über ein neues Gesetz zu unterrichten, und in der Hauptstadt hat die Stadtverwaltung erst jetzt erkannt, dass der einem Staatenparlament gleichstehende Stadtrat im Jahr 2001 ein Gesetz erlassen hatte, welches nur die Bewohner des District of Columbia zum Führen von Taxis berechtigt.

Da im US-Recht Bestandsschutz so gut wie unbekannt ist, will die Verwaltung nun die 80% der Taxifahrer zum Umzug nach Washington bewegen, die in den Vororten in Maryland und Virginia wohnen. Diese wehren sich jedoch mit einer Klage, die die Verfassungsvereinbarkeit dieser Regel bezweifelt. Vielleicht wird wie bei der Anwaltszulassung festgestellt, dass die Residenzpflicht unzulässig ist.

Wenn man liest, dass deutsche Miesepeter ihr Land wegen einer scheinbaren Gesetzgebungswut verlassen und in die USA kommen, fällt einem nur der Schritt vom Regen in die Traufe ein. Der Deutsche hat den Vorteil gut ausgebildeter Beamten und eines durch die Medien landesweit bekannt gemachten Gesetzgebungs- und Rechtsetzungssystems. In den USA weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut, und die Rechtsumsetzung erscheint bedeutend willkürlicher. Während die USA mindestens dreimal soviele Gesetzgeber wie in Deutschland besitzen, bietet Deutschland dem Bürger viel mehr Rechtssicherheit und -vorhersehbarkeit.


Sonntag, den 23. Juli 2006

An Schiedsklausel gebunden?

 
.   Ob Dritte an eine Schiedsklausel im Vertrag zwischen zwei anderen Parteien gebunden sind, stellt sich in Sachen Nitro Distributing, Inc. et al. v. Alticor, Inc. et al., Az. 05-3686, im Zusammenhang mit einem Vertriebsunternehmen, welches in Verträgen mit Amway-Vertriebspartnern eine solche Klausel einband und diese Klausel auch gegen ihm vertraglich unverpflichtete, unabhängige Unternehmen der Vertriebspartner durchsetzen möchte.

Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks stellt in seiner Entscheidung vom 11. Juli 2006 die Abgrenzungskritieren sowie die verschiedenen Rechtsgrundsätze für die Erstreckung von Schiedsklauseln auf Dritte vor. Es bestimmt, dass die mit ihm unverbundenen Unternehmen nicht so direkt in die von ihm kontrollierten Geschäftsbeziehungen einbezogen sind, dass die Schiedsklausel sie erfassen kann.



Bild auf Einband

 
.   Haftet Amazon für das Bild einer Person auf einem Buchdeckel, der im Internet gezeigt wird? Die Klägerin behauptete eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts, Right of Publicity, durch eine Invasion of Privacy, weil sie der zweiten Auflage nicht zugestimmt hatte. Die erste Auflage zeigte ihr Bildnis mit ihrer Erlaubnis im Bildband, nicht auf dem Umschlag.

Das Untergericht wies die Klage wegen des ISP-Haftungsprivilegs nach dem Communications Decency Act ab. Das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks bestätigte das Urteil in Sachen Thais Cardoso Almeida v. Amazon.com, Inc., Az. 04-15341, am 18. Juli 2006, weil Amazon nicht für die redaktionelle Gestaltung des Buches verantwortlich ist. Die Prüfung der Anwendbarkeit des CDA erübrigt sich.


Samstag, den 22. Juli 2006

Austausch der Beklagten

 
.   Darf eine Beklagte im Prozess beantragen, sich als unbeteiligt erklären zu lassen und durch eine andere Beklagte ersetzen zu lassen? Diese Frage ist im US-Recht bedeutsam, wo Bundes- und Staatsgerichte parallel zuständig sein können, wenn Kläger und Beklagte aus verschiedenen Staaten stammen.

Im Fall Jose Salazar v. Allstate Texas Lloyd's, Inc., Az. 04-41043, trafen zwei texanische Parteien vor dem staatlichen Gericht von Texas aufeinander. Die beklagte Versicherung beantragte ihre Substitutierung durch eine Versicherung aus Illinois. Damit würde die Diversity begründet, die dem Bundesgericht eine Zuständigkeit verleiht. Das Bundesgericht nahm seine Zuständigkeit nach dem Austausch der Beklagten an.

Auf Antrag des Klägers entschied das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks am 10. Juli 2006 jedoch, dass dem Gericht die Zuständigkeit ab initio mangelte. Es dehnte damit die Reichweite des Präzedenzfalles Field v. Volkswagenwerk AG, 626 F2d 294 (3rd Cir. 1980), vom Verbot des Klägeraustausches zum Zwecke der Zuständigkeitsbegründung auf den Austausch der Beklagten aus. Alle Handlungen des Untergerichts waren somit nichtig.


Freitag, den 21. Juli 2006

Smart in die USA

 
.   Heute verkündet die National Highway Traffice Safety Administration, dass bestimmte KFZ-Modelle der Marke Smart von 2002 bis 2004 in die USA importiert werden dürfen. Die Entscheidung fiel bereits am 1. Januar 2004 und die Importeure wurden von ihr benachrichtigt. Die Verkündung des Bundesautosicherheitsamt im Bundesanzeiger vom 21. Juli 2006, Band 71, Nr. 140, S. 41509-41533, erläutert die Abwägungsmerkmale für die nach 49 USC §30141(a)(1)(A) gewährte Ausnahme vom Einfuhrverbot für nicht dem US-Sicherheitsstandard entsprechende Fahrzeuge.



Missratene Schiedsklausel

 
.   Eine Schiedsklausel im deutsch-amerikanischen Wirtschaftsverkehr kann nicht schlicht auf internationale Schiedsregeln, international Arbitration Rules, verweisen, die es nicht gibt, und sollte nicht nur den Schiedsort, sondern auch das Schiedsgericht bezeichnen. Diese Fehler fand in Sachen Marks 3-Zet-Ernst Marks GmbH v. Presstek, Inc., Az. 05-2794, am 11. Juli 2006 das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks bei der Beurteilung eines Antrags der deutschen Klägerin, die amerikanische Beklagte zum Schiedsverfahren nach dem Schiedsgesetz, Federal Arbitration Act, zu zwingen.

Das amerikanische Gesetz setzt im internationalen Verkehr die New Yorker Schiedskonvention, United Nations Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, vom 10. Juni 1958, 21 U.S.T. 2517, 330 U.N.T.S. 38, in amerikanisches Bundesrecht um. Der Sachverhalt betrifft einen Vertriebsvertrag für den Vertrieb von US-Produkten in Europa. Der Vertrag bestimmt die Streitbeilegung in der Schiedsklausel durch … arbitration in the Hague under the International Arbitration rules.. Als die Beklagte den Vertrag kündigte, behauptete die Klägerin eine Vertragsverletzung und verlangte ein Schiedsverfahren.

Die Beklagte verweigerte die Mitwirkung, und die deutsche Partei ersuchte den Permanent Court of Arbitration in Den Haag erfolglos um die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach UNCITRAL-Regeln, nachdem die Beklagte nicht der Auffassung zustimmte, die Schiedsklausel mache diese Regeln verbindlich. 18 Monate später folgte die Klage in New Hampshire, um die Mitwirkung am Schiedsverfahren zu erzwingen - einen Tag nach Ablauf der Verjährungsfrist nach dortigem Recht.

Der Klagantrag lautete auf den Ort Den Haag, wo mehrere Schiedstribunale wirken, und auf Schiedsregeln, die nicht existieren, nicht jedoch die Schiedsregeln, die der in der Klage angesprochene PCA als Ständiger Schiedshof für die Beilegung internationaler Konflikte anwendet. Das Gericht wies die Klage aufgrund ihrer Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit ab und wurde in der Berufung bestätigt. Das Berufungsurteil erörtert auch den wesentlichen Umstand, dass der Klagantrag auf eine Unmöglichkeit hinausläuft.


Donnerstag, den 20. Juli 2006

Symptomatisches Ausgehverbot

 
.   Auch in der Hauptstadt wird wieder zum Rettungsanker des Ausgehverbots für Personen bis zu 18 Jahren gegriffen, um die Welle der Gewalttätigkeit einzudämmen. Das vom Rat von Washington bestätigte Ausgehverbot beginnt bereits ab heute um 22.00 Uhr und gilt als Notstandsmaßnahme zunächst für 90 Tage.

Im Rest des Landes sind die Maßnahmen vergleichbar. Die rasch zunehmende Kriminalität wird teilweise der Tatsache zugeschrieben, dass viel Sträflinge, die im Rahmen einer Welle von Drogenfällen vor 15 Jahren verurteilt wurden, heute unrehabilitiert entlassen werden. Gleichzeitig steigt die Beteiligung Jugendlicher an Raubdelikten dramatisch.



Mündlicher Vertrag: Honig saugen

 
TS - Washington.   Aus einem mündlichen Kaufvertrag über Waren im Wert von über $500 kann nach dem Minnesota Statute of Frauds nur dann geklagt werden, wenn beide Vertragspartner Kaufleute sind und eine Partei der anderen nach Vertragsschluss eine Auftragsbestätigung schickt. So entschied am 5. Juli 2006 das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks in der Sache Melford Olsen Honey, Inc. v. Richard Adee, Az. 05-3458, und wies damit die Berufung beider Parteien zurück.

Die Parteien hatten gegenseitig aus mehreren, mündlich geschlossenen Honiglieferverträgen geklagt. Schwierigkeiten hatten sich infolge eines nicht vorhersehbaren, weltweiten Engpasses an Honig ergeben. Das Untergericht verurteilte die Lieferantin zu Schadensersatz in Höhe von $406.905 wegen Nichtlieferung, den Abnehmer aus Minnesota, zur Zahlung des noch geschuldeten Betrags von $695.206.

Die Parteien behaupteten, die Verträge seien nach der Merchant Exception für die gesamte Menge bestellten Honigs einklagbar. Das Berufungsgericht bestätigte die erste Instanz, dass die Ausnahme nur hinsichtlich einer Menge von 18 Ladungen Honig greife.

Nach der Auffassung der Verkäuferin liege daneben die Einwendung der commercial Impracticability nach Minn. Statute §336.2-615 vor. Diese befreit die Parteien von ihren Leistungspflichten, wenn ein unvorhergesehenes Ereignis eintritt, dessen Nichteintritt bei Vertragsschluss vorausgesetzt wurde. Das Berufungsgericht wies dies jedoch zurück, da die Lieferantin den Abnehmer nicht pflichtgemäß unterrichtet hatte.

Auch könne die Verkäuferin nach Ansicht des Berufungsgerichts keine anticipatory Repudiation geltend machen, wonach die vertraglichen Pflichten dann suspendiert wären, wenn der Abnehmer unzweideutig zum Ausdruck gebracht hätte, er wolle nicht mehr am Vertrag festhalten. Die bloße Nichtzahlung des Kaufpreises reiche dafür nicht aus.


Mittwoch, den 19. Juli 2006

Stammzellen aus Irak, Nahem Osten?

 
.   Präsident Bush hat sein erstes Veto der Stammzellengesetzgebung HR 810 gewidmet. Die Stammzelle sei schützenswert, denn diese Jungen und Mädchen sind keine Ersatzteile.

Gleichzeitig setzt die Krise im Nahen Osten neue Rekorde. Angesichts der hemmungslosen Freisetzung von Stammzellen im Irak und anderen Staaten ist ohnehin kein Engpass zu beklagen. Der Kongress konnte am 19. Juli 2006 das Veto gegen den Stem Cell Research Enhancement Act of 2005 nicht brechen.



Rachsüchtiger Sheriff

 
CE - Washington.   Das US-Berufungsgericht für Arkansas grenzte am 3. Juli 2006 im Fall Frank Robinson v. White County et al., Az. 05-3362, die Amtshaftung von der persönlichen Haftung eines Sheriffs ab. Das Urteil besitzt auch Bedeutung im Wirtschaftsrecht. Robinson fuhr einen Lastwagen über eine Brücke, die unter ihm einbrach. Das Schild für das Gewichtslimit fehlte. Auf Geheiß des Friedensrichters ließ der Sheriff den Kläger wegen rücksichtslosen Fahrens nach Ark.Code §27-51-104 verhaften. Das Strafverfahren führte zum Freispruch.

Der Fahrer verklagte Richter und Sheriff wegen Verletzung seiner Rechte aus dem 4. und 14. Zusatz zur Bundesverfassung durch die rechtswidrige Verhaftung auf Schadensersatz. Er stützte seine Klage auf persönliche Haftung sowie Amtshaftung nach einzelstaatlichem Recht und auf einen Verschwörungstatbestand. Die Klagabweisung hob das Berufungsgericht wegen der Ansprüche aus persönlicher Haftung und unerlaubter Handlung des Sheriffs auf.

Da die Anordnung zur Verhaftung Robinsons über den Zuständigkeitsbereich des Sheriffs hinausging, und dieser weder an der Unfallstelle war noch von seinem Personal Andeutungen einer illegalen Handlung Robinsons erfuhr, lagen seine Handlungen außerhalb des Amtshaftungsrechts. Im Rahmen seiner Amtsvollmacht hätte er den Kläger nicht verhaften dürfen. Er handelte bei der Festnahme daher wie ein Privater und kann entsprechend für eine Freiheitsberaubung haftbar gemacht werden, bestätigte das Untergericht.


Dienstag, den 18. Juli 2006

Schaden durch gelöschte Dateien

 
.   Kalifornische Skripte für ein deutsches Filmhaus verschwinden beim DSL-Einbau. Den ISP mit dem tollpatschigen Techniker verklagt ihr Autor. Nach der Datenlöschung, doch vor dem Versuch der Datenrettung gelangen 4.134 neue Dateien auf die Festplatte. Die Rettung der unfertigen Drehbücher misslingt. Der Verfasser glaubt, die Werke bereits für $2,7 Mio. verkauft zu haben. Die Geschworenen sprechen ihm $60.000 zu.

Er möchte gern mehr und verliert am 5. Juli 2006 vor dem zweiten kalifornischen Berufungsgericht in Sachen Nicholas Boyd v. SBC Advanced Solutions, Inc., Az. B181807, das seine Argumente beurteilt, die Jury habe die Tatsachen nicht verstanden und der Richter habe das Recht falsch angewandt.

Das Urteil ist nicht nur wegen der gründlichen Auseinandersetzung mit den Verfahrensschritten im US-Prozess, der Darlegung materieller Anspruchsgrundlagen und der Rolle von Richter und Zivilgeschworenen lesenswert. Auch die Szenen nachlässiger Datensicherung wertvoller Werke, der an der Realität vorbeirauschenden Ansichten eines aufstrebenden Künstlers und der Druckserei der Zeugen lassen die Lektüre des Berufungsurteils fast zum literarischen Genuss werden.


Montag, den 17. Juli 2006

Pressefreiheit gegen Privatsphäre

 
TS - Washington.   Grundsätzlich hat die Öffentlichkeit im US-amerikanischen Gerichtsverfahren uneingeschränkten Zugang zu Verhandlungen und das Recht zur Akteneinsicht. Ausnahmen gibt es traditionell im Jugendgerichtsverfahren. Bei der Kodifizierung gewohnheitsrechtlicher Verfahrensgrundsätze durch einzelstaatliche Gesetzgeber zeigt sich ihr Spannungsverhältnis zur verfassungsrechtlich garantierten Pressefreiheit.

Im Rechtsstreit Kentucky Press Association v. Commonwealth of Kentucky et al., Az. 05-5224, wies das Bundesberufungsgericht am 7. Juli 2006 die Klage einer Presseorganisation ab, mit der sich diese gegen die Verwehrung des Zugangs zu Jugendgerichtssachen nach dem Kentucky Uniform Juvenile Code wandte. Ihr Argument lautete im Wesentlichen, dass das Gesetz der Presse praktisch jede Zugangsmöglichkeit nehme und sie somit in ihren Rechten aus dem ersten Verfassungszusatz verletzt sei.

Das Berufungsgericht bestimmte, dass die Behauptung der Berufungsklägerin einer Verletzung von Verfassungsrecht unzureichend war. KPA hätte die betreffenden Vorschriften vor Anrufung der Bundesgerichte vor einem einzelstaatlichen Gericht in Kentucky angreifen müssen. Dies hätte gegebenenfalls eine Auslegung ermöglicht, die den begehrten Zugang gewährt und das verfassungsrechtliche Problem beseitigt hätte. Die Sache wurde mit der Anweisung, die Klage unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung abzuweisen, an das Ausgangsgericht zurückverwiesen.



Kradfahrer gewinnt gegen Bund

 
.   Gegen das Rathaus gewinnt man nie, lautet ein Kernbegriff des US-Rechts. Ein Motoradfahrer erzielte gegen die Bundesregierung immerhin einen Teilsieg, von der er eine der Gefährlichkeit einer Bergstraße angemessene Geschwindigkeitsbegrenzung verlangte. Wegen der erlaubten 35 MPH bei einer Sichtweite von 180 Fuß wurde er schwer verletzt.

Den Bund kann man nicht ohne seinen Verzicht auf seine Immunität verklagen. Der Verzicht findet sich im Federal Tort Claims Act. Daher konnte der Kradfahrer gegen den für die Bergroute zuständigen Nationalparkdienst in Sachen John Soldano et al. v. United States of America et al., Az. 03-17391, vorgehen.

Das Bundesberufungsgericht des neuen Bezirks entschied am 12. Juli 2006, dass das Untergericht die Beschilderung des National Park Service nachprüfen darf. Dazu ermittelte es, ob die Beschilderung in den Bereich allgemeiner Fahrlässigkeitshaftung fällt oder zum politischen, legislativen oder regulatorischen Verantwortungsbereich gehört, in dem die gerichtliche Nachprüfung eingeschränkt ist.

Das Fehlen eines Warnschildes gehört in diesem Fall in den nicht nachprüfbaren Bereich der Abwägung ministerieller Kriterien. Die zu hoch festgelegte Geschwindigkeit trägt hingegen die Merkmale stinknormaler Fahrlässigkeitshaftung, die dem auf einen privaten Gefährder anwendbaren Haftungsmaßstab entspricht. Somit kehrt der Fall ans Untergericht zur weiteren Behandlung zurück.


Sonntag, den 16. Juli 2006

Unzuständig für Webseite

 
.   Ist das US-Gericht für die Markenverwässerung einer US-Marke im Ausland örtlich zuständig? Eine kalifornische Markeninhaberin beschuldigte den Inhaber einer Hotelgaststätte in England, den von ihr seit 50 Jahren für den Golfplatz Pebble Beach benutzten Namen rechtswidrig zu verwenden. Die Klägerin verwendet den Namen im Internet unter der Top-Level-Domain .com, der Beklagte ebenfalls, doch mit dem Zusatz -uk in der zweiten Domainebene.

Am 12. Juli 2006 bestätigte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in Sachen Pebble Beach Company v. Michael Caddy, Az 04-15577, die Abweisung der Klage wegen mangelnder Zuständigkeit, da der Beklagte der US-Gerichtsbarkeit nicht unterfällt. Ausschlaggend ist, dass der Beklagte keine Kunden in Kalifornien gewollt anspricht.

Die Klägerin hatte außerdem keinen Erfolg mit ihrem Antrag auf Einleitung des Ausforschungsbeweisverfahrens zur Ermittlung der Zuständigkeit, jurisdictional Discovery. Wesentlich für das Ergebnis ist die gerichtliche Erkenntnis, dass ein Domainname mit einer passiven Webseite, selbst wenn Besucher aus Kalifornien sie finden, nicht zur Zuständigkeitsbegründung ausreicht, ähnlich der Entscheidung im Zeitungsfall Arnold Schwarzenegger v. Fred Martin Motor Co., 374 F2d 797 (9th Cir. 2004):
Thus, today, we extend the holding of Schwarzenegger to the situations described in Panavision and Rio Properties, where the sole basis for asserting jurisdiction is a non-interactive passive website. As with the print advertisement in Schwarzenegger, the fact that Caddy's website is not directed at California is controlling. AaO 12.


Samstag, den 15. Juli 2006

Beleidigung im Amt geschützt

 
CE - Washington.   Im Berufungsbeschluss Ronald C. Heller et al. v. Jerry C. Fulare, Az. 05-3687, entschied das US-Berufungsgericht des dritten Bezirks am 6. Juli 2006, dass ein Stadtdirektor bei übler Nachrede während einer öffentlichen staatlichen Versammlung unter dem Schutz der Redefreiheit nach dem 1. Amendment zur Bundesverfassung steht, solange seine Bemerkungen seinen Zuständigkeitsbereich betreffen oder seinem Urteil unterliegen.

Die Polizeibeamten einer Gemeinde in Pennsylvania verklagten den Stadtdirektor wegen übler Nachrede in einer Gemeinderatssitzung. In der Sitzung sagte Fulare der Polizei schlechte Führung nach und äußerte sich über eine potenzielle Verschwörung der Polizisten gegenüber dem neuen Polizeichef.

Das Untergericht gab der Klage mit der Begründung statt, der Beklagte habe seine Aussagen auf Informationen gestützt, die er nur durch Verletzung eines Abkommens zwischen Polizei und Gemeinderat erlangt habe. Er habe seinen Zuständigkeitsbereich übertreten; die amerikanische Verfassung garantiere ihm deshalb nicht mehr den Schutz der Redefreiheit.

Das Berufungsgericht entschied hingegen, dass die Äußerungen in seinen Kompetenzbereich fallen, da der Gemeinderat die Aufsicht über den Polizeidienst führt. Obwohl er seine Informationen durch einen Verstoß erlangt hat, kann ihm als höherer Beamter die Meinungsfreiheit nicht verwehrt werden. Das Gericht hob das Urteil auf und verwies den Fall an die erste Instanz für verbleibende Fragen zurück.


Freitag, den 14. Juli 2006

klagen - Original only at https://Anwalt.us" class="titlestyle" rel="index,follow">Kirch darf wegen "man" klagen

 
.   In Sachen Dr. Leo Kirch et al. v. Liberty Media et al., Az. 04-5852, entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks am 14. Juli 2006 über die Berufung der Kläger nach der Abweisung der Klage im Schlüssigkeitsverfahren nach Rule 12(b)(6) des Bundeszivilverfahrensrechts, Federal Rules of Civil Procedure. Teilweise bestätigte es die Abweisung, teilweise hob sie sie zur Weiterverhandlung vor dem Gericht der ersten Instanz auf.

Die Klage beruht auf der behaupteten Verschwörung der Liberty Group und der Deutschen Bank mit dem Ziel der Zusammenbruchs der KirchGroup. Der Beklagte Breuer soll mit der Umsetzung des Plans durch falsche Erklärungen gegenüber einem Journalisten am 3. Februar 2002 in New York begonnen haben. Das Gericht bestätigte die Abweisung aller Ansprüche der Klägerin International Television Trading Corporation sowie der Ansprüche aus deliktischer Haftung wegen rechtswidriger Eingriffe in Vertragsbeziehungen.

In Bezug auf die anderen Kläger sowie die Verleumdungsansprüche, die deliktischen Haftungsansprüche wegen rechtwidriger Eingriffe in Geschäftserwartungen sowie die zivilrechtlichen Verschwörungsansprüche ließ das Gericht die Ansprüche wiederaufleben, jedoch mit der Maßgabe an das zuständige Gericht der ersten Instanz, den Grundsatz des Forum non conveniens zu prüfen. Nach diesem Grundsatz ist eine Abweisung mit der Bedingung zulässig, das Verfahren wieder aufzunehmen, wenn ein anderes, geeigneteres und ebenfalls zuständiges Gericht das Verfahren nicht annimmt oder ordnungsgemäß durchführt.

Die Entscheidung ändert ein Urteil vom 5. Juni 2006 ab und kann den weiteren Instanzenweg gehen, das heißt mit einem Certiorari-Antrag zum Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten in Washington geführt werden. Die Klage war ursprünglich vor dem einzelstaatlichen Gericht erster Instanz, dem Supreme Court in New York County, eingereicht worden. Das Verfahren wurde auf Antrag der Beklagten an das Bundesgericht erster Instanz verlegt, wo die Beklagten die Abweisung wegen materieller Rechtskrafterstreckung aufgrund einer Entscheidung in einem deutschen Parallelverfahren, nach dem Forum non conveniens-Grundsatz sowie wegen mangelnder Schlüssigkeit beantragten.

Die Abweisung stützte sich allein auf die mangelnde Schlüssigkeit der Klage, aaO 16. Kern der Berufungsentscheidung ist die strittige Übersetzung des im Englischen unbekannten deutschen Wortes man, das Breuer gegenüber dem Journalisten benutzte, aaO 30. Die Nuancen der Sprache spielen eine so bedeutende Rolle, dass ein deutsches Gericht eher zu seiner Würdigung berufen sein könnte, deutet das Berufungsgericht an.



Happy Birthday, Ankhi

 
.   24 Jahre alt wird die Assistentin des Senior Litigator heute, und nach 24 Jahren wollte dieser einen Fall endlich abschließen. Mindestens bis zur heißen Phase des Trial, dem krönenden Höhepunkt des Prozesses in Amerika, wollte die Assistentin noch bleiben. Danach wollte sie zur Law School wechseln.

Gilt dieses Versprechen noch, nachdem der Richter erneut den Termin zum Trial verzögert? Sie hat sich in der jahrelangen Vorbereitung schließlich unverzichtbar gemacht, doch hat sie dabei soviel gelernt, dass sie das erste Semester nicht mehr hinausschieben will. Vielleicht bleibt sie noch bis zur Formulierung der Motions auf einen Trial im Jubiläumsjahr.



Corporation als Schutzwall

 
.   Die amerikanische Corporation wird meist mit einem anderen Ziel gegründet als die englische Limited. Viele UK-Gesellschaften sollen im Heimatmarkt der Gründer agieren, während die US-Corporation als Schutzwall zur Eindämmung der US-Haftung aus US-Aktivitäten wirken soll. Was für die Limited behauptet wird, nämlich … Verfahren wegen unzureichend gegründeter oder geführter Limiteds… - da kann die amerikanische Billig-Corporation allerdings mithalten. In Reisezeitschriften finden sich Angebote für die Einrichtung von US-Gesellschaften für wenige Dollar, die völlig unrealistisch, wenn nicht gar irreführend sind und zu keiner Haftungsbeschränkung, sondern zusätzlichen Risiken führen.

Ein Kapital von $1.000 und Gründungskosten von ca. $1.000 muss man in den USA auch bei einer an einem Tag erledigten Routinegründung einkalkulieren, die keine aufwendigen Dokumente wie ein Shareholder Agreement. erfordern. Die Gesellschaft, die sich Corporation, Company, Limited oder Incorporated nennen darf - je nach einzelstaatlichem Recht -, ist streng von einer der partnership-ähnlichen Gesellschaften namens LLC, LP und dergleichen zu unterscheiden, deren Gründungskosten wegen komplexerer Verträge in der Regel viel höher liegen und die wie eine OHG oder KG ausgestaltet werden.

Fast reine Formsache, doch unterlässlich, ist die Beachtung der Bestimmungen über die notwendigen Dokumente zur wirksamen Gründung und Führung der Corporation. Fast formularmäßig erstellte Protokolle von Initial Meeting und Annual Meeting gehören ins Corporate Book: Ist das bei einem Billigangebot zur Incorporation überhaupt vorhanden? Und sie müssen mit dem Prägesiegel versehen sein: Ist das im Sonderangebot von $75 enthalten? Wer entwirft die zwar simplen, doch erforderlichen Beschlüsse für die Einrichtung eines Bankkontos, die Annahme des Angebots zum Erwerb von Aktien Zug um Zug gegen Einzahlung des Kapitals, die Genehmigung von Darlehen an die Gesellschaft, oder die Einholung der Steuernummer? Der dicke Brocken - die By-Laws: Wer kümmert sich um sie?

Selbst wenn dem Staat inhaltlich piepegal ist, was dem Handelsregister gemeldet wird - die Meldung muss form- und fristgerecht erfolgen, damit er seine Gebühren einziehen kann, sonst verfällt die Haftungsbegrenzung. Und inhaltlich sollte sie auch stimmen, damit nicht Dritte etwas Haftungsauslösendes behaupten können.

Stimmt etwas mit diesen Formalien nicht, dann Schutzwall adé - der Gläubiger kann sich wieder mit der Durchgriffshaftung direkt an die Eigentümer im Ausland wenden. Hingegen greift das Piercing the corporate Veil recht selten, wenn all' die kleinen und in der Regel bei einer 08/15-Gesellschaft recht leicht zu beachtenden Formalitäten eingehalten werden.



Der schlafende Drogendealer

 
Der schlafende DrogendealerTS - Washington.   Der berechtigte Verdacht einer Trunkenheitsfahrt besteht schon dann, wenn der vermeintliche Fahrer über dem Lenkrad eingeschlafen ist, selbst wenn der Motor des Fahrzeugs dabei nicht läuft. So entschied am 6. Juli 2006 das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks in der Strafsache United States of America v. Lawrence Maher, Az. 05-1598, die in erster Instanz zu einer Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Verkaufsabsicht geführt hatte.

Im Juli 2004 wurde der in Massachusetts lebende Drogendealer Maher am helllichten Tag vor einem Supermarkt in Maine von der Polizei beobachtet. Er torkelte zu seinem Fahrzeug, setzte sich auf den Fahrersitz und schlief über dem Lenkrad ein, ohne den Motor gestartet zu haben. Bei einer Kontrolle entdeckte der Polizeibeamte auf der Fahrzeugkonsole eine geöffnete Bierdose. Von der Polizei wachgerüttelt, teilte Maher lallend und mit verquollenen Augen mit, dass er gerade habe losfahren wollen. Ein daraufhin durchgeführter Alkoholtest war positiv, weshalb der Angeklagte wegen des Vorwurfs der Trunkenheitsfahrt, DUI, festgenommen wurde. Bei einer späteren Durchsuchung des Pkws wurden Kokain und Heroin gefunden.

Maher ging gegen die Entscheidung des Ausgangsgerichts vor, mit der sein Antrag auf Nichtverwertung der im Wagen gefundenen Beweismittel abgelehnt wurde. Den Antrag hatte er darauf gestützt, dass die Beschlagnahme das Ergebnis einer Kausalkette sei, an deren Anfang die unberechtigte Annahme einer reasonable Suspicion - einem Verdachtsgrad zwischen Anfangs- und hinreichendem Tatverdacht - für die Trunkenheitsfahrt stehe. Im Hinblick auf den Vierten Verfassungszusatz hätte für eine berechtigte Annahme zusätzlich auch der Motor laufen müssen. Der Court of Appeals wies das Vorbringen zurück, da der Verfassungszusatz immer einzelfallbezogen anzuwenden sei. Hier hätten, auch ohne laufenden Motor, schon ausreichende Anhaltspunkte für eine reasonable Suspicion vorgelegen.


Donnerstag, den 13. Juli 2006

Klage gegen Cheney

 
.   Mit einer Klage gegen den Vizepräsidenten Dick Cheney wegen der rechtwidrigen Aufdeckung eines CIA-Beamten sprießt die sich strafrechtlich zuspitzende Untersuchung des Falles Plame ihren zivilrechtlichen Ableger. Die Klageschrift in Sachen Valerie Plame Wilson et al. v. I. Lewis Libby Jr. et al. behauptet neben der Verletzung von Verfassungsbestimmungen eine Verschwörung und die Offenlegung privater Tatsachen und beginnt mit den Worten des Alt-Präsidenten Bush anläßlich der Widmung einer nach ihm benannten CIA-Einrichtung:
I have nothing but contempt and anger for those who betray the trust by exposing the name of our sources. They are, in my view, the most insidious traitors.
Die Klage vom 13. Juli 2006 schließt nach 23 Seiten mit dem Antrag auf ein Geschworenenverfahren ab. Neben einfachem Schadensersatz beantragt die Beamtin im Bundesgericht erster Instanz in der Hauptstadt Washington, United States District Court for the District of Columbia, Strafschadensersatz sowie die Kostenerstattung. Der Ehemann der Beamtin hatte Behauptungen der Regierung über den Irakkrieg hinterfragt.



Alte Hexe zu Recht begnadigt

 
.   Die Hexe Grace Sherwood wurde am 11. Juli 2006 von Gouverneur Kaine begnadigt. Sie war 1706 gebunden ins Wasser geworfen worden. Sie ertrank nicht, galt daher als schuldig und verbrachte sieben Jahre in Gefangenschaft.

Sherwood war zahlreicher Verwünschungen beschuldigt, die für Hexen typisch sind. Der Gouverneur bezeichnete in seiner Begründung das Wasserbeweisverfahren als Ungerechtigkeit.

Der Staat Virginia ist auch heute noch für sein archaisches Rechtssystem und unmenschlichen Strafvollzug bekannt. Sein Gouverneur Kaine symbolisiert hingegen Fortschritt. Die Begnadigung ist nachvollziehbar, denn bekanntlich wurde das Wasserbeweisverfahren bereits 1215 abgelöst vom Geschworenenprozess, dessen Drama anklagten Hexen zuvor erspart blieb.


Mittwoch, den 12. Juli 2006

Gericht kuriert eBay-Verehrer

 
.   Nach seinem Verweis aus dem Kreise der eBay-Anbieter verklagte der eBay-Verehrer eBay, Inc. sechsmal, zudem teilweise als Mitbeklagte einen anderen Anbieter samt dessen Rechtsanwalt. Erfolglos stürmte er in Gerichte der Einzelstaaten und des Bundes und stieg die Instanzenleitern rauf und runter. Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks wies am 10. Juli 2006 seine letzten Klagen ab und forderte ihn im tragikomischen Urteil McCready v. eBay, Inc. et al., Az. 05-2450, auf darzulegen, warum er nicht mit Sanktionen für seinen belästigenden, beleidigenden und stets unschlüssigen Klagewahn zu belegen sei.


Dienstag, den 11. Juli 2006

Aktienbetrug: Strafe zu gering

 
.   Ein Aktionärsschaden von knapp $1,4 Milliarden sollte zu sieben Tagen Gefängnis führen. Das ist schockierend wenig, bestimmte das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks in Sachen United States of America v. Michael Martin, Az. 05-16645, am 11. Juli 2006 und wies den Straffall an das erstinstanzliche Gericht zur erneuten Strafzumessung mit der Maßgabe zurück, dass ein anderer Richter entscheide.



Reparaturmaßnahmen bei Produkthaftung

 
TS - Washington.   Im Produkthaftungsprozess Terry Minter v. Prime Equipment Company, Az. 04-7011, entschied das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks am 29. Juni 2006, dass der Hersteller oder Vertreiber grundsätzlich nicht beweisrechtlich bestraft werden kann, wenn er nach dem Schadensfall den behaupteten Mangel ausbessert. Die Reparatur stellt keinen Beweis des Mangels dar.

Minter hatte sich bei einem Fall von einem an der Außenseite eines Gebäudes befindlichen Arbeitsaufzug schwer verletzt. An einer Seite des Aufzugs war statt des üblichen Geländers nur ein Ketten-Verschluss angebracht, den er nicht richtig verschlossen hatte. Minter hatte zunächst vor einem einzelstaatlichen Gericht in Oklahoma, dann vor einem Bundesgericht aus verschuldensunabhängiger Product Liability auf Schadensersatz wegen unterlassenen Warnhinweises geklagt.

Das Bundesberufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil über die Verwertbarkeit der Beweise aus dem einzelstaatlichen Verfahren. Minter war der Ansicht, dass die Reparaturmaßnahmen der Beklagten kurz nach dem Unfall zum Beweis des Mangels hätten verwertet werden dürfen. Nach §407 der Federal Rules of Evidence dürfen sie gerade nicht zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit herangezogen werden. Als Ausnahme ist im Kreuzverhör das Impeachment, eine Art Beweiserschütterung, vorgesehen. Zum Schutz der Parteien und wegen der Aushöhlungsgefahr ist dieses aber nur sehr eingeschränkt zulässig. Das sei - anders als hier - wegen der Gefahr eines anderslautenden Urteils nur bei offensichtlichem Widerspruch zum bisherigen Beweisergebnis der Fall.


Montag, den 10. Juli 2006

Gewaltenteilung und Durchsuchung

 
.   Verbietet die Gewaltenteilung eine FBI-Durchsuchung im Kongress, wo ein Abgeordneter Beweise für seine Bestechung versteckte? Das FBI hatte einen gerichtlichen Durchsuchungsbefehl, doch die Aktion führte zu einem verfassungsrechtlichen Aufschrei. So etwas hatte es noch nie gegeben.

Am 10. Juli 2006 entschied das Bundesgericht erster Instanz im District of Columbia in Sachen In Re: Seach of the Rayburn House Office Building Room Number 2113 Washington, D.C. 200515, Az. 06-0231 M-01, zugunster der Strafverfolger. Der United States District Court prüfte dazu die Entwicklung der Verfassung seit 1790, um schließlich den Antrag des Abgeordneten Willian J. Jefferson vom 24. Mai 2006 auf Rückgabe seiner Sachen und sonstige sofortige Abhilfe abzulehnen.

Zum Erlass des Befehls zur Durchsuchung am 20. Mai 2006 trug ein vom FBI eingerichtetes Materialsichtungsverfahren mithilfe eines Filter Team bei, dem verfahrensunbeteiligte FBI-Beamten angehörten. Sie sollten die Auswirkungen auf den politischen Prozess in Grenzen halten.

Institutionen des Kongresses unterstützten den Antrag des Abgeordneten, dem die Exekutive entgegentrat. Das rechtliche Gehör gewährte die Judikative am 16. Juni 2006. Die Speech and Debate-Klausel der Bundesverfassung schützt Mitglieder der Legislative vor Eingriffen der Exekutive in Bezug auf ihre amtlichen Handlungen. Sie erstreckt sich jedoch nicht auf die ordinäre Kriminalität von Abgeordneten. Der Gewaltenteilungsgrundsatz war hier nicht verletzt.



Benachteiligung bei Beförderung

 
CE - Washington.  Das Bundesberufungsgericht des District of Columbia entschied am 7. Juli 2006 über die Diskriminierung im Rahmen von Beförderungen. Wenn der Arbeitgeber sich zwischen zwei qualifizierten Bewerbern entscheiden muss und es über Klagebehauptungen hinaus keine Anhaltspunkte gibt, dass bei dieser Entscheidung Rasse oder Alter eine Rolle spielten, so überprüft das Gericht die Beförderungsentscheidung nicht auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots.

Im Fall Margaret A. Barnette v. Michael Chertoff, Az. 04-5443, behauptete eine Afro-Amerikanerin Anfang 50, dass sie bei einer Beförderung wegen ihres Alters und ihrer Rasse diskriminiert worden sei. Sie bewarb sich auf eine leitende Position. Das Ministerium als Arbeitgeber jedoch entschied sich für Michelle James, eine für diese Stelle ausreichend qualifizierte, jüngere, weiße Frau. Sie weise genug Erfahrung in den relevanten Gebieten und eine permanente Einsetzung in einer leitenden Position vor, erklärte das Ministerium.

Barnette argumentierte, dass sie einen höheren Dienstgrad, mehr Erfahrung als Dienstvorgesetzte und zudem länger in dem Ministerium gearbeitet habe als James. Sie wirft dem Ministerium Manipulation vor, da es James' Diensterfahrung hochgespielt und die ausgeschriebene Stelle von dem Dienstgrad GS 14 auf GS 13 heruntergesetzt habe, um James eine Chance zu geben. Das Ministerium erwiderte, dass es Bewerber, die eine höhere Position anstreben, durchaus berücksichtige. Nach dem Beweisverfahren wies das Bezirksgericht die Klage wegen mangelnder Beweise ab, indem es dem Antrag des Ministeriums auf Summary Judgment stattgab, bevor das Verfahren an die Geschworenen zur Beurteilung gelangte. Das Berufungsgericht schloss sich diesem Urteil an.



Eine Geschworene zuviel

 
.   Im Beratungszimmer der Geschworenen, Jury, saß eine Ersatzgeschworene. Ist das Urteil deshalb aufzuheben? In Sachen Michael Brassfield v. Moreland School District, Az. H028855, behauptete der Kläger, dass ihre Anwesenheit von 15 Minuten einen revisiblen Fehler auslöste.

Das sechste Berufungsgericht Kaliforniens bestimmte am 6. Juli 2006 das Gegenteil. Der Richter hatte die Geschworenen sofort nach dem entdeckten Fehler aufgefordert, alle Aussagen der Ersatzgeschworenen zu vergessen. Zudem hatte er sich beim Vorlesen des Geschworenenspruchs nach einem Einfluss der Ersatzgeschworenen auf die Entscheidung erkundigt. Es gab keinen.

Die Beteiligten waren noch nicht zur Sache gekommen. Das Berufungsgericht erklärte, dass dieser Verfahrensfehler den Geschworenenspruch nicht absolut nichtig macht, sondern lediglich eine widerlegbare Vermutung für seine Nichtigkeit aufstellt. Diese Vermutung sei vom Untergericht hinreichend entkräftet worden.


Sonntag, den 09. Juli 2006

Vermögen gehört Trust

 
.   Trust und Treuhänder - manchmal sind sie in Übersetzungen gleich behandelt, und doch gibt es Unterschiede. Der Trust ist eine rechtliche selbständige Körperschaft mit eigener Verwaltung, normalerweise der des Trustee. Wenn Vermögen dem Trust übertragen wird, gehört es ihm unwiderruflich, auch wenn der Übertragende oder sein Nachlass später überschuldet ist?

Ja, sagt das vierte Berufungsgericht von Kalifornien in Sachen Lynda Laycock v. Leonard H. Hammer et al., Az. D046422, am 6. Juli 2006. Der Fall betrifft eine Lebensversicherungspolice, die der versicherte einem von ihm eingerichteten Trust unwiderruflich übereignete. Als er 13 Jahre später starb, zahlte der Versicherer den Versicherungsbetrag an den Trustee des Trust aus.

Der Berufungsbeklagte hatte vor dem Tod des Versicherten ein Urteil gegen ihn erstritten. Er behauptete, der Versicherte habe die Unwiderruflichkeit des Trusts widerrufen, indem er unter anderem die Darlehen mit der Police besichert hatte. Das Untergericht stellte fest, dass seine Handlungen keine implizierte Ausübung einer Kontrolle über den Trust mit dieser Folge bedeuten.

Wenn der Trust als widerruflich eingerichtet worden wäre oder wenn die Begünstigten eines Trusts nach dem Tode des Trust-Errichters aufgrund erbrechtlicher Bestimmungen die Unwiderruflichkeit widerrufen, würde das Ergebnis anders aussehen, bestätigte das Berufungsgericht. Daher geht der Gläubiger des Schuldners, der den Trust einrichtet und in ihm sein Vermögen vor Dritten sichert, leer aus.


Samstag, den 08. Juli 2006

Sportler im Unrecht

 
.   Die Washington Post berichtet im Internet mit einer besonderen Spalte über Sportler, die mit dem Recht nicht klar kommen. Die fortlaufende Darstellung interessiert vielleicht Sportrechtler. Anscheinend wird die Liste über eine Suchmaschine gefüttert, die beispielsweise mit dem Begriff Trial ihre Schwierigkeiten hat, da sie nicht den gerichtlichen Verfahrensabschnitt vom Sportereignis unterscheiden kann. Dennoch kann das Angebot als eine nützliche Ergänzung sportrechtlicher Übersichten gelten.



Anwalt haftet nicht für Fakten

 
.   Darf ein Anwalt vor Gericht über seine Erkenntnisse vortragen, oder muss er eine Haftung wegen Beleidigung befürchten? In Sachen Ethel Lowenbraun v. Thomas L. Canary et al., Az. 05-6032, ermittelte der Anwalt Betrugsumstände für seinen Auftraggeber, einen Insolvenzverwalter. Er brachte ein Gerichtsverfahren in Gang, um die Schädigung der Insolvenzmasse zu beheben. Die Schädigerin rächte sich an ihm mit einer Beleidigungsklage.

Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks lehnte eine Haftung des Rechtsanwalts unter Anwendung der Judikatur des Staates Kentucky ab. Im Verfahren stehe dem Anwalt eine absolute Haftungsentlastung zur Seite: [S]tatements in pleadings filed in judicial proceedings are absolutely privileged when material, pertinent, and relevant to the subject under inquiry. Heavrin v. Nelson, 384 F.3d 199, 202 (6th Cir. 2004). Greift dieses Haftungsprivileg, werden selbst die Motive und Absichten des Erklärenden unbeachtlich, da man in Gerichtsverfahren frei und ohne Furcht vor Klagen oder finanziellem Ruin sprechen können muss.

Das Gericht stellte in seiner ausfuührlichen Urteilsbegründung vom 6. Juli 2006 fest, dass Rechtsanwalt Canary im Verfahren nach dem US-Involvenzrecht vor dem United States Bankruptcy Court for the Western District of Kentucky Erklärungen abgab, die im Aufgabenzusammenhang als material, pertinent, and relevant gelten. Daher ist er im Hinblick auf eine Beleidigungsklage absolut privilegiert. Die Klagabweisung wurde bestätigt.


Freitag, den 07. Juli 2006

Souverän bleibt immun

 
.   Die Souveränität und Immunität eines Bezirks der Volksrepublik China hat das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks am 7. Juli 2006 in Sachen Yang Rong et al. v. Liaoning Province Government, Az. 05-7030, bestätigt. Die von den Klägern behauptete Anwendbarkeit der Ausnahme für commercial Activity griff nach §1605(a)(2) des Foreign Sovereign Immunities Act nicht. Der Sachverhalt betrifft ein Gemeinschaftsunternehmen mit der beklagten Provinz für die Autoherstellung.



Schiedsklausel als Knebelung

 
CE - Washington.   Ein kalifornisches Berufungsgericht entschied am 27. Juni 2006 im Fall Charles Higgings II et al. v. The Superior Court of Los Angeles County, Az. B187818, dass eine Schiedsklausel im Vertrag nicht einseitig belastend sein darf.

Kurz nach einem Umzug der Higgins-Geschwister zu Bekannten nahm die Großfamilie an der ABC-Sendung Extreme Makeover teil. Die Gastfamilie Leomiti zwang die Geschwister jedoch kurz nach der Ausstrahlung der Sendung zum Auszug. Die Higgins verklagten die Produktionsfirma und die Leomitis unter anderem wegen falscher Angaben, Vertragsbruchs, unlauteren Wettbewerbs im Sinne von Bus. & Prof. Code, §17200 et seq. und falscher Darstellung ihrer Personen. Das erstinstanzliche Gericht in Los Angeles wies die Klage als unzulässig ab, da sich die Beklagten auf eine vertragliche Schiedsklausel nach dem Federal Arbitration Act, FAA, 9 USC §§1 ff., beriefen.

Das Berufungsgericht stellte einen Knebelungsvertrag fest, da den Higgins nicht die Möglichkeit gegeben wurde, Änderungen im Vertrag vorzunhemen. Zudem erachtete es die Schiedsklausel als verfahrens- und materiellrechtlich zu einseitig. Die Produktionsfirma hätte ein Schiedsverfahren erzwingen können, die Gegenseite jedoch nicht. Auch zur Revision eines Schiedsspruches wären die Higgins nicht berechtigt. Des Weiteren war der Text der Schiedsklausel nicht besonders hervorgehoben, sondern leicht zu übersehen.

Es wies daher den Superior Court of Los Angeles County mit dem seltenen Befehl des Mandamus an, den Antrag der Produktionsfirma auf Verweisung des Verfahrens an das Schiedsgericht abzuweisen.


Donnerstag, den 06. Juli 2006

Kein doppelter Schadensersatz

 
TS - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks befand am 29. Juni 2006 in seiner Entscheidung Ruth Stern v. Internal Medicine Consultants et al., Az. 05-3504, dass eine wrongful Death-Klage unzulässig ist, wenn der Verstorbene im Todeszeitpunkt keinen Anspruch mehr auf Schadensersatz aus demselben Grund gehabt hätte.

Die beklagten Ärzte hatten fahrlässigerweise übersehen, dass der Verstorbene David Stern an Darmkrebs litt. Erst nach fast vierjähriger ärztlicher Behandlung wurde die Erkrankung entdeckt, die sich zu dieser Zeit schon im unheilbaren Endstadium befand. Die daraufhin von ihm erhobene Schadensersatzklage wegen medical Malpractice wurde im November 2002 durch einen Vergleich beendet: David erhielt $875.000 für die Abgeltung aller Schäden; im Gegenzug unterschrieb er eine Release, der die Beklagten von allen künftigen, auf der betreffenden Behandlung beruhenden Klagen freistellte. Nach Davids Tod im Jahre 2004 erhob seine Mutter Ruth Stern eine Schadensersatzklage nach §537.080 des Missouri Wrongful Death Statute, mit der sie weitergehende Schäden wie Beerdigungskosten und den Verlust ihres Sohnes geltend machte. Die Klage stütze sie auf die Behandlungsfehler.

Das Bundesberufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, das die Klage für unzulässig erklärt hatte. Als Begründung hierfür führte es an, dass Ruth Stern nicht - wie §537.080 des Wrongful Death Statute verlangt - habe darlegen und beweisen können, dass ihr Sohn zum Todeszeitpunkt noch einen durchsetzbaren Schadensersatzanspruch besessen hätte. Darüberhinaus hätten sich die Beklagten zu Recht auf die Verzichtserklärung berufen, der die Klage der Mutter ausgeschlossen habe. Denn den Beklagten stehen gemäß §537.085 des Gesetzes bei einer wrongful Death-Klage alle Einreden zu, die sie auch bei einer Klage des Verstorbenen hätten geltend machen können.

Die Argumentation der Klägerin, die Release könne nicht gegen sie geltend gemacht werden, da es sich bei den beiden Klagen um unterschiedliche Klagegegenstände handle, weil andere Schadenspositionen geltend gemacht wurden, wies das Bundesberufungsgericht zurück. Maßgeblich sei, dass hier beide Klagen auf demselben schädigenden Ereignis, hier medical Malpractice, beruhten.


Mittwoch, den 05. Juli 2006

Nur 10% bis zum Urteil

 
.   Die meisten Klagen in den USA führen nicht zum Urteil, sondern zum Vergleich. Das Zivilprozessrecht gewährt dem Richter zahlreiche Möglichkeiten, das Verfahren vor der Entscheidung der Geschworenen abzubrechen. Die erste Hürde ist die Schlüssigkeitsprüfung. Nach der Beschaffung der Beweise im Parteibetrieb des Ausforschungsbeweisverfahrens, Discovery, dürfen die Parteien ein Summary Judgment beantragen, für das allein der Richter zuständig ist, weil die Jury zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeschaltet ist.

Selbst wenn der Kläger diese Hürde nehmen kann und bereit ist, die hohen Kosten eines Trial, des Prozesses vor der Jury zu tragen, kann der Richter ihrem Verdikt vorgreifen und ein Urteil erlassen. Ein Beispiel für eine solche Entscheidung nach dem - üblicherweise theatralischen - Vortrag vor der Jury ist der Fall EnergyNorth Natural Gas, Inc. v. Century Indemnity Company et al., Az. 05-2149, mit der bestätigenden Revisionsentscheidung des Bundesberufungsgerichts des ersten Bezirks vom 28. Juni 2006.

Zwar hat der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten die Gerichte ermuntert, das Verdict der Geschworenen abzuwarten, bevor der Richter ein Urteil aufgrund der Rechtslage erläßt, siehe Unitherm Food Systems, Inc. v. Swift-Eckrich, Inc., 126 SCt. 980 (2006). Doch gestattet er dem Richter ein Urteil nach Rule 50 der Federal Rules of Civil Procedure, bevor die Geschworenen zur Beratung gesandt werden. Dies gilt, wenn der Richter feststellt, dass die von der dem Urteilsantrag entgegentretenden Partei dargelegten Beweise rechtlich unzureichend sind. Mit anderen Worten: Die unterliegende Partei ist unter ihrer Beweislast zusammengebrochen.


Dienstag, den 04. Juli 2006

Maschinengewehr des Tüftlers

 
.   Der Kongress darf den Besitz eines DIY-Maschinengewehrs unter Strafe stellen, befand am 30. Juni 2006 das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in Sachen United States of American v. Robert Wilson Stewart, Jr., Az. 02-10318.

Der Angeklagte vertrieb im Internet und durch Zeitschriftenwerbung Bausätze, die nach Feststellung eines Detektivs des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives zu einer gesetzlich verbotenen Waffe zusammengesetzt werden können. Bei einer Hausdurchsuchung fand ATF bei ihm fünf Maschinengewehre aus Eigenbau. Er wehrt sich gegen das Strafgesetz in 18 USC §922(o) als verfassungswidrige Anwendung der Commerce Clause der Bundesverfassung.

Diese dem Bund eine weitreichende Gesetzgebungskompetenz zuweisende Klausel wurde seit den Dreißiger Jahren so ausgelegt, dass selbst eine nicht in den Handel geratende Garbe Weizen aus dem Garten des Bauern vom Bund geregelt werden darf. Ein konkret lokales Faktum kann nach den Präzedenzfällen des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington eine landesweite Wirkung entfalten, die über die einzelstaatlichen Grenzen hinausgeht und damit den Handel der gesamten Nation berührt.

Im Waffenrecht gilt die Commerce Clause wegen des Kauftransaktion als anwendbar. Dieser Fall zeigt die Grenzen der Präzedenzfälle auf: Der Bastler hatte die Waffe nicht erworben, sondern heimgewerkelt, vgl. United States v. Rambo, 74 F.3d 948 (9th Cir. 1996). Nach einer ausführlichen Prüfung der Merkmale der Commerce Clause, zu der es ausnahmsweise sogar die Lehre heranzieht, erklärt das Gericht §922(o) für verfassungsvereinbar, jedoch nicht in seiner Anwendung auf den konkreten Sachverhalt, as applied, und hebt die Verurteilung auf.



Sicher feiern

 
.   Washington mag am Unabhängigkeitstag geschlossen sein, doch auf den Bundesanzeiger ist stets Verlass. Am 4. Juli 2006 versendet das Federal Register bereits die Ausgabe vom 5. Juli 2006 und verkündet unter anderem die beruhigende Nachricht, dass gegen eine holländische Firma Mutco International aus Amsterdam ein Handelsverbot erlassen wird, weil sie Toxine aus den USA nach Nordkorea schaffen wollte und auf ein Untersuchungsverfahren nicht reagierte.

Außerdem bestimmt der Präsident mit seiner Proclamation 8033, dass Barbados ein Land mit hohem Einkommen geworden ist und nach dem Trade Act of 1974 bei den Handelspräferenzen neu eingestuft wird. Mit diesem Wissen gewappnet kann man sich auf den Weg zur National Mall machen, wo mindestens 500.000 Parade, Konzerte und Feuerwerk bei knapp 40 Grad genießen werden.

Wer den heutigen Geburtstag kritisch sieht, hat bestimmt gestern auf Seite B1 im Wall Street Journal gelesen, dass die Revolution gegen England von Irak-ähnlichen Repressalien gegen Loyalisten begleitet war: Sie wurden gefedert und geteert; nur eine Minderheit sprach sich deutlich für die Unabhängigkeit aus; nach dem Hinauswurf der Engländer verwischten sich die Grenzen zwischen Recht und Unrecht. Erst im Laufe der Zeit wuchs der Glaube an die eigene Nation und die Überzeugung, ein Vorbild für die Welt darzustellen. Lieber einen Tyrann 3000 Meilen weg als 3000 Tyrannen eine Meile weg, hieß es damals.


Montag, den 03. Juli 2006

Konsularrecht für Ausländer

 
CE - Washington.   Am 28. Juni 2006 entschied der Oberste Bundesgerichtshof in Washington im Fall Moises Sanchez-Llamas v. Oregon, Az. 04-10566, betreffend den Artikel 36 des Wiener Konsularübereinkommens: Ausländische Bürger haben ein einklagbares Recht darauf, das Konsulat ihres Heimatlandes zu kontaktieren und von ihrer Festnahme zu informieren. Sie müssen dieses aber im gerichtlichen Verfahren bereits in erster Instanz geltend machen, sonst verwirken sie ihren Anspruch.

Der wegen Mordversuchs angeklagte Mexikaner Sanchez wurde zwar sowohl von den Rechten des Staates Oregon belehrt als auch von seinen Miranda-Rechten auf Englisch und Spanisch unterrichtet, jedoch wurde sein Konsulat nicht nach Artikel 36 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen von der Festnahme unterrichtet.

Nach seiner Verurteilung behauptete Sanchez vor dem Supreme Court die Verletzung seiner Rechte nach Artikel 36(1)(b): If he so requests, the competent authorities of the receiving State shall, without delay, inform the consular post of sending State. Demnach besitzt der ausländische Bürger zwar einen Anspruch auf die Benachrichtigung des Konsulats von seiner Festnahme, jedoch gewährt der Artikel dem Konsulat nicht das Recht, in den Prozess einzugreifen oder die Ermittlungen der Polizei einzustellen. Denn in Artikel 32(2) lautet es zugleich: The rights referred to in paragraph 1 of this Article shall be exercised in conformity with the laws and regulations of the receiving State, ….

Das Gericht begründet außerdem, dass die Aussagen des Beklagten eindeutig waren und die Verletzung des Konsularrechts keine Veranlassung dazu geben, das Urteil zu überdenken.


Sonntag, den 02. Juli 2006

Merkmale des Verbotsantrags beim Imitat

 
.   Ein Antrag auf Unterlassung beruht auf dem Equity-Recht, nicht dem Common Law. Ihn muss das Gericht nach einer Abwägung von vier Merkmalen bescheiden. Im Markenrecht beruht der Anspruch oft auf einer Verwechslungsgefahr.

Beim fast perfekten Imitat von Zigarettenschachteln gelang es der Klägerin im Fall Lorillard Tobacco Company v. Amouri's Grand Foods, Inc., Az. 05-1642, sogar, das Revisionsgericht im sechsten Bezirk zur Feststellung der mit Sicherheit erwarteten Markenverwechslung zu bewegen. Nicht alle Merkmale dieser Liste müssen vorliegen:
(1) [S]trength of the mark,
(2) relatedness of the goods,
(3) similarity of the marks,
(4) evidence of actual confusion,
(5) marketing channels used,
(6) likely degree of purchaser care and sophistication,
(7) defendant's intent in selecting its mark,
(8) likelihood of expansion of the product lines using the marks.
Am 30. Juni 2006 entschied der United States Court of Appeals zugunsten der Antragstellerin, weil das Untergericht sie rechtsfehlerhaft auf das Hauptverfahren verwiesen und die Abwägung der Merkmale der einstweiligen Verfügung vergessen hatte:
(1) [T]he likelihood that the movant will succeed on the merits,
(2) whether the movant will suffer irreparable harm without the injunction,
(3) the probability that granting the injunction will cause substantial harm to others and
(4) whether the public interest will be advanced by issuing the injunction; vgl. Six Clinics Holding Corp., II v. Cafcomp Sys., Inc., 119 F.3d 393, 399 (6th Cir. 1997).


Samstag, den 01. Juli 2006

Überlanges Wochenende

 
.   Heute beginnt das überlange Wochenende um den Unabhängigkeitstag. Dieser Feiertag ist keiner der floating Holidays, die von Kanzleien unbeachtet bleiben. Am Montag sollten viele Kanzleien zumindest rudimentär besetzt sein. Am Dienstag, dem Independence Day, sind wir amerikanischen Anwälte jedoch nur noch nach besonderer Vereinbarung erreichbar.


Freitag, den 30. Juni 2006

Elektronischer Kalender und FOIA

 
.   Ministerialbeamten müssen nach dem Freedom of Information Act ihre elektronischen Kalender wie Papierkalender den sie beantragenden Parteien offenlegen, entschied das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks am 30. Juni 2006 in Sachen Consumer Federation of America v. Department of Agriculture, Az. 05-5360.

Die dem FIOA-Antrag zugrundeliegende Maßnahme des Landwirtschaftsministerium betrifft ein Verordnungsgebungsverfahren. Die Klägerin vermutet, dass sich Ministerialbeamten unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit Parteien trafen, die die VO in eine bestimmte Richtung bewegen wollten. Der Einblick in die Kalendar sollte über rechtswidrige ex parte-Besprechungen Aufschluss erteilen.

Das Gericht stellte die elektronischen Kalender den gedruckten Kalendern gleich und bestimmte, dass sie dem FOIA unterliegen. Es beschränkte sich allerdings auf die Kalender derjenigen Beamten, die sie mit anderen Beamten elektronisch oder gedruckt teilten.

Die Mindermeinung kritisiert, dass die Prüfung sich auf den Umstand stützt, dass andere Beamten Einblick in die Kalender der Spitzenbeamten erhielten. Unter Verweis auf den Präzedenzfall United States Department of Justice v. Tax Analysts des Supreme Court, 492 US 136 (1989), hält Richterin Henderson die Kalender dieser Beamten - unabhängig von ihrem Format - nicht für offenlegungspflichtig nach FOIA.



Smart - Kunden warten

 
.   Amerikanische Kunden müssen bis 2008 auf den Smart ForTwo warten. Zunächst hieß es, der Wagen würde 2007 in die USA kommen. Wer die Federal Motor Vehicle Safety Standards and Regulations, die Autoausrüstungsverordnung der National Highway Traffic Safety Administration, kennt, bringt dem Hersteller Verständnis, nicht nur Ungeduld entgegen.

Der Hersteller ist in Washington auch politisch gut vertreten und wird die Zulassung schon erhalten. Hier um die Ecke vom Weißen Haus würde der Wagen gut ankommen, nicht nur wegen der Parkplatznot und des relativ umweltschonenden Auftritts. Als Sieger über die kleinwagenfeindlichen Sicherheitsvorschriften kann er rechtlich und technisch zum Wegbereiter werden. Die Smart-Warteliste steht schon. Mit $55 sind die Ungeduldigen dabei.



Ende der Monarchie

 
.   Das Ende der Bush-Monarchie, die den Rechtsstaat schon vor dem 11. September 2001 außer Kraft zu setzen suchte, zeichnet sich mit der neuesten Guantanamo-Entscheidung ab.

In Sachen Salim Ahmed Hamdan v. Donald H. Rumsfeld et al., Az. 05-184, 548 US __ (2006), erklärt Justice Stevens am 29. Juni 2006, dass die Rule of Law auch den heutigen Präsidenten verpflichtet, Gesetz, Verfassung und internationale Übereinkünfte zu beachten.

Das Urteil des Obersten Bundesgerichtshofs in Washington bringt Amerika wieder in Einklang mit den Rechtsprinzipien, für die die USA lange als Vorreiter galten.


Donnerstag, den 29. Juni 2006


Schiedsverfahren mit Ausländern

 
.   Unternehmen aus Mexiko und aus Turks & Caicos erstritten einen Schiedsspruch im Schiedsgericht im Florida. Die Klägerin beantragt im Bundesgericht in New York die Aufhebung des Schiedsspruchs. Das Gericht lehnt den Antrag ab. Das Bundesberufungsgericht bestimmt jedoch in Sachen Sole Resort, S.A de C.V. v. Allure Resorts Management, LLC, Az. 05-5786, am 13. Juni 2006, dass der Fall von der Unterinstanz neu zu prüfen ist.

Der zugrundeliegende Streit folgt aus einem Vertrag, der dem Recht von Delaware unterliegt. Die Parteien entwickelten verschiedene Anknüpfungsmerkmale zum Forumstaat, unter anderem durch Besuche und Korrespondenz sowie Telefonate. Das Untergericht hielt diese Merkmale für unwichtig, denn der den neuen Streit auslösende Schiedsspruch stammt aus Miami in Florida und berührt nicht New York.

Unter Anwendung der New Yorker Übereinkunft, Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards vom 10. Juni 1958, 21 U.S.T. 2517, 330 U.N.T.S. 38, gelangt das Berufungsgericht zur Prüfung des Long Arm Statute, des Zuständigkeitsgesetzes von New York. Nach ihm ist eine Zuständigkeit gegeben, weil der Schiedsspruch aus dem Vertragsverhältnis entspringt, welches seinerseits einen Bezug zu New York aufweist. Ob dieser Bezug hinreichend ist, muss das Untergericht neu prüfen. Es darf sich nicht auf die Prüfung des Schiedsspruchs zum Forum beschränken.


Mittwoch, den 28. Juni 2006

Alle Jahre wieder

 
.   Nachdem im Senat der Antrag auf Verfassungsänderung gegen Flaggenschmähschmähung scheiterte, bietet sich nun ein Anlass, die Verfassung einer neuen Realität anzupassen. Jederzeit dürfen die einzelstaatlichen Gesetzgeber die Wahlbezirke anpassen, entschied der Oberste Bundesgerichtshof in Washington am 28. Juni 2006. Bisher galt, dass die Bezirke alle zehn Jahre nach der Volkszählung neu geordnet werden.

Dem Supreme Court kann man nicht die zu erwartende Verrohung der politischen Sitten ankreiden. Die Bundesverfassung lässt sich so lesen, selbst wenn bisher lediglich der diskreditierte Tom DeLay sie so verstand. Ansonsten wurde von einer gewissen Zurückhaltung ausgegangen, d.h. dem Zehnjahresturnus.

Nach der Entscheidung League of United Latin American Citizens et al. v. Rick Perry et al., Az. 05-204, 548 US __ (2006), ist damit zu rechnen, dass alle zwei Jahre die Bundeswahlbezirke neu ausgerichtet werden, wo immer eine Partei die Mehrheit im einzelstaatlichen Parlament sowie den Gouverneur stellt. In Texas schaffte DeLay es mit dieser Methode, sechs weitere Republikaner in den Kongress zu senden und seine Macht als Mehrheitsführer zu verfestigen.



Schiedsklausel gegen Subunternehmer

 
.   Wenn ein Unternehmen mit einem anderen kontrahiert und von dessen Subunternehmen verklagt wird, kann es die Schiedsklausel aus dem Untervertrag geltend machen? Im Fall Turtle Ridge Media Group, Inc. v. Pacific Bell Directory et al., Az. B180324, entschied ein kalifornisches Berufungsgericht am 21. Juni 2006 unter Anwendung des Bundesschiedsrechts gegen den Subunternehmer und verwies die Parteien an das Schiedsgericht.

Die Klägerin hatte sich bei der Beklagten um einen Auftrag beworben, den diese jedoch einem anderen Unternehmen mit der Maßgabe erteilte, die Klägerin als Subunternehmerin einzusetzen. Beide Verträge enthalten die Schiedsklausel, doch besteht zwischen den Parteien des Rechtsstreits kein direktes Vertragsverhältnis. Die Klage lautet auf Ansprüche aus Betrug und dem rechtswidrigen Eingriff in Geschäftsbeziehungen. Die Schiedsklausel erfasst alle Streitigkeiten, mithin auch deliktische Ansprüche. Die Klägerin darf sich nach dem equitable Estoppel-Grundsatz nicht gegen die Berufung der Beklagten auf die Schiedsklausel wehren, selbst wenn die Beklagte keine Vertragspartei ist.


Dienstag, den 27. Juni 2006

Produkthaftung wegen Torpfosten

 
.   Haftet der Hersteller von Torpfosten, wenn eine Menschenmenge das Gerät umstößt, das einen Teilnehmer verletzt? Das Opfer verklagte den Fabrikanten wegen der vorhersehbaren Risiken, dass Sportfreunde sich am Pfosten vergreifen, der Durchschnittsfan das Verletzungsrisiko nicht kennt und andere Pfosten eine Verletzung vermeiden. Das Gericht wies die Klage ab, weil die Gefahr dieses Umgangs mit dem Torpfosten offensichtlich sei, sodass eine Produkthaftung mit der Behauptung eines fehlerhaften und unangemessen gefährlichen Produkts nicht greife. Das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks bestätigte diese Entscheidung im Fall Andrew Bourne v. Marty Gilman, Inc., Az. 05-3300, am 20. Juni 2006.


Montag, den 26. Juni 2006

Einziehung auch ohne Strafgesetz

 
.   Im Strafurteil United States of America v. Vampire Nation, Az. 05-1715, vom 20. Juni 2006, wegen des Vertriebs unrechtmäßig kopierter Microsoft-Programme entschied das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks, dass die zivilrechtlichen Einziehungsbestimmungen, 18 U.S.C. §981(a)(1)(C), auf das Vermögen des Verurteilten Anwendung finden dürfen, wenn das Strafstatut keine strafrechtliche Einziehungsregel nach 28 U.S.C. §2461(c) enthält, und keine Ankündigung der Einziehungsabsicht voraussetzt.

Zudem bestimmte das Obergericht, dass die Strafmaßzumessung auch ohne vorherige Ankündigung über die bundesrechtlichen Richtlinien hinausgehen darf. Die Richtlinien waren vom Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington im Fall United States v. Booker, 543 US 220 (2005), außer Kraft gesetzt worden, und die Verurteilung erfolgte hier nach dem Booker-Präzedenzfall.



Net Neutrality

 
.   Verwirrt von der Debatte um Net Neutrality? Kein Wunder. Der Kongress soll ein Thema beraten, das keiner Lösung bedarf und nur zur Bereicherung von Telefon- und Kabelgesellschaften erfunden wurde. Ihre Werbung spricht davon, dass die Großreichen des Internets wie Google die Kosten der Internetinfrastruktur dem Kunden auferlegen wollen. Warum sich die Telefon- und Kabelgesellschaften plötzlich um den Verbraucher sorgen, verwundert. Sie werden von ihm in den USA fürstlich bezahlt - besser als die Konkurrenten in vielen anderen Ländern, die für weniger Geld mehr Leistung bieten.

Zudem lassen sich die Bereitsteller von Inhalten im Internet auch nicht lumpen - sie werden ebenfalls von den Infrastrukturbetreibern geschröpft. Dass die Leitungsleger und -pfleger nun auf ein Recht pochen, Kabel zwischen Lieferanten und Abnehmern zu kappen oder zu drosseln, erinnert an mittelalterliche Raubritter. Gestatten moderne Gesellschaften dem Bauern, Baron oder Bürgermeister, über dessen Äcker Eisenbahngleise führen, einen Zoll zu erheben?

Wie kommt ein Phantom vor den Kongress? Die Kabel- und Telefonunternehmen haben mächtig gespendet. Die Abgeordneten brauchen Geld. Dieses Jahr stehen Kongresswahlen an. Die Content Provider haben das Phantom lange ignoriert. Der Kongress könnte es ihnen diese Woche in einer hitzigen Debatte heimzahlen. Vielleicht fährt ihr Content bald nur noch zweite Klasse im Internet, wenn per Gesetz diese einfachen Vertragsverhältnisse neu geordnet werden und mit ihm die Gleichbehandlung aller Inhalte entfällt.

Das Petitionsrecht der Bundesverfassung erlaubt es jedermann, jeden Schwachsinn an den Gesetzgeber heranzutragen. Net Neutrality ist ein Paradebeispiel dafür, wie man aus Nichts heiße Luft macht - und davon lebt Washington schließlich.


Sonntag, den 25. Juni 2006

Das Ding erklärt sich selbst

 
.   Res Ipsa Loquitur - dieses Prinzip lernt der amerikanische Jurist im ersten Semester im Fach Torts, dem Recht der unerlaubten Handlung. Wenn sich ein Reifen vom Lastwagen löst und in die Windschutzscheibe eines nachfolgenden Fahrzeugs fliegt, dann spricht das Ding für sich selbst: Die Haftung liegt bei dem, der zuletzt für es verantwortlich war.

Diesen Grundsatz erörtert das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks ausführlich im Fall Christine Maroules v. Jumbo, Inc., Az. 04-3248, vom 20. Juni 2008. Der Klägerin gelang es nicht, alle Merkmale des Prinzips nachzuweisen, sodass das Gericht die Klagabweisung bestätigte:
To establish this inference of negligence, the plaintiff must demonstrate: (1) that the injuring instrumentality was within the exclusive management and control of the defendant, and (2) that the accident is of the type that does not ordinarily happen if those who have the management and control exercise proper care.
.



Urheberschutz für Villen

 
.   Die Idee und ihr Ausdruck im Werk sind im Urheberrechtsstreit von der Jury zu prüfen. Gutachter dürfen das Urteil der Zivilgeschworenen nicht vorwegnehmen oder beeinflussen, indem sie vergleichend aussagen, dass ein Werk keine Kopie eines anderen darstelle.

In Sachen The Rottlund Company, Inc. v. Pinnacle Corporation et al., Az. 05-1296, begründete das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks diese Auffassung am 20. Juni 2006 ausführlich. Ein Bauunternehmen verklagte mehrere Wettbewerber, die seine Villa nachahmten. Im Prozess verglich ein Gutachter die Villen unter anderem, indem er die Bauzeichnungen übereinander legte und beschrieb, wie man in der einen oder andere Küche kocht. Er folgerte: There was no copying at all. AaO 6.

Damit betrat er den Bereich der Prüfung, ob die Werke der Beklagten im wesentlichen der Ausgestaltung des urheberrechtlich geschützten Werks der Klägerin entsprechen. Diese Prüfung fällt jedoch im US-Prozess in den Verantwortungsbereich der Geschworenen: [S]imilarity of expression is evaluated using an intrinsic test depending on the response of the ordinary, reasonable person to the forms of expression, siehe Hartman v. Hallmark Cards, Inc., 833 F2d 117, 120 (8th Cir. 1987). Wegen des erheblich prädizierenden Fehlers wurde das klagabweisende Urteil zur Neuverhandlung im Untergericht aufgehoben.


Samstag, den 24. Juni 2006

Staat muss Unterlagen liefern

 
.   Die Subpoena verpflichtet den Empfänger, auf Wunsch einer Partei selbst als unbeteiligte Person Auskunft zu erteilen. Bei der Subpoena Duces Tecum muss sie Unterlagen hergeben. Gegen diese strafbewehrte Aufforderung wehrten sich die Vereinigten Staaten mit der Behauptung, keine Person im Sinne von Rule 45 der Zivilprozessordnung des Bundes, der Federal Rules of Civil Procedure, zu sein. Das Bundesberufungsgericht des Bezirks der Hauptstadt Washington verwarf die Einrede als zu kreativ. Der Souverän ist eine Person im Rechtssinne, entschied es im Schadensersatzfall nach dem Torture Victim Protection Act und dem Alien Tort Statute Bashe Abdi Yousuf et al. v. Mohamed Ali Samantar and Department of State, Az. 05-5197, am 16. Juni 2006.


Freitag, den 23. Juni 2006

Terroristen in spe

 
.   Die Anklage beim United States District Court for the Southern District of Florida, dem Bundesgericht erster Instanz in Miami, in Sachen United States of America v. Narseal Batiste, Stanley Phanor, Naudimar Herrera, Burson Augustin, Lyglenson Lemorin und Rothschild Augustine, Az. 06-20373, vom 22. Juni 2006 gegen Möchtegern-Terroristen ist bei Findlaw veröffentlicht. Bundesjustizminister Gonzales kommentierte am 23. Juni 2006:
As always, it is important to remind you that the defendants are presumed innocent until and unless proven guilty in a court of law … I want to thank FBI Deputy Director John Pistole in particular for the FBI's leadership in this investigation.




Erbrecht USA 1x1

 
.   Kleine Frage zwischendurch: Meine Eltern kaufen ein Haus in den USA. Ich habe gehört, dass es im Erbfall ein Probate gibt und ich nicht selbst erbe. Ist das wahr?

Antwort:
Grundsätzlich stellt hier in den Common Law-Staaten der USA Probate das normale Abwicklungsverfahren für einen Nachlass dar. Alles, was zum Nachlass gehört, wird im Probate-Verfahren abgewickelt, und zwar durch einen Executor or Administrator oder Personal Representative - je nach Staat anders benannt, doch mit gleicher Funktion. Den Abwickler bestimmt der Erblasser im Testament; tut er es nicht, bestellt ihn das Gericht.

Den Nachlass muss man sich als rechtlich selbständige Körperschaft vorstellen, beispielsweise wie eine GmbH, die durch einen Geschäftsführer, den Executor, abgewickelt wird. Anders als im deutschen Erbrecht tritt nicht der Erbe in die Stellung des Erblassers ein, sondern der Nachlass. Keine Sorge - zum Schluss des Verfahrens erhält der Erbe sein Erbteil vom Abwickler!

Man gestaltet seine Eigentumsverhältnisse und das Testment oft so, dass möglichst wenig Vermögen in den Nachlass fällt, damit die Abwicklung vermieden oder vereinfacht wird.

Beispielsweise können mehrere Eigentümer das Eigentum als Tenants by the Entirety als Ehegatten oder als Joint Tenants als Nichtehegatten innehaben; dann fällt mit dem Tode des einen das Gesamteigentum automatisch an den anderen Eigentümer und nicht in den Nachlass.

Konkret zum Haus: Aus der Deed, mit der das Eigentum an ihm an die Eltern übertragen wird, ergibt sich, welche Art von gemeinsamem Eigentum gewählt wurde. Wenn dort Tenancy by the Entirety with the Right of Survivorship steht, gehört das Haus beim Erbfall eines Eigentümers dem überlebenden Elternteil, wenn das Recht des Staates nicht gravierend vom Common Law abgeweicht.

Die Familie sollte planen, was geschehen soll, wenn beide Eltern versterben. Denn das gemeinsame Eigentumsrecht dieser Arten gilt nur für die Personen, die in der Deed erwähnt sind. Sterben sie, gilt wieder das normale Recht, und das Haus fällt in der Tat in die Probate-Abwicklung. Dies nur zum ersten Einstieg in die Materie. Genaueres ergibt sich aus dem lokalen Recht eines der 50 Staaten und der sonstigen Rechtsordnungen der USA.


Donnerstag, den 22. Juni 2006

Vergeltung nach Ungleichbehandlung?

 
.   Der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington beendete am 22. Juni 2006 die Ungleichbehandlung einer Rechtsfrage in den verschiedenen Revisionsbezirken, Circuits, der USA zur Frage der Vergeltung eines Arbeitgebers gegen Arbeitnehmer, die eine nach Title VII rechtswidrige Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz rügen.

Der Supreme Court bestimmte einstimmig, dass die gerügte Ungleichbehandlung einen Bezug zum Arbeitsplatz besitzen muss, während diese Beschränkung nicht für das Vergeltungsverbot nach 42 USC §2000e-3(a) gilt.

Dem Arbeitnehmer den Rechtsweg durch Vergeltungsmaßnahmen verbauen - das ist nach der heutigen Entscheidung in Sachen Burlington Northern & Santa Fe Railway Co. v. Sheila White, Az. 05-259, 548 US __ (2006), landesweit unter keinen Umständen gestattet.



Wie man Spam verkauft

 
.   For Your Political Information nennt sich eine Webseite, die Spamdienste vertreibt. $150/m mit 10.000 Journalisten in Washington und 20.000 Rechtsanwälten und sonstigen Lobbyisten in der Hauptstadt. Schreiberlinge, die sich Klatsch, Kultur oder Kapital widmen, sind sorgfältig ausgesiebt.

Und wie erfährt man von dieser wundervollen Möglichkeit, diesen einflussreichen Kreis persönlich anzusprechen? Natürlich durch Spam, mit dem irreführend Betreff Gateway to Public Policy News on the Internet.

Doch fällt die Nachricht vielleicht nicht unter den imbezilen bundesrechtlichen Spambegriff, zumal der Anbieter eine Postanschrift und einen Weg zum Opt-Out nennt, mit dem man die Gültigkeit der eigenen Anschrift bestätigen darf. Hoffentlich wählen viele Pro-Spam-Lobbyisten diese Option.



Podcast-Link im Feed illegal?

 
.   Darf ein Link in einem RSS-Feed zu einem Podcast eines anderen Anbieters untersagt werden? Eine Webseite darf ein Link zu einem fremden Podcast enthalten; warum sollten für ein Feed andere Regeln gelten? Dieser Frage geht David Berlind im Bericht If the Context isn't a Web Page, can you Legally Hyperlink? nach und versteht nach einer Abmahnung die Welt nicht mehr. Seine Darstellung erklärt primär die technische Situation, weniger die rechtliche Einschätzung.

Zum Ausgangspunkt der Rechtslage im US-Recht und einem Diagramm verschiedener Linkarten des HTML-Systems, jedoch noch ohne Podcasts, XML, Feeds oder Links aus EMailprogrammen oder Plugins wie Acrobat, siehe Kochinke und Tröndle, Links, Frames und Meta-Tags, Computer & Recht 1999, 190. Der Abmahner bewegt sich auf schillerndem, doch wohl dünnem Eis.


Mittwoch, den 21. Juni 2006

Datenschutz braucht Rechtsgrundlage

 
.   Ein Bundesdatenschutzgesetz muss her, verlangen Mitglieder des Consumer Privacy Legislative Forum. Zu ihnen zählen bedeutende Anbieter von Internet-Dienstleistungen und technischen Erzeugnissen wie HP und eBay. Das gegenwärtige Flickwerk von einzelstaatlichen Gesetzen lasse die Verbraucher an ihrem Glauben an die Sicherheit ihrer Daten insbesondere im Internetverkehr zweifeln.



Phantom täuscht Supreme Court seit 1973

 
.   Eine Klageschrift, die das Gericht als von der Beklagten angenommen, doch nicht zugestellt beurteilt, berichtigt die liberalen Zustellungsregeln für Klagen nach dem Recht Kaliforniens. Vorsichtshalber ist im US-Recht davon auszugehen, dass eine Zustellung im Vergleich zum deutschen Recht recht einfach erfolgen kann - notfalls reicht es, wenn der Schriftsatz dem Beklagten vor die Füße geworfen wird. Doch ist in jedem Fall sorgfältig zu prüfen, ob die Zustellung in der Tat wirksam ist.

Im Fall Dirk Summers v. Rue McClanahan, Az. B182869, galt das auch, und die Beklagte konnte wegen der fehlerhaften Zustellung ein Versäumnisurteil über $3,7 Mio. wegen behaupteter Beleidigung in der ersten Revisionsinstanz abwenden. Im auch rechtshistorisch interessanten Urteil vom 12. Juni 2006 veröffentlich das Gericht eine Fußnote 8 mit faszinierendem Inhalt:

Das Berufungsgericht erforschte, wie sich die vom Supreme Court Kaliforniens praktizierte liberale, wenig formalistische Einstellung zur Prüfung von Zustellungen begründet. Es stieß bei seinen Recherchen auf die Kommentierung eines Anwalts Li, die die Liberalisierung betonte. Nach detektivischen weiteren Recherchen erfuhr es, dass derselbe Li an einem Entwurf der Richtlinien zum Zustellungsrecht mitgewirkt hatte. Seine Vorschläge wurden verworfen, doch hatte er sie in der Kommentierung so verewigt, dass sie als verbindliche Rechtsauslegung Eingang in die Rechtsprechung des obersten Staatsgerichts fanden. Wichtige Präzedenzfälle wie Pasadena Medi-Center Associates v. Superior Court, 9 Cal.3d 773 (1973), fielen damit einem Phantom zum Opfer.


Dienstag, den 20. Juni 2006

Überblick und Waggons verloren

 
.   Die Miete, Verwaltung und Rückgabe von Eisenbahnwaggons warf Probleme auf, die zu zahlreichen Klagen der Beteiligten führten. Irgendwann ging ihnen der Überblick verloren, und fünf von 648 oder 649 verleasten Waggons verloren sich gänzlich in den verschiedenen Prozessen. Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks bestimmt in seinem Urteil in Sachen The Baker Group, L.C. et al. v. Burlington Northern and Santa Fe Railway Company, Az. 04-4104, 04-4150, am 16. Juni 2006, dass Ansprüche, die zu einem Verfahren gehören und darin hätten beurteilt werden können, selbst wenn das nicht der Fall war, als abgeurteilt gelten:
It may be that the Baker Group has lost an opportunity to litigate whether there are up to five leased railcars that were never returned to the Baker Group and are still functioning somewhere in the BNSF system or elsewhere. But this is the result of filing multiple lawsuits with overlapping claims in different courts. Those who abuse the judicial system in this fashion must suffer the consequences. The judgment dismissing all claims for non-returned cars is affirmed.
Auf einem Nebenschauplatz verweigert der United States Court of Appeals den Rechtsanwälten einer Partei ein Rechtsmittel gegen züchtigende Bemerkungen eines Richters im Prozessprotokoll, nachdem sie die Frist zur Einlegung von Rechtsmitteln gegen diese Erklärungen verpassten.



Durchgriff verweigert

 
.   Die Durchgriffshaftung, bekannt im US-Recht als Piercing the Corporate Veil, im Mutter-Tochterverhältnis zweier Gesellschaften erörtert das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks in seinem Urteil in Sachen Tamko Roofing Products, Inc. v. Smith Engineering Company et al., Az. 04-3913, am 16. Juni 2006. Die Klägerin hatte ein Urteil gegen die Tochter einer Holding erstritten.

Die Tochter hatte Verluste erlitten, und ihre Auflösung war eingeleitet. Teile ihres Vermögens waren an eine andere Tochter der Holding zediert. Die Klägerin verklagte die Holding deswegen nach Durchgriffshaftungsrecht und bezeichnet sie als Alter Ego der Tochtergesellschaft. Das Gericht begründet ausführlich seine Analyse der faktischen und rechtlichen Merkmale der Durchgriffshaftung. Im Ergebnis stellt es fest, dass die Klägerin die Hürde der Vermutung unabhängiger Gesellschaften beim vorliegendem Sachverhalt nicht überspringen kann.


Montag, den 19. Juni 2006

Hoyer: Verfassung, Abkommen trennen

 
.   Für amerikanische Teilnehmer der heutigen Veranstaltung der Friedrich Naumann Foundation in Washington zum Thema German Foreign Policy: An Assessment mit Dr. Werner Hoyer war besonders der Hinweis bedeutsam, die EU-Verfassung müsse in seine beiden Komponenten, Verfassung einerseits, Staatsverträge andererseits, zerlegt werden, um im nächsten Anlauf Anklang bei der Bevölkerung zu finden.

Die FDP als führende Architektin der deutschen Außenpolitik beobachte die von der gegenwärtigen Regierung verfolgte Politik zum Teil mit Freude, da sie verwirkliche, was mit der CDU in Koalitionsvereinbarungen erarbeitet worden sei. Dazu zählt auch das Verhältnis zu den USA, dessen Klimaverbesserung jedoch nicht überbewertet werden darf. Sie bedeutet nicht, dass Deutschland mit den USA in jeden Krieg ziehen werde.

Die gutbesuchte Veranstaltung unter Leitung von Claus Gramckow lockte auch zahlreiche Teilnehmer aus Ministerien und Think Tanks an, für die die Naumann-Stiftung historisch und auch heute ein wichtiger Indikator der deutschen Ansichten zur Außenpolitik darstellt.


Samstag, den 17. Juni 2006

Schriftsätze abschreiben

 
.   Was in der Blogwelt bis zum Absurden praktiziert wird - das Abschreiben und Wiederkauen -, regt die Anwaltschaft immer mehr auf. Die Diskussion um die Wiederverwendung von Schriftsätzen durch Dritte gerät in Fahrt.

Ist es rechtspolitisch sinnvoll, wenn Anwaltskosten sinken, indem Material wiederverwertet wird? War das im Common Law nicht mit den Writs allgemeine Übung und erwartet? Oder stellt das Urheberrecht eine Barriere gegen die Wiederverwendung dar, gegen die auch der Fair Use-Grundsatz bei einer behaupteten Verletzung nicht hilft?

Davida H. Isaacs untersucht detailliert diese Fragen in The Highest Form of Flattery? Application of the Fair Use Defense against Copyright Claims for Unauthorized Appropriation of Litigation Documents. Das Ideoblog macht sich hingegen Gedanken über die Gefahr für urheberrechtsfähiger Werke, ignoriert zu werden: The Lowest Form of Flattery. Im WSJ Law Blog werden diverse Auffassungen zu dieser Praxis vertreten.


Freitag, den 16. Juni 2006

Den Staat auswählen

 
.   Dass man sich in den USA in mehr als 50 Rechtsordnungen bewegt, wird nicht immer beachtet. Selbst Amerikanern gelingt es nicht, alle aufzuzählen. Neben dem Bezirk der Hauptstadt, dem District of Columbia, fällt manchem noch Puerto Rico ein, vielleicht sogar die Jungferninseln als Teil der Außengebiete der Vereinigten Staaten.

Doch wer denkt an Amerikanisch-Samoa, Guam oder die Nördlichen Marianen? Eine vollständiges Verzeichnis findet sich oft nicht einmal bei Internetanbietern, doch geht die Kreditwirtschaft mit ihrem Select Your State-Auswahlmenü auf der Seite AnnualCreditReport.com mit guten Beispiel voran – auch wenn es die unabhängige Republik Palau enthält.



Halsabschneiderei im Praktikum

 
.   Das ganze Land möchte zum Praktikum nach Washington - am liebsten im Sommer. Welche Kosten die meist unbezahlten Interns erwartet, ist kaum vorstellbar. Die Mieten, selbst in mit anderen Praktikanten geteilten Mikro-Behausungen, grenzen dieses Jahr ans Skandalöse. Nachdem Hauspreise in der Region ihren Zenith überschritten haben und heftig fallen, klettern die Mietzinsen wegen des größten Angebotsengpasses seit dem Zweiten Weltkrieg noch. Die Washington Post vermittelt einen Einblick in die Zustände.


Donnerstag, den 15. Juni 2006

Enteigneter Schwerpunkt

 
.   Kann der anwaltliche Tätigkeitsschwerpunkt enteignet werden? Die Kläger im Fall Pamela H. Roth et al. v. Rufus G. King, III, Az. 05-7060, behaupteten dies, nachdem die gerichtlichen Auswahlkriterien zur Pflichtverteidigung in Jugendstrafsachen am Superior Court des District of Columbia geändert wurden. Vorher konnten sich Anwälte der Hauptstadt in eine Liste eintragen, nachher mussten sie sich für eine Liste anmelden und nach Eignungskriterien ausgewählt werden, bevor die Richter sie als Pflichtverteidiger bestellen durften.

Die Klage vor dem untersten Bundesgericht gegen den Vorsitzender Richter des lokalen Gerichts, eines Artikel I-Gerichts nach der Bundesverfassung, behauptet die Enteignung der nicht in die neue Liste aufgenommenen Rechtsanwälte und damit die Verletzung von Artikel V der Bundesverfassung. Im Ergebnis bestätigt das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks in seinem Urteil vom 9. Juni 2006, dass der Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwälten kein enteignungsgeeignetes Eigentum darstellt.

Der Umstand, dass die Kläger nur in Bezug auf Pflichtmandate in ihrer Tätigkeit eingeschränkt wurden, nicht im Recht zur Vertretung von Mandanten im allgemeinen, wirkte sich zugunsten des Beklagten aus. Das Gericht bestätigte auch die Immunität des Gerichts und der von ihm eingesetzten Listenverwalter nach dem Federal Courts Improvement Act of 1996, 43 USC §1983, für Klagen dieser Art.

Disclosure: Der Beklagte war vor seiner Ernennung durch Präsident Reagan und den Kongress Partner in der Kanzlei des Verfassers.



Uneidliche Versicherung und Meineid

 
.   Mit dem Meineid fängt man Lügner. Schutzbehauptungen sind im Recht der USA nicht entschuldbar, sondern eigene Straftaten. Damit auch der Nichtvereidigte über die Meineidsandrohung verfolgt werden kann, sieht 28 USC §1746 besondere Formeln für uneidliche Versicherungen vor. Wird die Versicherung in den USA erklärt, lautet sie schlicht: I declare under penalty of perjury that the foregoing is true and correct. Bei der außerhalb der USA abgegebenen Erklärung wird es kritisch:
I declare under penalty of perjury under the laws of the United States of America that the foregoing is true and correct.

Kann sich der Ausländer wirksam dem ausdrücklich erwähnten Meineidsrecht der USA unterwerfen? Der im Ausland sitzende Gutachter, Zeuge oder sonstige etwas Erklärende dürfte oft keine Vorstellung davon haben, dass die geringste, sogar unbeabsichtigte Abweichung von der Wahrheit zu ebenso langen Freiheitsstrafen führen kann wie Gewaltverbrechen. Kann er den Terminus Technicus des Meineids in seiner amerikanischen Ausgestaltung so vollständig verstehen, dass die Erklärung überhaupt wirksam abgegeben sein kann?

Vielleicht alles graue Theorie. In der Praxis wandern Versicherungen und Erklärungen, gleich ob Zeugenaussage oder Steuererklärung, ständig über die Grenzen, von einer Rechtsordnung zur anderen; ungewöhnlich ist das nicht. Trotzdem sollte man sich fragen, was Penalty of Perjury under the Laws of the United States of America für einen selbst bedeutet, bevor man eine Versicherung für einen amerikanischen Prozess oder einen Verwaltungsvorgang abgibt oder ein amerikanisches Formular unterschreibt.


Mittwoch, den 14. Juni 2006

Patentklage geht ins 10. Jahr

 
.   Die Patentklage zur Durchsetzung des Xerox-Einstrich-Systems zur Handschriftenerkennung wurde 1997 eingereicht und wird nach der neuen Entscheidung des Bundesberufungsgerichts des Bundesbezirks in Sachen Xerox Corporation v. 3Com Corporation et al., Az. 04-1470, wohl bald das Jahrzehnt abschließen. Inhaltlich betrifft dieser Prozess die Gültigkeit des Graffiti-Systems, welches 1993 in den ersten Zoomer-PDAs mit dem GEOS Betriebssystem und später in Palm-PDAs Einsatz fand.

Das neue Urteil vom 8. Juni 2006 dokumentiert den historischen Verlauf des Verfahrens, insbesondere die Abgrenzung des Patents von anderen Patenten und prior Art, und behandelt in diesem Verfahrensabschnitt Grenzen und Definitionen der Unistroke-Methode des amerikanischen Patents Nr. 5.596.656. Da das Untergericht wieder einmal fehlerhaft den Fall aufgrund der Rechtslage entschied und das Berufungsgericht ungeklärte Tatsachenfragen fand, wird der Fall wieder zurückverwiesen.

Die Berufung bestätigt zudem, dass der Begriff Schludrigkeitsraum, Sloppiness Space im handschriftlichen Erkennungsverfahren durch das Patent hinreichend definiert ist, sodass das Patent nicht wegen dieses Begriffes ungültig sein kann. Auch aus Anwender- und Programmierersicht war an dem Begriff nichts auszusetzen, sodass die Beurteilung nachvollziehbar ist.


Dienstag, den 13. Juni 2006

Weißes Haus entlastet

 
.   Das Untersuchungsverfahren gegen den des Geheimnisverrats verdächtigen Karl Rove ist eingestellt, wie sein Verteidiger soeben der Washington Post mitteilte. Der zweite Mann im Weißen Haus konnte sich nicht an die Preisgabe der geheimen CIA-Daten erinnern.

Das Ergebnis steht im Kontrast zur Anklage gegen den Berater des Vizepräsidenten, Scooter Libby. Auch ihm wird nicht der Geheimnisverrat vorgeworfen, sondern Falschaussage sowie Meineid im Rahmen der Untersuchung.

Damit schließen oft Verfahren ab, bei denen die eigentliche Tat zu schwer zu beweisen oder für Geschworene darzustellen ist. Rove hat sich scheinbar erfolgreich vor dem gravierenden Fehler einer Falschaussage oder eines Meineids gehütet.


Sonntag, den 11. Juni 2006

M2 in 2 Marken

 
.   Rechtlich unerheblich ist die Verwechslungsgefahr zweier Marken mit dem Element M2 nach dem DuPont-Grundsatz bei unterschiedlichen von den Markeninhabern angesprochenen Märkten. Die Klägerin vertreibt Software an Musik- und Unterhaltungsunternehmen unter der US-bundesrechtlich eingetragenen Marke M2. Die Beklagte wendet sich mit interaktiven CDs an die Pharma- und Gesundheitsmärkte und beantragt die Eintragung der Marke M2 Communications.

Mit seinem Urteil vom 7. Juni 2006 entscheidet das in Washington sitzende, landesweit zuständige Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks in Sachen M2 Software, Inc. v. M2 Communications, Inc., Az. 05-1599, zugunsten der Beklagten mit einer ausführlich die Faktoren des Präzedenzfalles In re E.I. DuPont de Nemours & Co., 476 F.2d 1357, 1361 (CCPA 1973), abwägenden Begründung. Soweit die Waren der Beklagten musikalische oder unterhaltsame Merkmale enthalten, ändert das nicht ihren Charakter als für unverwechselbare und sich nicht überschneidende Märkte geschaffene Erzeugnisse.

Selbst die Tatsache, dass beide Marken in interaktiven Fassungen verfügbar sind, beeinflusst nicht die Abgrenzung aus Kundensicht. Auch das gemeinsame CD-Format und der beiden Parteien gemeinsame Auftritt im Internet führt keine Verwechselbarkeit herbei. Die Gleichartigkeit der Marken ist zugunsten der Klägerin zu werten, doch die Gesamtwertung fällt gegen eine Verwechslungsgefahr und für die Beklagte aus. Ihre Marke ist eintragungsfähig.

Das Urteil ist insbesondere in der Webfrage zu begrüßen: Dass Unternehmen und ihre Marken im Internet auffindbar sind, darf heutzutage kein Kriterium für die Likelihood of Confusion darstellen.



Schwab neuer USTR

 
.   Das Amt des Außenhandelsbeauftragten wurde zu Beginn der achtziger Jahre mit dem Rang eines Kabinettsmitglieds eingerichtet, siehe Kochinke / Horlick, Die Behörde des Handelsbeauftragen in den USA, Recht der Internationalen Wirtschaft, 1981, 458. Susan Schwab ist der neue United States Trade Representative.

Sie wird mit dem Rang einer Botschafterin die Verhandlungen der Vereinigten Staaten im Außenhandelsrecht führen sowie bestimmte Verfahren gegen ausländische Staaten wegen der Verletzungen internationaler Übereinkünfte sowie amerikanischer Gesetze im Außenhandel leiten. Dazu zählen auch die Verfahren gegen von der US-Industrie beschuldigte Verletzer geistiger Eigentumsrechte, vornehmlich in Europa und Asien. Schwab ist die 15. Amtsinhaberin, wurde am 8. Juni 2006 vom Senat bestätigt und hatte ihre Karriere als Nichtjuristin in dieser Behörde begonnen.


Samstag, den 10. Juni 2006

VoIP wird abgehört

 
.   VoIP-Anbieter sind verpflichtet, Telefongespräche abhörbar zu machen. Wie hier berichtet, hatte das Bundesaufsichtamt für das Kommunikationswesen, FCC, im vergangenen Jahr eine entsprechende Verordnung zur Stellungnahme vorgestellt und erlassen.

Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks hat nun im Normenkontrollverfahren American Council on Education v. Federal Communications Commission et al., Az. 05-1404, am 9. Juni 2006 Einwendungen gegen die auf dem Communications Assistance for Law Enforcement Act, CALEA, 47 USC §§1001-1010, basierenden Verordnung zurückgewiesen. Ausgenommen von der Pflicht, VoIP-Systeme abhörgeeignet auszugestalten, sind private Netze wie die der Universitäten.



Geplagte Geschäftsvisen

 
.   Von Skandalen geplagt war die Erteilung von Geschäftsvisen an deutschsprachige Antragsteller. Das E2-Visum für Investoren wird an viel mehr Briten und sonstige Ausländer als an Deutsche vergeben. Die Washington Post bietet auf Seite D1 am 10. Juni 2006 einen Zahlenvergleich unter der Überschrift Buying Their Way In. Mit $100.000 in der Tasche ziehen die Briten vor allem nach Florida. Sie müssen ein Unternehmen gründen, das mehr als den Mindestunterhalt für Antragsteller und Familie einschließlich Kindern bis 21 einbringt.



Schutz der Stimme bei Kollision

 
.   Urheberrecht des Bundes und einzelstaatliches Recht der unerlaubten Haftung können bei der Wiedergabe einer Stimme auf einem Speichermedium wie einer Schallplatte oder CD kollidieren. Im Fall Debra Laws v. Sony Music Entertainment, Inc., Az. 03-57102, beurteilte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks die Abgrenzung, als eine nach den Bestimmungen eines Plattenvertrages aufgenommene Stimme der Sängerin Debra Laws für das Werk Very Special Jahrzehnte später als Hintergrundmusik im Werk All I Have der Sängerin Jennifer Lopez auftauchte.

Gegen Sony als Lizenznehmer ihres Schallplattenvertragspartners Elektra macht Laws einzelstaatliche Schadensersatzansprüche for Protection of her Voice, Name and Likeness nach dem Right of Privacy geltend, das diese Merkmale aufweist:
(1) [T]he defendant's use of the plaintiff's identity; (2) the appropriation of plaintiff's name or likeness to defendant's advantage, commercially or otherwise; (3) lack of consent; and (4) resulting injury. Eastwood v. Superior Court, 198 Cal. Rptr. 342, 347 (Ct. App. 1983).
Der Copyright Act des Bundes hebelt im urheberrechtlichen Raum mit ihm unvereinbares einzelstaatliches Recht aus, 17 USC §301(b). Dazu muss der Streitgegenstand des letzteren mit dem des ersteren übereinstimmen. Ist das der Fall, muss der Inhalt der Rechte in beiden Fällen vergleichbar sein. Siehe Downing v. Abercrombie & Fitch, 265 F.3d 994, 1003 (9th Cir. 2001). Das Gericht stellt hier am 24. Mai 2006 diese Merkmale fest und weist Ansprüche aus unerlaubter Handlung ab. Es hält Laws den Weg zur Durchsetzung vertraglicher und urheberrechtlicher Ansprüche gegen ihren Vertragspartner Elektra offen.


Freitag, den 09. Juni 2006

Technik und Gesetzgebung

 
.   Diese Woche begann eins der besten Praktikumsprogramme der USA. Die WISE Interns kamen nach Washington. Neun Wochen lang leben die Ingenieurstudenten des Landes an der Schittstelle von Technik und Recht. Bis zum Unabhängigkeitstag der USA am 4. Juli wird der Kongress noch 15 Tage arbeiten, und bis zur Sommerpause weitere 15 Tage.

Die von der IEEE und anderen Organisationen gesponsorten Praktikanten werden in Washington ein interessantes gesetzgeberisches Programm vorfinden, das von der Arbeit an Eingriffen ins Internet bis zum Visumsrecht für die ausländische Technikerkonkurrenz reicht. Allerdings haben die bisherigen Fortschritte in der Gesetzgebung in beiden Häusern des Kongresses dieses Jahr zu so unterschiedlichen Ergebnissen geführt, dass die Studenten vermutlich ein verwirrtes Bild an ihre Universitäten mitnehmen.

Natürlich sind seit dem Semesterende auch die besten angehenden Juristen des Landes in der Hauptstadt als Interns bei Kanzleien, Lobbyfirmen, den internationalen Organisationen, Non-Profits und im Kongress. Seit einigen Wochen machen sie genauso wie die immer zahlreicher werdenden Touristen die Stadt unsicher.


Donnerstag, den 08. Juni 2006

Die zahnlose Kuh: Stillhaltevertrag

 
.   20 Jahre lang suchten die Bauern Hallowell und Mest nach der Ursache für Zahn- und andere Krankheiten ihrer Kühe, bis ein Umweltforscher 1999 auf Fluoridemissionen von der benachbarten Fabrik stieß. Diese hatte den Bauern wiederholt die Sicherheit der Anlage bestätigt, die keiner Kuh etwas zuleide täte. Die Bauern wandten sich nach Erhalt der Prüfergebnisse 1999 an die Fabrik, schlossen jedoch sogleich zur Unterbrechung der Verjährung während weiterer Untersuchungen ein Stillhalteabkommen mit ihr ab.

Nach Ablauf der Laufzeit des Tolling / Standstill Agreement erhoben die Bauern Klage. Das Gericht wies nach dem Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, ihre Ansprüche aus der Zeit vor 1998 als nach der gesetzlichen Verjährungfrist von zwei Jahren verjährt ab. Dagegen richtet sich die Berufung vor dem Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in Sachen Merrill Mest et al. v. Cabot Corporation et al., Az. 04-4457.

Am 42 31. Mai 2006 entschied es, dass die faktischen Verjährungsmerkmale den Zivilgeschworenen, der Jury, zur Prüfung vorgelegt werden müssen und nicht vom Gericht hätten als reine Rechtsfrage zum Abweisungsbeschluss verwertet werden dürfen. Die Verjährung beginnt mit dem Eintritt des Schadens. Mangelnde Kenntnis verhindert sie nicht. Nach der Vorstellung der Kläger war der Schadenseintritt erst feststellbar, als die Krankheit mit den Emissionen in Verbindung gebracht und identifizierbar wurde.

Das Gericht erörtert ausführlich die Auswirkung der Discovery Rule und der behaupteten betrügerischen Verheimlichung der schädlichen Emissionen auf das Verjährungsrecht. Nach der ersten Regel kann der verjährungsauslösende Schadenseintritt mit der Kenntnis vom Schaden zusammenfallen, wenn die Kenntnis trotz gewissenhafter Nachforschungen mit zeitlicher Verzögerung erfolgt. Die Bauern hatten sich jahrzehntelang sorgsam um die Aufklärung gekümmert. Das Gericht belohnte ihre Gründlichkeit, indem es die Klagabweisung aufhob und den Fall ans Untergericht zurückverwies.


Mittwoch, den 07. Juni 2006

Umstrittene Schiedsrichterin

 
HG - Washington.   Langjährige Berufserfahrung kann das Erfordernis einer derzeitigen Berufsausübung ersetzen. Dies entschied das Bundesberufungsgericht für den fünften Bezirk am 30. Mai 2006 in der Sache Simon A. Bulko v. Morgan Stanley DW Inc. et al., Az. 05-10242.

Die Beklagten sollten für den Kläger Aktiengeschäfte durchführen. Nachdem sie diesem jedoch einen Verlust von etwa 16 Millionen Dollar in 14 Monaten bescherten, verlangte der Kläger im Jahr 2003 ein Schiedsgerichtsverfahren. Dieses sollte laut Vertrag nach den Regeln der National Association of Securities Dealers, NASD, durchgeführt werden. Danach musste das Schiedsgericht unter anderem mit einem Non-public Arbitrator besetzt werden. Als solcher kann ein Anwalt bestimmt werden, wenn er in den letzten zwei Jahren mindestens 20 Prozent seiner Arbeit wertpapierrechtlichen Aufgaben gewidmet hat, §10308(a)(4)(C) NASD Code of Arbitration Procedure.

Von der NASD war eine Anwältin vorgeschlagen wurden, die sich von 1994 bis 1999 mindestens die Hälfte ihrer Tätigkeit mit Wertpapierrecht befasste, aber mittlerweile nicht mehr aktiv war. Der Kläger sah nach Erlass des Schiedsspruches zu seinen Ungunsten eine Fehlbesetzung des Schiedsgerichts. Der Klage auf Aufhebung wurde vom erstinstanzlichen Gericht zunächst stattgegeben. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil jedoch auf mit der Begründung, dass kein Fehler im Auswahlverfahren für Schiedsrichter festzustellen sei. Zudem sei die Anwältin qualifiziert gewesen. Ihre langjährige Erfahrung würde die fehlende Praxis seit 1999 ausgleichen. Außerdem würden auch Nichtanwälte, die über genügend Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen, zugelassen. Schließlich sprach dafür, dass die NASD sie in Kenntnis ihrer Tätigkeitsaufgabe weiterhin als Non-Public Arbitrator vorschlug.


Dienstag, den 06. Juni 2006

Schwere Pille im Pharmarecht

 
.   Heute entschied das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks einen Fall von größter wirtschaftlicher Bedeutung, die über den Kontext des Rechts der Feststellungsklage, des Patentrechts und des Pharmaaufsichtsrechts hinausgeht. Im Urteil Apotex, Inc. v. Food & Drug Administration et al., Az. 06-5105, vom 6. Juni 2006 bestätigte es implizit die Rechtsauffassung, dass der Kongress schwachsinnige Gesetze erlassen darf. Wenn sich die Obersten Bundesbehörden in Richtlinien daran halten, sind sie aus dem Schneider, auch wenn das Ergebnis verfehlt erscheint.

Dem Prozess liegt ein gesetzliches Windhundverfahren zugrunde. Der Hatch-Waxman-Act gewährt Pharmaherstellern das Recht auf die exklusive Vermarktung von Produkten nach einem erfolgreichen gerichtlichen Angriff auf ein Pharmapatent. Nach einer Serie von Urteilen zur Definition des Startschusses in 21 USC §355(j)(5)(B)(iv) erklärte die FDA, wie sie Gerichtsentscheide bei Patentfragen behandelt. Im Fall war zu entscheiden, wie ein streitbeilegender Vergleich zu beurteilen sei.

In diesem Rahmen argumentierte die Klägerin, dass nach der FDA-Definition der gesetzliche Startschuss unmöglich werde, wenn die Patentinhaberin der Konkurrenz verspreche, auf Klagen zur Durchsetzung des Patents zu verzichten. Dann komme nämlich nie ein justiziabler Sachverhalt zustande, der der gerichtlichen Prüfung unterfallen kann. In dieser Auffassung wurde sie vom Gericht ohne Abhilfe bestätigt und muss diese schwere Pille schlucken.



666 Neubeginn

 
.   Heute am 6. Juni 2006 denken die 666-Fanatiker an den Weltuntergang. Denken wir an den Neuanfang. An etwas, was den Weltuntergang beispielsweise nicht überleben sollte: Die amerikanischen und internationalen Regeln für Etiketten.

Pharmaprodukte mit FDA-vorgeschriebenen Produktbezeichnungen und nutzlosen Kurzauskünften ohne Beipackzettel für den Verbraucher kommen auf die Liste. Weinetiketten - ein Drama, der Bund hat seine Regeln, und die Staaten regulieren den Alkoholvertrieb; da kommt auch zuviel zusammen. Aufkleber für Leitern, damit niemand in den aufgeweichten Mist fällt und wegen Produkthaftung zum Gericht rennt. Dosengetränke, deren Etikett vielleicht nicht nach Markenrecht, doch dafür nach Urheberrecht schutzfähig sein kann - oder vielleicht nicht nach Bundesrecht der USA, sondern nur nach einzelstaatlichem Markenrecht. Zigarettenschachteln, was für ein Aufwand ohne jeden Effekt! Auf's Milligram ausgewiesene Zutaten in Restaurants? Und was nützt schon das werberechtliche Truth in Advertising-Gebot? Wahrscheinlich gehört die hier unbekannte Impressumspflicht auf denselben Haufen zum Ausmisten: Die Guten bekommen wegen kleiner Fehler die Abmahnung, die Phisher und sonstigen Kriminellen können sich die Beratung für die perfekte Kennzeichnung leisten.

Klar, das Babel der Bestimmungen für Import und Export und den Vertrieb innerhalb eines Staates oder über die amerikanischen Binnengrenzen hinweg ist wunderbar für den US-Anwalt. Doch wann sollen sich der Mandant eigentlich noch um das Geschäft kümmern? Sollte es nicht reichen, wenn er nur einen Grundsatz beachten müsste? Kein Lügen, kein Betrügen.


Montag, den 05. Juni 2006

Zum ID-Klau bezirzen

 
.   Aus einer Sicherheitskonferenz berichtet Paul Roberts von Infoworld, dass der Identitätsdiebstahl nicht nur durch Phisher in fernen Ländern mit manchmal aufwendigen Zugriffsmethoden auf Rechner erfolgt. Eine findige Masche besteht im Bezirzen von Personal mit Datenzugang im Unternehmen.

Am 30. Juni 2006 steht die Strafzumessung für Than Van Nguyen an, der einer Starbucks-Angestellten den Himmel auf Erden versprach, um über sie an geschützte Daten zu gelangen. Mit den Identitäten von 90 Personen verschaffte er sich und seiner gut organisierten Truppe in kurzer Zeit einen Umsatz von $1,6 Mio. Laut Tagungsbericht fallen erstaunlich viele Frauen stereotypisch auf derartige Charmeure herein.



Tippfehler Domains

 
.   Domainnamen mit Tippfehlern besitzen einen gewissen Wert, der sich ermitteln lässt, indem die Domain angemeldet und benutzt wird. Die Rechtmäßigkeit ihrer Nutzung wird heute durchweg unter Wettbewerbs- und Cybersquatting-Rechtsgrundsätzen in Zweifel gezogen.

Mit einer am vergangenen Donnerstag eingereichten Klage wird einem Domain-Registrar vorgeworden, seine bevorzugte Stellung als ICANN-akkreditierter Registrar missbraucht zu haben, um den Wert von Tippfehler-Domains zu prüfen, indem solche Domains für einige Tage testweise benutzt und nur dann angemeldet wurden, wenn sie sich als häufig aufgerufen erwiesen. Über die Klage der Kaufhäuser Neiman-Marcus und Bergdorf Goodman gegen Dotster berichtet Declan McCullagh in Dotster Named in Massive Cybersquatting Suit am 2. Juni 2006.



Rechtskraft im Markenrecht

 
.   Gibt es eine Rechtskrafterstreckung bei Einsprüchen gegen zwei Marken, wenn der Antragsteller der wortgleichen Wort- und Bild-Marken einen Antrag fallen lässt, um die Verteidigung auf die andere Marke zu konzentrieren? Wirkt die Aufgabe der einen Marke nach dem Einspruch als Eingeständnis der Unzulässigkeit der zweiten Marke im Sinne des Res Judicata-Grundsatzes?

In der Praxis ist die Aufgabe, Abandonment, einer Marke nach einem Einspruch nicht ungewöhnlich; selbst wenn der Einspruch unhaltbar erscheint. Beispielsweise kann der Antragsteller zwischenzeitlich eine andere Marke erfolgreich eingeführt haben, sodass die strittige Marke an Bedeutung verliert. Oder die Kosten des Einspruchsverfahrens übersteigen den Wert der beantragten Marke.

Im Fall Sharp Kabushiki Kaisha v. Thinksharp, Inc., Az. 05-1220, gab Thinksharp die Thinksharp-Bildmarke nach dem Einspruch von Sharp auf, wollte jedoch den Einspruch gegen die Thinksharp-Wortmarke zurückweisen. Das Washingtoner Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks verwarf am 30. Mai 2006 Sharps Argument, die Aufgabe einer Marke bedeute eine Rechtskrafterstreckung auf die zweite Marke und verbiete Thinksharp die Verteidigung. Das Urteil begründet die den Praxiserwartungen entsprechende Entscheidung zur Rechtskrafterstreckung ausführlich.


Sonntag, den 04. Juni 2006

Nietenklage Niete

 
.   Die Klage aus Produkthaftung ist eine Niete, lautet das Urteil im Fall der in einen Flugzeugmotor eingefallenen Nieten. Die Schlüsigkeitsprüfung nach Rule 12(b)(6) Federal Rules of Civil Procedure gebietet die Klagabweisung.

Der Produkthaftungsanspruch als Tort-Anspruch kann nach dem hier anwendbaren Recht von Puerto Rico nicht greifen, weil er dem economic Loss-Grundsatz unterfällt: Der Schaden trifft nur das Produkt selbst, in diesem Fall das Flugzeug, dessen Nieten locker waren und vom Motor eingesogen wurden.

Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks, in welchem Puerto Rico liegt, konnte am 31. Mai 2006 im Fall Isla Nena Air Services, Inc. et al. v. Cessna Aircraft Company et al., Az. 05-2501, auf keinen Präzedenzfall aus Puerto Rico zurückgreifen und musste daher nach der Praxis des Bezirks ermitteln, wie das oberste Gericht dieses Nichtstaates entscheiden würde:
We therefore "look to analogous state court decisions, persuasive adjudications by courts of the states, learned treatises, and public policy considerations . . . in order to make an informed prophecy of how the Puerto Rico Supreme Court would rule." Pérez-Trujillo v. Volvo Car Corp., 137 F.3d 50, 55 (1st Cir. 1998)(quoting Rodríguez-Sur&iacture;s v. Montesinos, 123 F.3d 10, 13 (1st Cir. 1997)); aaO. II.C.
Da das Obergericht von Puerto Rico im Produkthaftungsrecht auf die Jurisprudenz von Kalifornien zurückgreift und Kalifornien den genannten Grundsatz proklamiert, geht das Gericht davon aus, dass das Obergericht diesen auf einen dem Recht von Puerto Rico unterliegenden Sachverhalt anwenden würde, und bestätigt die Klagabweisung des District Court.



Schaden durch Diskriminierung

 
KW - Niederkassel.   In der Rechtssache Lewis Herrera v. Lufkin Industries, Inc., Az. 04-8089, urteilte das zehnte Bundesberufungsgericht am 30. Mai 2006 über eine Klage auf Schadensersatz wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Der Kläger wurde über Jahre von zwei Mitarbeiten wegen seiner mexikanischen Herkunft diskriminiert. Schließlich kündigte er im September 2001 und erhob im Februar 2003 Klage auf Schadensersatz gegen Lufkin basierend auf einem Verstoß gegen 42 USC §1981 und 42 USC §2000e-2 sowie wegen Breach of Contract und Intentional Infliction of Emotional Distress.

Das Gericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz und führte aus, dass eine Schadensersatzklage wegen Verstoßes gegen 42 USC §1981 und 42 USC §2000e-2 nur erfolgreich sei, wenn die Belästigungen zum einen zu durchdringenden Veränderungen der Arbeitsbedingungen führen und zum anderen diskriminierende Züge aufweisen. Beide Voraussetzungen müssten dabei im Zusammenhang gesehen werden und seien nicht schon bei gelegentlichen diskriminierenden Äußerungen und Anspielungen wie im vorliegenden Fall gegeben. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Intentional Infliction of Emotional Distress scheide aus. Dieser sei nur in Ausnahmefällen gegeben und setze ein äußerst menschenunwürdiges Verhalten voraus.


Samstag, den 03. Juni 2006

Recht vom fremden Planeten

 
.   Jeder Einzelstaat der USA besitzt sein eigenes Recht. Dem Anwalt in einem Staat kann das Recht eines anderen Staats wie das von einem anderen Planeten vorkommen, wie das CrimLaw Blog am 2. Juni 2006 am Beispiel der Strafverteidigerpraxis anschaulich beschreibt.

Nur im Ausland wird daher unter Juristen vom amerikanischen Recht als einer einzigen Rechtsordnung gesprochen. Selbst Rechtsgutachten gehen oft davon aus, dass das Rechtsprinzip X auch im Staat 2 gilt, weil X im Staat 22 zutrifft.

Das ist erschütternder, als die Forenhaftungsrechtsprechung von Hamburg und Düsseldorf in einen Topf zu werfen.

Ein anderer Trugschluss betrifft die im Ausland und von US-Laien manchmal ungeprüfte Frage des inneramerikanischen Privatrechts, Conflict of Laws. Nur weil ein Fall im Staat 4 verhandelt wird, braucht noch längst nicht das Recht des Staates 4 anwendbar zu sein. Es kann das des Staates 44, oder der Rechtsordnung von Nichtstaaten wie dem District of Columbia oder den Jungferninseln sein.

Solange diese Eigenheiten des US-Rechts verkannt werden, beispielsweise bei der Anerkennung von Urteilen im Ausland, bleibt der Markt für Zweitgutachten erhalten.


Freitag, den 02. Juni 2006

Skype wird eingestellt?

 
.   Die Patentklage in Sachen Net2Phone, Inc. v. eBay, Inc. et al., Az. unbekannt, vom 1. Juni 2006 wegen der Verletzung der VoIP-Patentansprüche der Klägerin durch Skype und eBay ist bei Findlaw veröffentlicht. Die Patentinhaberin rief das unterste Bundesgericht in New Jersey, den United States District Court for the District of New Jersey, an.

Weitere Beklagte sind die noch nicht identifizierten Parteien John Does 1-10. Die Klage kann auf sie erstreckt werden. Möglicherweise beabsichtigt die Klägerin, andere VoIP-Anbieter in den Prozess einzubeziehen. Der Stil der Klage als Notice Pleading läßt nicht erkennen, worin die behauptete Verletzung des Patentes Nr. 6108704 aus dem Jahre 2000 besteht. Die Anträge laufen im wesentlichen auf die Einstellung des Skype-Dienstes sowie Rechnungslegung und Gewinnabschöpfung hinaus, aaO S.5.

Dem Management der Klägerin steht ein Jurist vor, der 32 Jahre lang als Anwalt arbeitete, bevor er küzlich zur Klägerin wechselte. Die Patentschrift lautet nicht auf die Klägerin, die jedoch in der Klage den Erwerb durch Abtretung behauptet. Während solche Umstände an einen Patent Troll denken lassen, vermitteln die auf der Webseite der Klägerin dargestellten Aktivitäten ein anderes Bild, nämlich das einer legitimen Patentnutzerin.



Statt Gartenzwerg

 
.   Braucht ein Kirchenführer eine Sondernutzungsgenehmigung, wenn er statt eines Gartenzwergs die 10 Gebote im Vorgarten aufstellen will? Diese Frage stellt sich, weil eine Gruppe von Radikalchristen solche Pläne für ein Haus gegenüber dem Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington entwickelt. Das Haus gehört der Gruppe, die sich auf Common Law-Rechte beruft, die ihr wohl zustehen dürften, selbst wenn sie ihren trotzigen Appell an die Obersten Richter richtet.


Mittwoch, den 31. Mai 2006

Arbeitsvertrag: Checkliste

 
.   In der Wundertüte USA finden die Referendare Arbeitsverträge, die ihnen neu vorkommen, Lücken enthalten oder unerwartet geregelt sind:
  • 40 Stunden: Jede Überstunde zu 150% abrechnen. Gesetz. Freizeitausgleich: Geht nicht.
  • Gehaltszahlung: Alle 14 Tage. Gesetz.
  • Hire and Fire: Entlassung ist nicht das Ziel. Das Arbeitsverhältnis soll at Will sein. Jede Partei darf es auf Wunsch beenden, doch sehen wir eine Kündigungsfrist von etwa 12 Tagen - weniger in der Probezeit - vor. Zweckdienlich aus US-Sicht, nicht völlig unzivilisiert aus europäischer.
  • Urlaub: 13 Tage. Jedes Jahr einen Tag mehr.
  • Urlaubsnutzung: Nur eine Woche am Stück. Den ganzen Urlaub zu nehmen, ist ohnehin unanständig, und ununterbrochen mehrere Wochen erst recht. Daher diese Schranke, doch darf der Arbeitnehmer bei Bedarf etwas anderes aushandeln.
  • Krankheitstage: Sieben Tage ist normal. Vielleicht darf ein Arbeitnehmer ungenutzte Tage sammeln und einige Tage für die Pflege von Angehörigen nutzen.
  • Mutterschutz: Sofern das Gesetz ihn vorsehen sollte, sonst Sick Leave.
  • Attest vom Arzt: Unüblich, wird jedoch von mancher europäischen Muttergesellschaft erwartet. Dann Lösung entwickeln.
  • Mehr Geld: Nach der Probezeit steigt das Gehalt.
  • Zuschüsse: Zum Pendeln eine U-Bahnkarte. Oft beim üblichen Zuschuss zur Krankenkasse, die die Familie zahlt, kreativ werden, weil ihn manche Euro-Mutter nicht kennt. Vielleicht in ein 401(k)-Versorgungspaket schnüren.
  • Wettbewerbsverbot: Im Rahmen der Präzedenzfälle bleiben. Die Recherchen belegen, dass sechs bis zwölf Monate hier und in einigen Nachbarstaaten passen sollten. Keine Karenzzahlung, unüblich.
  • Steuern: Nicht nur an Bund, auch an Staat, Kreis, Stadt denken.
  • Recht: Lokales, ohne inneramerikanisches oder internationales Privatrecht, Conflicts of Laws. Streitigkeiten vor ein Schiedsgericht in Washington.
  • Insgesamt: Für den US-Angestellten spielt der arbeitsrechtliche Kündigungsschutz keine bedeutende Rolle. Kann der neue Chef das Gehalt zahlen? Kann ich leicht wechseln, wenn ich anderswo bessere Chancen entdecke? Wenn mir die Stelle gefällt und ich gute Arbeit leiste, erhalte ich mehr Geld, Titel, Verantwortung oder Freiheit? Schutz möchte ich gegen eine Diskriminierung, und da gibt mir das Gesetz die Oberhand. Aber die völlige Gleichbehandlung möchte ich auch nicht, weil ich mich nicht zum kleinsten gemeinsamen Nenner zähle. Gleichschaltung, Bestandsschutz, nein danke! Solange der Arbeitgeber in meine Zukunft investiert, investiert er auch in seine, und dann halten wir es vielleicht lange miteinander aus.



    Dienstag, den 30. Mai 2006

    Notice of Libel entsorgt

     
    .   Anonyme EMail trifft in Europa ein - unerwünscht, versteht sich. Sie beklagt Umstände bei einem Wettbewerber in einem englischsprachigen Land. Empfänger erkundigt sich vertraulich beim Verband, was es mit der EMail auf sich hat. Ein paar Wochen später trifft aus der Ferne eine Notice of Libel ein: Die Anfrage wird als Weiterleitung einer Verleumdung erachtet.

    In manchen Staaten stellt die Notice of Libel eine Abmahnung und eine Klagevoraussetzung dar. Selbst das vertrauliche Einholen von Auskünften bei Kollegen kann als unerlaubte Handlung gelten, auch wenn sie im Empfängerland als absolut rechtmäßig und rechtsfolgenfrei gilt.

    Verständige Menschen können einer solchen Situation etwas Positives abgewinnen. Man muss nicht um jeden Preis Krieg führen. Sondern kann sich gegenseitig als Gentlemen kennen und und die beidseitige Aufrichtigkeit schätzen lernen. Dazu gehört, dass man zur Entschuldigung bereit sein kann, und fähig ist, sie anzunehmen.

    So wird aus der Notice of Libel schließlich ein Settlement Agreement and Mutual Release, eine vergleichsweise Erledigungserklärung mit dem gegenseitigen Verzicht auf die weitere Rechtsverfolgung. Sauber und ordentlich entsorgtes Streitpotential.


    Montag, den 29. Mai 2006

    Greatful Dead: Fair Use

     
    .   Der klagende Inhaber von Grateful Dead-Postern bestreitet das Recht des beklagten Buchverlages, sieben seiner Poster in ein Buch einzubringen, nachdem Verhandlungen des Verlages und der Geschäftsführung der Greatful Dead-Musikgruppe über eine genehmigte Nutzung scheiterten.

    In seinem Urteil in Sachen Bill Graham Archives v. Dorling Kindersley Ltd. et al., Az. 05-2514, vom 9. Mai 2006 entscheidet das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks, dass das Untergericht zu Unrecht die Klage abwies. Die erste Instanz war von einem Fair Use nach §107 des Copyright Act ausgegangen. Die Berufung legt auf 22 Seiten die Voraussetzungen dieser Nutzungsart dar. Dabei stützt es sich auf die gesetzlichen Merkmale, die nach dem Präzedenzfall Harper & Row, Publishers, Inc. v. Nation Enters., 471 US 539, 549 (1985) nichtausschließlich wirken und im Einzelfall abzuwägen sind:
    The factors are: (1) "the purpose and character of the use;" (2) "the nature of the copyrighted work;" (3) "the amount and substantiality of the portion used in relation to the copyrighted work as a whole;" and (4) "the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work." §17 U.S.C. 107


    Sonntag, den 28. Mai 2006

    Mandat abgelehnt

     
    .   Ein Mandat in den USA per EMail antragen? In der Regel kein Problem, aber bitte nicht sofort mit vertraulichen Daten. Ein Beispiel zum Vermeiden:
    I am Mrs. Mariam Abacha, the widow of the late Gen. ... I therefore personally, appeal to you seriously and religiously for your urgent assistance to move this money into your country ... Conclusively, we have agreed to offer you 30% of the total sum ...
    Email me at :Mariamabh2000@fsmail.net
    Please reply urgently and treat with absolute confidentiality and sincerity.
    Ein Mandat kommt zustande, wenn beide Parteien einen Vertrag eingehen. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung stellt ebenfalls einen Vertrag dar. Einseitig eine Vertraulichkeitserklärung abverlangen - das geht nicht. Also noch mal von vorne, Schritt für Schritt, die Anbahnung des Mandats per EMail:
    1. Anfrage, ob der Lawyer ein Mandat im Bereich ... erwägen würde und weitere Details vertraulich behandeln wird.
    2. Mit der bejahenden Antwort vom Rechtsanwalt kann eine Vertraulichkeitsvereinbarung, Confidentiality Agreement, auch Non-Disclosure Agreement genannt, nach US-Recht zustande kommen. Das amerikanische Recht enthält detaillierte Regelungen zum Geheimnisschutz nach Trade Secret Law, der weiter als das deutsche Recht zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses reicht. Das dürfte auf viele Mandate anwendbar sein.
    3. Nach diesem Schritt noch vorsichtig mit der Offenlegung von Details verfahren, denn zunächst würde der US-Anwalt den Conflicts Check vornehmen wollen, damit ein Interessenskonflikt vermieden wird. Wenn das Mandat nicht angenommen werden, möchte der Anwalt möglichst wenig von der Gegenseite erfahren haben. Also zunächst nur die Beteiligten identifizieren und das Ergebnis der Konfliktprüfung abwarten.
    4. Schließlich kann über die Angelegenheit und die Mandatsbedingungen korrespondiert werden. Wird man sich einig, kann der Mandatsvertrag abgeschlossen werden, beispielsweise mit einem Engagement Letter.
    Übrigens empfiehlt es sich nicht - weder mit EMail noch auf sonstige Weise - einen Anwalt zur Planung oder Ausführung einer Straftat zu bitten. Und wer eine Erfolgsbeteiligung anbietet, vertraut meist sowieso nicht seinen Erfolgsaussichten. Da kann man sich schon die erste Anfrage sparen.


    Samstag, den 27. Mai 2006

    Flugpassagier erleidet Schaden

     
    .   Der Anspruch eines Flugpassagiers gegen eine Fluggesellschaft kann sich nach der Warschauer Konvention oder dem sonstigen Schadensersatzrecht richten. Welches Recht auf eine Schädigung anwendbar ist, hängt von den Tatsachen ab. Im Fall Michel Acevedo-Reinoso et al. v. Iberia Lineas Aereas de Espana S.A. et al., Az. 05-1699, war diese Frage zu klären.

    Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks hob am 23. Mai 2006 die untergerichtliche Klagabweisung auf. Der kubanische Kläger mit US-Wohnsitz war nach einem Iberia-Flug nach Spanien aus Visumsgründen festgenommen worden und sollte nach Kuba zurückgeführt werden. Sowohl er als auch die mitklagende Freundin erlitten emotionale Schäden angesichts der Behandlung, die in Kuba zu befürchten war, und verklagten Iberia auf Schmerzensgeld. Die Klage wurde abgewiesen, weil das Gericht keinen nach der Warschauer Konvention begründeten Anspruch feststellen konnte.

    Das Berufungsgericht wies das Untergericht an, nach dem Staatsvertrag zu prüfen, ob der Schaden on board the aircraft or in the course of any of the operations of embarking or disembarking erlitten war. Die Ermittlung der Umstände ist eine Rechtsfrage, die das Gericht ohne Mitwirkung der Geschworenen, Jury, entscheiden muss. Wenn die Fakten belegen, dass der Schaden außerhalb dieses Rahmen zugefügt wurde, greift der Vertrag nicht. Das Gericht muss dann auf den Anspruch nach einzelstaatlichem Recht eingehen, hier dem Recht von Puerto Rico.


    Freitag, den 26. Mai 2006

    Affäre Gewaltentrennung

     
    .   Michael V. Hayden von der Air Force ist am 26. Mai 2006 auf Vorschlag von Bush zum Chef der Central Intelligence Agency bestätigt worden. Unter Gewaltentrennungsansätzen wurde erörtert, ob ein Militär das zivile Amt übernehmen darf. Wichtiger ist für die Gewaltentrennung die Frage, ob das FBI im Kongress Durchsuchungen anstellen darf.

    Im Büro des Abgeordneten Jefferson fand Samstagnacht die erste derartige Durchsuchung in der Geschichte der USA statt. Die Exekutive könnte die Arbeit der Legislative lahmlegen, wenn solche Schritte zulässig wären, und ohne effektive Kontrolle, Checks and Balances, handeln, wie ihr beliebt. Deshalb ist die Anordnung von Bush, das Verfahren für einige Wochen auf Eis zu legen, bis die Verfassungsfragen geklärt sind, zu begrüßen.


    Donnerstag, den 25. Mai 2006

    Zuwenig Lizenzen, zuviel Kopien

     
    .   Das Polizeiamt erwarb 3.663 Softwareprogramme und installierte sie durch Disk-Imaging so, dass das Programm auf 6.007 Geräten laufen konnte, jedoch gleichzeitig nur auf 3.663 PCs. Der Softwarehersteller und das Amt vertreten unterschiedliche Auffassungen über diese Nutzung.

    Die Polizei geht davon aus, dass sie 3.663 Kopien des Programms erwarb, die sie nutzen darf. Daran hat sie sich gehalten. Der Softwarehersteller behauptet hingegen, er habe 3.663 Lizenzen verkauft, und die Polizei habe diese illegal kopiert.

    Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks entschied in Sachen Wall Data Inc. v. Los Angeles County Sheriff's Department et al., Az. 03-56559, dass das Kopieren kein entlastender essential Step für das Disk-Imaging-Verfahren und damit nach 17 USC §117(a)(1) rechtswidrig sei. Zudem stelle das Kopieren im Sinne des Urheberrechts keinen Fair Use dar, §107, den das Gericht in seiner 77-seitigen Begründung ausführlich erörtert.



    Enron und andere

     
    .   Ein paar Schüler beraubten mit einer Spielzeugpistole einen Laden, in dem ein Freund arbeitet. Sie werden zu ihrer Überraschung als Erwachsene angeklagt. Sie erwarten Strafen bis zu 63 Jahren. An ihnen soll ein Exempel statuiert werden. Kenneth Lay und Jeffrey Skilling sollen nach ihrer Verurteilung vom 25. Mai 2006 wegen ihrer Taten im Enron-Skandal bis zu 30 Jahre ins Gefängnis.


    Mittwoch, den 24. Mai 2006

    Feiertage D-USA

     
    .   Donnerstag, der 25. Mai 2006, ist kein Feiertag in den USA. Doch der kommende Montag zählt zu den wenigen, die jeder nimmt: Memorial Day. Naja, die Elektriker, die am langen Wochenende in den unteren 13 Stockwerken das ganze Stromsystem ersetzen, besser nicht. Sonst müssten wir am Dienstag nach alten Schreibmaschinen suchen. Und die gibt es in einem 20 Jahre alten Hochhaus wohl kaum.



    Dienstag, den 23. Mai 2006

    UNO-Uniformzeichen legal

     
    .   Wenn der Verteidigungsminister es befiehlt, muss der Soldat UNO-Insignia an die Uniform heften, entschied das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks, United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, am 23. Mai 2006 im Fall United States, ex rel. Michael G. New v. Donald Rumsfeld et al., Az. 05-5023. Der Soldat war vom Militärgericht verurteilt worden. Das Berufungsgericht konnte seiner Beschwerde nicht abhelfen. Der Soldat meinte, der Befehl der Zuordnung zu UN-Truppen in Makedonien sei illegal, weil er seinen Eid auf die USA breche.


    Montag, den 22. Mai 2006

    26 Mio. im Visier der Phisher

     
    .   Der größte Datenklau der US-Geschichte setzt bis zu 26,5 Mio. Personen der Gefahr des Identitätsdiebstahls aus. Durch einen Einbruch im Haus eines Beamten der Veteranenverwaltung gelangten die Daten in die Hände Unbekannter. Der Beamte hatte die Daten ohne Genehmigung heimgenommen und wurde vom Dienst suspendiert.

    Dieser Vorfall bestätigt die alte Weisheit, dass der physische Schutz von Daten genauso wichtig wie der elektronische Schutz durch Firewalls, Verschlüsselung und andere Methoden ist. Der unvorsichtige Mitarbeiter, der sich frei bewegende Besucher und unerwüschte WLAN-Mitnutzer stellen bedeutende Gefahrenquellen für schützenswerte Daten dar.



    WIPO-Marken und US-Markenamt

     
    .   Man wird den Eindruck nicht los, dass das WIPO-Verfahren die US-Markeneintragung nur teurer und komplizierter macht. Der kleinste Teil ist dabei die Einschaltung des US-Anwalts oder eines Domestic Representative. Ausländische Rechtsanwälte werden nicht anerkannt, es sei denn, sie sind in Kanada zugelassen.

    Deshalb schlagen immer wieder WIPO-Anträge hier auf, die vom amerikanischen Markenamt abgelehnt wurden, weil kein amerikanischer Anwalt im WIPO-Antrag bezeichnet wurde. Zudem führt die Wahl der Warenbezeichnungen nach europäischem Vorbild regelmäßig zu verläufigen Ablehnungen. Die Formulierungen für die Identification of Goods müssen in den USA konkreter sein als WIPO sie erlaubt. Das bedeutet doppelten Aufwand.

    Schwierigkeiten entstehen auch wegen der unterschiedlichen Fristenberechnung. Das United States Patent and Trademark Office berechnet seine Frist ab dem Versand einer Office Action vom Amt. Antragsteller gehen hingegen vom Empfangsdatum aus. Da können gehen leicht ein paar Tage verloren. Und eine Ausschlussfrist wird versäumt.

    Wenn das Fristende erreicht ist, fällt plötzlich eine besondere Tücke der Technik ins Gewicht: Das elektronische System zum Einreichen von Schriftsätzen beim Markenamt, TEAS, funktioniert oft nicht. EMail ist seit April 2004 mehr oder weniger verboten, obwohl die Markenprüfer ihre EMailanschriften auf schriftsatzauslösende Schreiben setzen. Das Faxsystem des Markenamts ist seit 2005 ebenfalls unzuverlässig. Hinrennen und gegen einen Eingangsstempel einreichen gilt nicht mehr.

    Da hilft gelegentlich nur noch ein heroischer Einsatz und festes Daumendrücken. Und vorbeugend: Wenn ein US-Anwalt eingeschaltet werden muss, am besten einige Wochen vor dem Fristablauf Kontakt aufnehmen.


    Sonntag, den 21. Mai 2006

    Entlastung für Hersteller

     
    .   Hersteller medizinischer Geräte erfuhren am 16. Mai 2006 eine deutliche Haftungsentlastung. Sie gilt für seit 1976 neu an den Markt gebrachte, besonders vom Bundesgesundheitsamt geprüfte Geräte, die mit dem neuen Urteil von der Produkthaftung weitgehend ausgenommen sind.

    Im Fall Charles R. Riegel et al. v. Medtronic, Inc., Az. 04-0412, entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks die Frage, ob deliktische Ansprüche, zu denen Produkthaftungsansprüche zählen, sowie gewisse Vertragsansprüche aufgrund der strengen amtlichen Prüfung durch das Bundesrecht ausgehebelt werden. Es bestätigte in diesem Fall, dass Ansprüche aus verschuldensunabhängiger Haftung, strict Liability, Verletzung von konkludenten Zusicherungen, Breach of implied Warranty, und Fahrlässigkeit bei Entwicklung, Prüfung, Vertrieb, Auszeichnung, Vertrieb und Verkauf ausgeschlossen sind. Hingegen kann ein Anspruch aus fahrlässig fehlerhafter Herstellung diesen Ansatz überleben.

    Das Gericht unterschied zwischen Geräten, die von der FDA nach den seit 1976 geltenden Bestimmungen intensiv geprüft werden, und den mit einem einfacheren Zulassungsverfahren an den Markt gebrachten Geräten. Bei letzteren hatte der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington im Fall Medtronic, Inc. v. Lora Lohr et al., 518 US 470 (1996), Haftungsansprüche aus unerlaubter Handlung als nicht von der Bundesgesetzgebung beeinträchtigt angesehen. Diese Geräte unterliegen dem oberflächlichen 510(k)-Zulassungsverfahren der Food and Drug Administration.

    Das Berufungsgericht behandelt die nach §360k(a) des Medical Device Amendments to the Food, Drug and Cosmetic Act, 21 USC §§301 ff., vor der Marktzulassung von der FDA intensivst geprüften Class III-Geräte als weitgehend dem einzelstaatlichen Recht entzogen. Das Recht der Einzelstaaten stellt die Grundlagen für Ansprüche nach Vertrags- und Tort-Recht, mithin auch weitestgehend nach Produkthaftungsrecht. Das Gericht bestätigt, dass solche Ansprüche weiterhin geltend gemacht werden können, wenn ein Produkt von den im Zulassungsverfahren festgelegten Normen abweicht. Ansonsten bricht nach seiner Einschätzung Bundesrecht das Landesrecht.


    Samstag, den 20. Mai 2006

    Honorar und Kosten im US-Prozess

     
    .   Dass unsere Litigators dieser Tage beim Partners Meeting von Klagen, bei denen es um bis zu $100.000 geht, aus Wirtschaftlichkeitsgründen abrieten, musste erst verdaut werden. Die Berechnung der Prozessspezialisten für einen einfachen Zivilprozess vor dem Trial, dem Verfahren vor dem Richter oder den Geschworenen, lautet etwa so:
    1. Prüfung von Fakten, Ansprüchen, Einreden und Aussichten,        
      Entwurf und Einreichen der Klage:   $10.000
    2. Discovery:   $20.000
    3. Motions Practice bis Summary Judgment:   $20.000
    4. ======
      Summe:   $50.000









    Da der Sieger in der Regel keine Kostenerstattung wie nach §91 ZPO erhält, kann der Kläger bei dieser Rechnung maximal einen Dollar mit jedem ausgelegten Dollar gewinnen. Und das gilt nur, wenn die Kosten in dieser sparsamen Kalkulation bleiben und die Aussichten ausgezeichnet sind. Liegt die Forderung niedriger oder höher, verändern sich die Proportionen von der absoluten Unwirtschaftlichkeit bis zum lohnenswerten Geschäft.Wer früh ein Default Judgment, Versäumnisurteil, erstreitet, darf sich beglückwünschen.

    Das unbekannte Mahnverfahren wirkt sich bei kleinen Beträgen fatal aus. Die Begrenzung der sachlichen Zuständigkeit der Small Claims Courts, in denen jedermann recht formlos auftreten kann, auf Beträge von $1.000 bis $5.000 ist heute unrealistisch. Der Anreiz für gegen Erfolgshononar tätige Anwälte, auf Teufel komm raus Strafschadensersatz zusätzlich zum realistischen Klageanspruch zu beantragen, steigt. Dasselbe gilt für die Verbindung von Tort-Ansprüchen, bei denen die Punitive Damages zulässig sind, mit Vertragsansprüchen, die sie nicht kennen. Forderungen vertragsrechtlicher Art von erheblicher Höhe - weit über dem durchschnittlichen Jahreseinkommen von US-Klägern - fallen damit in den USA in schwarzes Loch.

    Wer als Anwalt stolz darauf ist, Probleme ohne Gerichte zu lösen, darf sich weiter kreative Lösungen einfallen lassen, und bei Forderungen bis $100.000 bleibt fast keine andere Wahl. Mandanten geben sich meist keinen Illusionen mehr hin, wenn sie erfahren, dass sie allein der Wortprotokollführer etwa $1.000 pro Vernehmungstag kostet. Der einzige Lichtblick sind die Gerichtskosten: $120 beispielsweise im Superior Court der Hauptstadt der USA.



    Recht dynamisch

     
    .   Das Common Law lebt davon, dass der Rechtsanwalt sich mit neuen Sachverhalten auseinandersetzen darf, für die das Recht keine Lösung kennt. Strafverteidiger freuen sich daher über die Mitteilung, dass die Polizei im US-Staat Maryland einen 14-Jährigen auf der Straße anhielt, belog und ihm ein Wattestäbchen für einen DNA-Test in den Mund schob. Seit einem Monat sitzt der Junge nun nach der Sex-Beschuldigung einer 13-Jährigen im Gefängnis und harrt der Lösung der Rechtsfrage über die Zulässigkeit der Beweisbeschaffung.

    Mit einem Durchsuchungsbefehl, Search Warrant, wäre die DNA-Beschaffung in Maryland wahrscheinlich zulässig gewesen. In manchen Staaten der USA reicht aufgrund gesetzlicher Regelungen das Öffnen des Mundes als Zeichen der Zustimmung und Verwertbarkeit des Beweismittels. Die zugrundeliegende Anschuldigung, sexual Assault, reicht von einem Kuss bis zur Schwelle zur Vergewaltigung.


    Freitag, den 19. Mai 2006

    Anklage gegen Sammelkläger

     
    .   Die Strafanklage vom 18. Mai 2006 gegen eine in mehreren Staaten agierende Kanzlei von Sammelklägeranwälten wegen strafbarer Zuwendungen an Sammelkläger ist in Sachen United States of America v. Milberg Weiss Bershad & Schulman LLP, David Bershad et al., Az. 05-587(A)-DDP, nun bei Findlaw veröffentlicht.

    Die 102 Seiten lange Anklageschrift reicht von der Verschwörung über Geldwäsche bis zu zahlreichen anderen Tatbeständen und sieht die Vermögenseinziehung vor. Die Straftaten beziehen sich auf verletzte Treuepflichten der Sammelklägeranwälte gegenüber den vertretenen Mitgliedern der klagenden Klasse, nicht den Missbrauch des Sammelklagesystems.



    Tragödie oder Komödie

     
    .   Katastrophale Auswirkungen befürchten Befürworter eines alle Sünden vergebenden Einwanderungsgesetzes, HR. 4437, S. 2611. Die Diskussion zum heiklen Thema läuft oft Hochtouren.

    Die Bibel belege, dass seit dem alten Testament die Souveränität der Staaten gottgewollt sei, mithin niemand ungestraft über Grenzwälle springen dürfe. Der Turmbau zu Babel beweise, dass Jesus jedem Volk seine eigene Sprache zuweisen wollte und daher die Verfassung der USA so anzupassen sei, dass fremde Sprachen in der Öffentlichkeit unvernehmbar werden. Was heute im Radio oder Sektenfernsehen, doch selbst in reputablen Programmen verzapft wird, ist nicht zu fassen.

    Andere meinen, die religiösen Gruppen müssten nun von den Republikanern auf die Demokraten umschwenken, da Bush der Illegalität das Wort rede, indem er eine Amnestie plane und behaupte, die geplante Reform sei keine Amnestie.

    Während dessen verzichten Honduraner und Nikaraguaner auf die Verlängerung ihrer am 1. Juni auslaufenden Sondervisen. Sie glauben an ein Machtwort des Präsidenten, der ihnen seinen Schutz versprochen hat. Dabei vergessen sie, dass 2006 ein Wahljahr ist und Reformen in der Regel jahrelang im Kongress vorbereitet werden. Bush fehlt die Macht eines Diktators und ist kein Jesus, der Wunder wirkt, auch wenn er sie versprechen sollte.

    Dabei geht die Debatte um den Film DaVince Code fast unter, die uns die vergangenen Tage ständig unter die Nase gerieben wurde: Meinungsfreiheit, Geschichtsverfälschung und vielerlei mehr. Nur die katholische Kirche ist aus dem Schneider. Für sie sprechen Einsichtige, die die Bibel nicht als Biologiebuch, politisches Vademecum oder Geschichte der Geschichte ansehen, sondern als Glaubenswerk. Extremisten können andere Auffassungen vertreten, und so stellen sie sich auch dar: extrem.



    Donnerstag, den 18. Mai 2006

    Kampfstimmung

     
    .   Kampfstimmung entfacht Prof. Christoph Paulus aus Berlin in Abwehrstrategien gegen missbräuchliche Klagen in den USA mit guten Argumenten. Wie hier schon oft erörtert, stellt der immer häufiger belegbare Missbrauch des US-Rechtswesens durch Klägervertreter ein Merkmal dar, das bei der Abwehr von Zustellungen einer Klage aus den USA nach der Haager Übereinkunft in Deutschland und zudem bei Anträgen in Deutschland auf Anerkennung und Vollstreckung von US-Urteilen bedeutsam wird.

    Prof. Paulus gibt einer der Abwehrstrategien einen Namen, indem er auf die BGH-Entscheidung vom 11. November 2003, WM 2004, 34, Az. VI ZR 271/02, verweist und den sittenwidrigen Missbrauch der Rechtsordnung in den USA mit §826 BGB verbindet. Im Ergebnis kann daraus ein anspruchsbegründender Ansatz für positive Feststellungsklagen in Deutschland werden, um das US-Verfahren abzuwehren.

    Sein zweiter Ansatz führt auf eine implizite Rechtsstaatsprinzipienprüfung und Ergänzung des deutschen Orde Public anhand von Art. 6 EMRK-Garantien hinaus. Insbesondere nach der Rücknahme der Verfassungsbeschwerde von Bertelsmann lesenswert: Recht der Internationalen Wirtschaft, April 2006, S. 258.


    Mittwoch, den 17. Mai 2006

    Vergleich des Einwanderungsrechts

     
    CB - Washington.   Am 16. Mai lud das Washingtoner Büro der Friedrich Ebert Stiftung die Bundestagsabgeordnete Lale Akgün und die Kongressabgeordnete Loretta Sanchez, die beide einen Migrationshintergrund haben, nach Washington ein, um über zukunftsorientierte Einwanderungspolitik zu diskutieren. Nach einleitenden Worten von Dr. Almut Wieland-Karimi moderierte der politische Kommentator und Analyst des WTOP Radio Mark Plotkin die Veranstaltung.

    Beide Staaten haben verschiedene Ausgangspunkte ihres Staatsbürgerschaftsrechts. In Deutschland gilt das Abstammungsprinzip: Ein Kind erwirbt die Staatsbürgerschaft gemäß §4 I Staatsangehörigkeitsgesetz der Eltern mit der Geburt. Unabhängig von dem Land, in dem das Kind geboren wird, wird es Staatsbürger des Staates seiner Vorfahren. In den USA gilt hingegen das Territorialprinzip: Jeder im Staatsgebiet Geborene erhält die Staatsbürgerschaft.

    In Deutschland gelten seit dem 1. Januar 2005 neue Einbürgerungsbestimmungen, §§10-12b Staatsangehörigkeitsgesetz. Nach ihnen besitzen Ausländer, die länger als acht Jahre in Deutschland leben, selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen und weitere Voraussetzungen erfüllen, einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Welche Voraussetzungen im einzelnen gelten, wird auf Landesebene festgelegt.

    Die wesentlichen Kriterien für die Erteilung der US-Staatsbürgerschaft sind fünf Jahre ununterbrochener legaler Aufenthalt, Lebensmittelpunkt in den USA, bestimmte moralische Überzeugungen, ausreichende Englischkenntnisse, spezifisches Wissen über das Land und die Bereitschaft, sich der amerikanischen Verfassung zu verpflichten.

    Die aktuelle Diskussion über die etwaige Einbürgerung von illegalen Einwanderern, die bereits in den USA leben und arbeiten, wird eventuell zu einer Gesetzesänderung in diesem Bereich führen, die die Abgeordnete Sanchez unterstützt.


    Dienstag, den 16. Mai 2006

    Vielweiberei illegal

     
    .   Das Obergericht von Utah entschied am 16. Mai 2006, dass das Vielweibereiverbot des Staates verfassungsgemäß ist. Der Angeklagte hatte im Fall State of Utah v. Rodney Hans Holm, Az. 20030847, nach seiner Verurteilung wegen Bigamie und Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen das Polygamieverbot angegriffen.

    Weder das Gleichheitsgebot der Bundesverfassung noch das Recht zur freien Ausübung von Religionen oder der Rechtsstaatsgrundsatz schützen den Angeklagten nach der Auffassung des Gerichts vor der Strafbarkeit seiner Handlungen im Rahmen polygamer Beziehungen.

    Der der Sekte der Fundamentalist Church of Jesus Christ of Latter-day Saints zugehörige Angeklagte hatte nach der Eheschließung mit seiner ersten Frau deren jüngere, noch minderjährige Schwester geheiratet. Das Gericht betonte, dass die Sekte nicht mit der ähnlich lautenden Church of Jesus Christ of Latter-day Saints verbunden ist, die der Polygamie abschwur.



    Anti-Troll Urteil

     
    .   Selbst der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten erkennt mittlerweile die von Patent-Trolls ausgehenden Gefahren. Unternehmen, die spekulativ Patente kaufen, - nicht um sie zu nutzen, sondern um andere zu verklagen, - verlieren mit seiner Entscheidung vom 15. Mai 2006 in Sachen eBay Inc. v. MercExchange, LLC, Az. 05-130, das wichtige Druckmittel der Verbotsverfügung.

    Mit dem Damoklesschwert des Unterlassungsgebots konnten Patent-Trolls Dritten die Einstellung ihrer Aktivitäten in Aussicht stellen, wie es in diesem Fall eBay betrifft und kürzlich Blackberry erwischte. Nach der neuen Entscheidung ist der Schadensersatzanspruch des Patenterwerbers die primäre Rechtsfolge. Die Injunction kommt für solche Patente nur als Ausnahme, nicht mehr als Regelfall in Frage.


    Montag, den 15. Mai 2006

    Schiedsrecht nach Staatsrecht

     
    .   Zu den wichtigsten Rechtsgrundsätzen der USA zählt dieser Satz aus Erie Railroad Co. v. Harry J. Tompkins, 304 US 64 (1938):
    Except in matters governed by the Federal Constitution or by acts of Congress, the law applied in any case is the law of the state.
    Dieser Grundsatz trifft auch auf das Schiedsrecht zu, entschied das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks am 9. Mai 2006 in Sachen Michael W. Stutler et al. v. T.K. Constructors, Inc., Az.04-6436, S. 4. Trotz einer Schiedsklausel hatten die Kläger den Prozess vor das Gericht gebracht, welches den Antrag der Beklagten auf Aussetzung und Verweisung an das Schiedsgericht mit der Begründung ablehnte, die Kosten des Schiedsverfahrens wären für die Kläger unzumutbar.

    Das Berufungsgericht sah den dem Bundesrecht entnommenen Unzumutbarkeitsgedanken als unanwendbar auf einen dem einzelstaatlichen Recht unterliegenden Vertrag an. Das auf den Vertrag anwendbare Recht von Kentucky sieht keine solche Ausnahme von der gesetzlichen Anerkennung von Schiedsklauseln an. Nach dem Federal Arbitration Act und dem in Kentucky umgesetzten Uniform Arbitration Act, K.R.S. §417.050, ist der Beschluss aufzuheben und der Streit dem Schiedsgericht vorzulegen.



    Klage raus aus USA?

     
    .   Das US-Untergericht wies die Klage von Kanadiern gegen eine US-Firma wegen der Rückübertragung von in Ägypten enteignetem und der US-Firma zugewiesenem Vermögen ab, das bei der US-Firma verblieb, nachdem Ägypten die Rückgabe verfügt hatte. Das US-Gericht sieht die ausländischen Gerichte wegen des jeder ausländischen Rechtsordnung zu erweisenden Respekts, Comity, und nach dem Forum Non Conveniens-Grundsatz als vorrangig zuständig an.

    Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks erörtert am 9. Mai 2006 in Sachen Raphael Bigio et al. v. The Coca-Cola Company et al., Az. 05-2426-cv, beide Grundsätze im internationalen Verkehr. Es entscheidet, dass das Untergericht keinen Ermessensfehler beging, sondern die Rechtsgrundsätze falsch verstand und anwandte. Daher darf es das Urteil aufheben und bestimmen, dass Ägyptens Verzicht auf eine Rüge sowie die legitimen Belange und Faktoren der Kläger bei der Auswahl des Forums den Prozess vor dem Gericht in den USA zulässig machen. Das Verfahhren bleibt daher in den USA.


    Sonntag, den 14. Mai 2006

    Kündigung wegen Eifersucht

     
    .   Betrieb, Ehegatten, Sekretärin, Kniffe in den Po, Liebesbriefe, Eifersucht, Kündigung: Erlaubt die Kündigung einen Diskriminierungsanspruch? Bundesrechtlich ist die Diskriminierung wegen Sex verboten.

    Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks klärt, das Sex nicht gleich Sex ist. Das Diskriminierungsrecht regelt die Gleichbehandlung der Geschlechter, nicht den Verkehr miteinander. Selbst wenn die Ehefrau aus Eifersucht, auch einer unbegründeten, ihren Mann veranlasst, die Sekretärin zu entlassen, liegt kein Vergeltungsschlag aufgrund geschlechtsdiskriminierender Merkmale vor, bestimmt es im Fall Maelynn Tenge v. Philipps Modern Ag Co. et al., Az. 05-2803, am 28. April 2006.

    Das Gericht bestätigte zudem die erste Instanz in der Feststellung, dass die Kündigung keinen Schadensersatzanspruch gegen die Ehefrau aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in Vertragsbeziehungen nach dem Recht der unerlaubten Handlung, Torts, auslöse. Dazu mangele es bereits an dem Willen der Schadenszufügung. Beide Gerichte vertraten die Ansicht, die Ehefrau verfolgte allein den Wunsch, Ehe und Familie zu schützen.



    Pech für Indianer, Radfahrer

     
    .   In zwei Fällen entschieden zwei Bundesberufungsgerichte am 4. Mai 2006 unabhängig voneinander, dass Indianer ihr 1737 durch Betrug und 1984 durch eine Gesetzesänderung verlorenes Land nicht zurückerhalten. Zur Vermeidung auf Wiederholungen von auf decision of the day verwiesen, wo auch zutreffende Fundstellen verzeichnet sind.

    Am selben Tag erklärt das Blog auch ein Urteil gegen amerikanische Radfahrer. Ihre Fahrzeuge dürfen ohne Durchsuchungsbefehl von der Polizei geprüft werden. Was gefunden wird, ist strafrechtlich im Prozess verwertbar, beispielsweise versteckte Betäubungsmittel.


    Samstag, den 13. Mai 2006

    Schlummer der Verfassung

     
    .   Als schlummernd bezeichnet das Gericht die Außenhandelsklausel der Bundesverfassung bei der Beurteilung der Bezeichnung von Fischimporten. Der Staat Louisiana regelt die Kennzeichnung Catfish im Wels-Gesetz und den Namen Cajun im Cajun-Gesetz.

    Die Klägerin importiert Fisch zum Vertrieb unter den Bezeichnungen Cajun Boy und Cajun Delight. Sie hält die Gesetze für vefassungswidrig. Das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks gab ihr in Sachen Piazza's Seafood World, LLC v. Bob Odom, Az. 05-30098, am 4. Mai 2006 recht.

    Der Bundesgesetzgeber hatte 2002 Wels als Fisch der Familie Ictaluridae definiert, um Einfuhren einzudämmen, siehe Farm Security and Rural Investment Act of 2002. Als der Gesetzgeber in Louisiana merkte, dass Chinesen den amerikanischen Fisch in die USA ausführten, verabschiedete er den Catfish Act, La. Rev. Stat. Ann. §3:4617(C)(2003). Die Staatsverwaltung hält die einzelstaatlich eingetragenen Marken der Klägerin für irreführend und beschlagnahmte 30.000 Kisten aus China importierten Fisch der Klägerin.

    Als die Klägerin die Unvereinbarkeit des Gesetzes mit Bundesrecht monierte und vor Gericht obsiegte, schaffte der Gesetzgeber des Staates auch die Übergangsvorschrift im Cajun-Gesetz ab, La. Rev. Stat. Ann. §3:4617(D)-(F)(Supp. 2004), nach der die Klägerin bisher die Bezeichnung Cajun verwandte.

    Der United States Court of Appeals for the Fifth Circuit untersuchte die schlummernde Commerce Clause. Sie schlummert insofern, als sie einen Negativaspekt beinhaltet: Die Einzelstaaten dürfen nicht in den Außenhandel in der Weise eingreifen, dass sie eine Bundesregelung aushebeln, sofern der Bund keine Ausnahme vorsieht. Das Catfish Statute diskriminiert ausländische Erzeugnisse, stellt das Gericht fest. Daher ist es verfassungswidrig.

    Mit Blick auf das Verbot im Cajun Statute stimmt das Gericht der ersten Instanz zu, die im Verbot einen unzulässigen Eingriff in die Redefreiheit nach dem ersten Verfassungszusatz der Bundesverfassung sieht. Das Gesetz ist nicht nichtig, sondern in Bezug auf den Kläger unanwendbar.



    Erzwungene Sprache

     
    .   Kann sich der Bürger wehren, wenn der Staat ihn durch Gebührenpflichten gegen seinen Willen an Werbemaßnahmen für Erzeugnisse seines Unternehmens beteiligt? Um erzwungene Werbung für Krokodilwaren geht es im Fall Pelts & Skins, LLC v. William Dwight Landreneau, Az. 03-30523, den das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks am 3. Mai 2006 zur erneuten Beurteilung an das Untergericht zurück verweist.

    Zwischenzeitlich hat nämlich der Oberste Bundesgerichtshof in Washington in Sachen Johanns et al. v. Livestock Mktg. Assn. et al., 544 U.S. 550, __; 125 S. Ct. 2055, 2063 (2005), entschieden, dass dieser Zwang zur Rede dann nicht gegen den Rede- und Meinungsfreiheitsgrundsatz des Ersten Verfassungszusatzes verstößt, wenn die Werbung vom Staat ausgeht.

    Untergerichte hatten anders entschieden, weil der Supreme Court zuvor bei Verbandswerbung den Zwang als verfassungswidrig erachtete.



    Freitag, den 12. Mai 2006

    Verbot der Klage im Ausland

     
    .   Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks verbot einer ausländischen Partei, den von ihr in Ekuador angestrengten Prozess weiterzuverfolgen. Am 1. Mai 2006 hob es die untergerichtliche Entscheidung in Sachen E. & J. Gallo Winery v. Andina Licores S.A., Az. 05-16504, auf, mit der eine einstweilige Verfügung, preliminary Injunction, zur Einstellung des ausländischen Verfahrens verweigert wurde.

    Der zwischen den Parteien bestehende Vertriebsvertrag enthält eine Rechtswahlklausel, die den Vertrag und die Beziehungen der Parteien dem Recht von Kalifornien unterwirft. Eine Gerichtsstandsklausel bestimmt für die örtliche Zuständigkeit das für die Klägerin zuständige Gericht in Kalifornien.

    Die Beklagte erhob dennoch eine Klage in Ekuador und ließ die Pflegschaft für die Klägerin anordnen, indem sie wider besseren Wissens behauptete, die Klägerin sei unerreichbar. Der Pfleger war eine frisch zugelassene Rechtsanwältin, deren Eignung die Beklagte dem Gericht mit eidlichen Erklärungen einer Aushilfe und eines Studenten bescheinigte.

    Materiell berief sich die Beklagte auf ein 1997 aufgehobenes Diktaturgesetz mit summarischem Prozess und verkürztem Beweisverfahren. Das Gesetz bestimmte, dass Klagen vor dem Gericht am Sitz der örtlichen Unternehmens zu verhandeln sind, wodurch die Gerichtsstandsklausel ausgehebelt würde. Das aufgehobene Gesetz gestattete einen analogen Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch und verstieß gegen WTO-Recht.

    Die Anwältin wurde am 1. September 2004 als Pflegerin eingesetzt, die Klageerwiderungsfrist auf den 9. September und die Beweisfrist vom 10. bis 17. September festgelegt. Am 3. September richtete die Anwältin eine Benachrichtigung ohne Hinweis auf das summarische Verfahren und ohne beigefügte Klageschrift an die Klägerin, die am 16. September eintraf. Im Termin am 9. September trug die Anwältin Einreden vor. Sie erwähnte die Gerichtsstandsklausel nicht. Am 16. September rief sie die Klägerin in den USA an, die sogleich ihren ekuadorischen Rechtsanwalt einschaltete. Dieser konnte jedoch nicht fristgerecht eingreifen.

    Die Klägerin verklagte die Beklagte nun in Kalifornien. In diesem Prozess beantragte sie schließlich eine Verbotsverfügung gegen die Beklagte, das Verfahren in Ekuador weiterzuverfolgen. Während der weiteren Entwicklungen im US-Verfahren lief auch das ausländische Verfahren weiter. Dort wurde die Beklagte angewiesen, die Gerichtsstandsklausel zu beachten, doch reichte sie neue Klagen gegen die US-Partei und den Richter, der gegen die Beklagte entschieden hatte, in Ekuador ein.

    Das Gericht begründet seine Entscheidung zugunsten einer Anti-Suit Injunction mit den außergewöhnlichen Umständen dieses Falles. Die Ermächtigung zu dieser Verfügung, die sich im späten Mittelalter aus dem Bestreben, die Macht klerikaler Gerichte einzudämmen, entwickelte, stammt aus dem Billigkeitsrecht, Equity, und ist mit größter Zurückhaltung zu benutzen, vgl. In re Unterweser Reederei GmbH, 428 F2d 888, 896 (5th Cir. 1970). Den Prozessbetrug und Missbrauch der Beklagten bezeichnet es als Paradebeispiel für die Anwendbarkeit dieser außergewöhnlichen Verbotsverfügung, die sich nicht gegen das ausländische Gericht, sondern eine Partei wendet.



    Im Zweifel: Schiedsgericht

     
    .   Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks bestätigte, dass bei Zweifeln an Ausnahmen zur Schiedsklausel diese Klausel zugunsten der Schiedsgerichtsbarkeit auszulegen ist. Am 1. Mai 2006 hob es das untergerichtliche Urteil in Sachen INF Financial Partners v. Alyson Johansen, Az. 05-2531, auf, welches zugunsten des ordentlichen Rechtswegs entschieden hatte.

    Eine Angestellte wollte gegen ihren Arbeitgeber ihre Diskriminierungs- und Vergeltungsansprüche vor dem ordentlichen Gericht verfolgen. Eine andere, in den Arbeitsvertrag einbezogene Vereinbarung öffnete ihr scheinbar den Weg dorthin trotz einer eindeutigen Schiedsklausel im selben Vertrag.


    Donnerstag, den 11. Mai 2006

    Zuständigkeit bei Musiktausch

     
    CB - Washington.   In Sachen Virgin Records America, Inc., et al. v. John Does 1-35, Az.05-1918, lehnte das erstinstanzliche Bundesgericht für Washington, D.C. den Antrag des unbekannten Beklagten Nr.18 auf Aufhebung einer Vorladung, Subpoena, mangels Zuständigkeit ab. Der Beklagte soll unberechtigt urheberrechtlich geschützte Musikwerke im Internet zum Tausch angeboten und verbreitet haben.

    Die Kläger behaupten, Inhaber der unstreitig verletzten Urheberrechte zu sein, und wollen mit der Klage den Internet Provider des Beklagten zur Auskunft über seine Identität zwingen, da lediglich seine IP-Adresse bekannt ist. Um die Beweisermittlung über seinen Anbieter zu verhindern, beantragte der Beklagte die Aufhebung der Subpoena. Er begründete dies mit der fehlenden örtlichen Zuständigkeit des Gerichts in der Hauptstadt, da er im Bundesstaat Virginia ohne Bezug zu Washington lebe.

    Das Gericht sieht am 18. April 2006 die Entscheidung über eine etwaige örtliche Unzuständigkeit als verfrüht an, da die Vorladung des Diensteanbieters die Identität des Beklagten aufdecken sollte und damit erst die Grundlage für die Zuständigkeitsentscheidung schaffen würde. Selbst wenn feststünde, dass das Gericht unzuständig wäre, seien die Prozesshandlungen und somit die Vorladung wirksam.

    Die Kläger hätten die örtliche Zuständigkeit ausreichend glaubhaft gemacht. Der Beklagte benutzte für die Urheberrechtsverletzungen die Einrichtungen des in Washington ansässigen Anbieters. Deshalb komme eine Zuständigkeit aufgrund des Long-arm Statute des D.C. Code in Betracht. Nach ihm ist ein Gericht ausnahmsweise auch dann örtlich zuständig, wenn der Fall in einen anderen Gerichtsbezirk fällt. Die Zuständigkeit wird zum Beispiel durch Geschäftshandlungen oder unerlaubte Handlungen in der Hauptstadt begründet.

    Das Herunterladen von Musikwerken war nach Ansicht des Gerichts eine Geschäftshandlung in D.C. Auch der Tausch urheberrechtlich geschützter Werke im Internet stelle einen ständigen, systematischen Kontakt zu D.C. her, denn das Angebot galt allen Internetbenutzern und damit auch den Einwohnern von Washington.


    Mittwoch, den 10. Mai 2006

    Wettbewerbsverbot gilt

     
    .   In Sachen Lakeview Technology Inc. v. Eric Robinson, Az. 05-4433, beurteilte das Bundesberufungsgerichts des siebten Bezirks am 1. Mai 2006 ein Wettbewerbsverbot. Der Beklagte täuschte seinen Arbeitgeber, die Klägerin, über seine Absicht, zu einem Konkurrenten zu wechseln. Deshalb gelang es ihm, eine zusätzliche Vergütung sowie Einsicht in Geschäftsgeheimnisse der Klägerin zu erhalten. Diese verklagte ihn nach dem erfolgten Wechsel unter Berufung auf das Wettbewerbsverbot seines Arbeitsvertrages, das für ein Jahr den Wechsel zu einem Wettbewerber ausschloss.

    Richter Easterbrook entschied, das Untergericht hätte der Non-compete Clause durch eine Verbotsverfügung Wirksamkeit verleihen müssen. Das Untergericht hatte sich vom Versprechen des Beklagten beeinflussen lassen, nicht im Vertriebsgebiet der Beklagten zu wirken. Doch stellt eine Injunction ein Rechtsmittel aus dem Bereich des Equity-Rechts dar, und dieses gelangt nach Billigkeitsgrundsätzen zu einem fairen Ergebnis.

    Da sich der Beklagte einer Täuschung schuldig gemacht hatte, darf das Untergericht seinem Versprechen nicht vertrauen. Würde der Beklagte eine Sicherheit leisten, beispielsweise durch eine Kaution für den Fall, dass er bei einer Verletzung seines Versprechens dem vorherigen Arbeitgeber den Schaden ausgleichen würde, könnte dies zu seinen Gunsten wirken. Dies gelte auch, wenn der neue Arbeitgeber die Kaution stelle, doch sei sie keine Partei.

    Solange der täuschende Arbeitnehmer dem betrogenen Arbeitgeber keine Sicherheit leiste, ist daher das Untergericht angewiesen, den Fall mit Blick auf den Erlass einer Verbotsverfügung zur Durchsetzung des Wettbewerbsverbots neu zu prüfen. Vor ihm könne ein etwaiges Angebot einer Sicherheitsleistung berücksichtigt werden.

    Im Ergebnis steht es dem Arbeitnehmer frei, sich durch die Sicherheitsleistung und sein Versprechen aus dem Wettbewerbsverbot freizukaufen - ein erheblicher Unterschied zum deutschen Recht, nach dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer beispielsweise nach §74b HGB eine Entschädigung schuldet, damit das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wirksam wird.


    Dienstag, den 09. Mai 2006

    Terrorismusbekämpfung

     
    CB - Washington.   Am 9. Mai 2006 führte die Friedrich Naumann Foundation ihre Tradition des internationalen politischen Dialogs fort und veranstaltete unter der Moderation von Claus Gramckow in Washington eine Diskussion mit Charles V. Peña, Autor des Buches Winning the Un-War: A New Strategy for the War on Terrorism und leitender Wissenschaftler des Cato Institute und des Homeland Security Policy Institute der George Washington Universität.

    Peña stellte dar, dass der Kampf gegen den Terrorismus kein klassischer Krieg ist und dass das Erlangen hundertprozentiger Sicherheit vor Terrorismus unmöglich ist. Deshalb sei die Entscheidung nötig, Prioritäten im Kampf gegen den Terrorismus zu setzen.

    Ein Punkt für erfolgreiches Vorgehen sei sich nicht nur auf den Krieg gegen den Terror an sich zu beschränken, sondern sich zu bemühen, das Anliegen der Menschen zu verstehen, die bereit sind Terroristen zu werden. Es sei essentiell zu erfahren, wer sich hinter den einzelnen terroristischen Organisationen verbirgt, um so die Struktur der Organisationen aufzudecken.

    Das Problem, das gewisse radikale Muslime mit den Vereinigten Staaten hätten, sei nicht auf eine bestimmte Regierung zurückzuführen. Grundsätzlich müsse die Rolle Amerikas in der Welt genauer beleuchtet werden. Die Anschläge des 11. September seien nicht zu rechtfertigen, jedoch sollte selbstkritisch untersucht werden, wie es dazu kommen konnte, dass diese Anschläge stattfanden. Mit diesen Ansätzen beschreitet Peña einen alternativen Weg in der Diskussion um die Bekämpfung des Terrorismus.



    Notizen zum Computerrecht

     
    .   Das Bag & Baggage-Blog bietet ausführliche Mitschriften von der Tagung der ehemaligen Computer Law Assocation, der heutigen International Technology Law Association, zum 35. Jubiläum des Verbandes.

    Teil 1 behandelt Online Marketing. Die Teile 2 (a) und (b) betreffen das Open Source-Recht. Die Themen liegen im üblichen Rahmen von Adsense bis Exportkontrollen; die Notizen spiegeln den neuesten Stand der Diskussionen und Praktiken wieder. Die Jahrestagung fand ausnahmsweise in San Francisco anstelle Washington, DC, statt.


    Montag, den 08. Mai 2006

    Gericht zuständig für Ausländer

     
    .   Ein nicht im Staat Florida ansässiges Unternehmen kann der Zuständigkeit der dortigen Gerichte unterfallen, wenn es auf die Einrede der Unzuständigkeit, selbst versehentlich mit einem ungeschickt formulierten Antrag, verzichtet, entschied das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks in Sachen Howard Cameron Stubbs v. Wyndham Nassau Resort and Crystal Palace Casino et al., Az. 04-16733, am 5. Mai 2006 gegen die Beklagte aus Delaware. Zudem erörtert es die Zuständigkeit der Gerichte in Florida für eine weitere Beklagte aus den Bahamas.

    Auf die Prüfung wandte es den Rechtsstaatsgrundsatz des vierzehnten Verfassungszusatzes und das Long-Arm Statute von Florida an. Soweit die Firma aus den Bahamas nicht in Florida mit Gewinnerzielungsabsicht aktiv wurde, konnte sie sich auch nicht der Zuständigkeit der dortigen Gerichte unterwerfen. Sie tat dies jedoch, indem sie beständig ein Bankkonto in Florida für Geschäftszwecke in den USA nutzte und Werbung betrieb.

    Zudem unterhielt sie eine Tochtergesellschaft in den USA, die ihre Geschäftsbeziehungen zu US-Kunden förderte. Allein der Umstand einer Tochter in Florida wäre für die Zuständigkeit nicht ausschlaggebend. Jedoch fungierte die Tochter als das Alter Ego der Mutter. Sie war weisungsabhängig und agierte nur für die Muttergesellschaft.

    Damit zeigt sich das Gericht der hiesigen Tradition entsprechend wesentlich zurückhaltender als das Oberlandesgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 6. September 2005 in Sachen 5 W 71/05, dem bereits die Domaininhaberschaft einer englischen Limited-Gesellschaft bei DENIC als hinreichendes Anknüpfungsmerkmal für eine Unterwerfung unter die deutsche Gerichtsbarkeit für Zustellungszwecke ausreicht, und das ansonsten auf den Rechtsschein, nicht die Tatsachen abstellt, während das US-Recht die Tatsachen zugrunde legt.



    Moussaoui verliert Antrag

     
    .   Nachdem er sich der Teilnahme an den 11. September 2001-Angriffen schuldig bekannt hatte und in einem dramatischen Verfahren verurteilt wurde, nahm Moussaoui am 8. Mai 2006 sein Schuldbekenntnis zurück. Seinen Antrag wies die Richterin der ersten Instanz am selben Tag unter Bezugnahme auf Rule 11(e) des Strafprozessrechts ab.

    Die Entscheidung des United States District Court for the Eastern District of Virginia in Sachen United States of America v. Zacarias Moussaoui, Az. 1:01cr455, unterliegt einer Berufungsfrist von zehn Tagen. In Fussnote 1 des Antrages erkläten die Verteidiger, dass sie sich der Unzulässigkeit des Antrags bewusst sind, ihn jedoch wegen des schwierigen Mandatsverhältnisses einreichen mussten. Moussaoui erklärte unter Eid, dass er nun das amerikanische Rechtssystem besser verstehe und selbst den Geschworenen eines US-Gerichts vertrauen kann.


    Sonntag, den 07. Mai 2006

    Equity versagt bei Zeitablauf

     
    .   Irgendwann kann auch das Billigkeitsrecht einem Staat nicht mehr helfen, der von seinem Herrscher ausgeplündert wurde und später sein Kapital aus dem Ausland zurückverlangt. Im Fall Merrill Lynch, Pierce, Fenner and Smith, Inc. et al. v. ENC Corp. et al., Az. 04-16401, ging es um die Philippinen, die zwar ein Gesetz erließen, mit dem sie das entwendete Vermögen als Staatseigentum bezeichneten, sich jedoch nicht innerhalb der Verjährungsfristen um seine Rückführung bemühten.

    Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks strengte sich im Urteil vom 4. Mai 2006 nach Kräften an, dem ausländischen Souverän den gehörigen Respekt zu erweisen. Jede nach dem Gewohnheitsrecht und dem Billigkeitsrecht geprüfte Option führt es jedoch letztlich zum Ergebnis, dass der ausländische Staat zu spät kommt und das gesicherte Vermögen vom Treuhänder anteilig an ein Opfer der Diktatur ausgekehrt werden muss.



    Schiedsspruch nach Säumnis

     
    .   In Sachen Jagdishbhai Patel et al. v. Del Taco, Inc., Az. 04-16604, bestätigte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks am 2. Mai 2006 den Schiedsspruch nach dem eine Schiedsklausel enthaltenden Franchise-Vertrag. Der Schiedsspruch erging auf dem Versäumniswege.

    Nach Erlass des Schiedsspruchs und der Einleitung der Vollstreckung im einzelstaatlichen Gericht verklagten die Franchisenehmer die Gegenseite vor dem Bundesgericht wegen Diskriminierung und Betrug und beantragten die Beiziehung des einzelstaatlichen Verfahrens. Das Gericht wies den Antrag kostenpflichtig ab und verpflichtete die Kläger, ihre Ansprüche auf dem Schiedswege geltend zu machen.

    Der United States Court of Appeals for the Ninth Circuit bestätigte das Untergericht, doch ging er nicht auf den Antrag auf Aufhebung der Verweisung an das Schiedsgericht ein, welches nach dem Bundesschiedsgesetz, Federal Arbitration Act, allein für das Begehren der Kläger zuständig sein dürfte, weil die Berufung insoweit unreif war.


    Samstag, den 06. Mai 2006

    Bulle greift an

     
    .   Der Bauer wusste nicht, dass sein Schreiner am Morgen die Kuhmatratzen ausbessert. Während die Kühe den Schreinergehilfen wie gewohnt von hinten kosen, wirft ihn der freilaufende Bulle - sonst ein liebes Tier - um. Der Gehilfe verklagt den als Partnership strukturierten Bauernhof wegen seiner Verletzungen.

    Nach ständiger Rechtsprechung haftet der Halter nicht für den ersten Biss von Hunden und Katzen. Gerichte stellen dazu auf die Kenntnis von der Neigung zu Gewalt und Bösartigkeit ab. Fred, der Bulle, ist ein nachweislich gutartiges Vieh. Kenntnis von andersartiger Neigung kann dem Bauern nicht unterstellt werden.

    Der Oberste Gerichtshof von New York prüft im Fall Larry Bard et al. v. Reinhardt Jahnke et al., Az. 29, am 2. Mai 2006 auch die Haftung aufgrund fahrlässiger Schadensverhinderung durch ein Tier, welches seiner Art nach im Sinne des §518 Restatement (Second) of Torts (1977) gefährlich ist und eine Haftungsgrundlage über die Merkmale des Gewohnheitsrechts hinaus schafft.

    Das Gericht weigert sich jedoch, pauschal Bullen oder andere Tiere artenweit als gefährlich zu bezeichnen, die eine besondere Schutzpflicht auslösen, und stellt auf den Charakter des Tieres im Einzelfall ab. Die Mindermeinung des Richters Smith erkennt darin die Gefahr, dass sich New York von der mit dem Restatement angestrebten Vereinheitlichung des Rechts in den Einzelstaaten abwendet.


    Donnerstag, den 04. Mai 2006

    Nun auch in USA: Fake Snake

     
    .   Die Snakecity zugeschriebene Spam-Mail ist nun auch in den USA angekommen. Der bei Snakecity noch unbekannte Absender setzt sich damit auch der Verfolgung im Land der Todesstrafe aus.

    Mit dem Betreff Sie sollen Ihren Kunden abgezockt haben - so steht es in unserem Forum von www.snakecity.cc erhalten unzählige Internetbenutzer, die irgendwo im Internet ihre EMail-Anschrift eintragen mussten, nötigende, irreführende oder erpresserische EMails, so über IPs wie 221.146.225.20, 171.101.42.132 und 71.107.211.47, welche selbst gefälscht oder missbraucht sein können.

    Mit der Schlussformel
    Lesen Sie auch aufmerksam, welche Urteile aus Deutschland uns am Ar... vorbeigehen.
    AUF DEN COCOS-INSELN INTERESSIEREN UNS DEUTSCHE GESETZE EINEN DRECK!
    beweist die Quelle ein mangelndes Wissen um die internationale Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden und ein übersteigertes Vertrauen in die vermeintliche Anonymität im Internet. Snakecity erklärt Besuchern mit einem roten Ticker, dass derartige EMails nicht von dort stammen.


    Mittwoch, den 03. Mai 2006

    Rufmord im Internet

     
    .   Selbst das Wall Street Journal greift das Thema der Anonymität des Internets auf, WSJ 4/27/6, B1. Stalker, Identitätsdiebe und Durchschnittsverrückte nutzen mit Webseiten veröffentlichte Inhaberdaten, und ein Schutz der Benutzer des Internets ist unverzichtbar.

    Andererseits sieht die Medienwirtschaft, die dem Internet ohnehin traditionell mit Angst statt Engagement gegenübersteht, im Plan von ICANN zur Reduzierung von Daten im Whois-Domainverzeichnis die Gefahr, Verletzer geistiger Eigentumsrechte nicht mehr verklagen zu können.

    Auch für Opfer von Internet-Rufmord stellt sich die Frage, ob Anonymität im Internet ein Vor- oder ein Nachteil ist. Wessen Ruf im Internet zerfetzt wird, der möchte nicht auch private Daten in Verbindung mit verleumderischen Einträgen in Foren, wie beispielsweise bei fuckedcompany.com mit dem Arbeitstitel Super Happy Fun Slander Corner!, sehen.

    Wenn ich der deutsche Diethelm Goeckel wäre, über den dort unter der Überschrift Überglückliche Spaß-Verleumdung anonym phantasiert wird, würde ich mich auf die Seite der Medienwirtschaft schlagen. Die Rechteverfolgung des Opfers vereinfacht sich ja mit der Veröffentlichung von Privatdaten.

    Wer die Internet-Foren-Kultur kennt, weiß um den Wert solcher Foren-Einträge: Null oder weniger. Anscheinend gibt es jedoch Leser, die für wahr halten, was sie im Internet finden, gleich wie abstrus das Forum ist, und selbst wenn es wie im Falle von fuckedcompany.com nur auf Gerüchte und Unverschämt- und Unverfrorenheit ausgelegt ist.



    Frag nicht den Bund

     
    .   Vom Bund darf der Bürger nicht viel erwarten, wenn die Vogelgrippe in den USA wie erwartet in den nächsten Monaten ausbricht, lautet der Tenor des Berichts des Heimatlandsicherheitsministeriums in Washington vom 3. Mai 2006 betitelt National Strategy for Pandemic Influenza. Die Bundesministerien werden im von George Bush unterzeichneten, 234-seitigen Bericht angewiesen, die Strategie auf dem Verordnungswege umzusetzen, doch der Bürger werde sich primär auf die Einzelstaaten, Kreise und Städte verlassen müssen.



    Dienstag, den 02. Mai 2006

    Extremismus im Netz

     
    HG - Washington.   Am 1. Mai 2006 veranstaltete das Washingtoner Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Podiumsdiskussion über rassistisch geprägten Extremismus im Internet und seinen zunehmenden Anreiz für die Jugend. Redner waren Autor Daniel Levitas, Anwalt und Antisemitismus-Experte Kenneth Stern, FES-Projektleiter Dietmar Molthagen und der Legal Director der American Civil Liberties Union, Steven R. Shapiro.

    Shapiro erläuterte, warum Hate Speech in den USA nicht nur weniger verfolgt wird als in Europa, sondern in gewissem Umfang sogar geschützt. Einerseits basiert das US-Recht auf dem Schutz des Individuums, womit nur Angriffe auf einzelne Personen berücksichtigt werden. Hate Speech ist nur dann strafbar, wenn sie dazu geeignet ist, gesetzeswidrige Aktivitäten hervorzurufen. Sie wird dann aber auch als Incitement, also Anstiftung zu Verbrechen, hart bestraft. Keinesfalls toleriert wird Hate Speech am Arbeitsplatz und in Schulen.

    Grund für die gesetzgeberische Zurückhaltung ist, dass US-Amerikaner ihrer Regierung misstrauen. Sie befürchten, dass sie nicht gestoppt werden könne, wenn die Redefreiheit auch nur einmal beschränkt wird. Sie vertrauen vielmehr dem Prinzip, dass die Antwort auf eine Meinungsäußerung eine weitere, entgegengestellte Meinungsäußerung ist. Zudem sind die USA bisher nie von einer extremistischen Bewegung im eigenen Land bedroht worden.

    Aus diesem Grund werden europäische Urteile gegen Webseiten mit extremistischem Inhalt, die sich auf US-Servern befinden, in den USA nicht vollstreckt. Dies bestätigte das US-Berufungsgericht des neunten Bezirks am 23. August 2004 in der Sache Yahoo v. LICRA et al., Az. 01-17424; vgl. auch Susanne Wagner, Yahoo! und die Nazi-Devotionalien.



    Anerkennung in USA

     
    .   Die Anerkennung fremder Urteile in den USA wird immer als Anerkennung ausländischer Urteile bezeichnet. Das bedeutet, das Urteil aus Maryland gilt in Virginia als ausländisch. Die Anerkennung von Urteilen aus dem nichtamerikanischen Ausland wird im allgemeinen wie die Anerkennung inländischer Urteile gehandhabt, doch gilt das Verfassungsprinzip des Full Faith and Credit nicht für sie.

    In der Praxis erfolgt die Anerkennung inländischer und ausländischer Urteile, die auf vollstreckbare Geldbeträge tenoriert sind, im allgemeinen recht zuverlässig. In der Theorie stellen sich jedoch zahlreiche Fragen, weil das Anerkennungs- und Vollstreckungsrecht nur teilweise gesetzlich ausgebildet ist. Zudem wird im internationalen Verkehr auf das Comity-Prinzip abgestellt, das Elemente wie Gegenseitigkeit und Usancen zwischen Souveränen enthält, doch keinen klaren Mechanismus.

    Gisela Rühls lesenswerte Darstellung Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in den USA im Recht der Internationalen Wirtschaft, 2006, 192, führt in die Theorie nach dem lege ferenda ein. Sie erörtert insbesondere den Entwurf des American Law Institute, eines jener einflussreichen Gremien von Rechtsanwälten und anderen Juristen, das Gesetzesvorlagen als Muster zur Annahme durch die einzelnen Staaten in jahrelangen, höchst interessanten Diskussionen entwickelt.


    Montag, den 01. Mai 2006

    Bundeskompetenz ausgedehnt

     
    .   Weder die Bundesverfassung noch Gesetze schränken das Recht der Bundesgerichte ein, im einzelstaatlichen Familien- und Nachlassrecht aktiv zu sein. Doch hat sich eine Rechtstradition herausgebildet, die die Bundesgerichte aus diesen Streitigkeiten heraushält. Im Fall Vickie Lynn Marshall v. E. Pierce Marshall, Az. 04-1544, entschied der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten am 1. Mai 2006, dass dieses ungeschriebene Recht in einem Erbfall nicht so eng ausgelegt werden darf, dass eine Witwe ihren Schadensersatzanspruch wegen unerlaubten Eingriffs in Vertragsverhältnisse gegen einen Miterben nicht vor dem Bundesgericht durchsetzen dürfe.



    Er war's, nicht ich

     
    .   Dass solch ein Fall bis vor den Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington kommen muss, ist kaum zu glauben: Der Angeklagte wollte zu seiner Entlastung den Beweis antreten, dass ein anderer die Tat beging und gestand. Das Gericht verwehrte ihm dieses Recht. Der Supreme Court entschied am 1. Mai 2006 in Sachen Bobby Lee Holmes v. South Carolina, Az. 04-1327, 547 US __ (2006), dass die mit starken forensischen Beweismitteln untermauerte Verteidigung zulässig ist.



    Lügendetektor wertlos

     
    .   Die American Polygraph Association verteidigt den Einsatz von Lügendetektoren, doch die Medien weisen heute auf den geringen Wahrheitswert der Geräte hin. Allein der psychologische Druck ist wertvoll. Die Angst vor dem von einer objektiven Maschine ausgespuckten Ergebnis führt Prüflinge zu Geständnissen oder Erklärungen, die sie sonst nicht abgeben würden.


    Sonntag, den 30. April 2006

    US-Verfassung in Berlin

     
    .   1979 fand die US-Verfassung in Berlin Anwendung. Die bestätigende Entscheidung lautet U.S. v. Tiede, Az. 86 FRD 227, vom 14. März 1979. Sie wurde vom United States Court of Berlin erlassen, nicht vom United States District Court for the District of Berlin.

    Ein weiterer rechtshistorisch interessanter Aspekt ist der Einsatz einer Jury in einem Verfahren in Deutschland. Die Geschworenen waren aus 500 Berlinern aus dem amerikanischen Sektor auszuwählen, um nach amerikanischem Prozessrecht eine Flugzeugentführung zu beurteilen.



    Samstag, den 29. April 2006

    Vertrag teilweise nichtig

     
    .   Kann ein zur Investition eingerichteter Lebensversicherungsvertrag gekündigt werden, wenn ein Teil seiner Bestimmungen nichtig, unmöglich oder unpraktisch wird?

    Diese Fragen erörtert das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in seinem Urteil in Sachen Paul M. Prusky et al. v. Reliastar Life Insurance Company, Az. 05-1511, am 20. April 2006. Zur Nichtigkeit stellt das Gericht fest, dass die Unwirksamkeit lediglich der Investitionsbestimmungen nach dem auf den Vertrag anwendbaren einzelstaatlichen Recht nicht den gesamten Vertrag unwirksam macht.

    Die lesenswerte Darstellung der Unmöglichkeits- und Praktikabilitätsregelungen des Vertragsrechts führt das Gericht anhand des konkreten Sachverhalts zur Feststellung, dass die Parteien an den Vertrag gebunden blieben.


    Freitag, den 28. April 2006

    Strafschadensersatz 1x1

     
    .   Was über den Strafschadensersatz ergoogelt werden kann, grenzt an Hysterie. Nur selten meldet sich eine rationale Stimme, die im deutschsprachigen Raum aufgrund wissenschaftlicher Recherchen oder praktischer Erfahrung im US-Recht das Zerrbild über dieses erschreckende Konzept im amerikanischen Recht richtigstellt. Dabei ist es doch so einfach:

    Punitive Damages sind für Extremfälle vorgesehen. Sie gehören nicht zu jeder Schadensersatzklage in den USA. Wenn die Zivilgeschworenen einen Strafschadensersatzanspruch bejahen, kann er noch in der ersten Instanz korrigiert werden. Der Richter darf den Geschworenenspruch verwerfen und ein neues Verfahren anordnen. Er kann auch den Spruch der Jury durch das Remittitur herabsetzen. Wenn die erste Instanz Fehler begeht, gibt es die Korrektur durch die nächsten Instanzen.

    Bevor eine für Pressemeldungen interessante Summe ausgezahlt werden muss, kann so viel geschehen! Nur berichtet die Presse fast nie über das Verfahren nach dem Verdikt der Jury. Außerdem gilt ganz grundsätzlich, dass man heute nicht mehr mit den Zahlen aus der Zeit vor dem April 2003 argumentieren darf. Damals führte der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington im Fall State Farm v. Campbell, 538 US 408 (2003), nach langem Zögern eine Berechnungsformel für den Strafschadensersatz ein, die Wahnsinnsbeträge verfassungswidrig machte.

    Seit diesem Urteil des Supreme Court muss der Strafschadensersatz verhältnismäßig sein. Er darf das Neunfache vom tatsächlichen Schadensersatz nicht überschreiten. Auch ein Schiedsgericht muss die materiellen Grenzen des Strafschadensersatzes beachten.

    Verharmlosen darf man das Konzept genauso wenig wie seinen Missbrauch durch manche auf Erfolgsbasis arbeitende Rechtsanwälte in den USA, die oft Fälle nur annehmen, wenn sie einen Anspruch auf Strafschadensersatz geltend machen können.

    Obwohl sich zahlreiche Quota-Litis-Lawyers wie Hyänen gebärden, gibt es auch bei ihnen ein Korrektiv. Sie kennen die Rechtsprechung und lehnen Mandate ab, die keine nahezu 100-prozentige Erfolgsaussicht vor der Jury versprechen. Selbst dann kalkulieren sie, dass von 20 Fällen vielleicht einer rentabel ist. Als Gegner muss man sie im konkreten und in der Regel seltenen Fall hinnehmen, doch darf man sich beim Markeintritt in die USA nicht von sensationellen Pressemeldungen oder Google-Ergebnissen einschüchtern lassen.



    Urheber: Jede Kopie zählt

     
    CB - Washington.   In Sachen WB Music Corp. v. RTV Communication Group, Az. 04-3901-cv, stellte das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks am 19. April 2006 fest, dass jedes illegal kopierte Musikstück auf einer CD jeweils eine Urheberrechtsverletzung darstellt, unabhängig davon, ob die Musikstücke auf dieselbe CD kopiert werden.

    Klägerin ist eine Plattenfirma, die Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung begehrt. Die Beklagte kopierte ohne Zustimmung der Klägerin 13 Musikstücke auf sieben CDs. Das erstinstanzliche Gericht nahm an, dass ein Werk und damit nur eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn zwei oder mehr Musikstücke auf die gleiche CD kopiert werden und bejahte deshalb sieben Urheberrechtsverletzungen.

    Das Bundesberufungsgericht geht aufgrund obiger Auffassung davon aus, dass 13 Urheberrechtsverletzungen nach dem US-bundesrechtlichen Copyright Act vorliegen. Es hebt das erstinstanzliche Urteil auf und weist den Rechtsstreit an das Untergericht zurück mit der Maßgabe, die Höhe des Schadensersatzes unter Zugrundelegung der Ansicht des Berufungsgerichtes neu zu berechnen.



    Razziengerüchte

     
    .   Razziengerüchte machen unter spanischsprachigen Einwohnern der USA die Runde, und schon vor dem für den 1. Mai 2006 angekündigten Boykott der US-Wirtschaft durch illegale Einwanderer verlassen viele der mittlerweile auch als Invasoren bezeichneten Ausländer aus Angst nicht mehr das Haus.

    Um 19 Uhr werden die hispanischen Radiosender der USA eine spanische Fassung der US-Nationalhymne aussenden, um den Patrotismus der legal und illegalen Einwohner zu illustrieren.

    Einwandererhilfsorganisationen verlangen derweil von der Bundesregierung Maßnahmen zum Schutz der illegalen Einwanderer gegen die Durchsetzung des Einwanderungsrechts.


    Donnerstag, den 27. April 2006

    Umweltpreis für Juristen

     
    CB - Washington.   Für ihren Einsatz für den Umweltschutz wurden am 26. April 2006 sechs Personen mit dem Goldman-Preis geehrt. Der Preis wird seit 1990 jährlich von der Goldman-Stiftung vergeben und ist der höchst dotierte Preis für Umweltschützer, die aus privater Initiative handeln.

    Die mit je 125.000 Dollar dotierte Auszeichnung geht in diesem Jahr unter anderen an den Liberianer Silas Siakor, der aufdeckte, dass Expräsident Charles Taylor mit dem illegalen Abholzen des Regenwaldes den Bürgerkrieg finanzierte. Sein Bericht an den UNO-Sicherheitsrat führte zu einem Boykott von Tropenholzexporten aus Liberia.

    Ausgezeichnet wurden auch die Anwältin Anne Kajir aus Papua-Neuguinea und Tarcisio Feitosa Da Silva aus Brasilien für ihr Engagement für den Schutz des Regenwaldes in ihrer Heimat. Die Juristin Olya Melen aus der Ukraine erhielt den Preis, da sie gegen den Bau eines Kanals im Donau-Delta klagte, der Vietnam-Veteran Craig Williams aus Kentucky, weil er sich für mehr Sicherheit bei der Lagerung und Beseitigung chemischer Waffen einsetzt, und der Chinese Yu Xiaogang, weil sein Programm die negativen Auswirkungen eines Staudamms am Lashi-See im Südwesten Chinas mindert.

    Die Gewinner wurden in Washington in einer von der National Geographic Society ausgerichteten Zeremonie ausgezeichnet.


    Mittwoch, den 26. April 2006

    Iranembargo trifft Ausland

     
    .   Gegen den Widerstand der exportorientierten Wirtschaft hat das Repräsentantenhaus am 26. April 2006 mit 397 zu 21 Stimmen den Gesetzesentwurf Iran Sanctions Act angenommen. Der im Senat noch nicht angenommene Entwurf H.R. 282 setzt unter anderem ausländische Unternehmen Sanktionen der Vereinigten Staaten aus, wenn sie das scharfe amerikanische Embargo-Recht missachten. Das gilt auch für Produkte des Auslands, die amerikanische Bestandteile enthalten.



    Zwang oder Ermessen?

     
    .   Wenn eine Schiedsklausel den Weg zur Schlichtung, dann im Ermessen einer Partei zum Schiedsgericht vorschreibt und diese Partei sich gegen das Schiedsverfahren entscheidet, kann das ordentliche Gericht sie nicht zur Teilnahme am Schiedsverfahren verpflichten. Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks entschied in Sachen Albert M. Higley Company v. N/S Corporation, Az. 05-3394, am 17. April 2006, dass die Klausel nicht so zu verstehen sei, der Streitfall sei mit der Weigerung der Teilnahme erledigt. Vielmehr ist er dann vor dem ordentlichen Gericht auszufechten. Die Ermessensregelung ist auch nach Wilson Elec. Contractors, Inc. v. Minnotte Contracting Corp., 878 F.2d 167, 169 (6th Cir. 1989), zulässig.


    Dienstag, den 25. April 2006

    Mit Alkohol festgenommen

     
    .   Erst ab 21 darf man Alkohol trinken oder mit sich führen. Die unbenannten Kläger waren jünger und wurden festgenommen und drei bis sieben Stunden lang verhört. Sie klagen wegen der Verfassungswidrigkeit der Festnahme, denn sie sehen das Verbotsgesetz nicht als Straf-, sondern als Ordnungswidrigkeitsvorschrift an.

    Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks erörtert in seinem Urteil in Sachen John Doe et al. v. Metropolitan Police Department of the District of Columbia et al., Az. 04-7114, am 25. April 2006 detailliert die Regeln der Gesetzesschaffung und -auslegung. Unterschiedliche Bestimmungen gelten für die verschiedenen Kläger. In einem Fall durfte die Polizei zu Recht davon ausgehen, dass die Festnahme aufgrund einer strafrechtlichen Regelung gestattet sei, selbst wenn die Vorschrift sich als Ordnungswidrigkeit erweist. Die Klage wird abgewiesen.

    Im Falle der restlichen Kläger war das einzelstaatliche Verbotsgesetz unverkennbar kein Strafgesetz. Der United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit verweist daher das Verfahren zur weiteren Beurteilung der Rechtsfolgen der rechtswidrigen Festnahme an das Untergericht zurück.

    Dieser Jugendschutz ist in jeder Rechtsordnung der USA unterschiedlich ausgestaltet. Lediglich die Verpflichtung der staatlichen Gesetzgeber, entsprechende Verbote zu erlassen und durchzusetzen, stammt vom Bund. Seine Wirkung besteht hauptsächlich im vermehrten Alkoholkonsum durch immer jüngere Verbraucher, in steigenden Kosten für gefälschte Ausweispapiere und in einer vorbestraften Jugend.


    Montag, den 24. April 2006

    IPod weg für Opensource?

     
    .   Wer wirft schon seinen iPod weg, weil er dem Opensource-Lizenz-Prinzip treu sein will? Diese Frage löst Freespire als Linux-Variante, die ab heute einerseits eine reine Opensource-Lösung anbietet, andererseits eine Version mit lizensierten Treibern proprietärer Systeme. Opensource-Entwickler dürfen mit entsprechender Nutzungsgenehmigung der Inhaber dieser proprietären Software auch deren Treiber weiterentwickeln und -verbreiten. Freespire beschreibt den rechtlichen Spagat als Vision, dank deren Linux auch vom Durchschnittsverbraucher genutzt wird.



    Web-Sex kennzeichnen

     
    .   Mit höchster Priorität will Bundesjustizminister Gonzales die Pflicht zur Kennzeichnung von Sex einschließlich verdeckten Intimbereichen in seiner Amtszeit verfolgen. Seine Pressemitteilung wird im ZDNet-Bericht Gonzales calls for mandatory Web labeling law erörtert. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, HR 4472, namens Child Pornography Prevention and Obscenity Prosecution Act of 2005 ist im Repräsentantenhaus anhängig, das die Bush-Partei dominiert. Da wird auch wohl der Dateiname der Webseite des Ministers gekennzeichnet werden müssen: a Ggonza Lesbio .html klingt suspekt.



    Kritik an Arzneikontrolle

     
    .   Schwere Kritik richtet der Untersuchungsarm des Bundes, das General Accounting Office, an das Bundesnahrungs- und arzneikontrollamt. Nach seinem am 24. April 2006 veröffentlichen Bericht fehlen der Food and Drug Administration Mittel und Wege, die ihr gesetzlich überantworteten Kontrollpflichten umzusetzen, die für die Arzneimittel nach ihrer Markteinführung erforderlich sind. Das GAO empfiehlt eine Ausweitung der Zuständigkeiten des Amtes durch gesetzgeberische Korrekturen. Der GAO-Bericht verzeichnet als Beispiele detaillierte Erfahrungen mit den Medikamenten Baycol, Bextra und Propulsid.


    Sonntag, den 23. April 2006

    Tot oder verletzt?

     
    .   Boston.com News erklärt am 20. April 2006 laienverständlich die Jahr-und-Tag-Regel, nach der sich im Strafrecht beurteilt, ob ein Täter wegen Tötung oder Körperverletzung eines überlebenden Opfers belangt wird.

    Die konkrete Rechtsfrage betrifft einen Fall, in dem das Opfer zwei Jahre nach der Tat verstarb, die Tat also um mehr als ein Jahr und einen Tag überlebte. Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung wollen vom Obersten Gericht des Staates Vermont klären lassen, ob diese Regel Bestandteil des Common Law, des Richterrechts, von Vermont und damit auf diesen Fall anwendbar ist.

    Das amerikanische Recht hat das englische Common Law rezipiert und selbst in jedem Staat anders weiterentwickelt. Deshalb unterscheiden sich die etwa 54 nicht-bundesrechtlichen amerikanischen Rechtsordnungen zum Teil selbst im nicht-gesetzlichen Recht erheblich.


    Freitag, den 21. April 2006

    Vertreibung injustiziabel

     
    .   Die Vertreibung der Bewohner von Diego Garcia kann nicht von Gerichten auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden, entschied auch das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks. Die Einwohner waren nach ihren Behauptungen zuerst weggeekelt, dann vertrieben worden, weil die Vereinigten Staaten mit britischer Unterstützung einen Stützpunkt im indischen Ozean einrichten wollten.

    Der United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit - oft als zweithöchstes Gericht der USA bezeichnet - hielt sich in Sachen Olivier Bancoult et al. v. Robert S. McNamara et al., Az. 05-5049, am 21. April 2006 an den Präzedenzfall Baker v. Carr, 368 US 168 (1962), des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington, der die justiziable Frage von der von Gerichten nicht nachprüfbaren politischen Frage abgrenzt.

    Die Ansprüche der von Studenten vertretenen Kläger gegen die beklagten Minister und Amtsinhaber misst das Gericht an §228(1) des Restatement (Second) of Agency (1958) und bestätigt, dass sie als Vertreter handelten. Ihre Handlungen fallen damit unter dieselben Gewaltenteilungserwägungen wie die der Exekutive als im außenpolitischen Bereich Handelnde.

    Im Ergebnis gelangen die USA damit gleichermaßen zur Abweisung der Ansprüche der heimatvertriebenen Tschagosianer wie das Vereinigte Königreich. In England hatte die Königin den für die Vertriebenen positiven gerichtlichen Ausgang aufgehoben, siehe R. v. Secretary of State for Foreign & Commonwealth Affairs (Ex parte Bancoult), [2001] QB 1067 (2000), und Written Ministerial Statement of Parliamentary Under-Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs, 422 Parl. Deb. (Hansard), H.C. (2004) 32-34WS.



    Digitale Bürgerfreiheit

     
    .   Auf dem vom Linux-Anbieter Linspire inspirierten Kongress Annual Desktop Linux Summit wird auch die Befreiung der in den letzten Jahren eingeschränkten digitalen Bürgerrechte angesprochen. Zum Thema zählt die legale Umgehung von Verboten sowie der aus technischer und rechtspolitischer Sicht unsinnige Einsatz immer neuer Verbote im digitalen Raum. Im wesentlichen behandelt die Konferenz am 24. und 25. April 2006 jedoch das Geschäftsmodell der Open Source-Bewegung und wird von zahlreichen renommierten und neuen Unternehmen veranstaltet, die die einfache, benutzerfreundliche Verwendung von Linux als Desktop realisiert haben.


    Donnerstag, den 20. April 2006

    Frech bei Freunden

     
    .   Die vom Berufungsgericht beurteilten Sexbelästigungsmerkmale für Fernsehgestalter sind vom Obersten Gericht überprüft worden. Der Supreme Court hat die hier am 27. April 2005 erörtete Berufungsentscheidung revidiert. Die Klage wegen anzüglicher Ausdrucksweisen im Fernsehprogramm Friends wird abgewiesen. Die sexuelle Natur der Dialoge darf nach dem einzelstaatlichen Fair Employment and Housing Act nicht als haftungsbegründende Belästigung der Programmmitarbeiter gewertet werden, bestimmte das Gericht des Staates Kalifornien in Sachen Amaani Lyle v. Warner Brothers Television Productions et al. am 20. April 2006.


    Mittwoch, den 19. April 2006

    Umgehung durch Microsoft

     
    .   Vorsitzender Richter Mark Wolf am Bundesgericht in Boston annullierte gestern mit harschen Worten einen Versuch von Microsoft, das amerikanische Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, als Alternative zum Verfahren nach E.U.-Recht zu verwenden, um an gewünschte Unterlagen der Konkurrenz zu gelangen. Die auf der Webseite des Gerichts nicht angebotene zwölfseitige Entscheidung vom 17. April 2006 ist ein Beispiel für die Zurückhaltung amerikanischer Gerichte im internationalen Verkehr. Allerdings ist die Zurückhaltung nicht offensichtlich, weil nur wenige Parteien finanziell in der Lage sind, die Ausnahmen zum Blankovorlagegebot nach den Regeln der Discovery vor Gericht auszufechten.



    Merkmale der Dritthaftung

     
    KW - Niederkassel.   In Sachen Stoneridge Investment Partners, LLS v. Scientific-Atlanta, Inc.; Motorola, Inc., Az. 05-1974, stellte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 11. April 2006 drei Grundsätze zur Dritthaftung der Beklagten als Mitwisser oder Anstifter einer Bilanzfälschung auf.

    Charter Communications, Inc., schloss mit den Beklagten einen Vertrag über die bedarfsgerechte Lieferung von TV-Boxen. Sie zahlte $20 mehr pro Box, die in Form von Werbegebühren von den Verkäufern an Charter zurückgezahlt werden sollten. Der Kläger behauptete, dass diese Regelung den Cash-Flow in der Bilanz im 4. Quartal 2000 um $17 Mio. erhöhte, obwohl diese keine wirtschaftliche Grundlage darstellte. Zudem wurden in der Bilanz die $20 pro Box als zusätzliche Werbeeinnahmen ausgewiesen. Die Kläger verwiesen darauf, dass die Analysten die Bilanz als Grundlage für Aktienempfehlungen verwenden würden. Damit läge ein Verstoß gegen 15 USC §78j(b) vor. Das Berufungsgericht wies die Klage ab.

    Das Berufungsgericht stellte drei Grundsätze auf, nach denen eine Haftung der Anstifter oder Mitwisser nicht vorläge. Erstens gelte die kategorische Erklärung des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington, dass ein privater Kläger eine Klage nach 17 CFR §240.10b-5 wegen Handlungen, die nicht von §10b-5(a) bis (c) verboten sind, nicht gegen den Beklagten durchsetzen kann. Zweitens sei eine Anordnung nicht irreführend im Sinne des §10(b), es sei denn es läge eine Falschangabe oder eine unterlassene Offenbarungspflicht vor. Drittens bedeute das Wort manipulative in §10(b), dass ein Beklagter, der keine Falschangabe abgegeben hat oder konkret bei der Täuschung mitgewirkt hat, regelmäßig als Anstifter gelte, und somit nicht unter §10(b) falle.

    Im vorliegenden Fall hatte Charter alle Finanzberichte und Presseartikel selbst veröffentlicht. Die Beklagten waren hieran nicht beteiligt. Daher traf sie keine Pflicht, den Investoren nähere Informationen bezüglich der Bilanzen zu geben. Zudem würde eine andere Auffassung zu ausufernden Pflichten der Geschäftspartner führen und Unsicherheiten für diese bedeuten.


    Dienstag, den 18. April 2006

    Ein L mehr oder weniger

     
    .   Im Streit um einen Domainnamen mit einem L mehr oder weniger verzichtete der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington mit Beschluss vom 17. April 2006 darauf, die Revision nach dem Antrag, certiorari, anzunehmen. Damit bleibt das Urteil des Bundesberufungsgerichts des vierten Bezirks im Streit Jerry Falwell et al. v. Christopher Lamparello, Az. 05-980, zwischen dem Sektenführer Falwell und dem Sektenkritiker Lamparello mit dem Domainnamen fallwell.com bestehen. Das Urteil ließ beide Domains nebeneinander bestehen und bereichert damit das amerikanische Recht der Domainnamen.



    DNA entlastet nicht

     
    .   Ein DNA-Test ergab, dass keine Spuren vom Vergewaltigungsopfer zu den mutmaßlichen Tätern führen, doch hat die Staatsanwaltschaft die Strafgeschworenen, Grand Jury, davon überzeugen können, dass Sportler der Duke Universität angeklagt werden müssen.

    Der Skandal in Sachen State of North Carolina v. Collin Finnerty, Reade W. Seligmann, Az. 06CRS4331-36, weist Rassen- und Klassenaspekte auf und ist seit Wochen Thema Nummer eins in allen Nachrichten.



    Gerichtsbarkeit bei Buchvertrag

     
    KW - Niederkassel.   In Sachen Mary E. Bonner Johnson v. Richard W. Woodcock, Az. 05-2192, bestätigte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 7. April 2006 bei einem Buchvertragsverhältnis und einem abgebrochenen Kontakt zum Forumstaat, dass Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gerichts im Sinne von Personal Jurisdiction ein hinreichender bestehender Kontakt zwischen diesem Staat und Beklagtem sei.

    Johnson unterstützte Woodcock in den 70er Jahren bei der Veröffentlichung eines Buches. Woodcock erhielt hierfür 90% und Johnson 10% der Lizenzgebühren. Auch nachdem Woodcock 1977 aus Minnesota wegzog, blieben beide bis 1989 in geschäftlicher Verbindung. Seit den frühen 80er Jahren lebte Woodcock nie wieder in Minnesota, und veröffentlichte dort lediglich bei einem Verlag zwei Bücher. 1997 schloss Woodcock mit Mitverfassern, darunter einem aus Minnesota, einen Veröffentlichungsvertrag bezüglich einer Drittauflage.

    Hiergegen erhob Johnson Klage im Bezirk von Minnesota wegen Vertragsbruchs. Das Bezirksgericht wies die Klage wegen fehlender Zuständigkeit ab. Dies bestätigte das Berufungsgericht. Personal jurisdiction läge nur dann vor, wenn zwischen dem Staat und dem Beklagten ein hinreichender Kontakt bestehe, etwa wenn der Beklagte den Schutz des Staates in Anspruch nähme. Dieser Kontakt müsse entweder zum Zeitpunkt der widrigen Handlung, der Klageerhebung oder in einer angemessenen Zeit nach Eingang der Klage bestehen.

    Weiterhin trage hierfür der Kläger die Beweislast, wobei das Gericht für die Überprüfung fünf Fallgruppen aufgestellt hat. Der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington unterscheide zudem zwischen Specific Jurisdiction, die nur vorläge, wenn die Streitigkeit aus einem früheren Kontakt mit dem Staat herrühre, und General Jurisdiction, bei der ein durchgehender Kontakt mit dem Staat bestehen müsse.

    Johnson machte geltend, dass die Streitigkeit aus der Beziehung stamme, die beide in Minnesota entwickelten. Hierzu führte das Berufungsgericht aus, dass der entscheidende Zeitrahmen überschritten sei. Auch der telefonische Kontakt, die Herkunft eines der Koautoren aus Minnesota und die Veröffentlichung der beiden anderen Bücher rechtfertigten nicht die Zuständigkeit des Gerichts.



    DAJV-Tagung am 13. Mai

     
    .   Die Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung e.V. lädt zu einer Fachgruppentagung am 13. Mai 2006 in Frankfurt ein. Das Programm und die Anmeldeunterlagen befinden sich auf der DAJV-Webseite.

    Thematisch stellen die Fachgruppen ein vielfältiges und lernintensives Angebot bereit. Von Erfahrungen im transatlantischen Schiedswesen über die Zustellung nach dem Rückzug von Bertelsmann reicht die Palette bis zu esoterischen Themen wie die aktuelle Entwicklung des Föderalismus in Deutschland und den USA.

    Praktische Rechtsfragen wie die Zukunft der IT- und Medienbranchen unter dem Sternen der Grokster-Entscheidung und des Open-Source-Konzepts runden das Programm ab. Alle Foren sind mit hochkarätigen Referenten aus Deutschland und den Vereinigten Staaten besetzt.


    Montag, den 17. April 2006

    Schlanke Kinder, potente Frauen

     
    HG - Washington.   Die strengen Maßstäbe, die das US-Recht an Werbung für Heilmittel stellt, werden im Bundesanzeiger seit 17. April 2006 in Sachen Dynamic Health of Florida, LLC, Az. 9317, ab Seite 19728 der Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt.

    Dynamic Health will ein Schlankheitsmittel für Kinder sowie ein Potenzmittel für Frauen auf den Markt bringen. Laut der für Werbe-Regulierung zuständigen Verbraucherschutzzentrale müssen die von dem Unternehmen versprochenen Ergebnisse der Mittel kompetent und wissenschaftlich bewiesen sein; ebenso wie sonstige Vorteile und Wirkungen. Vorhandene Tests sowie deren Ergebnisse und Schlussfolgerungen dürfen nicht verheimlicht oder verfälscht werden.

    Die Allgemeinheit kann zu dieser Regelung gegenüber der Federal Trade Commission noch bis zum 5. Mai 2006 Stellung nehmen.



    Qualität auf der Weide

     
    CB - Washington.   Bemühen um nationale Standards und damit höhere Qualität der Nutztierhaltung in den USA: Die Öffentlichkeit wird gebeten, dazu Stellung zu nehmen, ob eine Mindestanforderung von 120 Weidetagen für Nutztiere, insbesondere Milchkühe, festgelegt werden soll.

    Im Bundesanzeiger vom 13. April 2006 wird auf Seite 19131-19134 diese Einladung nach 7 USC §§6501-6522 ausgesprochen. Sie hat das Ziel, eine Ertragserhöhung der Milch- und Fleischproduktion herbeizuführen, Verbraucherschutzgesichtspunkten gerecht zu werden und dabei den Landwirten noch genügend Freiraum zu belassen, die Haltung ihres Nutztierbestandes klimatischen und regionalen Besonderheiten anzupassen.

    Die Beteiligung der Öffentlichkeit an Verordnungsgebungsverfahren ist im Bundesrecht zwingend vorgeschrieben.



    Kosten des Verfahrens

     
    .   Vioxx-Verfahren kosten etwa $1 Mio. auf der Klägerseite. Um Klagen für jedermann erschwinglich werden zu lassen, hat eine Gruppe von Klägeranwälten ein Informations- und Beweismittelpaket geschnürt, welches es an andere Anwälte gegen eine Quota Litis von 3% bis 6% vermarktet. Das soll die Verfahrenskosten auf etwa $50,000 reduzieren, berichtet das Wall Street Journal am 17. April 2006 auf S. B-1 unter dem Titel Vioxx 'Trial in a Box' Cuts Cost of Filing Suit. Die Ergebnisse der Vioxx-Klagen reichen bisher von Klagabweisungen bis zu verfassungswidrigen Strafschadensersatzzumessungen in astronomischer Höhe. Das Informationspaket dürfte den Aufwand des Ausforschungsbeweisverfahrens, Discovery, für Kläger und Beklagte reduzieren.



    Steuer erst morgen

     
    .   Die Bundessteuererklärung ist normalerweise am 15. April einzureichen. Dieses Jahr wird sie erst am 17. April gefordert. In der Hauptstadt, in Maryland sowie in anderen Staaten, in denen ein lokaler Feiertag auf den 17. fällt, sind die Income Tax Returns am 18. April 2006 einzureichen. Das gilt in dieser Region auch für die einzelstaatliche Steuererklärung sowie die Estimated Tax-Zahlungen.


    Sonntag, den 16. April 2006

    Schmerzensgeld im Vergleich

     
    CB - Washington.   In seinem Beitrag vom 13. April 2006, Schmerzensgeldansprüche in Deutschland und in den Vereinigten Staaten von Amerika, erläutert Klaus Weber die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Schmerzensgeldrecht.

    Zunächst zeigt er die rechtshistorischen Grundlagen und Entwicklungen von Schmerzensgeldansprüchen im deutschen Recht auf, legt deren Funktionen, mögliche Arten der Verletzung und die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes dar und veranschaulicht dies an Beispielsfällen.

    Mit dieser Vorgehensweise widmet er sich anschließend auch dem amerikanischen Schmerzensgeldrecht. Dabei arbeitet er die divergierenden Ansätze in den beiden Rechtssystemen anschaulich hervor und erörtet deren unterschiedliche Gewichtung in dem jeweiligen Rechtssystem.

    Der Beitrag eignet sich daher für alle Leser, die vom amerikanischen Rechtskreis berührt werden.


    Samstag, den 15. April 2006

    DBA erlaubt Doppelsteuer

     
    .   Seit 1986 werden Einkommen nach dem Bundeseinkommensteuerrecht zweimal berechnet: Einmal als Normalsteuer mit Abzügen, einmal als Alternative Minimum Tax ohne sie. Auf dem zweiten Weg sollten Spitzenverdiener zur Versteuerung verpflichtet werden. Heute ergreift die AMT die Mittelklasse. Die Auswirkung der AMT auf deutsche Einkünfte erörtert das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks am 11. April 2006 im Fall Peter M. Haver v. Commissioner of Internal Revenue, Az. 05-1269.

    Der Kläger arbeitete als US-Bürger in Deutschland und war nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA zur Anrechnung in den USA von in Deutschland gezahlten Steuern berechtigt, die er mit seiner US-Einkommensteuererklärung unter Verweis auf Art. 23(1) des D-USA-DBA geltend machte. Die Bundessteuerbehörde gewährte ihm jedoch nach den bis Ende 2004 geltenden AMT-Regeln in 26 USC §29(a)(2)(A)(2000) einen Anrechnungsbetrag von lediglich 90% der entrichteten deutschen Steuer und forderte die Differenz nach.

    Der Kläger behauptete, das DBA von 1991 als neueres Recht habe Vorrang vor der AMT aus 1986. Der Bund verwies hingegen auf die DBA-Sprachregelung, dass die Anrechnung vorbehaltlich der Beschränkungen amerikanischen Rechts gelte. Der Tax Court bestätigte diese Auffassung, die auch der Berufung standhielt. Der United States Court of Appeals for the District of Columbia prüfte zudem die Vereinbarkeit der DBA- und AMT-Bestimmungen. Es bestätigte, dass die DBA-Parteien den Staatsvertrag in Kenntnis der Weitergeltung ds AMT-Rechts abschlossen. Demnach stünde es den USA sogar frei, den Anrechnungsbetrag nach dem Abkommen auf dem Wege der AMT-Gesetzgebung auszuhöhlen.


    Freitag, den 14. April 2006

    Anarchie legal

     
    .   Der Hauptstadtbezirk, District of Columbia, ist rechtlich eigentümlich. Hier gibt es Menschenrechte, die sonst in den USA unbekannt sind. Der Bezirk ist kein Staat, sondern ein sui-generis-Bezirk. Wenn man genauer hinschaut, findet man Blüten wie diese Verfassungsbestimmung:
    Art. I Sec. 22. The Right to Change.
    The State with its institutions belongs to the people who inhabit it. Whenever a government fails to serve its people, they may exercise their inalienable right to alter, reform, or abolish it.
    .


    Donnerstag, den 13. April 2006

    Kurze Leiter, lange Leitung

     
    .   Er wusste, wo die langen Leitern zu holen waren. Doch der Installateur benutzte eine kurze. Mit ihr erreichte er kaum die Decke des Raums. Die Leiter fiel. Er verletzte sich. Seine Klage gegen seinen Arbeitgeber wegen der unterlassenen Darreichung der langen Leiter wies das Oberste Gericht des Staates New York am 4. April in Sachen Douglas Robinson v. East Medical Center et al., Az. 44, wegen mangelnder Kausalität ab. Der Arbeitnehmer ignorierte die angebotenen sicheren Arbeitsmittel. Seine Entscheidung war die sole proximate cause für die Verletzung. Dafür haftet er selbst.



    Partner am Ende

     
    .   We are Partners heißt es oft bei Vertragsverhandlungen in Amerika, ohne zu bedenken, welche Rechtsfolgen dem freundlichen Spruch entspringen. In eine Partnerschaft, eine Personalgesellschaft, einsteigen, kann im amerikanischen Recht einfacher als erwartet sein. Sich davon zu lösen ist meist schwieriger. Im Fall Philip. L. Tropeano et al. v. Charlene Dorman et al., Az. 05-1435, wollten die Beteiligten die Partnerschaft, und zwar für Erwerb und Nutzung eines Anwesens. Das Urteil des Bundesberufungsgerichts des ersten Bezirks vom 24. März 2006 stellt anschaulich dar, wie schwer der Ausstieg aus dem Partnership ist, das mittlerweile einen Wert von etwa $18 Mio. erreichte, sodass sich ein Rechtsstreit lohnte.

    Die Gründer des Unternehmens hatten im Partnership Agreement das Ende der Partnerschaft nach 30 Jahren vorgesehen. Später einigten sie sich beim Tode eines Mitgründers darauf, dass die Partnerschaft weiterbestehen sollte und räumten sich Ausstiegs- und Vorkaufsrechte sowie Bewertungsrecht ein, die die gesetzlich vorgeschriebene Auflösung beim Tode oder der Kündigung eines Partners abbedingen sollten. Die Nachkommen der Gründer führten das Unternehmen über die drei Jahrzehnte hinaus weiter, bis einige Partner ausscheiden wollten und ihren Partnerschaftsanteil aufkündigten.

    Der Vertrag traf für Fragen nach dem Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit keine Vorkehrungen. Das Gericht stellte daher auf den Vertrag, die Auslegungsregeln sowie die gesetzlichen Bestimmungen ab und stellte fest, dass nach dem Vertragsende die Partnerschaft jederzeit kündbar geworden war, ein At Will-Vertrag. Die Kündigung war zulässig. Die Rechtsfolge ist nicht die von den Ausscheidenden beabsichtigte, nämlich das Ausscheiden mit Rechnungslegung nach dem Uniform Partnership Act, einem in einzelstaatliches Recht umgesetztes Modellgesetz, sowie die Auszahlung, sondern die Auflösung der Gesellschaft.


    Dienstag, den 11. April 2006

    Text ins Telefon

     
    .   Vertragsbruch, Nichtzahlung, Kündigung und Forderung aus unerlaubter Handlung untersucht das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks im Fall Teragram Corporation v. Marketwatch.com, Inc., Az. 05-1635, am 5. April 2006. Aus einem recht normalen Softwarelizenzvertrag ergeben sich die bei neuen Techniken üblichen Schwierigkeiten in der Vertragsdurchführung. Die Software zur Belieferung von Telefonen mit Textinformationen funktioniert noch nicht richtig, die Zahlungen erfolgen schleppend, und als der Zahlungsverzug gerügt wird, kommen Schadensersatzgegenforderungen aus unerlaubter Handlung. Lesenswert ist das Urteil wegen der Erörterung der Ansprüche ebenso wie der Lektionen für das eigene Vertragsmanagement im IT-Markt.


    Montag, den 10. April 2006

    Textildesign markenungeeignet

     
    CB - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks, das für Markenrechtsfragen zuständig ist, entschied in Sachen In re Joanne Slokevage, Az. 05-1389, am 21. März 2006, dass eine optische Aufmachung von Textilien Produktdesign ist und deshalb für eine Registrierung als Marke gesondert festgestellt werden muss, dass die Marke aus einem Stück ist bzw. nicht zusammengesetzt ist.

    Slokevage beantragte die Eintragung ihrer Marke im Hauptverzeichnis. Die Ablehnung ihres Antrags bestätigte das Gericht auf Grund der Entscheidung des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington, in Sachen Wal Mart, 529 U&S 213 (2000). Das Gericht betrachtete die Frage, ob die optische Aufmachung von Textilien, in diesem Fall der Aufdruck "FLASH DARE!", verbunden mit flaggenförmigen Aufnähern zu beiden Seiten des Schriftzugs Produktdesign ist, als eine Tatsachenfrage und stellte fest, dass Kleidungsdesign Produktdesign ist.

    Die entscheidende Funktion einer Marke bleibe die Identifikation des Verbrauchers mit ihr, während das Produktdesign oft andere Funktionen habe, nämlich das Produkt für den Verbraucher attraktiver und nützlicher zu gestalten. Produktdesign sei nur dann schützenswert und damit eintragungsfähig, wenn es eine erkennbare Unterscheidbarkeit bezüglich anderer Kleidung aufweise oder eine gewisse Einheitlichkeit der hergestellten Kleidung bestehe. Dies bedürfe einer gesonderten Prüfung, welche in diesem Fall negativ ausgefallen ist.


    Sonntag, den 09. April 2006

    Plätzchen verwechselt

     
    .   Die markenrechtliche Verwechslungsgefahr von Plätzchen mit den Bezeichnungen Ricas und Nestle Ricas erörterte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks, in dessen Bereich auch Puerto Rico fällt, am 4. April 2006 im Fall Borinquen Biscuit Corp. v. M.V. Trading Corp., Az. 05-2591. Obwohl die älteren Ricas nur mit einer regionalen Markeneintragung geschützt sind, erlangen sie wegen der im einstweiligen Verfahren aufgrund vorgelegter Beweise zu vermutenden Verwechslungsgefahr bundesrechtlichen Markenschutz, stellte das Gericht anhand dieser Merkmale fest:
    (1) the similarity of the marks; (2) the similarity of the goods; (3) the relationship between the parties' channels of trade; (4) the relationship between the parties' advertising; (5) the classes of prospective purchasers; (6) evidence of actual confusion; (7) the defendant's intent in adopting its mark; and (8) the strength of the plaintiff's mark. Astra Pharm. Prods., Inc. v. Beckman Instruments, Inc., 718 F.2d 1201, 1205 (1st Cir. 1983).
    .



    Kaltes Konto aufgetaut

     
    .   Wenn der Staat im Rahmen einer Strafanklage Bankkonten einfriert, darf eine Partei, die zivilrechtlich ein Urteil gegen den Angeklagten erstritten hat, in solche Konten vollstrecken? Im Terrorvergeltungsfall United States of America v. Holy Land Foundation for Relief and Development etc. et al., Az. 04-11282, bejaht das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks am 4. April 2006 aufgrund besonderer Umstände diese Frage zumindest so weit, dass es den Fall zur weiteren Beurteilung an das Untergericht zurück verweist.


    Samstag, den 08. April 2006

    Auf den Zug springen

     
    .   Anwälte, die sich der Klagewelle gegen Altersheime anschließen wollen, werden per Spam von Nursinghomeabuselawyerdotcom um einen Mitgliedsbeitrag von $195 gebeten. Dies ist nur eins von zahlreichen Angeboten, Klagewellen anzuheizen und den Druck auf Beklagte zu verstärken, damit sie möglichst rasch und ohne eine kostspielige, rechtstaatliche Verteidigung vor Gericht Vergleiche abschließen. Die manipulierten Klagewellen werden mit Pressearbeit so ergänzt, dass Beklagte es sich gar nicht leisten können, ihre Reputation in einem langwierigen Verfahren selbst gegen unlautere Klagen zu verteidigen. Presse im Dienst der Erpresser, denkt man unwillkürlich.



    Graumarkt erfasst Originale

     
    .   Schutz für geistiges Eigentum gewährt das amerikanische Recht nicht lediglich nach Marken-, Urheber-, Patent- und Geschäftsgeheimnisrecht, sondern es erstreckt ihn nach Zoll- und Außenhandelsrecht auch auf den internationalen Handel. Gegen den Graumarkthandel kann beispielsweise der Markeninhaber mit der Anmeldung der Marke beim Zoll vorgehen, um die Möglichkeiten des Außenhandelsgesetzes auszuschöpfen. Einführend siehe Kochinke, Außenhandelsklagen nach §337 Tariff Act of 1930 in den USA, Recht der Internationalen Wirtschaft, 1985, 386.

    Im Fall Bourdeau Bros, Inc. et al. v. International Trade Commission et al., Az. 04-1588, bestätigte das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks, das als Sondergericht landesweit für Außenhandels-, Zoll- und Patentrecht zuständig ist, am 20. März 2006, dass auch amerikanische Originalprodukte als Graumarktprodukte zu werten sind, wenn sie in für das Ausland bestimmten Sonderversionen hergestellt und von Hersteller exportiert wurden. Die Einfuhr dieser Waren in die Vereinigten Staaten darf der Hersteller nach §337 über die International Trade Commission mit einem Bann belegen lassen, den der Zoll vollstreckt.

    Der Fall betrifft für den deutschen Markt bestimmte landwirtschaftliche Fahrzeuge der Marke Deere, die nach 18 USC §1337 unter Verstoß gegen das Bundesmarkenrecht, den Trademark Act of 1946, ohne die Zustimmung des Herstellers reimportiert wurden, vgl. Gamut Trading Co. v. Int'l Trade Commission, 200 F.3d 775, 777 (Fed. Cir. 1999). Die Unterschiede zwischen der Standard- und der Exportversion sind vorliegend so erheblich, dass Kunden über die Beziehung zwischen Marke und Hersteller getäuscht werden können, entschied der United States Court of Appeals for the Federal Circuit.

    Das Gericht verwies den Fall jedoch zur Neubeurteilung der Beweislage zurück, da die ITC unzureichend das Beweisangebot der Importeure gewürdigt hatte, der US-Hersteller hätte die für Deutschland bestimmten Produkte selbst in den USA vertrieben. Stimmt diese Behauptung, liegt kein Graumarktimport vor.


    Freitag, den 07. April 2006


    Arzt wirbt Unfallopfer

     
    HG - Washington.   Ein grundsätzliches Verbot für Ärzte, Beteiligte von Verkehrsunfällen per Telemarketing zu umwerben, verstößt gegen das verfassungsmäßig garantierte Recht auf gewerbliche Redefreiheit. Dies hat das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks im Verfahren Kirtland Speaks, D.C. v. Louisiana Bord Of Chiropractic Examiners, Az. 05-30054, am 29. März 2006 entschieden.

    Der Kläger ist Chiropraktiker und möchte eine Praxis in Louisiana eröffnen. Er plant, Patienten durch Telemarketing anzuwerben, deren Namen und Telefonnummern er zuvor aus frei zugänglichen Unfallreporten ermittelt hat. Dem stand eine einzelstaatliche Vorschrift, La. Rev. Stat. Ann. § 37:1743, entgegen, wonach Personen nicht umworben werden dürfen, die aufgrund besonderer Umstände anfällig sind für undue influence, das etwa dem unangemessenen unsachlichen Einfluss des § 4 Nr. 1 UWG entspricht. Als Beispiel für solche leicht beeinflussbaren Personen wurden Beteiligte eines kürzlich stattgefundenen Autounfalles genannt.

    Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass die Vorschrift zu weit gefasst ist und somit gegen die gewerbliche Redefreiheit verstößt, die in einem gewissen Grad durch das First Amendment, den ersten Zusatzartikel zur Verfassung, garantiert wird. Der Schutz der Privatsphäre der Patienten und deren Schutz vor undue influence hingegen können auch durch weniger eingreifende Maßnahmen garantiert werden. Die vom Kläger getroffenen Vorkehrungen wie Unterlassen von irreführenden Informationen und Offenbarung bestimmter Informationen während des Gesprächs, Speicherung und Weiterleitung der Gesprächsinhalte u.ä., stellen weniger einschneidende Alternativen dar. Zudem darf ein gesetzliches Werbeverbot nicht zeitlich unbegrenzt bestehen, sondern nur für einen gewissen Zeitraum nach dem Verkehrsunfall gelten.


    Donnerstag, den 06. April 2006


    Anwaltshaftung ausgedehnt

     
    HG - Washington.   Muss ein Mandant, der seinen Anwalt wegen Fehlern im verlorenen Prozess verklagen möchte, zunächst den Berufungsweg einschlagen? Im Fall American Reliable Insurance Co. v. Boris Navratil, Az. 05-30583, hatte der Kläger nach dem Prozess einen Vergleich mit der Gegenseite abgeschlossen, auf die Einlegung der Berufung verzichtet, und dann den eigenen Anwalt verklagt.

    Der verklagte Rechtsanwalt machte als Einrede den Grundsatz des equitable Estoppel, einer Art Verwirkung, geltend. Durch den Verzicht auf die Berufung habe die Mandantschaft den Anspruch auf Schadensersatz aus Anwaltshaftung verwirkt.

    Das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks entschied am 29. März 2006, dass das Präzedenzfallrecht nicht unbedingt von einer Verwirkung ausgeht, selbst wenn es als Schadensminderungspflicht davon ausgeht, dass die notwendigen Rechtsmittel auszuschöpfen sind. In diesem Fall war die Klage trotz des Berufungsverzichts zulässig.

    Die Urteilsbegründung ist auch unter dem Aspekt der parallelen bundes- und einzelstaatlichen Rechtsordnungen interessant. Das Gericht ist an einzelstaatliches Recht gebunden. Dieses weist jedoch keinen konkret zutreffenden Präzedenzfall auf. In der Regel sollen die Bundesgerichte den einzelstaatlichen Gerichten bei der Weiterentwicklung einzelstaatlichen Rechts nicht vorgreifen. Sie legen daher die ungeklärte Rechtsfrage dem einzelstaatlichen Gericht zur Entscheidung vor. In diesem Fall ging das Gericht einen anderen Weg.


    Mittwoch, den 05. April 2006

    Nachbesserung von Software

     
    .   Die Nachbesserung von Open Source-Software erfolgt rasant. Dies beweist das Ergebnis einer Studie im Rahmen des Open Source Hardening Project. Zwei Wochen nach der Offenlegung einer Fehlerliste für 17,5 Mio. Zeilen Quellkode von 32 Open Source-Produkten wie LAMP und XMMS hatten die Entwickler die meisten Fehler ausgemerzt. Die Studie wurde vom für seine Sicherheitsfarbtupfer bekannten Heimatslandssicherheitsministerium veranlasst, welches mit ihr nun auf ein erfolgreiches Projekt verweisen kann.



    Vererbte Marke

     
    .   In Sachen Doeblers' Pennsylvania Hybrids, Inc. v. Taylor Doebler, III et al., Az. 04-3848, entschied das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks am 23. März 2006 über die Markennutzung eines Familiennamens.

    Nachfahren des Unternehmensgründers beantragten eine Unterlassungsverfügung gegen den Enkel des Gründers und sein Unternehmen, das ebenfalls mit dem Nachnamen firmierte. Die materiellen Ansprüche lauteten auf Markenverletzung, Entwendung von Geschäftsgeheimnissen sowie andere deliktische Ansprüche und Treupflichtverletzungen.

    Die Urteilsbegründung schildert anschaulich zahlreiche Fallen beim Vererben von Marken sowie der Wandlung von Namen in Marken im Familienbetrieb. Der United States Court of Appeals for the Third Circuit - dessen Gerichtsgebühr am 9. April 2006 auf $455 ansteigen wird, hob die erlassene Verfügung auf.


    Montag, den 03. April 2006

    Sammelklage gegen Staat

     
    .   Die Gemeinsamkeiten der Klägerlage konnte das Untergericht bei einer Sammelklage von Bauern hispanischen Ursprungs gegen das Bundeslandwirtschaftsministerium nicht feststellen, als diese ihre behauptete Ungleichbehandlung in Sachen Guadalupe L. Garcia et al. v. Michael Johanns, Az. 04-5448, prüfen lassen wollten, wie das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks, United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, am 31. März 2006 mit einer ausführlichen Begründung bestätigte.



    Anwaltskosten erstattet

     
    .   Die unterliegende Partei erstattet in der Regel der obsiegenden Partei nicht die Anwalts- und Verfahrenskosten vor amerikanischen Gerichten. Daher sind Kostenentscheidungen in den USA seltener als in Deutschland. In Sachen Carl Kaseman et al. v. District of Columbia, Az. 05-7016, erörterte das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks, United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, in seiner Entscheidung vom 31. März 2006 die Kostenregelung des District of Columbia Appropriations Act, Pub.L. No. 108-335 §327, 188 Stat. 1322, 1344 (2004), der die Kosten bei $4.000 je Verfahren kappt.

    Das Gericht entschied, dass die Erstattung bei einem Verwaltungs- und nachfolgenden Gerichtsverfahren nach 20 USC §1400(d)(1)(A) (2000) nur einmal für ein Gesamtverfahren zugesprochen werden darf. Das Untergericht hatte $90.926 im Kostenverfahren zugesprochen, doch dem beklagten Bundesbezirk war nach einer neuen Haushaltsregelung das Geld ausgegangen.

    Das Berufungsgericht bestimmte, dass Gerichte die Kostenerstattung in unbegrenzter Höhe anordnen dürfen, wenn das entsprechende Gesetz eine Erstattungspflicht vorsieht. Ob die unterliegende Partei nach Haushaltsgesetzen zahlen kann oder darf, geht die Gerichte nichts an. Sie dürfen jedoch feststellen, dass eine haushaltsgesetzliche Begrenzung einen gewährten Erstattungsanspruch unvollstreckbar macht.


    Sonntag, den 02. April 2006

    Wieder 6 Stunden

     
    .   Seit heute morgen beläuft sich der transatlantische Zeitunterschied nach Washington wieder auf sechs Stunden, nachdem heute früh die Uhren umgestellt wurden. So mancher verpasste Termine, doch für Juristen dürfte das erst morgen kritisch werden.



    Versichert bei Faxspam?

     
    .   Muss der Unternehmenshaftpflichtversicherer für die Verteidigung des Kundenunternehmens zahlen, das wegen eines unerwünschten Telefaxes an einen Geschäftspartner mit einer Sammelklage nach dem Telephone Consumer Protection Act, 47 USC §227 überzogen wird?

    Diese Frage bejaht das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks am 27. März 2006 in Sachen Park University Enterprises, Inc. v. American Casualty Co. of Reading, PA, Az. 04-3197, und bestätigte das Urteil des Untergerichts, Park Univ. Enters., Inc. v. Am. Cas. Co. of Reading, Pa., 314 F. Supp. 2d 1094 (D. Kan. 2004). Der TCPA verbietet to use any telephone facsimile machine, computer, or other device to send an unsolicited advertisement to a telephone facsimile machine.

    Der Deckungsschutz der Police erfasst Personenschaden, bodily injury, Sachschaden, property damage, und Werbungsschaden, advertising injury. Letzteres umschließt consequential bodily injury, arising out of ... [o]ral or written publication of material that violates a person's right of privacy.

    Das Gericht verwehrt der Beklagten die Einrede, der einen Verlust von Tinte und Papier auslösende absichtliche Faxversand stelle keinen versicherbaren Un-, Zu- oder Vorfall dar. Die Schädigungsabsicht bestand aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin nicht, die eine bestehende Beziehung ausbauen wollte, selbst wenn sie sich hinsichtlich der Geschäftsbeziehung geirrt haben mag. Für den Versand sei auch bedeutsam, dass eine Vertreterin des Faxempfängers an einem Seminar der Klägerin teilgenommen hatte.

    Zum undefinierten Begriff der Privatsphäre mit seinen Merkmalen Seclusion und Secrecy erklärte die Beklagte, dass Eingriffe in die Rechte Vertraulichkeit und Datenschutz unter den Deckungsschutz fallen, nicht hingegen Eingriffe in das Recht auf eine Freiheit von Belästigungen. Zwei Berufungsgerichtsbezirke verteten diese Auffassung, drei andere lehnen sie ab. Dieses Gericht schließt sich der Meinung an, das Gesetz schütze das Recht, in Ruhe gelassen zu werden, to be left alone. Da zudem die laut Police notwendige Veröffentlichung nicht an Dritte gerichtet sein muss, greift der Versicherungsschutz für das behauptete Faxspam, bestimmt es.


    Samstag, den 01. April 2006

    Impressumspflicht aufgehoben

     
    .   Die Vereinigten Nationen haben beschlossen, die Impressumspflicht weltweit aufzuheben. Zur Begründung heißt es, die Meinungsfreiheit sei ein Menschenrecht. Selbst Staaten wie die USA, die keine Menschenrechte durch die Verfassung schützten, gäben der Meinungsfreiheit den Vorrang vor anderen Rechten, wie beispielweise dem Verbraucherschutz, der von manchen Staaten als Begründung für eine Impressumspflicht vorgeschoben werde.

    Die Identifizierungspflicht für Meinungen sei ein Merkmal von Diktaturen, heißt es weiter. Zudem lasse sich der aus dem deutschsprachigen Raum stammende Begriff Impressum nicht in andere Sprachen übertragen. Der Beschluss, Az. IV/1/2006-i, wurde im Rahmen des Internet-Harmonisierungsprojektes Link Disclaimer Nonsense gefasst.



    Anspruch auf Arznei

     
    .   Dürfen Teilnehmer an einem Medikamententest die Belieferung mit dem Medikament verlangen, nachdem der Test vom Pharma-Hersteller als erfolglos abgebrochen wurde, während die Teilnehmer weiterhin an die Heilkraft der Arznei glauben? Das Parkinson-Medikament GDNF von Amgen warf diese Frage auf, als die Studienteilnehmer eine einstweilige Verfügung beantragten.

    Wegen im Rahmen mehrerer Studien erkannter Nebenwirkungen und einer nicht erfolgversprechenden Wirksamkeit des Mittels beendete Amgen die Studien und seine Herstellung. Das Bundesgesundheitsamt Food and Drug Administration gestattete Amgen den Vertrieb auch ohne abgeschlossene Studien, doch riet die Mehrheit der von Amgen befragten Sachverständigen vom Vertrieb ab. Die klagenden Studienteilnehmer behaupten finanzielle Motive für die Einstellung und befürchten die Verschlimmerung ihrer Krankheit ohne Zugang zu GDNF.

    Sie stützen ihre Forderung auf vertragliche Ansprüche aufgrund der Studienvereinbarung, auf Vertrauensschutz nach dem promissory Estoppel-Grundsatz und auf eine Treupflichtverletzung. Amgen bestreitet Vertrags- oder Treuepflichten im Sinne einer Belieferungspflicht.

    Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks bestätigte in Sachen Edward Abney et al. v. Amgen, Inc., Az. 05-6132, am 29. März 2006 die Abweisung des Antrags durch das erstinstanzliche Gericht. Der Vertrag, Informed Consent Agreement, zwischen den Studienteilnehmern und der verwaltenden Universität bindet Amgen nicht. Die Universität handelte auch nicht als Vertreter von Amgen aufgrund des zwischen ihnen bestehenden Clinical Trial Agreement. Promissory Estoppel greift nicht, weil die Kläger die folgenden Merkmale nicht mit überwiegender Erfolgsaussicht darlegen können:
    (1) a promise; (2) which the promisor should reasonably expect to induce action or forbearance of a definite and substantial character on the part of the promisee; (3) which does induce such action or forbearance; and (4) injustice can be avoided only by enforcement of the promise. Bergman v. Baptist Healthcare Sys., Inc., 344 F. Supp. 2d 998, 1003 (W.D.Ky. 2004)
    Die Treupflicht besteht nicht im Verhältnis zwischen Hersteller und Studienteilnehmer, sondern lediglich zwischen Teilnehmer und Studienverwaltung. Letztere muss nach Bundesgesundheitsrecht unabhängig vom Hersteller bleiben. Zudem bestimmte das Gericht aufgrund der Studienergebnisse, dass der durch die Nichtbelieferung mit GDNF erwartete Schaden der Parkinson-Patienten ohne eine einstweilige Verfügung nicht unverzüglich und unbehebbar sei.


    Donnerstag, den 30. März 2006

    Staat fördert Missbrauch?

     
    .   Wird der Staat zum Handlanger des missbrauchenden Klägers bei der Klagezustellung nach der Haager Übereinkunft, wenn die Klage vor einem US-Gericht eingereicht wird, obwohl der zugrundeliegende Vertrag eine Schiedsklausel enthält?

    Nach der Entscheidung vom 21. Februar 2006 in Sachen Buckeye Check Cashing, Inc. v. Cardegna ist das nicht auszuschließen. Die Erhebung einer Klage zur Durchsetzung eines Vertragsanspruches gehört nicht zu den wenigen Ausnahmen, in denen die ordentlichen Gerichte angerufen werden dürfen: Anfechtung der Schiedsklausel, Vollstreckung des Schiedsspruchs, Anfechtung des Schiedsspruchs.

    Ansonsten stellt die Vorlage eines über eine Arbitration Clause abzuwickelnden Anspruches beim ordentlichen Gericht wohl einen rechtsstaatswidrigen Missbrauch der staatlichen Gerichtsbarkeit dar. Ein Zustellungsersuchen für eine solche Klage nach der Haager Übereinkunft im Ausland würde vom fremden Staat die Mitwirkung an einem rechtsmissbräuchlichen Akt verlangen und damit die Souveränität des ersuchten Staates verletzen.

    Zudem dürfte ein derartiges Ersuchen auch eine Missachtung des Supreme Court darstellen. Da diese Missachtung nur von den Parteien gerügt werden kann, die an dem Revisionsverfahren beteiligt sind, und Parteien sonstiger Streitfälle im ersuchenden Staat auf eine nicht zustellte Klage noch nicht reagieren können, beschränken sich die Rechtsmittel gegen eine missbräuchliche Klage, die die Souveränität des ersuchten Staates verletzt, wohl auf die für das Zustellungsverfahren in jenem Staat vorgesehenen.

    Wenn der Zustellungsempfänger nicht gegen das Zustellungsersuchen vorgeht, dürfte der ersuchte Staat vermutlich oft - und zwar unwissentlich und unbeabsichtigt - zum Handlanger des missbrauchenden Klägers werden, da die Zustellungsunterlagen nicht unbedingt alle Informationen enthalten, die den Missbrauch erkennbar machen.


    Dienstag, den 28. März 2006

    ASIL-Tagung beginnt

     
    .   Morgen beginnt in Washington unter dem Motto A Just World Under Law die Jahrestagung der American Society of International Law, bei der wieder einige Beschlüsse zum internationalen Recht zur Abstimmung gestellt werden.

    Dazu zählen insbesondere Beschlüsse zum Kriegsrecht. So soll beschlossen werden, dass Folter und vergleichbare Behandlungsmethoden mit dem internationalen Recht unvereinbar sind. Ein Gegenvorschlag weicht den Schutz gegen die Gefangennahme ohne Außenkontakt und Benachrichtigung sowie andere Pflichten auf. Die Diskurse dürften auch in diesem Jahr wieder spannend werden.


    Montag, den 27. März 2006

    Verlust nach Abwerbung

     
    .   Das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks entschied in Sachen Blase Industries Corp. v. Anorad Corop. et al., Az. 04-21015, am 1. März 2006, dass ein Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns zu substantiieren ist.

    Die der Klage zugrunde liegende Vertragsverletzung betrifft ein zwischen den Parteien vereinbartes Abwerbeverbot für einen Softwareberater, dem das Verbot nicht bekannt war. Trotz des im Softwarebereich üblichen Verbots wurde der Berater abgeworben.

    Statt mit einem Antrag auf eine Verbotsverfügung der Abwerbung zu begegnen, verlangte die vormalige Arbeitgeberin Schadensersatz. Das Berufungsgericht scheint verwundert, dass das Verbot nicht mit einer Vertragsstrafe bewehrt war.

    Zwar wäre eine Penalty nichtig, doch die Schätzung des wahrscheinlichen Schadens durch eine Liquidated Damages-Bestimmung ist durchsetzbar. Da dem Berater jederzeit gekündigt werden konnte, hielt das Gericht den Gewinnausfall für unbestimmbar, selbst wenn sein Tagessatz messbar ist.



    Schiedsspruch geprüft

     
    .   Schiedssprüche unterliegen einer sehr begrenzten gerichtlichen Nachprüfung, bestimmte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks in Sachen Cytyc Corporation v. Deka Products Ltd. Partnership, Az. 05-2371, am 1. März 2006 unter Bezugnahme auf den Präzedenzfall Teamsters Local Union No. 42 v. Supervalu, Inc., 212 F.3d 59, 61 (2000): [D]isputes that are committed by contract to the arbitral process almost always are won or lost before the arbitrator.

    Zwar erklärte das Gericht, dass Schiedssprüche nicht unanfechtbar sind: None of this means, however, that arbitral awards are utterly impregnable.. Doch konnte es in diesem Fall keine der wenigen nach dem Bundesschiedsgesetz, Federal Arbitration Act, geltenden Ausnahmen feststellen.

    In seiner Begründung erörtert der United States Court of Appeals for the First Circuit die Falschauslegung des anwendbaren Rechts, die Missachtung des Rechts und die Behauptung der fehlenden Würdigung wesentlicher Beweise. Der Schiedsspruch wird daher gegen die ihn angreifende Partei zur Vollstreckung bestätigt.


    Sonntag, den 26. März 2006

    Tintenkartell

     
    .   Ein ausschließliches Bezugsgebot für Tinte in Verbindung mit dem Bezug patentierter Tintenstrahler ist nicht allein aufgrund des Vorliegens eines Patents kartellwidrig. Im vom landesweit für Patentfälle zuständigen Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks in der amerikanischen Hauptstadt an den Obersten Bundesgerichtshof der USA gelangten Fall Illinois Tool Works Inc. et al. v. Independent Ink, Inc., Az. 04-1329, verlangte das Gericht am 1. März 2006 zudem vom Kläger, der einen Kartellverstoß behauptet, den Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung des Patentinhabers.


    Samstag, den 25. März 2006


    Andre Länder, andre Sitten

     
    .   In Deutschland bedeutet das Urheberrecht nicht dasselbe wie in den USA. Deshalb sei dem Mietgerichtstag vergeben, wenn er unter den vom German American Law Journal geklauten Volltext seinen Urheberrechtsvermerk setzt. Selbst der versteckte HTML-Title-Tag grapscht sich das GALJ.

    Der Verein wird ja wissen, was er tut, denn auf seiner Webseite zeichnen auch Richter für die freundlich und ökonomisch gestaltete Seite verantwortlich. Sie haben bestimmt nicht beim GALJ gelesen, dass Volltexte nicht geklaut werden dürfen.

    Immerhin, den Klau-Tag hat der Verein nicht weggefiltert. Das ist netter als das Gebaren gewerblicher Blog-Diebe. Irgendwie wirkt dieser Wink des Vereins jedoch merkwürdig:
    Der Mietgerichtstag e.V. gestattet die Nutzung von Texten (wie z.B. Pressemitteilungen und andere Publikationen) auf dieser Web-Site vorausgesetzt (1) der Hinweis "© 2004 Mietgerichtstag e.V." ist in allen Kopien enthalten, (2) ..., (3) die Texte werden in keiner Form auf Servern zum Herunterladen durch Dritte bereitgestellt oder über andere Medien an Dritte weiterverbreitet und (4) es werden keinerlei Veränderungen an den Texten vorgenommen. Anderweitige rechtswidrige Nutzungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.

    Tun wir mal so, als ob der Volltextklau nicht rechtswidrig wäre. Typisch, diejenigen, die sich um die Beachtung des Rechts bemühen, werden bei einem Flüchtigkeitsfehler erwischt. Vielleicht soll die von Google ausgewiesene Seite auch nicht jedermann offen stehen. Die gewerblichen Klauer sind da viel vorsichtiger und raffinierter.


    Freitag, den 24. März 2006

    Angeklagter pocht auf Vertrag

     
    .   Leistungsklagen sind selten. Sie stellen in Amerika die Ausnahme dar. Das Common Law gewährt fast immer Schadensersatz, nicht die Erfüung von Leistungsansprüchen. In der Regel gewährt das Equity-Recht den Leistungsanspruch. Allerdings greift das Equity-Recht nur selten. Und wenn es greift, gelten andere Spielregeln. So muss der Kläger clean Hands besitzen. Er darf sich selbst nichts zu schulden kommen lassen.

    Am 10. März 2006 entschied das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks in Sachen United States of America v. Jamal T. Norris, Az. 04-2073, einen solchen Fall. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Vertrag mit einem Angeklagten in einem Betäubungsmittelfall geschlossen, mit dem die Strafverfolgung beendet wurde. Die Staatsanwaltschaft trat vom Vertrag zurück, bevor er vom Strafrichter genehmigt war, und wollte die Anklage teilweise wiederaufleben lassen.

    Das Gericht bestätigte, dass auf ein solches Plea Agreement allgemeines Vertragsrecht anwendbar ist. Er ist ebenso vom Angeklagten einklagbar wie die Ansprüche der Staatsanwaltschaft aus einem solchen Fall, wie andere Präzedenzfälle bereits bestätigt hatten. Diese Verträge dürfen nach der Auffassung des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington nicht zum bedauerlichen Verfall ordentlicher Strafverfolgungsverfahrens führen, vgl. Santobello v. New York, 404 US 257, 260 (1971).

    In diesem Falle wäre der klagenden Vertragspartei mit Schadensersatz nicht gedient. Der vertragliche Anspruch auf Strafverfolgungsverzicht ist daher einklagbar.



    Max. 40 Stunden

     
    .   Gegenwärtig schwappt eine Klagewelle durch's Land, weil Arbeitgeber gegen das Gebot der bundesrechtlich vorgeschriebenen 40-Stundenwoche verstoßen haben sollen. Mit Sammelklagen behaupten beispielsweise Makler, die ihre Zeit frei einteilen können, dem arbeitsrechtlichen Schutz zu unterliegen, um für Überstunden bezahlt zu werden.

    Im Fall Esther Fernandez v. Centerplate/NBSE, Az. 05-7124, klagt eine Arbeitnehmerin, weil ihr zwar Überstundengeld ab der 41. Wochenstunde bezahlt wurde, jedoch nicht für die acht Stunden überschreitende tägliche Arbeitszeit.

    Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks, United States Court of Appeals, bestätigt am 24. März 2006, dass es keine bundesgesetzliche Verpflichtung zur Überstundenvergütung pro Tag oder eine tägliches Arbeitsstundenlimit gibt. Solange der Arbeitgeber die 40-Stundenwoche einhält und für Überstunden den eineinhalbfachen Lohn zahlt, sind die Bestimmungen des Fair Labor Standards Act, 29 USC §207, eingehalten.



    Anwalt als Querulant

     
    .   Anwalt Froehlich ist kein Querulant, sondern froh, denn seinem Mandanten, Anwalt Thayer, bestätigte das Gericht, dass er kein Querulant ist.

    Eine lehrreiche Einführung in das Quasi-Querulantentum und den Deckel, auf den Querulanten vom Gericht eins bekommen können, enthält die Urteilsbegründung in Sachen In re Natural Gas Anti-Trust Cases I, II, III & IV, Az. D045508, vom 6. März 2006.

    Das einzelstaatliche Berufungsgericht stellt fest, dass das Antiquerulantenrecht der vexatious Litigant Statutes auch auf Anwälte Anwendung findet, die andere Personen als Parteien vorschieben, insbesondere bei Sammelklagen. Doch liegt der Sachverhalt gerade an der Grenze zum Missbrauch des Rechtswesens, sodass Anwalt Thayer nicht vom Verfahren ausgeschlossen wird. Also nur ein Schuss vor den Bug.



    Haftung für Datenmissbrauch

     
    KW - Niederkassel.   In Sachen State Farm Fire and Casualty Company v. National Research Center for College and University Admissions; Donald Munce, Az. No. 05-1588, urteilte das achte Bundesberufungsgericht am 13. März 2006 über das Vorliegen eines Schadens, der zum Haftungseintritt der Versicherung nach mit Ordnungsgeldern belegten Datenmissbräuchen führt.

    NRCCUA hatte beim Versicherer State Farm eine Versicherungspolice abgeschlossen. Durch die Weitergabe von Schülerdaten zu gewerblichen Zwecken verstieß NRCCUA gegen das Verbraucherschutzgesetz des Bundes und einzelner Staaten, wie die Bundesverbraucherschutzbehörde Federal Trade Comission feststellte. Strafzahlungen erfolgten nicht. Dann sollte NRCCUA nach Ermittlungen durch Staatsanwälte Strafen an die Bundesstaaten zahlen. Hierfür beanspruchte RCCUA die Deckung von State Farm. Die Police deckt jedoch nur Personen- und Werbeschäden. Das Untergericht entschied, dass State Farm für Strafzahlungen nicht einstehen muss. NRCCUA legte Berufung unter 28 USC §1291 ein.

    Das Berufungsgericht stellte zunächst Personenschäden in Form von Invasion of Privacy fest. Das Untergericht hatte entschieden, dass die Ordnungsgelder keine Schäden im Sinne der Versicherungspolice darstellten. In der Berufung führte NRCCUA aus, dass die FTC im erstinstanzlichen Verfahren von Zivilschäden sprach. Dem habe State Farm nicht widersprochen und könne nun keine andere Position einnehmen.

    Das Gericht führte aus, dass sich dieses Zugeständnis nur auf die Vermittlung der Schülerdaten beziehe. Hierfür verlange die FTC aber keine Zahlungen. Die Zahlungen an Missouri und an Iowa erfolgen aufgrund der Ermittlung durch die Staatsanwälte und seien grundsätzlich keine Zivilschäden. Die $300.000 an Iowa seien Strafverfolgungskosten. Dies gelte auch für die Zahlungen an Missouri. Jedoch verlange der Staatsanwalt von Missouri bei $15.000 der Summe die Zahlung an eine gemeinnützige Schulkasse. Diese Zahlung erfolge zum Ausgleich und zur Befriedigung der Persönlichkeitsverletzungen der Schüler, so dass insoweit ein Schaden im Sinne der Police vorläge.


    Donnerstag, den 23. März 2006

    Veto gegen Durchsuchung

     
    .   Der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington entschied am 22. März 2006 die Frage, ob eine Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl zulässig sein kann, wenn ein Bewohner die Durchsuchung gestattet und ein ebenfalls anwesender Mitbewohner widerspricht.

    Das Gericht verbot in Sachen Georgia v. Scott Fitz Randolph, Az. 04-1067, die Verwertung der ohne den Durchsuchungsbefehl gewonnenen Durchsuchungsergebnisse, da das Veto des Mitbewohners Vorrang genießt.


    Dienstag, den 21. März 2006

    Scheinvollmacht des Staats

     
    .   Kann ein Staat die Einrede der Staatsimmunität geltend machen, wenn sein Vertreter über die Vollmacht hinaus tätig wird? Diese Frage beantwortete das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks in Sachen George Dale et al. v. Emilio Colagiovanni et al., Az. 04-6-928, am 16. März 2006.

    Das Untergericht hatte im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung die Zuständigkeitseinrede des Vatikanstaats gegen eine Klage abgewiesen. Der Staat sollte in das Verfahren wegen US-Handlungen eines vom Vatikan beschäftigten Monsignore einbezogen werden. Dieser war von einem US-Betrüger in den Erwerb von Versicherungsgesellschaften einbezogen worden und hatte Erklärungen über angebliche, doch unzutreffende Vatikaninvestitionen abgegeben. Nach Klägeransicht fallen sie unter die Ausnahme der Acta Iure Gestionis und gewähren einem Gericht die Hoheit über einen Staat.

    Das Gericht entschied, dass eine Anscheinsvollmacht nicht ausreicht, um einen Staat im Sinne des Foreign Sovereign Immunities Act an die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte zu binden. Anders steht es bei einer Bevollmächtigung für gewerbliche Handlungen des Staates aus: Dort muss sich der Staat die Handlungen des Vertreters verfahrensrechtlich zurechnen lassen. Dem Kläger obliegt der Nachweis der actual Authority des Vertreters. Das Gericht grenzte zudem den Fall der Scheinvollmacht von dem des Auftretens als Alter Ego des Staates ab.



    Verkürzte Verjährung

     
    .   Der Schiedsfall Ralph F. Patten, Jr. v. Signator Insurance Agency, Inc. et al., Az. 05-1148, betrifft eine Vertragsklausel zur Verkürzung der Verjährung auf ein Jahr: [an] aggrieved party must give written notice of any claim to the other party within one (1) year ... of the event giving rise to the claim. Die Parteien unterhielten zwei Vertragsverhältnisse, eins mit der Klausel, eins ohne sie. Das Schiedsgericht erstreckte die Anwendbarkeit der Klausel auf beide Verträge.

    Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks entschied am 13. März 2006, dass der auf dieser Feststellung beruhende Schiedsspruch wegen der eindeutigen Missachtung des Rechts, manifest Disregard of the Law, nach 9 USC §10(a) aufzuheben ist. Der Schiedsrichter hatte die Verjährungsklausel auf beide Verträge angewandt.

    Die Verträge betreffen Sachverhalte zwischen denselben Parteien, doch bestimmt der spätere Vertrag ohne die Verjährungsklausel mit seiner Merger-Klausel, dass er abschließend für alle Sachverhalte wirkt, auf die sich der Vertrag bezieht. Daher durfte der AAA-Schiedsrichter die Verjährungsklausel aus dem früheren Vertrag nicht in den späteren einbeziehen. Er verstieß gegen das Gebot, den Schiedsspruch im Kern aus dem Vertrag abzuleiten: An arbitration award fails to draw its essence from the agreement ... when the result is not "rationally inferable from the contract." AaO S.8.


    Sonntag, den 19. März 2006

    Schadensersatz bei Vertragsende

     
    KW - Niederkassel.   In Sachen Lepi Enterprises, Inc., v. National Enviromental Service Corp.; The Insurance Company of the State of Pennsylvania, Az. No. 04-3609, urteilte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 8. März 2006 über die Berechnung von Schadensersatz aufgrund unberechtigter vorzeitiger Vertragsauflösung durch NES.

    NES beauftragte Lepi, Asbest aus Wohnhäusern zu beseitigen. Lepi wurde ein unbegründeter Verstoß gegen Umweltauflagen und Arbeitsschutzrichtlinien unterstellt, so dass die Arbeiten kurzzeitig unterbrochen wurden. Es kam zu einem zweiten ungerechtfertigten Verstoßvorwurf, worauf NES ein anderes Unternehmen beauftragte und Lepi kündigte. Lepi verklagte NES aufgrund der Vertragsauflösung und deren Versicherer ICP auf Ausgleich des Schadens.

    Die Zivilgeschworenen der Jury sprachen Lepi Schadensersatz wegen Vertragsbruchs zu. NES legte Berufung ein mit der Begründung, die Jury hätte nicht über den Schadensersatz entscheiden dürfen, da Lepi nicht dargelegt habe, dass sie ihrerseits ihre Vertragspflichten erfüllt hätte und die Vertragsauflösung zudem nicht rechtsfehlerhaft war. Die Vertragsverletzungen der Lepi wurden verneint, so dass die Jury berechtigt war, den Schadensersatz festzusetzen.

    Daneben bezweifelte NES die Höhe des Schadensersatzes. Lepi führte aus, dass das Auftragsvolumen durch die erhöhten Anforderungen gestiegen sei, sie daher bei Vertragsschluss aufgrund der Mehrarbeit einen höheren Lohn vereinbart hätte, der zu einem insgesamt höheren Gewinn geführt hätte. Die Jury folgte dieser Schadensberechnung. Schließlich bestätigte das Berufungsgericht die Auffassung von NES bezüglich der Schadensersatzforderung, die sich aus der Zeit zwischen der Vertragsauflösung und des Urteilspruchs ergab und neun Prozent der Gesamtsumme ausmachte, dass der verlorene Gewinn hierbei nicht einberechnet werden dürfe. Lediglich Arbeitskosten und Gemeinkosten seien zu berücksichtigen.


    Samstag, den 18. März 2006

    Subjektive Wahlstation

     
    .   Die Wahlstation, auch die in den USA, wird von ihrer subjektiven Einstellung und Bewertung gepräugt. Daher fallen objektive Vorgaben und Analysen schwer. Was dem einen Referendar oder Ausbilder als hervorragende Erfahrung gilt, mag ein anderer als Enttäuschung betrachten.

    Um das Ausbildungsziel entsprechend der Empfehlungen von Gerichten und Kammern in der US-Wahlstation zu berücksichtigen, hier einige subjektive Gedanken zur Umsetzung der kammergerichtlichen Vorgaben in den Vereinigten Staaten, die im Laufe der Zeit noch revidiert und ergänzt werden können.

    Die kleine Übung der Anmerkung solcher Vorgaben führt zur Erkenntis, dass man als Ausbilder recht kreativ sein muss, um in der US-Wahlstation äquivalent an das Ausbildungsziel heranzuführen. Immerhin, die Auseinandersetzung mit den - nicht für die Wahlstation gedachten - Vorgaben und ihrer möglichen Umsetzung im amerikanischen Recht kann eine nützliche Übung darstellen, damit die Ausbildung optimiert wird.



    Mitstörer haftet nicht

     
    .   Die Mitstörerhaftung nimmt im deutschen Recht extreme Formen im Vergleich zum US-Recht an. Die neue Google-Entscheidung vom 10. März 2006 zeigt rationale Grenzen auf. Selbst wenn gewisse Tatbestandsmerkmale einer Mitstörung bei einem automatisierten IT-System vorliegen, kann eine verschuldenslose Haftung nicht bestehen, wenn seitens des behaupteten Mitstörers nicht ein Minimum Absicht oder Kausalität erkennbar ist.

    Während im deutschen Recht mittlerweile auch Betreiber automatisierter Systeme zur Haftung wegen Spam, Forenmitteilungen und Verlinkungen zu Webseiten herangezogen werden, selbst wenn diesen Betreibern die Kenntnis oder Eingriffsmöglichkeit fehlt, stellen Gerichte in den USA zunächst auf das vorrangige Haftungsprivileg und sodann auf die fehlende oder vorhandene menschliche Intervention ab. Das Einrichten eines automatisierten Dienstes allein gilt nicht als Haftungsanknüpfungsmerkmal der menschlichen Intervention.

    Die diese Fragen klarstellende Entscheidung des erstinstanzlichen Bundesgeichts in Pennsylvania in Sachen Gordon Roy Parker v. Google, Inc., Az. 04-CV-3918, ist daher zu begrüssen. Der abwegige Trend im deutschen Recht sollte hingegen überdacht werden, da er lediglich Abmahnkünstlern dient.

    Wenn Richter im Internet angefeindet werden, weil sie eine einzige Spamnachricht als Bagatelle bezeichnen, wenn das Hauptaugenmerk der Abmahner darauf gerichtet ist, ob für das Spamfax ein Streitwert von 300 oder 3000 Euro angemessen ist, und wenn zur Vermeidung des Abmahneraufwandes um jeden Preis ein an den Haaren herbeigezogener Mitstörer im Inland gefunden werden muss und der Störer nicht verfolgt wird, während die grundsätzliche, rechts- und wirtschaftspolitische Frage nach einem angemessen Rahmen der Mitstörerhaftung nicht mehr gestellt wird, dann stimmt etwas nicht.

    Die kurzsichtige Verfolgung jedes denkbaren Mitstörers vernichtet die Aussicht auf neue technische Entwicklungen für das Gemeinwohl. Spam ist fies und muss bekämpft werden. Doch der Kampf gegen diesen Missbrauch des Internets darf nicht so weit gehen, dass sich nur noch Google leisten kann, sich gegen ungerechtfertigte Abmahnungen zu verteidigen und das geltende Recht klarstellen zu lassen.


    Freitag, den 17. März 2006

    Namen von Medikamenten

     
    .   Immer mehr von Pharmaherstellern gewünschte Bezeichnungen für neue Produkte werden von der zuständigen Food and Drug Administration abgelehnt. Das Wall Street Journal berichtet am 17. März 2006 von den Schwierigkeiten der Pharmaindustrie. Die Bezeichnungen für Medikamente sollen markenrechtlich unterscheidbar sein, werbemäßig einprägsam und gesundheitsrechtlich unverwechselbar.

    Der FDA kommt es nur auf das letzte Merkmal an. Kunden sollen die Medikamente nicht verwechseln und Ärzte und Apotheker erst recht nicht. Deshalb prüft die FDA eingehende Vorschläge nicht nur auf Schriftbild, Klang, Farbe, Buchstabierung und mögliche Aussprachevarianten, sondern auch die Wirkung beim Empfänger von gekritzelten Rezepten im Zettel-, Fax- und gescannten Dateiformat. Schließlich untersucht sie auch die Tonübertragungseignung, beispielsweise im Telefonat.

    Wer Erfahrungen mit der FDA bei der Anmeldung eines einfachen Dosendeckels oder medizinischer Geräte gesammelt hat, kennt schon einige Probleme - doch im Pharmabereich wird allem die Krone aufgesetzt. Sicherheit für die Verbraucher ist oberstes Gebot. Daher sind die strengen Prüfungen auch nachvollziehbar.



    Schaden durch Mini-Regress

     
    KW - Niederkassel.   In Sachen Tilbury Constructors Inc. v. State Compensation Insurance Fund, Az. C049150, urteilte das einzelstaatliche Berufungsgericht in Kalifornien am 7. März 2006 über die Voraussetzungen einer Versicherungsvertragsverletzung und eines Haftungsanspruchs aus unerlaubter Handlung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von good Faith and fair Dealing.

    Ein Arbeitsunfall eines Tilbury-Mitarbeiters wurde durch Fehlverhalten der Firma Harris Company, Inc., verursacht. Der Geschädigte verklagte Harris und erhielt von Tilburys Versicherer State Fund eine Entschädigung. Dieser wandte sich zum Regress an Harris und trat ihr die Forderung für $10.000 ab. Der State Fund hatte das 52-fache als Schadensersatz gezahlt, so dass Tilburys Versicherungsbeiträge drastisch stiegen. Tilbury behauptet deshalb eine Unlauterkeit des Versicherers bei der Regulierung des Regressanspruchs, in Form eines Vertragsbruchs und eines Verstoßes gegen das Prinzip des good Faith and fair Dealing, das den Versicherten vor nicht nachvollziehbaren Handlungen des Versicherers schützen soll.

    Das Gericht entschied, dass das Verhalten des State Fund weder eine unerlaubte Handlung gegen das Gebot des vertragsgemäßen Verhaltens noch einen Vertragsbruch darstellt. Grundsätzlich enthalte jeder Vertrag die Pflicht, sich vertragsgerecht zu verhalten und Schäden zu vermeiden. Versicherungsverträge haben aber eine eigene Vertragsnatur. Der Versicherte schließt einen Versicherungsvertrag aus Gründen der Prävention, Sicherheit und Beruhigung ab.

    Ein Verstoß gegen die Gedanken vom good Faith and fair Dealing setze ein bewusst schädigendes Verhalten voraus, das sich aus Umständen ergibt, die über die Vertragspflichten hinaus gehen. Die Forderungsabtretung zur Minderung des Schadens in bestimmter Höhe sei keine Vertragspflicht des Versicherers und ergebe sich auch nicht aus dem Gebot des good faith and fair dealing, urteilte das Gericht.

    Hierunter fallen nur Pflichten wie die schnelle und umfassende Abwicklung von Verbindlichkeiten für den Versicherungsnehmer durch den Versicherer. Der Verkauf von Forderungen sei unabhängig von solchen Verpflichtungen und müsse getrennt von solchen betrachtet werden. Zudem habe Tilbury die Möglichkeit für die Zukunft den Versicherer zu wechseln, um die erhöhten Prämien künftig zu vermeiden. Eine Vertragsverletzung liege nur vor bei Fehlern in der Abwicklung des Schadensfalles selbst, nicht jedoch bei den anschließenden etwaigen Regressfällen gegen den Drittschädiger.


    Donnerstag, den 16. März 2006

    Treue und Flasche

     
    .   Darf ein Trust eine Lebensversicherungspolice erwerben? Diese Frage spielt eine bedeutende Rolle im Zweitmarkt für Lebensversicherungen. Eine falsche oder unnötige Entscheidung dieser Frage, die in jedem Staat anders ausfallen kann, hat gravierende wirtschaftliche Auswirkungen für Versicherte und Zweitmarktinvestoren.

    Im Fall Vera Chawla, Trustee for Harald Giesinger Special Trust, v. Transamerica Occidental Life Insurance Company, Az. 05-1150, hatte das Untergericht entschieden, dass im Staat Maryland ein solcher Versicherungserwerb unzulässig ist. Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks hob am 7. März 2006 diesen Teil eines Urteils als überflüssig auf. Damit bleibt diese Frage offen.

    Das erstinstanzliche Gericht hatte die Forderung eines Trusts auf Auszahlung der Lebensversicherung auch auf der Grundlage abgewiesen, dass die Versicherungsdeckung mit unrichtigen Angaben erschlichen worden war. Da das Berufungsgericht diesen Abweisungsgrund als ausreichend ansah, bestand keine Notwendigkeit, auf die schwierigere, weil im einzelstaatlichen Recht von Maryland ungeklärte Rechtsfrage einzugehen.

    Das Gericht wies darauf hin, dass sich die Bundesgerichte nicht unnötig in die Fortentwicklung einzelstaatlichen Rechts einmischen sollen. Die Entscheidung über eine neue Rechtsfrage im einzelstaatlichen Recht sollen die einzelstaatlichen Gerichte fällen.

    Hier hatte die Person, die ihr Leben zur Verfügung gestellt hatte, im Versicherungsantrag die tägliche Flasche Wein erwähnt, doch Operationen und Krankenhausaufenthalte verschwiegen, und verstarb kurz nach dem Ausstellen der Police. Als Begünstigter war ein Trust angegeben, den der geistig nicht mehr stabile Versicherungsnehmer zugunsten der Überlebenden aus einem Personenkreis eingerichtet hatte, der aus ihm und einer neuen Bekannten bestand. Die neue Bekannte überlebte und klagte erfolglos. Das Gericht ersparte ihr die Haftung wegen Betrugs.


    Mittwoch, den 15. März 2006

    Insolvenz und Grundschuld

     
    KW - Washington.   In Sachen International Paper Company v. MCI WorldCom Network Services, Az. 02-2856, urteilte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 6. März 2006 über Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen das Telekom-Unternehmen MCI aus unerlaubter Handlung. Nach 11 USC §1141(d)(1)(A) musste es die Löschung der MCI-Schuld bei Eintritt des MCI-Insolvenzplans berücksichtigen.

    Mit der Missouri Pacific Railroad hatte MCI eine Grunddienstbarkeit zum Verlegen und Betreiben von Erdkabeln auf dem Bahnstreckennetz vereinbart. Der Verlauf der verlegten Kabel wurde mit Schildern an der Strecke sichtbar angezeigt. 2000 verklagte IP MCI wegen unerlaubter Handlung und ungerechtfertigter Bereicherung, da die Bahn unberechtigt MCI die Nutzungsrechte erteilt hatte. MCI berief sich auf Verjährung. Im Mai 2002 entschied das Gericht, dass die Einräumung der Grunddienstbarkeit berechtigt war. Zudem seien die Ansprüche wegen der Kabelverlegung in den Jahren 1987 und 1988 verjährt.

    Die nachfolgende Berufung wurde wegen des MCI-Insolvenzverfahrens ausgesetzt, welches 2004 mit dem Insolvenzplan der MCI endete. Nach 11 USC §1141(d)(1)(A) wird die Schuld des Schuldners bei Aufstellung eines Insolvenzplans bis zu dessen Eintritt gelöscht. Die Klägerin begründete ihre Ansprüche jedoch mit einer durch das Betreiben des Netzes ohne Grunddienstbarkeit fortdauernden unerlaubten Handlung. MCI behauptete, dass alle Forderungen mit dem Insolvenzplans erloschen seien.

    Das Berufungsgericht entschied gegen die Klägerin. Wenn die Benutzung des Erdkabels keine unerlaubte Handlung nach dem Recht von Arkansas darstelle, dann stelle die fortlaufende Benutzung der unrechtmäßigen Grunddienstbarkeit zum Betreiben des Erdkabels keine unerlaubte Handlung dar. Um eine unerlaubte Handlung zu bejahen, müsse die Handlung der MCI eine weitere greifbare Verletzung darstellen. Zudem ist das Gericht der Auffassung, dass vor dem Insolvenzverfahren entstandene Forderungen durch dessen Abschluss untergehen. Indem die MCI die Erdkabel mit deutlich erkennbaren Kennzeichnungen auf der Strecke für jedermann sichtbar installierte, entstand der behauptete Anspruch der Klägerin in den achtziger Jahren - mit der Folge, dass nach Verjährungsrecht sowie durch den Abschluss des Insolvenzverfahrens alle Forderungen erloschen sind.



    Urteil non pros

     
    .   Eine Klage, die nicht weiterverfolgt wird, kann mit einem Judgment Non Pros abgewiesen werden. Diese Entscheidung entfaltet Rechtskraft und wirkt als Einrede gegen eine neue Klage, selbst wenn das abweisende Gericht die Klagebehauptungen inhaltlich nicht wertet. Das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirk bestätigte diese Rechtsauffassung am 9. März 2006 im Fall Sven Ali Kuhnle v. Prudential Securities, Inc., Az. 04-4598.

    Ausschlaggebung für diese Entscheidung waren die Umstände, dass nicht der Prothonotary, sondern der Richter die erstinstanzliche Abweisung vornahm, dass die Abweisung mit Gründen versehen war, und dass der Wiederaufnahmeantrag mit einer ausführlichen rechtlichen Wertung zurückgewiesen wurde.

    Diesen Argumenten kann der Kläger auch nicht überzeugend entgegenhalten, dass die zweite Klage, die zum Urteil des Berufungsgerichts führte, "genau genommen" vor dem Erlass des Judgment Non Pros-Versäumnisurteils erhoben und ausserdem im Gericht eines anderen Staates eingereicht wurde.


    Dienstag, den 14. März 2006

    Brinkema Beschluss

     
    .   Der Beschluss vom 14. März 2006 der Richterin Brinkema in Sachen United States of America v. Zacarias Moussaoui verbietet der Staatsanwaltschaft die Verwendung von Beweisen, die mit dem Flugwesen verbunden sind, und gibt dem Antrag des Angeklagten insofern statt, weist jedoch seinen Antrag auf Abweisung der Ankündigung der Todesstrafe ab.



    Warum Lizenzen?

     
    .   Verbraucherschützer Ed Foster stellt für den Softwarebereich die Frage The Software License Question. Warum sind Softwareprogramme immer mit Lizenzen versehen, wenn geistiges Eigentum in anderen Waren und Werken ohne schriftliche Lizenz vertrieben wird? Selbst wenn auch diese anderen Werke einfach kopierbar sind oder weitergegeben werden können?

    Dem, der für den Vertrieb von Software diese Nutzungsgenehmigungen schreibt, stellt sich diese Frage nicht, und doch erscheint sie bei Verbrauchersoftware zumindest nachdenkenswert. Wenn ich Komponenten für Software kaufe oder verkaufe, mit Ton, Bild oder Tabellen für Programme handele oder den Vertrieb für ein Programm strukturiere, liegt nichts näher als ein Lizenzvertrag.

    Doch beim Endverbraucher? Ganz abwegig erscheint der Gedanke nicht, dass man dort auf einen schriftlichen Vertrag, den ohnehin niemand liest, verzichten könnte. Selbst wenn es allem widerspricht, was einem als Programmierer, Unternehmer oder Anwalt in Fleisch und Blut übergegangen ist.


    Montag, den 13. März 2006

    Unrecht als Geschäftsmodell

     
    .   Das Unrecht des Phishing emanzipiert sich: "Our team is specialized in spyware development. ... Our main direction is to create effective and powerful spyware. Coding is not just a hobby for us, it's our job and style of life.", zitiert Roger Grimes die russische Webseite der Phishing-Experten von www.ratsystems.org in seinem Bericht über die drastisch zunehmenden Gefahren der SSL-Trojaner. Abwehrmaßnahmen können mit den Profis nicht Schritt halten.

    Zwar meinen manche Opfer noch, sie könnten mit Sicherheit anhand von Domainnamen oder IP-Anschriften den PC-Nutzer identifizieren, der für rechtwidrige Eingriffe wie Phishing und Spam verantwortlich ist. Heute ist jedoch die Zahl der von der organisierten Kriminalität kontrollierten Fremdrechner so groß, dass sich die wahren Verursacher kaum noch zuverlässig ermitteln lassen. Daher steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Abmahnungen ins Leere laufen und weder die Verantwortlichen treffen noch Abhilfe schaffen.


    Sonntag, den 12. März 2006

    Datenlöschung und Treupflicht

     
    .   Im Sachen International Airport Centers, LLC et al. v. Jacob Citrin, Az. 05-1522, beurteilte das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks am 8. März 2006 die Frage des Merkmals Übertragung im Computer Fraud and Abuse Act, 18 USC §1030.

    Der Beklagte hatte auf einem ihm von der Klägerin zur Datenerfassung zur Verfügung gestellten Laptop alle Daten sicher gelöscht, als er das Unternehmen verließ. Die Klägerin beruft sich in ihrer Schadensersatzklage auf diese Regelung zum Schutz von Rechnern:
    knowingly causes the transmission of a program, information, code, or command, and as a result of such conduct, intentionally causes damage without authorization, to a protected computer. 18 USC §1030(a)(5)(A)(i).
    Der Beklagte hält die Datenlöschung für keine Übertragung im Sinne des Gesetzes, selbst wenn ein Tastendruck einen Befehl im Rechner übermittelt. Das Gericht stellt jedoch auf die Übertragung des Löschprogrammes auf den Rechner ab, gleich ob diese über das Internet, ein kabelverbundenes Medium oder ein eingelegtes Medium erfolgte.

    Zu beachten ist auch, ob der Eingriff von außen, so durch Eingabe eines Virus über eine Netzverbindung, oder manuell durch einen physisch Zugangsberechtigten erfolgte. Das Gericht meint, beide Wege des Angriffs entsprechen dem vom Kongress bestimmten Schutzzweck. Die Tat war daher zum zivilrechtlich erheblichen Treubruch durch den Beklagten geeignet.


    Samstag, den 11. März 2006

    Kreuz auf Papier

     
    .   Um elektronische Wahlgeräte ist es schlechter bestellt als erwartet, fanden die Abgeordneten des Staates Maryland. Zwar ist der Staat bei der Einführung dieser Geräte führend, doch traut das Parlament ihnen nicht und stimmte einstimmig für die Verwendung von Papier und Bleistift in der nächsten Wahl.


    Freitag, den 10. März 2006

    Werbung nicht mehr per Post

     
    .   Nachdem der Bund das Spamproblem nicht in den Griff bekommen hat, sondern lediglich die schärfere Gesetzgebung der einzelnen Staaten aushebelte, versuchen sich einige Staaten nun an per Post versandter Junkmail. BNA, Inc. berichtet im Daily Report for Executives vom 10. März 2006, dass New York, Illinois und Missouri bereits an Gesetzesentwürfen arbeiten.

    Empfänger würden sich in Listen beim jeweiligen Justizministerium eintragen. Die Versender von Werbepost dürften registrierte Empfänger nicht anschreiben. Ein Sprecher der Direct Marketing Association befürchtet den Verlust von 9 Mio. Arbeitsplätzen, über die ein Wirtschaftsvolumen von $900 Mrd. abgewickelt wird. Der Verband bietet für $5 die Aufnahme in eine eigene Liste an, wo Verbraucher ihren Verzicht auf Werbepost erklären und den Bock zum Gärtner machen können.


    Donnerstag, den 09. März 2006


    Hautfarbe des Chefs

     
    HF - Washington.   Der alleinige Inhaber und Vorstand einer Ein-Mann-Gesellschaft kann keine Diskriminierungsklage in eigenem Namen wegen Vertragsbrüchen mit dem Unternehmen einreichen. Dies entschied der Supreme Court of the United States am 22. Februar 2006 im Rechtsstreit Domino's Pizza, Inc. v. McDonald, Az. 04-593.

    John McDonald hatte als Alleingesellschafter und Vorstand seines Ein-Mann-Immobilienunternehmens JWM Investments Inc. mit Domino's Pizza, Inc. mehrere Verträge über den Bau von Restaurants auf Grundstücken von JWM und die anschließende mietweise Überlassung der Gebäude an Domino's Pizza, Inc. abgeschlossen. Die Durchführung der Verträge scheiterte jedoch und JWM ging bankrupt.

    McDonald erhob persönlich gegen Domino's Pizza, Inc. eine Klage beim U.S. District Court for the District of Nevada mit der Begründung, Domino's Pizza, Inc. habe die Verträge mit seinem Unternehmen JWM aufgrund seiner Hautfarbe gebrochen und damit gegen den Civil Rights Act of 1866, 42 U.S.C. §1981, verstoßen. 42 U.S.C. §1981 sieht vor, dass alle Personen unabhängig ihrer Herkunft und Abstammung das gleiche Recht zum Vertragsschluss und zur Vertragsdurchführung haben, §1981(a), wobei die Begriffe Vertragsschluss und Vertragsdurchführung den Abschluss, die Ausführung, die Veränderung und die Beendigung von Verträgen sowie das Recht an den Vorteilen aus dem Vertrag erfassen, §1981(b).

    Die Klage wurde abgewiesen mit der Begründung, McDonald sei nicht selbst Partei des Vertrags zwischen JWM und Domino's Pizza, Inc. und ihm stehe daher ein Recht aus 42 U.S.C. §1981 nicht zu. McDonald legte gegen das Urteil Berufung beim U.S. Court of Appeals for the 9th Circuit ein. Das Berufungsgericht erkannte, dass einem Dritten das Recht aus 42 U.S.C. §1981 zustehen könne, sofern er andere als die von der Vertragspartei selbst erlittenen Schäden geltend mache.

    Hiergegen beantragte Domino's Pizza, Inc. die Revision beim Supreme Court of the United States, der der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts folgte. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Recht aus 42 U.S.C. §1981 allein der Person zustehe, welche den Vertrag abschließt und durchführt. McDonald sei aber bei Vertragsschluss und bei der Vertragsdurchführung für das Unternehmen und nicht für sich selbst tägig geworden. Nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen habe er daher als Gesellschafter und Geschäftsführer weder Rechte aus dem Vertrag noch sei er für die vertraglichen Gesellschaftsschulden persönlich haftbar. Vertragspartei seien deshalb JWM und Domino's Pizza, Inc.. Ihnen allein könne daher auch nur das Recht aus 42 U.S.C. §1981 zustehen.

    Der Supreme Court of the United States stellte abschließend fest, dass der Wortlaut des 42 U.S.C. §1981 keinen Hinweis dahingehend enthält, dass diese Vorschrift ein allgemeines Rechtsmittel für alle abstammungsbezogenen Ungerechtigkeiten gebe.


    Mittwoch, den 08. März 2006

    Anwalt darf denken, handeln

     
    .   Wenn ein Rechtsanwalt auf Wunsch der Mandantschaft den Sachverhalt und die Rechtslage prüft, darf er auch Schlüsse ziehen und diese der Mandantschaft sowie der vertraglichen Gegenseite zur Konfliktlösung offenlegen. Selbst wenn die Folgerungen nicht vorteilhaft für die Gegenseite ausfallen, steht dieser kein Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt wegen Rufschädigung zu, bestimmte am 7. März 2006 im Fall Karyne Messina v. Danel Krakower et al., Az. 04-7163, das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks, United States Court of Appeals for the District of Columbia. Das noch nicht rechtskräftige Urteil fußt auf diesem Grundsatz:
    An attorney at law is absolutely privileged to publish defamatory matter concerning another in communications preliminary to a proposed judicial proceeding, or in the institution of, or during the course and as a part of, a judicial proceeding in which he participates as counsel, if it has some relation to the proceeding. Restatement (Second) of Torts §586 (1977).


    Dienstag, den 07. März 2006

    8 Mal Post - unzuständig

     
    HF - Washington.   Im deutsch-amerikanischen Fall Micropicture International, Inc. v. Joseph A. Kickartz et al., Az. 3:05-CV-00034, hatte das erstinstanzliche Bundesgericht für den westlichen Bezirk von Virginia über seine Zuständigkeit, personal jurisdiction, zu entscheiden, nachdem die Beklagten, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und in Deutschland ansässig sind, sich auf die Unzuständigkeit des Gerichts berufen hatten.

    An der Klägerin, einer Gesellschaft mit Sitz im Staat Virginia, sind die Beklagten als Minderheitsgesellschafter beteiligt. Sie hatten ein deutsches Patent für ein von ihnen erfundenes Mikrofichegerät erhalten und im Mai 2003 auf eine deutsche GmbH übertragen, deren Alleingesellschafterin die Klägerin ist. Die Klägerin war gegründet worden, um die Produktion und Entwicklung des Microfichegeräts auszuweiten.

    Im März 2005 hatte die Klägerin unter anderem wegen behaupteter deliktischer Rufschädigung durch die Beklagten Klage eingereicht. Die Klage war den Beklagten zugestellt geworden. Diese hatten sich auf die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts berufen. Die Klägerin hatte das Gericht unter Berufung auf den zwischen ihr und den Beklagten regelmäßig geführten Schriftverkehr für zuständig gehalten.

    Das Gericht sah den der Klägerin obliegenden Nachweis der Zuständigkeit des Gerichts als nicht erbracht an. Nach §8.01-328.1(A)(4) des Gesetzbuchs von Virginia ist das Gericht für einen im Staat eingetretenen deliktischen Verletzungserfolg, verursacht durch eine Handlung oder ein Unterlassen außerhalb Virginias, dann zuständig, wenn zwischen dem Handelnden und Virginia eine Beziehung in der in §8.01-328.1(A)(4) des Gesetzes von Virginia genannten Art und Weise besteht. Die Klägerin begründete die Zuständigkeit des Gerichts von Virginia damit, dass die Beklagten aufgrund des zwischen der Klägerin und den Beklagten geführten regelmäßigen Email-Verkehrs in einen beständigen Verhaltensablauf, persistent Course of Conduct, in Virginia involviert seien.

    Dieser Begründung folgte das Gericht nicht. Vielmehr legte es den unbestimmten Rechtsbegriff des persistent Course of Conduct unter Bezugnahme auf andere Gerichtsentscheidungen dahingehend aus, dass fortlaufende, andauernde Wechselbeziehungen jedweder Art des Handelnden mit dem betreffenden Staat vorliegen müssen.

    Die von den Beklagten von Deutschland nach Virginia gesendeten und in Virginia geöffneten insgesamt sieben Emails und einen Brief bezeichnete das Gericht als nur sporadisch und nicht beständig. Eine Regelmäßigkeit sei schon deshalb nicht feststellbar, weil fünf der Emails im Juli 2004 und zwei der Emails im Dezember 2004 versendet wurden. Ferner berücksichtigte das Gericht auch den Inhalt der Emails. Dieser bestand darin, dass die Beklagten der Klägerin Beschwerden vortrugen. Damit dienten die Emails gerade nicht dazu, irgendeine Art fortdauernder Präsenz der Beklagten in Virginia zu begründen oder zu unterhalten. Das Gericht stellte weiter fest, dass die Emails nur deshalb in Virginia geöffnet wurden, weil die Klägerin den Sitz ihres Unternehmens von New York nach Virginia verlegt hatte, sie also sonst darauf gerichtet gewesen wären, in New York geöffnet zu werden. Eine hinreichende Beziehung der Beklagten zu Virginia konnte daher nicht festgestellt werden.

    Die Entscheidung ist begrüßenswert, weil sie belegt, dass amerikanische Gerichte sich erstens nicht um jede an den Haaren herbeigezogene Sache reißen - und gerade bei deliktischen Ansprüchen trotz eines Vertragsverhältnisses drängt sich oft diese Vermutung auf - und zweitens den Kontakt einer nicht im Forumsstaat ansässigen Person zum Forumsstaat Internet-gerecht bewerten.


    Montag, den 06. März 2006

    Als unpassend verwiesen

     
    .   Nach dem Forum non conveniens-Grundsatz kann eine Klage trotz bestehender Zuständigkeit des angerufenen Gerichts an ein anderes Gericht verwiesen werden. Nach Deutschland erfolgt die Verweisung aufgrund des Urteils des Bundesberufungsgerichts des Bundesbezirks in Sachen Dr. Tassilo Bonzel v. Pfizer, Inc., Boston Scientific Scimed, Inc. et al., Az. 05-1114, am 2. März 2006.

    Das besondere Berufungsgericht mit landesweiter Zuständigkeit und Sitz in Washington bestätigte die untergerichtliche Entscheidung auch in dem Punkt, dass die Klage erneut in den USA verhandelt werden kann, wenn sich kein deutsches Gericht für zuständig erklären sollte.

    Der Sachverhalt betrifft ein Patent des deutschen Klägers, das er an die schweizer Firma Schneider AG mit einem deutschsprachigen und dem deutschen Recht unterworfenen Vertrag exklusiv lizensierte. Als Schneider AG an eine US-Firma verkauft wurde, machte der Kläger einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer ebenfalls auf deutsch vereinbarten und dem deutschen Recht unterliegenden Zusatzbestimmung zum Vertrag geltend, welcher im Verfahren zunächst als Vertragsverletzungsanspruch behauptet wurde.

    Gründe für die Verweisung finden sich im mangelnden Fakten- und Beweismittelbezug zu den angerufenen US-Gerichten sowie der Anwendbarkeit deutschen Rechts, die das Gericht ausführlich erörtert. Der Hinweis des Klägers auf den freien Zugang zu US-Gerichten aufgrund Art. VI Freundschaftsvertrag vom 29. Oktober 1954 greift nicht, weil keine Ungleichbehandlung eines Ausländers erfolgt, denn auch amerikanische Kläger unterfallen dem Forum non conveniens-Prinzip.

    Die vom Kläger nach der Verweisung aufgegriffene Frage der Anwendung des US-Patentrechts auf den Sachverhalt darf nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da er zum Zeitpunkt der Verweisung bereits ausdrücklich auf seine Rechte nichtvertraglicher Art verzichtet hatte und insofern das Prinzip judicial Estoppel greift. Im Hinblick auf etwaige Verjährungsfristen verpflichtete das Gericht die Beklagten, trotz der Verweisung den Kläger so zu stellen, dass er durch die Verweisung keinen Nachteil erleidet.


    Sonntag, den 05. März 2006

    Fotorecht im Gericht

     
    .   Recht finden wurde wegen Verfahrensfehlern unsicherer als Recht haben, folgt aus dem Fotorecht-Urteil des Bundesberufungsgerichts des ersten Bezirks in Sachen Joel Cipes d/b/a Joel Cipes Photography v. Mikasa, Inc., Az. 05-2402, vom 3. März 2006.

    Die Parteien stritten sich um die Berechtigung zu Folgeveröffentlichungen von Fotos, die der Kläger auf mündlichen Auftrag der Beklagten angefertigt hatte, sowie um die Vergütung dafür. Die Geschworenen stellten in leicht widersprüchlicher Weise fest, dass ein Schadensersatz fällig sei, andererseits ein Vertrag zur Nutzungsgenehmigung bestanden habe.

    Auf die Berufung der Beklagten hin erörtert das Gericht die Wirkung von widersprüchlich gestellten Verfahrensanträgen, die letztlich zur Abweisung der Berufung und Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils auf der Grundlage des Geschworenenspruchs führen.

    Die urheberrechtliche Frage wird daher nicht gelöst. Statt dessen legt das Urteil die Empfehlung nahe, die Anfertigung und Nutzung von Fotos für gewerbliche Zwecke niemals ohne schriftlichen Vertrag vorzunehmen. Anderenfalls legen beide Seiten ihr Schicksal in die Hände der unberechenbaren Jury.


    Samstag, den 04. März 2006

    Gericht unzuständig

     
    .   Amerikanische Gerichte ziehen oft ausländische Parteien an sich, doch gelegentlich zeigen ihre Urteile auch deutlich die Grenzen der Gerichtshoheit auf. Im Fall Paul Brunner et al. v. Pamela Hampson et al., Az. 05-3123/3191, ging es am 28. Februar 2006 um das Zuständigkeitsprinzip im Staat Ohio:
    Jurisdiction may be found to exist either generally, in cases in which a defendant's "continuous and systematic" conduct within the forum state renders that defendant amenable to suit in any lawsuit brought against it in the forum state, or specifically, in cases in which the subject matter of the lawsuit arises out of or is related to the defendant's contacts with the forum. Nationwide Mut. Ins. Co. v. Tryg Int'l Ins. Co., 91 F.3d 790, 793 (6th Cir. 1996).
    Das Urteil des Bundesberufungsgerichts des sechsten Bezirks enthält nützliche faktische Abgrenzungen. Der Sachverhalt betrifft einen Unfall in einer Jägerhütte in Kanada, die an die Kläger aus Ohio vermietet war. Die Klage gegen die kanadischen Beklagten wurde abgewiesen, weil ihre Kontakte nach Ohio nicht dem genannten Standard entsprechen, obwohl sie per Telefon und Telefax Kunden aus Ohio bedienten, jährlich an einer Ausstellung in Nevada teilnahmen und über eine texanische Webseite warben.


    Freitag, den 03. März 2006

    Vertragsende gewonnen

     
    HF - Washington.   Im jüngsten Kapitel des seit zweieinhalb Jahren andauernden Rechtsstreits Toys "R" Us, Inc., v. Amazon.com, Inc., entschied der Superior Court of New Jersey in Passaic County, am 2. März 2006, dass Toys "R" Us ein Recht zur Auflösung des zwischen ihm und Amazon.com geschlossenen Kooperationsvertrags aus dem Jahr 2000 zustehe.

    Im August 2000 hatte Toys "R" Us mit Amazon.com eine Vereinbarung unterzeichnet, in welcher es sich bereit erklärte, sein Spielzeug auf den Webseiten von Amazon.com zu verkaufen. Dieser Vertrag versetzte Amazon.com in die Lage, Kontrolle über die Webseite www.toysrus.com auszuüben, indem eine automatische Weiterleitung bei Aufrufen der Seite auf die Webseiten von Amazon.com erfolgte. Der Vertrag wurde auf zehn Jahre abgeschlossen.

    Nachdem Amazon.com in den folgenden Jahren gegenüber Toys "R" Us darauf bestand, weitere Spielzeughändler auf seine Internetseite hinzuzunehmen, hatte Toys "R" Us im Mai 2004 Klage beim Superior Court of New Jersey in Passaic County eingereicht. Diese hatte Toys "R" Us damit begründet, dass ihm das alleinige Recht zum Verkauf von Spielzeugprodukten auf den Seiten von Amazon.com zustünde.

    Dem folgte das Gericht, indem es feststellte, dass Amazon.com durch den Verkauf von Spielzeugen anderer Anbieter auf seinen Internetseiten gegen die vertraglich bestehenden Exklusivitätsrechte von Toys "R" Us verstieße. Damit hat das Gericht für Toys "R" Us den Weg geebnet, seine Webseite www.toysrus.com nunmehr unabhängig zu führen.

    Die Anträge beider Parteien, auf Schadensersatz, monetary damages, wurden vom Gericht abwiesen.

    Das Urteil wird innerhalb der nächsten drei Wochen förmlich erlassen werden. Mit diesem Zeitpunkt wird die 90-Tage-Trennnungsvereinbarung der Unternehmen eingeleitet.



    Blackberry gibt nach

     
    .   Zum Schutz der Blackberry-Kundschaft hat RIM heute $612,5 Mio. an den Inhaber der nichtigen und im übrigen vom Patentamt als wahrscheinlich nichtig bezeichneten Patente von NTP bezahlt, wird berichtet. Siehe Vorberichte zum Hintergrund. Siehe Pressemitteilung von Research in Motion vom heutigen 3. März 2006. Die Klage wurde abgewiesen.

    Selbst milliardenschwere Unternehmen können es sich also nicht mehr leisten, eine Verteidigung gegen fragwürdige Patentklagen bis zum Ende durchzuziehen. Unternehmen im Wert von nur zig-Millionen haben schon lange erkannt, dass eine sich länger hinziehende, auch unberechtigte Patentklage fast nur noch mit einem Vergleich - verbunden mit der Zahlungen an die Kläger - beenden lässt, bevor die Kundschaft davon läuft. Mit Gerechtigkeit hat das Patentsystem heute wenig gemeinsam.



    Klage gegen Frankreich

     
    .   Auch Frankreich soll für die Verfolgung nach Nazi-Methoden mittels einer Schadensersatzklage zur Entschädigung gezwungen werden, die in Sachen Mathilde Freund et al. v. The Republic of France et al., Az. 06 CV 1635, vom 1. März 2006 vor dem untersten Bundesgericht im südlichen Bezirk des Staates New York eingereicht wurde.

    Die Klage ist ihrer Art nach eine Sammelklage und erfasst damit auch unbenannte Parteien. Die benannten Kläger beantragen ein Verfahren von den Geschworenen, Jury. Die Kläger behaupten, dass keine Verjährung greife, weil die Kläger in Unkenntnis wesentlicher Fakten gehalten wurden, ohne diese Unkenntnis selbst vertreten zu müssen. Erst mit dem Ergebnis der Matteoli-Commission soll die Öffentlichkeit von den anspruchsbegründenden Tatsachen erfahren haben.


    Dienstag, den 28. Febr. 2006

    Kein Kartell bei Joint Venture

     
    .   Wenn zwei Ölkonzerne einen Teil ihres Marktes über ein von beiden gegründetes Gemeinschaftsunternehmen beliefern und das Gemeinschaftsunternehmen einen einheitlichen Preis in diesem Markt bestimmt, liegt nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten in Washington in Sachen Texaco Inc. et al. v. Fouad N. Dagher et al., Az. 04-805, 04-814, 547 US __ (2006), vom heutigen 28. Februar 2006 kein Kartellverstoß vor.

    Zwar entsprechen diese Fakten dem Wortlaut des Bundeskartellgesetzes, 15 USC §1, §1 Sherman Act. Jedoch konnten die klagenden Tankstellen, die das Gemeinschaftsprodukt unter den Marken der beiden Ölkonzerne verkaufen, nicht mit der Behauptung durchdringen, das Joint Venture führe zu einem per se-Verstoß.

    Der Supreme Court entschied, dass die Verletzung nach gefestigter Rechtsprechung auch unangemessen und wettbewerbswidrig sein muss. Diese Rechtsprechung ist auch auf Gemeinschaftsunternehmen anzuwenden, welches selbständig die Preise für seine Güter bestimmt. Auch der Vertrieb unter zwei Marken verändert nicht das Ergebnis.


    Sonntag, den 26. Febr. 2006

    Unterschlagene Niere?

     
    .   In Sachen Robert Colavito v. New York Organ Donor Network, Inc. et al., Az. 05-1305-cv, verklagte der beabsichtigte Empfänger der Niere eines verstorbenen Freundes das Krankenhaus und ein Organnetzwerk auf Schadensersatz, nachdem es ihm eine Niere sandte und die andere einem anderen Empfänger einpflanzte. Die Witwe des Freundes hatte ausdrücklich eine Niere für den Kläger bestimmt, die sich bei ihrem Eintreffen jedoch als inkompatibel erwies.

    Als die Ärzte des Klägers, der in Florida wohnt, die zweite Niere im Krankenhaus in New York anforderten, war sie schon vergeben. Der Kläger klagte deshalb wegen Betruges, Unterschlagung und anderen Common-Law-Tatbeständen sowie der Verletzung des New Yorker Transplantationsrechts.

    Das Bundesberufungsgericht bestätigte am 23. Februar 2006 die Abweisung der Ansprüche nach Common Law und verwies die anderen Ansprüche an das Oberste Gericht des Staates New York, das aufgrund seiner Beurteilung des einzelstaatlichen Rechts dem Bundesgericht weitere Vorgaben erteilen soll. Da das Transplantationsgesetz neuartige Fragen des einzelstaatlichen Rechts aufwirft, will das Bundesgericht den einzelstaatlichen Gerichten nicht vorgreifen.



    Krise spitzt sich zu

     
    .   Die Personalkrise im öffentlichen Dienst spitzt sich zu. Gerade bei den Juristen gibt es zu wenig Nachwuchs. Der öffentliche Dienst erscheint ihnen nicht attraktiv. Sie sehen dort wenig Möglichkeiten, Privat- und Berufsleben in Einklang zu bringen.

    Währenddessen nimmt die Zahl der Pensionsberechtigten rasch zu, wie die Washington Post am 26. Februar 2006, S. C6, anhand der Verwaltung im Kreis Fairfax am anderen Ufer des Potomac erklärt.

    Nur gut, dass die Alten gern weit über das Pensionalter hinaus arbeiten - jedenfalls in der Privatwirtschaft - und niemand nach dem Diskriminierungsrechts nur wegen des Erreichens des Pensionsalters entlassen werden kann. Zudem gebietet dieses Recht der Verwaltung, bei der Einstellung jeden unabhängig vom Alter zu berücksichtigen.

    Vielleicht wechseln dann mehr Juristen mit 70 von der Privatwirtschaft in den öffentlichen Dienst, um die Krise zu entschärfen. Der Wechsel ist ja schließlich auch in jügeren Altersklassen üblich. Ein paar Jahre im Ministerium oder bei der Staatsanwaltschaft hat noch niemandem geschadet, und die Verwaltung gewinnt immer von der externen Perspektive.


    Samstag, den 25. Febr. 2006

    Jury zählt bis 15

     
    .   Die Geschworenen, nicht der Richter, sind zum Zählen der Angestellten eines Unternehmens in Diskriminierungsverfahren zuständig, bestimmte der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington am 22. Februar 2006 in Sachen Jennifer Arbaugh v. Y&H Corporation, dba The Moonlight Cafe, Az. 04-944.

    Der amerikanische Diskriminierungstatbestand von 42 USC §2000e(b) in Title VI, Civil Rights Act of 1964 enthält die Voraussetzung der Mindestzahl von 15 Angestellten. Diese Zahl ist nach der neuen Entscheidung kein Zuständigkeitsmerkmal, über das der Richter entscheidet, sondern eine materielle Frage, die in den Verantwortungsbereich der Jury fällt.

    Diese Frage klärte der Supreme Court, nachdem eine Jury gegen die Beklagte entschieden hatte und die Beklagte erst anschließend die sachliche Zuständigkeit des Gerichts rügte. Nach dem Zivilprozessrecht, Federal Rule of Civil Procedure 12(b)(1), darf der Mangel dieser Zuständigkeit in jedem Verfahrensstadium gerügt werden, also auch wenn die materielle Entscheidung bereits gefällt ist. Nach dem Präzedenzfall Kontrick v. Ryan ist die Klage auf eine berechtigte Rüge hin abzuweisen.



    Stolpern über Post

     
    .   Der Postdienst in den USA genießt nicht die vermutete Immunität gegen Klagen wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten, die sich ansonsten als Amtshaftungsimmunität für staatliche Institutionen darstellt.

    Eine Immunität für die Post setzt eine gesetzliche Regelung voraus, die der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington in Sachen Dolan v. Postal Service, Az. 04-848, am 22. Februar 2006 nicht feststellen konnte.

    Der Empfänger ist demnach nach dem Recht der deliktischen Haftung geschützt, wenn er sich beim Stolpern über nicht in den Briefkasten eingeworfene Post verletzt, bestimmt der Supreme Court.


    Freitag, den 24. Febr. 2006

    Damoklesschwert bleibt

     
    .   Noch ist das Blackberry-System in den USA nicht abgeschaltet. Der zuständige Richter Spencer in Richmond weigerte sich heute, dem Antrag von NTP stattzugeben.

    Doch hängt das Damoklesschwert weiterhin über der beklagten Firma RIM aus Kanada. Eins Zwei der fünf NTP-Patente ist sind diese Woche als nichtig bezeichnet worden, doch andere werden noch vom Patentamt geprüft.

    Der Fall RIM ist nur einer von vielen Patentfällen, in denen Patenterwerber die hinter dem Patent stehende Erfindung durch Klagen vermarkten. Immer häufiger werden von diesen Patent-Troll-Klagen ausländische Unternehmen, auch aus Deutschland, betroffen. Wenn hinter dem Patent Patentanwälte als Inhaber stehen, gelingt es ihnen, zu Selbstkosten massive Verteidigungskosten auszulösen, die die überraschten und schuldunbewussten Hersteller finanziell in die Knie oder zu einem brutalen Vergleich zwingen. Der Innovation wird damit nicht gedient. Dem Ruf der Patentanwaltschaft schaden diese Klagen.

    Besonders übel riecht es allerdings, wenn mit bereits vom Patentamt als wahrscheinlich nichtig bezeichneten Patenten weiterhin so Druck gemacht wird, wie man es nun im Streit zwischen NTP und RIM beobachtet.



    RIW mit neuer Leitung

     
    .   Die im deutsch-amerikanischen Recht stets relevante Zeitschrift Recht der Internationalen Wirtschaft ist mit ihrem Januar 2006-Heft in Washington eingetroffen. In eigener Sache berichtet der Verlag vom Wechsel in der Leitung, nachdem Prof. Thomas Wegerich, der lange Jahre die Leitung mit lobenswerter Betreuung der Verfasser - neben zahlreichen weiteren Verantwortungsbereichen - inne hatte, den Verlag verlässt. Sein verantwortungsvolles Amt übernahm Martin Weber als Gesamtverlagsleiter des Verlages Recht und Wirtschaft GmbH in Frankfurt am Main.



    Modellbahn, Klage, Presse

     
    .   Die Gewährleistung für eine teure Thomas-Modellbahn wurde nach einer Firmenübernahme vom neuen Eigner von lebenslang auf 90 Tage reduziert. Nichts ungewöhnliches, doch schon melden sich haihungrig die Spezialisten für Sammelklagen. LaywersandClassSettlements.com bewirbt den Fall im wöchentlichen Rundschreiben mit der Empfehlung, den klagenden Anwalt zu kontaktieren.

    Pressearbeit wurde ebenfalls geleistet. Unter der sympathischen Überschrift Moms Sue Over Thomas Trains Warranty darf der Klägeranwalt den Zeitungslesern sogar prophezeien, dass die AGB-Änderung die Hersteller tens of millions of dollars kosten wird.

    Die Zeitung verschweigt allerdings, dass die Kunden üblicherweise eine Rabattmarke oder vergleichbar Unnützes erhalten. Das eingeklagte Geld steht oft für die Gebühren und Auslagen des Sammelklagenspezialisten, der genau kalkuliert, wie die Verbindung von Pressearbeit und Sammelklage auf Beklagte wirkt, ohne es aussprechen zu müssen:

    Wie eine Erpressung, die zum Überleben der Beklagten schnellstens zum Vergleich führen muss, der in der Praxis gut für die Klägeranwälte und schlecht für ihre Mandanten ist.

    Die Berufsethik bleibt auf der Strecke. Das Rechtssystem wird missbraucht. Die Mandanten werden auf den Arm genommen.


    Mittwoch, den 22. Febr. 2006

    Schiedsklausel hat Vorrang

     
    .   Bei der Prüfung von Einwendungen gegen einen Vertrag muss das angerufene Gericht der Schiedsklausel den Vorrang gewähren. Ist sie wirksam, muss das Gericht das Verfahren an das Schiedsgericht abgeben. Das Gericht darf sich nicht der Frage widmen, ob der Vertrag beispielsweise wegen einer Knebelung unwirksam ist.

    Dieses Ergebnis der Entscheidung des Obersten Bundesgerichtshofes der Vereinigten Staaten in Washington in Sachen Buckeye Check Cashing, Inc. v. Cardegna, Az. 04-1264 vom 21. Februar 2006 bestätigt die Priorität des Schiedswesens nach dem Bundesschiedsgesetz, welches auch die Einzelstaaten beachten müssen.

    Die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts beschränkt sich damit allein auf die Anfechtung der Schiedsklausel, erkannte der Supreme Court wenig überraschend. Nur wenn diese Klausel unwirksam ist, darf das Gericht das ordentliche Verfahren fortführen.


    Montag, den 20. Febr. 2006

    Politik vor Gericht

     
    .   Gerichte dürfen politische Fragen nicht klären. Nach welchen Grundsätzen eine Rechtsfrage als politische Frage zu identifizieren ist, klärt das Bundesberufungsgericht des Bezirks der Bundeshauptstadt Washington, United States Court of Appeals for the District of Columbia, am 17. Februar 2006 in seiner Entscheidung in Sachen Menachem Binyamin Zivotovsky v. Secretary of State, Az. 04-5395.

    Außerdem ermittelt das Gericht im Gegensatz zum Untergericht, dass der Kläger aktivlegitimiert war. Er beantragt die Eintragung der Landesbezeichnung Israel in seinem amerikanischen Pass als Geburtsland. Das Untergericht stellte fest, dass die verweigerte Eintragung keinen justiziablen Schaden hervorruft.

    Das Berufungsgericht erklärt hingegen, dass die Verweigerung eines gesetzlichen Anspruchs bereits eine nachteilige, justiziable Wirkung entfaltet, und der Kläger daher Standing zur Rechtsverfolgung besitzt. Das gilt auch, wenn der Gesetzeswortlaut, hier §214(d) des Foreign Relations Authorization Act, Fiscal Year 2003, 116 Stat. 1350, 1365-66 (2002), in seiner Verfassungsmäßigkeit von der Exekutive bestritten wird.



    President's Day

     
    .   Am heutigen 20. Februar bleiben Gerichte, Ministerien, Ämter und Kanzleien geschlossen - letztere nicht ganz, denn nicht alle Anwälte feiern am President's Day. Genauso wenig schließt der Einzelhandel, für den der Feiertag zu wichtigem Umsatz im Februar führt.


    Sonntag, den 19. Febr. 2006

    Forderung vor Klage

     
    .   Verbietet die Verfassung die außergerichtliche Geltendmachung einer Forderung? Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks beurteilt diese Frage nach seiner ausführlichen Untersuchung des Noerr-Pennington-Grundsatzes im Fall Rod Sosa et al. v. DirecTV, Inc. et al., Az. 04-55036, am 15. Februar 2006.

    DirecTV machte in außergerichtlichen Forderungsschreiben Schadensersatz-, Herausgabe- und Unterlassungsforderungen gegen Erwerber von Kopiergeräten für Smart Cards geltend. Das Unternehmen verdächtigte die Erwerber des Missbrauches dieser Kopiergeräte, um kostenlos und rechtswidrig seine Satellitenausstrahlungen zu empfangen.

    Die Kläger bezeichnen die Forderungsschreiben als RICO-sanktionierte Machenschaften und verlangen ihrerseits Schadensersatz und Unterlassung der Forderungsgeltendmachung. RICO stellt die Beklagten einer Verschwörung mafiöser Art gleich.

    DirecTV behauptet daher, RICO würde das Unternehmen in der Ausübung seiner Verfassungsrechte beeinträchtigen. Das Gericht gibt der Beklagten nach extensiver Prüfung recht und bestätigt die Klagabweisung. Die außergerichtliche Forderungsgeltendmachung bleibt legal.



    Wirksamer Gerichtsstand

     
    .   Kann eine Gerichtsstandsklausel in einem durch Betrug oder Knebelung abgeschlossenen Vertrag wirksam sein? Wie wirkt sie im Verhältnis zu einer Gerichtsstandsklausel in einem gleichzeitig vereinbarten Parallelvertraug und den sonstigen Regelungen zum Vertragsmanagement, welche laut Vertrag auf das Vertragsverhältnis anwendbar sein sollen und ebenfalls, jedoch anders, vom Gerichtsstand sprechen? Wie wirkt eine Gerichtsstandsklausel, die die Überschrift Gerichtsortsklausel trägt?

    Diese praxiswichtigen Fragen erörtert das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks anschaulich in Sachen Pratima J. Muzumdar et al. v. Wellness International Network, Ltd. et al., Az. 05-2636 et al., am 17. Februar 2006.



    Zur Arbeit ohne Waffe

     
    .   Ein Arbeitgeber darf seinem Personal verbieten, Waffen zur Arbeit mitzubringen, entschied das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks am 13. Februar 2006 in Sachen Steve Bastible et al. v. Wayerhaeuser Company, Az. 05-7037.

    Unter Verstoß gegen die Regeln der Beklagten hatten die Kläger ihre Waffen in den Fahrzeugen auf dem Personalparkplatz gelassen. Die Kläger erhielten deshalb ihre Kündigung, gegen die sie mit der Begründung vorgingen, die Regeln und Handlungen der Arbeitgeberin verletzten:

  • Artikel 2 der Verfassung von Oklahoma, die ihnen das Recht zum Führen von Waffen gewähre,
  • das Gesetz von Oklahoma, §1290.22 Oklahoma Self-Defense Act, mit demselben Schutzzweck, sowie
  • den vierten Verfassungsgrundsatz der Bundesverfassung wegen der Durchsuchung der Fahrzeuge

  • und stelle
  • eine rechtswidrige Festnahme;
  • eine vorsätzliche deliktische Einwirkung in Vertragsbeziehungen, soweit die Regeln Leihpersonal betreffen;
  • einen deliktischen Eingriff in die Privatspäre, und
  • eine deliktische, schadensersatzauslösende Fahrlässigkeitshandlung, Negligence,
  • dar.

    Das Berufungsgericht bestätigte das Untergericht in der Klagabweisung, deren Kern sich aus dem Recht der Arbeitgeber ableitet, Waffen im Unternehmen zu verbieten:
    Nothing contained in any provision of the Oklahoma Self-Defense Act ... shall be construed to limit, restrict or prohibit in any manner the existing rights of any person, property owner, tenant, employer, or business entity to control the possession of weapons on any property owned or controlled by the person or business entity. 21 Okla. Stat. Ann. §1290.22 (2002)
    Obwohl das Gesetz in den Jahren 2004 und 2005 waffenfreundlicher umformuliert wurde, schloss sich das Gericht nicht der Auffassung der Kläger an, die Beklagte hätte ein Naturrecht, clear law of nature, federal, state, and inherent constitutional right of an at-will employee to keep and transport firearms in his vehicle, verletzt.


    Samstag, den 18. Febr. 2006

    Gutachten zur Produkthaftung

     
    .   Im Zivilprozess muss jede Partei ihre Gutachter benennen, damit sie rechtzeitig vor dem Verfahren vor den Geschworenen, Jury, von der Gegenseite im Rahmen des Ausforschungsbeweisverfahrens, Discovery, vernommen werden können.

    Das traf auch im Produkthaftungsverfahren Daniel J. Gagnon v. Teledyne Princeton, Inc. et al., Az. 05-1504, zu, in dem der von einem Gabelstapler nach seiner Auffassung verletzte Kläger drei Tage nach der vom Gericht gesetzten Frist seine Gutachter bezeichnete. Das Gericht liess die Gutachter wegen der Fristversäumnis nicht zu.

    Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks erklärt in seinem Beschluss vom 13. Februar 2006, an welchen Maßstäben solch eine - vielleicht entschuldbare - Fristversäumnis nach Rule 37(c)(1) des Bundeszivilverfahrensrechts, Federal Rules of Civil Procedure, zu messen ist. Im Ergebnis gelangt es zu keinem Urteil, da die Fakten weiter vom Untergericht anhand seiner Rechtsvorgaben zu prüfen sind, und hebt zunächst lediglich die Klagabweisung auf.


    Freitag, den 17. Febr. 2006

    Verlorene Tochter

     
    .   Schüler aus Alabama feiern ihren Schulabschluss in Aruba. Eine Schülerin kehrt nicht zurück. Der Schmerz der Eltern ist drastisch in der Klage vor dem erstinstanzlichen, einzelstaatlichen Gericht im Kreis New York des Staates New York in Sachen Elizabeth Ann Twitty et al. v. Joran van der Sloot, Az. 102254/2006, vom 16. Februar 2006 nachgezeichnet.

    Die Zuständigkeit des New Yorker Supreme Court wird in der Klage mit ihrer Zustellung an die Beklagten aus Aruba in New York begründet. Die dramatische und ausführliche Darstellung des Sachverhalts entspricht nicht dem üblichen, summarischen Notice Pleading, sondern dient wahrscheinlich der Öffentlichkeitsarbeit der Eltern, die nicht wissen, ob ihre vor Monaten verschollene Tochter noch lebt oder ermordet wurde.



    OFAC-Direktor zu FinCEN

     
    .   Das Schatzamt hat mit einer Pressemitteilung vom 17. Februar 2006 Robert W. Werner als neuen FinCEN-Direktor vorgestellt. FinCEN ist das Financial Crimes Enforcement Network. Werner diente bisher als Direktor des Office of Foreign Assets Control im Schatzamt. Beide Gruppen sind für die Kontrolle von Finanzströmen verantwortlich. OFAC überwacht den Geldverkehr mit Embargo-Staaten und erteilt die entsprechenden Ausnahmegenehmigungen. Aufgrund des Personalwechsels wird in Washington über eine Zusammenlegung beider Obersten Bundesbehörden spekuliert.



    An Haaren herbeigezogen

     
    .   Die Kläger möchten gern in den USA klagen, wo sie sich ein besseres Ergebnis als im Ausland versprechen. Die Beklagte sitzt allerdings in Bermuda. Der Vertrag zwischen den Beteiligten enthält eine Rechtswahlklausel mit dem Recht von Bermuda und eine Gerichtsstandsklausel für die Gerichtsbarkeit von Bermuda.

    Als die Kläger behaupten, sie könnten andere Unternehmen mit Bezug zu den USA in die Klage einbeziehen und damit die Bermuda-Gesellschaft und verbundene Gesellschaften im sonstigen Ausland nach Massachusetts zwingen, bremst sie das Gericht. Das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks bestätigt in Sachen Paul E. Platten et al. v. HG Bermuda Exempted Limited et al., Az. 05-1832, am 6. Februar 2006, die Entscheidung, dass die Klage gegen die US-Beteiligten als unschlüssig abzuweisen ist und die Klage gegen die Bermuda-Gesellschaft wegen mangelnder Zuständigkeit nicht greifen kann.



    Kein Double Dipping

     
    .   Zweimal Schadensersatz für denselben Schaden in zwei Verfahren einklagen - das geht zu weit, stellt das Bundesberufungsgericht in Sachen Kforce, Inc. v. Surrex Solutions Corporation, Az. 05-2224, am 9. Feburar 2006 fest. Der Kläger machte mit einer Kläge aufgrund deliktischer Ansprüche den Ersatz desselben Schadens geltend, der ihm bereits als vertraglicher Schadensersatz aufgrund der Verletzung eines Wettbewerbsverbots zugesprochen worden war.

    Die erste Klage richtete sich gegen die andere Vertragspartei, die zweite gegen den Wettbewerber. Im zweiten Verfahren behauptete der Kläger einen deliktischen Eingriff in Vertragsbeziehungen, tortious Interference with Contract, Verschwörung zum Vertragsbruch und die Verletzung des einzelstaatlichen Geheimnisschutzgesetzes, Missouri Uniform Trade Secrets Act.

    Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage als unbegründet nach FRCP 12(b)(6) ab. Der Grundsatz des Verbots des doppelten Schadensersatz greife. Zudem erstrecke sich die Rechtskraft des ersten Verfahrens auf das zweite. Schließlich greife die vom Kläger geltend gemachte Ausnahme der collateral Litigation Exception nicht. Das Berufungsgericht zitierte den Präzedenzfall Perez v. Boatmen's National Bank of St. Louis, 788 SW2d 296, 299 (Mo. Ct. App. 1990):
    In general, where a plaintiff can choose to proceed in tort or contract on a course of conduct involving two possible defendants and he chooses to proceed to a final judgment against one defendant in contract, he may not later attempt to pursue a tort action against the second defendant; the initial waiver of tort waived tort for all purposes.
    und schloss sich dem Untergericht an.


    Donnerstag, den 16. Febr. 2006


    Kommission verloren

     
    .   Ein Unternehmer bringt einem anderen einen Großkunden und erwartet einen Finderlohn. Ohne ihn geht es auch, und die beiden Unternehmen kontrahieren direkt miteinander. Der geprellte Finder klagt wegen eines deliktischen Eingriffs in Geschäftserwartungen, ungerechtfertigter Bereicherung, Vertragsbruchs wegen der Umgehung eines Wettbewerbsverbots und Geheimhaltungsgebots sowie behaupteter Unterschlagung auf Schadensersatz.

    Im Fall APG, Inc. v. MCI Telecommunications Corporation, Az. 02-1120, erörtert das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 8. Februar 2006 anschaulich diese Ansprüche und bestätigt bis auf den Bereicherungsanspruch, unjust Enrichment, die Klagabweisung. Die Bereicherung muss vor dem Untergericht neu verhandelt und je nach Fallentwicklung den Geschworenen, Jury, zur Beurteilung vorgelegt werden.

    Das Gericht sprach dem Berufungskläger ausnahmsweise auch die Erstattung der halben Berufungsverfahrenskosten zu.



    Studentische Selbstverteidigung

     
    HF - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des District of Columbia hatte am 10. Februar 2006 in der Sache Alan V. Washburn v. Michael Lavoie, et al., Az. 04-7158, im Rahmen der Prüfung der Klageansprüche vor ihrer Vorlage an die Geschworenen, Jury, über eine geltend gemachte Rufschädigung des Berufungsklägers durch die Berufungsbeklagten zu entscheiden.

    Die Parteien leben in Nachbarhäusern mit einer gemeinsamen Außenwand. Der Berufungskläger, ein Rechtsanwalt, beklagte sich mehrfach bei der zuständigen Verwaltung der Universität, welche die Berufungsbeklagten besuchen, über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Berufungsbeklagten schriftlich und sandte Ablichtungen seiner Schreiben an die Vermieter der Studenten. In einem seiner Schreiben erklärte er, die aus dem Studentenhaus kommenden Geräusche in seinem Haus auf Tonband aufgenommen zu haben und daher beweisen zu können.

    In einer von der Universitätsverwaltung angeforderten Stellungnahme der Studenten bezeichneten sie die Tonbandaufzeichnungen für als mit dem Gesetz unvereinbar. Diese Aussage wiederholten sie mündlich gegenüber einer Nachbarin, die beide Parteien als mögliche Zeugin angesprochen hatten.

    Der Anwalt verklagte die Studenten vor dem erstinstanzlichen Bundesgericht des District of Columbia auf Ersatz seiner tatsächlichen Schäden, compensatory damages, in Höhe von $1,5 Millionen und Strafschadensersatz, punitive damages, in Höhe von $6 Millionen wegen Rufschädigung.

    Er begründete seine Klage damit, dass die Aussage, er verstoße durch die Tonbandaufnahmen gegen geltendes Recht, nicht der Wahrheit entspräche und geeignet sei, seinen Ruf als Rechtsanwalt zu schädigen. Das Gericht wies die Klage ab mit der Begründung, die Aussage der Berufungsbeklagten sei nicht geeignet, den Ruf des Berufungsklägers zu schädigen. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil.

    In seiner Begründung setzt sich das Berufungsgericht jedoch nicht mit der vom erstinstanzlichen Gericht angeführten fehlenden rufschädigenden Wirkung der Aussage auseinander. Vielmehr unterstellt es das Vorliegen einer solchen und spricht den Studenten insoweit ein Selbstverteidigungsrecht zu. Voraussetzung dieses im District of Columbia anerkannten Rechts auf Selbstverteidigung ist zum einen, dass eine Information im Raum steht, die wichtige Interessen des sich selbst Verteidigenden erheblich beeinträchtigt und zum anderen, dass die rufschädigende Aussage erfolgt, um die beeinträchtigten Interessen dem gesetzlichen Schutz zuzuführen.

    Diese Voraussetzungen sieht das Gericht als erfüllt an. Das bedeutende Interesse der Berufungsbeklagten, disziplinarische Maßnahmen seitens der Universität und eine gerichtliche Verfolgung zu verhindern, sei durch das Verhalten des Berufungsklägers nachvollziehbar beeinträchtigt worden. Den Studenten habe daher das Recht zur Verteidigung gegen die vom anwaltlichen Nachbarn geäußerten Beschuldigungen zugestanden, dessen rechtlichen Rahmen sie nicht überschritten hätten.

    Das Berufungsgericht verneint ferner das Vorliegen eines böswilligen Verhaltens der Studenten, das grundsätzlich geeignet sein kann, das Recht auf Selbstverteidigung aufzuheben. Insoweit sei der Berufungskläger der ihm obliegenden Beweislast nicht hinreichend nachgekommen. Die Bezeichnung seines Verhaltens als illegal oder gegen das Gesetz verstoßend, sei aus Empfängersicht laienhaft und nicht als Expertenurteil aufzufassen. Ferner fehle es auch an einer vom Kläger behaupteten ausschweifenden Kundgabe dieser Aussage, da die Aussage allein gegenüber Personen erfolgte, die bereits vom Berufungskläger über die Streitigkeiten zwischen den Parteien aufgeklärt worden waren.

    Das Gericht illustriert im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung ausführlich die genauen Voraussetzungen für das Bestehen eines Selbstverteidigungsrechts und die strengen Anforderungen an eine Aufhebung des Selbstverteidigungsrecht durch böswilliges Verhalten des Rufschädigers und vermittelt so einen verständlichen Einblick in diese Materie.


    Mittwoch, den 15. Febr. 2006

    Dumb Dick & Harry

     
    .   Kein Gesetz verpflichtet den Vizepräsidenten, jedem Tom, Dick or Harry eine Erklärung für seinen Fehlschuß zu geben. Doch vorhin bekannte Dick einem willfährigen Berichterstatter den fatalen Schuss mit der Schrotflinte auf Rechtsanwalt Harry.

    Während in Washington spekuliert wird, warum Cheney so lange mit einer Pressemitteilung wartete, spricht niemand über die strafrechtlichen Folgen. Die Presse ist lediglich erzürnt über die Tatsache, dass sie Cheney nicht zu Rede stellen durfte.


    Dienstag, den 14. Febr. 2006

    Explosiver Raketentreibstoff

     
    HF - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des District of Columbia hatte am 10. Februar 2006 in der Sache Tripoli Rocket Association, Inc., v. Bureau of Alkohol, Tobacco, Firearms, and Explosives, Az. 04-5453, über die Berufung einer Interessensvereinigung für Raketentechnik zu entscheiden.

    Die Berufungsbeklagte hatte einen aus Ammonium und Perchlorat zusammengesetzten Raketentreibstoff 1971 auf die Liste explosiver Materialien im Sinne des 18 U.S.C. §841(d) gesetzt. Die Interessensvereinigung hatte sich im Jahre 1999 gegen die Einstufung des Treibstoffs als explosiv gewehrt und hatte verlangt, dieses Material von der Liste zu entfernen.

    Das Gericht hat die Sache an die untere Instanz zurück verwiesen mit der Begründung, dass die von der Berufungsbeklagten bisher vorgetragene Argumentation eine Einstufung des Treibstoffes als explosiv nicht nachvollziehbar rechtfertige und daher eine weitere Aufklärung diesbezüglich erforderlich sei.

    Die Urteilsbegründung illustriert die Besonderheiten des amerikanischen Bundesverwaltungsverfahrensrechts. Während in Deutschland ein Vorgehen des Bürgers gegen eine Rechtsverordnung allenfalls auf Landesebene bei entsprechender gesetzlicher Festlegung und Betroffenheit des einzelnen Bürgers möglich ist, ist im amerikanischen Verordnungsgebungsverfahren sowie anschließend für einen Normenkontrollantrag hinsichtlich einer bestehenden Verordnung grundsätzlich jedermann zeitlich unbegrenzt aktivlegitimiert.


    Montag, den 13. Febr. 2006

    Auf fremde Verträge einwirken

     
    .   Die Familie Hatfield war von den Bräunungsmitteln der Kläger so angetan, dass sie sie im Internet anbot, obwohl sie nur zum Verkauf beim Frisör bestimmt waren. Die Kläger trafen als Hersteller zahlreiche vertragliche, markenrechtliche und faktische Vorkehrungen, um ihre Produkte auf diesen Vertriebsweg zu beschränken. Die Beklagten fanden immer neue Wege, an die Produkte über Großhändler heranzukommen.

    Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks stellt in seinem Urteil Australian Gold, Inc. et al. v. Brenda Hatfield et al., Az. 03-6218, vom 7. Februar 2006 fest, dass die Vorkehrungen der Kläger ihren Markenschutzanspruch stützen. Es bestätigte das untergerichtliche Urteil zugunsten der Kläger auch für Ansprüche wegen falscher Werbung und deliktischen Eingriffs in die Vertragsbeziehungen der Kläger mit Dritten.

    Allein der Anspruch wegen des Eingriffs in die sorgfältig gepflegten Vertragsbeziehungen zwischen Hersteller und Großhändler war den Geschworenen, Jury, einen Schadensersatz von $500.000 wert. Mit dem Strafschadensersatz und dem Ersatz des Markenschadens beläuft sich das Urteil auf über $3,5 Mio. Das Gericht erklärte, wann die Einwirkung von Vertragsbeziehungen Dritter legal ist:
    It is lawful to "interfere with the contractual relations of another if [this is done] by fair means, if [it is] accompanied by honest intent, and if [it is done] to better one's own business and not to principally harm another." Del State Bank v. Salmon, 548 P.2d 1024, 1027 (Okla. 1976).
    Hier hatte das Untergericht jedoch Täuschungshandlungen festgestellt. Die Beklagten hatten nicht den Zugang zum offenen Markt gesucht und sich an seine Bedingungen gehalten. Sie benutzten hingegen falsche Firmenbezeichnungen und potemkinsche Frisörsalons. Der Court of Appeals bestätigte daher sein Urteil.


    Sonntag, den 12. Febr. 2006

    Sicherheit beim Konvertieren

     
    .   Die nationale Sicherheitsbehörde ist nicht nur für das Abhören des Internet- und Telefonverkehrs verantwortlich. Sie macht sich auch um die Umwandlung von Textdateien in PDF-Dokumente Gedanken. Am 2. Februar 2006 veröffentlichte die NSA ihre Empfehlungen: Redacting with Confidence: How to Safely Publish Sanitized Reports Converted From Word to PDF. Anhand der Erläuterungen lassen sich Fehler vermeiden, die in Word-Dateien enthaltene Daten offenlegen, die im PDF-Format nicht zugänglich sein sollten.



    Ungedeckte Haftung

     
    .   EDV-Deckungsschutz bieten zahlreiche Versicherer seit langem an, und für neue Risken wie ASP oder Web 2 gibt es das entsprechende Wording seit etwa fünf Jahren. Dennoch bleiben einige Haftungsrisiken im Internet weiterhin ungedeckt. Unter dem Titel Filling in gaps in Internet coverage erklären Richards und Matorin am 16. Januar 2006 die Lücken im Versicherungsvertrag für Errors and Omissions und Commercial General Liability.



    Deutschland wie Dallas

     
    .   Vor zwanzig Jahren lag die Wirtschaft in Dallas in Schutt und Asche. Die dort gewonnenen Erfahrungen in der Erneuerung der Wirtschaft - bei anhaltendem Missmut der Banken - dienen als Vorbild für die Auffrischung der deutschen Wirtschaft, erklären die Dallas Morning News im Bericht Dallas equity fund invests in Germany's recovery am 6. Februar 2006.

    Kreative Refinanzierungen, notleidende Darlehen und grantige Kreditinstitute werfen interessante rechtliche Fragen für Workout-Spezialisten auf. Sie vermeiden oft den Schritt in die Insolvenz, Bankruptcy, die als Finanzvehikel in den USA ansonsten schamlos einkalkuliert wird. Was seinerzeit in Dallas lief, wurde schließlich im Kongress als musterhaft gepriesen - nicht das Maß aller Dinge, doch in diesem Fall gerecht. Auch Dieter Dettke, der ehemalige Chef der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington, hält die Erfolge und Kritik an diesen Methoden zur Gesundung Deutschlands für einen normalen Lernprozess, schreibt die Zeitung.


    Samstag, den 11. Febr. 2006


    Gute Aussichten - wie man's nimmt

     
    .   In Washington nimmt das Außenhandelsrecht, international Trade Law, eine wichtige Rolle ein. Nach den Berichten vom 10. Februar 2006 über das gestiegene Handelsdefizit der USA ist damit zu rechnen, dass die auf der Einfuhrschutzseite arbeitenden Anwälte wieder das Land nach potentiellen Klägern abgrasen, die sich durch Einfuhren verletzt fühlen. Finden sie keine Hersteller, weil die Produkte in den USA nicht erzeugt werden, können sie sich an Hersteller wenden, die gern die importierten Güter herstellen würden, denn auch embryonic Industries werden vom Außenhandelsrecht nach dem Tariff Act und seinen ständigen Anpassungen geschützt.

    Neben dem als politisch zweitrangig eingestuften Wirtschaftsministerium, Commerce Department, besitzen die International Trade Commission und das Amt des Handelsbeauftragten, United States Trade Representative, die Hauptzuständigkeiten für die Außenhandelsverfahren, siehe schon in alten Überblicken: Kochinke, Die US-amerikanische International Trade Commission, 27 RIW 762 (Nov. 1981); ders., Außenhandelsklagen nach §337 Tariff Act of 1930 in den USA - eine wirksame Waffe in der Hand der Protektionisten, 31 RIW 386 (Mai 1985); Horlick / Kochinke, Die Behörde des Handelsbeauftragten der USA, 28 RIW 458 (Juli 1981); Kochinke, Der Trade Agreements Act 1979 in den USA, 27 RIW 405 (Juni 1980).




    Zuständiges, doch unpassendes Forum

     
    .   Die Prüfung der Einwendung des unpassenden Forums darf das Gericht erst nach der Feststellung seiner Zuständigkeit vornehmen, erklärt das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in der ausführlichen Urteilbegründung in Sachen Malaysia International Shipping Corporation v. Sinochem International Co. Ltd., Az. 04-1816, vom 7. Februar 2006.

    Das Minderheitsvotum würde dem Gericht unter Berufung auf den Fall Ruhrgas AG v. Marathon Oil Co., 526 U.S. 574, 584-85 (1999) die Reihenfolge nicht vorschreiben, da der Forum Non Conveniens-Grundsatz die Prozessökonomie fördert. Die Ermittlung der Zuständigkeit kann erhebliche Kosten und sonstige Belastungen für die Parteien im Rahmen der Discovery auslösen. Das Ausforschungsbeweisverfahren mit dem Ziel der Ermittlung der Zuständigkeit durchzuführen, um dann lediglich den Fall wegen eines richtigen, doch unpassenden Forums abzuweisen, ist eine Verschwendung von Resourcen, merkt Richter Stapelton sehr nachvollziehbar an.

    Hingegen verlangt das Mehrheitsvotum nach bereits erfolgter Feststellung der sachlichen Zuständigkeit, Subject Matter Jurisdiction, auch die vollständige Prüfung der Zuständigkeit über die Person der Beklagten, personal Jurisdiction. Es bezeichnete die Entscheidung ausdrücklich als verbindlichen Präzedenzfall.


    Donnerstag, den 09. Febr. 2006

    Ein paar Flaschen

     
    CK - S.v.Grönland.   Das Urteil des Bundesberufungsgerichts des fünften Bezirks in Sachen Luv'n Care, Ltd. v. Insta-Mix, Inc. et al., Az. 04-31171, vom 25. Januar 2006 betrifft die Frage der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichtes im Fall der behaupteten Urheberrechtsverletzung durch einen Hersteller aus einem anderen Staat, dessen Produkt lediglich in geringem Umfang und nur über Zwischenhändler im Forumsstaat vertrieben wird.

    Das Gericht bestimmt, dass der Vertrieb auch über Dritte und ohne Kenntnis des Zielortes bei der Eingabe der Auftragsbestätigung in ein elektronisches System den Vorgaben der Bundesverfassung für die Ausübung der Gerichtshoheit über die fremdstaatliche Beklagte entspricht.

    Die Fakten betreffen hier Flaschenverschlüsse im Wert von knapp $9.000, die den Forumstaat Louisiana über Walmart nur in wenigen tausend Exemplaren erreichten und nach der Vorstellung der Klägerin aus dem Forumstaat deren Rechte verletzen.

    Das Gericht erörtert ausführlich seine Ansichten zur Frage des Verbringens einer Sache in den Verkehr, die sich daraus ableitenden Beweisart- und -lastregeln sowie die Grenzen der Entlastung eines Herstellers.


    Montag, den 06. Febr. 2006

    Korrektur des Urteils

     
    .   Nach dem Spruch der Geschworenen, Jury, entscheidet der Richter der ersten Instanz, ob der Spruch zum Urteil wird. Die Parteien können eine Herabsetzung oder Steigerung des zugesprochenen Betrages beantragen, aber auch den Ersatz des Jury-Verdiktes durch eine richterliche Entscheidung oder ein neues Verfahren.

    Die Urteilsbegründung des Bundesberufungsgerichts des sechsten Bezirks in Sachen Clark v. Chrysler, Az. 04-5279, vom 1. Februar 2006 erklärt das Remittitur: Der Spruch der Geschworenen verletzt den Verfassungsrahmen für Strafschadensersatz.

    Das erstinstanzliche Gericht wies den Antrag auf Herabsetzung ab, doch das Berufungsgericht reduziert die punitive Damages von $3 Mio. auf unter $500.000.

    Oft wird in der amerikanischen, doch auch in der europäischen Presse ignoriert, was nach einem sensationellen Schadensersatzspruch geschieht. Die Korrektur duch ein Remittitur noch in der ersten Instanz ist typischer für das US-Recht als exzessive Urteile.


    Sonntag, den 05. Febr. 2006

    Faktenwertung für die Jury

     
    .   Das Urteil des Bundesberufungsgerichts des fünften Bezirks in Sachen MAN Roland, Inc. v. Kreitz Motor Express, Inc. et al., ASCO USA, LLC, Az. 04-20982, vom 26. Januar 2006 illustriert die Aufgabenverteilung zwischen Richter und Geschworenen im Zivilprozess.

    Die Fakten betreffen den Transport einer Druckerpresse. Die Spedition erhielt Frachtschutzvorgaben vom Auftraggeber. Das Wetter führte zum Frachtschaden. Die Parteien setzen sich über das Vertretenmüssen für den Frachtschaden auseinander.

    Das Gericht erörtert die anwendbaren Sorgfaltspflichten und die Beweislastumkehr im Frachtwesen. Es gelangt zur Erkenntnis, dass nach der rechtlichen Prüfung Beweiswürdigungsfragen bleiben, die den Geschworenen, Jury, vorbehalten sind. Daher wird das Verfahren an das Untergericht zurückverwiesen.


    Freitag, den 03. Febr. 2006

    Schutz von Buchtiteln

     
    SM - Washington.   In ihrem Beitrag vom 1. Februar 2006, Schutz von Buchtiteln in den USA, erörtert Heidi Förster den Schutz von Buchtiteln gegen die unbefugte Verwendung durch Dritte in Deutschland und den Vereinigten Staaten. Dabei stellt sie die jeweilige Rechtslage dar und erläutert rechtsvergleichend die Unterschiede der beiden Rechtsordnungen.

    In Anbetracht der in den Vereinigten Staaten unsicheren und komplizierten rechtlichen Rahmenbedingungen stellt die Verfasserin abschließend potentielle Lösungsansätze vor, die die Erreichung eines gewissen Schutzes von Buchtiteln ermöglichen könnten.

    Der Beitrag eignet sich daher insbesondere für Verleger und Autoren, die ein Interesse daran haben, Buchtitel rechtlich in den Vereinigten Staaten schützen zu lassen.


    Donnerstag, den 02. Febr. 2006

    Klage wegen Gehörschaden

     
    .   Die Klage in Sachen John Kiel Patterson v. Apple Computer, Az. C06-00699, vom 31. Januar 2006, wegen fehlender Warnung vor der bekannten Gefahr einer Gehörschädigung ist veröffentlicht. Diese Gefahr wurde dieser Tage in der Presse ausgiebig erörtert.

    Die Klageart ist eine Sammelklage. Ein Verfahren vor den Geschworenen, Jury, wurde beantragt, vielleicht in der Hoffnung, dass Laien dem Begehren mehr Sympathie entgegenbringen als ein Richter. Das mit angeblich unzureichender Warnung ausgestattete Gerät gehört zur iPod-Klasse.



    Bericht an WP und CPA

     
    .   Alle Jahre wieder beginnt nun die Saison der Wirtschaftsprüferanfragen an Rechtsanwälte über die Risiken aus Rechtstreitigkeiten sowie über Rückstellungen, die den Mandantschaften zu empfehlen sind.

    Alle Jahre wieder wiederholt sich auch die nichtssagende Antwort, meist anhand der ABA-Vorgaben, die den Rechtsanwalt zur Beantwortung der Anfragen verpflichten, und ihm jedoch aufgrund des Mandatsgeheimnisses und der Unwägbarkeiten gerichtlicher und außergerichtlicher Streit- und Beratungsmandate nur ein Minimum an Auskunft anraten.

    Wie der CPA oder WP diese Antworten auswertet, wurde schon 1994 im CPA Journal erklärt. Auch heute ist diese Erörterung noch lesenswert, selbst wenn sich das rechtliche Umfeld erheblich verändert hat.


    Dienstag, den 31. Jan. 2006

    Deutsche in USA beliebt

     
    CJ - Washington.   Am 27. Januar 2006 lud die Friedrich Ebert Stiftung in Washington zum letzten Mal unter der Leitung von Dieter Dettke zur gut besuchten Veranstaltung The American Model and Europe, Past - Presence - Future mit hochkarätigen Beiträgen.

    Die Gegenüberstellung zeigte, dass die jeweils von ihrem rechtlichen Umfeld geprägten Modelle in ökonomischer und sozialer Hinsicht verbesserungsfähig sind. Nach Ansicht der US-Experten könne Europa weiterhin von der US-Wirtschaft lernen, um produktiver, effizienter und erfolgreicher zu werden: nämlich durch verstärkten Einsatz von neuen Technologien auch im Dienstleistungssektor, mehr Flexibilität und mehr Hochschulabsolventen.

    Die Nachmittagssitzung, eingeleitet von US-Senator Paul Sarbanes mit dem Vortrag The US and Europe After the Iraq War, war der Außenpolitik gewidmet. Christoph Betram zufolge haben die transatlantischen Beziehungen seit dem Irakkrieg aufgrund unterschiedlicher Werte und Interesse gelitten. Jedoch wurde auf beiden Seiten deutlich gemacht, dass eine Verbesserung gewollt und auch dringend notwendig ist, um die anstehenden Konflikte und Probleme in der Welt gemeinsam zu lösen, die nach Ansicht von Ex-Staatssekretär Jürgen Chrobog eine starke Führung der USA voraussetzen.

    Deutschland dagegen müsse nach Ansicht von Karsten Voigt selbst entscheiden, ob es in weltpolitische Fragen einbezogen wird, aber es muss davon überzeugt sein, auf der Seite des Westens zu stehen und dies den USA bestätigen. Dies, so sagen er und Roland Schmidt, erwarten die USA, denn sie sind gewohnt, global zu handeln. Nur bisher haben sie dies meist allein getan oder tun müssen.

    Deutschland sollte sich außerdem bewusst sein, dass die USA Deutschland weniger braucht als umgekehrt: Der Beitrag von Reymer Klüver zeigte, dass das vom Export lebende Deutschland nach Großbritannien der wichtigste europäische Handelspartner der USA ist. Eine Umfrage unter Amerikanern, die von ihm präsentiert und ausgewertet wurde, beweist, dass Deutsche bei Amerikanern beliebt sind, obwohl die deutsch-amerikanischen Beziehungen einmal besser waren. Die Amerikaner wünschen Roland Schmidt zufolge, dass man sie in der Welt mag: sie wollen nicht vom Rest der Welt gefürchtet werden. Berücksichtigt man, dass die Amerikaner ein viel emotionaleres Volk sind als die rationalen Europäer, kann man ihr Verhalten und Reagieren auf internationale Ereignisse manchmal auch besser verstehen.


    Montag, den 30. Jan. 2006

    Wer will die Akten?

     
    .   In den USA gelten je nach Rechtskreis unterschiedliche Regelungen für die Aushändigung von Mandantenakten nach Abschluss eines Mandates.

    Der District of Columbia mit der Hauptstadt Washington und einige Staaten verpflichten die Anwaltschaft auf Anforderung zur Herausgabe der gesamten Akte, abzüglich der Unterlagen, für die das Honorar unbeglichen ist. Andere Staaten sehen lediglich die Herausgabe der Arbeitsergebnisse vor, also beispielsweise Schriftsätze, doch nicht deren Entwürfe. Zudem gibt es zwischen diesen Extremen angesiedelte Regelungen diverser US-Rechtskreise.

    Als Anwalt in einem entire File-Rechtskreis wie dem District of Columbia stellt man sich für den Mandanten auch die Frage, ob er wirklich die gesamte Akte erhalten will. Denn wenn sie bei ihm landet, wird sie im Wege des Ausforschungsbeweisverfahrens für Dritte zugreifbar.

    Muss man Mandanten beraten, welche Unterlagen sie besser nicht anfordern sollten? Beispielsweise Arbeitsunterlagen mit Fragen an oder über die Mandantschaft, die vielleicht nicht schmeichelhaft wirken? Oder Unterlagen, die in den Händen Dritter zu Schadensersatzansprüchen gegen die Mandantschaft führen?

    In Washington lautet die Devise, lieber zu wenig zu wissen als zuviel. Wissen kann gefährlich sein. Also ist es sinnvoll, Mandanten als Alternative zur Überlassung der gesamten Akte anzubieten, sie zu schreddern. Oder der Mandant kann sich totstellen; dann werden seine Geheimnisse ohnehin weiter geschützt, selbst vor neugierigen Angehörigen.


    Freitag, den 27. Jan. 2006

    Domain Namen - geschäftliche Nutzung

     
    HF - Washington.   In seinem Beitrag vom 26. Januar 2006, Commercial Use of Domain Names Under German Law, befaßt sich Sebastian Meis mit der im deutschen Recht bestehenden Problematik der geschäftlichen Nutzung eines Domain-Namens.

    Hierbei bespricht er die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 1. Juni 2005, Az. 2A O 9/05. Anhand der Entscheidung erläutert er für den amerikanischen Leser auf Englisch, unter welchen Voraussetzungen eine geschäftliche Nutzung einer Domain angenommen werden kann, deren Vorliegen für die Anwendung deutscher marken-, namens- und wettbewerbsrechtlicher Vorschriften erforderlich ist.


    Donnerstag, den 26. Jan. 2006

    Fragen zum Skandal

     
    .   Während der Präsident heute wieder behauptet, das ungeprüfte Abhören seiner Bürger sei nicht illegal, richtet der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, der immerhin derselben Partei angehört, scharfe Fragen an den Justizminister. Diese wurden soeben bei Findlaw veröffentlicht, darunter in geraffter Fassung: Würden Sie das gegenwärtige Abhörprogramm jetzt dem Geheimgericht zur Prüfung vorlegen? Bedeutet die Unterschrift von Präsident Carter auf das Geheimgerichtsgesetz FISA nicht einen Verzicht auf geheimes Abhören?



    Patrioten im Bilde

     
    .   Zwei Männer heiraten in Oregon und werden fotografiert. Ihr Bild erscheint in einer Anzeige in einer Zeitung und einer Webseite. Auf dem Bild befindet sich ein grüner Haken. Auf dem Bild daneben steht ein rotes Kreuz über einem Soldaten. Das Ehepaar verklagt die patriotische Gruppe, die die Anzeige aufgeben hat und mit ihr ausdrücken will, dass die mit ihr konkurrierende Gruppe AARP Schwule liebt und das Militär hasst.

    Im Fall Richard Raymen et al. v. United Senior Association et al., Az. 05-486, entscheidet das erstinstanzliche Bundesgericht in der Hauptstadt Washington am 20. Januar 2006 nach der Schlüssigkeitsprüfung von Rule 12(b)(6) FRCP, dass diese Darstellung keine Verleumdung und keinen Eingriff in die Privatsphäre bei seiner Anwendung des Rechts von Oregon bedeutet. Der Verleumdung fehlt die Beobachterassoziation, dass die Gegenüberstellung der Bilder den Patriotismus der Kläger in Frage stellt.

    Nach dem Präzedenzfall Martinez v. Democrat-Herald Publishing Company, Inc., 669 P2d 818 (Or.Ct.App. 1983), setzt die unzulässige Verwendung des Bildnisses einer Person eine gewerbliche Nutzung voraus, die hier nicht vorliegt. Daher schützt der erste Verfassungszusatz, First Amendment, bei einer Meinungsäußerung von öffentlichem Interesse die gemeinnützig strukturierten Beklagten. Die Werbung betrifft öffentlich erörterte Angelegenheiten.

    Das Ziel der Werbung, einen Lobby-Vorsprung gegenüber der AARP zu verschaffen, stellt keine gewerbliche Nutzung dar, selbst wenn die Webseite auch zu einem Spendenaufruf führt, da dieser im Vergleich zur Sachlage in anderen Fällen keine Werbung für eigene Produkte oder Dienstleistungen darstellt.

    Schließlich greift auch nicht der deliktische Haftungsanspruch der Darstellung der Kläger im falschen Licht, false Light. Dieser Anspruch gleicht dem der Verleumdung, erfordert jedoch nur eine sehr befremdliche Publizität. Restatement (Second) Torts §652E (1977). Diesem Sachverhalt fehlt das erforderliche außergewöhnliche Verhalten, welches nach der Auffassung der Geschworenen außerhalb der weitesten Grenzen sozial hinnehmbaren Benehmens fällt.

    Hier wirft die Anzeige das falsche Licht auf die AARP, nicht die Kläger. Das Verhalten der Beklagten ist lediglich unanständig und zeugt nicht von gutem Geschmack, befindet der United States District Court for the District of Columbia und weist die Klage ab. Die Tatsachenlage ist so klar, dass sie nicht der Bewertung durch die Geschworenen, Jury, bedarf und allein vom Richter aufgrund des anwendbaren Rechts entschieden werden darf.

    Disclaimer: Die Kanzlei des Verfassers vertrat die Beklagten.


    Mittwoch, den 25. Jan. 2006

    Richter umschwärmt wie Politiker?

     
    .   Als John Roberts im September 2005 als Vorsitzender Richter am Supreme Court eingeschworen wurde, fehlte sein Kollege Scalia. Die Nachrichten zeigten ihn nun im Fernsehen beim Tennisspiel mit einer einflussreichen, konservativen Juristengesellschaft.

    Da die Richter für die Teilnahme an solchen Veranstaltungen vergütet werden, stellt sich die Frage, ob man hier einen ethisch fragwürdigen Lobbyversuch ähnlich den skandalauslösenden Bestechungen bei hohen Politikern vermuten sollte. Mancher meint, die Richter des Obersten Bundesgerichtshofs sollten keine Sondervergütungen annehmen dürfen oder nicht mit denen konversieren, die vor ihnen auftreten könnten. Andere weisen darauf hin, dass für alle Richter strenge Ethikregeln gelten, nur nicht für die Supremes.

    Im SCOTUSblog wird eine laxere Auffassung vertreten: Es ist zu begrüßen, dass sich Richter in die Öffentlichkeit wagen. Der konkrete Anlass, eine Lehrveranstaltung, betraf nicht primär Tennis. Auch andere Richter würden an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Schließlich sei nicht zu unterstellen, dass Scalia eine beleidigte Leberwurst war, weil man nicht ihm das Amt des Vorsitzenden antrug, sondern es wäre unanständig gewesen, wenn er seine Teilnahme an der Veranstaltung kurzfrist abgesagt hätte.


    Dienstag, den 24. Jan. 2006

    Treupflicht des Versicherers

     
    .   Ist ein Versicherungsmakler bei seiner Verwaltung von Rentenversicherungsgeldern als Treuhänder einzustufen oder darf er sich ungestraft der eingezahlten Gelder bedienen?

    Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks, United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, bestätigte ihm in Sachen Elaine L. Chao v. Brittian P. Day, A&D Insurance Agency, Inc., Az. 05-5050, am 24. Januar 2006, dass er wie ein Versicherer nach §3(21)(A) des Employment Retirement Income Security Act of 1974, 29 USC §1002(21)(A)(i), Treupflichten unterliegt und nicht im Selbstbedienungsladen arbeitet.

    Das Gericht betonte, dass seine Definition der Treupflicht nicht auf jeden zu erstrecken ist, der lediglich Besitzinhaber von Rentengeldern ist. Die Treupflicht setzt auch eine Verfügungsgewalt oder Kontrolle über diese Gelder voraus. Es bestätigte auch den vom Untergericht auf Antrag des Arbeitsministeriums festgesetzten Schadensersatz von knapp $1 Mio.



    Vater in Haft, Sohn in Gewahrsam

     
    .   In Germantown, einem heute dichtbesiedelten Vorort von Washington, sitzt ein Vater in Haft, und sein achtjähriger Sohn befindet sich im Polizeigewahrsam. Der Sohn hatte am Morgen mit der Waffe des Vaters in der Kinderbetreuungsstätte ein siebenjähriges Mädchen angeschossen. Die Strafvorwürfe gegen den Vater liegen bereits vor; die gegen den Sohn werden aus Jugendschutzgründen vertraulich behandelt. Vielleicht gehören zum Jugendschutz demnächst auch Metalldetektoren in Kindergärten.



    Top 10 der Patentinhaber

     
    SM - Washington.   Das Patent-und Markenamt, United States Patent and Trademark Office, PTO, eine dem Handelsministerium nachgeordnete Behörde, gab in seiner Pressemitteilung vom 10. Januar 2006 eine Liste der zehn Unternehmen, die 2005 die meisten US-Patente für Erfindungen in den USA erhalten haben, bekannt.

    Der amerikanische Computerhersteller IBM führt die Statistik mit rund 3.000 Patenten an, gefolgt von Canon Kabushiki Kaisha und Hewlett-Packard mit jeweils etwa 1.800. Bemerkenswerterweise landeten neben Canon vier weitere japanische Unternehmen unter den Top 10.

    Das PTO erhält jährlich mehr als 350.000 Patentanmeldungen und über fünf Millionen Briefsendungen. Es beschäftigt etwa 6.500 Mitarbeiter, von denen die Hälfte als Patentprüfer, Examiner, die Anmeldungen prüfen und über die Erteilung von Patenten entscheiden.

    Im Vergleich dazu beschäftigt das deutsche Patent- und Markenamt rund 2.600 Mitarbeiter und erhielt 2004 laut Jahresbericht nahezu 60.000 Patentanmeldungen.


    Montag, den 23. Jan. 2006

    Blackberry: Waterloo wird wahrscheinlicher

     
    SM - Washington.   In dem seit 2001 geführten Rechtsstreit NTP, Inc. v. Research in Motion, Ltd., RIM, - wir berichteten bereits - erlitt der BlackBerry-Hersteller RIM am 23. Januar 2006 einen weiteren Rückschlag. Der Oberste Bundesgerichtshof verweigerte unter dem Aktenzeichen 05-763 die Annahme des Revisionsantrags von RIM: The petition for a writ of certiorari is denied.

    NTP hatte 2001 Klage gegen RIM wegen Verletzung eines Softwarepatents erhoben. RIM war daraufhin 2002 in erster Instanz zu etwa $23 Mio. Schadensersatz verurteilt worden.

    RIM hatte den Revisionsantrag damit begründet, dass das US-Patentrecht im Zeitalter des Internets und der Globalisierung technisch veraltet sei. Im Einzelnen sollte das Gericht klären, ob das US-Patentrecht auf eine Technik, die im Ausland der USA eingesetzt wird und angeblich das geistige Eigentum eines Patentinhabers in den USA verletzt, anwendbar ist.

    RIM hatte darauf verwiesen, dass sich die Relaisstation für die Datenübertragung seines Systems im kanadischen Waterloo, Provinz Ontario, und damit außerhalb der USA befindet.

    Der Antrag richtete sich gegen die Entscheidung eines Bundesberufungsgerichts, das eine Patentrechtsverletzung bejaht hatte, da RIMs Kunden den BlackBerry in den USA benutzen. Den Standort der Relaisstation hatte es für nicht maßgeblich gehalten.

    Nach der heutigen Entscheidung kann das zuständige Bundesgericht für den östlichen Bezirk des Bundesstaates Virginia eine gerichtliche Verfügung gegen RIM erlassen, um den Blackberry-Dienst in den USA zu verbieten, es sei denn, RIM setzt seine hartnäckige, aber bislang erfolglose Verzögerungstaktik fort.


    Sonntag, den 22. Jan. 2006

    Überwachung wegen Abtreibung

     
    .   Abtreibungsgegner belagern Washington. In der nächsten Woche wollen sie wieder ihre Bedenken gegen die Grundsatzentscheidung Roe v. Wade ausdrücken. Das Urteil wird heute 33 Jahre alt. Morgen findet der March for Life statt. Einige Millionen Teilnehmer werden erwartet, und die halbe Stadt wird darunter leiden.

    Die verschiedenen für die Hauptstadt zuständigen Polizeidienste richten Überwachungskameras und -systeme ein, die abends abgeschaltet und am 31. Januar 2006 erneut zur State of the Union Address des Präsidenten im Kongress eingesetzt werden sollen.


    Samstag, den 21. Jan. 2006

    Ungeschriebener Vertragsinhalt

     
    .   Auch der amerikanische Vertrag kann ungeschriebene Pflichten besitzen, selbst wenn üblicherweise alle Pflichten konkret ausformuliert sind. Jede Erklärung im Vertrag und den darin integrierten Anlagen - so auch eine Werbebroschüre - wird als express Warranty verbindlich. Representations and Warranties sind die Säulen des Vertrages, der durch Bargaining und Consideration wirksam wird.

    Die ungeschriebenen Pflichten sind die implied Warranties. Dazu gehört beispielsweise bei der Eigentumsübertragung die Pflicht, ein ungestörtes Eigentumsrecht zu verschaffen. Bei Waren werden durchschnittliche Eigenschaften stillschweigend durch die implied Warranty of Merchantability zugesichert.

    Das Verhältnis eines festgeschriebenen Vertragsrechts zur implied Warranty of good Faith and fair Dealing untersucht das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks in Sachen Team Nursing Services, Inc. v. Evangelical Lutheran Good Samaritan Society, Az. 04-3895, am 9. Januar 2006. Stand der Ausübung des schriftlich vereinbarten Kündigungsrechts diese nichtschriftliche Verpflichtung entgegen, den Vertrag nicht zu unterlaufen?

    Das Gericht erläutert in seiner Urteilsbegründung, weshalb eine Vertragspartei den Vertrag unter Berufung auf die Kündigungsklausel beenden durfte und dabei objektiv angemessen im Sinne der implied Warranty handelte.



    Freitag, den 20. Jan. 2006

    Punitive Damages ohne Entlastung

     
    HF - Washington.   Über die Frage, wann und in welcher Höhe ein Strafschadensersatz, punitive Damages, zu gewähren ist, hatte das Bundesberufungsgericht, United States Court of Appeals, des ersten Bezirks im Fall Arrieta-Colon v. Wal-Mart Puerto Rico, Inc., Az. 04-2614; 04-2615, am 13. Januar 2006 zu entscheiden.

    Die Geschworenen, Jury, hatten dem Kläger $76.000 tatsächlichen Schadensersatz, compensatory Damages, und $160.000 Strafschadensersatz, punitive Damages, wegen Diskriminierung am Arbeitsplatz gewährt. Das Bundesberufungsgericht hielt diese Entscheidung aufrecht. Es oblag der Jury festzustellen, ob die Voraussetzung des Strafschadensersatzes, ein böswilliges und mutwilliges Verhalten der Beklagten, vorlag oder ob dem diskriminierenden Verhalten ihrer leitenden Angestellten die Politik der offenen Tür, Open Door Policy, der Beklagten als Gutglaubensbemühungen, Good-Faith Efforts, entlastend entgegenstanden.

    Insoweit galt zu berücksichtigen, dass nach der Entscheidung des Obersten Bundesgerichtshofs in Washington, Supreme Court, im Fall Kolstad v. American Dental Association, 527 U.S. 526 (1999), nicht bereits jedes Anzeichen von Gutglaubensbemühungen vor einer Haftung schützt. Vielmehr müssen derartige, dem Gesetz entsprechende Bemühungen nachweislich vorliegen. Die Entscheidung der Jury war daher nachvollziehbar und auch in der Höhe des Strafschadensersatzes angemessen.

    Damit hält sich die Entscheidung des Berufungsgerichts an die vom Supreme Court in Sachen BMW of North America, Inc. v. Gore, 517 U.S. 559 (1996), und State Farm Mutual Automobile Company v. Inez Preece Campbell et al., 538 U.S. 408 (2003), aufgestellten Kriterien des Vorwurfs der Verwerflichkeit der Handlung, des vernünftigen Verhältnisses zum Kompensationsschaden und der Berücksichtigung der Höhe der vom Gesetzgeber für vergleichbares Fehlverhalten vorgesehenen Kriminalstrafen oder Zivilsanktionen als Voraussetzungen für die Gewährung eines anmessenen Strafschadensersatzes.



    Gratistipp zum Vertragsschluss

     
    .   Herzlichen Glückwunsch zum Abschluss der Vertragsverhandlungen! Sie haben gekämpft wie ein Löwe. Sie haben sich nicht unterkriegen lassen. Sie sind weder dem Charme der Gegenseite erlegen noch auf faule Tricks hereingefallen. Sie haben sich in einer Wirtschaftskultur, die ganz anders als in Film und Fernsehen ist, bewährt.

    Sie verstehen den umfangreichen Vertrag samt allen Anlagen. Sie haben auch verinnerlicht, dass die USA ihre Gerichtshoheit über Sie ausüben werden, weil Sie nun schon öfter hier verhandelt haben. Bevor Sie im Closing den blauen Füllhalter zücken, ein Gratistipp:

    Lassen Sie sich nicht von der Versuchung erfassen, den Vertrag nun von einem Unbeteiligten unterzeichnen zu lassen!

    Sie meinen, so könnten Sie sich der US-Gerichtshoheit entziehen? Das hat schon der Eine oder Andere versucht. Glauben Sie mir, dass klappt nicht. Echt.



    Auf zur Jury!

     
    .   Sie werden hiermit aufgefordert, Ihren Geschworenendienst zu leisten. Erscheinen Sie am 29. Februar 2006 im Saal des Kreisgerichts. Bringen Sie diese Vorladung mit.

    Nur nicht erschrecken! Wenn Sie nicht die US-Staatsangehörigkeit angenommen haben, lesen Sie weiter. Suchen Sie die Telefonnummer des Gerichts oder Kreis- oder Bundesdienstes, das die Einladung ausgestellt hat. Rufen Sie an und erklären Sie diesen Umstand. Die Ämter können ja nicht wissen, dass Sie nur zu Besuch hier sind. Folgen Sie dem Rat, der Ihnen erteilt wird.

    Sie brauchen wegen dieser Vorladung nicht gleich Ihren Konsul und Anwalt anzurufen. Aber wenn Sie einmal eine Subpoena erhalten, dann melden Sie sich wieder.


    Donnerstag, den 19. Jan. 2006

    Regierung will Google-Suchen

     
    .   Die Bundesregierung fordert von Google mittels einer Subpoena die Offenlegung aller Suchanfragen, die Google-Benutzer in einer noch unbestimmten Woche vornehmen, berichtet ABCNews. Google wehrt sich. Yahoo soll einer vergleichbaren Subpoena entsprochen haben.



    Knapp gefasstes NDA

     
    .   Der Abschluss eines Non-Disclosure Agreement, auch Confidentiality Agreement genannt, ist zum Standard für die Aufnahme von Vertragsverhandlungen geworden, aber für den Vertrag selbst kann es keinen Standard geben. Wer ein Muster verwendet, begibt sich in dieselbe Gefahr, die Richter Posner vom Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks im Fall ConFold Pacific, Inc. v. Polaris Industries, Inc., Az. 05-1285, am 10. Januar 2006 untersuchte.

    Die Klägerin ging mit der Beklagten ein NDA ein, um für sie eine Reverse Logistics-Analyse für eine wiederbenutzbare Verpackung für Schneemobile zu erstellen. Auf der Grundlage der Analyse sollte eine Verpackung entwickelt werden. Einen Verpackungsentwurf stellte die Klägerin, die ein Verpackungsunternehmen betreibt, nach der Analyse der Beklagten zur Verfügung.

    Einige Jahre später entwickelte die Beklagte, die der Klägerin keinen Auftrag für ihre Verpackung erteilt hatte, ein eigenes Verpackungdesign, welches sie bei einer dritten Firma für den Eigenbedarf herstellen ließ. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe ihr Verpackungsdesign unter Verstoß gegen das NDA entwickelt und hergestellt.

    Das Gericht erörterte das NDA in der von den Parteien verwandten Fassung und ermittelte, dass es sich lediglich auf die Analyse bezieht. Das NDA erfasst nicht das aus der Analyse abgeleitete Entwicklungsergebnis. Für eine Auslegung besteht kein Raum. Daher kommt seine Verletzung nicht in Frage.

    Außerdem prüft das Gericht die ungerechtfertigte Bereichung, die die Klägerin behauptet, weil der Beklagten der Entwicklungsaufwand für das Design erspart blieb. Die Klägerin hatte jedoch die folgenden, nach Präzedenzfällen erforderlichen Tatbestandsmerkmale nicht dargelegt:
    (i) the plaintiff generates or collects information at some cost or expense;
    (ii) the value of the information is highly timesensitive;
    (iii) the defendant's use of the information constitutes free-riding on the plaintiff's costly efforts to generate or collect it;
    (iv) the defendant's use of the information is in direct competition with a product or service offered by the plaintiff;
    (v) the ability of other parties to freeride on the efforts of the plaintiff would so reduce the incentive to produce the product or service that its existence or quality could be substantially threatened. National Basketball Association v. Motorola, Inc., 105 F.3d 841, 852 (2d Cir. 1997).



    Neutralität des Schiedsrichters

     
    .   Im Fall Positive Software Solutions, Inc. v. New Century Mortgage Corporation et al., Az. 04-11432, entschied das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks am 11. Januar 2006 die Frage der Verletzung des Neutralitätsgebots eines Schiedsrichters und prüfte gründlich die in verschiedenen Bezirken vertretenen Auffassungen zum Merkmal der evident Partiality, das der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington im Fall Commonwealth Coatings Corp. Continental Cas. Co., 393 US 145 (1968), erörtert hatte.

    Der Sachverhalt betrifft eine behauptete Urheberrechtsverletzung von Software. Den Schiedsrichter wählten beide Parteien aus einer Liste der American Arbitration Association aus. Trotz mehrfacher Aufforderungen verheimlichte der Schiedsrichter eine lange Jahre zurückliegende vorübergehende Zusammenarbeit mit den Anwälten der Beklagten.

    Selbst wenn er sich neutral verhielt, berechtigte dieses Verhalten die Klägerin zur Aufhebung seines Schiedsspruchs, entschieden die Gerichte der ersten und zweiten Instanz.


    Mittwoch, den 18. Jan. 2006

    Obergericht bestätigt Sterbehilfegesetz

     
    SM - Washington.   Im Fall Gonzales v. Oregon, Az. 04-623, hat der oberste Bundesgerichtshof am 17. Januar 2006 das Sterbehilfegesetz, Death with Dignity Act, des Bundesstaates Oregon bestätigt. Gleichzeitig wies es das Bestreben der US-Regierung zurück, Ärzte, die Todespatienten Sterbehilfe leisten, strafrechtlich zu verfolgen.

    Das Sterbehilfegesetz von Oregon, 1997 in Kraft getreten und bislang einzigartig in den USA, gestattet es Ärzten, Todkranken eine Überdosis Medikamente zu verschreiben. Im Unterschied zu den sehr viel weitergehenden Vorschriften in den Niederlanden, ist das Gesetz ausschließlich auf Patienten zugeschnitten, die bei klarem Bewusstsein sind und die tödliche Dosis ohne fremde Hilfe einnehmen können. Daher ist aktive Sterbehilfe für Komapatienten auch in Oregon ausgeschlossen.

    Die Bush-Regierung hatte im Jahre 2001 versucht, unter Berufung auf ein Bundesarzneimittelgesetz Ärzte, die eine Überdosis verschrieben hatten, strafrechtlich zu belangen, indem diesen die Zulassung entzogen werden sollte.

    In der Entscheidung geht es weder um die Vereinbarkeit des Sterbehilfegesetzes mit der US-Verfassung, noch um die Frage, ob aktive Sterbehilfe gegen Grundprinzipien des amerikanischen Rechts verstößt. Vielmehr beschäftigte sich das Gericht mit dem Verhältnis von Bundes- und Landesrecht.

    In einem 6-3 Mehrheitsvotum erklärte das Gericht, dass das Bundesarzneimittelgesetz die Bundesregierung lediglich ermächtige, gegen Arzneimittelhändler vorzugehen sowie Regelungen im Gesundheitswesen zu erlassen. Die seitens der US-Regierung beabsichtigte strafrechtliche Verfolgung der Ärzte sei hingegen ein unberechtigter Eingriff in die Kompetenz des Bundesstaates und die Anwendung des Sterbehilfegesetzes.

    Der oberste Gerichtshof bestätigte bereits 1997 einzelstaatliche Verbote zur aktiven Sterbehilfe, indem er festhielt, dass die US-Verfassung kein Recht auf Sterben gewähre.



    CareFirst oder FirstCare?

     
    .   Ein Krankenversicherer streitet sich wegen seiner Marke CareFirst mit einer Arztpraxis mit der Marke First Care. Die Praxis befindet sich knapp außerhalb des Einzugsbereichs des Versicherers. In seiner Entscheidung in Sachen CareFirst of Maryland, Inc. v. First Care, P.C. et al., Az. 04-2493, vom 11. Januar 2005, erörtert das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks ausführlich die Markenverletzung unter den Aspekten der Verwechslungsgefahr und der Verwässerung. Die Praxis befreit es vom Vorwurf der Verletzung.



    Montag, den 16. Jan. 2006

    Ärgernis im Internet

     
    .   Wie hier nach der Unterzeichnung des Violence Against Women Act, VAWA, am 5. Januar 2006 berichtet, wurde der Straftatbestand des Ärgerns auf das Internet ausgedehnt. Dass es doch kein Aprilscherz ist, kann man jetzt im Gesetzestext, der den Communications Act of 1934 in 47 USC §223(h)(1) ändert, feststellen. §223(h) besagt:
    (h) Definitions
    For purposes of this section-
    (1) The use of the term "telecommunications device" in this section-
    (A) shall not impose new obligations on broadcasting station licensees and cable operators covered by obscenity and indecency provisions elsewhere in this chapter; and
    (B) does not include an interactive computer service.
    §113(a) VAWA ändert §223(h)(1) und fügt hinzu:
    (C) in the case of subparagraph (C) of subsection (a)(1), includes any device or software that can be used to originate telecommunications or other types of communications that are transmitted, in whole or in part, by the Internet ...
    §223(a)(1)(C) besagt wiederum, nach den Worten Whoever in interstate or foreign communications-
    (C) makes a telephone call or utilizes a telecommunications device, whether or not conversation or communication ensues, without disclosing his identity and with intent to annoy, abuse, threaten, or harass any person at the called number or who receives the communications;
    Der Absatz schließt mit den Worten shall be fined under title 18 or imprisoned not more than two years, or both.


    Samstag, den 14. Jan. 2006

    Zession deutscher 9/11-Ansprüche

     
    .   Deutsche Berufsgenossenschaften können ihren Regressanspruch aus Zahlungen an Hinterbliebene deutscher Opfer des 9/11-Anschlags nicht vor amerikanischen Gerichten aus Deliktsrecht geltend machen, wenn die Hinterbliebenen eine Entschädigung auch aus dem 9/11-Opferfonds angenommen haben, entschied am 11. Januar 2006 das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks in Sachen Grosshandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie, Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und Verwaltungsberufsgenossenschaft v. World Trade Center Properties, LLC, United Airlines, Inc. et al., Az. 05-0182-cv, 05-0184-cv.

    Die nach deutschem Recht erbrachten Versicherungsleistungen führen zu einer gesetzlichen Zession des Leistungsanspruches an die Leistenden, erklärte das Gericht, dem neben den Klagebegründungen auch Amicus Curiae-Stellungnahmen der Bundesrepublik Deutschland und eines Vertreters deutscher gesetzlicher Versicherungsträger vorlagen. Die Kläger hatten ihre Ansprüche nach §116 SGB ausdrücklich von Subrogationsansprüchen abgegrenzt.

    Während die Erlangung von Leistungen aus dem 9/11-Opferfonds einen Verzicht auf zivilrechtliche Ansprüche voraussetzt, siehe Schosser, Klagen der Opfer des 11. September gegen Boeing Airlines und das World Trade Center, wirke dieser Verzicht nach Auffassung der Kläger nicht gegen sie, denn der Regressanspruch stand nicht den Hinterbliebenen der Opfer zu. Diese könnten nicht wirksam auf den gesetzlich entstandenen Regressanspruch der gesetzlichen Versicherer verzichten.

    Das Gericht prüfte diese Auffassung nach dem Air Transportation Safety and System Stabilization Act, Pub. L. No. 107-42, 115 15 Stat. 230 (Sept. 22, 2001), in der Fassung des Aviation and Transportation Security Act, Pub. L. 16 No. 107-71, 115 Stat. 597 (Nov. 19, 2001), welcher den 9/11-Fonds schuf, siehe Gleißner, Der Entschädigungsfonds für die Opfer des 11. September.

    Dieses Bundesgesetz verweist für die Feststellung des auf Entschädigungsfragen anwendbaren Rechts auf das jeweilige einzelstaatliche Recht, welches im Falle der hier relevanten Opfer die Rechtsordnungen von Pennsylvania und New York sind. Das Gericht prüfte das zwischenstaatliche IPR, Choice of Law, anhand der Regeln zum Deliktsrecht, nicht der Regeln des von den Klägern vorgezogenen Vertragsrechts.

    Nach Abwägung der internen und externen IPR-Faktoren, darunter jenen aus dem Restatement (Second) of Conflicts of Laws, erkennt der United States Court of Appeals for the Second Circuit darauf, dass deutsches Recht nicht zur Anwendung gelangt, sondern das Recht von Pennsylvania und New York.

    Diese Rechtssysteme kennen jedoch keinen Schadensersatzanspruch des Versicherers für einen Todesfall und beschränken die Anspruchsberechtigten auf nahe Angehörige. Gleichermaßen stellt das Gericht keinen Schadensersatzanspruch der Versicherer aus Fahrlässigkeit, Negligence, nach jenen Rechtsordnungen fest. Die Kläger können daher keinen eigenen oder zedierten Anspruch im Sinne dieser Rechtsgrundlagen geltend machen.

    Da sie auf Subrogationsansprüche verzichtet haben, verzichtet das Gericht auf die Prüfung solcher Ansprüche, die möglicherweise ein anderes Ergebnis herbeigeführt hätten.

    Schließlich erörtert das Gericht die Wirkung des 9/11-Fonds-Gesetzes, nach welchem die leistungsempfangenden Hinterbliebenen keinen Verzicht zulasten Dritter erklären. Es versteht die Regelung in §405(c)(3)(B)(i), 115 Stat. at 239-40, so, dass diese Nichterstreckung des Verzichts auf Rechte Dritter jedoch keine neue Anspruchsgrundlage für Dritte schafft. Die Regressansprüche der Versicherer sind deshalb abzuweisen.


    Freitag, den 13. Jan. 2006

    Bush hört geduldig zu

     
    .   Gerühmt für seine Fähigkeit geduldig zuzuhören, nahm Präsident Bush am Freitag, dem 13. Januar 2006, Forderungen von Bundeskanzlerin Merkel im Weißen Haus zur Anwendung rechtstaatlicher Grundsätze auf Gefangene wie jene hin, die im kubanischen Lager Guantanamo schmachten. Das Büro der Deutschen Welle in Washington berichtete ausführlich vom Treffen der amerikanischen und deutschen Spitzen.

    Bush ist für jedes freundliche Wort zur Terrorpolitik dankbar. Merkel soll ihm deutsche Auffassungen deutlich erklärt haben. Ob sie wirken werden, steht auf einem anderen Blatt. Gegenwärtig scheut Bush ja nicht einmal davor zurück, eine geheime Terrorpolitik verfassungswidrig gegen die eigenen Bürger anzuwenden.



    Von Kannibalismus entlastet

     
    .   Der Vorwurf des Kannibalismus kann im Fall der Familie Donner nicht aufrecht erhalten bleiben, stellten Wissenschaftler fest, nachdem sie keine gekochten menschlichen Knochen an der Feuerstelle beim Alder Creek in der Sierra Nevada fanden. Die Familie, die den schweren Winter 1846-47 nach einem Achsenbruch getrennt von ihrer Auswanderergruppe, der Donner Party, verbringen musste, gilt damit als entlastet.



    Mittwoch, den 11. Jan. 2006

    Parlamente nehmen Arbeit auf

     
    .   In dieser Woche nahmen die meisten Parlamente der Einzelstaaten die Arbeit auf. Die Legislaturperiode dauert zwei bis vier Monate, obwohl die Staaten als Souveräne jeweils eigene Regeln anwenden.

    Für die Hauptstadt Washington gibt es kein Parlament, General Assembly genannt, da der District of Columbia keinen Staat bildet und keinem Staat angehört, sondern eine Gebietskörperschaft sui generis darstellt. Am Sitz der Bundesregierung, wo die Hauptstadt-Bürger nicht wählen dürfen, gibt es als Legislative den Stadtrat, der das ganze Jahr arbeitet.



    Unbezahlte Verschmelzung

     
    .   Typisch für das Jahr 2000: Ein Internet-Unternehmen kauft ein anderes, zahlt ein paar Millionen Dollar für 600.000 Kunden, verkauft Teile weiter, geht in Konkurs, und keiner merkt, dass der Kaufpreis nicht vollständig bezahlt wurde. Im Fall Dwayne Clanton et al. v. Inter.Net Global LLC et al., Az. 04-14120, prüft das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks einen solchen Sachverhalt, nach dem die Verkäufer vom letzten Erwerber den Restkaufpreis als Holdback fordern.

    Das Gericht prüft zunächst nach inneramerikanischem IPR, welches Recht anwendbar ist. Der Fall wird in Alabama behandelt und nicht alle Parteien sitzen dort. Daher liegen die Voraussetzungen für die Diversity Jurisdiction vor, die das Gericht zur Ermittlung des anwendbaren Rechts zwingt. Es greift auf das vertraglich vereinbarte Recht des Staates New York zurück.

    Das Untergericht hat nach seiner Auffassung die zweite Übertragung falsch ausgelegt. Zu dieser Erkenntnis kommt es aufgrund der Vertragsbestimmungen. Es prüft zudem nach Parole Evidence-Bestimmungen, also den Beweisregeln über die Zulässigkeit der Berücksichtigung vorvertraglicher Erklärungen und Handlungen, ob dieses Ergebnis stimmt.

    Die Urteilsbegründung vom 10. Januar 2006 stellt eine knappe, leicht lesbare Einführung in recht komplizierte, jedoch nicht ungewöhnliche Fragen des M&A-, Vertrags- und Beweisrechts dar.


    Dienstag, den 10. Jan. 2006

    Alles aufgesaugt

     
    .   Als Whisteblower bekennt sich Russell Tice soeben im ABC-News-Fernsehen. Er sagt, die National Security Agency saugte alles auf, was in Telefonaten verdächtig erschien oder an bestimmte Schlüsselworte wie beispielsweise Jihad erinnert.

    Aus den verbundenen Telefonnummern wurden dann Spinnennetze zu anderen Telefonbenutzern gezogen, um auch den Umkreis des Anrufers zu erfassen, der das inkriminierende Wort benutzte. Tice hält dieses Vorgehen für illegal und ist bereit, vor dem Kongress auszusagen.

    Präsident Bush nannte das von ihm angeordnete Vorgehen der NSA legal, obwohl Fachleute es für verfassungswidrig erachten, welches sein Impeachment rechtfertigt.

    Nach langjähriger Erfahrung in den USA nimmt man vorsichtshalber immer an, dass alles abgehört wird. Witzige Bemerkungen zu kritischen Themen vermeidet man. Als deutscher und amerikanischer Anwalt erinnert man sich auch an Geschäftsleute, die von der Flughafenkontrolle ins Gefängnis gebracht wurden, nachdem sie einen lapidaren Sicherheitswitz nicht unterdrücken konnten - zum Glück nie die eigenen Mandanten.

    Tices Enthüllung stützt die hier bereits oft ausgedrückte Vermutung: Die Beamten haben ein Gewissen. Man kann ihnen keinen Vorwurf machen. Die illegalen Befehle kommen von ganz oben.



    Retourkutsche mit Folgen

     
    SM - Washington.   Im Fall Martin Wishnatsky v. Laura Rovner, Az. 04-3503, hatte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks zu entscheiden, ob die Entscheidung der Beklagten in ihrer Funktion als Direktorin des Clinical Education Program (CEP) der Law School der Universität von North Dakota, dem Kläger rechtlichen Beistand in einem Rechtsstreit - mitunter wegen dessen zuvor geäußerter Kritik an dem Programm - zu verweigern, den Kläger in seinem Recht auf Meinungsfreiheit nach dem ersten Verfassungszusatz zur Bundesverfassung verletzt.

    Der Kläger wurde im Jahre 2002 auf die Beklagte aufmerksam, als diese mehrere Kläger in einem Verfahren, in dem die Entfernung einer auf städtischem Boden befindlichen Tafel der zehn Gebote gefordert wurde, mit dem CEP unterstützte. Das CEP bietet Bedürftigen Rechtsbeistand an. Gleichzeitig sammeln die Studenten durch das Auftreten vor Gericht so erste Praxiserfahrung. In einem Brief an eine Lokalzeitung kritisierte der Kläger die Teilnahme des CEP an dem Verfahren als Steuerverschwendung.

    2003 bat der Kläger die Beklagte um Rechtsbeistand in einem von ihm angestrengten Verfahren, in dem er die Entfernung der Statue der griechischen Göttin des Rechts, Themis, von einem regionalen Gerichtsgebäude verlangen wollte. Die Beklagte lehnte wegen der hohen Arbeitsbelastung und den begrenzten Kapazitäten des CEP ab. Zudem führte sie an, eine Vertretung des Klägers scheide wegen dessen früheren Anfeindungen gegen das CEP aus.

    In Abweichung vom erstinstanzlichen Bundesgericht, das die Klage abgewiesen hatte, sah das Bundesberufungsgericht in seinem Urteil vom 5. Januar 2006 die Entscheidung der Beklagten als unvereinbar mit dem First Amendment an. Es verwies auf die seit 50 Jahren bestehende Rechtsprechung des obersten US-Bundesgerichtshofes, wonach die Verweigerung der Inanspruchnahme einer staatlich finanzierten Einrichtung einer Person gegenüber aufgrund deren Glauben oder Meinungen verfassungswidrig ist.

    Das Berufungsgericht als reine Rechtsinstanz brauchte nicht zu klären, ob für die Entscheidung der Beklagten tatsächlich, wie seitens des Klägers behauptet, in erster Linie dessen Ansichten ausschlaggebend waren. Nach Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Ausgangsgericht hat jenes sich nun mit dieser Frage zu beschäftigen.


    Montag, den 09. Jan. 2006

    Ärgern? Nur mit vollem Namen

     
    .   Nur mit Namensangabe soll man ab jetzt per Internet andere verdrießen dürfen. Diese Vorschrift ist laut Declan McCullaghs Bericht Perspective: Create an e-annoyance, go to jail im neuen Gesetz namens Violence Against Women and Department of Justice Reauthorization Act versteckt, den Präsident Bush am vergangenen Donnerstag, dem 5. Januar 2006, unterzeichnet haben soll. McCullagh zitiert die Bestimmung folgendermaßen:
    Whoever...utilizes any device or software that can be used to originate telecommunications or other types of communications that are transmitted, in whole or in part, by the Internet... without disclosing his identity and with intent to annoy, abuse, threaten, or harass any person...who receives the communications...shall be fined under title 18 or imprisoned not more than two years, or both.
    Da heute nicht der 1. April ist, hat McCullagh diese Vorschrift wohl nicht erfunden. Dass sie eine verfassungswidrige Schnapsidee ist, die vor keinem Gericht Bestand behalten kann, ist klar. McCullagh kritisiert die Bestimmung. Die American Civil Liberties Union ist ebenfalls nicht begeistert.

    Nachdem ein Mädchen über ihre sexuellen Abenteuer im Kongress ein anonymes Blog verfaßte, ist zwar verständlich, dass einige Abgeordneten sich geärgert haben, während andere schneller seinen Namen erfahren wollten, doch sind das keine Gründe, den Verfassungsschutz für die anonyme Meinungsäußerung nach über 200 Jahren aus dem Fenster zu werfen.



    Amtsenthebungswürdiges Dekret

     
    .   Das Geheimdekret des Präsidenten, den internationalen EMail- und Telefonverkehr von Amerikanern ohne gerichtliche Anweisung abhören zu lassen, erstaunt den George Washington University Juraprofessor Turley. Dass der Präsident einen Verfassungsbruch sogar stolz bekannte, der ein Amtsenthebungsverfahren, Impeachment, auslösen kann, erscheint ihm unglaublich.

    Die Grundlagen des Rechts zum Durchsuchungs- und Abhörbefehl erörterte die Juraprofessorin Sherry Colb von der Rutgers University in ihrer Übersicht Why Get A Warrant?: The President's Admission that He Authorized Warrantless Domestic Surveillance am 28. Dezember 2005 bei FindLaw.


    Samstag, den 07. Jan. 2006

    Heiße Themen, kalte Technik

     
    .   Der Bundesverband Digitale Wirtschaft bietet eine Justiziarstelle für Medienpolitik an. Die Aufgaben erfassen aktuelle Themen von Neuen Medien, Internet, Online Dienste, Rundfunk- bis Multimediarecht. Kommunikation erstreckt sich bis in den legislativen Bereich und - aufgrund verlangter Englischkenntnisse und der nicht national isolierten Natur der Rechtsfragen - vermutlich in den internationalen Bereich.

    Aber was ist das? Gefordertes Technikverständnis endet mit Powerpoint und Outlook? Wer kann denn in diesen technikintensiven Arbeitsbereichen mit Grundkenntnissen in Windows effektiv arbeiten und kommunizieren? Sollte der Justiziar nicht mehr Hintergrundwissen einbringen, wenn der Verband Mitglieder bei der Schaffung, Entwicklung, Verarbeitung, Veredelung, Speicherung oder Distribution interaktiver digitaler Inhalte, Produkte und Services unterstützt; wenn der Justiziar die medienpolitische Arbeit des Verbandes betreut?

    Da kann man nur hoffen, dass in die deutsche Medienpolitik mehr als nur Outlook- und Powerpoint-Kenntnisse einfließen. Wenigstens bietet der Verband in seiner Schlüsselrolle im Wirtschaftszweig der Zukunft dem Justiziar an, Wissen und ... Fähigkeiten ...zu erweitern. Die Möglichkeit dazu sollte in dem kompetent wirkenden BVDW-Umfeld mit kostengünstiger Schlichtungsstelle und sonstigen nützlichen Diensten ja gegeben sein.



    Tauziehen vor Gericht

     
    .   Eine Klage im amerikanischen Prozess erfordert das Notice Pleading, das Ankünden der Klagansprüche samt grob dargestellter Fakten, die insgesamt schlüssig sein müssen. Beweise werden erst später, nach Abschluss des Ausforschungsbeweisverfahrens, Discovery, angeboten. Nach der Klagerhebung kann der Beklagte die Abweisung wegen Unschlüssigkeit beantragen.

    Nach der Beweisermittlungsphase sind beide Parteien zum Antrag auf Summary Judgment berechtigt. Für diese Entscheidung wird anhand der noch nicht von den Geschworenen, Jury, ausgewerteten Tatsachen und ohne ihre Subsumtion entschieden, ob genug Beweise die Klage oder den Klagabweisungsantrag stützen, wobei nach FRCP 56(c) jeweils die für die Gegenseite günstigste unstreitige Tatsachen- und Beweislage angenommen wird:
    Summary judgment is appropriate when, drawing all reasonable inferences in favor of the non-moving party (here, Paparo), "the pleadings, depositions, answers to interrogatories, and admissions on file, together with the affidavits, if any, show that there is no genuine issue as to any material fact and that the moving party is entitled to a judgment as a matter of law." Leon v. Municipality of San Juan, 320 F.3d 69, 71 (1st Cir. 2003).
    Wenn auch bei Annahme der günstigen Fakten für den Gegner des jeweiligen Antrags der Antrag nicht allein aufgrund der Rechtslage entschieden werden kann, darf kein Summary Judgment erlassen werden. Dann müssen die Tatsachen der Jury zur Entscheidung vorgelegt werden, der der Richter das Recht vorkaut, sodass sie die Subsumtion vornehmen kann, die zu ihrem Verdikt führt. Das Verdict wird vom Richter nach weiteren Anträgen der Parteien geprüft und kann dann in das Urteil einmünden.

    Diesen Prozess ist man als amerikanischer Anwalt gewohnt, doch haben deutsche wie amerikanische Parteien nicht unerwartet Schwierigkeiten, sie nachzuvollziehen. Die Prozessphase bis zum Summary Judgment erläutert das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks im Fall Anthony Paparo v. M/V Eternity, Denholm Ship Management, Ltd., Az. 05-1767, am 5. January 2006.

    Hier erläutert der United States Court of Appeals anschaulich anhand eines Falles, der dem Ziehen eines Taues vom Schiff an Land folgte und zu einer Verletzung des klagenden Tauziehers führte, den Prüfungsweg einschließlich der berufungsgerichtlichen Nachprüfung, zu der keine Verwertung neuer Tatsachen gehört.

    Das Gericht gelangt zur Erkenntnis, dass das Untergericht dem Summary Judgment-Antrag der beklagten Schiffahrtsgesellschaft nicht hätte stattgeben dürfen. Ihrem Antrag ständen strittige Behauptungen und Beweise des verletzten Klägers über den Hergang des Unfalles entgegen. Diese seien von der Jury zu beurteilen und erlaubten dem erstinstanzlichen Gericht kein Urteil aufgrund der Aktenlage.


    Freitag, den 06. Jan. 2006


    Anwälte knapp bei Kasse

     
    .   Einbrecher sollten sich den Bericht der Walfischbucht eine Lehre sein lassen: In der Portokasse ist kaum Geld, und auch ansonsten ist in Kanzleien kaum etwas zu holen. Das ist ist Mecklenburg-Vorpommern nicht anders als im District of Columbia. Hier gibt es allerdings nicht einmal eine Portokasse, weil im Land des Schecks alles irgendwie elektronisch abgerechnet wird. Selbst mancher Anwalt kommt dank perfektionierter oder nicht-funktionierender Technik gelegentlich nicht ans Porto.

    Was sich in Washington immer wieder lohnt, sind raffinierte Besuche in Bürogebäuden: Als Techniker verkleidet durch die Etagen und Suites streifen und dabei alles nicht nagelfeste Elektronische einsammeln. Das klappt erstaunlicherweise trotz ernster und wiederholter Mahnungen, und selbst Kanzleien bleiben nicht verschont.



    K Street überlebt

     
    .   K Street wird nicht wegen eines kriminellen Lobbyisten untergehen, erklärt Michael Barone im Wall Street Journal heute auf Seite A12 zum Lobby-Skandal. Die Verfassung schützt Presse, Priester und Influence Peddler, und was mein Gründerpartner Tommy the Cork in Washington als hohe Kunst eingeführt hat, kann ein verwegener, geldgieriger Abramoff nicht zerstören, lautet seine Folgerung.

    Die Gesetzgebung braucht den Rat erfahrener Washingtoner Anwälte und sonstiger Berater, und der öffentliche Verordnungsgebungsprozess wäre ohne sie undenkbar. Wichtig bleibt halt immer, dass die Beziehungen und Geldströme offengelegt werden, wie das Gesetz es verlangt, und niemand so dumm ist, sich aktiv oder passiv, offen oder geheim an Bestechungen und anderen Gesetzesverstößen zu beteiligten. Gleich ob es im konkreten Augenblick zutrifft, das Verhalten muss so sein, dass man es auch im Rampenlicht der Presse verantworten kann - irgendwann gelangt nämlich alles dorthin. Das gilt in Washington erst recht für heimliche Aktionen.


    Donnerstag, den 05. Jan. 2006

    Abwägung nach Sarbanes-Oxley

     
    .   Das Washingtoner Börsenaufsichtsamt des Bundes, die Securities and Exchange Commission, veröffentlichte am 4. Januar 2006 ihre Abwägungen zur Frage, ob und nach welchen Kriterien sie gegen ein Unternehmen ein Ordnungsgeld, civil Penalty, verhängen darf.

    Sie beruft sich bei ihrer Erklärung, Statement of the Securities and Exchange Commission Concerning Financial Penalties, auf die Rechtsgrundlagen des Securities Enforcement Remedies and Penny Stock Reform Act aus dem Jahre 1990 sowie §308 des Sarbanes-Oxley Act aus dem Jahre 2002 und die Rechtsgeschichte.

    Die Börsenaufsicht veröffentlichte ihre Erwägungen als Hintergrundinformation zu Vergleichen mit den Unternehmen McAfee und Applix sowie als Leitlinie für ihre zukünftige Behandlung von civil Penalties.


    Mittwoch, den 04. Jan. 2006


    Zweiter Lobby-Strafvergleich

     
    .   Am 3. Januar 2006 bekannte sich der Lobbyist Jack Abramoff vor dem Bundesgericht in der Hauptstadt schuldig, einen Tag später geht er einen zweiten Strafvergleich, Plea Agreement, vor dem erstinstanzlichen Bundesgericht im südlichen Bezirk von Florida ein.

    Auf Seite 5 verspricht die Staatsanwaltschaft, dem Gericht zu empfehlen, dass die in Florida zu erwartende Strafe gleichzeitig mit der in Washington erwarteten Strafe verbüßt werden darf, sofern Abramoff mit der Staatsanwaltschaft kooperiert, die noch weitere Beteiligte verfolgen will. Zudem verspricht sie, dass sie dem Gericht keine höhrere Haftstrafe als 87 Monate empfehlen wird, siehe ¶8 Plea Agreement vom 4. Januar 2006, Az. 05-60204-CR-HUCK.



    Rückgang der Verfahren

     
    .   Die Zahl der neuen Verfahren vor den Bundesgerichten nahm im vergangenen Jahr landesweit ab, berichtet der Vorsitzende Richter des Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten im Jahresbericht 2005 am 1. Januar 2006. Die Ausnahme bilden die Bundesinsolvenzgerichte.

    John Roberts beklagt den Rückgang des Realeinkommens der Bundesrichterschaft seit 1969 um 24%. Als besonders gravierend sieht er die Vermietung der Gerichtsgebäude durch den Bund an das Gerichtssystem an; die Bundesverwaltung erwarte scheinbar, dass sich die Gerichte als Profitcenter entpuppen, und verschlimmern die Haushaltslage der dritten Gewalt.


    Dienstag, den 03. Jan. 2006

    Krimineller Lobbyist macht Knie weich

     
    .   Der kriminelle Lobbyist Jack A. Abramoff hat seine Taten in der Fassung gestanden, die im heutigen Plea Agreement, Az. unbestimmt, vor dem United States District Court for the District of Columbia, dem erstinstanzlichen Bundesgericht im Hauptstadtbezirk, niedergelegt sind.

    Mit dieser Vereinbarung gibt er die Jagd frei auf die Politiker, denen er Gelder der von ihm vertretenen und betrogenen Indianerstämme zukommen ließ. In Washington hat das große Zittern begonnen.

    Faszinierend ist die Beschreibung des zweiten Strafvorwurfs unter dem Titel Honest Services Mail Fraud of a Public Official. Im Count Two erklärt die Staatsanwaltschaft, wie Abramoff die Erwartungen des Bürgers in die ehrlichen Leistungen der Politiker enttäuschte, indem er die Volksvertreter mit einem Strom von wertvollen Dingen versorgte, und wie er damit 18 USC §§1341, 1346 verletzte.

    Abramoffs Partner Michael P.S. Scanlon hat bereits am 11. November 2005 einen Strafvergleich unterschrieben, mit dem ihm eine Schadenszufügung von knapp 20 Millionen Dollar vorgeworfen wurde.



    Im Flöz

     
    .   Während in Bad Reichenhall Familien auf ihre verschütteten Vermissten warten, sinkt die Hoffnung der Angehörigen in Tallmansville im Staat West Virginia. Die Kohlegrube füllt sich mit Kohlenmonoxid, heißt es.

    Der Untertagebergbau in dem armen Staat in der Nachbarschaft von Washington ist ein gefährliches und teures, doch heute auch wieder profitables Geschäft. Anscheinend blieb nicht genug übrig, um alle Sicherheitsvorkehrungen zu beachten. Der Grube wurden erst kürzlich zahlreiche Verletzungen der Bestimmungen nachgewiesen.

    Sowohl Bundes- als auch einzelstaatliche Ämter sind für die Sicherheitskontrollen verantwortlich.



    Sparen mit Kreditkarte

     
    .   10.000 Dollar Schulden auf der Kreditkarte können leicht $12.000 Zinsen kosten, wenn der Verbraucher monatlich über Jahrzehnte nur das gesetzliche Minimum zurückzahlt. Das macht Verbraucherschützer und das Schatzamt nervös.

    Über das Office of the Comptroller of the Currency wird nun der Mindestbetrag für die monatliche Zahlung höher gesetzt. Viele Schuldner befürchten, sich in den Konkurs stürzen zu müssen - aber der wurde im vergangenen Jahr erheblich erschwert.

    Ihre Alternative zum Verfahren nach dem Bankruptcy Abuse Prevention and Consumer Protection Act of 2005 lautet, den neuen Mindestbetrag zu zahlen und statt in 33 Jahren die Schuld in 13 Jahren zu Zinsen von insgesamt nur $3.664 abzutragen. Bei Zinsen über 13% sind die Ersparnisse noch drastischer.


    Montag, den 02. Jan. 2006

    Montag Feiertag

     
    .   Da der Neujahrstag auf einen Sonntag fiel, wird landesweit der freie Tag am Montag nachgeholt. Daher bleiben Ministerien, Gerichte und Kanzleien am Montag geschlossen.

    Der Einzelhandel lädt natürlich wie immer zum Einkauf ein, doch Restaurants, die nicht gerade Lebensnotwendiges bieten wie McDonalds oder Touristen dienen, wissen, dass mit Power Breakfasts und Business Lunches nicht zu rechnen ist, und lassen die Küche kalt.


    Sonntag, den 01. Jan. 2006

    Anwalt im Konflikt

     
    .   Wenn eine Kanzlei einen Anwalt hinzuzieht, der vorher von der Gegenseite einer von der Kanzlei vertretenen Mandantschaft vertrauliche Informationen erhalten hat, muss die Kanzlei von der gerichtlichen Vertretung ihrer Mandantschaft wegen des so folgenden Interessenskonfliktes Abstand nehmen, entschied im Fall Pound v. DeMera, Az. F047096, ein einzelstaatliches Berufungsgericht in Kalifornien am 21. Dezember 2005. Dies gilt auch, wenn kein Indiz für eine Übermittlung der fraglichen Informationen vom hinzugezogenen Kollegen an die Kanzlei ersichtlich ist.

    Praktischerweise sollte immer der in der Hauptstadt Washington angewandte Grundsatz gelten, dass selbst die Appearance of Impropriety zu vermeiden ist, selbst wenn keine Impropriety vorliegt und durch geeignete Maßnahmen vermieden werden kann. Schwierig kann im Einzelfall der Austausch vertraulicher Mandanteninformationen zwischen den Anwälten vor der Aufnahme der Arbeitsbeziehung werden, wenn sie die Daten austauschen müssen, um einen Konflikt auszuschließen, siehe DC Bar, Opinion 312, Information That May Be Appropriately Provided to Check Conflicts When a Lawyer Seeks to Join a New Firm.



    Gabelstaplerhaftung

     
    .   Am 21. Dezember 2005 entschied das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks in Sachen Edward Brown, Quebecor, Inc. v. The Raymond Corporation, Az. 05-6154, die Produkthaftungsklage eines verletzten Gabelstaplerfahrers nach dem Produkthaftungsgesetz von Tennessee, Tenn. Code Ann. §§29-28-101 - 108, gegen den Hersteller wegen fehlerhafter Entwicklung und Bremsen sowie unzureichender Warnungen.

    Der Fahrer behauptete, beim Zusammenstoß von zwei Gabelstaplern sei vorhersehbar, dass die Radummantelung eines Geräts den Fahrer des anderen Geräts verletzen kann; daher sei das Gerät fehlerhaft und gefährlich konstruiert. Der Hersteller und das Untergericht waren der Ansicht, dass der anwendbare Prüfstandard nicht die Verbrauchererwartung sei, sondern das dem sorgfältigen Hersteller Zumutbare, und das Gericht entschied, dass die Gabelstapler in diesem Sinne nicht fehlerhaft konstruiert seien.

    Das Berufungsgericht untersuchte die Merkmale des prudent Manufacturer-Standards und die Nichtanwendbarkeit des Verbrauchererwartungs-Standards detalliert. Es gelangte zum selben Ergebnis wie das Untergericht. Die Begründung geht über das einzelstaatliche Recht von Tennessee hinaus und stellt eine nützliche Einführung in das Produkthaftungsrecht für industriell genutzte Güter dar.



    Verwechslung von Kreditkarten

     
    .   Verwechseln Verbraucher zwei Kreditkarten mit der Bezeichnung Freedom Card und Chase Freedom, prüfte das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks in Sachen Freedom Card, Inc. et al. v. JPMorgan Chase & Co. et al., Az. 04-3874, nach den Grundsätzen des Falles A&H Sportswear, Inc. v. Victoria's Secret Stores, Inc., 166 F.3d 197, 202 (3d Cir. 1999),
    To prove either form of Lanham Act violation, a plaintiff must show that: (1) the mark is valid and legally protectable; (2) the mark is owned by the plaintiff; and (3) the defendant's use of the mark is likely to create confusion concerning the origin of the goods or services.

    Neben der Tatsache, dass die Kreditkarte von Chase mit normalen Bedingungen ausgestattet war, während die Freedom Card-Karte einen 140%-Jahreszinssatz bestimmte, spielte in der Entscheidung der Umstand der Einführung der Chase-Karte nach der Aufgabe der Freedom Card im Markt eine Rolle. Zwar war Chase eine Nachlässigkeit bei der Markenprüfung vor der eigenen Namenswahl vorzuwerfen. Sie entspricht jedoch nicht dem erforderlichen Vorsatzmerkmal. Die Vielfalt von Marken mit der Bezeichnung Freedom spricht ebenfalls für Chase.

    Am 22. Dezember 2005 gewährte daher das Gericht den Feststellungsantrag von Chase auf Nichtverletzung der ersten Marke.







    CK
    Rechtsanwalt i.R. u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, von 2014 bis 2022 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

    2021 erschien die 5. Auflage mit seinem Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

    Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.




     
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