• • Anforderungen an Fotorechtsverletzungsklage • • Verwechselbarkeitsmerkmale im Markenrecht • • Herstellerhaftung nach FBI-Telefondurchsuchung • • Zwang zur Gleichbehandlung verfassungswidrig • • Buch im Eigenverlag von Bestseller plagiiert • • Grenzkontrolle auf digitales Schmuggelgut • • Anfechtung der Online-Haftungsimmunität • • Zession des Urheberrechts nach 35 Jahren beendet • • Neueste Urteile USA

Samstag, den 31. Dez. 2016

Das Jahr 2016 sprengte Wahlstationserwartungen  

.   Unfassbare Turbulenzen erlebten die Wahlstations­re­fe­ren­da­re und Prakti­kanten in Wash­ington im Jahre 2016, dem 25. des German Ame­ri­can Law Journals. Dass sie erlernten, wie deutsche Par­teien vor und im ame­ri­ka­ni­schen Pro­zess ge­schützt wer­den, wie die Ver­tei­di­gung ge­gen be­haup­te­te Ver­let­zun­gen von OFAC-Fi­nanz- oder Aus­fuhr­kon­trol­len er­folgt oder wie Ge­sell­schaf­ten und Staaten mit­ein­an­der auf recht­li­cher Ebe­ne ver­keh­ren, war Rou­tine, doch was die staats­recht­li­chen und -poli­ti­schen Spie­ler bo­ten, spreng­te den üb­li­chen Er­fah­rungs­rahmen.

Erst drängte sich ein nicht ernst zu neh­men­der An­ge­ber in die Prä­sident­schafts­vorwahl, dann starb un­er­war­tet der ein­fluss­reich­ste der neun Supreme-Court-Rich­ter und ver­setz­te das Land ins recht­li­che Koma; wäh­rend der Prä­si­dent einen ge­mäßig­ten, all­seits respek­tier­ten Er­satz­kan­di­daten no­mi­nier­te, igno­rier­te der Kon­gress sei­ne Mit­wir­kungs­pflicht: Die Be­ar­bei­tung von lan­des­weit ent­gegen­ge­fie­ber­ten Revi­si­o­nen kam zum Er­lie­gen. Der An­ge­ber-Kan­di­dat er­klamm im Som­mer die Spit­ze. Er wurde im­mer fre­cher, bis die Mei­nungs­for­scher ihn als Ver­lie­rer tauf­ten, wo­rauf­hin vie­le Wäh­ler zu­hau­se blie­ben und der Rest schließ­lich einen grot­ten­schlecht vor­berei­te­ten Kan­di­da­ten zum Präsi­den­ten er­kor. Dass der FBI-Chef Ta­ge vor der Wahl die Ge­gen­kan­di­da­tin in Miss­kre­dit brachte und Lü­gen nähr­te, sie sei kri­minell, führte zu ungewöhn­li­chen Rechts­fra­gen über die Rol­len von FBI, Justiz­mi­niste­ri­um und Kon­gress.

Zum Jahresende wählen sich die Bürger des Landes wie jedes Jahr ihre Kran­ken­versi­che­rung, ob­wohl der Wahlsieger schwor, die­sen Schutz am ersten Tag seiner Amts­zeit im Januar aufzu­heben. Der am­tie­ren­de Präsident kann das nicht ver­hin­dern. Er erlässt er noch Sank­tionen gegen Russland, das die Wah­len durch Aus­spähen und Wei­ter­ga­be von Kor­res­pon­denz an Wiki­leaks ge­zielt be­ein­fluss­te und nun einen eit­len Freund im Weißen Haus ha­ben wird.


Freitag, den 30. Dez. 2016

Falsch verbunden: Markenverstoß des Call Centers  

Paradebeispiel Geschworenenverdikt v. Richterurteil
.   Ein Call Center-Dienst bestellte zahlreiche Telefonbuch­ein­trä­ge mit dem Namen eines Satellitensen­der­an­bie­ters, nahm die An­ru­fe an, fil­ter­te diese nach An­bie­tern und lei­te­te po­ten­ti­el­le Kun­den an Wei­ter­ver­mitt­ler, die ihr dafür einen Mak­ler­lohn zahlten. In Exclaim Mar­keting LLC v. Di­rect­TV LLC unter­such­te die Sen­der­firma dieses von ihr uner­laub­te System mit Test­an­ru­fen, die das Call-Center mit einer Be­trugs­klage be­ant­wor­tete. Die Sen­der­fir­ma wi­der­klag­te wegen Mar­ken­ver­let­zung. Kun­den er­reich­ten nie den An­bie­ter selbst, son­dern waren ent­ge­gen ihren eige­nen Vor­stel­lungen nur mit Call Centern ver­bunden.

Das Revisionsurteil ist ein Paradebei­spiel für das Ver­hält­nis des Ge­schwo­re­nen­spruchs zum Richter­urteil, siehe auch Kochinke, Der US-Prozess. Die Jury sprach dem Call Center $760.000 nach dem Unfair and Decep­tive Trade Prac­tices Act von North Caro­lina zu, wäh­rend sie den Mar­ken­an­spruch mit $25.000 abgolt. Der Rich­ter hob das Ver­dikt im er­sten Punkt als nicht vom Ge­setz ge­tra­gen mit einem Judg­ment as a Matter of Law auf und ver­ur­teil­te das Call Center mit einem Ad­di­tur auf einen Scha­dens­ersatz in Höhe seiner Ge­win­ne aus den Mar­ken­ver­let­zun­gen von $610.560.

In Richmond beschrieb das Bundesberufungs­ge­richt am 29. De­zem­ber 2016 auf 26 Seiten den Sach­ver­halt und die Pro­zess­ent­wick­lung mit der Be­ur­tei­lung durch die Jury und das Un­ter­ge­richt. In einer leicht nach­voll­zieh­baren Be­grün­dung er­läu­tert es die Rechts­lage und gelangt zum selben Er­geb­nis wie das Unter­ge­richt.

Dazu zählt auch, dass keine Partei eine Kosten­er­stat­tung ver­lan­gen darf. Die Wi­der­klä­gerin erhält die­se nicht, weil die Aus­nahme des Mar­ken­rechts für die ob­sie­gen­de Par­tei nicht greift, wenn der Fall nicht außer­gewöhnlich ist. Die Ab­sicht­lich- und Be­harr­lich­keit der Mar­ken­ver­let­zun­gen allein macht die Verstöße nicht ex­cep­tional im Sinne des Gesetzes.


Donnerstag, den 29. Dez. 2016

Jeder darf IP-Handelsbarrieren melden  

.   Nach dem Handelsgesetz von 1974 darf sich jede inter­es­sier­te Person über ausländische Handelsbarrieren beschweren und den Staat zur Ver­hand­lung und Ver­geltung veranlassen. Am 28. Dezember 2016 erging der er­neu­te Auf­ruf zur Be­teiligung an diesem Vorhaben, 2017 Special 301 Re­view: Iden­ti­fi­ca­ti­on of Countries under Section 182 of Trade Act of 1974, als der zu­stän­di­ge United States Trade Representative in Washington, DC, - siehe auch Horlick/Kochinke, Die Behörde des Handelsbeauftragten der USA, RIW 1981, 458 - die Öffentlichkeit dazu im Bundesanzeiger aufrief: Federal Register, Bd. 81, Heft 249, S. 95722.

Diese darf in Anhörungen und schriftlichen Stellungnahmen ihre Bedenken gel­tend machen, während Vertreter ausländischer Staaten, in der Praxis meist Rechts­an­wälte mit Botschaftern im Gefolge, erklären, wie solche Barrieren wir­ken, was sie be­zwecken und wie die behaupteten Nachteile für amerikanische Parteien begrenzt werden.

Die nun angekündigte Untersuchung des Handelsbeauftragten zielt in diesem Fall auf Beeinträchtigungen des Außenhandels der USA mit geistigem Eigen­tum und wird von starken Verbänden der Film- und Musikver­wer­tungs­un­ter­neh­men be­ein­flusst. Ihr Kronlobbyist hatte die gesetz­lichen Ver­gel­tungs­maß­nah­men schon vor Jahrzehnten als Atomwaffe des amerikanischen Außen­han­dels be­zeich­net.


Montag, den 26. Dez. 2016

Stadtrat unterminiert Bauvertrag, ist nicht immun  

.   Für Bauland an der U-Bahn erwarb eine Baufirma einen Ex­klu­siv­vertrag, um mit der Verkehrsverwaltung einen Bau- und Mietvertrag aus­zu­han­deln, doch der in Banneker Ventures LLC v. Jim Graham beklagte Stadt­rat un­ter­mi­nierte seine Verhandlungen durch die Preisgabe vertraulicher Da­ten an an­dere Interessenten, Forderungen für seiner Lieblingsprojekte und seine Wahl, Veränderung der Vertragsvorgaben, Abhalten des Ver­wal­tungs­per­so­nals von Be­sprechungen und andere Handlungen.

Die Firma verklagte den Stadtrat nach dem Recht der unerlaubten Hand­lun­gen, Torts, wegen tortious Interference with Contract and Business Ex­pec­tan­cy and civil Conspiracy. Am 22. Dezember 2016 beurteilte das Bundes­ge­richt der Haupt­stadt die Schlüssigkeit der Klage im Lichte der absoluten Immunität, auf die sich der Stadtrat berief. Das Bundesberufungsgericht des Haupt­stadt­be­zirks hat­te ihm am 18. August 2015 bereits in der Revision den Rah­men für die Im­mu­ni­täts­be­ur­tei­lung gesteckt:

Was außerhalb des amtlichen Zuständigkeits- und Aufgabenbereichs liegt, fällt nicht unter diesen Schutz; Banneker Ventures LLC v. Graham, 798 F.3d, 1145. Auf 19 Seiten erklärte das Gericht nun lehrreich, welche behaupteten Hand­lun­gen schlüs­sig sind, weil sie aus dem Rahmen der Amtsimmunität fal­len. Es folger­te, dass der Prozess fortgesetzt werden darf. Nur die be­haup­te­ten In­for­ma­ti­ons­ge­sprä­che des Stadtrats sind immun, weil er sich ein Bild ver­schaf­fen darf, wel­che Lö­sun­gen für die Stadt erstrebenswert sind - so­lan­ge er da­bei kei­ne Ge­heim­nis­se verrät.


Sonntag, den 25. Dez. 2016

Corporation baut Mist - haften Gesellschafter?  

.   Am Bau kann immer etwas schief laufen; so war es auch in Kelleher v. Dream Catcher LLC. Doch sollen die Ge­sell­schaf­ter der Bau­firma per­sön­lich für den Mist haf­ten? Am 23. De­zember 2016 er­ör­ter­te die Rechts­grund­lagen von Al­ter Ego Lia­bi­li­ty und Pier­cing the cor­po­rate Veil nach seiner Schlüs­sig­keits­prü­fung in Wash­ing­ton, DC, das Bun­des­ge­richt der Haupt­stadt unter Ver­weis auf die Prä­zedenz­fäl­le, die die ge­sell­schafts­recht­liche Haf­tungs­be­schrän­kung auf das Vermögen der Corpo­ration als Regel­fall be­zeich­nen:
"[a] corporation is 'viewed as a distinct entity, even when it is whol­ly ow­ned by a sin­gle in­di­vi­dual,'" and … "the law takes se­rious­ly the for­mal line bet­ween a cor­pora­tion and a na­tu­ral per­son, even when the cor­pora­tion is, in ef­fect, a one-per­son firm." Nat'l Sec. Coun­se­lors v. CIA, 811 F.3d 22, 31 (D.C. Cir. 2016)…
And the Supreme Court has observed that "[o]ne-person cor­po­ra­ti­ons are autho­rized by law and should not light­ly be la­beled a sham." Nel­son v. Adams USA, Inc., 529 U.S. 460, 471 (2000). AaO 2.
In diesem Fall hatten die Kläger die Verantwor­tung für den be­haup­te­ten Murks den Ge­sell­schaf­tern vor­ge­wor­fen, weil sie unter der­sel­ben An­schrift wie die Ge­sell­schaft an­säs­sig sind. Das reicht nicht für eine schlüs­sige Kla­ge. Die Nicht­be­ach­tung der Ge­sell­schafts­form, die Ver­wi­schung der na­tür­li­chen und ju­ris­ti­schen Iden­ti­tä­ten, die Ver­mi­schung von Kon­ten: das sind Merk­male bei­der Durch­griffs­haf­tungs­grund­la­gen. In der Kla­ge fand sich kei­ne Spur da­von. Da­her kann sie nicht schlüs­sig sein und ist ab­zu­wei­sen.


Samstag, den 24. Dez. 2016

Luxustasche auf Tasche abgebildet: Haftung?  

.   In Louis Vuitton Malletier SA v. My Other Bag Inc. ent­deck­te die Klägerin eine Abbildung ihrer schicken Luxustasche auf einer schlich­te­ren Tasche der Beklagten und klagte wegen Markenverletzung und -ver­wäs­se­rung sowie Urheberrechtsverletzung. Am 22. Dezember 2016 folgte ihrem Ver­lust vor dem Untergericht die Bestätigung des Urteils in der Revision.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City ge­langt zu seinen Ergebnissen ohne besondere Überraschungen, doch ist seine Ver­wei­sung auf die Präzedenzfallrechtsprechung zur Parodie als Verlet­zungs­aus­nah­me nützlich erörtert: [P]arody must convey two simultaneous - and con­tradictory - messages: that it is the original, but also that it is not the ori­gi­nal and is instead a parody.

Wenn eine Parodie im Rechtssinne vorliegt, greift die Fair Use-Ausnahme, die so­wohl das Marken- als auch das Urheberrecht kennt, wie das Gericht in sei­ner sechs­sei­tigen Begründung ausführt. Die geforderte Widersprüchlichkeit be­stä­tigt es: The fact that the joke on LV's luxury image is gentle, and pos­sibly even com­pli­men­ta­ry to LV, does not preclude it from being a parody. AaO 4.


Freitag, den 23. Dez. 2016

Anwaltswerbung - Reklame mit Mandantennamen  

Igitt!
.   Anwaltsreklame verboten die Rechtsanwaltskammern weltweit, bis die Bestim­mungen gelockert wurden. Anwälte durften vor Gericht, in Fachzeitschriften und auf dem Türschild auftreten. Ansonsten hatten sie sich zurückzuhalten - vor allem, um nicht bewusst oder unbewusst Vertrauliches wie die Namen von Mandanten preiszugeben.

In der Praxis sind diese Schutzvorkehrungen auf den Kopf gestellt. Bei Jurablogs trägt fast jede zweite Mitteilung Überschriften mit Mandantennamen und wirkt wie Reklame, nicht wie ein kompetenzausweisender Fachbericht. Diese Werbung steht der von schnöden Finanzdienstleistern in Stil und Aussagen nicht nach. Das Anwaltsgeheimnis scheint keine Rolle zu spielen.

Gleich ob man Staaten, Unternehmen oder natürliche Personen berät, sollte der Anwalt nicht weiterhin der Versuchung trotzen, die eigenen Beiträge zum Erfolg der Mandanten wie knackige Brötchen anzupreisen? Kann die Kanzlei nicht wie zuvor der Presse die Berichterstattung über Bemerkenswertes überlassen? Ist die Gefahr der unbeabsichtigten Preisgabe von Mandatsgeheimnissen wirklich gebannt?


Freitag, den 23. Dez. 2016

Vor 10 Jahren: Schutz von Metadaten im Prozess  

.   Was geschieht mit Metadaten, die im Prozess an die Ge­gen­sei­te gelangen? Darf eine Par­tei die un­sicht­ba­ren Daten, die mit einem ein­fa­chen Text­pro­gramm oder Hex-Edi­tor sicht­bar ge­macht wer­den kön­nen, bei­spiels­wei­se aus Text­datei­en he­raus­klau­ben und gegen die Gegen­sei­te ver­wen­den?

Grundsätzlich gilt im amerikanischen Aus­for­schungs­be­weis­ver­fah­ren, dass al­les, was heraus­gege­ben werden musste, ver­wer­tet werden darf. Dazu könn­te auch der Man­dan­ten­kom­men­tar zäh­len, der in einem Doku­ment nur für den eige­nen An­walt be­stimmt und und vor der Über­gabe an die Gegen­seite schein­bar ge­löscht war.

Metadaten gehören jedoch in der Regel nicht zu den Daten, die an die Ge­gen­seite ab­zu­liefern sind. Sie können einer Geheimnis­schutz­bestim­mung, Da­ten­schutz oder einem Ver­wei­gerungs­recht nach US-Recht unterfallen. Auch be­rufs­ethisch stellt sich für den US-An­walt die Frage des Um­gangs mit sol­chen Da­ten. In Maryland darf ein Rechtsanwalt nach Opinion 06-442 die Meta­daten nut­zen, ohne die Ge­gen­seite zu be­nach­richtigen.

In Florida gilt das andere Extrem: Die Ge­gen­seite ist zu unter­rich­ten, wenn sol­che Da­ten ge­fun­den wurden, und die Ver­wer­tung ist unter­sagt. Die ver­ein­heit­lichen­de Zukunft steht viel­leicht in den Ster­nen des neuen Bun­des­ver­fahrens­rechts, das die elek­tro­nische Datenverwertung im Discovery-Verfahren vor den Ge­rich­ten des Bun­des regelt:
If information is produced in dis­co­ve­ry that is sub­ject to a claim of privi­lege or pro­tection as trial-pre­pa­ra­tion ma­terial, the party ma­king the claim may no­ti­fy any par­ty that re­cei­ved the in­for­mation of the claim and the basis for it. After being no­ti­fied, a party must promptly re­turn, se­quester, or de­stroy the spe­ci­fied in­for­mation and any copies it has and may not use or dis­close the in­for­ma­tion until the claim is re­solved. A re­ceiving party may prompt­ly pre­sent the in­for­ma­tion to the court under seal for a de­ter­mi­na­tion of the claim. If the re­cei­ving party dis­closed the infor­mation before being noti­fied, it must take reason­able steps to re­trieve it. The pro­ducing party must pre­ser­ve the in­for­mation until the claim is re­solved. Fe­deral Rule of Civil Pro­cedure 26(b)(5).
Diese Regel geht über Metadaten hinaus. Die Vorlage der mög­licher­weise um­strit­tenen Daten an das Gericht unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit zur Ent­schei­dung sollte eine rasche, oder zu­min­dest ver­bind­liche, Ab­klä­rung der Ver­wert­bar­keit her­bei­führen. Natür­lich ist die Be­stim­mung nicht auf Prozesse vor ein­zel­staat­lichen Ge­rich­ten an­wend­bar. Jedoch kann sie die Rechts­ent­wick­lung in den US-Sta­aten be­einf­lussen.


Freitag, den 23. Dez. 2016

Vor 15 Jahren im Recht der USA  

.   Das German American Law Journal besteht seit 1991. Vor 15 Jahren gab es im Webformat diese - weiterhin wertvollen - Berichte über das US-Recht:
Abhandlungen zum US-amerikanischen Zivilrecht und Zivil­pro­zess­recht 2001

US-Entscheidung zur Anerkennung des Pariser Yahoo-Nazi-Urteils (Su­san­ne Wagner, 4. Dezember 2001)
US-Supreme Court zu Punitive Damages / Strafschadensersatz im Fall Cooper v. Leatherman (Christian Heid, 31. August 2001)
US-Trade Secrets und das unvermeidbare Wissen (Tim Wittwer, 21. Mai 2001)
Internet-Metatags und Marken im amerikanischen Recht (Susanne Wag­ner, 1. Februar 2001)
Neuere Berichte in der Artikelversion des GALJ behandelten 15 Jahre später diese Themen:
Aufgabe von Grundeigentum - Ein Rechtsvergleich zwischen Deutsch­land und Florida (Cornelia Schuster, 16. September 2016)
Was folgt dem Schiedsspruch im amerikanischen Recht? (Cornelia Schus­ter, Philip Datz, 22. Juli 2016)


Mittwoch, den 21. Dez. 2016

Warum sollte man das Urheberrecht anmelden?  

.   Ein als Erfinder, Autor und Komponist erfolgreicher Man­dant weist gleich nach Erstellung jedes Werkes dessen Anmeldung beim Copy­right Of­fice an. Die Eile ist nicht unbedingt geboten, aber er hat schon schlech­te Er­fah­run­gen mit Verletzern gemacht. Die Copyright-Eintragung ist zu­dem kos­ten­gün­stig - nur Domainnamen sind billiger. Doch was soll die Ein­tra­gung be­zwecken?

Ein Urheberrecht entsteht mit der Schöpfung des Werkes. Sobald es er­schaf­fen ist, darf der Schöpfer sein ©-Zeichen samt Jahr und Namen auf dem Werk ver­mer­ken. Nicht einmal dies ist notwendig, denn das Kennzeichnungs­er­for­der­nis ist schon seit Jahrzehnten abgeschafft. Eine wichtige Wirkung der An­mel­dung liegt darin, dass sie eine Prozessvoraussetzung darstellt.

Nur wer sein Werk angemeldet hat, darf Verletzer verklagen. Selbst wenn das Amt die Eintragung ablehnt, ist die Prozessvoraussetzung erfüllt. Der Eigen­tü­mer des Werks muss dann das Gericht von seinem Urheberrecht überzeugen und darf sich nicht auf die aus der Eintragungsurkunde her­ge­lei­te­te Ver­mu­tung zu seinen Gun­sten berufen.

Letztlich hat der Mandant einen guten Riecher: Die Anmeldung ist nicht er­for­derlich, aber bei schnelllebigen Werken mit hoher Nachahmungsgefahr muss man seine Prozessvoraussetzungen erfüllt haben, um im Verletzungsfall nicht nur mit dem Staubwedel drohen zu können.


Dienstag, den 20. Dez. 2016

Klagen vor Jahresende zu spät  

.   Ein Rennen zum Gericht am Jahresende kennt man in den USA nicht. Ver­jäh­rungs­fris­ten rich­ten sich nach ihrem An­fangs- und End­tag, wie der Ka­len­der die­se aus­weist. X Jahre plus Jahres­rest bis Sil­vester gibt es nicht.

Allerdings ist in den USA immer zu beachten, dass jeder Staat sein eige­nes Pro­zess­recht hat, und dass die Statu­tes of Li­mi­tations der Ein­zel­staa­ten un­ter­schied­liche Re­ge­lun­gen treffen. Das bedeutet auch Un­ge­wiss­heit bei der Er­mitt­lung des an­wend­ba­ren Rechts, gerade wenn ein Rechts­streit auf grenz­über­schrei­ten­den Tat­sa­chen be­ruht. Der Kläger orien­tiert sich am ihm gün­stigen Recht. Hin­gegen wird die Abwehr von Klagen im US-Prozess unter an­de­rem darauf be­ru­hen, ein gün­sti­ge­res Recht zu finden und die An­knüp­fungs­merk­male nach dem Bin­nen-IPR der USA, den Conflict of Laws-Grund­sät­zen, zu ermit­teln.

Ein anderes Staatsrecht kann kürzere Fristen vorgeben als das vom Kläger als an­wend­bar be­haup­te­te Recht. Selbst wenn die Fristen gleich lau­ten soll­ten, kön­nen die Hem­mungs- und Ken­nen­müs­sen-Be­stim­mun­gen der Sta­aten von­ein­an­der ab­wei­chen. In der Praxis bedeutet dies oft Über­raschun­gen, die die Recht­spre­chung stän­dig be­leben.


Dienstag, den 20. Dez. 2016

Gesellschaftsgründung oder -kauf vor Jahresende  

.   Wer in den USA vor dem Jahresende noch schnell eine Ge­sell­schaft grün­den will, muss sich spu­ten - oder eine bestehende Corporation kau­fen. Bei­des muss nicht son­der­lich kom­pli­ziert sein und erfordert keinen Bes­uch in den USA, siehe auch Corporation als Schutzwall. Da die USA keinen No­tar im deut­schen Sinne kennen, ist man auch nur auf die Termine der Han­dels­re­gister an­ge­wiesen.

Mit der raschen Eintragung einer Corporation, Company, Incorporated oder Li­mi­ted kann der Rechtsanwalt nur erfolgreich sein, wenn der Grün­der ver­lang­te Fir­men­da­ten flink, klar und deutlich formuliert. Das betrifft im ein­fa­chen Fall den Fir­men­na­men, den Staat und Ort mit Schwerpunkt der Ge­schäfts­ak­ti­vi­täten, das Stamm­ka­pi­tal ab $1.000, die Aufteilung des Kapitals in Ak­ti­en­wer­te wie 1.000 mal $1,00 sowie die Namen der Gesellschafter, Auf­sichts­rats­mit­glie­der und Ge­schäfts­füh­rung, siehe auch Incorporation ohne Anwalts­honorar. Als notwen­di­ge Zu­stel­lungs­be­voll­mächtigte stehen Firmen zur Pau­schal­gebühr bereit.

Beim schnellen Kauf einer bestehenden Corporation muss sich der Erwerber ge­wiss sein, dass die­se kei­ne unbekannten Altlasten hat oder die Erklärung des Ver­äußerers über die Freistellung von Altlasten ausreicht. Die eigentliche Über­nah­me setzt ge­sell­schafts­recht­lich nicht viel voraus: Das Indossament auf der Rückseite der Aktie reicht aus. Eingetragen wird sie im Handelsregister nicht, weil den Staat und Dritte nichts angeht, wer Gesellschaftseigen­tü­mer ist.

Natürlich wird es komplizierter, wenn Vermögen, Schulden, Personal oder gar Bör­sennotierungen übertragen werden sollen. Das geht über reines Gesell­schafts­recht hinaus und erfordert die übliche M&A-Beratung samt Due Di­li­gen­ce, die sich vor Jahresende kaum mit der gebotenen Sorgfalt ab­schließen lässt.


Sonntag, den 18. Dez. 2016

Stadt ohne Wasser: Verfügungsrecht erklärt  

.   Der Fall Concerned Pastors v. Nick Khouri versucht, einer Stadt ohne sicheres Trinkwasser durch eine Verfügung zu helfen, und er­klärt am 16. Dezember 2016 mit einer vierseitigen Revisionsbegründung und einem Dis­sent von neun Seiten das Recht der einstweiligen Verfügung in der ersten und zwei­ten In­stanz.

Die Parteien streiten um das Maß der Nothilfe, also im wesentlichen um die dem Staat zugemuteten Kosten, doch müssen zu ihrer Analyse erst die An­for­de­run­gen an das Recht auf die Sondermaßnahme des Prozessrechts geprüft wer­den. Beide Darstellungen der Richter vom Bundesberufungsgericht des sechs­ten Bezirks der USA in Cincinnati erörtern vorbildlich die Merkmale der preliminary Injunction:
Four factors guide the court's consideration of the motion for a stay: (1) whether the State Defendants have a likelihood of success on the merits; (2) whether they will suffer irreparable harm in the absence of a stay; (3) whether the requested injunctive relief will sub­stan­tial­ly injure other interested parties; and (4) where the public in­ter­est lies.…
These four factors "are not prerequisites that must be met, but in­ter­re­lated considerations that must be balanced."


Samstag, den 17. Dez. 2016

Unterschlagene Handelsdaten: Scharfe Sanktion  

.   Im Antidumping-Prozess lieferte eine untersuchte Firma nicht alle angeforderten Informationen, und das Wirtschaftsministerium legte dies zum Nachteil der Firma anhand fiktiver, älterer vorliegender Handels­da­ten aus. In Papierfabrik August Koehler SE v. U.S. erklärte am 16. De­zem­ber 2016 in Washington, DC, das Bundesberufungsgericht des Bundes­be­zirks, warum dies kein revisibler Fehler war.

Die untersuchte Firma produziert in Deutschland und exportiert in die USA. Sie hatte ein Antidumping-Verfahren verloren; in den Folgejahren wird der an­wend­bare Strafzoll überprüft. Bei einer Folgeprüfung im förmlichen Ver­fah­ren warf das Ministerium der Firma vor, Umsätze in Deutschland ver­heim­licht zu ha­ben. Dann wandte es Sanktionen an, darunter die Verwendung fiktiver Da­ten.

Die Erläuterung entspricht der Sanktionenrechtsprechung bei der Discovery im amerikanischen Zivilprozess. Das Gericht setzte sich zudem lehrreich mit der Wei­gerung des Ministeriums auseinander, von der untersuchten Firma später ersatzweise bereitgestellte Daten zu verwerten. Die Sanktionen im Außen­han­dels­recht der USA wegen unzureichender Mitwirkung oder Falsch­dar­stel­lung können genauso gravierend wie im Zivilprozess sein, erfährt der Le­ser in der 18-seitigen Begründung des United States Court of Appeals for the Federal Cir­cuit beim Weißen Haus.


Mittwoch, den 14. Dez. 2016

Verbotene Markenzession: Eintragung gelöscht  

.   Nicht jeder schafft eine wirksame Markenzession, doch in Eme­rald Cities Collaborative Inc. v. Roese wurde sie am 13. Dezember 2015 auf An­trag eines Dritten als wirksam, doch leider verboten bezeichnet - mit der Rechts­fol­ge der Markenlöschung und dem freien Weg für den Dritten zur Ein­tra­gung seiner als ver­wechselbar behaupteten Marke.

Zunächst legt die Revisionsbegrün­dung lehr­reich die Merkmale und For­mulie­run­gen der wirk­samen Zession dar, bevor sie sich ihrer Auswirkung auf den Sach­ver­halt so­wie die Anti-Trafficking Rule in §10 des Lanham Act, 15 USC §1060(a)(1), zuwendet. Hier erfolgte die Zession vor der Eintragung der Marke, die ihrerseits mit einem in­tent-to-use-Antrag angemeldet wurde. Die Über­tra­gung wur­de bereits vor der Mar­ken­ver­wen­dung und der amtlichen Zulässig­keits­er­klä­rung, Notice of Al­lo­wance, vertraglich vereinbart.

§10 verbietet jedoch die Zession vor der Ein­tra­gung, die der No­tice und dem Ein­rei­chen des Verwendungs­nachweises folgt. Die Zes­sion war - rich­tiger­weise - be­din­gungs­feind­lich erklärt und wurde - fälschlich, doch nach­voll­ziehbar, - ein­ge­tragen. Da sie unmittelbar das Gesetz verletzt, fiel dem landesweit für Mar­ken­recht zu­stän­digen Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks neben dem Weißen Haus in Wash­ing­ton, DC, die Entscheidung nicht schwer. Die Mar­ke war zu löschen. Eine Ver­wechs­lungs­ge­fahr kann gar nicht bestehen.


Dienstag, den 13. Dez. 2016

Kontendatenmissbrauch strafrechtlich verschärft  

.   Im Land der Scheckzahlung gibt niemand seine Kon­to­da­ten ohne Not heraus, doch der Supreme Court musste in Shaw v. Uni­ted Sta­tes den Missbrauch von Kontendaten Dritter bewerten, als der Re­vi­si­ons­klä­ger sich des Bankkontos eines Dritten bemächtigte und auch wegen des Be­trugs zu­las­ten der betroffenen Bank nach 18 USC §1344(1) verurteilt wurde. Das Bank Fraud Sta­tute covers schemes to deprive a bank of money in a cu­sto­mer's de­po­sit ac­count, lau­tet der Ausgangspunkt der rechtlichen Analyse vom 12. De­zem­ber 2016.

Der Verurteilte meinte, er habe nur den Kontoinhaber, nicht die Bank ge­schä­digt. Seine Verurteilung beruhe darauf, dass die Bank Eigentümer des Kon­ten­gut­ha­bens sei, erwiderte der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Sta­aten in Wa­shing­ton, DC. Der Betrug gegen den Inhaber sei gleichzeitig ein Be­trug an der ver­fü­gungs­be­rech­tigten Bank. Wenn der Täter wisse, dass sich das Guthaben bei einer Bank be­fin­de, stelle seine Tat eine Täuschung der Bank dar, auch wenn er der Bank kei­nen Ver­lust zufügen wolle.

Das behauptete subjektive Tatbestandsmerkmal einer willentlichen Scha­dens­zu­fü­gung existiere nicht. Die elfseitige Entscheidungsbegründung stimmt der Staats­an­waltschaft bei jedem Tatbestandsmerkmal zu und verschärft damit lan­desweit die strafrechtliche Haftung für einen unerlaubten Kontenzugriff.


Sonntag, den 11. Dez. 2016

Deutschland wegen englischer Webseite vor US-Gericht  

.   Genießt Deutschland die Staatsimmunität im US-Gericht? Eine Ausnahme nach dem Foreign Sovereign Immunities Act stützte die Klä­ge­rin in Schu­barth v. Federal Republic of Germany auf die Nutzung der eng­li­schen Spra­che in einer Web­sei­te eines deutschen Amts. Dass dasselbe Amt vor­über­ge­hend ein Bü­ro in New York City unterhielt, soll Deutschland ebenfalls die Im­mu­nität neh­men.

Am 7. Dezember 2016 prüfte das Bundesgericht der Hauptstadt in einer lehr­rei­chen, achtseitigen Begründung. Die Klägerin wollte Beschlüsse der Treu­hand und der BVVG Bo­den­ver­wertungs- und -verwaltungs GmbH über die Ent­eig­nung er­erb­ten Landes in Thüringen im Bundesgericht anfechten, indem sie eine Ent­eig­nungs­entschädigung nach dem deutsch-amerikanischen Freund­schafts-, Han­dels- und Schif­fahrts­ver­trag von 1956 forderte.

Die Klägerin unterlag, weil sie weder ein gewerbliches Handeln des deutschen Amts in den USA noch hinreichende Kontakte zu den USA behaupten konnte. Oh­ne diese bleibt die Immunität der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Die Ak­ti­vi­täten im US-Büro blieben vorübergehend und liegen zu lange zurück. Die vom Amt im In­ter­net auf Englisch angebotene Beratung betrifft keine Trans­ak­tio­nen mit US-Be­zug, sondern richtet sich in der international be­nutz­ten Spra­che an In­ves­to­ren aus al­ler Welt. Sie be­trifft auch keine vom Freund­schafts­ver­trag ge­schützten Aktivitäten.


Samstag, den 10. Dez. 2016

Facebook ausgetrickst, Kunden bespamt: Haftung?  

.   Die Haftungsgrundlagen für eine EMailkampagne an Kun­den eines Internetdienstleisters trotz Verbots in dessen Nutzungsvertrag er­ör­tert wegweisend die Begründung in Facebook Inc. v. Power Ventures Inc. am 9. Dezember 2016. Die Beklagte sammelte Kundenkontakte der Klä­ge­rin und schrieb sie werbend an. Sie fuhr auch fort, als die Kläge­rin ihr dieses Vor­ge­hen ausdrücklich mit einem Cease & Desist Letter verbot.

Der Prozess betrifft die Haftung der Beklagten wegen Verletzung von zwei Bun­desgesetzen und wegen des Verstoßes gegen die Terms of Service der Klä­ge­rin. Die Vertragsbedingungen lösen keine Haftung aus, nur weil die Be­klag­te die Klägerin mit derem eigenen Angebot und Funktionen austrickste, en­tschied in San Fran­cis­co das einflussreiche Bundesberufungsgericht des neun­ten Be­zirks der USA. Die von der Revision vorgenommene Differenzierung der Bun­des­ge­setze betrifft der Kern der Vorwürfe:
[The] actions did not violate the Controlling the Assault of Non-Solicited Pornography and Marketing Act of 2003…, which [pro­tects] a provider of Internet access service adversely affected by the transmission, to a protected computer, of a message that contains, or is accompanied by, header information that is … false or ma­te­rial­ly misleading. The panel held that here, the transmitted mes­sa­ges were not materially misleading.
[Defendant] violated the Computer Fraud and Abuse Act of 1986…, which prohibits acts of computer trespass by those who are not autho­ri­zed users or who exceed authorized use, and California Penal Code § 502, but only after it received a cease and desist letter from Facebook and nonetheless continued to access Face­book's com­pu­ters without permission.
Technische Kniffe zur Umgehung von Sperren des Anbieters oder der Einsatz Dritter zur Ausführung eigener Taten schützen nicht vor der Haftung, erklärte das Gericht.


Freitag, den 09. Dez. 2016

Personalsammelklagen mit Schiedsklausel abbedungen  

.   Allmählich ringen sich auch die Letzten zur Er­kennt­nis durch, dass der Su­pre­me Court der USA ein Macht­wort ge­spro­chen hat: Das Pri­mat der Schieds­ge­richts­ge­richts­bar­keit durch­dringt alles, auch einzel­staat­li­che Ge­set­ze und son­der­gesetz­liche Bun­des­zu­stän­dig­kei­ten. Eine wirk­sa­me Schieds­klau­sel ist schlicht und einfach von al­len Par­teien und Ge­rich­ten durch­zu­set­zen!

Exemplarisch und prägnant dokumentierte dies am 8. De­zem­ber 2016 das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des fünf­ten Bezirks der USA im Fall Citi­group Tech­no­lo­gy Inc. v. Na­tio­nal La­bor Re­la­ti­ons Board. Das be­klag­te Bun­des­amt hat­te eine Ve­rbots­ver­fü­gung ge­gen die An­wen­dung einer Schieds­klau­sel er­wirkt, die dem Per­sonal der Klä­gerin Sam­mel­kla­gen in Arbeits­sachen ver­bot und es an die Schieds­ge­richts­bar­keit verwies. Das Bun­des­amt berief sich auf eine bun­des­recht­liche Son­der­zuständig­keit für Ge­werk­schafts- und be­stimm­te Perso­nal­an­ge­le­gen­heiten.

Der angerufene United States Court of Appeals for the Fifth Circuit in New Or­le­ans be­rief sich bei der Auf­he­bung der Ver­fü­gung auf die von den Par­tei­en dargelegten Ausführungen zum Pri­mat des Fe­de­ral Ar­bi­tra­tion Act und die zi­tier­te Recht­sprechung des Ober­sten Bun­des­ge­richts­hofs in Wa­sh­ing­ton, DC. Das Amt hat­te sich den Aus­füh­run­gen der Klägerin mit dem Vor­be­halt an­ge­schlos­sen, bei einer nicht bald zu er­war­ten­den Ab­kehr des Su­pre­me Court von seiner FAA-Aus­le­gung seine Ver­bots­zu­stän­dig­keit wie­der durch­set­zen zu dür­fen.


Donnerstag, den 08. Dez. 2016

Designkopie: Schadensersatz auf Gerät oder Teile?  

.   In Samsung Electronics Co. v. Apple Inc. erließ der Su­pre­me Court der USA einen wegweisenden Beschluss, nachdem die Re­vi­si­on einen Scha­dens­er­satz von $399 Mio. wegen der Verletzung von Ele­men­ten eines ge­schütz­ten Telefon-Designs bestätigt hatte. Am 6. Dezember 2016 prüf­te das Ge­richt in Wa­sh­ing­ton, ob der Schadensersatz am Wert des gan­zen Geräts oder dem der design-ge­schütz­ten Teile zu messen ist.

Der Oberste Bundesgerichtshof erörterte in seiner elfseitigen Begründung den §289 Patent Act mit dem Begriff Article of Manufacture und der Bemessung des Scha­dens­er­sat­zes to the Extent of his total Profit. Ob der Gewinn aus dem Wert von nach­ge­ahm­ten Komponenten berechnet wird oder aus dem Wert des ganzen Ge­räts, kann einen erheblichen Unterschied bedeuten.

Das Gericht entschied, dass der Wert der imitierten Teile zur Bemessung he­ran­ge­zo­gen wer­den darf. Bei einem aus Teilen bestehenden Gerät ist nicht al­lein des­sen Wert maßgeblich. Eine konkrete Aufteilung konnte das höchste Ge­richt der USA nicht vor­nehmen, weil die Prozessparteien den Gewinn aus den ein­zel­nen Kom­po­nenten nicht erörtert hatten. Der Fall kehrt deshalb ans Unter­ge­richt zurück.


Mittwoch, den 07. Dez. 2016

Wie Hyänen den Kuchen teilen: Erfolgshonorar  

.   Erfolgshonorare aus einem Urteil über 2 Milliarden Dollar be­an­spruchen mehrere Anwälte im Fall Petersen v. Iran und fallen mit An­trä­gen auf die Pfändung von Kuchenstücken sowie Ansprüchen auf weitere An­tei­le und auf Schiedsgerichtsverweisungen übereinander her.

Am 6. Dezember 2016 entschied das Bundesgericht der Hauptstadt gegen Gier, schützte die Mandanten und ließ die Frage der Aufteilung des großen Kuchens mit Dritteln oder mehr für die Anwälte offen. Sicher ist nur, dass die Man­dan­ten nicht für mehr eingeschaltete Anwälte haften als für die, mit denen sie un­mit­tel­bar einen Mandatsvertrag schlossen. Die Mandanten sind zahlreiche Op­fer von Ter­ror­anschlägen, zu deren Gunsten Urteile ergingen und deren Scha­dens­er­satz­an­sprü­che durch die Pfändung iranischer Staatsbankkonten in New York City befriedigt werden sollen.

Zur Sicherung der Mandantenansprüche wurde ein Treuhandkonto ein­ge­rich­tet, auf das bei­ge­zo­ge­ne Anwälte nun eigene Ansprüche gegen die Mandanten oder die sie beauftragenden Anwälte behaupten und mit einem Honorar­pfand­recht sichern wol­len. Der United States District Court for the District of Co­lum­bia er­klär­te den An­wäl­ten lehrreich auf 20 Seiten, dass Honoraransprü­che un­mit­tel­bar mit den Man­danten vereinbart sein müssen; sonst ist eine Pfän­dung un­zu­lässig. Bei­ge­zo­ge­ne Anwäl­te können einen Anspruch gegen an­de­re An­wäl­te besitzen; der ist nicht durch eine Pfändung des Mandantenvermögens si­cher­bar.


Dienstag, den 06. Dez. 2016

Unmöglichkeit der Waffenkontrolle: Gesetz nichtig?  

.   Kaliforniens Strafgesetz verbietet den Handel mit Waffen ohne eine an zwei Stellen aufgeprägte Seriennummer, die sich auf Munition über­trägt. In National Shooting Sports Foundation v. State of California ging ein Waf­fen­her­stel­ler- und -nutzerverband gegen das Gesetz vor, weil es Un­mög­li­ches ver­lan­ge und des­halb kalifornisches Recht verletze: The law ne­ver re­qui­res im­pos­si­bi­li­ties.Civil Code §3531.

Vor dem Untergericht verlor er, da er das Gesetz nicht als Verfassungsverstoß ge­rügt habe. Die Unmöglichkeit der Prägung und ihre Entfernbarkeit durch Kri­mi­nel­le seien Fragen, die dem Gericht eine gesetzgeberische Inhaltsprüfung ab­ver­lang­ten. Diese sei mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung unvereinbar. Ob Ge­set­ze sinn­voll sind, falle in die Zuständigkeit der Legislative.

Das kalifornische Berufungsgericht des fünften Bezirks hob am 1. Dezember 2016 das abweisende Urteil auf; das Untergericht müsse sich mit den in­halt­li­chen Fra­gen befassen. Die Unmöglichkeit der Gesetzesbeachtung könne ein Ge­setz nich­tig ma­chen und auch einen Interessensverband, dessen Mit­glie­der di­rekt vom Ge­setz betroffen sind. Er darf daher auch ohne eine be­haup­te­te Ver­fas­sungs­ver­letzung die Unmöglichkeit von Gerichten an der Schnittstelle von Judikative und Le­gis­la­tive mit einer Feststellungsklage prüfen lassen.


Sonntag, den 04. Dez. 2016

Staatsfernsehen ohne Geoblocking verletzt Copyright  

.   Grenzenüberschreitende Ausstrahlungen von Fernseh­sen­dun­gen und ihre Verbreitung im Internet dienen Zuschauern, doch werfen sie be­son­de­re Rechtsfragen auf. Am 2. Dezember 2016 gewann in Spanski En­ter­pri­ses Inc. v. Telewizja Polska SA ein Inhaber von Rechten für den US-Markt gegen das pol­ni­sche Staatsfernsehen eine Klage nach dem Copyright Act, 17 USC §101, weil der Sender seine Programme auch selbst in den USA vertrieb und die ver­ein­bar­te Geo­blocking-Methode zum Schutz des Rech­te­in­ha­bers zur Ver­mei­dung der Ausstrahlung in den USA absichtlich unter­drück­te. Das Bun­des­ge­richt der Hauptstadt erklärt lesenswert den Sachverhalt und die recht­li­che Bewertung. Es entscheidet dem Grunde nach gegen den Staats­sen­der. Die Scha­dens­be­mes­sung folgt im nächsten Abschnitt des US-Pro­zes­ses.


Samstag, den 03. Dez. 2016

Trotz Schiedsklausel kein Schiedsverfahren  

Niemals einen Vertrag einfach ohne Release auslaufen lassen
FU - Washington.   Im Fall Linglong Americas Inc. v. Horizon Tire Inc. schlo­ssen die Parteien im Jahr 2006 einen Vertriebsvertrag, Collaboration Ag­ree­ment, mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Er enthielt eine Schiedsklausel mit Ver­weis auf ein Schiedsgericht in China, sofern nicht noch ein anderer Schieds­ort ver­ein­bart werde.

Nach Vertragsende im Dezember 2011 setzten die Par­tei­en ihre Ge­schäf­te ohne Ver­längerung oder Erneuerung des Vertrags fort. In den Jahren 2014 und 2015 folg­ten geschäftliche Unstimmigkeiten, die sowohl der Kläger als auch der Be­klag­te ge­richt­lich geltend machten.

Am 1. Dezember 2016 bestätigte das Bundesberufungsgericht des sech­sten Be­zirks der USA in Cincinnati die Abweisung durch das Untergericht: Klauseln eines aus­ge­lau­fenen Vertrages kön­nen nur weiter Wirkung entfal­ten, wenn ent­we­der die an­spruchs­begründenden Tatsachen vor Beendigung des Ver­tra­­ges ein­getreten sind oder die Grundlage der An­sprüche der Vertrag selbst ist.

Keine dieser Voraussetzungen lag hier vor. Der Beklagte behauptete A­nsprü­che aus den Jahren 2014 und 2015. Seine Ansprüche beruhten nicht auf dem Ver­trag, sondern auf Vereinbarungen der Parteien, die nach Vertragsende ohne ver­trags­förmliche Niederschrift, Memorialization, entstanden waren.

Dieser teure Prozess hätte vermieden werden können, wenn die Partei­en ein Mutual Release and Termination Agreement unterzeichnet hätten. Siehe Ver­trags­en­de beim Vertriebsvertrag.


Freitag, den 02. Dez. 2016

750 auf einen Schlag: Fotourheberrecht USA  

.   Nach einer Anhörung der Öffentlichkeit, die fast 3000 Kom­men­ta­re aus­lös­te, verkündete das Copyright Office in Washington, DC, am 1. De­zember 2016 neue Regeln für die Anmeldung von Fotos. Die amtliche Ein­tra­gung ist eine Klage­voraussetzung für die Durch­set­zung urheberrechtlicher An­sprü­che.

Mit den neuen Bestimmungen in 37 CFR Parts 201, 202, die das Amt im Bun­des­an­zei­ger, Band 81, Heft 231, S. 86643 ff., unter Group Registration of Pho­to­graphs er­läutert, wird die Anmeldung auf Papierformularen abgeschafft und die di­gi­ta­le An­meldung so gestaltet, dass bis zu 750 Fotos ditigal als Grup­pen­an­trag ein­ge­reicht wer­den dürfen.


Donnerstag, den 01. Dez. 2016

Behinderung: Verspätet - entlassen - verloren  

.   Wieviel Flexibilität muss ein Arbeitgeber einem seh­be­hin­der­ten Angestellten einräumen? In Martinez v. Mount Sinai Hospital focht eine Mitarbeiterin ihre Kündigung wegen eines verspäteten Dienst­an­tritts an. Der Ar­beit­ge­ber verteidigte sich, er hätte wegen ihrer Sehbe­hin­de­rung einen spä­teren Dienstantritt mit der Mitarbeiterin nach dem Men­schen­rechts­ge­setz ver­einbart und dann noch sieben Verspätungen mit War­nun­gen to­le­riert, bis bei der näch­sten die Entlassung folgte.

In New York City erklärte das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 30. November 2016 leicht lesbar, dass zunächst eine wirksame Ver­ein­ba­rung nach dem New York City Human Rights Law zustande kam. Da­mit hat­ten die Par­tei­en die Rücksichtnahme auf die Behinderung wirksam und ver­bind­lich gere­gelt. Eine weitere verspätungsbezogene Rücksichtspflicht oblag dem Arbeit­ge­ber nicht. Je­der Verstoß der Arbeitnehmerin schuf daher einen recht­mäßi­gen Kün­di­gungs­grund.


Dienstag, den 29. Nov. 2016

Untrennbar verbundene Wahlsicherheitsdaten staatsgeheim  

.   Muss der Staat nach dem Freedom of Information Act eine Stu­die über die Verletzlichkeit der Wahlsysteme in den USA an die Öf­fent­lich­keit herausgeben? Der FOIA vermittelt Bürgern Zugang zu staat­li­chen In­for­ma­tio­nen, und das Gesetz wird zu ihren Gunsten weit ausgelegt: Trans­pa­renz do­mi­niert, doch können Staatssicherheit und planerische Freiheit vor­ge­hen.

In Levinthal v. Federal Election Commission erörterte die Ur­teils­be­grün­dung am 23. November 2016 diese Grundsätze und die vom Gericht geforderte Ab­wä­gung. Das Bundesgericht für den Hauptstadtbezirk des District of Columbia wies die Klage ab, als ein Kläger Details der Studie verlangte und die vom Bun­des­wahl­amt herausgebenen Unterlagen allgemeiner Natur als un­zu­rei­chend rügte. Ent­schei­dend war für das Gericht in seiner 13-seitigen Begründung, dass der Staat die Si­cher­heits­studie für die Gefahrenerkennung und -ab­wehr­pla­nung in Auf­trag gegeben hatte:

Diese Bestandteile der Studie gingen über die Sachverhaltsermittlung hin­aus, und die Folgerungen und Empfehlungen seien untrennbar damit verbunden. Das Amt könne keine geschwärzte Fassung offenlegen, die nicht gleichzeitig die Ri­si­ko­be­wer­tung und -abwehr bekannt gäbe. Da eine Be­kannt­ga­be so­mit die sta­ats­pla­ne­ri­schen Ziele vereiteln würde, sei die Klage abzuweisen.


Sonntag, den 27. Nov. 2016

Scheinhersteller haftet für Ware mit seiner Marke  

.   Ein bekannter Markenhersteller ließ Rasenmäher von einem anderen Betrieb bauen und über einen Baumarkt vertreiben. Er wurde wegen Pro­dukt­haf­tung zu $2,5 Mio. Schadensersatz verur­teilt, nachdem ein Kun­de auf dem Mäher verbrannte. Die Marke findet der Kunde auf der Quit­tung, dem Hand­buch und dem Gerät. Der wahre Hersteller bleibt Kunden un­be­kannt.

Nach dem Urteil rügte der Markenhersteller in der Revision, dass der schein­ba­re Hersteller nicht nach Produkthaftungsrecht haftet, wenn er die Wa­re nicht in den Ver­kehr ge­bracht habe. In Bilenky v. Ryobi Technologies Inc. erklärte das Bun­des­be­ru­fungsgericht des vierten Bezirks der USA am 23. No­vem­ber 2016 in Richmond die Rechtslage. Die Nonliability Theory der Be­klag­ten be­ruht auf ihrer Nichtmitwirkung an Design, Manufacture, or Dis­tri­bu­tion.

Das Gericht stellt auf die apparent Ma­nu­fac­turer Doctrine ab: an entity hol­ding it­self out as the manufacturer may be subject to the same liability as the actual ma­nu­fac­tu­rer. AaO 9. Ungeklärt ist in sei­nem Bun­des­be­ru­fungs­be­zirk, ob der Schein­her­steller haftet, wenn er die Ware nicht berührt.

Diese Unklarkeit spielt jedoch keine Rolle, weil die Beklagte auf eine An­wei­sung an die Geschworenen verzichtet hatte, die diese Frage in ihrem Sin­ne dar­ge­legt hätte. Das Untergericht begeht keinen revisiblen Fehler in den Ju­ry In­struc­ti­ons, wenn eine Partei auf die Geltendmachung ihrer Rechte ver­zich­tet.


Samstag, den 26. Nov. 2016

Videospielprogrammierer verliert bei Folgeversionen  

.   Das erfolgreichste Sportvideospiel aller Zeiten program­mier­te der Klä­ger in Ro­bin Antonick v. Electronic Arts, Inc., doch als er die Ver­triebs­fir­ma wegen urheberrechtsverletzender Weiterentwicklungen auf Scha­dens­er­satz ver­klagte, erhielt er nach einem günstigen Geschworenen­spruch ein ab­wei­sendes Urteil vom Gericht. Am 22. November 2016 folgte sei­ner Re­vi­si­on vor dem Bun­des­be­rufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Fran­cis­co ein wei­te­rer Miss­erfolg.

Die Geschworenen sind nach einer Belehrung über das anwendbare Recht, den Jury Instructions, für die Subsumtion zuständig. Sie treffen eine Entscheidung mit ihrem Geschworenenspruch. Doch auf Antrag der Parteien darf das Gericht dieses Verdict mit fünf Rechtsfolgen er­gän­zen: Urteil im Sinne des Verdikts, Ad­ditur, Re­mittitur, Judgment non obstante veredicto, oder - wenn die Jury al­les ignoriert hat - New Trial vor neuen Geschworenen.

Hier hatten die Geschworenen den Eindruck gewonnen, die Beklagte hätte in von ihr entwickelten weiteren Versionen auf das Werk des Klä­gers zu­rück­ge­grif­fen und ein derivative Work geschaffen, was nur mit der Zustimmung des Klä­gers recht­mäßig sein konnte. Ohne diese Erlaubnis lautete die Rechtsfolge Scha­dens­er­satz, schlossen sie.

Die Revision legt auf 14 Seiten dar, dass das Un­ter­ge­richt zu Recht ein Judg­ment as a Matter of Law, identisch mit der vier­ten obi­gen Option, erließ: Es setz­te sich über die Folgerungen der Jury we­gen einer feh­ler­haf­ten Rechts­an­wen­dung hin­weg: Für die Feststellung eines de­ri­vative Work hatten die Par­tei­en keine Beweise vor­ge­tra­gen und ver­glei­chen­den Quell­kode vorgelegt.


Freitag, den 25. Nov. 2016

Student kann Rüge nicht geheim halten  

.   In Michael Osei v. Temple University mehrte der kla­gen­de Student unbeabsichtigt seinen Unruhm: Er verlor seinen An­trag auf die Ge­heimhaltung der Prozessakten über seine verlorene Klage ge­gen eine Uni­ver­sität, die ihn nach unbotmäßigen Nachrichten an seinen Pro­fes­sor nach einer schlech­ten Benotung für ein Semester suspendiert hatte. Im ersten Pro­zess hat­te er die man­geln­de Rechtsstaatlichkeit, Due Process, bei der Rüge­ver­hän­gung be­klagt, doch die Bundesgerichte erster und zweiter Instanz wa­ren an­de­rer Auf­fas­sung.

Am 23. November 2016 erklärte in Philadelphia das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des dritten Bezirks seinen Revisionsantrag, gegen die Ablehnung sei­nes Ge­heim­hal­tungs­an­trags für die Gerichtsakten vorzugehen, für unzulässig.

Das Untergericht hatte von ihm nach der Abweisung weitere Schrei­ben und An­trä­ge erhalten und wies ihn an, "to stop inundating the Clerk's Office with re­pe­ti­ti­ous filings. The effect of [your] repeatedly frivolous and vexatious filings is a sig­ni­fi­cant drain on the court's resources and it simply must stop." Kon­zen­triert auf die Be­lästi­gung des Untergerichts vergaß der Student die Re­vi­sions­frist von 30 Tagen. Wenn er jetzt nicht den Supreme Court in Washing­ton, DC, an­ru­fen soll­te, bleiben die Gerichtsakten öffentlich, und er auch als schlechter Verlierer bekannt.


Donnerstag, den 24. Nov. 2016

Jury-Trial Tag 3: Noch mit Krawatte  

FU - Washington.   Der dritte Tag des Jury Trials beginnt mit der Sank­ti­o­nie­rung der Staats­an­waltschaft wegen einer Verletzung der Superior Court Rules of Cri­mi­nal Pro­cedure. Bei der Befragung einer Zeugin wollte der Prosecutor eine Notrufaufnahme abspielen. Den Notruf hatte er weder den Geschworenen noch der Verteidigung nach den Rules of Evidence vorgetragen. Die Jury darf ihn nicht zur Kenntnis nehmen.

Nach Befragung aller von der Staatsanwaltschaft und von der Verteidigung ge­stell­ten Zeugen endet die Beweisaufnahme; die Jury verlässt den Ge­richts­sa­al. Es folgt die Frage an den Angeklagten, ob er sich mit Rück­spra­che seiner Ver­tei­di­gung dafür ent­schieden habe, sich zu den Anklagepunkten, Counts of Indictment, zu äußern. Im Gegensatz zum deutschen Strafprozessrecht gilt im amerikanischen Strafprozessrecht der nemo tenetur-Grundsatz nicht. Sofern sich ein Angeklagter dafür entscheidet auszusagen, muss er sich auf die Zeu­gen­bank setzen und unter Eid, Oath, aus­sagen. Er macht sich somit wie je­der an­de­re Zeu­ge auch bei Falsch­aus­sa­gen strafbar. Wenn er sich nicht äußert, so belehrt ihn die Richterin, darf die Jury das Schweigen nicht gegen ihn deuten.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Verteidigung im Anschluss beantragt, eini­ge der An­kla­ge­punk­te wegen fehlender Beweisbarkeit zu streichen. Das ge­schieht, wenn die Verteidigung der Auffassung ist, dass die vernommenen Zeu­gen die Tatsachen nicht beyond a reasonable Doubt bewiesen haben.

Die 14 Juroren werden sodann für die Plädoyers, Closing Arguments von Staat und Verteidigung in den Gerichtssaal zurückgebeten und von der Richterin durch das Verlesen der Instructions daran erinnert, dass nur die Juroren die bewiesenen Tat­sachen bestimmen. Sie erklärt der Jury ausführlich, welche ver­schie­de­nen Be­weis­ar­ten existie­ren. So erläutert sie, dass es eine Un­ter­schei­dung zwischen direct Evi­dence und circumstancial Evidence gibt, mit einem Bei­spiel: direct Evidence liegt vor, wenn der Zeuge aussagt, dass es wäh­rend seiner Be­ob­ach­tung der Tat schneite. Erklärt der Zeuge hingegen, dass während der Be­ob­ach­tung Schnee auf dem Boden lag und er daher an­nimmt, dass es während der Nacht geschneit hat, dann beruht seine Ver­mu­tung auf circumstantial Evi­den­ce. Dabei stellt der Zeuge eigene Erwägungen an und folgert etwas aus den Um­stän­den.

Die Richterin belehrt die Jury auch, dass wegen Einspruchs zu­rück­ge­wie­se­ne Be­wei­se nicht in die Sub­sum­tion einfließen dürfen. Auch die Behand­lung der Sach­ver­stän­digenaussagen wurde erläutert. Danach trägt sie die ein­zel­nen Counts of In­dict­ment vor und definiert die Tat­be­stands­merk­ma­le der vor­ge­worfenen Straftaten.

Bevor sich die Jury zur Beratung, Deliberation, zurückzieht, werden zwei der 14 Juroren von der Beratung ausgeschlossen, darunter einer von nur drei männ­li­chen Ju­ro­ren, was mich überraschte. Ich hatte immer an­ge­nom­men, dass die Jury auch geschlechterausgeglichen sein muss - falsch! Da die Anklage auf Gewalttaten gegen eine Frau lautet, kann der Verlust von männlichen Ge­schwo­re­nen für den Defendant negativ wirken.

Ob die Zeit des Krawattentragens des Angeklagten nun endet und er bald wie­der die oran­ge­ne Gefängniskleidung tragen muss, wird das am Montag nach dem lan­gen Thanksgiving-Wochenende erwartete Verdict zeigen.


Mittwoch, den 23. Nov. 2016

Jury-Trial Tag 2: Die Krawatte sitzt  

KAS - Washington.   Der Geschworenenprozess im Superior Court in Wa­sh­ing­ton, DC, geht weiter.

Nachdem zuerst noch schnell einige andere Verfahren abgehandelt wurden und ein Sentencing erfolgte, erscheinen der Defendant, seine Verteidigerin und der Sta­ats­an­walt. Der Angeklagte trägt wieder einen Anzug, diesmal sitzt die Kra­wat­te von An­fang an, so­dass die Jury den Ge­richtssaal betreten kann.

Der erste Zeuge der Staatsanwaltschaft muss vor der Gerichtsdienerin einen Schwur ableisten, dass er die Wahrheit sagen wird, dann beginnt die Ver­neh­mung. Lediglich bei zwei Fragen des Staatsanwalts an den Witness ruft die Ver­tei­di­ge­rin: Objection! Die Richterin, die entscheiden muss, ob die Zurück­wei­sung der Frage nach den kom­pli­zierten Rules of Evidence gerechtfertigt war, ver­wirft den Ein­spruch und fordert den Zeugen auf, die Frage zu be­ant­wor­ten. Nachdem beide Sei­ten - nicht die Rich­te­rin - ihre Fragen gestellt ha­ben, wird der Zeuge aus dem Zeu­gen­stand ent­las­sen. Die aus deutschen Ge­richts­sälen nicht wegzudenkende Frage, ob dem Zeuge Rei­se­kosten oder ein Ver­dienst­aus­fall entstanden sind, stellt niemand.

Es folgt die Vernehmung des Op­fers, ebenfalls eine Zeugin der Anklage. Das Op­fer wirkt während der Befragung durch den Staatsanwalt unsicher und un­wil­lig - es kann sich an viele Vorfälle nicht mehr erinnern. Zur Ge­dächt­nis­stüt­ze muss ihm der Prosecutor immer wieder Polizeiberichte aushändigen. Dass er von der man­geln­den Kooperation und lückenhaften Erinnerung des Victim genervt ist, zeigt er deutlich. Mehrmals dreht er sich zum Publikum um, ver­dreht die Augen und formt mit seinen Lippen die Worte What the Fuck. Dem Ein­druck aus Film und Fern­se­hen, dass jede zweite Frage mit Einspruch, Euer Eh­ren bemängelt wird, wird die Realität nicht ge­recht. Während der ge­sam­ten Ver­neh­mung des Opfers lassen bei­de Seite alle Fra­gen zu.

Erstaunlicherweise wird der Privatsphäre des Opfers und dem Opferschutz kei­ne große Bedeutung beigemessen. Mehrere 911-Calls des Opfers werden für al­le An­we­sen­den gut hörbar abgespielt. Auf dem riesigen Flach­bild­fern­se­her lau­fen die Bilder des verletzten Opfers aus dem Krankenhaus. Die In­au­gen­schein­nah­me von Bild­ma­te­ri­al ist in Deutschland der Richterin, dem Ver­tei­di­ger, dem Staatsanwalt und dem An­ge­klag­ten vorbehalten. Die Zu­schau­er er­hal­ten keinen Einblick. Im Superior Court konnte hingegen jeder Zu­schau­er die Ver­let­zungen des Opfers be­gut­achten. Niemand fragt, ob das Op­fer in die öffentliche Dar­stel­lung einwilligt.

Insgesamt war der zweite Verhandlungstag wieder sehr interessant und ganz an­ders als der erste. Auch die deutlichen Unterschiede zum deut­schen Straf­pro­zess waren abermals deutlich zu erkennen.


Mittwoch, den 23. Nov. 2016

Mietshaussanierung als Gentrifizierung: Klage zulässig  

.   Das Bundesgericht für Washington, DC erklärte am 21. No­vem­ber 2016 in Borum v. Brentwood Village LLC eine an­ti-Gen­tri­fi­zie­rungs­kla­ge le­sens­wert für zulässig. Immobilieneigentümer wollen einen Wohnblock sa­nie­ren und da­bei einen Teil der großen Wohnungen durch kleinere ersetzen.

Die Kläger traten als Mieter und ein gemeinnütziger Verein gegen die be­haup­te­te Gentrifizierung im Namen aller Betroffenen an. Das Gericht be­schloss, dass der Verein und die Mieter aktivlegitimiert sind und die Klage zu­läs­sig ist, wäh­rend gegen den beantragten Erlass einer Verbotsverfügung ge­gen die Ei­gen­tü­mer der Umstand spricht, dass der behauptete zukünftige Schaden nicht un­mit­tel­bar bevorsteht und andere Maßnahmen vor einem Schadenseintritt ver­folgt wer­den können.

Die 40-seitige Beschlussbegründung im Frühstadium des Prozesses basiert auf bundesrechtlichen Bestimmungen, dem Recht des District of Columbia und den weithin üblichen Merkmalen der einstweiligen Verfügung, tem­po­ra­ry Injunction.


Montag, den 21. Nov. 2016

Aufruf zur Reform: Copyright im digitalen Handel  

.   Am 21. November 2016 verkündet das Patent- und Mar­ken­amt einen Aufruf zur Kommentierung des Urheberrechts im digitalen Zeit­al­ter: Notice of Public Meeting on Developing the Digital Mar­ket­place for Co­py­righ­ted Works.

Für das Urheberrecht ist das Copyright Office in Washington, DC zuständig, doch geht hier um die Vermarktung im more robust and collaborative digital Mar­ket­pla­ce for copyrighted Works. Neben einer Anhörung unter Beteiligung der Öf­fent­lich­keit am 9. Dezember 2016 wird ihr die Gelegenheit zur Mit­wir­kung bei die­sen im Bun­des­an­zei­ger, Bd. 81, Heft 224, S. 83228 ff., mit Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen ver­se­he­nen Themen geben:
(1) Initiatives to take forward the digital content marketplace, with a focus on standards, interoperability, and digital registries and da­ta­base initiatives to track ownership and usage rights;
(2) innovative technologies designed to improve the ways con­su­mers access and use different types of digital content (e.g., pho­tos, film, music);
(3) ways that different sectors can collaborate to build a more ro­bust and in­ter­connected digital content marketplace; and
(4) the role of government in facilitating such initiatives and tech­no­lo­gical development.


Sonntag, den 20. Nov. 2016

Entwurf des Haager Vollstreckungsabkommens: Kommentare erbeten  

.   Im Bundesanzeiger vom 18. November 2016 bat das United States Patent and Trademark Office um weiterführende Kommentare zum er­sten Entwurf eines Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens: Re­quest for Com­ments and No­ti­ce of Public Meeting on a Preliminary Draft Con­ven­tion on the Re­cog­nition and Enforcement of Foreign Judgments Cur­rent­ly Be­ing Nego­tia­ted at The Ha­gue Con­ference on Private International Law. Sie sollen der Vor­be­rei­tung weiterer Verhandlungen auf di­plo­ma­ti­scher Ebene dienen.

Konkret geht es um dem Entwurf vom Juni 2016. Das Patent- und Markenamt der USA erklärt im Federal Register, Bd. 81, Heft 223, S. 81741, die trans­na­ti­o­na­len Ziele zur grenzüberschreitenden Vollstreckung in Fragen des ge­werb­li­chen Rechts­schut­zes nach Art. 2 des vorläufigen Entwurfs. Das Amt hat öf­fent­li­che An­hö­run­gen auf den 12. Januar 2017 terminiert.

Anmeldungen müssen bis zum 29. Dezember 2016 eingereicht werden. Schrift­li­che Anmerkungen müssen bis zum 9. Januar 2017 eingehen. Diese dürfen auch an die EMailanschrift judgmentsproject@uspto.gov gerichtet wer­den. In seiner Ankündigung erklärt das Amt das Abkommen und ver­zeich­net seine Fra­gen, die die interessierte Öffentlichkeit in weiteren Erör­te­run­gen aufgreifen soll­te.

Der Verhandlungsentwurf des Abkommens ist bei der Hague Conference on Private International Law unter Preliminary Draft einzusehen.


Samstag, den 19. Nov. 2016

Entfernter Schiedsrichter wollte $3 Mio. zusprechen  

.   Ein Schiedsgericht kündigte eine Kündigungsabfindung von $3 Mio. an, als die Schiedsverwaltung plötzlich einen der drei Schieds­rich­ter ent­fern­te. Er hatte eine kurze Beziehung zu einer Schiedspartei of­fen­ge­legt, doch keine hat­te ihn im Auswahlverfahren abgelehnt. Erst beim Be­kannt­wer­den des beab­sich­tig­ten Awards brach ein Sturm der Entrüstung aus. Die Schieds­or­ganisation be­rief ihn ohne Be­ra­tung mit den Parteien ab. Die übrigen Schiedsrichter ver­kün­de­ten einen bin­den­den Schiedsspruch.

Der Obsiegende verklagte dann die Schiedsverwaltung, unter anderem we­gen Ver­trags­bruchs. Am 18. November 2016 bestätigte in St. Louis das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des achten Bezirks im Fall Timothy Owens v. American Ar­bi­tra­ti­on As­sociation die untergerichtliche Abweisung. Erst erklärte es, dass Rich­tern Im­mu­nität zusteht. Dann wandte es diesen Grund­satz auf die ihnen funk­ti­onal gleich­ste­hen­den Schiedsrichter an. Dieser gelte auch für die Schieds­or­ga­ni­sa­tion:
We […] concluded that a sponsoring organization is entitled to im­mu­ni­ty even if a claim arises from the organization's failure to follow its own rules when selecting an arbitration panel. […] Such im­mu­ni­ty is broad and protects sponsoring organizations from civil lia­bi­li­ty at all stages of the arbitration process […] The appointment of ar­bi­tra­tors is protected because it is an important part of the arbitral process […] AaO 3.


Freitag, den 18. Nov. 2016

Eine Jury, 4 Jahre Haft, und die Krawatte sitzt  

FU - Washington.   Wenn man einen strafrechtlichen Jury Trial im Superior Court in Washington, DC, besucht, stellt man sich Folgendes vor: Ein Richter auf der er­höh­ten Richterbank, eine Jury, der Staatsanwalt und der Angeklagte angekettet und in Orange gekleidet.

Doch anders als erwartet, trägt der Defendant keine Handschellen und keine Ge­fäng­niskleidung, sondern einen schicken Anzug. Der Angeklagte soll näm­lich nicht wegen eines ungepflegten Auftretens vorverurteilt werden!

Denn auch in den USA gilt die Unschuldsvermutung bis zum Schuldbeweis. Da­her achtet das Gericht bis auf das kleinste Detail darauf, dass der An­ge­klag­te or­dent­lich gekleidet ist. So lässt der Richter die Jury aus 14 Per­so­nen den Ge­richts­saal nicht be­tre­ten, bis der Angeklagte eine Krawatte anlegt.

Am ersten Tag des Jury Trials muss die Jury einen Eid leisten. Ihr wird aus­führ­lich er­klärt, dass nicht das Gericht, sondern die Jury über die Schuld oder Un­schuld des An­geklagten nach bestem Wissen und Gewissen entscheidet und dieser als un­schul­dig gilt, bis die Schuld beyond a reasonable Doubt fest­ge­stellt ist. Die Staats­an­waltschaft trägt dafür die vollständige Beweislast.

Die Richterin informiert die Jury auch, dass lediglich 12 Juroren den Schuld­spruch, Ver­dict, erlassen werden. Am Verfahrensende werden zufällig zwei Plät­ze der Ju­roren ausgewählt, die nicht an den Deliberations mitwirken dür­fen. Das Verdikt muss immer unanimous sein.

Nach der Einführung der Jury durch den Richter ist es nicht ungewöhnlich, dass die Sitzung unterbrochen wird. Zum Erstaunen der Zuschauer kann das Gericht die Verhandlung unterbrechen, um andere auf den­sel­ben Tag ter­mi­nier­te Prozesse schnell abzuhandeln.

Am Tag meines Besuchs im Superior Court of the District of Columbia rief das Ge­richt in der für 15 Minuten angesetzten Pause zwei weitere Verfahren auf, um die­se fortzusetzen. Zunächst erfolgte ein Strafurteil, Sentencing. Ein An­ge­klag­ter, dessen Jury Trial bereits abgeschlossen war, wurde binnen drei Mi­nu­ten zu 48 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zur Nutzung der restlichen 12 Minuten erging ein Verdict in einem anderen Verfahren.

Der vorsitzende Juror stand dafür auf und erklärte auf die Fragen der Rich­te­rin, ob die Jury in den ein­zel­nen Anklagepunkten den Anklagten für schul­dig oder un­schul­dig erkannte. Dann wurde zur Sicherstellung der Una­ni­mi­ty jeder Ju­ror ein­zeln be­fragt, ob die vom Vorsitzenden vermittelten An­ga­ben auch mit der in­di­vi­du­el­len Auffassung übereinstimmten. Nachdem al­le 12 Juroren ihre Über­ein­stim­mung erklärten, vereinbarte das Gericht einen Ter­min für das Sentencing.

Nach effektiver Nutzung der Pause wurde der Strafprozess fortgesetzt. Die Staa­ts­an­waltschaft verlas die Anklage. Danach stellte sich der Staatsanwalt vor die Ge­schwo­re­nen und erläuterte den Sachverhalt. Er erklärte, weshalb er den An­ge­klag­ten für schuldig hält und welche Beweise er in den nächsten Ver­hand­lungs­ta­gen vorbringen wird, die die staatliche Auffassung der Ge­scheh­nisse bestätigen können.

Daraufhin erhob sich die Verteidigerin und erklärte ihre Auf­fas­sung des Her­gangs und warum der Angeklagte freizusprechen sei und dem Opfer kein Glau­ben zu schen­ken sei.

Anschließend begann die Zeugenvernehmung, und Beweise wurden nach den Ru­les of Evidence der Jury vorgetragen. Der Prozess wurde auf fünf Ver­hand­lungs­tage festgesetzt. Der Besuch eines Jury Trials ist jedem zu em­pfeh­len. Für mich war er ein Highlight meiner Washingtoner Wahlstation.


Mittwoch, den 16. Nov. 2016

Markenantrag bereits nach erstem Warenverkauf?  

SPS - Washington.   In Christian Faith Fellowship Church v. Adidas AG strit­ten die Par­teien um die Löschung von Marken wegen geringfügigen Waren­ver­triebs. Die von der kla­gen­den Kirche im März 2005 beim United States Pa­tent and Tra­de­mark Office bestands­kräf­tig ein­ge­tragene Marke ADD A ZERO konn­te die Be­klagte vor­erst nicht mit der Behaup­tung der unzu­reichen­den Ver­wen­dung im Ver­kehr, Use in Commerce, erfolg­reich an­fech­ten.

Das Markenamt lehnte die von der Be­klagten erst 2009 beantrag­te Ein­tra­gung der Mar­ke ADIZERO vor­nehmlich aufgrund der Verwechs­lungs­gefahr der bei­den Mar­ken ab, jedoch folgte das Trademark Trial und Appeal Board der von ihr vor­ge­tra­genen Failure to Use-Pro­ble­ma­tik und löschte die ältere Marke.

Das landesweit für Markensachen zu­stän­di­gen Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des Bun­des­bezirks in Washington, DC, bestä­tigte diese Rechts­auf­fas­sung nicht und verwies den Prozess unter Aufhe­bung der Löschung an das Unter­ge­richt zu­rück.

Der United States Court of Appeals for the Federal Circuit schlüsselte am 14. No­vem­ber 2016 anschau­lich auf, dass für die bei Marken­eintra­gungen erfor­der­li­che Ver­wen­dung der ein­ma­li­ge Ver­kauf im zwi­schen­staat­li­chen Han­del aus­rei­chen kön­ne. Als Be­urtei­lungs­maßstab für Marken­streite seien Umfang und Aus­maß der Verwendung, wie etwa Verkaufs­zahlen, Preise und insbesondere auch der binnen­grenzen­über­schrei­ten­de Ver­trieb zwar wich­tige gesetz­liche Merk­male, für die wirk­same Ent­stehung des Rechts selbst aber weit­gehend un­be­acht­lich. Die Kirche habe die be­druck­ten Hüte zumin­dest einmal gewerb­lich vert­rieben und da­her marken­recht­lich rele­vant Inver­kehr gebracht. Ein Lö­schungs­grund wegen gering­fügigen, de minimis, Ver­triebs der Wa­ren lie­ge daher nicht vor.

Die Entscheidung ist für Antrag­stel­ler mit neuen Marken und wenig Um­satz wichtig, doch bleibt abzu­warten, wel­ches Ur­teil die Aus­gangs­instanz unter Be­rück­sich­ti­gung der Revi­sions­an­sicht fäl­len wird. Bisher muss­ten Antrag­steller beach­ten, dass Umsatz mit einer gewis­sen Konti­nuität im Regel­fall er­for­der­lich ist, so­fern sie einen Antrag auf zukünf­tige Ver­wen­dung ver­mei­den möch­ten.


Dienstag, den 15. Nov. 2016

Erfahrungsbericht: Motions Hearing im Bundesgericht  

KAS - Washington.   Wer zum ersten Mal einen Termin beim amerikanischen Ge­richt besucht, erwartet strenge Richter, die die Rechtsanwälte der Parteien wäh­rend der Vorträge barsch unterbrechen und unangenehme Fragen ein­wer­fen. Meist, vor allem in der Revision, wirkt die Befragung wie ein Angriff und soll die Anwälte in Bedrängnis bringen. Wie die Richter voraussichtlich über den Fall ent­schei­den werden, lassen sie hierbei nur höchst selten durchblicken. Ins­ge­samt wirken die Gerichtsverhandlungen eher streng und steif.

Ein ganz anderer Eindruck entstand nun bei einem Besuch des United States Dis­strict Court for the District of Maryland in Greenbelt. Das Gericht, das nach etwa 30 Minuten Autofahrt von der Hauptstadt aus zu erreichen ist, ist ein neu­e­res Ge­bäu­de, ohne jedoch die typischen und prunkvollen Holz­ver­tä­fe­lun­gen missen zu las­sen. Die obligatorische Sicherheitskontrolle fiel weniger um­fang­reich als beim Court of Appeals for the Federal Circuit beim Weißen Haus in Wa­sh­ing­ton, DC, aus. Die Einweisung der Gerichtsdienerin, gekleidet in einem far­ben­fro­hen Ober­teil, ent­hielt die üblichen Hinweise auf das Handy-Verbot und die Ankün­di­gung des Er­schei­nens des Gerichts.

Dem Motions Hearing lag ein Rechtsstreit zugrunde, bei dem es um eine miss­glückte Auslandsinvestition im Rahmen des EB5-Visums-Programms ging. Recht­lich ging es hauptsächlich - wie so oft - um die Frage, welches Recht an­wend­bar ist.

Das Hearing begann mit der Frage der jungen und sehr freundlich wirkenden Richterin, wie denn die Namen der Parteien richtig ausgesprochen werden. Es folg­ten die Vorträge der Rechtsanwälte. Die Richterin stellte Fragen, ließ die Rechts­anwälte aber stets ausreden. Sie unterbrach sogar sich selbst, wenn sie merkte, dass sich die vortragenden Rechtsanwälte mit den beisitzenden Rechts­anwälten austauschen wollten. Sie wartete ab, solange sich die Anwälte be­rie­ten und er­mun­ter­te die beisitzenden Anwälte während des Vortrages ihrer Kollegen ergänzend vorzutragen. Die Anwälte durften so lange sprechen, bis alles Er­for­der­liche vor­ge­tragen und erfragt wurde, ohne Rücksicht auf die Sprech­zei­ten.

Ins­ge­samt entstand der Eindruck, dass sich die Richterin ernsthaft bemühte, den Sachverhalt und die Auffassungen der Parteien nachzuvollziehen. Dabei gab sie eigene Rechtsunsicherheiten offen zu. Bemerkenswert an dem Hearing war zudem, dass die Richterin immer wieder genau die Probleme be­nann­te und eine Richtung vorgab, wie sie voraussichtlich entscheiden wird. Bei der Be­rech­nung der Schriftsatzfrist zu den ungeklärten Fragen ging sie auf private Be­lan­ge der Attorneys ein, verlängerte die Frist dem­ent­spre­chend und erklärte, dass ein einfaches Schreiben ohne besondere Formalia ausreiche.

Erst als alle Anwesenden ihre Frage, ob noch irgendetwas besprochen oder klar­ge­stellt werden müsse, verneinten, schloss sie das Hearing. Abschließend be­dank­te sie sich bei den Parteien für die professionelle und angenehme Ver­hand­lung. Nicht nur für die Rechtsanwälte, sondern auch auf den Zuhörer wirk­te das Hearing freundlich und entspannt. Die Richterin achtete da­rauf, dass unnötige und umständ­liche Ausführungen vermieden und nur die pro­blemati­schen Themen besprochen wurden und zwar so, dass es für alle An­we­sen­den ver­ständ­lich und nachvollziehbar war. Auf strenge För­meleien verzich­te­te sie, soweit es der Sache förderlich war. Auch wenn ein solches Hearing wohl nicht repräsentativ für amerikanische Gerichtsverhandlungen ist, war es doch einmal eine ganz andere Erfahrung. Es mag dahin stehen, ob die angenehme At­mo­sphä­re auf das jun­ge Al­ter oder das rangniedrigere Gericht zurückzuführen ist. Erfreulich ist, dass zumindest in diesem Rechtsstreit eine Richterin ent­schei­den wird, die sich wahrlich bemüht hat, den Sachverhalt und die Ar­gu­men­te der Par­teien um­fas­send nachzuvollziehen und zu würdigen.


Sonntag, den 13. Nov. 2016

Das Aktenarchiv-Monopol: Kanzleien schweigen  

.   In USA v. Iron Mountain erfährt der Leser den Umgang mit einer beabsichtigten geplanten Monopolisierung, die gerade Kanzleien be­trifft. Die füh­ren­den Aktenarchivare und -vernichter der USA wollen ver­schmel­zen. Das Jus­tiz­mi­nisterium verbot nach dem Clayton Act ihren Plan, bis es schließ­lich nach des­sen ge­mein­sam verein­barter Änderung die Geneh­mi­gung einer mo­di­fi­zier­ten Ver­schmel­zung gerichtlich beantragt.

Die Entscheidung des Bundesgerichts der Hauptstadt vom 11. November 2016 un­ter­sucht die Argumente der beiden Un­ter­neh­men, des Ministeriums und eines Wett­bewer­bers in der Abwä­gung der öf­fent­lichen und privaten Inter­es­sen nach dem Tun­ney Act. Der Markt ist regional zu betrachten. Die Archi­vare domi­nie­ren in vie­len Re­gio­nen, und die Modifizierung würde in diesen Märkten zum Verkauf von Unternehmensteilen und -kundenverträgen an Drit­te führen. Die von einer Verschmelzung besonders betroffenen Kanz­lei­en hat­ten auf Stel­lung­nahmen verzichtet.


Samstag, den 12. Nov. 2016

Mandant fällt Anwalt in den Rücken  

.   Der Anwalt in Spector Gadon Rosen v. Fishman er­ziel­te eine Abfindung von $1 Mio. für seinen Mandanten nach dessen Entlas­sung, doch der Mandant lehnte ab, als der Arbeitgeber noch weitere Fragen im Ver­gleich klä­ren woll­te. Der Mandant nahm einen anderen Anwalt und er­hielt im ar­beits­recht­li­chen Schiedsverfahren viel weniger. Dann verklagte er seinen er­sten An­walt auf die Dif­ferenz.

Am 10. November 2016 erklärte das Bundesberufungsgericht des dritten Be­zirks der USA in Philadelphia die Voraussetzungen für einen Anwalts­haf­tungs­an­spruch nach dem Recht von Pennsylvania: "(1) the employment of the at­tor­ney or other basis for a duty; (2) the failure of the attorney to exercise or­di­na­ry skill and know­led­ge; and (3) that such failure was the proximate cau­se of da­mage to the plain­tiff." Knopick v. Connelly, 639 F.3d 600, 605 n.7 (3d Cir. 2011)[…]AaO 7.

Diese Merkmale liegen hier nicht vor. Der Vergleich war vom Anwalt nur wegen des Mandanteneinspruchs nicht abgeschlossen worden. Zudem stand er unter dem Vorbehalt der Aufsichtsratserlaubnis, auf die Anwalt keinen Einfluss hat­te. Schließlich betraf eine weitere Bedingung einen unverbundenen Pro­zess des Ar­beit­gebers außerhalb der Verantwortung des beklagten Anwalts. Dieser ge­winnt. Der un­treue Mandant erhält nichts und bleibt auf erheblichen Kosten sitzen.


Donnerstag, den 10. Nov. 2016

Aufruf zur Reform des Internet-Haftungsprivilegs  

.   Die Öffentlichkeit, nicht nur die amerikanische, ruft das für die Verwaltung des DMCA-Haftungsprivilegs zuständige Copyright Office in Wa­sh­ing­ton, DC am 8. November 2016 mit einer Verkündung unter dem Titel Sec­tion 512 Study: Request for Additional Comments im Bundesanzeiger, Fe­de­ral Re­gister, Bd. 81, Nr. 216, S. 78636-87642, auf. Darin erörtert es neben der ge­setz­lichen Grundlage in §512 den gegenwärtigen Stand des Haf­tungs­pri­vi­legs und seiner Anforderungen an die Umsetzung durch Internetanbieter wie Fo­ren, Such­maschinen und anderen Anbietern von Fremdmaterial, bevor es auf die Zu­kunft unter diesen Untertiteln eingeht:
I. Background
A. Characteristics of the Current Internet Ecosystem
B. Operation of the Current DMCA Safe Har­bor System
C. Potential Future Evolution of the DMCA Safe Harbor System
D. Other Developments
II. Subjects of Inquiry
Anmerkungen und Hinweise zum Digital Millennium Copyright Act Safe Harbor-Haftungsprivileg müssen bis zum 6. Februar 2017, nützliche em­pi­ri­sche Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­se mit qualitativen oder quantitativen Daten bis zum 8. März 2017 eingereicht werden. Die ausführlichen Erörterungen des Am­tes be­rück­sich­ti­gen bereits in Anhörungsterminen eingegangene Er­kennt­nis­se, Wün­sche und Auf­fas­sun­gen und verweisen in zahlreichen Fußnoten auf wei­ter­führendes Ma­te­ri­al. Neue Stellungnahmen kön­nen auf ihnen auf­bauen oder sie ergänzen.


Donnerstag, den 10. Nov. 2016

Deutscher Kredit, Bau in Mexiko, Prozess in New York  

.   Ein mexikanisches Bauprojekt sollte mit deutschem Geld fi­nanziert werden und wurde nach der Finanzkrise notleidend; dann landete es vor dem Bundesgericht in New York City. Am 8. November 2016 klärte in Des­ar­rol­la­do­ra Farallon S. de R.L. de C.V. v. Cargill Financial Services das Bun­des­be­ru­fungs­gericht des zweiten Bezirks der USA Fragen des an­wend­ba­ren Rechts, der Unterschiede zwischen dem vom Gericht angewandten Ver­trags­recht des Staates New York und dem Recht von Me­xi­ko sowie der Bin­dung zahl­rei­cher Parteien an denselben Vertrag, an Treupflichten und an eine Schieds­klau­sel.

Die Kläger behaupteten, das Recht von New York verweise auf das Recht von Mexiko. Das Gericht erörtete lesenswert die geltenden Conflicts of Laws-Re­geln nach dem internationalen Privatrecht. Als Vorfrage müsse es prü­fen, ob sich die Er­geb­nis­se unterscheiden würden: However, "[t]he first step in any case pre­sen­ting a potential choice of law issue is to determine whether there is an ac­tu­al conflict between the laws of the jurisdictions involved." Matter of All­sta­te Ins. Co. (Stolarz-N.J. Mfrs. Ins. Co.), 81 N.Y.2d 219, 223 (1993).

Sowohl das Untergericht als auch die Revision stellten fest, dass beide Rechts­ord­nun­gen zum selben Ergebnis führen. Eine Vertragsklausel verbot als Inte­gra­ti­on Clause, oft auch Merger Clause genannt, die Berufung auf nicht im Ver­trag selbst enthaltene Rechte und Pflichten. Hier waren zahl­reiche Be­tei­lig­te am Bau­projekt derselben Klausel unterworfen, die ihrerseits zum Schieds­ver­fah­ren führt und den Prozess vor dem ordentlichen Gericht ver­bie­tet. Des­halb besteht kein Raum für einen behaupteten konkludenten Joint Ven­ture-Vertrag mit an­de­ren als den vertraglichen Rechtsfolgen, entschied die Revision.


Dienstag, den 08. Nov. 2016

Assoziation der Marke ohne Denken ist beschreibend  

.   Beschreibende Marken können nicht eingetragen werden. Die schwachen suggestiven Marken sind eintragungs- und schutzfähig. Der Un­ter­schied zwischen beiden ergibt sich daraus, ob sich mit oder ohne mentale Mü­he eine ge­dank­li­che As­so­ziation aufdrängt. Am 7. November 2016 erklärte in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA die Im­me­diacy of As­so­ci­ati­on im Fall Cross Commerce Media Inc. v. Col­lec­tive Inc..

Die Parteien stritten sich um die Marken Collective und Collective[i]. Das Un­ter­ge­richt sah sie als beschreibend an. Beschreibend für was, fragt sich der Le­ser des Sach­ver­halts, und das Revisionsgericht verstand diese Folgerung auch nicht. Be­schrei­bend ist eine Marke, wenn sich ohne Nachdenken die mit der Marke ver­bun­de­ne Ware oder Dienstleistung aufdrängt. APPLE für Äpfel wä­re be­schrei­bend und kann nicht ohne weiteren Nachweis der Verkehrs­gel­tung ein­ge­tra­gen wer­den. Für Rechner ist APPLE hingegen nicht beschrei­bend und da­mit mar­ken­ge­eignet.

Eine suggestive Marke hingegen ist nicht völlig von einem bestimmten Produkt entfernt, doch anders als die beschreibende Marke wird sie mit einer Reihe von Produkten assoziiert, ohne dem maßgeblichen Kunden genau zu ver­ra­ten, wel­ches Produkt gekennzeichnet wird:
In other words, the meaning of a descriptive mark is narrowly tai­lo­red to its associated product, such that it calls that product im­me­dia­te­ly to mind. The meaning of a suggestive mark typically evokes an array of goods, which means that consumers must make an ad­di­tional mental ef­fort to identify the associated product in par­ti­cular. AaO 13.


Montag, den 07. Nov. 2016

Faire Behandlung des Beklagten bei Prozessfristen  

.   In Ponder v. Prophete streiten die Parteien um die frühe Ab­wei­sung von Ein­re­den des Beklag­ten gegen Schadens­ersatz­ansprüche nach einem An­griff in einer Urlaubs­villa. Binnen 21 Tagen muss ein Beklag­ter im US-Pro­zess auf die Klage erwi­dern. Der Klä­ger hat hin­gegen jahre­lang Zeit, sei­ne Kla­ge zu for­mu­lie­ren. An die Schlüs­sig­keit der Klage­schrift werden hohe An­sprüche ge­stellt.

Gelten dieselben strengen Anforderun­gen für die in der Er­wi­de­rung be­haup­te­ten Ein­reden, Defenses, prüf­te U.S. Magi­stra­te Judge Rush­felt vom Bun­des­ge­richt für Kan­sas in Tope­ka. Am 3. Novem­ber 2016 er­teil­te er die Ant­wort mit einer fünf­sei­ti­gen, lesens­wer­ten Ver­fügungs­begrün­dung. Beim gegen­wär­tigen Sach­stand lie­gen dem Ge­richt nur die Schrift­sätze vor, wäh­rend die Be­weise erst noch im Beweis­aus­for­schungs­ver­fahren Dis­covery beige­bracht werden müs­sen.

Der Kläger hatte nach Eingang der Klage­erwi­derung bean­tragt, einige Ein­reden gleich abzu­weisen. Der Rich­ter ent­schied, dass auf die Erwi­derung nicht der­sel­be stren­ge Maß­stab wie auf Kla­gen anzu­wenden ist. Außerdem lau­te die Rechts­folge bei Schwä­chen nicht die Abwei­sung wie bei der unschlüssi­gen Kla­ge, son­dern die Ein­räu­mung einer Hei­lungs­frist, in der der Be­klag­te seinen Vor­trag nach­bessern darf.


Sonntag, den 06. Nov. 2016

Beklagter Staat: Gericht respektiert das Ausland  

.   In Bolivarian Republic of Venezuela v. Helmerich & Payne Int'l Drilling Co. hörte der Supreme Court of the United States in Washington, DC am 2. November 2016 die Plädoyers der Parteien sowie der US-Bundes als Ver­tei­diger der internationalen Beziehungen der USA. Sowohl das Wort­pro­to­koll als auch die Tondatei sind nun veröffentlicht. Der Termin be­traf den For­eign So­ve­reign Im­mu­ni­ties Act, der die sachliche Zuständigkeit der US-Ge­rich­te bei Kla­gen ge­gen aus­län­dische Staaten regelt.

Nach dem FSIA soll entsprechend den Grundsätzen des Völkerrechts die Sou­ve­rä­ni­tät anderer Staaten auch vor Gericht respektiert werden. Daher stellt das Bun­des­ge­setz hohe Ansprüche an Klagen und Kläger. Die USA wollen ge­nau­so ungern wie je­der andere Staat vor Gerichte fremder Staaten gezerrt wer­den. Als ungerecht em­pfun­dene Urteile führen zu diplomatischen Kom­pli­ka­tio­nen. Als ein US-Ge­richt mit einer Versäumnisverfügung Russland zu einer Straf­zah­lung von $50.000 pro Tag zwingen wollte, konterten die Russen spie­gel­bild­lich vor ihren eigenen Ge­rich­ten gegen die USA.

Der Venezuela-Fall betrifft die enge Frage, ob bei einer klagebehaupteten Ent­eig­nung un­ter Ver­letzung des Völkerrechts vom Eingangsgericht die Frage des be­strit­tenen Eigentums bereits im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung zu klä­ren ist, oder ob zuerst die sachliche Zuständigkeit ohne diese Frage bejaht wer­den darf, um im anschließenden Hauptverfahren Eigentum, Enteignung und Ent­schä­di­gung zu un­ter­suchen.

Die Verhandlung konzentriert sich auf die Bedeutung der Worte at issue in der FSIA-Immunitätsausnahme für völkerrechtsverletzende Enteignungen sowie ihre praktische Umsetzung in den Prozessregeln 12(b)(6) und 12(b)(1) der Fe­de­ral Rules of Civil Procedure. Der Termin verlief wie üblich wie eine münd­li­che Prü­fung mit zahlreichen Einwürfen aus der gegenwärtig nur acht­köp­fi­gen Rich­ter­schaft.


Samstag, den 05. Nov. 2016

Zu reizbare Nazinachfahren oder Rufmord der Kinder?  

.   Im Beschluss Soobzokov v. Lichtblau vom 4. No­vem­ber 2016 prüft die Revision die beklagte Verleumdung und In-ein-fal­sches-Licht-Rücken des Sohnes eines Nazis, den US-Stellen in die USA brach­ten, um von dort die UdSSR aus­zu­spionieren. Der Sohn gab einem Buch­au­tor bei Re­cherchen über die Son­der­behandlung einiger Nazis durch die USA ta­ge­lang Auskunft und steu­er­te Nach­wei­se bei. Als das Buch The Nazis Next Door er­schien, verklagte er ver­letzt Verlag und Ver­fas­ser.

Er habe die historischen Umstände vermitteln wollen. Das Buch profiliere ihn als irren Apologet von Nazis. Diese habe er sein Leben lang abgelehnt und sei als Kind eines Nazis stetigem Hass ausgesetzt gewesen. Er entschuldige kei­nen Nazi, doch das Buch lege dem Leser nahe, er sym­pa­thi­sie­re mit Nazis. Das be­deute eine Dif­fa­mie­rung nach mehreren Rechtsgrundlagen.

In Philadelphia erklärte das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks der USA die Merkmale seiner Anspruchsgrundlagen. Behutsam wandte es sich den Tat­sa­chen zu, die aus objektiver Sicht den Kläger den Nazis nicht nahestellten. Das Buch prä­sen­tie­re seine Rolle eher positiv im Sinne der Mitwirkung an der Auf­klä­rung von Feh­lern in der US-Einwanderungsverwaltung nach dem zwei­ten Welt­krieg. Die Buch­pas­sa­gen über den Sohn entsprächen der Wahrheit - so beim Dank des Autors für seine Hil­fe -, ohne ihn zu verunglimpfen.

Der die Klageabweisung bestätigende Beschluss ist sowohl unter rechtlicher als auch historischer Perspektive lesenswert. Die Wertung der Verleumdung we­gen Be­zie­hun­gen zu Verwandten, Geächteten oder Gruppen wie der Mafia wird sel­ten so gründlich ausformuliert.


Freitag, den 04. Nov. 2016

Entsetzter Richter diskutiert Online-Kleingedrucktes  

.   Wie ein frustrierter Online-Kunde prüfte der Richter in Sel­don v. AirBnB Inc. das Kleingedruckte im Vermittlungsvertrag zwischen einem Miet­raum-Datenbankdienstleister und einem Kurzzeitmieter. Klein­ge­druckt darf im amerikanischen Recht alles sein, was das einzel­staat­li­che Ver­trags­recht nicht ver­bie­tet. Nach Bundesrecht richtet sich im Mag­nus­sen Moss War­ranty Act nur, dass bestimmte Gewährleistungs­aus­schlüs­se be­son­ders her­vor­zuheben sind.

Der klagende Mietkunde hatte entdeckt, dass der Online-Dienst bei In­ter­es­sen­ten zwischen schwarzer und weißer Hautfarbe differenziert. Er verklagte den Dienst wegen Diskriminierung. Dieser erhob die Schiedseinrede und be­an­trag­te die Verweisung an das Schiedsgericht. Die Einrede basiert auf der Schieds­klau­sel im Online-Dienstleistungsvertrag, den der Kläger mit dem Klick zur Kun­den­kon­to­einrichtung angenommen hatte. Eine andere Wahl zur Kon­ten­ak­ti­vie­rung be­stand nicht, wie der Richter empathisch bemerkte.

Das Bundesgericht der Hauptstadt entschied am 1. November 2016 dennoch für den Online-Dienst. Selbst wenn die Schiedsklausel Gerichtsprozesse ver­bot, die verfassungsgarantierte Geschworenensubsumtion ausschloss und auch Sam­mel­kla­gen untersagte, ist die Online-Annahme eines Vertrags­an­ge­bo­tes durch ein­en Mausklick bindend. Eine besondere Ausnahme für Dis­kri­mi­nie­run­gen ent­deck­te der Richter in seinen gründlichen Ausführungen von 19 Seiten Länge nicht. Ab­hil­fe müssten sich Online-Verbraucher als Wähler beim Ge­setz­ge­ber be­sor­gen, em­pfahl er.

Die Entscheidung entspricht dem geltenden Recht, das nach Vorgaben des Su­pre­me Court vom Primat des Schiedsverfahrens ausgeht, vgl. Online-Schieds­klausel sittenwidrig bindend? und Gilt Schiedsklausel in Online-Spiel-AGB auch für Drit­te?

Neuerdings ist im Online-Kaufrecht nach dem E-Warranty Act auch die ver­brau­cher­schutz­recht­liche Verordnung der Federal Trade Commission zu be­achten, s. m.w.N: Zwingende Neuregelung im Online-Kaufrecht der USA, sowie die Mail, In­ter­net, or Telephone Order Merchandise-Verordnung.


Donnerstag, den 03. Nov. 2016

Fluchen mit Fighting Words um Schulen verboten  

.   Der Revisionsbeschluss in Johnson v. Quattlebaum vom 2. November 2016 überrascht: Ein Verbotsgesetz gegen das um Schulen ver­nehm­ba­re Fluchen soll die Meinungsfreiheit nicht als zu wage verletzen. Die Klä­ge­rin schimpfte this is some motherfucking shit, wurde verhaftet und focht das Ver­bot von obscene or profane language within hearing distance of any school­house or church in S.C. Code §16-17-530(b) als verfassungswidrig an; aaO 3. Sie ge­wann ihre Freiheit im Strafprozess, denn ihr Fluch war straf­recht­lich nicht pro­fan genug, und verklagte die Polizei.

Die Revision prüfte zivilrechtlich, ob die untergerichtliche Abweisung ihrer Kla­ge auf Feststellung und eine Verbotsverfügung rechtmäßig erfolgte. Das Bun­des­be­rufungsgericht des vierten Bezirks der USA im oft archaischen Virginia bestimmte, dass das Gesetz nur Sprache regelt, die vom ersten Verfas­sungs­zu­satz der Bun­des­ver­fassung, der die Meinungsfreiheit schützt, nicht ge­schützt ist, nämlich mit dem Verbot sogenannter Fighting Words.

Zudem erkannte das Gericht, dass das Gesetz von South Carolina im Sinne des Rechtstaatlichkeitsgrundsatzes nicht den 14. Verfassungsgrundsatz der Bun­des­ver­fas­sung, die Due Process Clause, verletzt. Es prüfte dazu die Merkmale der pro­fa­nen Rede und der Vernehmbarkeit von Schulen, gemessen an der hear­ing Dis­tance. Die Revisionsbegründung zeigt mit zahlreichen Nach­wei­sen einen Grenz­fall aus der Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit auf, der ver­mut­lich in den meis­ten der anderen 12 Revisionsbezirke der USA anders ent­schie­den worden wäre.


Mittwoch, den 02. Nov. 2016

Copyright: Haftungsprivileg im Internet kostet 6 Dollar  

.   Internetdienstleister gewannen durch den Digital Mil­len­ni­um Copy­right Act einen Haftungsschutz für Fremdmaterialien, die Dritte ein­stel­len, beispielsweise in Foren und Webseiten. Voraussetzung ist die Mel­dung eines Zu­stän­digen nach 17 USC §512(c)(2) beim Copyright Office in Wa­sh­ing­ton, DC, das am 1. November 2016 seine neue Verordnung über die Mel­dung ver­kündete und eine Gebühr von sechs Dollar festlegte. Bisher betrug die Fee $105.

Das Amt erörterte in seiner Verkündung unter dem Titel Designation of Agent To Receive Notification of Claimed Infringement die Kommentare der Öf­fent­lich­keit und die Abwägungen für die Endfassung der Verordnung. Inter­es­san­ter­wei­se fand es keine Unterstützung für den Vorschlag, die EMail­anschrif­ten der Zuständigen in seiner öffentlichen Datenbank zu verschleiern, s. Fn. 48.

Von Dienstleistern im Internet wird nicht viel verlangt. Sie müssen auf ihrer Web­sei­te auf den DMCA Designated Agent fehlerfrei hinweisen und den Hin­weis al­le drei Jah­re aktualisieren. Außerdem müssen sie die Meldung beim Amt vor­neh­men und darauf eingerichtet sein, auf Beschwerden von Rechteinhabern wegen Rechteverletzungen schnell zu reagieren.

Die Hürden für Rechteinhaber sind meist höher, da sie zahl­rei­che Anforde­run­gen des DMCA erfüllen müssen. Melden sie ihre Rüge fehlerhaft an oder fußt diese gar nicht auf Urheberrechtsverletzungen, landet sie meist in besonderen Internet­da­ten­ban­ken zur Belustigung der Öffentlichkeit. Zudem sind die Kos­ten einer Abmahnung für Rechteinhaber oft wirtschaftlich untrag­bar. Schließ­lich gibt es das kostenüberbürdende GOA-Konzept in den USA nicht.


Dienstag, den 01. Nov. 2016

Kritischer Strichpunkt ist in der Lizenz $43 Mio. wert  

.   Auf den Strichpunkt bringt das Revisionsgericht in Solid­fx v. Jeppesen Sanderson den Streit um die Haftung für ent­gan­ge­nen Gewinn aus einem Navigationsdatenlizenzvertrag. Eine Soft­ware­herstellerin erhielt Flug­hafendaten von einer Kartenherstellerin, um eine App zu er­stel­len. Zum Streit kam es, als die Dateneignerin eine eigene App für ein neu­es, kon­kur­rie­ren­des Gerät entwickelte und vertrieb. Die Soft­ware­firma klag­te den ent­gan­ge­nen Ge­winnn ein.

Die Beklagte hielt ihr den Haftungsausschluss der Li­zenz für lost Profits ent­ge­gen. Die Klägerin meint jedoch, dass die Folgenschadensregelung der Lizenz das lost Profit-Verbot eingrenze und klarstelle und somit den eigenen Anspruch ge­statte. Das Untergericht sprach drei Arten des entgangenen Ge­winns zu, wäh­rend es einen weiteren Anspruch aus Wettbewerbsrecht abwies.

Am 31. Oktober 2016 entschied in Denver das Bundesberufungsgericht des zehn­ten Bezirks der USA in beiden Punkten gegen die Klägerin. Auf 27 Seiten be­grün­det das Gericht mit einer Darstellung von Vertragsauslegungsregeln seine Ent­schei­dung und erklärt lesenswert das Verhältnis der Klauseln zu­ein­an­der, die durch einen Strichpunkt und das Wort or für oder getrennt sind. Der Wert­un­ter­schied beläuft sich in diesem Fall auf 43 Millionen Dollar.


Montag, den 31. Okt. 2016

Erstmals Schutz von Kundendaten vor ISPs verordnet  

.   Telefondatenschutz für Kunden gibt es seit eh und je, er­klär­te der Vorsitzende des FCC-Netzamts, doch bei Broadband-Diensten fehlt jeg­li­cher Schutz, und die Anbieter können mit den Kundendaten nach Belieben um­ge­hen. Das ändert sich mit der am 27. Oktober 2016 aktivierten Ver­ord­nungs­ini­tia­ti­ve, ver­sprach Chairman Wheeler schon am 6. Oktober 2016 im Amts­blog:
Under the proposed rules, an ISP would be required to notify con­su­mers about what types of information they are collecting, specify how and for what purposes that information can be used and sha­red, and identify the types of entities with which the ISP shares the in­for­ma­tion.
In addition, ISPs would be required to obtain affirmative opt-in con­sent before using or sharing sensitive infor­ma­tion. Information that would be considered sensitive includes geo-location in­for­mation, child­ren's information, health information, financial in­for­ma­ti­on, so­ci­al security numbers, web browsing history, app usa­ge his­to­ry, and the content of communications such as the text of emails. All other in­di­vi­dually identifiable information would be con­si­de­red non-sen­si­ti­ve, and the use and sharing of that in­for­ma­tion would be sub­ject to opt-out consent. - Markierungen vom Verfasser.
Die Dokumente der Federal Communications Commission in Washington mit der neuen Verordnung und Hintergrundinformationen wurden unter dem Titel FCC Adopts Privacy Rules To Give Broadband Consumers Increased Choice, Trans­pa­ren­cy And Security For Their Personal Data veröffentlicht.


Sonntag, den 30. Okt. 2016

Sei ein Held: Rette die Marke  

.   Die Instrumente zur Rettung von Marken will das Mar­ken­amt mit neuen Regeln verfeinern. Es fordert in seiner Verkündung vom 28. Ok­to­ber 2016 unter dem Titel Revival of Abandoned Applications, Reinstatement of Abandoned Applications and Cancelled or Expired Registrations, and Pe­ti­ti­ons to the Director die Öffentlichkeit auf, seine Lösungsvorschläge zur Ver­ord­nung in 37 CFR Part 2 zu kommentieren und erklärt detailliert die In­stru­men­te und sei­ne Ziele samt vorgenommenen Abwägungen. Marken kön­nen schon im An­trags­sta­dium, doch auch später nach erfolgter Eintragung ver­fal­len. Das Amt bie­tet verschiedene Methoden zu ihrer Rettung innerhalb be­stimm­ter Fristen und auf unterschiedlichen Wegen an.

In seiner Erörterung geht es auch auf das Risiko ein, dass eine Marke in der amt­li­chen Datenbank als verfallen bezeichnet wird und Dritte im Vertrauen auf die­se Einstufung eine eigene Marke beantragen, die mit der abgelaufenen iden­tisch oder ver­wech­selbar ist. Solange der erste Markeninhaber seine Mar­ke trotz Fristversäumnis retten kann, besteht das Risiko der Rechts­un­si­cher­heit für den anderen Anmelder.

Interessierte Personen auch aus dem Ausland dürfen ihre Anmerkungen bis zum 27. Dezember 2016 beim Amt oder der Verordungsgebungs-Webseite ein­reichen. Die neue Verkündung im Federal Register, Band 81, Heft 209, S. 74997-75005, enthält den gesamten Änderungswortlaut.


Samstag, den 29. Okt. 2016

Zu Gericht geschlendert und Chance verpasst  

.   Keine Verbotsverfügung erhielt in Wreal LLC v. Ama­zon.com Inc. der Kläger. Der Begriff Wettlauf zum Gericht war ihm wohl fremd. Er besitzt eine Marke für Porno-Streaming und Geräte, die er mit einer Klage vor einer verwechselbaren Marke für Internet­strea­ming ver­teidigen wollte. Schon zwei Wochen nach Bekanntgabe des anderen Dienstes und Produkts klag­te er auf dreifachen Schadensersatz wegen behaupteter Mar­ken­ver­let­zung nach dem Lanham Act. Sechs Monate später beantragte er eine Ver­fü­gung, die fol­gen­den Merkmalen unterliegt:
(1) it has a substantial likelihood of success on the merits;
(2) irreparable injury will be suffered unless the injunction issues;
(3) the threatened injury to the movant outweighs whatever damage the proposed injunction may cause the opposing party; and
(4) if issued, the injunction would not be adverse to the public in­ter­est.
Das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta bestätigte mit seiner rechtlichen Nachprüfung die abweisende Entscheidung des Unter­ge­richts. Eine konkrete Frist schreibt das Common Law für den Antrag auf eine einstweilige Verfügung, Injunction, nicht vor. In der Rechtsprechung zu die­sem als außergewöhnlich geltenden Rechtsmittel hat sich der Grundsatz ent­wickelt, dass ein unverzügliches Einschreiten erforderlich sein muss, um ir­re­pa­rab­len Schaden zu verhindern.

Das mehrmonatige, nahezu untätige Zögern des Klägers verbietet dem Gericht die Feststellung eines unmittelbar bevorstehenden irreparablen Schadens. Des­halb muss der Antrag erfolglos bleiben, erklärte das Gericht am 28. Oktober 2016.


Freitag, den 28. Okt. 2016

Auffahrunfall: Jury glaubt Lokführer nicht  

.   Unterhaltsam beschreibt ein führender Richter in Kelham v. CSX Transportation Inc. den Auffahrunfall von Zügen und seine Bewertung durch Richter und Jury. Er führt in ihre Rollen im US-Prozess ein: Die Ge­schwo­re­nen sub­sumieren Recht und Fakten in der ersten Instanz; der Rich­ter ent­schei­det, was sie hören, sehen und lesen, und er weist sie in das Recht ein.

Die sechsseitige Revisions­entscheidung vom 27. Oktober 2016 liest sich wie eine Novelle und aus deutscher Sicht - ohne einen einzigen Paragrafen außer der be­haup­teten Anspruchs­grund­lage - kaum wie ein Urteil. Ein Meister wie Re­vi­si­ons­rich­ter Posner darf sich diese Freiheit nehmen.

Ein meilenlanger Zug musste halten; von hinten fuhr ihm ein anderer Zug auf. Der kla­gende Lok­führer fühlte sich von der Erschüt­terung nach vorn gestoßen und purzelte so, dass er einen Rück­grat­schaden erfuhr. Gutachter und Zeugen meinen, dass er beim Auffahr­unfall nicht nach vorn, sondern nach hinten hät­te purzeln müssen. Der Richter ließ ihren Vortrag vor der Jury im Tri­al-Ab­schnitt des Prozesses zu, obwohl der Kläger pro­testier­te.

Der Richter urteilte, die Jury solle sich selbst ein Bild machen; einen Rechts­grund zum Ausschluss der Gut­achter und Zeu­gen gäbe es nicht. Genauso ur­teil­te er in der Frage lang­jäh­riger Rücken­leiden und Medika­menten­ein­nah­men des Klä­gers. Richter Posner von Bundes­beru­fungs­gericht des sieb­ten Be­zirks der USA in Chi­ca­go be­stätigt den Unter­richter in al­len Ent­schei­dun­gen, die letzt­lich zu einem Juryspruch, Verdikt, zugun­sten der beklag­ten Eisen­bahn führten. Damit bestätigt er auch das abwei­sende Urteil des Un­ter­richters.


Freitag, den 28. Okt. 2016

Webdienstleister mit Menschenhandelswerbung verliert  

.   Das SAVE-Gesetz des Bundes verbietet Werbung für Men­schen­handel und -missbrauch im Internet, worunter auch sexuelle Dienst­leistungen fallen. In Backpage.com v. Lynch focht ein Inter­net­wer­bungs­dienst­leister den ihm drohenden staatlichen Eingriff an, da er sich nicht in der Lage sieht, jeg­liche ge­set­zes­widrige Werbung auf seinen Sei­ten zu un­ter­bin­den.

Kunden stellen ihre Werbung automatisiert ein, und der Anbieter hat nur be­grenz­te Kontrollmöglichkeiten. Am 24. Oktober 2016 folgte im Bundesgericht der Hauptstadt in Washington, DC, mit einer 21-seitigen Begründung eine lehr­rei­che Kla­ge­abweisung.

Der United States District Court for the District of Columbia führt den Leser durch die Prüfschritte der Eingriffskontrolle. Das wesentliche Merkmal für die Ab­wei­sung ist der noch nicht erfolgte staatliche Eingriff. Die abstrakte Nor­men­kon­trol­le hat der Supreme Court vor die Hürde eines erforderlichen, tatsächli­chen Scha­dens durch einen Eingriff gestellt. Diese Rechtsprechung hat er in den letz­ten Jahren im Hinblick auf die Aktivlegitimation, beispielsweise im Fall Spokeo v. Robins, siehe Haftung der Personensuchmaschine nach Kre­dit­schutzgesetz, ver­schärft, und das erstinstanzliche Gericht in der Hauptstadt wandte sie auf den Stop Advertising Victims of Ex­ploi­ta­tion Act of 2015 an.


Dienstag, den 25. Okt. 2016

Jurastudentin durch Plagiatsvermerk diffamiert  

.   In Walker v. Harvard verlangte eine Jurastudentin die Löschung eines Plagiatsvorwurfs aus ihrem Studienbuch. Sie hat­te das Stel­len­an­ge­bot einer Kanzlei verloren, als diese von dem Eintrag erfuhr. Die Uni­ver­si­tät hat­te einen Fachbeitrag für eine Law School-Zeitschrift nach einer Un­ter­su­chung als Plagiat gewertet. Die Studentin verklagte die Uni wegen Ver­trags­bruchs und Ver­leum­dung.

In Boston entschied das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks der USA am 24. Oktober 2016 mit einer wertvollen 13-seitigen Begründung. Im Un­ter­ge­richt ver­lor die Studentin; in der Revision wandte sie sich gegen die Fest­stel­lung des Tat­be­standsmerkmals der Einreichung ihres Werkes sowie die Ab­wei­sung des Löschungsanspruchs nach Diffamierungsrecht. Bei der Erstellung ih­res Beitrags erlitt ihr Rechner einen Virenangriff.

Die Studentin verlor angeblich Zeit. Als ihr Beitrag vom Studentenlektorat ge­prüft wurde, fanden sich 23 identische Sätze bei der Google-Suchmaschine. Eine wei­ter­gehende Untersuchung beurteilte die Abschriften als gravierend. Im Ergebnis folgerte die Revision mit einer selbständigen, de novo,Sub­sum­ti­on, dass die Ar­beit eingereicht war, die Uni-Vorschriften über Pla­gi­a­te da­mit anwendbar waren, die nach einer Anhörung der Studentin er­teil­te Sanktion den Vorschriften ent­sprach. Als rechtmäßige Folge der Ver­let­zung der Pla­gi­ats­regeln konnte die Sank­ti­on keine Vertragsverletzung und keine Verleumdung darstellen.


Sonntag, den 23. Okt. 2016

600 Mio. IP-Anschriften mit einer Farm verknüpft  

.   Jahrelang wunderten sich die Mieter in Arnold v. MaxMind Inc. über Besuche von Polizei und Privaten, Durchsuchungen, PC-Be­schlag­nah­men und Drohungen. Die Besucher forschten nach Pornographie, ent­führ­ten Kin­dern und Internetstraftaten.

Erst 2016 entdeckten die Mieter, dass ein Geo-IP-Dienst, der IP-Anschriften mit phy­si­schen Anschriften zur Unterstützung von Rechteinhabern und -ver­fol­gern so­wie Werbefirmen verbindet, 600 Millionen Adressen ihrer Farm zuwies, wenn er kei­ne andere Anschrift ausmachen konnte. Sie klagten auf Scha­dens­er­satz wegen emotionaler Schäden, Rufschädigung und Verletzung der Pri­vat­sphä­re.

Am 20. Oktober 2016 beurteilte das Bundesgericht für Kansas den Antrag auf Ab­wei­sung wegen mangelnder Schlüssigkeit. Die Beklagte konnte die falsche IP-Zu­wei­sung nicht bestreiten. Das Gericht prüfte die Anspruchsgrundlagen und ver­fass­te eine lesenswerte Begründung von 10 Seiten Länge zugunsten der Kläger. Sie dürfen den Prozess gegen den Geolocation-Dienst wei­ter­ver­fol­gen.


Samstag, den 22. Okt. 2016

Neue Amtsgebühren im Markenamt der USA  

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Ausschnitt aus Marke
Auf $400 steigt die nor­male Antrags­ge­bühr im Marken­amt an, und auf $600 für auf Pa­pier ein­ge­reich­te An­trä­ge, nach­dem es sei­nen Ge­büh­ren­re­form­vor­schlag ver­öf­fent­licht und nun die Ein­ga­ben der in­ter­es­sier­ten Öf­fent­lich­keit aus­ge­wer­tet hat. Die Gebühren für digi­tale An­träge fallen. Wenn An­trags­stel­ler mit Papier arbeiten wollen, zahlen sie mehr. Die meisten Anträge wer­den wohl digital mit Muster-WDVs eingereicht und kosten nur um $200 je Klasse.

Nach dem Administrative Procedures Act musste das Amt seine Gebüh­ren­plä­ne der Kritik der Öffentlichkeit aussetzen. Kommentare setzten sich beispielsweise für geringe Gebühren für Arme und das Kunsthandwerk ein. Das Amt argumen­tier­te, dass diese Kreise die digitalen Wege finden und nutzen; folglich profi­tie­ren sie bereits von den reduzierten Gebühren im elektronischen Verkehr.

Die Stellungnahmen und Auswertungen sowie die Anpassung der Ge­büh­ren­ta­bel­le sind seit dem 21. Oktober 2016 im Federal Register im Web­for­mat und im proprietären Dateiformat in Band 81, Nr. 204, S. 72694-72708, abrufbar.


Donnerstag, den 20. Okt. 2016

Supreme Court-Termin Apple/Samsung auf Tonband  

.   Das Wortprotokoll und die Tonaufzeichnung des Ver­hand­lungs­termins in Sachen Samsung Electronics Co. v. Apple Inc. vom 11. Ok­to­ber 2016 sind nun von der Webseite des Obersten Bundesgerichtshofs der Ver­einig­ten Staaten in Washington, DC, abrufbar.

Der Fall betrifft die Streitfrage, ob der Designschutz für ein Element eines Te­le­fons im Verletzungsfalle zum Schadensersatz im Wert des gesamten Gerätes oder le­dig­lich des Werts des Designelements führt. Eine Entscheidung vom Sup­reme Court of the United States wird vor Ablauf des gegenwärtigen Amts­jahrs im Sommer 2017 erwartet.


Dienstag, den 18. Okt. 2016

Der Trustee schützt das Staatsvermögen  

.   Die Rolle des Trustee erschließt sich nicht leicht. Er ist ein Treu­hän­der, der Vermögen annimmt und verwaltet. Dabei ist er an die Bedin­gun­gen des Trust Agreement gebunden. Der Vermögensgeber kann bestim­men, dass er keine Rechte zurückbehält. In Ladjevardian v. Republic of Ar­gen­ti­na fan­den diese Grundsätze ihre konkrete Umsetzung, als ein frem­der Sta­at sein für Par­tei­en eines Vergleichs mit dem Staat bestimmtes Vermögen einer Bank in den USA über­schrieb, die er als Trustee einsetzte.

Gläubiger des Staates, die ihre Beteiligung am Vergleich verweigert hatten, ver­such­ten, ihre titulierten Ansprüche in das Trustvermögen zu vollstrecken. Das Bun­des­berufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City ent­schied am 17. Oktober 2016 wegen der Aufgabe aller Rechte zugunsten des Trus­tee ge­gen diese Gläubiger:
[T]he district court correctly denied appellants' motion for a writ of exe­cu­tion and turnover order because the Republic does not have an in­ter­est in the trust funds, the Republic is not entitled to possess the trust, and the appellants do not have rights to the trust funds that are su­pe­ri­or to [the Trustee's] rights.
"A trustee is not an agent. An agent represents and acts for his prin­ci­pal. … [A trustee] has no principal."


Sonntag, den 16. Okt. 2016

Klage aus Dodge City wegen Geheimnisverrats  

.   In Servi-Tech Inc. v. Clinton Burmeister lernt der Leser, wa­rum ein Beklagter aus einem fremden Staat vor dem US-Gericht in Kansas ver­klagt wer­den kann. Dieser war in Dodge City angestellt, wohnte in einem an­de­ren Staat, er­hielt in Kansas ein Dienstfahrzeug und Einweisung vom Arbeit­ge­ber, be­ar­bei­te­te im Außendienst Anliegen von Kunden in Kansas, und richte­te in Kan­sas Scha­den durch die Wegnahme vertraulicher Arbeitgeberdaten und -kun­den an.

Der beklagte ehemalige Arbeitnehmer bestritt die Zuständigkeit des Gerichts in Kan­sas, bei dem Klage erhoben war. Seine Kontakte nach Kansas seien mi­ni­mal. Daher dürfe das Gericht im Sinne der personal Jurisdiction seine Ge­richts­bar­keit nicht über ihn ausüben. Das Gericht stellte fest, dass die vorge­leg­ten Tat­sa­chen hin­rei­chen­de Kontakte nach Kansas darstellten.

Dies gelte für die Anforderungen des Long Arm Statute des Forumsstaats, das dem Gericht erlaube, Beklagte über die Staatsgrenzen hinaus in sein Forum zu zitieren. Zudem sei bei Vorliegen der minimum Contacts hier auch das Rechts­staat­lich­keits­erfordernis des 14. Verfassungszusatzes der Bundes­ver­fas­sung, der Due Process Clau­se, erfüllt.

Seine ausführliche Begründung vom 13. Oktober 2016 ist auch im inter­na­tio­na­len Zusammenhang bei Einbeziehung ausländischer Parteien in den US-Pro­zess lehr­reich, in dem US-Gerichte dieselbe Prüfung vornehmen. Allerdings sind bei der Ver­tei­di­gung ausländischer Beklagten gegen Klagen in den USA wei­te­re In­stru­men­te zur Abwehr zu berücksichtigten. Dazu zählt beispiels­weise der Forum non con­ve­niens-Grundsatz.


Freitag, den 14. Okt. 2016

Die Vernehmung von Dr. Ping Wang unter Zwang  

.   Zwei Pharmafirmen streiten in Kalifornien um ein Patent. Ein Seitenschauspiel in Washington, DC, führt zum lehrreichen Beispiel für die Zeu­gen­ver­nehmung, Deposition, unter dem Zwangsmittel der Subpoena, die so­wohl Parteien als auch Dritte erfassen kann. In In re Subpoena to Ping Wang v. Ge­nen­tech Inc. lieferte das Bundesgericht der Hauptstadt eine lehr­reiche Be­grün­dung vom 13. Oktober 2016 seiner Entscheidung über die Durch­set­zung der Subpoena.

Die Zeugin trat der Subpoena mit der Einrede entgegen, ihre angeordnete Ver­neh­mung er­folge verfrüht. Erst sei im kalifornischen Prozess ein Beschluss über das Beweisausforschungsverfahren, Discovery, abzuwarten, in dessen Rahmen ihre Vernehmung erfolge. Der United States District Court for the Dis­trict of Co­lumbia er­klärte die Subpoena-Regeln für die Deposition, die vor der Vorlage des Streits an die Geschworenen der Jury im Hauptabschnitt des US-Prozesses erfolgt.

Die Zeugin gewann ihren Antrag. Die Subpoena wurde effektiv suspendiert. Zu­dem lieferte das Gericht eine lesenswerte Erläuterung des Geheimnisschutzes im Pro­zess durch eine Protective Order.


Mittwoch, den 12. Okt. 2016

Filmausschnitt legal im Schauspiel genutzt  

.   Der Fair Use-Grundsatz entschuldigt eine Urheber­rechts­ver­let­zung unter seiner schwammigen Legaldefinition, die die Rechtsprechung wei­ter­ent­wickelt hat. In TCA Television Corp. v. McCollum streitet ein In­ha­ber er­erbter und zedierter Rechte an einem berühmten Ge­dan­ken­aus­tausch aus alten Fil­men mit einem Schauspielrechteinhaber über des­sen Wie­der­wen­dung der Phra­sen. Das Schauspiel hat ansonsten nichts mit den Filmen ge­mein:

Die Verwendung stelle mithin einen Fair Use dar. Am 11. Oktober 2016 ent­schied in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA mit einer 62-seitigen Begründung, die den Fair Use lehrreich und aus­führ­lich in zahl­rei­chen Varianten erörtert, gegen den In­ha­ber der älteren Rechte.

Allerdings greife nicht der Fair Use, um die Rechteverletzung nach dem Copy­right Act zu entschuldigen. Vielmehr müsse die Klage scheitern, weil der kla­gen­de Inhaber seine Rechte durch Zession, Assignment, nicht mit ausschließ­li­cher Wir­kung erworben habe. Seine Rechte umfassen nicht die Ansprü­che, die er ge­gen das Schauspiel geltend mache. In beiden Themenberei­chen stellt die­ses Re­vi­si­ons­ur­teil eine bedeutsame Analyse dar, die die Unter­ge­rich­te weit­hin be­ach­ten müssen.


Dienstag, den 11. Okt. 2016

Markeneignung: 660 Worte sind zuviel  

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Ausschnitt aus Marke
Markenausschnitt
Was eignet sich eigentlich als Mar­ke? Ein Blatt mit 660 Worten - einige groß, viele klein - jedenfalls nicht, lernt der Leser im Fall In re Light, den das landesweit marken­zustän­dige Bun­des­be­ru­fungs­gericht des Bundesbezirks neben dem Weißen Haus am 7. Oktober 2016 entschied.

Was als Marke schutzfähig ist, richtet sich bundes­recht­lich nach dem Lanham Act. Einzelstaatliches Markenrecht darf an­de­re Merkmale setzen. In seinem Beschluss bestätgte das Gericht das Bun­des­mar­ken­amt in sei­ner Wertung, dass ein vollbeschriebenes Blatt mit einigen Wor­ten in einem klei­nen Rechteck vom Verkehr nicht als die marken­er­for­der­li­che Ver­knüp­fung von Ware und Hersteller angesehen würde.

Die 13-seitige Begründung führt mit Wirkung für die gesamten USA in die Merk­ma­le der bundesrechtlichen Marke ein. Daneben behandelt es auch Ver­fah­rens­rügen, die die Klägerin dem United States Patent and Trademark Office trotz des­sen offensichtlicher Geduld mit ihr vorwarf.


Montag, den 10. Okt. 2016

Tag des Kolumbus - Ei der Indianer  

.   Am 10. Oktober 2016 feiern die USA den Kolumbus-Tag. Die In­dianer können im Fall Nawls v. Shakopee Mdewakanton Sioux Community Ga­ming En­ter­prise hingegen einen eigenen Sieg feiern. Ein Indianerkasino zieht den Neuankömmlingen das Geld aus der Tasche. Ein Paar verklagte es we­gen Dis­kri­minierung am Arbeitsplatz und zog vor das Bundesgericht.

Am 7. Oktober bestätigte das Bundesgerufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis kurz die Abweisung der Klage wegen sachlicher Un­zu­stän­dig­keit. Wo­hin sich die Kläger wenden sollen, sagt es nicht, doch sollte entweder ein Stam­mes­ge­richt oder ein einzelstaatliches Gericht zuständig sein.

Die von der Bundesregierung anerkannten Stämme haben einen Teil ihrer Sou­ve­rä­nität zurückgewonnen, und dazu zählt auch die Justizhoheit. Die Ero­be­rer be­stimmen hingegen die bundesweiten Feiertage. Deshalb sind Gerichte am Mon­tag geschlossen. Kanzleien arbeiten meist mit halber Besetzung.


Samstag, den 08. Okt. 2016

Mordverteidigung mit Telefondaten versagt  

.   Ein Mörder wollte mit Mobiltelefondaten seine Unschuld be­wei­sen, doch die Staatsanwaltschaft behauptete, sie habe die Daten nicht erhal­ten, und der Telefonanbieter erteilte eine falsche Auskunft. Als der Ver­ur­teil­te er­fuhr, dass die Staatsanwaltschaft die Daten doch erhalten hatte und die Te­le­fon­ge­sell­schaft die Verbindungsdaten zu früh gelöscht hatte, ver­klagte er den Dienst­leister wegen Verstoßes gegen den Stored Communications Act. In Hick v. Sprint Nextel Corp. verlor er in der Revision:
The SCA requires wire or electronic communications service pro­viders, "upon the request of a governmental entity, [to] take all ne­ces­sary steps to preserve records and other evidence in its pos­ses­sion pen­ding the issuance of a court order or other process." 18 USC §2703(f)(1). The SCA also authorizes governmental entities to obtain certain cell phone records from providers upon issuance of a war­rant. §2703(c)(1)(A). Hicks alleges that Sprint—contrary to […] testi­mo­ny at trial—hadn't yet purged the cell phone records when it re­cei­ved the State's preservation request. Hicks asserts that Sprint either sub­se­quent­ly purged the records in violation of §2703(f)(1) or failed to pro­duce them to the State as required by §2703(c). AaO 3.
Der verurteilte Kläger hätte gewinnen können, wenn er seine Klage rechtzeitig er­ho­ben hätte. Doch sein Abwarten von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, von dem er zu­erst Kenntnis von der Datenüberlassung an die Staatsanwaltschaft oder einer ver­früh­ten Löschung der Daten durch die Telefongesellschaft hätte er­lan­gen kön­nen, führt zu einer unheilbaren Verjährung, erklärte am 7. Ok­to­ber 2016 aus­führ­lich das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks der USA in Denver.

Obwohl das vom Gericht lehrreich erörterte Kennenmüssen im Verhältnis zur Verjährung bedeutsam ist, bleibt die Hauptfrage ungeklärt: Anbieter müssen Daten speichern, doch dürfen sie sie gleich nach ihrer Überlassung an eine Staats­an­walt­schaft löschen, oder haften sie dem Kunden, wenn der gesetzliche Min­dest­zeit­raum für die Speicherung unterschritten wird?


Freitag, den 07. Okt. 2016

Haftung des eBookverlags aus Vertriebsvertrag  

.   Manche Grundsätze des Buchvertriebs gelten auch im eBo­ok-Vertrieb, erklärte der Revisionsbeschluss in Smith v. Barnesand­nob­le.com LLC am 6. Oktober 2016. Die Erbin eines Buchverfassers und Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers kündigte einen eBook-Verlegervertrag und verklagte den Ver­lag wegen Urheber­rechtsverletzung, weil der einzige Leser einer kostenlos über­las­se­nen Leseprobe diese auch nach der Kündigung aufrief.

In New York City entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA gegen die Erbin. Der Lizenzvertrag regele die Rechte des Verlags und ge­stat­te­te bis zur Kündigung unbeschränkt die Erteilung von Lese- und Zu­gangs­rech­ten an Kunden. Ein Kunde nutzte dieses Angebot; der Verlag ko­pier­te die Probe in sein Kundenfach. Die Klägerin glaubte, nach der Kündi­gung sei nicht nur das Vertriebsrecht erloschen. Die Beklagte hätte auch den Kunden­zu­griff auf die Pro­be unterbinden müssen.

Das Unterlassen stelle die Verletzung des Copyright dar. Das Gericht verglich die Zugangsberechtigung zum e-Bookkonto mit den Nutzungsarten eines Le­sers pa­pierner Leseproben. Wenn deren Verleger seine Rechte verliere, kön­ne der das Pa­pier besitzende Leser seine Probe weiterhin und rechtmäßig le­sen. Von die­sem Grundgedanken sei auch beim eBook auszugehen, wenn der Ver­triebs­ver­trag mit der Lizenzeinräumung nicht ausdrücklich die Rücknahme der Rech­te vom Kunden oder ein Zugriffsverbot vorsehe.


Mittwoch, den 05. Okt. 2016

Kabelvertrag illusorisch und unwirksam?  

.   Ein Kabelkundenvertrag entbindet den Anbieter von der Haf­tung gegenüber Kunden, die ihre Lieblingsprogramme nicht erhalten, weil sie dem Anbieter nicht geliefert werden. Die Frage in Stokes v. DISH Network LLC lau­te­te, ob eine solche Haftungsbeschränkung den Vertrag illu­so­risch mit Scha­dens­er­satz- oder anderen Rechtsfolgen macht.

Wegen unvollständiger Verhandlungen zwischen Kabeldienst und Programm­an­bie­tern hatten die klagenden Kunden eine Zeitlang ihre Fernsehgewohnheiten än­dern müssen und verlangten für den vorübergehenden Ausfall von zwei Ka­nä­len eine Vergütung oder Schadensersatz.

Am 4. Oktober 2016 erklärte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis lesenswert zwei Vertragskonzepte: den illusorischen Ver­trag, il­lu­sory Contract, und die konkludente Pflicht zur Gutgläubigkeit und lau­te­rem Han­deln, implied Duty of good Faith and fair Dealing. Beide sind auf den diesen Sach­ver­halt und insbesondere die Haftungsbeschränkung unan­wend­bar, ur­teil­te es.


Montag, den 03. Okt. 2016

Mit acht Richtern ins neue Amtsjahr: Supreme Court  

.   Nach der Roten Messe beginnt am 3. Oktober 2016 der Ober­ste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington, DC, das Amts­jahr 2016-17. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten fehlt dem Gericht das Züng­lein an der Waage: Es tritt nach dem Tod von Richter Scalia mit nur acht Rich­tern an. Der Senat ver­wei­ger­te dem von Präsident Obama nominierten Nach­fol­ger Re­vi­si­ons­richter Mer­rick Gar­land die zu seiner Einsetzung notwendigen An­hö­run­gen. Die acht Richter haben sich bei der Vorbereitung des neuen Amts­jahrs einer Selbstbeschränkung unterzogen: Sie nahmen fast nur Fälle von rein rechtlicher, nicht politisch bri­san­ter Thematik an. Die Entscheidungen des Amts­jahrs 2015-16 behandelten noch Fragen, die gravierende Differenzen bei­spiels­wei­se in der Gesundheitspolitik oder dem Religionsrecht aufwiesen.


Sonntag, den 02. Okt. 2016

Mehr oder doppeltes Brot für die Armen?  

.   Bedeutet und im Gesetz plus, wenn es Armen einen An­stieg der Nahrungsmittelbeihilfen verspricht? In Bread for the City Inc. v. U.S. De­part­ment of Agriculture prüft das Bundesgericht der Hauptstadt eine be­haup­tete Ge­set­zes­auslegung, die die Beihilfen verdoppeln würde. Das Gesetz gibt einen festen Betrag vor und spricht im nächsten Absatz von und sowie der Summe des vor­he­ri­gen Absatzes und dem Anstieg; daraus folge die Bei­hil­fe, die das Ministe­ri­um ausgeben müsse.

Ein Hilfsverein klagte, dass das Landwirtschaftsministerium eine Summe aus bei­den Absätzen bilden und damit die staatliche Unterstützung verdoppeln müs­se. Am 30. September 2016 entschied das Gericht gegen die Gleichsetzung von und und plus: Eine Vermutung spreche für die stets einheitliche Be­deu­tung des­selben Wortes durch den Gesetzgeber.

Das bedeute für das Wort und folglich eine Reihenfolge, nicht eine Addition im Sinne von plus. In seiner 14-seitigen Begründung erörtert der United States Dis­trict Court for the District of Columbia auch weitere Auslegungsregeln und ent­schei­det, dass das Ministerium seinen Haushalt richtig versteht. Die Armen er­hal­ten mehr Beihilfe als vorher, doch nicht das Doppelte.


Samstag, den 01. Okt. 2016

Kein Auto im Gewinnspiel: Schuldet Fiat Schadensersatz?  

.   Der Verweisungsbeschluss in Goldman v. Fiat Chrysler Auto­mobiles US LLC vom 30. September 2016 liest sich unterhaltsam, bis der Leser merkt, dass ein frecher Kläger das Gericht zu einer Subsumtion zwingt. Bei einer Autoausstellung durften Besucher Nudeln zählen; wer richtig riet, ge­wann einen Fiat. Der klagende Rechtsanwalt verlor und verlangte vom Ver­an­stal­ter (a) ein Auto, (b) Reparaturkosten für sein altes Auto, das er wei­ter­nut­zen musste, (c) Kauf eines viel teureren neuen Autos, als sein altes zusammen­brach, (d) eigenen Auf­wand, und (e) Anmeldegebühren und -steuern.

Das Bundesgericht der Hauptstadt verwies die Klage an das einzelstaatliche Ge­richt, weil sie nicht den Mindeststreitwert für einen Prozess vor dem Bun­des­ge­richt bei Parteien aus verschiedenen Staaten erreichte. Eine bundes­recht­li­che Frage, federal Question, bei der der Streitwert keine Rolle spielt, liegt nicht vor, also konnte die sachliche Zuständigkeit nur aus der Diversity Ju­ris­dic­tion stam­men. Sie erfordert Beteiligte aus unterschiedlichen Staaten und einen Wert von $75000. Der Kläger, Attorney in New York, besuchte die Aus­stel­lung in der Haupt­stadt.

Die Verweisung an den District of Columbia Superior Court ist die logische Fol­ge. Der United States District Court for the District of Columbia erörterte wich­ti­ge De­tails der Streitwertbemessung in seiner zehnseitigen Begründung. Die Ver­schwen­dung wertvoller Zeit eines überlasteten Gerichts ist eine Zu­mu­tung. Und weil das Gericht mangels Zuständigkeit die materiellen Rechts­fra­gen nicht klären durfte, muss sich noch ein zweites Gericht mit dem un­ver­schäm­ten Kläger beschäftigen - wenn er nicht gar in die Revision geht!


Freitag, den 30. Sept. 2016

Im Drohnenkrieg Quellcode verweigert: Versäumnisurteil  

.   Wegen einer Beweisvorenthaltung wurde einer Partei im Droh­nen­krieg jede Einrede gegen eine Patentverletzungsklage abgeschnitten, die Kla­ge­er­widerung ignoriert und der Klägerin das beantragte Urteil erteilt. In der Re­vi­si­on in Drone Technologies Inc. v. Parrot SA gewann die fran­zö­si­sche Be­klag­te gegen die taiwanesische Klägerin am 29. September 2016.

Die Beklagte hatte im Beweisausforschungsverfahren Discovery des US-Pro­zes­ses nicht alle angeforderten Beweise, unter anderem den Quellcode für die Steu­erung der eigenen Drohnenmodelle, herausgegeben. Sie bestritt, dass die Klä­ge­rin ihr be­haup­tetes Patent rechtmäßig erlangt hätte. Das Untergericht hielt das Vor­ent­hal­ten für prozessrechtswidrig und eilte zu den genannten Sank­ti­onen.

Die 49-seitige Begründung des landesweit zuständigen Bundes­berufungs­ge­richts des Bundesbezirks in Washington, DC, erklärt lehrreich die Grenzen des rich­ter­li­chen Ermessens bei der Beurteilung der Herausgabepflicht und der Be­stra­fung; es ordnet auch die Prüfung des Patenterwerbs an:
For the reasons set forth below, we hold that the district court abused its discretion in issuing the two discovery orders and in entering a default judgment against Parrot for its failure to comply with the orders. We therefore vacate the final judgment and the awards of damages and attorney fees and remand the case to the district court for further proceedings consistent with this opinion.


Donnerstag, den 29. Sept. 2016

Kosten des Beweisverfahrens, $3Mio., strittig  

.   In die Kosten des Ausforschungsbeweisverfahrens im US-Pro­zess mit aufwändiger e-Discovery zur Ermittlung digitaler Daten führt das Urteil in Kotchen & Low LLP v. Precision Discovery Inc. ein. Eine Kanz­lei wehrt sich ge­gen die hohe Rechnung des Discovery-Dienstleisters, die ein Ge­richt im Haupt­ver­fahren bereits reduziert hatte und zur Verweisung der Be­weis­suche von einem Dienstleister an einen anderen geführt hatte. Strittig ist zwi­schen den Parteien zu­dem, ob ein Prozess während eines Schieds­ver­fah­rens aus­ge­setzt werden muss. Auch die Frage der Arbitrability entschied das Bun­des­ge­richt der Hauptstadt in diesem Fall am 28. September 2016 mit seiner le­sens­wer­ten 15-seitigen Begründung selbst.


Mittwoch, den 28. Sept. 2016

Lippensalbe bleibt in der Tube - Haftung?  

.   Haftet ein Hersteller, wenn er Lippensalbe anbietet, von der nur 75% aus der Tube kommen, weil der Tubendeckel den Rest zurückhält? In Eb­ner v. Fresh Inc. hielt die Klägerin das Angebot für täuschend und nach den Gesetzen Kaliforniens, Unfair Competition Law, Consumer Legal Re­medies Act, False Advertising Law, and Fair Packaging und Labeling Act, haf­tungs­aus­lö­send.

Für Hersteller von Tubenprodukten ist die 18-seitige Entscheidung des Bun­des­be­rufungsgerichts im neunten Bezirk der USA in San Francisco lehrreich. Das Gericht prüft die diversen Anspruchsgrundlagen und stellte unter an­de­rem fest, dass der Hersteller die Mengenangabe gemäß Bundes- und Staats­vor­gaben auf der Ver­packung erteilte und die gerügte Auslassung weiterer In­formationen auch dem Recht entsprach. Weitere Angaben könnten hingegen das Ge­setz ver­let­zen.


Dienstag, den 27. Sept. 2016

Mauskopf belohnt Anwalt wg. Katzenberg gg. Ratner  

.   Nomen est omen - oder auch nicht. Richterin Mauskopf sprach Rechtsanwalt McNamara das im Streit seiner Mandantin mit deren Ge­schäftsführer Katzenberg verdiente Honorar von $277.674,09 zu; der geg­ne­ri­sche Anwalt Ratner verlor. In New York City prüfte das Bundes­berufungs­ge­richt des zweiten Bezirks der USA am 26. September 2016 in Acme Am. Refri­ge­ra­tion Inc. v. Katzenberg die behaupteten Ermessens­feh­ler und bestätigte das Urteil:
A district court abuses discretion if its decision rests on an error of law or a clearly erroneous factual finding, or "cannot be located with­in the range of permissible decisions." …
There was no abuse of discretion in awarding Law Office $277,674.09 in fees or in declining to grant prejudgment interest on that award. The magistrate judge's report and recommendation care­ful­ly examined Law Office's billing records and rates for their adequacy, reasonableness, and relevance to the present lawsuit. The district judge considered Acme's objections and adopted the report and recommendation in its entirety under both clear error and de novo review.


Sonntag, den 25. Sept. 2016

Bitcoin-Betrug nicht durch Vergleich geheilt  

.   Eine Sammelklage von Kunden eines Bitcoins-Maschi­nen­bau­ers, der die im Voraus bezahlten Geräte erst zum eigenen Vorteil nutzte und dann nicht oder zu spät auslieferte, als sie dem Fortschritt im Abbau von Bit­coins wirt­schaft­lich nicht standhalten konnten, erörterte ausführlich und an­schau­lich das Bun­des­gericht von Kansas im Fall Alexander v. BF Labs. Inc. am 22. September 2016.

Zuerst erklärte es den Abbau, Mining, von Bitcoins, was eine ständige tech­ni­sche Aufrüstung erfordert. Schon nach kurzer Zeit kann ein Gerät unwirt­schaft­lich wer­den und mehr Stromkosten auslösen als die gefundenen Bitcoins wert sind. Die Beklagte hatte mit falscher Werbung ihre Geräte angeboten, Vor­schüs­se er­halten, und dann die Geräte selbst eingesetzt, bevor sie an die Kun­den gingen. Rückabwicklungen lehnte sie ab.

Im Sammelklageverfahren einigten sich die Parteien auf einen Vergleich mit Scha­dens­er­satz­zahlungen, den das Gericht nun prüfte. In seiner Würdigung fol­ger­te das Gericht, dass die Parteien den Vergleich mit unzureichenden In­for­ma­ti­o­nen be­gründeten und es deshalb seine Fairness gegenüber allen Kunden, die von den Sammelklägern vertreten wurden, nicht bestätigen kann. Der Ver­gleich erledigt das Verfahren daher nicht, beschloss es.


Samstag, den 24. Sept. 2016

Keine Haftungsbefreiung für Affiliate-Webwerbung  

.   ISPs genießen eine Haftungs­immuni­tät nach §230 Com­mu­ni­cations De­cency Act für durch­ge­lei­te­te Daten, aber gilt das auch für Fir­men, die täu­schen­de Wer­bung im Affiliate-System schalten? In FTC v. Lead­Click LLC geht es um diese Haftungs­befreiung ebenso wie Ver­letzun­gen der Ver­brau­cher­schutz­gesetze und die Durch­griffs­haftung einer Mutter­gesellschaft. Das Ver­braucher­schutzamt Fe­de­ral Tra­de Commission, in Washington, DC, ging mit einem einzelstaat­lichen Amt gegen ein Unter­nehmen vor, das Gewichts­abnah­men versprach, sowie seine Mutter­gesell­schaft und Affi­lia­te-Unter­nehmen.

Das Untergericht bestätigte das Amt in der Verbotsfest­stellung nach dem Fe­de­ral Trade Commission Act in 15 USC §45(a)(1) und dem Connecticut Unfair Tra­de Prac­ti­ces Act und wies die Ein­rede der Haftungs­immu­nität ab. Es er­streck­te die Wir­kung des Urteils auf die Mutter­gesell­schaft des Unter­nehmens, das über das In­ter­net die Ver­brau­cher an­sprach. Am 23. Sep­tember 2016 ver­fass­te das Bun­des­be­ru­fungs­ge­richt des zweiten Bezirks der USA in New York City seine le­sens­werte Be­grün­dung von 50 Seiten Länge.

Die Revision hob die Durchgriffshaftung auf und bestätig­te im Üb­rigen das Ur­teil. Wäh­rend das Unter­gericht die Mut­ter zur Gewinn­heraus­gabe verur­teilte, wurde dies nun annul­liert. Das Gericht stellt einen Affi­liate-Marke­ting-Ver­bund samt sei­nen Me­thoden dar, die die Haupt­beklagten mit ihrer Tracking Software verwal­tete. Ein Affiliate-Kunde bot die Gewichts­abnahme an, kontra­hierte mit ihr für eine Click-Gebühr ab $35 und wurde ihr Top Customer. Eini­ge Af­fi­liates ent­wickel­ten irre­füh­rende In­halte, für die Haupt­be­klagte nun haften muss.


Samstag, den 24. Sept. 2016

Ballspielbund v. Spielervertreter im Schiedsgericht  

.   Der US-Fußballverband lehnte die Forderung seiner Spie­ler ab, bei Werbung mit weniger als sechs Spielern deren Zustimmung ein­zu­ho­len. Die Spielergewerkschaft rief das Schiedsgericht an und gewann, ob­wohl der Ver­trag zwischen beiden diese Frage nicht regelt und die Ent­schei­dungs­be­fug­nis des Schiedsrichters drastisch einschränkt. Die Schieds­klausel verb­ie­tet ihm Vertrags­er­gän­zung und Lücken­füllung.

Der Arbitrator sprach von Schweigen und Auslegungsbedarf des Vertrags und be­stimm­te, dass die Zahl sechs der bisherigen Praxis der Parteien entspricht und wei­ter­hin zu respektieren ist. Das Bundesgericht erkannte den Schieds­spruch, Award, trotz Bedenken zur Vollstreckung an, weil es das vom Supreme Court in Washington, DC, ausgerufene Primat der Schiedsgerichtsbarkeit, Ar­bi­tra­tion, respektiert. Der Verband ging in die Revision und gewann am 22. Sep­tem­ber 2016.

In Chicago prüfte das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks den Fall U.S. Soccer Federation v. U.S. National Soccer Team Players Assocation und die Schieds­klau­sel sowie die bisherige Praxis der Parteien. Es urteilte mit einer heu­te sel­te­nen Entscheidung und ausführlichen Begründung, dass der Schieds­rich­ter seine Kom­pe­tenz überstrapaziert hatte, statt die strikten Ver­trags­vor­ga­ben zu befolgen. Das Urteil dieses einflussreichen Gerichts setzt ein neues Zei­chen in der Anfechtungspraxis von Schiedssprüchen.


Freitag, den 23. Sept. 2016

Souverän als Bauherr: Subcontractor in Gefahr  

.   Wenn ein Staat der USA als Bauherr auftritt, gelten Son­der­re­geln - wie auch bei Botschaften und internationalen Organisationen: Sie dür­fen dem Generalunternehmer wirksam ein Privity zu Subunternehmern ver­trag­lich ver­bieten und sind vor Baupfandrech­ten, Liens, nach Staatsverträgen wie der Wie­ner Übereinkunft von 1961 oder nach einzelstaatlichem Recht ge­schützt.

Dennoch arbeiten auch bei staatlichen Bauprojekten Subunternehmer dem Ge­ne­ral­unternehmer zu, der mit dem Bauherrn kontrahiert. Privity beschreibt die in­di­rekte Vertragsbeziehung zwischen Parteien. Sie kann wirksam im Verhältnis Bau­herr und Subunternehmer ausgeschlossen werden. Der vom General­un­ter­neh­mer nicht vergütete Subunternehmer darf dann seine Forde­run­gen nicht ge­gen­über dem Bauherrn geltend machen. Im öffentlichen Bau­recht der USA soll da­her der Miller Act Subunternehmer schützen, indem er diesen erlaubt, er­stens einen Payment Bond vom Generalunternehmer und zweitens eine Zah­lung binnen 90 Tagen aus die­sem Bond zu verlangen, ohne einen komp­li­zier­ten, langwierigen und teuren Rechtsstreit erdulden zu müssen.

In Strittmatter Metro Inc. v. Fidelity and Deposit Co. of Maryland entschied das Bun­des­ge­richt der Hauptstadt am 20. September 2016 einen solchen Anspruch nach dem einzelstaatlichen Little Miller Act, gegen den der General Contractor ein­wandte, der Subcontractor sei durch Einbeziehung einer Mediationsklausel aus dem Hauptvertrag in den Subunternehmervertrag gebunden und müsse erst dieses Verfahren durchschreiten. Mit dem Privity-Verbot des Hauptvertrages sei diese Incorporation by Reference unwirksam, urteilte das Gericht lesenswert, und lässt den Sub direkt aus der Zahlungsgarantie vorgehen.


Mittwoch, den 21. Sept. 2016

Bank verliert Kontodaten, gibt Betrüger $2Mio.  

.   Die Urteilsvollstreckung ist in den USA oft teuer und frucht­los. In Clabaugh v. Grant spielte ein Betrüger, der ein Bank­schließ­fach le­er­räumte, als die Bank die Kundendaten verlor und ihn kontak­tier­te, die ge­sam­te Palette der Vollstreckungsabwehr bis zur Insolvenz durch. Die wahre In­ha­be­rin geht leer aus, obwohl der Beklagte sich fälschlich als Nach­lass­ver­wal­ter ihres Er­bes aus­gab, zu dem das Schließfach mit einem Wert von $2 Mio. gehörte.

Die Inhaberin hatte ein Urteil gegen den Betrüger erstritten und dieses zur Voll­streckung als Pfand gegen seinen Grundbesitz eingetragen. Dies kann auch mit einem Urteil aus dem Ausland möglich sein, obwohl die USA keine inter­na­ti­ona­len Vollstreckungsübereinkünfte unterhalten. Jeder Einzelstaat rich­tet sich nach dem eigenen Recht, nicht Bundesrecht, sodass im Einzelfall im­mer zu prüfen ist, ob die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Ti­tels im je­wei­li­gen US-Staat zulässig sind.

Damit der Betrüger seinen Grundbesitz unbelastet verkaufen kann, wollte er das Pfandrecht über eine Privatinsolvenz löschen lassen. Das gelang ihm letzt­lich auch, obwohl die Klägerin zunächst die wichtige Einrede vortrug, dass das An­wesen gewerblich genutzt würde.

Dann kann ein Eigentümer nicht die Insolvenzausnahme zum Schutz des Haupt­wohn­sitzes, die Homestead Exemption, beanspruchen. Sie hatte jedoch diese Einrede aufgegeben und später andere Ausnahmen behauptet, die das Bun­des­be­ru­fungs­gericht im 20. September 2016 ausführlich erörtete und ab­wies. Der Betrüger ist damit pleite, aber sein Häuschen darf er unbelastet be­hal­ten.


Sonntag, den 18. Sept. 2016

Obst und Land gekauft - wie wird man das Land los?  

.   Touristen bereisen Florida, und neben frischen Ap­fel­si­nen kau­fen sie am ländlichen Obststand sonnenstichverwirrt ein Grundstück am Meer. Weil sie Glück haben, verweist die Lagebeschreibung in der offiziell wir­ken­den Titelurkunde, Deed, nicht auf Land unter Wasser. Dem Urlaub folgt die Reue. Wie werden sie das Land wieder los, nachdem sie und ein Makler es nicht verkaufen können und periodisch Grundsteuern in beträchtlicher Höhe an­fal­len?

Die Wahlstationsreferendarin Cornelia Schuster hat Lösungen für die rechts­wirk­same Aufgabe von Grundeigentum nach deutschem Recht und in den USA ge­sucht. In den USA gilt das Recht von 50 Staaten und mindestens fünf wei­te­ren Rechtsordnungen, und es ist völlig uneinheitlich. Ein BGB-gleicher sachen­recht­licher Ansatz fehlt. Beispielhaft beschreibt Frau Schuster die Lö­sung im Recht Floridas: Aufgabe von Grundeigentum - Ein Rechtsvergleich zwischen Deutsch­land und Florida.


Freitag, den 16. Sept. 2016

Diskriminierung im Modeladen: Schmerzensgeld?  

.   Modische Kleidung, wie eine Jacke für $4500, prüfte eine schick gekleidete Kundin im Fachgeschäft, als die Verkäufer sie unfreundlich behandelten, sie die Kleidung nicht in die Hand nehmen ließen, und sie nach ihrem Protest gegen dieses Verhalten einschlossen und der Polizei auslieferten.

Die farbige Kundin verklagte den Inhaber wegen Menschenrechtsverletzung, rechtswidriger Haft, Diskriminierung beim Vertragsschluss, und Schmerzens­geld­haftung wegen einer Zufügung extremer emotionaler Schäden. Die Be­klag­te beantragte die Abweisung wegen Unschlüssigkeit der Behaup­tun­gen. Am 15. September 2016 entschied das Bundesgericht der Hauptstadt Washington nur in einem Punkt gegen die Klägerin.

Seine Begründung im Fall Tasha Bonner v. S-Fer International Inc. erklärt lehr­reich die Anforderungen an die oft überstrapazierte, doch gefährliche Schmer­zens­geld­for­de­rung nach dem Common Law-Fallrechtsanspruch der Intentional Infliction of Emotional Distress. Das Verhalten war nicht extrem genug. Glei­cher­maßen lehrreich sind seine Ausführungen über die ausreichend schlüssige Darlegung der Diskriminierung durch das weiße Personal.


Mittwoch, den 14. Sept. 2016

Vorschussbetrug: Vorleistung und Prozess verloren  

.   Ahnungslos fiel die Klägerin in Dora Bonner v. Triple-S Ma­nage­ment Corp. auf einen Anrufer und nachfolgende EMails herein, die ihr $500.000 aus einem ausländischen Urteil versprachen, wenn sie einen Ab­wick­lungs­vorschuss von $50.000 zahlen würde. Sie tat dies und hoffte auf die Aus­zah­lung von der Beklagten, die von der Masche und der betrügerischen Ver­wendung ihres Fir­men­na­mens nichts wusste.

Die Klägerin aus Texas verklagte die Beklagte aus Puerto Rico in Texas wegen Be­trugs. In New Orleans identifizierte das Bundesberufungsgericht des fünften Be­zirks der USA die Masche als 4-1-9-Betrug, einer Art des Vorschussbetrugs. Am 13. September 2016 bestätigte es die untergerichtliche Klageabweisung.

Die Klage ist abzuweisen, weil die Beklagte keine Kontakte nach Texas unter­hielt. Das Untergericht hatte dies hinreichend geprüft. Die Anfrage der Klä­ge­rin bei der Beklagten, wo denn das Geld bliebe, reicht nicht, um einen Bezug zum Gericht in Texas herzustellen. Wenn der fehlende Bezug zum Gerichtsbezirk so offensichtlich ist, erklärte das Gericht, ist auch ein Beweis­aus­for­schungs­ver­fah­ren zur Zuständigkeitsermittlung, jurisdictional Discovery, verzichtbar.


Dienstag, den 13. Sept. 2016

Musikwettbewerb von Schiedsklausel umschlungen  

.   Der Revisionsfall Cortés-Ramos v. Sony Corporation of Ame­ri­ca Inc. klärt die Bindungswirkung der Schiedsklausel in den Regeln eines Musikwettbewerbs. Für Fußballpokalspiele hatte die Beklagte ein­en Wett­be­werb ausgeschrieben, an dem sich der Kläger mit einer Kompositi­on beteilig­te. Die Be­klagte sandte ihm Verträge, der er unterzeichnete und einreichte. Als beim Fuß­ball­kon­vent ein Lied aufgeführt wurde, das ihn an seine Kompo­si­ti­on er­in­ner­te, verklagte er die Beklagte wegen Marken- und Urheberrechts­ver­let­zung und Ver­tragsbetrugs.

Die Beklagte erzielte die Klageabweisung samt einer Begründung des Unter­ge­richts im amerikanischen Territorium Puerto Rico, dass die Schiedsklausel selbst dann binde, wenn sie nicht Bestandteil der vom Kläger unterzeich­ne­ten Doku­men­te sei, sondern in diesen lediglich auf die Schiedsvereinbarung ver­wiesen werde. In Boston bestätigte das Bundesberufungsgericht des ersten Be­zirks der USA die Abweisung am 9. September 2016, die eine Verweisung an das Schieds­ge­richt ent­hielt.

Der Kläger hatte in der Revision nicht die Verweisung angegriffen, sodass das Ge­richt sie ohne inhaltliche Prüfung, jedoch wohlwollend, guthieß. Der Klä­ger hat­te die Abweisung seines Anspruchs aus betrügerischer Vertrags­ver­anlas­sung, frau­du­lent Inducement, angefochten. Das Gericht sah diesen Anspruch als zum schiedsgebundenen Vertrag zugehörig an, sodass er von der Abweisung und Ver­wei­sung ans Schiedsgericht erfasst sei.

Aus gestaltungspraktischer Sicht ist die Einbeziehung einer Schieds­klau­sel ohne physische oder digitale Verbindung mit dem Vertrag nicht empfehlenswert. We­gen des vom Supreme Court ständig betonten Primats der Schiedsgerichtsbar­keit, Arbitration, bejahen manche Präzedenzfälle die Wirksamkeit einer an­geb­lich unbekannten Klausel wie hier, selbst wenn eine Vertragspartei sie nicht ge­lesen - oder wie in anderen Fällen, als Analphabet nicht verstanden haben will, - doch darf man sich auf diese Einzelfälle nicht verlassen.


Sonntag, den 11. Sept. 2016

Monopolhersteller bootet Wartungsfirma aus  

.   Dominierende Hersteller können Drittfirmen ausbooten, die Wartungs- und Reparaturleistungen für deren Waren anbieten. Früher war dies bei Mainframe-Rechnern ein akutes Kartellrechtsproblem; heute betrifft der Fall Aero­tec International Inc. v. Honeywell International Inc. zwei markt­be­herr­schen­de Flugzeuggeneratorenhersteller und zahlreiche Wartungs­fir­men.

Die Klägerin behauptete Kartellverletzungen nach § 1 und 2 des Sherman Act sowie eine Preisdiskriminierung nach dem Robinson-Patman Act. Am 9. Sep­tem­ber 2016 bezeichnete in San Francisco das Bundesberufungsgericht des neun­ten Bezirks der USA den Sachverhalt als Lehrbuchfall:
This case reads like an antitrust primer for aftermarket issues, with claims for exclusive dealing, tying, essential facilities, refusal to deal, price bundling, and price squeezing under Sections 1 and 2 of the Sher­man Act and differential pricing/price discrimination under the Ro­bin­son-Pat­man Act.
Auf 32 Seiten belegt die Revisionsbegründung lesenswert, dass der beklagte Hersteller aus den Präzedenzfällen zur Marktbeherrschung und Mo­no­po­li­sie­rung gelernt hat. Das Gericht entschied gegen die Klägerin.


Samstag, den 10. Sept. 2016

Schwangerschaftstest nach Markenrecht bedenklich  

.   In Church & Dwight Co. Inc. v. SPD Swiss Precision Di­ag­no­stics GmbH erfährt der Leser eine Anwendung des Bundes­marken­ge­set­zes, Lanham Act, auf eine irreführende Schwangerschaftstestverpackung. Die Periodenberechnung der Verpackung weicht vom Üblichen ab und ver­mit­telt den falschen Eindruck, sie stimme mit der von Ärzten verwandten Be­rech­nungs­me­tho­de über ein.

Am 9. September 2016 bestätigte in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA mit einer 46-seitigen Revisionsbegründung nach den Leitsätzen zur Verwechslungsgefahr und dem Verhältnis des Lanham Act, 15 USC §1125, zum Food, Drug and Cosmetic Act, 31 USC §301 ff., die un­ter­ge­richt­liche Verfügung, Injunction, gegen die Verwendung des Ver­packungs­ma­te­ri­als und mit einem Gebot zu seiner Änderung:
The Court of Appeals concludes that 1) Plaintiff's Lanham Act claim is not precluded by the Food, Drug, and Cosmetic Act, 21 U.S.C. §§ 301 et seq.; 2) the district court did not err in finding falsity in De­fen­dant's original packaging; 3) the district court did not err in finding the revised packaging impliedly false by reason of con­su­mer con­fu­si­on; 4) the district court made no error in ruling that De­fen­dant's false messages were material and likely to harm Plain­tiff; and 5) the district court was within its discretion in im­po­sing an in­junction re­qui­ring changes to Defendant's packaging and requiring De­fen­dant to issue corrective notices and corrective ad­ver­ti­sing.


Freitag, den 09. Sept. 2016

Kabeldienst behält rechtswidrig Kundendaten  

.   Ein ehemaliger Kabeldienstkunde entdeckte, dass sein Ka­bel­anbieter nach Vertragskündigung seine Kundendaten trotz eines gesetz­li­chen Verbots nicht löschte und verklagte ihn mit einer Sammelklage im Na­men aller Gleichbetroffenen auf Schadensersatz. Am 8. September 2016 er­ging in Alex Braitberg v. Charter Communications Inc. die Revi­sions­ent­schei­dung.

In St. Louis entschied das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA gegen den Kläger, der zunächst im Untergericht erfolglos geblieben war, doch das eingeräumte Recht zur Neuerhebung der Klage abgelehnt und auf eine rechts­kräftige Abweisung gepocht hatte. Er glaubte, nur mit einem Dismissal with Prejudice in die Revision gehen zu können.

Die Revisionsbegründung erklärt ihm, dass die Revision auch nach einem Dis­mis­sal without Prejudice zulässig ist, bevor der United States Court of Ap­peals for the Eighth Circuit auf den Kern des Streits eingeht: die nach Art. III der Bun­des­verfassung mangelnde Aktivlegitimation wegen einen spürbaren fi­nan­ziel­len Schadens, den die neueste Rechtsprechung des Supreme Court des Bun­des beim Finanzdatenschutz voraussetzt.

Das Gericht wendet dessen Präzedenzfall, Spokeo Inc. v. Robins, 136 SCt 1540(2016), auch auf Kundendaten beim ISP an. Da ein solcher Schaden nicht erkennbar ist, eröffnet auch der Datenschutzgesetzesverstoß durch Nicht­lö­schung von personally identifiable Information nach dem Cable Communi­ca­ti­ons Policy Act, 47 USC §551(e), allein nicht den Rechts­weg, bestimmt es.

Ein Common Law-Schadensersatzanspruch kann nach dem Restatement (Se­cond) of Torts §652A nicht bestehen, weil er sich auf Privatsphärenverstöße be­schränkt, die einen rechtswidrigen Zugriff auf persönliche Daten voraus­set­zen.


Donnerstag, den 08. Sept. 2016

Verbraucherschutz gegen Datenangriffe  

SPS • Washington.   Unter Mitwirkung der Öffentlichkeit will das Ver­brau­cher­schutz­amt der USA den Verbraucherschutz im Finanzsektor ver­bes­sern. Das Bun­des­amt ist neben den einzelstaatlichen Ämtern für den Schutz der Ver­brau­cher zuständig, teilweise überlappend. Bundesämter müssen die Öffent­lich­keit, nicht nur betroffene Lobbyisten, an der Entwicklung und Festlegung neuer Re­geln beteiligen.

Deshalb verkündete die Fe­deral Trade Commission am 7. September 2016 im Federal Register Bd. 81, Nr. 31, S. 61632 die No­vel­lie­rung der seit 2003 gel­ten­den Standards for Safeguarding Customer Infor­ma­tion zur Teil­nah­me al­ler In­ter­es­sierten. Die Regeln zum Schutz von Verbaucherdaten auf dem Ge­biet des Fi­nanz­dienst­leistungssektors stehen zur Kommentierung und öffent­li­chen De­batte im Forum des Bundesanzeigers bereit.

Beruhend auf dem im Administrative Procedure Act festgelegten Mitteilungs- und Kommentierungsprozess der USA ist die Öffentlichkeit immer und all­ge­mein an Richt­linien- und Verordnungs-Gestaltungen sowie verwal­tungs­akts­glei­chen Maßnahmen zu beteiligen. Vor Inkraftreten von Verordnungen und Richtlinien wird im Federal Register ein fach- und fallbezogener Dis­kus­sions­leit­pfaden, in diesem Fall samt Fragenkatalog, zur freien Mitwirkung und di­rek­ten Teilnahme an der jeweiligen Gestzesdiskussion verkündet.

Im Fokus der FTC-Weiterentwicklung der Datenschutzbestimmungen steht die nicht an Aktualität verlierende Notwendigkeit, geeignete Schutzmechanismen zur Abwehr von Hacker-Angriffen auf persönliche Verbraucher­daten einzu­rich­ten. Diskutiert wird die Frage, ob und inwieweit eine Unternehmens­ver­pflich­tung zur Erstellung von individuellen Notfallplänen zu regeln ist, um auf die stei­gende Intensität von Cyber-Attacken im Einzelfall ef­fektiv und angemessen re­agie­ren zu können. Angeregt wird, die bereits gesetzlich bestehenden Si­cher­heits­vorkehrungen in Gestalt eines umfangreichen Sicherheitsapparates auf wei­tere Teilbereiche des Finanzsektors, wie etwa Kreditkarten­zah­lungs­systeme, zu erstrecken.


Mittwoch, den 07. Sept. 2016

USB-Massenspeicher mit Urheberrechtsschutz  

.   In Direct Technologies LLC v. Electronic Arts Inc. ent­schied das Obergericht die Frage, ob ein als Videospielfigur gestalteter Thumb­drive trotz seiner funktionalen Verwendung und Aufmachung einen Schutz nach dem Copyright Act, 17 USC §103(b), genießen kann. Unnütze, deko­ra­ti­ve Elemente können etwas Funktionales zum urheberrechtlich schüt­zens­wer­ten Werk machen.

Der beklagte Softwarehersteller hatte bei einem Flashdrive-Hersteller ein Mus­ter als Prototyp in Auftrag gegeben und das Muster dann einem chine­si­schen Her­stel­ler senden lassen, der die Produktion einen halben Dollar pro Stück bil­liger als die Amerikaner aufnahm. Das Untergericht wies die Klage aus Ur­he­ber­recht und Geheimnisschutzrecht ab, weil es davon meinte, dass al­lein Rechts­fra­gen zu beurteilen seien, was die Beiziehung der Geschworenen erüb­rig­te, und die Tatsachen ohne Notwendigkeit der Beweiswürdigung allein für eine Ab­wei­sung mangels eines schützenswerten Werks und mangels Ge­heim­nis­schut­zes sprä­chen.

Am 6. September bestätigte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA im Hinblick auf den California Uniform Trade Secrets Act, weil das De­sign der Trennung von Flashdrive und einer Figur aus dem Videospiel der Be­klag­ten als Geheimnis keinen besonderen Vermögenswert darstellte: Es müss­te vielmehr derive[] independent economic value, actual or potential, from not be­ing generally knows to the public. Cal. Civ. Code § 3426.1(d)(1). AaO 4.

Die beklagte Softwareherstellerin besitzt das Urheberrecht an der Figur, in die der USP-Speicher integriert wird. Die Softwarefirma und die US-Speicher­de­sign­fir­ma verhandelten über einen treulosen Vermittler, der beiden Seiten we­sent­li­che Tatsachen vorenthielt. Die Vertragsbeziehungen klärten sie nach dem fol­gen­den Streit durch einen Vergleich. Der Designer erhob eine Fest­stel­lungs­kla­ge gegen den Spielehersteller auf Bestätigung eines gemeinsamen IP-Ei­gen­tums, joint Authorship.

In der Revision beantwortete das Gericht in San Francisco ausführlich die auf­ge­wor­fenen Fragen über das gemeinsame Eigentum an einem derivative Work, das sich aus der zweidimensionalen Figur des Spiels und der Einbindung in ein drei­di­men­sionales Werkzeug ableitet. Es stellte anhand der Copyright-Merk­ma­le mit einer 23-seitigen Begründung fest, dass Tatsachenfragen zu klä­ren sind, was in die Subsumtionszuständigkeit der Jury fällt.


Montag, den 05. Sept. 2016

Alles geschlossen: Gerichte, Ministerien, Kanzleien  

.   Die amerikanische Juristenwelt wappnet sich für die näch­ste Amtsperiode des Supreme Court in Washington, die in einem Monat mit nur acht Richtern beginnt. Vorher darf sie noch einen Feiertag ge­nießen. Der Tag der Arbeit, Labor Day, schließt Gerichte, Ministerien und Kanz­lei­en am Mon­tag.

Viele Feiertage berühren Juristen in den USA nicht. Die nächsten auch ihnen hei­li­gen Feiertage sind Thanksgiving am letzten Donnerstag im November und Weih­nach­ten am 25. Dezember; dann beginnt der karge Feiertagsreigen neu am 1. Ja­nu­ar 2017.


Samstag, den 03. Sept. 2016

Wahlstation als Grundlage für Jura-Karriere  

.   Das Fundament für die Juristenlaufbahn des Verfassers leg­te die Wahlstation. Deshalb folgte seinem Eintritt ins Berufsleben als Rechtsan­walt und Attorney at Law bald die Ausbildung von Referendaren und Prak­ti­kan­ten aus Deutschland und Interns aus der ganzen Welt. Rund 200 junge Ju­ris­ten konn­ten so die amerikanische Rechtswelt samt Umfeld hautnah erleben und ihren eigenen Weg entwickeln.

Da in den USA alles anders ist als man denkt, und eine Einführung ins US-Recht an der Uni kaum die Wirklichkeit der frappierenden Rechtskonzepte und -prak­ti­ken vermitteln kann, stoßen sie nahezu täglich auf neue Wunder und uner­war­te­te Absurditäten. Alles ist anregend, weil man auch für die eigene Rolle und Zu­kunft Gedankenanstöße erhält.

Der Ausbilder spielt dabei eigentlich eine untergeordnete Rolle: Er wirft die Jun­gen ins kalte Wasser und zeigt ihnen, wie man schwimmt und Frustrationen über­lebt. Dann folgt ein Debriefing mit Feedback zur Ergänzung der regel­mäßi­gen Lehr­gänge, die die Geschichte und Konzepte des US-Rechts erklären.

Vergleichbare Erfahrungen brachten den Verfasser über Malta und England in die USA. Ohne die lehrreiche Wahlstationsausbildung vor heute 40 Jahren bei dem späteren Staatspräsidenten Dr. Ugo Mifsud Bonnici wäre das nie ge­sche­hen.


Freitag, den 02. Sept. 2016

25 Jahre German American Law Journal  

.  
Zeitschrift GALJ 25 Jahre
Heute gibt es das German American Law Jour­nal nur noch in einer Digital­fas­sung, die zuerst 1992 erschien. 1991 erschien die Zeit­schrift zum ersten Mal gedruckt und wurde bald vom Fach­ver­lag Hein ver­trie­ben.

Die ersten Di­gital­fas­sun­gen wa­ren auf Dis­ket­te er­hält­lich - zuerst als Text­datei­en, dann schon mit XText-Hy­per­links, lan­ge be­vor das Inter­net der Öf­fent­lich­keit frei­ge­geben wurde.

Vor diesem Schritt war schon eine On­line-Aus­gabe über einen Gopher-Server an der Uni­ver­sity of Mary­land ab­ruf­bar. Doch im ge­schlos­senen Inter­net tum­mel­ten sich kaum Ju­ris­ten.

Als das WWW und Mosaic er­fun­den waren, folgte ein Web­ange­bot. 2003 kam die Spal­tung in zwei Inter­netan­gebo­te, für die die Blog-Technik ge­eig­net schien: Die American Edition sowie US-Recht auf Deutsch.

Die Rechte für die Druckfassung liegen bei der German American Law Asso­cia­ti­on in Washington, und vertrag­lich waren die digi­talen Rechte dem Verfasser zu­ge­ord­net, der jedoch auch Beiträge der GALA-Mit­glieder aufnimmt. Heute stam­men die tages­aktuellen Berichte meist von ihm und seinen Refe­ren­daren und Interns. Die Technik blieb - wie auch beim primär­quellen­bei­steuernden Such­werk­zeug Star List Decisions Today unverändert handgestrickt.


Donnerstag, den 01. Sept. 2016

Kündigung nach Streik und Auslandsentsendung  

COS • Washington.   Vorgeschobener Kündigungsgrund? Ein Arbeitgeber be­grün­dete die Kündigung eines Angestellten mit seiner Ablehnung einer Entsen­dung nach Saudi Arabien. In New Orleans bestätigte am 31. August 2016 in der Sache Katch Kan USA LLC v. NLRB das Bundesberufungsgericht des fünf­ten Bezirks der USA das Ergebnis der Überprüfung durch das National La­bor Relation Board, das für Gewerkschafts- und Streikfragen zuständige Bun­des­amt in der US-Hauptstadt Washington, DC. Ein Antrag der Arbeitgeberin auf Überprüfung blieb erfolglos.

Die Kündigung des Arbeitnehmers ist rechtswidrig, da sie nach Würdigung der Beweise wie ein Vergeltungsschlag wirkt: Er hatte an einem Arbeitsstreik teil­ge­nom­men, bevor er elf Tage später entlassen wurde. Insbesondere sieht das Ge­richt, nicht wie von der Arbeitgeberin behauptet, die Verweigerung seiner Ent­sen­dung nach Saudi Arabien als Kündigungsgrund an. Ein Ent­las­tungs­be­weis wurde nicht erbracht.

Kündigungen aus Vergeltungsgründen sind nicht nur im amerikanischen Dis­kri­mi­nie­rungs­recht bedeutsam. Die Vorkehrungen des Unternehmens gegen solche Kündigungsfehler müssen auch die gewerkschaftsrechtlichen Vorgaben be­ach­ten und Vergeltungsmaßnahmen ausschließen, um eine Haftung zu vermei­den.


Mittwoch, den 31. Aug. 2016

Kostenerstattung ist eine Ausnahme mit Ausnahmen  

.   Der Fall Deutsh v. Jesus Becerra Inc. erklärt die Aus­nah­me von der American Rule, nach der im US-Prozess jede Partei die eigenen Pro­zess­kosten trägt. Hier schrieb das Bundesgesetz zum Behinderten­schutz eine Kos­ten­erstattung im Ermessen des Gerichts zugunsten der obsiegenden Par­tei vor, und das Gericht gab dem Erstattungsantrag nicht statt.

In der Revision entschied am 30. August 2016 in New Orleans das Bundes­beru­fungs­ge­richt des fünften Bezirks der USA jedoch zugunsten des Klägers, der eine Feststellungsklage und Verfügung gegen eine Bäckerei ohne be­hin­der­ten­ge­rech­ten Eingang und Parkplatz gewonnen hatte. Die Begründung ver­weist auf einen Prä­zedenzfall des Obersten Bundesgerichtshofs der USA in Wa­sh­ing­ton, DC. In Christiansburg Garment Co. v. EEOC, 434 US 412, 417 (1978), hatte der Supreme Court entschieden, dass außer bei besonderen Umständen in Bür­ger­rechts­fällen die im Gesetz vorgesehene Erstattung die Regel, nicht die Ausnahme, ist.

Hier konnte das Gericht die Ausnahme der special Circumstances nicht fest­stel­len und folgerte, dass das Untergericht sein Ermessen missbraucht hatte. Der Fall kehrt nun dorthin mit der Maßgabe zurück, die Erstattungs­be­rech­nung vor­zu­nehmen, um dann seine Kostenverfügung zu erlassen.


Dienstag, den 30. Aug. 2016

Friedensmission mit $40 Mrd. Choleraschaden  

PD • Washington.   Friedensmission mit ungewollten Folgen - wer haftet für $ 40 Milliarden Choleraschäden? Kläger aus Haiti glaubten, es soll die UN sein. Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City be­stätigte am 18. August 2016 ein Urteil des Untergerichts in der Sache Georges v. United Nations.

Gleichzeitig verwarf es die von den Klägern behauptete Verwirkung der Im­muni­tät internationaler Organisationen. Maßgeblich für diese Beurteilung war das Übereinkommen über Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Na­ti­o­nen, Con­ven­tion on the Privileges and Immunities of the United Nations, Apr. 29, 1970, 21 U.S.T. 1418 , 1 USC §112a.

Die Kläger hatten behauptet, die UN sei für die Choleraschäden in Haitis Be­völ­kerung verantwortlich. Zumindest sei sie für den Choleraausbruch mit­ver­ant­wort­lich. Die Epidemie sei 2010 von UN-Blauhelmen aus Nepal eingeschleppt worden.

Ob das fahrlässige Unterlassen einer ärztlichen Untersuchung vor der Sta­tio­nie­rung oder die Zuleitung von unbehandeltem Abwasser in eine Haupt­was­ser­quel­le Haitis eine schadensersatzauslösende Pflichtverletzung dar­stellt, lies der Uni­ted States Court of Appeals for the Second Circuit wegen der Im­mu­ni­tät der UN offen.

Entgegen der Klägeransicht sei die Immunität nämlich nicht entfallen. Denn sie müsse nicht erst durch Maßnahmen for appropriate Modes of Settlement nach §29 CPIUN, 1 USC §112a, verdient werden, sondern bestehe ipso jure von An­fang an. Deshalb könne auch im Unterlassen solcher Maßnahmen keine Ver­wir­kung der Immunität eingetreten sein. Schließlich liege auch keine Ver­sa­gung des Right of Access to the Federal Courts vor - die Kläger hätten das Prinzip der Im­mu­ni­tät nur nicht richtig verstanden.


Montag, den 29. Aug. 2016

Haftet der Vermieter nach Zika-Mückenstich?  

.   Zu den Langzeitfolgen von Zika gehört auch die Frage, ob Vermieter für Infektionen ihrer Mieter haften. In den USA ist das Mietrecht ein­zelstaatliches Recht. Der Bund regelt Diskriminierungs- und Finanzierungs­fra­gen, nicht die Rechtsbeziehung zwischen Mietvertragsparteien.

Folglich ist das Mietrecht wie auch allgemeines Vertragsrecht 56 Mal unter­schied­lich geregelt, von den Einzelstaaten und weiteren Rechtskreisen wie den Jung­ferninseln, Puerto Rico oder dem District of Columbia mit der Hauptstadt Washington. Grundsätzlich gilt Vertragsfreiheit. Daher kann die vertragliche Verantwortung für die Beseitigung von Ungeziefer beim Mieter oder Vermieter liegen, sofern einzelstaatliches Recht sie nicht einer Partei zuweist. Dass das Vorhandensein von Mücken eine Vertragsverletzung durch Unterlassen von Ge­gen­maßnahmen darstellt, ist denkbar. Ebenso denkbar ist auch ein Mit­ver­schul­den infizierter Personen durch deren unzureichende Schutz­vor­keh­rungen.

Neben der Vertragsverletzung als Default kommt im Vertragsverhältnis auch die Nebenpflichtverletzung der implied Warranty of Habilitability ins Spiel. Grund­sätz­lich sichert der Vermieter konkludent die Wohneignung ohne Le­bens­ge­fahr für den Mieter zu. Im Verhältnis zum Nachbarn, der Tümpel toleriert und durch Unterlassung Mücken trotz bekannter Gesund­heits­ge­fähr­dung züchtet, ist an Torts, haftungsauslösende Sorgfaltspflichtverletzungen mit Schadens­vor­her­seh­bar­keit und Kausalität, zu denken. Da bietet die unterschiedlich in allen Rechts­krei­sen der USA weitentwickelte Rechtsprechung zur Haftung für ge­fähr­li­che Tiere erste Ansätze für die rechtliche Einordnung.


Sonntag, den 28. Aug. 2016

GSP-Zwang im Taxi als verfassungswidriger Eingriff  

.   Eine verfassungswidrige Durchsuchung stelle ein Zwang der Taxi-Aufsicht zum Einbau eines GSP-Datensammlungs- und -Zahlsystems in Taxis dar, behauptete der Kläger, der in der ersten Instanz verlor. Am 26. August 2016 erging die Revisionsentscheidung in El-Nahal v. Yassky.

Sie betrifft eine Vorschrift der Taxikommission in New York City, doch die Ver­fas­sungs­frage ist USA-weit lehrreich und im Bezirk des Bundes­be­ru­fungs­ge­richts des zweiten Bezirks der USA in New York City bindend. Der zweite Bezirk um­fasst die Staaten Vermont, New York und Connecticut.

Der Kläger behauptete einen Zwang zur Fahrten- und Ortskontrolle von Taxis, dem Datensammlung und -übermittlung ohne Zustimmung folgen, und damit einen Verstoß gegen den Vierten Verfassungszusatz, der einen Richterbeschluss für Durchsuchungen erfordert. Die Revision bestätigte die Klageabweisung man­gels eines schädigenden Eingriffs in ein Eigentumsrecht und ging in seiner Be­grün­dung auch auf den Eingriff in die Privatsphäre ein, den der Kläger nur in der ersten Instanz verfolgt hatte.
Der Vierte Verfassungszusatz lautet:
The right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures, shall not be vi­olated, and no warrants shall issue, but upon probable cause, sup­por­ted by oath or affirmation, and particularly describing the place to be searched, and the persons or things to be seized.


Samstag, den 27. Aug. 2016

300-prozentige Steuerlast im Steuerparadies  

COS • Washington.   Puerto Ricos Gesetz zur Erhöhung der Warenverkehrs­steu­er von 2% auf 6,5%, Alternative Minimum Tax, führt zu einem 300-pro­zentigen An­stieg der Steuerlast bei einem einzigen Steuerzahler im ehe­ma­li­gen Steuer­pa­ra­dies Puerto Rico, einem Nicht-Staat in den USA. Das Bundes­beru­fungs­ge­richt des ersten Bezirks der USA in Boston hat sich im Verfahren Wal-mart Puerto Ri­co Inc. v. Zaragoza-Gomezam 24. August 2016 zunächst für aus­drück­lich zuständig erklärt und entschieden, dass das AMTgegen die Dor­mant Commerce Clause verstößt und daher ungültig ist.

Der Butler's Act in 48 USC §872 bestimmt, dass Klagen auf Steuer­beschrän­kun­gen nach dem Recht der Einzelstaaten vor deren Gerichten anzubringen sind, doch ist er in diesem Fall unanwendbar. Von dem Grundsatz war ab­zu­wei­chen, da kein ebenbürtiges und gleichermaßen effizientes Rechtsmittel auf einzel­sta­at­li­cher Ebene besteht:
1. Der gewöhnliche Rechtsmittelweg sähe vor, dass der Steu­er­schuld­ner nach Entrichtung der Steuer einen Einspruch auf Steuer­rück­zah­lung einlegen müsste und erst nach Ablehnung der Rück­er­stat­tung den Weg zum einzelstaatlichen Gericht einschlagen dürfte. Das hätte im vorliegenden Fall zu einer geschätzen Verfahrensdauer von sieben Jahren geführt.

2. Selbst wenn dies noch als angemessen anzusehen wäre, würde dies aufgrund der unangemessenen Steuererhöhung zu einer Rück­zah­lung von ca. $200 Mio. führen und damit mit der Kappungs­gren­ze der einzelstaatlichen Gerichte von $20 Mio. kollidieren.

3. Darüber hinaus sei unklar ob der Staat Puerto Rico fähig sein wür­de, diese Rückerstattung in dieser Höhe leisten zu können. Einer An­rechnung des vermeintlichen Steuerüberschusses auf die näch­sten Jahre steht eine $3 Mio. Ausschüttungsgrenze entgegen, wel­che zu einer jahrzehntelangen Rückabwicklung führen würde.
In der Sache bestätigt das Berufungsgericht, dass die AMT gegen die Dormant Commerce Clause der Bundesverfassung verstößt. Diese verbietet, dass Sach­ver­hal­te, die einzelstaatliche Grenzen überschreiten, nicht anderen recht­li­chen Regeln unterworfen werden dürfen als innerstaatliche Sachverhalte. AMT führt durch die Erhöhung der Besteuerung des Warenverkehrs gerade dazu, dass ins­be­son­dere die klagende Steuerzahlerin durch den sektorspezifisch hohen Trans­fer von Waren nach Puerto Rico einer unangemessenen Besteuerung un­ter­zo­gen wird. Das Gericht stellt zudem fest, dass der ursprüngliche Zweck der Neu­re­ge­lung, nämlich die Vermeidung von unlauteren Gewinnver­schie­bungen, nicht der einzige ist, sondern dass das AMT dem finanziell angeschlagenen Staat eine zu­sätzliche Einkunftsquelle schaffen sollte. Im Ergebnis führt dies zu einer Dis­kri­minierung der Klägerin.


Freitag, den 26. Aug. 2016

Polizeiliche Sorgepflicht nach tödlichem Unfall  

.   Mit "ich habe gerade jemanden getötet" verneinte ein LKW-Fahrer die Frage eines Polizisten, ob er okay sei. Die einen Unfallhergang aufnehmenden Polizisten glaubten, der Fahrer stünde unter Schock. Als ihnen ein Priester anbot, sich um ihn zu kümmern, lehnten sie ab. Der Fahrer blieb krankhaft traumatisiert und verklagte die Polizei und die Stadt wegen un­ter­las­se­ner Hil­feleistung.

Am 24. August 2016 entschied in Mattern v. City of Sea Isle das Bun­des­be­ru­fungs­gericht des dritten Bezirks der USA in Philadelphia gegen den Fah­rer. Er war an Aufräumarbeiten nach einem Hurrikan beteiligt, als aus Bü­schen eine für ihn unsichtbare Person mit Ohrschützern in den Laster lief und um­kam. Die Revisionsentscheidung erklärt lehrreich die denkbaren Anspruchsgrundlagen nach Bundesrecht, die aus Gesetz in 42 USC §1983 und der Verfassung folgen.

Letztlich haftet niemand für das Dauertrauma. Die Polizei könnte wegen un­ter­lassener Hilfeleistung haften, wenn sie den Schaden verursacht hätte - auch bei recht­mäßigem Handeln. Die Unfallaufnahme löste den Schaden jedoch nicht aus. Die Ablehnung des priesterlichen Angebots ist irrelevant, weil ein Priester kei­ne me­di­zi­nische Betreuung anbietet, schrieb Revisionsrichter Krause. Da die Po­li­zi­sten keinen Fehler begingen, kann auch die Stadt nicht haften.


Mittwoch, den 24. Aug. 2016

Online-Schiedsklausel sittenwidrig bindend?  

.   Die Beklagte bietet zum Online-Erwerb DNA-Unter­su­chun­gen an und verpflichtet in ihren Web-AGB Besteller zur Streitklä­rung im Schieds­prozess. Die Kläger behaupten, die Klausel sei sittenwid­rig und nichtig. Am 23. August 2018 entschied in San Francisco das Bundesberufungs­ge­richt des neun­ten Bezirks der USA den Disput in Tompkins v. 23andme Inc.

Die 31-seitige Revisionsbegründung geht vom Ansatz des Supreme Court in Wa­shington, DC, aus, nach dem Schiedsklauseln a priori wirksam sein sollen und nur in raren Fällen zugunsten der ordentlichen Gerichtsbarkeit ignoriert werden dürfen. Dann erörtert es die zwei Seiten der Unconscionability, Sit­ten­widrigkeit: substantive Unconscionability und procedural Uncon­scio­na­bi­lity.

Die Sittenwidrigkeit beurteilt sich beim vorliegenden Sachverhalt nach ka­li­for­ni­schem Recht. Das Gericht erklärt sie für hochgradig tatsachenabhängig. Die­ser Fall kann nur die materielle Sittenwidrigkeit betreffen, bestimmt es. Zwei­fel trä­fen mehrere Abschnitte der Arbitration Clause, doch beurteilt es die gesamte Klau­sel, wie es ausführlich und lehrreich belegt, als wirksam.


Dienstag, den 23. Aug. 2016

Krank im Privatgefängnis - haftet der Staat?  

.   In Greenland v. USA behauptete ein Insasse im Privat­ge­fäng­nis, der Staat sei für seine Misshandlung durch jahrelanges Verschleppen einer schon vor seiner Verhaftung geplanten Operation haftbar. Der Staat ent­geg­ne­te, dass die private Gefängnisverwaltung hafte, da sie vertraglich zur Ge­fan­ge­nen­betreuung verpflichtet sei. Dafür beschäftige sie einen Ge­fäng­nis­arzt.

Nachdem der Häftling in der ersten Instanz verlor, gab ihm das Bun­des­be­ru­fungs­gericht des dritten Bezirks der USA in Philadelphia am 22. August 2016 recht. Nicht die Tatsache des Outsourcing sei entscheidend und für den Staat haf­tungs­entlastend, sondern die Ausübung der staatlichen Gewalt über den Häft­ling. Diese habe sich der Staat im Outsourcing-Vertrag vorbehalten. Ein Be­amte habe sie in der Haftanstalt ausgeübt. Dass dieser kein Arzt sei, spiele kei­ne Rolle. Der Häftling darf seine schlüssige Klage nun im Untergericht weiter ver­fol­gen.


Montag, den 22. Aug. 2016

Selbstevakuierung Floridas nach amtlicher Zikawarnung  

.   Die Centers for Disease Control and Prevention ver­schär­fen ihre Zika-Warnung, und prompt folgen Berichte über Selbst­evakuierung und Selbst­quarantäne. Nach Florida zu reisen, ist zwar kein Selbst­mord, aber der an­stecken­de Zika-Virus bedroht dort mit lang­dauern­den Gesund­heits­schäden Be­su­cher und ihren Nachwuchs - und es gibt noch kein Gegen­mittel, dass den Süd­staat oder Rück­kehrer aus ihm wieder sicher macht.

Das CDC ist eine Oberste Bundes­be­hörde mit Sitz in Atlanta und dem Bundes­gesund­heits­ministerium, Depart­ment of Health and Human Services, an­ge­schlossen. War­nungen wie die vom CDC-Direktor Tom Frieden fallen in die CDC-Zu­ständig­keit, der von der Ebola-Krise Lehren für die Zika-Krise zieht: CDC is using borrowed money on borrowed time to support a com­pre­hen­sive Zika response while keeping a watchful eye on Ebola….

Die Einzelstaaten der USA, das Bundes­ministe­ri­um und das CDC teilen sich mit dem Kongress eine gemeinsame Zustän­dig­keit. Dieser muss gesetz­lich vor­ge­ben, wie die Regierung auf die Gefahr rea­gieren darf und welche Haus­halts­mit­tel er zur Verfü­gung stellt. Doch der von Repub­likanern monopo­lisierte Kon­gress fuhr in Urlaub und wollte vorher der von Demo­kraten geleiteten Exe­ku­ti­ve kei­ne Mittel zuweisen. Wie viele Florida-Touristen verkennt er bei Zika den Ernst der Lage.


Sonntag, den 21. Aug. 2016

Prozess um Plagiat vor welchem Gericht?  

.   Ungewöhnlich gründlich und verständlich erörtert die Be­grün­dung in Inspired by Design LLC v. Sammy's Sew Shop LLC die Zu­stän­dig­keits­ab­wä­gun­gen in einem Prozess um ein Plagiat von Haustierbetten. Die Er­wä­gun­gen des Gerichts vom 3. August 2016 gelten im internationalen Verkehr eben­so wie im diesen Streit zwischen einer Klägerin aus Kansas und einer Be­klag­ten aus Kalifornien.

Die Klage wurde vor dem Bundesgericht für Kansas erhoben, weil die Beklagte das Design der Klägerin nachgeahmt haben und in Kansas über einen Dritten ein Produkt zur Lieferung nach Kalifornien bestellt haben soll. Die Beklagte be­stritt die örtliche Zuständigkeit, die das Gericht unter den Kriterien für die per­so­nal Jurisdiction und Venue prüfte.

Die Frage der Zuständigkeit für die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Forums­staat über die Person der Beklagten war in drei Schritten zu untersuchen. Das Gericht konnte keine general Jurisdiction feststellen, weil die Beklagte nicht fort­gesetzt und systematisch in Kansas wirkt. Es fand jedoch eine specific Ju­ris­diction, weil die Beklagte sich das Muster aus Kansas beschaffte und dort durch das Plagiat Schäden zulasten der Klägerin auslöste.

Diese Feststellung hielt der verfassungsrechtlichen Nachprüfung im dritten Schritt stand, als das Gericht die Rechtsstaatlichkeit der Ausübung der Ge­richts­barkeit über die Forumsfremde nach dem Fourteenth Amendment un­ter­suchte: Die Nexus- und fair Play and substantial Justice-Kriterien sind erfüllt. Schließ­lich bestätigte es in der Venue-Prüfung nach 28 USC §1391(b), dass meh­re­re Gerichte zuständig sein können, doch kein Grund für die Verweisung nach Kalifornien spricht.


Samstag, den 20. Aug. 2016

Solartechnik aus Rotchina gewinnt Kartellklage  

.   US-Firmen vertreiben neue Solartechnik, aber Wett­be­wer­ber aus China unterbieten sie verlustreich mit alter Technik. Eine US-Firma in Li­qui­dation verklagte sie wegen einer Preisabsprache nach dem Sherman Act. US-An­bieter hatten bereits ein Ausgleichszollverfahren gewonnen, weil die Chi­ne­sen unter ihren Kosten und mit Staatssubventionen ihre Ware in die USA brach­ten.

Am 19. August 2016 wehrten die Chinesen jedoch in Energy Conversion Devices v. Trina Solar Ltd. den Kartellvorwurf vor dem Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks der USA in Cincinnati ab. Die 16-seitige Begründung er­klärt die Ziele des Kartellrechts: Consumers benefit when market com­pe­ti­tion leads to lower prices. Competitors do not. [… A]ntitrust law pro­tects "com­pe­tition, not competitors".

Das Gericht stellt dann die Merkmale des Kartellschutzes heraus: Wenn Preise durch eine Anbieterabsprache unter die Kosten reduziert werden, kann das Ge­setz nur verletzt sein, wenn auch behauptet wird, dass die Verletzer beab­sich­ti­gen, monopolistisch durch eine nachfolgende Preissteigerung ihre Verluste aus­zu­gleichen. Diese Frage untersucht es gründlich, bevor es feststellt, dass das letz­te Merkmal nicht behauptet wird und damit die Klage unschlüssig ist. Zwar wird die Konkurrenz geschädigt, doch der Markt wird nicht beschränkt, und der Ver­braucher gewinnt. Alles nach 15 USC §1 legitim.


Freitag, den 19. Aug. 2016

Böswillige Copyright-Verletzung  

.   Ein Fotograf fertigte Fotos einer Musikgruppe an und ver­klag­te in Friedman v. LiveNation Merchandise Inc. eine Mu­sik­ver­mark­tungs­fir­ma wegen der ungenehmigten Verwendung seiner Fotos auf Hemden und Ka­len­dern, nachdem Identifikationsinformationen von den Fotos entfernt wurden. Am 18. August 2016 entschied in San Francisco das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des neunten Bezirks der USA wichtige Teilfragen des amerikanischen Ur­he­ber­rechts.

Die Beklagte hatte Verletzungen anerkannt, jedoch die haftungsverschärfende Böswilligkeit und Kenntnis von der Datenentfernung nach §1202(b) des Digital Millennium Copyright Act bestritten. Das Gericht erkannte in seiner 26-seitigen Begründung, dass diese Fragen Tatsachenfragen darstellen, die im US-Prozess den Geschworenen zur Subsumtion vorzulegen sind.

Zudem klärte das Gericht die Rechtsfrage, ob bei mehreren Verletzern der ge­setz­lich bemessene Schadensersatz nach §504(c)(1) des Copyright Act auf einen Ver­let­zer zu begrenzen ist. Hier hatte der Fotograf Downstream-Ver­letzer, die an der Handelskette für die verletzenden Werke beteiligte waren, nicht mit einem Join­der in den Prozess einbezogen. Deshalb richtet sich die Be­mes­sung des Scha­dens­er­satzes nur nach dem Handlungsbeitrag der Be­klag­ten ohne Be­rück­sichtigung der weiteren Beteiligten.


Donnerstag, den 18. Aug. 2016

Keine Sportsendung ohne Lizenz aller Sportler  

.   In Marshall v. ESPN behaupteten Sportler aufgrund eines Right of Publicity und nach Kar­tell- und Mar­ken­recht An­sprüche gegen Fernseh­anstalten und Sportver­bände: Sport­sen­dun­gen seien ohne eine Lizenz jedes Spielers illegal. Denn diese hielten das Eigen­tums­recht an Namen und Bildnis. Das Bundes­gericht wies die Klage als unschlüs­sig ab, und die Revision folgte.

Am 17. August 2016 entschied in Cincinnati das Bundes­be­ru­fungs­gericht des sechsten Bezirks der USA eben­falls gegen sie und die ein­be­zo­ge­nen Sammel­klä­ger. Es bezeichnete die Ansprüche aus einem - dem Persön­lich­keits­recht in man­cher Bezie­hung entspre­chendes - Publizitäts­recht als Rechts­fan­tasie. Das Ge­setz, der Personal Rights Protection Act von Tennessee, nehme Sportler aus­drück­lich von seinem Schutz in Tenn. Code Ann. §47-25-1107(a) für Sport­aus­strah­lungen aus, und ein ähn­liches Common Law-Recht existie­re nicht.

Da ein solcher Schutz nicht bestehe, muss auch der Kartell­anspruch fehl­schla­gen, der eine rechts­widrige Preis­fest­legung durch die Beklag­ten ohne Zu­stim­mung der Rechte­inhaber behauptet. Auch der marken­recht­liche An­spruch tau­ge nichts. Wenn bei einer Sport­sendung ein Werbe­banner er­schei­ne, ist ent­ge­gen der Ansicht der Kläger nicht erkenn­bar, dass die Spieler das Bewor­bene gut­heißen. Nach 15 USC § 1125(a)(1)(A) sei zwar eine un­ge­neh­mig­te Be­haup­tung eines Endorsement durch Sportler und andere Per­sonen rechts­wid­rig, aber Zuschauer hätten genug gesun­den Menschen­verstand, der solche ir­ri­ge An­nah­men ausschlösse.


Mittwoch, den 17. Aug. 2016

Datenschutz auch ohne Gesetz: USA  

.   Ein klassischer Fehler beim Datenschutzvergleich besteht darin, allein auf Gesetze abzustellen und das in den USA seit mehr als 120 Jah­ren geltende Right of Privacy zu ignorieren. Der Beschluss in Carlsen v. Game­stop Inc. vom 16. August 2016 zeigt die Vielfalt der Rechtsgrundlagen auf, die bei behaupteten Datenschutzverletzungen - hier der Weitergabe einer Fa­ce­book-ID durch einen Computerspielanbieter, der vertraglich zusicherte, per­sön­lich identifizierbare Kundendaten nicht weiterzugeben, - greifen kön­nen.

Hier vorlor der Kläger im Untergericht, weil es die Datenweiterleitung als scha­dens­los ansah und damit die Aktivlegitimation des Klägers für sich und sei­ne Sam­melklagekomparsen verneinte. In St. Louis prüfte das Bundesberu­fungs­ge­richt des achten Bezirks der USA diese Rechtsfrage erneut. Die Min­der- wie die Mehrheitsbegründungen der Richter erörtern lesenswert die Voraussetzungen der Legitimation in Art. III der Bundesverfassung.

Neben der Schadenserörterung sind die Begründungen wichtig für das Ver­ständ­nis der An­spruchsgrundlagen. Zentrales Thema ist dabei die Qualität des Schadens, die nicht allein in der Datenweitergabe zu suchen ist. Die An­sprü­che folgen aus der vertraglichen Zusicherung, hier einer express War­ranty, weil sie ausdrücklich einen - gesetzlich nicht erforderlichen - Schutz ver­sprach, ebenso wie aus dem Recht der unerlaubten Handlungen - dem hi­sto­ri­schen Da­ten­schutz­an­satz - mit Verweis auf Verbraucherschutzrecht und sei­nem Verbot der Kundentäuschung. Interessant ist auch, dass die Facebook-ID nicht als per­sön­lich identifizerbares Datum eingestuft wird.


Dienstag, den 16. Aug. 2016

Standby Letter of Credit: Strikte Bedingungen  

.   Ein Fleischverkauf in den Kosovo endet für den ameri­ka­ni­schen Lieferanten in Mago International v. LHB AG verhängnisvoll: Erst zahlt der Kunde nicht, dann weigert sich die Bank, auf Vorlage von Kopien der Frachtbriefe nach einem Standby Letter of Credit zu zahlen. In New York City entschied am 15. August 2016 auch das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA gegen ihn.

Der Lieferant konnte keine unterzeichneten Frachtbriefe vorlegen und meinte, dass Unterschriften nach den Regeln der Uniform Customs and Practice for Do­cu­mentary Credits nach der Auslegung der International Chamber of Com­mer­ce Banking Commission nicht verlangt seien. Das Gericht erklärte jedoch, dass die zulässigen Copies der Frachtbriefe nur das erste Prüfmerkmal darstellten. Das zweite sei der darus hervorgehende Beweis der Lieferung als Beleg für das shipment of the goods to the applicant, aaO 6.

Der Beweis der Lieferung ist nach dem SLOC zu erbringen: [T]here is not evi­den­ce that the shipping information on the bill of lading reflects the actual ship­ment of the goods--precisely the information that the SLOC requires. Genau für diesen Zweck enthalten die Papiere einen Unterschriftsabschnitt, der mit dem Wort Received beginnt. Ohne die strikte Erfüllung dieser Voaussetzung kann der Kläger keinen Zahlungsanspruch duchsetzen.


Montag, den 15. Aug. 2016

Manipulierter virtueller Energiemarkt: $15 Mio. Strafe  

.   Der virtuelle Energiemarkt kann manipuliert werden. Der Gesetzgeber sah das voraus und legte Strafen fest. Im Beschluss in Federal Energy Re­gu­latory Commission v. City Power Marketing LLC vom 10. August 2016 erfährt der Leser dank einer detaillierten Beschlussbegründung eine Be­schreibung des Energiemarktes, des physischen und des virtuellen Handels, sei­ner Aufsicht, der rechtswidrigen Manipulationen und der Sanktionen.

Das Bundesgericht der Hauptstadt beurteilt die Handlungen eines raffinierten Energiehändlers, der einen Weg fand, ohne Risiken bei Steigen oder Sinken des Energiemarkts zu verdienen. Das Amt legte eine Strafe von $15 Mio. und die He­rausgabe des Gewinns fest, die es in dem Prozess vollstrecken darf, be­stimm­te das Gericht:
In essence, City Power found a way to place tra­des that had no risk of earning or losing money on the basis of price changes but that no­ne­the­less triggered a financial credit for City Power from the mar­ket operator. After a lengthy investigation, FERC concluded that the­se trades constituted a fraudulent scheme that violated the Com­mis­sion's Anti-Manipulation Rule, 18 C.F.R. § 1c.2. FERC also con­clu­ded that by failing to reveal the existence of certain archived instant mes­sa­ges during the investigation, City Power had violated the Com­mis­sion's Market Behavior Rule 3, 18 C.F.R. § 35.41(b) …


Sonntag, den 14. Aug. 2016

Rückdatierter Rücktritt statt Kündigung wirksam  

.   Statt eine Kündigung von einem Krankenhaus hin­zu­neh­men, handelte eine Ärztin ein eigenes rückdatiertes Rück­tritts­angebot aus, das das Kranken­haus annahm. Danach verklagte sie das Kranken­haus sowie das For­schungs­institut, dem sie als Mili­tär­ange­höri­ge zur Weiter­bildung ver­trag­lich zu­ge­wiesen war.

Sie beansprucht Schadensersatz wegen Ver­trags­bruchs, Ver­let­zung eines Ver­trags zwischen Dritten als Dritt­begün­stigte und die Verlet­zung der konklu­den­ten ver­trag­li­chen Ne­ben­pflicht zu gutem Glauben und fairem Handeln, implied Covenant of good Faith and fair Dealing, nach dem Recht des District of Co­lum­bia. In Burns v. Ge­orge­town Univer­sity Medical Center wies das Bundes­ge­richt der Hauptstadt am 12. August 2016 die Klage ab.

Soweit überhaupt die richtige Vertrags­partei ver­klagt ist, stellt das Gericht kei­nen Ver­trags­bruch fest, weil die Klägerin vor der Kündigung zurück­trat und da­mit den Vertrag durch Rescission auflöste. Dass die Kün­digung in Wirk­lich­keit zu­erst erfolgte und der Rücktritt zurück­datiert war und später erklärt wurde, stört das Gericht nicht. Einen Anspruch gegen die nicht vertrag­lich gebun­dene Par­tei stellt das Gericht nicht fest.

Die konkludente Pflicht zu gutem Glauben und fairem Handeln erör­tert das Ge­richt ausführlich. Es bestä­tigt, dass das angenom­mene Rück­tritts­angebot dazu führt, dass die Klä­gerin keine Vertrags­ansprüche behaup­ten kann. Von den zahl­reichen behaup­teten pflicht­verlet­zenden Hand­lungen unter­sucht das Gericht einen kranken­haus­internen EMailverkehr gründ­licher. Die Erwähnung von Leis­tungs­mängeln in dieser Korres­pondenz bedeutet keine Pflicht­ver­letzung, son­dern einen normalen Aus­tausch zur Klärung admi­nistra­tiver Fragen: Plaintiff has not iden­tified any actions that qualify as "evading the spirit of the contract, will­fully rende­ring imperfect perfor­mance or inter­fering with the other party's per­formance". AaO 26.


Samstag, den 13. Aug. 2016

Fristlose Frist verstrichen: Angemessen ist relativ  

.   In Queen v. Outlaw steht der Leser vor einem Rätsel. Wie kann das Gericht eine fristlose Klagefrist als verstrichen bezeichnen? Bank­räu­ber Queen sitzt für 562 Monate in Haft und hat seit 2006 viel Zeit. Er ver­klagt seit 2014 Outlaw, seinen Gefängnisdirektor, auf Neuberechnung seiner Stra­fe durch eine Wiederaufnahme.

Das Prozessrecht schreibt ihm keine Frist vor. In New Orleans prüft das Bun­des­beru­fungs­ge­richt des fünften Bezirks der USA am 12. August 2016 die unter­ge­richtliche Abweisung seines Ansinnens nach Rule 60(b)(6) Federal Rules of Ci­vil Procedure. Der Prüfmaßstab ist Ermessensmissbrauch. Den findet es nicht.

Die übliche Einjahresfrist für die Neuberechnung des Strafmaßes in 28 USC § 2241 gilt nicht für Rule 60. Doch muss die Klage in einem angemessenen Zeit­raum erhoben werden. Vier Jahre waren seit der letzten materiellen Ent­schei­dung verstrichen. Das Gericht orientiert sich am Maß der Angemessenheit. Vier Jahre sind lang. Gilt das auch für einen auf 562 Monate Verurteilten?


Samstag, den 13. Aug. 2016

Geheime National Security Letters: ISP reagiert  

.   Nach dem USA Freedom Act of 2015 darf der Staat In­ter­net­an­bie­ter zur Kun­denüberwachung zwingen und sie gleichzeitig zur Ge­heim­hal­tung über die Existenz des Gebots verpflichten. Die Geheimverfügung wird als National Security Letter bezeichnet. Sie soll der Staatssicherheit die­nen. An­ders als das Vorgängergesetz eröffnet das Gesetz von 2015 den Rechts­weg, den der betroffene ISP im Fall In re National Security Letters beschritt.

In der Entscheidung des Bundesgerichts der Hauptstadt vom 25. Juli 2016 wird nur das FBI als Partei genannt, der Internetdienstleister nicht, der Richter wohl. Der Prozess betrifft das Verbot der Offenbarung des NSL nach 18 USC §2709. Rich­ter Boasberg hält das Verbot für zwingend. Dessen Offenlegung laufe dem Si­cher­heits­in­ter­esse zuwider. Den genauen Grund darf er nicht nennen - er zi­tiert nur den gesetzlichen Ermächtigungsrahmen.

Das Gericht stimmt jedoch dem ISP zu, dass der NSL nicht zeitlich unbegrenzt wirken darf. Es verfügt daher, dass der FBI die Voraussetzungen für das Vorbot im Dreijahresrhythmus überprüfen muss. Erst wenn er vom FBI eine Frei­ga­be­nach­richt erhält, darf der ISP bekannt geben, zu wessen Überwachung er im staatlichen Sicherheitsinteresse herangezogen wurde.


Donnerstag, den 11. Aug. 2016

Bewegung im Urheberrecht: Das Vertriebsrecht  

.   Der Führer einer Bürgerrechtsbewegung gab ein Gemälde in Auftrag, und der Künstler fertigte auch Lithographien an. In Jesus Ali v. Final Call Inc. verklagte er den Förderverein der Bewegung, der die Lithographien ver­kauf­te, wegen Urheberrechtsverstoßes. Der Verein machte eine implizierte Ver­triebs­lizenz und andere Einreden geltend.

Am 10. Juni 2016 entschied in Chicago das Bundesberufungsgericht des sieb­ten Bezirks der USA für den Künstler, nachdem das Untergericht ihm die Be­weis­last auferlegt und die Klage abgewiesen hatte. Die Revision ent­schul­digte sich für eine unklare Betrachtung der Beweislast in einem Präzedenzfall. Außer­dem er­ör­ter­te sie zahlreiche Einreden - wie die First Sale Doctrine-, die nach einem Kauf einen Weiterverkauf unbeschränkt zulässt.

Die Entscheidung ist eine wichtige Klarstellung der Grundsätze, dass dem In­ha­ber des Urheberrechts der Beweis des Werkes und seiner Inhaberschaft an ihm obliegt, während der behauptete Verletzer seine Einreden beweisen muss. Zu­dem ermahnte es lehrreich Parteien und Gerichte, unterschiedliche Ein­re­den strikt zu trennen und darzulegen, ohne deren Merkmale zu vermischen.


Mittwoch, den 10. Aug. 2016

Fast wertlose no!no!-Garantie: 15-Tagesfrist  

.   Garantie und Gewährleistung sind in den USA meist kurz und nutzlos, aber täuschend dürfen sie nicht gewährt werden. Kein Wunder, dass der Hersteller von no!no!-Haarprodukten verklagt wurde, obwohl sich die ent­täusch­te Klägerin beim Bundesverbraucherschutzamt FTC in Washington, DC, hätte mel­den können. Doch dort erhält sie keinen Schadensersatz.

Sie beklagt, dass die angepriesene 60-Tages-Rückgabe-Garantie aus drei Teilen besteht: 45 Tage Proberecht, danach 15 Tage Rückgaberecht, dann nichts. Da­ge­gen wandte sie sich mit einer Sammelklage an das Bundesgericht der Haupt­stadt, das in Cantley v. Radiancy Inc. entschied.

Die Beklagte aus Kalifornien beantragte die Verweisung in ihren Bezirk, zumal die aus ihrer Sicht wichtigsten Zeugen dort sitzen, obwohl der United States Di­strict Court for the District of Columbia auch zuständig ist. Kalifornische Ge­rich­te könnten die Ansprüche nach dortigem Recht besser beurteilen, und dort sei bereits eine andere Klage anhängig. Die Begründung vom 8. August 2016 er­klärt lesenswert, welche Merkmale neben den Zeugen ent­schei­dungs­er­heb­lich sind.

Dazu zählen nach 28 USC §1404(a) beispielsweise die statistische Ge­richts­be­la­stung und Prozessdauer, Beweiszugang, Parteivorlieben, Prozess­öko­no­mie, ge­richtliche Vertrautheit mit dem anwendbaren Recht, Verfahrens­ver­bin­dungs­aus­sich­ten sowie örtliches Interesse am Streitfall. Nach seiner Abwägung dieser Fak­to­ren entschied das Gericht gegen die Klägerin.


Dienstag, den 09. Aug. 2016

Bestechung: Dschungelkinder-Urteil nicht anerkannt  

.   Ein Urteil aus dem Ausland findet oft auch in den USA An­er­kennung und gelangt zur Vollstreckung, aber beim Dschungelkinder-Urteil aus Ekuador dreht das US-Gericht den Spieß um. Erstens wird seine Anerken­nung verboten, zweitens müssen weltweit alle Vollstreckungs­er­geb­nis­se in eine Treu­hand, Trust, eingebracht werden.

In New York City entschied am 8. August 2016 das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA im Fall Chevron Corp. v. Donziger für eine Öl­ge­sell­schaft, gegen die der beklagte Anwalt ein Milliarden-Urteil in Ekuador mit der Behauptung erstritten hatte, die Firma habe im Urwald ganze Land­stri­che rui­niert:
The district court found, following a bench trial, that the Ecuadorian judg­ment had been procured through, inter alia, defendants' bribery, coercion, and fraud, warranting relief against defendants Steven Don­zi­ger and his law firm under the Racketeer Influenced and Cor­rupt Organizations Act, 18 U.S.C. §§1961-1968, and against all defen­dants-ap­pel­lants under New York common law. See974 F.Supp.2d 362 (2014).
Das Gericht lieferte eine 127-seitige Begründung zur Bestätigung des un­ter­ge­richt­lichen Urteils. Die Revision beschränkte ihre Analyse auf den be­haup­te­ten Revisionsgrund der fehlenden Aktivlegitimation, doch ging sie dazu auf die rechtswidrige Herbeiführung des ausländischen Urteils ebenso wie die Rechts­grund­la­gen der gewährten Abhilfe ein.


Sonntag, den 07. Aug. 2016

Datenpakt: Erlogene Zertifizierung geahndet  

.   Der internationale Datenaustausch steht unter dem Vor­be­halt seines Schutzes nach verschiedenen Abkommen. In Very Incognito Tech­nologies, Inc., Doing Business as Vipvape, Az. C-4580, verfolgte die Fe­deral Tra­de Commission eine unwahr behauptete Zertifizierung eines Un­ter­nehmens nach dem US-Asien-System der Cross Border Privacy Rules.

Am 5. August 2016 verkündete die FTC den Abschluss einer Untersuchung. Nach den CBPR gelten neun Grundsätze für den Datenschutz. Eine jährlich zu er­neuernde Zer­ti­fi­zierung ist möglich. Die untersuchte Firma behauptete die Zertifizierung auf ihrer Webseite. Die FTC schloss als Verbraucherschutzamt des Bun­des nach einer Untersuchung einen Vergleich, der der Firma die un­wah­re Be­haup­tung verbietet und sie bis 2026 der amtlichen Kontrolle ihrer Sys­te­me unter­wirft.


Samstag, den 06. Aug. 2016

Deutsche Filmmacher erstreiten Stasi-Akten vom CIA  

.   In Looks Filmproduktionen GmbH v. Central Intelligence Agency stritten bis zum 5. August 2016 deutsche Filmmacher und der US-Ge­heim­dienst um Akten über den Stasi-Minister Erich Mielke vor dem Bun­des­ge­richt der Hauptstadt Washington, DC. Während jedermann Ge­richts­akten ein­sehen kann, gelten besondere Regeln für Akten der Ministe­ri­en und son­sti­gen Bundesbehörden. Die Transparenz wird nach den Be­stim­mun­gen des Free­dom of Information Act in 5 USC §552 zugesichert.

Dieses Bundesgesetz enthält zahlreiche Einschrändkungen, die vor allem die na­tionale Sicherheit der USA betreffen. Geheimdienste fallen in den Dunstkreis dieses Merkmals. Der CIA fand auf Anfrage zwei Dokumente, die er der Klä­ge­rin aushändigte. Darüber hinaus erteilte er ihr die übliche Absage: the CIA "could neither confirm nor deny the existence or nonexistence of any other re­spon­sive records," aaO. 2, die als Glomar-Auskunft bezeichnet wird.

Verwaltungsinterne Berufungen brachten der Klägerin erst ebenso wenig wie ein neuer Ausunftsantrag, doch dann entdeckte der CIA 27 zusätzliche Do­ku­men­te und hielt 13 für ihre Offenlegung geeignet. Im Prozess erklärte er wei­te­re Dokumente reif für die Offenlegung.

Der Beschluss des United States District for the District of Columbia erklärt lehrreich die Rechtsgrundlagen für Transparenz-Ansprüche gegen den CIA und das von ihm zu beachtende Verfahren. Er gelangte nach 32 Seiten zum Ergebnis, dass der Streit im wesentlichen erledigt ist.


Freitag, den 05. Aug. 2016

Pfändung von Staats-Domainnamen, ccTLDs, wie .ir  

.   Country code top level domains wie .ir oder .sy werden von ICANN Staaten zugordnet. Dürfen Gläubiger von Staaten diese ccTLDs pfänden? Das Revisionsurteil in Weinstein v. Iran prüfte diese Frage mit Aspekten der Staatsimmunität nach dem Foreign Sovereign Immunities Act, FSIA, als die Kläger Geldurteile gegen mehrere Staaten erstritten hatten und diese nun in de­ren Domains im Standard- und im internationalisierten Format sowie die von ICANN zugeordneten IP-Anschriften vollstrecken wollten.

Das Bundesberufungsgericht für den Bezirks des District of Columbia, all­ge­mein als zweithöchstes Gericht der USA bekannt, entschied am 2. August 2016 für die Staaten. Zuerst erklärte es die Internetstruktur samt der Be­deu­tung der ccTLDs und IP-Anschriften im Domain Name System, DNS, sowie die Rolle der Dritt­schuldnerin, ICANN, einer kalifornischen gemeinnützigen Verwal­tungs­ge­sell­schaft.

Nachdem das Gericht die Urteile der Kläger unter der Terrorausnahme des FSIA, 28 USC §1605(a)(7) u. §1608, erörterte, sprach es die Abweisungs­be­grün­dung des Untergerichts an, dass die Pfändungsziele keine Sachen im Sinne von DC Code §16-544 im DC-Recht darstellen. Die Revision lehnte diese Ana­ly­se ab und be­stätigte die Abweisung der Pfändungsklagen mit einer an­de­ren Begründung:

Sie läuft darauf hinaus, dass die USA sich gegenüber der internationalen Ge­meinschaft der Nationen zum Schutz des Internets verpflichtet haben und ein Chaos in der Internetverwaltung verhindern müssten. Eine Pfändung wür­de die berechtigten Interessen von Personen verletzen, die keinen Anlass für die zu­grundeliegenden Urteile gegeben haben, und damit gegen 18 USC § 1610(g) des Bundesvollstreckungsrechts verstoßen. Sie würde nämlich die Spaltung des Internets bedeuten.


Donnerstag, den 04. Aug. 2016

Fisch-App-Hersteller vom Haken gelassen  

.   Die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte ist nicht unbe­grenzt. In Tomelleri v. MEDL Mobile versuchte ein Fischillustrator über das Long-Arm Statute einen forumsfremden Fisch-App-Anbieter wegen Ur­he­ber­rechts­verletzung in ein Bundesgericht zu ziehen. Im 3. August 2016 wandt sich dieser von der prozessualen Angel.

Sachlich sind Bundesgerichte für Copyright-Prozesse zuständig, doch hier man­gelte es am Recht zur Ausübung der Gerichtsbarkeit über die Beklagten, der personal Jurisdiction. Diese verbindet sich mit der Zustellung, Service of Pro­cess, zu einer Art örtlicher Zuständigkeit, wobei jedoch Venue der im US-Pro­zessrecht zum Ort passende Fachbegriff ist.

Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks der USA in Denver erörterte lehrreich die Anforderungen an die general personal Jurisdiction und die spe­ci­fic personal Jurisdiction. Die ortsfremden Beklagten unterhielten im Fo­rums­be­zirk kein Büro oder Bankkonten, sandten keine Vertreter dorthin, und be­trie­ben dort minimale Geschäfte - also fehlte ein allgemeiner Bezug zum Forum.

Spezifische Kontakte zum Forumsbezirk schafften Karten von Seen und Flüssen sowie Fischverordnungen in der App, die den Staat Kansas im Gerichtsbezirk be­rühren. Doch konnte der Kläger keinen für die Zuständigkeit erforderlichen, durch diese Forumskontakte ausgelösten Schaden nachweisen. Trotz sauberer Zustellung und vorhandener subject-matter Jurisdiction fehlten Elemente der Jurisdiction. Daher wurde die Klage abgewiesen.


Mittwoch, den 03. Aug. 2016

Kein Grundrecht auf Intimverhalten und -gerät  

.   Eine Stadtverordnung verbot Organstimulatoren, doch Kranke und Künstler verteidigten die Geräte als Elemente des verfassungs­ge­schütz­ten Intimbereichs. Die Rechtsstaats- und Kunstfreiheitsgarantien der Bundesverfassung helfen ihnen nach dem Revisionsbeschluss in Flanigan's Enterprises Inc. v. City of Sandy Springs vom 2. August 2016 nicht.

In Atlanta entschied das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA aufgrund eines Präzedenzfalles, der Intimgerät nicht unter den Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum des 14. Verfassungszusatzes fallen ließ, weil diese nicht das Intimverhalten vor staatlichem Eingriff wie dem Ob­szö­ni­täts­verbot in Any device designed or marketed as useful primarily for the stimu­lation of human genital organs," Sandy Springs, Ga., Code of Ordinances ch. 38, § 38-120(a),(c),aa)3, bewahre. Die Verfassung mit ihrem Due Pro­cess-Ge­bot regele sowohl den prozessualen wie den materiellen Eingriff: No State shall … deprive any person of life, liberty, or property, without due pro­cess of law. U.S. Const. amend. XIV §1.

Die Kläger hofften, die alte Rechtsprechung durch Verweis auf eine neue Ver­fassungsanalyse des Supreme Court in Washington, DC, des Rechts aller auf Ehe zu Fall zu bringen. Das Gericht in Atlanta hielt sich dafür mit einer lehr­rei­chen Erörterung der Verfassungsgrenzen nicht befugt. Die restriktive Stadt­verordnung in Sandy Springs, Georgia, bleibt in Kraft.


Dienstag, den 02. Aug. 2016

Salvatorische Klausel rettet defekte Schiedsnorm  

.   Einer Schiedsklausel muss Wirkung verliehen werden, hat­te der Supreme Court in Washington, DC entschieden. In Bodine v. Cook's Pest Control Inc. stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer Klau­sel mit zwei klar nichtigen Bestimmungen, unter anderem einer gesetzwidrigen Ver­jäh­rungs­frist. Das Bundesgericht hatte die Fehler gestrichen, den Rest der Klau­sel aufgrund der salvatorischen Klausel aufrecht erhalten und folglich den Pro­zess zugunsten des Schiedsverfahrens ausgesetzt.

In der Revision vor dem Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta konnte der Kläger nur einen von drei Richtern auf seine Seite ziehen. Dieser meinte, wenn der Gesetzgeber jemandem einen unverzichtbaren Schutz verleihe - in diesem Fall einem Reservisten und Teilzeitsoldaten, der regelmäßig im Heimatschutz eingesetzt war und dann nicht zur Arbeit erschien und des­halb entlassen wurde -, seien die Bundesgerichte verpflich­tet, die Nichtigkeit auf die gesamte Schiedsklausel zu erstrecken und die salvatorische Klausel eng auszulegen.

Die Richtermehrheit entschied am 29. Juli 2016 jedoch zugunsten des Ar­beit­ge­bers, der den Veteran der U.S. Army Reserve entlassen und auf dem Schiedsverfahren bestanden hatte, mit einer lehrreichen 15-seitigen Be­grün­dung, dem die Mindermeinung von 13 Seiten und die teilnichtige Klausel an­ge­fügt sind. Die relevanten Gesetze sind der Uniform Services Employment and Reemployment Rights Act of 1994 und der Federal Arbitration Act. Der USERRA ist ein Beispiel für Gesetze mit unverzichtbaren Rechten, non-waiver Provisions.


Sonntag, den 31. Juli 2016

Ausnahme: Sieger gewinnt auch Kostenerstattung  

.   Nach der American Rule zahlt jede Prozesspartei die ei­ge­nen Kosten. Eine allgemeine Kostenerstattungspflicht für die obsiegende Par­tei gibt es nicht. Jedoch gelten Ausnahmen, die am 29. Juli 2016 das Bundesge­richt der Hauptstadt in Campbell v. District of Columbia ausführlich dem Grun­de, der Kostenart und der Höhe nach erörtert.

Es spricht der Klägerin $314.782 in Anwaltshonoraren sowie Auslagen von $9.443 zu, nachdem sie ein Urteil über $250.000 wegen Schmerzen, emo­tio­nale Schäden, Erniedrigung, Peinlichkeit, Unangenehmlichkeit und medi­zi­ni­sche Behandlungen sowie weitere $304.823 für finanzielle Schäden erstrit­ten hatte.

Der lesenswerte Kostenbeschluss führt auf 25 Seiten in die Berechnung er­stat­tungsfähiger Stundensätze unter Berücksichtigung von Erfahrung und Orts­üb­lich­keit, Reisekosten, Gutachterauslagen und die heute unvermeidbaren Soft­ware- und Serverkosten für Systeme zur Verwaltung von Prozessunterlagen und Beweismaterial im Rahmen des Ausforschungsbeweisverfahrens Discovery ein. Die Klägerin verliert ihren Antrag auf Erhöhung der Rechtsanwalts­ge­büh­ren, der ohnehin nur selten gewährt wird.


Samstag, den 30. Juli 2016

Musik zum Eisenmann: Welches Urheberrecht?  

.   Ein Komponist schrieb Musik für einen Iron Man-Car­toon und wollte sich die Rechte vorbehalten. Später verteidigte er sie gegen die Behauptung, er habe seine Rechte an den Comic-Verlag Marvel Comics verloren, unter Berufung auf das Urheberrecht des Bundes und des Staats New York. In Urbont v. Sony Music Entertainment gewann er in New York City die Schlüssigkeitsprüfung in der Revision.

Der Revisionsentscheid des Bundesberufungsgerichts des zweiten Bezirks der USA führt lehrreich in die Unterschiede des Copyright nach Bundesrecht und nach einzelstaatlichem Recht ein. Einzelstaatliches darf das Bundesurheber­recht nicht aushöhlen und täte es hier, erläuterte das Gericht. Der Kompo­nist darf daher nur den bundesrechtlichen Anspruch verfolgen.

Die Klage ist zudem im Hinblick auf den behaupteten Verlust durch ein Work Made for Hire-Agreement schlüssig. Ob der Komponist eine Auftragsarbeit er­stellte oder selbständig arbeitete und sich alle Rechte vorbehielt, sodass Mar­vel Comics nur ein Nutzungsrecht erhielt, ist eine Tatsachenfrage, die nun in der ersten Instanz weiter zu prüfen ist, bestimmte der United States Court of Appeals for the Second Circuit am 29. Juli 2016.


Donnerstag, den 28. Juli 2016

35 Jahre nach Attentat auf Reagan frei  

.   Der 14-seitige Freilassungsbeschluss vom 27. Juli 2016 im Fall USA v. Hinckley enthält zahlreiche Auflagen. 1981 Hinckley hatte Prä­si­dent Reagan und weitere Personen angeschossen und lebensgefährlich ver­letzt. Wegen geistiger Umnachtung bei der Tat wurde er nicht strafrechtlich ver­ur­teilt, sondern in eine Anstalt zur Behandlung seiner Psyche eingewie­sen. Der mit einer getrennten Begründung von 103 Seiten versehene Be­schluss des Bundesgerichts der Hauptstadt ist für Strafrechtler lesenswert und po­li­tisch umstritten.


Mittwoch, den 27. Juli 2016

PLZ im Datenschutz und Diskriminierungsrecht  

.   Darf ein Händler von Kunden die Postleitzahl verlangen, oder wirkt das Verlangen daten- und verbraucherschutzwidrig dis­krimi­nie­rend? Zwei Klägerinnen sollten bei einem kredit­kartenfinanzierten Einkauf ihre PLZ nennen. Sie glaubten, die Information sei für die Zahlung er­for­der­lich, aber ent­deckten, dass der Daten- und Verbraucherschutz das Einfordern von Anschriften zur Diskriminierungsvermeidung nach dem Recht des Dis­trict of Columbia verbietet.

Der Use of Consumer Information Act verbietet das Sammeln von Rufnum­mern und Anschriften beim Einkauf, und der Consu­mer Protection Proce­du­res Act verbietet die Irrefüh­rung oder Täuschung und erlaubt einen Scha­dens­er­satz­anspruch. Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks wies die Klage am 26. Juli 2016 als Dismissal without Prejudice ab. Das Unter­ge­richt hatte die Abweisung with Prejudice, also rechtskräftig, angeordnet. Die Revision gestattet in Hancock v. Urban Outfitters, Inc. also die Neu­er­he­bung der Klage wegen der ZIP Code-Abfrage.

Sie müsste nun vor einem einzelstaatlichen Gericht oder der ersten Instanz der District of Columbia-Gerichte, dem Superi­or Court, eingereicht werden. Die Revisionsbegrün­dung erklärt nämlich, dass kein Bundesgericht nach einem neuen Präzedenzurteil des Supreme Court der USA, ebenfalls in Wa­shington, DC, ansässig, zuständig sein kann. In Spokeo, Inc. v. Robins hatte dieser die Aktivlegitimation bezweifelt, als der Kläger keinen konkreten Schaden behaupten konnte, siehe Haftung der Personensuchmaschine nach Kreditschutzgesetz.


Dienstag, den 26. Juli 2016

Grenzen der Verleumdung im Erotikwesen: SLAPP  

.   Die Web-Darstellung einer gebetteten Frau aus dem ge­werb­lichen Erotik­wesen, hinter der ihr Name gezeigt wird, wäh­rend unter dem Bild der Ausdruck eines Schocks über die HIV-Er­krankung einer Künst­le­rin aus ih­rem Gewerbe folgt, ist im Rah­men der Gren­zen einer Verleum­dung für einen Scha­dens­ersatz­anspruch ge­eignet, erklärt der Revisions­beschluss in Leah Manzari v. Asso­ciated News­papers Ltd. vom 25. Juli 2016.

Die abgebildete Frau verklagte eine Zei­tung, die einen reißer­ischen Bericht mit einem dominie­ren­den Bildnis von ihr verband, den das Bundes­beru­fungs­ge­richt des neunten Bezirks der USA in San Fran­cisco in seiner 23-sei­tigen Be­schluss­begrün­dung veröf­fent­licht. Die Zei­tung machte das Bundes­ver­fas­sungs­recht der Presse­frei­heit im ersten Ver­fassungs­zusatz geltend und beantragte nach dem anti-SLAPP-Gesetz Kali­forni­ens ein schnel­les Ende des Pro­zesses schon in der verfas­sungsrecht­lichen Vorprüfung.

Das anti-Strategic Lawsuit Against Public Participation-Gesetz soll lange Pro­zes­se vermeiden, wenn früh erkenn­bar ist, dass Presse- oder Meinungs­frei­heits­rech­te durch Verleum­dungs- und ähnliche Klagen einge­schränkt wür­den. Die Klage muss dem­nach schlüs­siger als üblich sein. Hier war dies der Fall, er­klärte das Gericht lehr­reich. Nicht nur war eine Verleum­dung erkenn­bar; sie war zu­dem, wie im Rahmen des Presse­rechts erforderlich, als bös­wil­lig sub­stan­tiiert. Daher wird die Klage zum voll­stän­digen Prozess vor dem Unter­gericht zuge­lassen.


Montag, den 25. Juli 2016

Schiedsspruch in den USA - und dann?  

.   Der Regelfall nach der Verkündung eines Schiedsspruchs im amerikanischen Recht ist simpel: Der Tenor wird umgesetzt. Eine Berufung gibt es nicht. Eine inhaltliche Nachprüfung verbieten die Präzedenzfälle des Supreme Court in Washington, DC.

Jede Regel hat jedoch ihre Ausnahmen, die die Referendare Cornelia Schuster und Philipp Datz in ihrer Wahlstation in den USA sammeln und in Was folgt dem Schiedsspruch im amerikanischen Recht? zusammenfassen.

Die von ihnen dargelegten Grundsätze werden hier regelmäßig in neuen Prä­ze­denz­fällen der 13 Bundesberufungsgerichte und des Obersten Bundes­ge­richts­hofs der USA erörtert. Über die Suchfunktion in der rechten Spalte sind sie mit den Suchbegriffen Schiedsprozess, Schiedsverfahren, Schieds­richter oder Schieds­spruch zu finden.


Sonntag, den 24. Juli 2016

Gefahr im Panama- und Iranhandel: US-Sanktionen  

.   Auch wer als Europäer Geschäfte mit Panama oder dem Iran macht, kann amerikanischen Wiederausfuhr- und Finanzkontrollen und -sanktionen unterliegen. Eine Einführung in die Risiken, die der Iranhandel trotz Lockerung gewisser Sanktionen bedeudet, vermittelt am 3. August 2016 ein Webinar unter dem Titel The Iran Deal: Challenges and Opportunities for Your Firm vom Kanzleipartner Babak Hoghooghi des Verfassers.

Von einer Lockerung der Panamakontrollen berichtet eine Verkündung des ame­ri­kanischen Schatzamts in Washington, DC, vom 21. Juli 2016 unter dem Titel Publication of Kingpin Act/Panama-related General Licenses. Sie erklärt unter anderem, dass Papier und Toner an sanktionierte Unternehmen ge­lie­fert werden dürfen, während als Dienstleistungen auch Webservices vorüber­ge­hend gestattet werden. Dies sind Ausnahmen von den OFAC-Finanz­kon­trol­len, die den Handel erheblich einschränken.


Samstag, den 23. Juli 2016

Suchmaschine verbindet Googler mit Straftat: Haftung?  

.   Ein Name, drei Punkte, eine fiese Tat. So fand sich ein Go­og­ler, aber $19 Billionen Schmerzensgeld erhält er nicht. Am 22. Juli 2016 fand die Revision, dass sein Prozess ein anderes positives Ergebnis produ­zier­te: Das Suchergebnis bei der Eingabe seines Namens weist nun auf sei­nen Pro­zess und selbst einen Wikipedia-Eintrag.

Als selbstheilende Kraft des Internets bezeichnet dies das aufgeklärte Gericht in Cincinnati in O'Kroley v. Fastcase Inc.. Die Internet-Immunität nach §230 des Communications Decency Act beurteilt es als zutreffend. Die Such­ma­schine ist ein Internetdienstleister. Sie leitet fremde Inhalte wie ein Tele­fon- oder An­zei­gendienst weiter. Sie soll dafür nach dem Willen des Ge­setz­gebers nicht haften.

Der Inhalt stammt von einem Prozessverzeichnungsdienst, und Google über­nimmt gewisse Daten, die es mit … verbindet. Diese Punkte stellen keine in­halt­liche Veränderung dar, für die Google haften muss, urteilte das Bundes­beru­fungs­ge­richt des sechsten Bezirks der USA. Der Prozesssammler haftet nicht, weil ihm die Klage nicht zugestellt wurde.

Eine mitverklagte deutsche Suchmaschine haftet ebenfalls nicht, da der Klä­ger die Regeln der Haager Zustellungsübereinkunft schlicht ignorierte. Trotz allem Umstand ein Happy End für alle Beteiligten - auch ohne Schmer­zens­geld.


Mittwoch, den 20. Juli 2016

Markenstreit um Vodka und Kusslippen  

PD - Washington   Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks in San Francisco hob am 14. Juli 2016 ein Urteil des Untergerichts in der Sache JL Be­ve­rage Co. LLC v. Jim Beam Brands Co. zugunsten der Beklagten auf. Der Klä­ger, ein Hersteller aromatisierter Vodkas, besitze keine Ansprüche we­gen Mar­ken­ver­stoßes, falscher Herkunftsbezeichnung oder unlauteren Wett­be­werbs. Maß­geb­lich für diese Beurteilung waren das Bundes­marken­gesetz, der Lanham Act, sowie das Recht des Staates Nevada.

Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, wonach der Kläger versucht hat­te, eine Verwechslungsgefahr, Likelihood of Confusion zwischen seinen ein­getragenen Marken und der einzutragenden Marke der Beklagten nach­zu­wei­sen. Angriffsfläche boten die mittlerweile von beiden verwendeten Kuss­lip­pen auf ihren Vodkaflaschen. Nach Ansicht der Klägerin ergäben sich hier­aus so­wohl eine forward als auch eine reverse Confusion: der Verbraucher wer­de fälschlicherweise nicht nur von der alten auf die neue Marke schließen, son­dern auch umgekehrt.

In seiner Begründung führte das Gericht drei Hauptargumente an: die Be­weis­last obliege der Beklagten, und die Beweise hätten meistbegünstigend zu­gun­sten der Klägerin gewertet werden müssen; außerdem sei nicht geklärt wor­den, ob die entscheidungserheblichen Tatsachen für eine Likelihood of Con­sumer Confusion bestritten worden wären. Bei der Beurteilung der Frage, ob diese Ver­wechslungsgefahr vorliegt, habe das Untergericht in der Hauptsache nämlich auf den Standard der preliminary Injunctions, die Merkmale des einstweiligen Rechtsschutzes, abgestellt und damit einen Rechtsfehler be­gan­gen, der sich schließlich auch auf das Ergebnis ausgewirkt habe.


Mittwoch, den 20. Juli 2016

Ausländer beim Waffenkauf schockiert: Schmerzensgeld?  

.   Ein Waffenhändler verkaufte einem Ausländer keine Waf­fe, weil er das Gesetz missverstand. Der schockierte Kunde verklagte ihn auf Scha­densersatz wegen emotionaler Schmerzen. In Ahmed Eldib v. Bass Pro Out­door World LLC folgte am 17. Juli 2016 die Revisions­ent­schei­dung, die ihm mit einer lehrreichen Begründung vom Bundes­berufungs­ge­richt des vier­ten Bezirks der USA in Richmond die Vergeltung versagte. Zuerst erklärte das Ge­richt kurz die Anspruchsmerkmale des Torts von emotional Distress:
In Virginia, to establish liability for intentional infliction of emo­tio­nal distress, a plaintiff must prove: "(1) the wrong­do­er's conduct was intentional or reckless; (2) the conduct was out­rageous and in­to­le­ra­ble; (3) there was a causal connection between the wrong­do­er's con­duct and the emotional dis­tress; and (4) the emo­tio­nal dis­tress was severe." Harris v. Kreutzer, 624 SE2d 24, 33 (Va. 2006). To satisfy the second element, it is not enough that the con­duct is "[i]n­sen­si­tive and demeaning"; rather, the conduct must be "so out­ra­geous in cha­racter, and so extreme in degree, as to go be­yond all pos­sible bounds of decency, and to be regarded as at­ro­cious, and ut­ter­ly in­to­le­rable in a civilized community."
Der United States Court of Appeals for the Fourth Circuit entschied gegen den Kläger, weil die Verkaufsweigerung does not rise above the level of "mere in­sults, indignities, threats, annoyances, petty oppressions, or other tri­via­li­ties," Gaiters v. Lynn, 831 F2d 51, 53 (4th Cir. 1987). Furthermore, the com­ments were not "manifestly disparaging or demeaning" of Eldib's ethni­ci­ty or national ori­gin. Gaiters, 831 F2d at 54. Für eine ärgerliche Erfah­rung gibt es kein Schmer­zens­geld.


Montag, den 18. Juli 2016

Gefährlicher Partnerbegriff - Vermittler verliert  

.   Für eine Finanzierungsbeschaffung sowie das Beibringen eines Strategic Partner verlangte ein Vermittler seinen Lohn und verlor in der Revision in Team Systems International LLC v. Haozous am 15. Juli 2016. In Denver erkannte das Bundesberufungsgericht den Unterschied zwi­schen einer - hier nicht vertraglich definierten - Finanzierung für gewerb­li­che Bauprojekte, die dem Vermittler nicht gelang, und der ihm gelun­ge­nen Beschaffung eines Payment and Performance Bonds.

Finanzierung bedeutet Finanzmittel, während ein Bond lediglich über eine Versicherung die Zahlung und Leistung garantiert, erklärte das Gericht. Dann wandte es sich dem Begriff Strategic Partner zu. Man sollte im transatlanti­schen Verkehr wissen, dass der Begriff Partner gefährlich ist, weil er eine - sofern nicht anders geregelt - zu gleichen Teilen bestehende Beteiligung an einem gemeinsamen Unterfangen bedeutet, das formell wie eine OHG ein­ge­tra­gen sein oder auch formlos nach Common Law bestehen kann. Wer sein Gegenüber Partner nennt, haftet ihm auch so. Das führt zu vermeidbaren Überraschungen wie Auseinandersetzungsansprüchen.

Hier untersuchte das Gericht den vertraglich undefinierten Begriff Strategic Partner. Das Untergericht hatte sich auf Internetdefinitionen des Begriffs ge­stützt, was der Vermittler rügte, doch die Revision ließ keine Neuinter­pre­ta­ti­on zu, die auf eine langfristige Verpflichtung von zwei Parteien zu einer Al­li­anz oder das Vorstellen eines Dritten für ein Projekt hinausliefe. Daher erhält er weder für die Beschaffung der Versicherungsdeckung noch des Dritten, den das Gericht nicht als Strategic Partner ansieht, eine Vergütung.


Sonntag, den 17. Juli 2016

Anspruch der Presse auf Polizeifotos  

.   Amerikanische Zeitungsleser sind nach Fest­nah­men und in Prozessberichten Po­li­zei­fotos mit Namen von Verdächtigten gewohnt, doch jetzt spielt neben der Pressefreiheit bei der Herausgabe von Mugshots auch der Ein­griff in die Privatsphäre Festgenommener eine Rolle. Am 14. Juli 2016 entschied in Cincinnati im Fall Detroit Free Press v. Department of Justice das Bun­des­berufungs­gericht des sechsten Bezirks der USA gegen einen Heraus­gabe­an­spruch eines Presseorgans gegen das Bundesjustizministe­ri­um.

Vor 20 Jahren hatte dasselbe Gericht den Freedom of Information Act in 5 USC §552 so verstanden, dass der Anspruch bestehe. Nachdem zwei andere Bun­des­berufungsbezirke den Anspruch schon in Frage gestellt hatten, re­vi­dier­te das Gericht mit Wirkung für die Staaten Kentucky, Michigan, Ohio und Tennessee seine Auffassung.

Der FOIA verwirklicht die Philosophie der vollständigen Offenlegung von Amts­an­ge­leg­en­heiten, erklärte das Gericht. Es nahm bisher an, dass die Aus­nahme zum Schutz der Privatsphäre nach §552(b)(7)(C) nicht bei Personen greife, die bereits im Gericht aufgetreten seien. Während Präzedenzfälle in man­chen Be­zir­ken die Herausgabe verboten, wandten sich Strohmänner mit miss­bräuch­li­chen Herausgabeforderungen an den U.S. Marshall Service in seinem Bezirk.

Jetzt erkannte das Gericht, dass solche Fotos Personen lebenslang einem Ein­griff in die Privatsphäre aussetzen, und wies daher das Untergericht an, ihren Schutz erneut ohne den Maßstab der Blankovermutung eines Nichteingriffs zu prüfen. Der Regelfall sollte lauten, dass nicht das öffentliche Infor­ma­ti­ons­inter­esse, sondern das private Interesse überwiegt.


Samstag, den 16. Juli 2016

Webmail im Ausland unterliegt nicht US-Herausgabepflicht  

.   Die Primärquelle mit dem Revisionsbeschluss vom 14. Ju­li 2016 in Microsoft v. United States erklärt, wieso Webmail auf Ser­vern im Ausland, die von US-Firmen betrieben werden, nicht der Herausgabe­pflicht in Untersuchungsverfahren nach dem Stored Communications Act unterliegen. Der klagende amerikanische Betreiber wandte sich gegen ein Warrant-Zwangsmittel der Strafbehörden, das ihn zur Einfuhr und Heraus­gabe der im Ausland befindlichen Daten zwingen sollte, und Straf­gel­der we­gen verweigerter Mitwirkung.

Die Entscheidungsbegründung von 63 Seiten Länge zieht der Gesetzgebung nachfolgende Grundsatzentscheidungen des Supreme Court in Washington, DC heran. Als das Gesetz 1986 als Teil des Electronic Communications Pri­va­cy Act in Kraft trat, war der internationale digitale Verkehr minimal und der Zugang der Öffentlichkeit zum Internet existierte noch nicht. Der Gesetz­ge­ber hatte nur die nationalen Auswirkungen des Gesetzes im Blick.

Nach den Präzedenzfällen des Supreme Court von 2010 und 2016, die ein Fehlen extraterritorialer Wirkungen von Gesetzen vermuten, wenn der Kon­gress sich nicht anders geäußert hat, fand das in New York City ansässige Bun­desberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA keine ausdrückliche Aus­lands­wirkung im Stored Communications Act.


Samstag, den 16. Juli 2016

Sammelsurium des US-Rechts: 56 Verjährungsrechte  

.   Amerikanisches Recht gibt es nicht, siehe Grundwissen USA-Recht: Anwendbares Recht, sondern ein Sammelsurium von Rechts­ord­nun­gen der Staaten, des Bundes und weiterer Rechtskreise. Davon profitierte in Blake Marine Group v. CarVal Investors LLC eine luxem­burgische Be­klagte mit ihrer US-Tochtergesellschaft am 13. Juli 2016. Die Klägerin aus Ala­bama klagte, weil ihr Boots-Charter-Vertrag mit einer verbundenen Gesell­schaft auf Anweisung der Mutter gekündigt wurde, damit die Tochter ein Boot der Luxem­burger miete. Die Klägerin behauptete, die Beklagten hätten rechts­widrig durch tortious Interference in Vertrags­bezie­hun­gen eingewirkt.

Der Prozess vor dem Bundesgericht in Minnesota endete, als es die zwei­jäh­ri­ge Verjährungsfrist nach dem Recht von Alabama anwandte. Die erste Char­ter be­stand zwischen der Firma aus Alabama und einer Gesellschaft aus Me­xi­ko. Die beklagte Tochter sitzt in Minnesota, ist in Delaware eingetragen und kün­dig­te mit der Begründung, die luxemburgische Mutter habe der sta­tu­ten­wi­dri­gen Charter nicht zugestimmt. Die Beklagten wandten die Verjährung nach dem Recht von Alabama ein. Das Gericht bestätigte, dass der Kläger den Schutz des materiellen Rechts seines Heimatstaats genieße und auch an dessen Statute of Limitations gebunden sei.

Der Kläger argumentierte hingegen vor dem Bundesberufungsgericht des ach­ten Bezirks der USA in St. Louis, das Statute of Limitations von Minnesota mit seiner Sechsjahresfrist griffe. Das Gericht prüfte diese Frage nach dem Bin­nen-IPR in den USA, und zwar dem im Forumstaat anwendbaren Conflicts of Laws-Recht von Minnesota.

Dieses verweist auf die Verjährungsregeln nach dem Recht des Staates, dessen materielles Recht für die strittigen Ansprüche gilt. Die achtseitige Begründung erklärt, wie man anhand von drei Schritten das anwendbare Statute of Limi­ta­ti­ons ermittelt, und folgert aus Präzedenzfallrecht, dass das Untergericht richtig vorgegangen war. Außerdem erläutert sie, dass keine Hemmung ein­ge­treten war.


Donnerstag, den 14. Juli 2016

Hotel für $20 im Discovery-Verfahren  

COS - Washington.   Unsinnige und unsubstantiierte Anträge in einem Dis­co­very-Ausforschungsbeweisverfahren nach Rule 56(d) wies das Gericht zu­rück. Das Berufungsgericht des zweiten Bezirks in New York entschied in der Sache Alphonse Hotel Corporation v. Nam T. Tranüber die Wirk­sam­keit einer Leasingvereinbarung und Joint Venture Vereinbarung, welche die Über­lassung eines millionenschweren Hotelbesitzes gegen Arbeitseinsatz und $20 enthielt. Eine gültige Joint Venture Vereinbarung lag nicht vor. Die Lea­sing-­Ver­einbarung widerspricht den geschäftlichen Gepflogenheiten und ist deshalb als Schenkung oder als unternehmerische Verschwendung un­gül­tig.

Ein Discovery-Antrag ist nur dann erfolgreich, wenn dargelegt werden kann, dass die dem Antragsteller nicht unmittelbar vorliegenden Tatsachen der Gel­tendmachung des Klageanspruchs unmittelbar dienlich sind und ferner die zu benötigenden gesamten Tatsachen nicht rein spekulativ sind. Für einen Ermittlungsantrag ist dabei das bloße Vorbringen von Tatsachen­be­haup­tun­gen, welche die zugrundeliegende Argumentation ledig­lich stützen, un­zu­rei­chend; vgl. Paddington Partners v. Bouchard, 34 F.3d 1132, 1138 (2d Cir. 1994).

Hier bezog sich der Ermittlungsantrag auf Dokumente, wie beispielsweise Be­wertungen des Besitzes, die nicht geeignet waren, die Existenz einer wirk­sa­men Leasingvereinbarung und Joint Venture Vereinbarung dar­zu­le­gen, um dadurch eine andere rechtliche Beurteilung zu erreichen.

Ferner hatte der Kläger nicht vorgebracht, warum er der Meinung sei, dass die einzuholenden Dokumente existieren und daher überhaupt zu er­mit­teln sei­en. Im Ergebnis war daher die ablehnende Entscheidung des Untergerichts nicht ermessensfehlerhaft. Eine Verletzung der Rule 56(d) des Bun­des­pro­zess­rechts schied daher unter den genannten Erwägungen aus.


Mittwoch, den 13. Juli 2016

Verbraucherschutzstelle verleumdet Stiftung  

.   Eine gemeinnützige Stiftung verklagte eine von der Wirt­schaft getragene Verbraucherschutzstelle, die im Internet und Fernsehen War­nungen vor dem Spendenmodell der Stiftung verkündet hatte. Ihre War­nung sei inhaltlich und verletzend falsch und nutze einem mit ihr kon­kur­rierenden Mit­gliedsunternehmen der Stelle. Am 12. Juli 2016 erging in Others First Inc. v. Better Business Bureau das lesenswerte Revisionsurteil.

Die Stiftung wirbt wie viele Organisationen in den USA um Altautospenden. Das BBB warnte, weil ihrem Vorstand eine Person angehörte, die bereits im Bereich der Gemeinnützigkeit nachteilig aufgefallen war. Das Bundes­be­ru­fungs­gericht des achten Bezirks der USA in St. Louis bestätigte die unter­ge­richt­liche Ab­wei­sung der Klage.

Geschworene waren vor der Abweisung nicht einzuweihen, weil nach or­dent­li­cher Feststellung des District Court keine strittigen Tatsachen­fra­gen zu be­ur­tei­len waren. Rechtsfragen darf der Richter im US-Prozess dann selbst ent­schei­den. Der behauptete rechtswidrige Eingriff in die Geschäfts­er­war­tun­gen der Stif­tung scheitere, weil die Warnung nicht auf fal­schen Tatsachen be­ruh­ten und damit die notwendigen Tatbestandsmerkmale fehlten:
Under Missouri law, "[t]ortious interference with a con­tract or bu­si­ness expectancy requires proof of: (1) a contract or valid busi­ness ex­pectancy; (2) defendant's knowledge of the contract or re­lation­ship; (3) a breach induced or caused by defendant's intentional in­ter­fe­rence; (4) absence of justification; and (5) damages." Nazeri v. Mo. Valley Coll., 860 S.W.2d 303, 316 (Mo. banc 1993).
Eine falsche Tatsachenbehauptung muss Merkmale der Verleumdung ent­hal­ten; daran fehle es bei gründlicher Würdigung nach folgenden Regeln: To de­ter­mine if the statement is defamatory, the challenged words "must be strip­ped of any pleaded innuendo and construed in their most innocent sen­se," but at the same time "must be considered in context, giving them their plain and ordinarily un­derstood meaning." Nazeri,aaO 311.


Sonntag, den 10. Juli 2016

Schmerzensgeld nach Arrest im Migrationsamt  

.   In Handschellen musste ein Beamter a.D. ausharren, als er versehentlich mit seiner Pistole beim Migrationsamt den Besucher- statt den Mit­arbeitereingang wählte. Statt in der gewünschten Fortbildung fand er sich vor al­ler Öffentlichkeit verhaftet wieder. Er verklagte den Sicher­heits­dienst, der ihn fest­ge­nom­men hatte, im Fall Johnson v. Paragon Systems Inc. auf Schmer­zens­geld wegen rechtswidriger Zufügung emotionaler Schäden.

Am 1. Juli 2016 entschied das Bundesgericht der Hauptstadt Washington ge­gen ihn. Der Beklagte argumentierte, dass das Festhalten in Handschellen kei­ne außergewöhnliche Handlung darstelle und damit die Klage unschlüssig sei. Der Kläger glaubte hingegen, einen pensionierten Polizeibeamten öf­fent­lich wegen nicht-rechtswidrigen Verhaltens zu bedrohen und bloßzustellen, sei skan­da­lös.

Das Gericht befand, dass die von ihm detailliert dargelegten Voraussetzungen für den Anspruch nicht erfüllt waren: Handcuffing suspects is a normal de­ten­tion practice that cannot be considered outrageous. Auch der behauptete Um­stand, dass ein Mitarbeiter des beklagten Dienstes noch zwei Monate lang eine Strafverfolgung in Aussicht stellte, grei­fe nach Präzedenzfallrecht nicht: This al­legation also fails to rise to the level of conduct so extreme in degree "as to go beyond all possibly bounds of decency."

Die erlittene Erniedrigung des Klägers habe bei ihm zudem keine derartige Ver­zweif­lung ausgelöst, dass sie die durchschnittliche Erfahrung bei einer Ver­haf­tung so überschreite, dass ein gesundheitlicher Schaden nicht un­wahr­schein­lich wäre. Im Ergebnis sei sein Leiden nicht gravierender als das eines Pro­fes­sors, der seine Universität erfolglos verklagte, die ihm Lehr­ver­an­stal­tun­gen außerhalb seines Schwerpunkts zuwies. Diese Zuweisung stellte auch kein extremes Fehlverhalten dar.


Samstag, den 09. Juli 2016

Drama im Frikadellenladen - kurzer Prozess  

.   Die Geschworenen entscheiden den US-Zivilprozess in den USA, und der Richter erlässt das Urteil. Doch im Fall Richard Martin v. McDo­nalds Corp. führte ein Drama im Frikadellenladen zum Urteil ohne Betei­li­gung der Jury. Schnell und kurz - das Urteil vom 6. Juli 2016 ist ein leicht verständ­li­ches Beispiel für die Praxis in den USA.

Der Kläger wurde im Laden von Sicherheitspersonal angegangen, angegriffen und verhaftet. Er verklagte die Ladenkette wegen absichtlicher Zufügung emo­tio­nalen Schadens, fahrlässiger Sorgfaltspflichtverletzung, Körperver­let­zung, Verleumdung, rechtswidriger Festnahme, Nötigung und böswilliger Ver­fol­gung: intentional Infliction of emotional Distress, Negligence, Battery, De­fa­ma­tion, false Imprisonment, Assault, and malicious Prosecution.

Mit ihrer Erwiderung beantragte die Beklagte die Abweisung. Der Kläger rea­gier­te auf den Antrag, auch als das Gericht ihm eine Frist setzte, nicht. Als reine Rechts­frage entschied das Gericht, dass die von der Beklagten behaup­te­ten Tat­sa­chen als zugestanden gelten müssten und damit die erste An­spruchs­grund­lage bereits wegen der einjährigen Verjährungsfrist unterginge, während die weiteren Ansprüche mangels einer Beziehung der Beklagten zum Täter und einer Kontrolle über die Räumlichkeiten des konkreten Ladens ab­zu­wei­sen seien.

Erst wenn Tatsachen strittig sind, wird ein Rechtsstreit den Geschworenen nach ordentlicher Einweisung in das Recht zur Subsumtion vorgelegt, siehe Der US-Prozess - Urteile im Zivilprozess. Der Bundesrichter in der Hauptstadt Wash­ing­ton durfte allein entscheiden, weil die von beiden Parteien vor­ge­tra­genen Tat­sa­chen unbestritten waren.


Freitag, den 08. Juli 2016

Mobile Werbung, Geschmack und Redefreiheit  

.   Verfassungsrechtlich wichtige Fragen sprach in San Fran­cisco am 7. Juli 2016 im Fall Lone Star Security and Video Inc. v. City of Los An­geles das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA an: Darf eine Stadt Werbung auf geparkten oder mobilen Fahrzeugen regeln oder gar verbieten? Das Gericht sagt ja. Ein Sonderthema, den guten Ge­schmack in der Werbung, griff einer der Richter in Kalifornien in einer lesens­werten Er­gän­zung auf.

Die Grenzen der gewerblichen Redefreiheit, die weiter gehen als die der pri­va­ten, erklärte das Gericht ausführlich in seiner Begründung von 19 Seiten. Die ergänzenden Ausführungen werben für eine Prüfung der Ge­schmacks­gren­zen durch den Supreme Court in Washington, DC, da der Richter glaubt, der Ober­ste Bundesgerichtshof der USA habe sich im maß­geb­li­chen Free Speech-Prä­ze­denz­fall Members of City Council of City of Los Angeles v. Taxpayers for Vincent, 466 US 789 (1984), vertan:
If "aesthetics" are to play a part in speech restriction, then such aes­the­tics should apply equally, decal or sign. Yet under Tax­pay­ers for Vincent, the Court rejected the very point that I now make.


Donnerstag, den 07. Juli 2016

NDA mit Wettbewerbsverbot verbietet Arbeitsplatzwechsel  

.   Mit einem Confidentiality Agreement, auch als NDA be­kannt, band ein Unternehmen, das sich bald in einem Asset Purchase an eine Rechtsnachfolgerin verkaufte, an zwei Arbeitnehmer und verbot ihnen da­rin mit einem Wettbewerbsverbot, zwei Jahre lang nach einem Austritt aus der Firma eine Anstellung bei Konkurrenten anzunehmen. Als die bei­den Ar­beitnehmer nach dem Asset Purchase zu einem Wettbewerber wechselten, ver­klagte sie die Rechtsnachfolgerin.

Am 6. Juli 2016 klärte in St. Louis das Bundesberufungsgericht des achten Be­zirks der USA die Frage, ob das NDA ein nicht übertragbares, höchst­per­sön­li­ches personal Services Agreement darstelle, wie die Arbeitnehmer ar­gumen­tier­ten. Beiden Arbeitnehmern hatte die Klägerin im Vergleich zur bis­he­ri­gen Be­schäftigung ungünstigere Stellenangebote vorgelegt, die sie aus­schlu­gen. Sie glaubten, deshalb nicht mehr an das NDA gebunden zu sein.

Die Klägerin forderte Schadensersatz wegen Untreue, Vertragsverletzung und rechtswidrigen Eingriffs in Geschäftsbeziehungen. Der United States Court of Appeals for the Eighth Circuit stimmte dem Untergericht, das die Klage ab­ge­wiesen hatte, zu, dass der Erfolg der Klage von der Übertragbarkeit des NDA abhinge. Es prüfte in Symphony Diagnostic Services v. Greenbaum die Frage der Zession von Non-Compete und Confidentiality Agreements als neue, bisher ungeklärte Rechtsfrage und entschied mit einer lesenswerten neun­seitigen Begründung gegen die Arbeitnehmer, sodass das Verfahren nun vor dem Untergericht fortgesetzt werden kann.


Mittwoch, den 06. Juli 2016

Anlegerhaftung des Unternehmens nach 30%-Einbruch  

.   Haftet ein börsennotiertes Unternehmen seinen Anlegern für einen Kurssturz um 30 Prozent, weil es mehrfach von guten Fortschritten bei seinen Zulieferungsverträgen für die Flugzeugindustrie berichtete und spä­ter Verzögerungen und Verluste offenlegen musste? Das Revisionsurteil in Ander­son v. Spirit AeroSystems Holdings erklärt die in den USA gel­ten­den An­spruchs­grundlagen gegen das Unternehmen und seinen Vorstand nach §10(b) Securities Exchange Act of 1934, Securities and Exchange Com­mis­sion's Rule 10b-5, 15 USC §78j(b) und 17 CFR § 240.10b-5.

Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks der USA in Denver bestätigte zu­nächst die Abweisung der Klage gegen die natürlichen Personen und wid­me­te sich dann auf 48 lehrreichen Begründungseiten der Bestätigung des Unter­ge­richts in der Abweisung der Klage gegen das Unternehmen. Die Be­klag­ten hat­ten ein­ge­wandt, dass die Anspruchsvoraussetzungen von Täu­schung oder Un­ter­lassung, die falsch oder irreführend und auch we­sent­lich seien, nicht vor­lä­gen und zudem ein damit verbundener Vorsatz, Scienter, fehle. Das Ge­richt stützte sich am 5. Juli 2016 allein auf das letzte Merkmal:
For the plaintiffs' claims under § 10(b) and Rule 10b-5, scienter is an essential element. … Scienter consists of "'a mental state em­bra­cing intent to deceive, manipulate, or defraud,' or reck­less­ness." … Con­duct is considered reckless only if the defen­dants (1) ac­ted in "an extreme departure from the standards of ordinary care" and (2) pre­sented "a danger of misleading buyers or sellers" that was known to the defendants or so obvious that the de­fen­dants must have been aware of the danger.


Freitag, den 01. Juli 2016

Ruinierte Bank schuldet keinen goldenen Fallschirm  

.   Die Bundesbankaufsicht und -versicherung übernahm die Verwaltung einer ruinierten Bank und veranlasste das Ausscheiden eines Bankiers, der dann die Bank auf Schadensersatz verklagte, weil sein Vertrag mit garantierter Laufzeit verfrüht beendet wurde. In Von Rohr v. Reliance Bank entschied das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA am 21. Juni 2016 gegen ihn. In der Regel wirkt ein befristeter Vertrag im Gegensatz zum At-Will-Arbeitsvertrag als Garantie. Wie lange der Vertrag gilt, war strittig.

In seiner lehrreichen Begründung erklärte das Gericht in St. Louis den Unterschied zwischen gesetzlichen und vertraglichen Schulden. Die ersteren darf der Verwalter, die Federal Deposit Insurance Corporation, nicht aushebeln. Vertragliche Verpflichtungen darf er zugunsten der Kräftigung der Bank hingegen ohne Schadensersatzpflicht beenden. Das gilt auch für den golden Parachute, der vertraglich dem Banker eine Leistung ohne Gegenleistung zusichern sollte. Zwar hätte er die Geltung von Ausnahmen behaupten und beweisen können, tat dies jedoch nicht.


Mittwoch, den 29. Juni 2016

Speak Free Act: meinungsfrei oder mundtot  

.   Eingriffe in die Meinungsfreiheit durch Prozesse sol­len die An­ti-SLAPP-Ge­set­ze zahl­rei­cher US-Staaten verhindern, indem bei­spiels­weise bei Ver­leum­dungs­klagen zu­erst der Schutz dieses Grund­rechts geprüft, bevor das Verfah­ren weiter­gehen darf. Am 22. Juni 2016 fand eine An­hö­rung zur bundes­weiten Er­streckung unter dem Titel Speak Free Act im Kon­gress statt.

Stellungnahmen aus der Lehre und Privatwirtschaft lassen ebenso wie Er­fah­run­gen aus Pro­zes­sen in Sta­aten mit sol­chen Ge­set­zen er­ken­nen, dass das hehre Ziel des Schut­zes der Rede- und Mei­nungs­frei­heit oft fehl­schlägt. Statt zur schnel­leren Bestä­tigung eines Grund­rechts­schutzes für eine klage­gerügte Aus­sage löst das Vor­ver­fahren, das direkt zur Revision berech­tigt, oft län­gere, kompli­zierte und damit teu­rere Prozesse aus. Ge­rich­te bekla­gen den Miss­brauch der An­ti-SLAPP-Ein­rede.

Sie soll Strategic Lawsuits Against Public Participation ver­hin­dern: Der Bür­ger soll seine Mei­nung ohne die Be­fürch­tung kund­geben dür­fen, gleich in einen teu­ren Pro­zess ver­wickelt zu wer­den. Ein Jura-Pro­fes­sor klärte den Kon­gress mit einer lesens­werten Stel­lung­nahme Prepared Statement of Alexander A. Reinert über die­sen Miss­brauch auf, den das ge­plante Bun­des­ge­setz ex­plo­die­ren las­sen dürf­te. Der Bund mi­sche sich ohne kon­krete Ver­fas­sungs­grund­lage in Pro­zess- und Re­ge­lungs­kom­pe­ten­zen der Ein­zel­staa­ten ein, und das Ge­setz he­bele durch schlam­pige Defi­niti­onen und zu weit ge­hende For­mu­lie­run­gen nahe­zu alle Möglichkeiten aus, gegen Ange­legen­hei­ten öffentlichen In­ter­es­ses Stel­lung zu bezie­hen. Damit kann es das Gegen­teil der in An­ti-SLAPP-Geset­zen be­zweck­ten herbeiführen und das Volk mund­tot machen.


Dienstag, den 28. Juni 2016

Dumme dürfen sich selbst verteidigen  

.   Das Recht des Bürgers, sich selbst im Strafprozess zu verteidi­gen, ist unan­tast­bar, er­klärt die Begründung im Fall Imani v. Pollard am 22. Juni 2016. Aus­nah­men gelten für geistig Schwache oder Kranke, aber Dumm­heit allein reicht nach dem sech­sten Verfas­sungs­zusatz nicht für die er­zwun­gene Bei­ord­nung eines Ver­teidi­gers, erfährt der Leser vom Bundes­berufungs­gericht des sieb­ten Bezirks der USA in Chicago.

Das Strafgericht hatte dem Angeklagten den Wunsch ab­geschla­gen, seinen Ver­tei­diger zu ent­lassen, obwohl er sich mit der Erfah­rung aus fünf frü­heren Straf­prozessen und einer zehnjäh­rigen Schul­aus­bildung für eine Selbst­ver­teidi­gung geeig­net hielt, auch wenn es ihm an Elo­quenz mangele. Nach seiner Verur­tei­lung griff er in den einzel­staat­lichen Gerich­ten seinen Verfas­sungs­anspruch erfolglos auf.

Im bundesrechtlichen Habeas Corpus-Verfahren war er schließlich erfolg­reich. Schul­aus­bil­dung und Prozess­erfah­rung sind nicht die Merkmale, die für Aus­nahmen vom Grund­recht sprechen. Das Straf­gericht hätte die geis­tige Kompe­tenz klären müssen. Da es sich nicht an den vom Supreme Court in Washington, DC, vor­gege­benen Merk­malen orien­tierte, befiehlt das Revi­sions­gericht nun die alsbal­dige Frei­lassung des Verur­teilten oder die Neu­ver­hand­lung der Anklage.


Montag, den 27. Juni 2016

EMailbeweis misslungen, doch weitere EMail beweisgeeignet  

.   Mit zwei EMails geht eine Seite eines Vergleichs in die Revision, als ihr das gewünschte Urteil über die Höhe eines Vertragsschadens verwehrt wird. Der Revisionsbeschluss vom 21. Juni 2016 in New World Trading v. 2 Feet Productions erörtert kurz, dass das Revisionsgericht die unter­gericht­liche Würdigung einer EMail als Hörensagenbeweis nicht weiter nachprüft, da das Untergericht einen weiten Ermessensspielraum genießt und den Tatsachen näher stand als es selbst. Hörensagenverbote unterliegen zahlreichen Aus­nahmen, und im Untergericht hatte sich die den Beweis vorlegende Anwältin auf eine Ausnahme berufen, die sie dann aufgab. Eine Revisionsrüge ist danach nicht zulässig.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA erklärte jedoch nicht EMail als Beweis unzulässig. Im Gegenteil, es nahm eine weitere EMail zur Kenntnis, die das Untergericht scheinbar übersehen hatte und das Ergebnis, eine Schadensersatzzumessung, verändern kann. Daher verwarf es die Revision zur ersten EMail und gab wegen der zweiten dem Untergericht auf, seine Ent­scheidung zu überdenken und den Schadensersatz entsprechend anzupassen.


Sonntag, den 26. Juni 2016

Schlichter ungleich behandelt - Richter kein Schwein  

.   Ein Richter ist kein Schwein, das zur Suche nach Trüffeln im Partei­vortrag gezwungen werden darf; andererseits ist er keine Topf­pflan­ze - er darf heran­ziehen, was er für wich­tig hält, er­klär­te Bun­des­rich­ter Ba­tes am 23. Juni 2016 in seiner Be­schluss­be­grün­dung in Parker v. Hoglander nach einem miss­glück­ten Par­tei­vor­trag, der bei­nahe die Dis­kri­mi­nie­rungs­klage eines Schlich­ters gegen ein Bundes­amt im Schlüs­sig­keits­ver­fah­ren ent­gleiste; aaO 8.

Der Kläger hatte ein Stellenange­bot als Schlich­ter vom National Mediation Board erhalten, das dieses zurück­zog, als der Klä­ger einen spä­teren Dienst­an­tritt wünsch­te. Nach der Auf­fas­sung des Klä­gers wurde einem weißen und jün­geren Kan­di­da­ten der­selbe Wunsch nicht ab­ge­schlagen. Als schwar­zer Vier­und­sech­zig­jäh­riger hielt er sich für un­gleich be­han­delt. Das be­klag­te Amt be­rief sich auf einen nicht­dis­kri­mi­nie­ren­den Grund für den An­gebots­ent­zug: Der An­tritts­ter­min war or­ga­ni­sa­to­risch un­ver­rückbar.

Die Rich­tig­keit bei­der Auf­fas­sun­gen kann der Rich­ter nicht bezweifeln. Es sind al­so Tat­sa­chen­fra­gen zu klären, die in die Zu­stän­dig­keit der Geschwo­renen fallen. Vor der Vor­lage der Be­wei­se an die Jury er­öff­net das Bundes­gericht der Haupt­stadt nun den Par­teien mit seinem Be­schluss den Weg zum Be­weis­aus­for­schungs­ver­fah­ren, Discovery, in dem beide Unter­lagen von der Gegen­seite so­wie Par­tei­en und Zeu­gen ver­neh­men dürfen.


Samstag, den 25. Juni 2016

Weine: Verwechslungsgefahr im US-Markenrecht  

.   Wegen einer Likelihood of Confusion im Verhältnis zu einer eingetragenen Marke kann ein Markenantrag abgewiesen werden. Der am 24. Juni 2016 entschiedene Fall Oakville Hills Cellar Inc. v. Georgallis Holdings LLC betrifft die Verwechslungsgefahr von Maya und Mayari von zwei Weinanbietern, als das Sondergericht für Bundesmarkenrecht in Washington, DC die zu prüfenden Merkmale nach dem Schlüssel­prä­ze­denz­fall DuPont de Nemours zusammenfasste:
The parties argued, and the Board evaluated, the following DuPont factors:
(1) the similarity or dissimilarity of the marks in their entireties as to appearance, sound, connotation, and commercial impression …;
(2) the similarity or dissimilarity of the goods as described in an application or registration or in connection with which a prior mark is in use …;
(3) the similarity or dissimilarity of trade channels …;
(4) the conditions under which and buyers to whom sales are made …;
(5) the fame of the prior mark;
(6) similar marks in use on similar goods …;
(7) the absence of actual confusion;
(8) the right to exclude others from use;
(9) the extent of potential confusion; and
(10) other probative facts, here, federal labelling requirements applicable to wine. … In re E.I. DuPont de Nemours & Co., 476 F.2d 1357, 1361 (CCPA 1973)(listing factors relevant to the likelihood of confusion determination).
Der Inhaber der zuerst eingetragenen Marke ging gegen die nachfolgenden Markenantrag vor, doch das Bundesmarkenamt wies seinen Einspruch ab. Der United States Court of Appeals for the Federal Circuit am Weißen Haus be­stä­tigte das Amt mit seiner lesenswerten Analyse von elf Seiten. Es stimm­te ihm auch zu, dass das Amt nicht auf einen einzigen Faktor abstellen muss, sondern die Gesamtheit aller Prüfmerkmale abwägen darf.


Freitag, den 24. Juni 2016

Schalldämpfer als Rückstoßbremsenkombo deklariert  

.   In das amerikanische Verwaltungs­prozessrecht des Bun­des führt der Streit Sig Sauer Inc. v. BATF zwi­schen einem Waffen­her­stel­ler, der einen Schall­dämp­fer­bau­satz als kom­bi­nierte Schall­dämp­fer-Rück­stoß­bremse dekla­riert hatte und dem stren­geren Recht für Schall­dämpfer ent­kom­men wollte, und dem Bundes­auf­sichts­amt für Alkohol, Tabak, Waffen und Explo­sions­stoffe, ein. Nach dem Ver­waltungs­ver­fahren, in dem das Amt nach dem National Firearms Act trotz der be­ab­sich­tig­ten Neben­wirkung als Rück­stoß­bremse den Bau­satz als Schall­dämp­fer ein­ord­nete, folgte ein Pro­zess vor dem ordent­lichen Gericht, das das Amt bestätigte.

Am 21. Juli 2016 entschied auch das Bundes­beru­fungs­gericht des ers­ten Be­zirks der USA in Boston gegen den Her­stel­ler. Der Be­ur­tei­lung der Tat­sachen durch das Amt misst es hohen Wert wegen seines Sach­verstan­des zu. Die ob­jek­ti­ven Merk­male des Bau­satzes sprechen für einen Schall­dämpfer. Die be­ab­sich­tigte Eig­nung als Rück­stoß­bremse, die auch als Präzisionskiller be­zeich­net wird, ist irre­levant, weil ihre Kombo­kon­struk­tion die heißen Gase auf den Schützen len­ken würde. Der sub­jek­tive Wunsch des Her­stellers, den Bau­satz für die kombi­nier­ten Zwecke zu ver­trei­ben, beur­teilt das Gericht, lai­en­haft formu­liert, als Umge­hungs­versuch.

Auch wenn die Einordnung als Schall­dämp­fer nach 18 USC §921 diese Eig­nung als ein­zigen Zweck vorschreibt, darf die ledig­lich beab­sich­tigte Ver­wen­dung auch als Rück­stoß­bremse die gesetzliche Rege­lung nicht aus­höhlen: Any part intended only for use in … assembling or fabricating a firearm silencer or firearm muffler[,] 18 USC §921(a)(24); 26 USC §5845(a)(7). Dann könn­te jeder Her­stel­ler allein mit einer zwei­ten Ein­satz­empfeh­lung dem Ge­setz und seinem Zweck aus­weichen.


Freitag, den 24. Juni 2016

Drohnen neu reguliert und Privatsphäre geschützt  

.   Das Weiße Haus verkündete am 21. Juni 2916 selbst die neu­en Drohnen­regeln unter dem Titel Growing the Economy through Innovation: New Rules for the Commercial and Scientific Use of Drones, weil sie für die Volks­wirt­schaft so bedeutsam sind. Ihre Aus­arbei­tung erfolgte vom Bundes­luft­fahr­amt, der Federal Aviation Administration in Washington, DC: Operation and Certification of Small Unmanned Aircraft Systems.

Die 624 Seiten der Verordnung gelten für kleine Drohnen und schaffen ein­heit­li­che Regeln für die ge­sam­ten USA. Normaler­weise sind die Einzel­staaten für die Regu­lierung ver­ant­wort­lich, aber hier wird die üb­liche Zer­split­terung über die Rege­lungs­be­fug­nis für den national Airspace mit seiner Bun­des­zu­stän­dig­keit ver­hin­dert. Die Ver­ord­nung gilt für gewerb­lich wie privat genutzte Drohnen. Be­mer­kens­wert ist, dass die maxi­male Flug­höhe von 400 Fuß über­schrit­ten wer­den darf, wenn beson­dere Gründe vor­liegen, bei­spiels­weise bei Inspek­tions­flü­gen über Gebäuden und Strom­lei­tungen.

Erste Kommentierungen sehen die ausführliche Ver­ord­nung, für die es auch ein kurzes Fact Sheet gibt, als positiv an. Positiv ist auch die parallel dazu erlas­se­ne Ini­tia­tive zur Siche­rung der Privat­sphäre vor Droh­nen­miss­brauch. Sie wur­de vom Weißen Haus und einem Kon­sortium von Minis­teri­en initiiert und be­ruht auf dem Presidential Memorandum: Promoting Economic Competitiveness While Safeguarding Privacy, Civil Rights, and Civil Liberties in Domestic Use of Unmanned Aircraft Systems vom 15. Februar 2015.


Sonntag, den 19. Juni 2016

Kein Impressum, kein mandate in den USA  

.   Fast so irre wie ein Imprint kommt einem Anwalt in den USA die Anfrage to mandate you vor. Attorneys werden nicht man­da­tiert, son­dern consulted oder engaged, und ein Impres­sum kennt niemand in den USA. Die sprach­lichen Sün­den sind kleine Stolper­steine, die aller­dings auch Kosten aus­lösen. Wer ein Impressum für eine US-Web­seite in Auftrag ge­ben will, kann sich die Mühe ersparen, weil es nicht er­for­der­lich ist, aber einen Engagement Letter oder ein Retainer Agreement als Mandatsvertrag für das Mandatsverhältnis, At­tor­ney-Client Relation­ship, kann er trotz­dem ein­ge­hen, um sich vor wei­teren recht­lich bedeut­samen Miss­verständ­nissen in den USA zu schützen. Dabei darf er sich nicht wundern, wenn ihm keine Voll­macht abver­langt wird: Ameri­ka­ni­sche Anwälte haften mit ihrem Ruf und ih­rer Zu­las­sung für ihre Manda­tierung und kön­nen ohne Vollmacht auf­tre­ten. In den USA wird die Voll­macht nur auf­grund besonderer Bestim­mun­gen ver­langt, bei­spiels­weise im Kapital­markt­recht als Proxy oder im Immobilien­recht als Power of Attorney. In beiden Fällen gilt allerdings nicht, dass damit ein An­walt beauftragt sein muss. Jeder Laie kann eine Power of Attorney er­hal­ten, um als Ver­treter eines anderen zu handeln. Für das Impressum gibt es keine gescheite Über­setzung. Doch Margaret Marks hat einen Vorschlag: Legal Notice. Das versteht auch der US-Anwalt, gleich ob als Counsel, Attorney, Lawyer oder Counsellor.


Freitag, den 17. Juni 2016

Kein Schutz für Forenbetreiber bei alten Filmen?  

.   Forenbetreiber genießen Immunität für von Dritten ein­ge­stell­te Wer­ke, doch in Capitol Records LLC v. Vimeo LLC behaup­tete eine Rechte­verwer­terin, bei vor 1972 ge­dreh­ten Fil­men mit Musik­schnipseln gelte diese Ent­lastung nach dem Digi­tal Mil­len­nium Copy­right Act nicht.

Am 16. Juni 2016 entschied in New York City das Bundes­beru­fungs­ge­richt des zweiten Bezirks der USA den Streit in der Revi­sion mit einer 55-sei­tigen Be­grün­dung. Die Geltung der Betrei­ber­immuni­tät aus 17 USC §512(c) auf sol­che alten Filme bestä­tigte das Ge­richt eben­so wie für neu­ere Werke. Außer­dem wandte es sich der Frage zu, ob einem Foren­betrei­ber die Immuni­tät ver­wehrt wird, wenn sein Per­sonal die Filme be­merkt hat.

Das allein stellt keine mutwillige Blind­heit gegen­über der von der Rech­tever­werte­rin behaup­teten Ur­heber­rechts­ver­letzung dar, die dem Foren­betre­iber zuzu­rechnen wäre, erklärte der United States Court of Appeals for the Second Circuit. Das Unter­gericht muss nun weiter prüfen.


Donnerstag, den 16. Juni 2016

Ohne Geld kein Schiedsprozess - daher Prozess?  

.   Eine ungewöhnliche Parteien- und Anspruchs­konstel­la­tion führt in Tillman v. Rheingold Firm zum un­ge­wöhn­lichen Er­geb­nis: Zahlt eine Partei die Schieds­verfahrens­kosten gemäß einer Schieds­klau­sel nicht und stellt das Schieds­gericht darauf­hin die Arbeit ein, kann trotz der Schieds­klausel ein Prozess vor dem ordent­lichen Gericht folgen. Das Unter­ge­richt war der An­sicht, der Geld­mangel führe zum Ende aller Ver­fahren, da die Schieds­klausel ausschließ­lich galt.

In San Francisco entschied am 15. Juni 2016 das im Gegen­satz zum Supreme Court der USA schieds­feind­liche Bundes­berufungs­gericht des neunten Be­zirks der USA hin­gegen, dass bei Ein­stel­lung des Schieds­verfah­rens wegen Geld­man­gels das ordent­liche Gericht für das weitere Ver­fahren zustän­dig ist. Die schieds­beklagte Kanz­lei hatte sich unter Beru­fung auf die AAA-Schieds­regeln gewei­gert, den Schieds­kosten­vorschuss zu über­nehmen, als die Schieds­klägerin sich nicht genug Geld für ihren Anteil am Vor­schuss leihen konnte.

Das Untergericht sah das Problem der Schieds­klägerin nach Rule 41(b) des Bun­des­prozess­rechts als verwei­gerte Mit­wirkung im vertrag­lich verein­barten Schieds­verfahren und als Ver­stoß gegen die Verweisungs­verfü­gung des Ge­richts ans Schieds­gericht an. Die Einstellung durch den Schiedsrichter hielt es nach dem des Bundes­schieds­gesetz für 9 USC §1-konform.

Die Revision berief sich auf den Supreme Court: [C]ourts must rigorously en­for­ce arbi­tration agree­ments according to their terms. Am. Express Co. v. Ita­lian Colors Rest., 133 S.Ct. 2304, 2309 (2012). Es meint, der Begriff enforce the agree­ment sei in diesem Fall unklar, und erklärte lesens­wert, dass der Be­griff en­for­ce sich auf den ernst­haften Ver­such der Mit­wirkung am Schieds­ver­fah­ren be­schrän­ken kann. Die Einstel­lung entsprach nämlich den Schieds­re­geln. Das Bun­des­schieds­gesetz, Federal Arbitration Act, regele nicht, dass dann kein or­dent­licher Prozess folgen dürfe. Der Beob­achter will nicht aus­schließen, dass der Fall den Supreme Court in Wash­ington, DC, erreicht.


Mittwoch, den 15. Juni 2016

Fast gleiche neue Marke verletzt die ältere  

Figurenlogos
.   Gleiche Marken sind zulässig, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht. Diese folgt aus Märk­ten, Waren und anderen Faktoren. Am 13. Juni 2016 fin­det der Leser eine Erörterung zahlreicher Merkmale, die im ameri­kanischen Bundesmarkenrecht im Lanham Act und im Fall Guthrie Healthcare Systems v. ContextMedia, Inc. gelten. In New York City fand das Bundes­beru­fungs­ge­richt des zweiten Bezirks der USA ein begrenztes Mar­ken­ver­bot zu groß­zügig und dehnte es zugunsten der älteren Marke aus.

Das Untergericht hatte eine Injunction territorial auf den aktiven Unter­neh­mens­bereich der Klägerin in zwei Staaten beschränkt und der Beklag­ten die Ver­wendung ihrer Marke im Rest der USA sowie im Internet gestat­tet. In der Re­vision wurde klar, dass die Klägerin auch durch diese Verwendung ge­schä­digt wird, weil sie wie die Beklagte im Gesundheitswesen Mediziner aus den ganzen USA anspricht und bei einem Versuch einer territorialen Unter­neh­mens­er­wei­te­rung auf die Marke der Beklagten stoßen würde.

Außerdem sind die beiden Anbieter sachlich in verwandten Bereichen tätig: Die Klägerin mit Heilangeboten und -forschung, die Beklagte mit Pharma­wer­bung in Arztpraxen. Das stellt eine subject-matter Proximity mit über­lap­pen­den Diens­ten dar, die die territoriale Überlappung verschärfen. Die Klä­ge­rin konnte zu­dem auf eine sorgfältige Markeneinführung und -anmeldung ver­weisen, wäh­rend die Beklagte sich vor der Markenanmeldung nicht hin­rei­chend über Kon­flik­te informiert hatte und ihr Logo wie ein Plagiat wirkt.

Das Gericht schließt seine 46-seitige, lehrreiche Begründung mit der Auf­for­de­rung an das Untergericht, die potentielle Schadensvermeidung sowohl im In­ter­net als auch territorial nach Maßgabe seiner Leitlinien weiter zu prüfen, um eine bessere Verbotsverfügung zu erlassen.


Sonntag, den 12. Juni 2016

Finanzmakler verliert Kommission mit schlechtem Vertrag  

.   Mercedes-Benz Financial Services vermittelte ein Makler als Neukunden an einen Call-Center-Betreiber mit einem jeweils um ein Jahr ver­längerbaren Dreijahresmaklervertrag. In Gateway Customer Solutions LLC v. GC Services Ltd. Partnership erging am 10. Juni 2016 ein lehrreicher Revi­sions­be­schluss zur Frage, ob die vereinbarte Maklerkommission anfällt, wenn der Kundenvertrag nicht verlängert, sondern durch einen weitgehend gleichen Vertrag ersetzt wird.

Der Maklervertrag bestimmte die Kommissionspflicht für diese Laufzeit ver­mit­telter Kundenverträge: [t]he duration of an awarded contract and any re­newals pursuant thereto. Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis erklärte, dass diese Formulierung keiner Auslegung be­darf. Sie ist unein­deutig und erstreckt die Vertragslaufzeit nicht auf einen neuen Vertrag, den die Parteien bei Ablauf des ersten Vertrags ohne dessen Verlän­gerung abschließen.

Auch soweit der zweite Vertrag den ersten supersedes and replaces und an­son­sten mit ihm identisch ist, besteht im Maklervertrag kein Auslegungs­be­darf. Selbst für die Anwendung der contract proferentem-Regel gegen die die­sen Ver­trag entwerfende Partei besteht keine Veranlassung, weil nichts aus­zu­le­gen ist. Wenn der Makler an jedem herbeigeführten Vertragsverhältnis par­ti­zipieren wollte, hätte er es so im Maklervertrag erklären müssen.


Samstag, den 11. Juni 2016

Karaoke verletzt Urheberrecht  

.   Karaoke verletzt Urheberrecht, auch wenn kein Musikant singt, erklärt der Fall Sony/ATV Publishing LLC v. Ontario Inc., in dem die beklagte Verletzerin behauptete, eine Lizenz für den Musikversand zu besit­zen, während der klagende Musikvertrieb behauptete, Karoake sei als audio­visuelles Werk von der Lizenz für die Aufführung lizenzierter Musik ausge­schlos­sen. Die Verletzerin meinte, ihr Verkauf von Musikdatei als MP3 und von Grafikdatei mit dem Liedtext sei von der Lizenz gedeckt, weil erst der Kun­de die Dateien zusam­men aufführe und damit ein audiovisuelles Werk an­bie­te. Das Bundes­beru­fungs­gericht des sechsten Bezirks der USA in Cin­ci­natti sah hingegen eine Um­gehung technischer Schranken:
[I]t denies distributing karaoke recordings, claiming instead to sell MP3+G files, which consist of a sound recording file (MP3) and a separate graphic file with the lyrics (+G). Ontario says that its run-of-the-mill HFA license authorizes this distribution scheme be­cause the two files are technically independent and create an aud­io­visual work only when played in unison by the consumer. It fails to per­suade. And other courts have rejected similar tech­no­logical efforts to bypass obtaining additional licenses. See, e.g., ABKCO Music Inc. v. Stellar Records Inc.… (rejecting the de­fen­dant's contention that physical "CD+G's" are phonorecords falling within the grant of a compulsory license); Leadsinger Inc. v. BMG Mu­sic Pub., (holding that a microchip containing sound re­cor­dings and images of the corresponding lyrics constituted an audio­visual work exceeding the scope of a compulsory license). AaO 5-6.
Die Entscheidungsbegründung vom 9. Juni 2016 stützt ein einstweiliges Ver­triebsverbot des Untergerichts: [T]he district court determined that On­ta­rio's li­cen­ses did not authorize its use of the Subject Works and enjoined Ontario from "copying, recording, manufacturing, advertising, distributing, selling, of­fe­ring for sale, transmitting or otherwise exploiting or causing to be used in any manner in the United States … the musical compositions owned and/or administrated by [Publishers]."

Das Gericht erörtert ausführlich vier Lizenzen, die die Beklagte vermeintlich, doch fehlerhaft zur Ansicht verleiteten, ihr Vertriebs­geschäft sei von Rechte­ver­wer­tern erlaubt. Es erklärt dazu die territorialen, temporalen und inhaltlichen Gren­zen der von Rechteverwertern erteilten Nutzungsgenehmigungen sowie die anderen Anforderungen an eine einstweilige Verfügung, preliminary In­junc­tion.


Freitag, den 10. Juni 2016

Das Grundrecht auf versteckt getragene Schusswaffen  

.   Concealed Weapons stehen im Mittelpunkt des Revisi­ons­beschlus­ses in Peruta v. City of San Diego am 9. Juni 2016 und der Dis­kussion um das behaup­tete Grundrecht auf privaten Waffen­besitz. Der Supre­me Court hatte der Bundes­verfas­sung ein solches Grund­recht ent­nom­men, doch die Frage des verdeck­ten Tragens nicht ab­schließend ge­klärt. Auf einzel­staat­licher und Kreis­ebene sind einschrän­kende Rege­lungen zu­läs­sig. Mit dem neuen Beschluss wird die Grund­rechts­frage neu aufgerollt.

Der beklagte Kreis verband eine Waffengenehmi­gung für das ver­steck­te Mit­führen mit dem Nachweis einer beson­deren Not­wendig­keit. Der die Ge­neh­mi­gung anstre­bende Kläger hielt das Erfor­dernis für eine Ver­let­zung seines an­geb­lichen Grund­rechts aus dem zweiten Ver­fassungs­zu­satz. Das Second Amend­ment deckt das Recht einer wohl­geord­neten Miliz auf Waffen­besitz und besagt: A well regulated Militia, being neces­sary to the secu­rity of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed.

Der kürzlich verstor­bene, rabiat-eloquente Supreme Court-Richter Scalia hat­te die erste Grund­recht­ent­schei­dung am 26. Juni 2008 ver­fasst. Gerade in den Städten der USA wurde Heller v. District of Columbiaals über­raschend und schockie­rend empfunden, wäh­rend das Ur­teil den nationa­len Waffen­ver­band NRA ani­mierte, die Frei­gabe der Nutzung von Waffen auch in Schu­len, Kirchen und Theatern auf poli­tischer und ge­richt­licher Ebene mit Ge­set­zen, Verord­nungen und Präze­denzfäl­len zu ver­folgen.

Nun biss er im südlichen Kalifor­nien und beim Bundes­berufungs­gericht des neunten Bezirks der USA auf Eis. Das Grund­recht kann nach der neuen Ent­schei­dung wieder im Ober­sten Bundes­gerichts­hof in Wash­ington, DC, lan­den.


Donnerstag, den 09. Juni 2016

Beweiserhebung in USA für Auslandsprozess  

.   Ausführlich, doch unkom­pliziert, stellt der Revisions­be­schluss vom 8. Juni 2016 im Fall In re application of Gorsoan Ltd. and Gaz­prom­bank OJSC die Voraus­setzungen der Beweis­erhebung in den USA für einen Auslands­prozess dar. Hier findet der Prozess in Zypern statt, doch die­selben Regeln gelten für einen deutschen Prozess, in dem die Beweis­er­he­bung weniger umfang­reich als in den USA ist.

Die benannten Parteien stellten erfolg­reich ein Beweis­ersuchen zur Unter­stüt­zung ihres Betrugs­prozesses in Zypern; die amerika­nischen Zeugen bean­tragten erfolg­los die Auf­hebung des Beweis­beschlusses, der in den USA nach 28 USC §1782 ergangen war. Die Revi­sion einer juris­tischen, zur Aussage ver­pflich­teten Person konnte das ange­rufene Bundes­berufungs­gericht des zwei­ten Bezirks der USA in New York City leicht abweisen. Eine juris­tische Person muss anwalt­lich ver­treten sein. Sie war es im Unter­gericht, doch nicht in der Revision: [A] corporation cannot generally appear in federal court except through its lawyer, Jacobs v. Patent Enforcement Fund, Inc., 230 3 F.3d 565, 568 (2d Cir. 2000).

Mit Blick auf die natürlichen Perso­nen erklärte es die Anfor­derungen an den Beweis­beschluss unter Beru­fung auf den Prä­zedenz­fall Brandi-Dohrn v. IKB Deutsche Industrie­bank AG, 673 F.3d 76, 80 (2d Cir. 2012), und bestä­tigte, dass das Unter­gericht sein gesetz­liches Ermessen ordent­lich aus­geübt hatte. Es be­tonte, dass die Beweis­erhebung in den USA weiter gehen darf als sie im aus­län­dischen Prozess zuläs­sig wäre, auch wenn sie vom Auslandsgericht nicht ge­prüft worden sei. Dies stelle keine rechts­widrige Umge­hung dar:
A district court has the authority to grant a §1782 application if three statutory requirements are satisfied: (1) "the person from whom discovery is sought resides (or is found)" within the court’s district; (2) "the discovery is for use in a foreign proceeding before a foreign tribunal"; and (3) "the application is made by a[n] … interested person." AaO 3.

Appellants assert that the §1782 application sought to circumvent Cypriot proof-gathering restrictions because it sought deposition testimony that is beyond the scope of discovery authorized under Cyprus law. This argument fails. There is no "requirement that evi­dence sought in the United States pursuant to §1782(a) be dis­co­verable under the laws of the foreign country that is the locus of the underlying proceeding." In re Application for an Order Per­mit­ting Metallgesellschaft AG to take Discovery, 121 F.3d 77, 79 (2d Cir. 1997). A district court, moreover, may not refuse a request for discovery pursuant to §1782 because a foreign tribunal has not yet had the opportunity to consider the discovery request. AaO 5.


Montag, den 06. Juni 2016

Softwarelizenz für 50 von 700 genutzt: Nutzungsverbot?  

.   Ein Softwarehaus vergab eine Lizenz für 50 Nutzer, die auf 54 aufgestockt und danach mit einer weiteren Programmlizenz für 18 Standorte gebündelt wurde. Zwei Jahre später entdeckte es, dass der Li­zenz­nehmer über 700 Mitarbeiter die Software nutzen ließ und mittlerweile 200 Standorte hat. Es vermutete, dass seine Programme rechtswidrig genutzt wür­den und beantragte eine einstweilige Verbotsverfügung gegen den Kunden.

In Pulse Systems, Inc. v. SleepMed Incorporated erklärte das Bundesgericht für Kansas am 2. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine Injunction. Die Ver­fügung ist ein Rechtsmittel des Equity-Rechts, und Equity ist unanwend­bar, wenn das Common Law eine Abhilfe bietet. Das Vertragsrecht des Com­mon Law sieht Scha­densersatz vor. Das Softwarehaus meinte, ihm dro­he we­gen Diebstahls gei­sti­gen Eigentums ein irreparabler Schaden, der den vertrag­li­chen Schadens­er­satz über­stei­ge.

Der United States District Court for the District of Kansas war nicht überzeugt, dass irreparabler Schaden zu erwarten sei. Der gegenwärtige Vertragszustand könne beibehalten werden, zumal sich die Parteien ihm gegenüber ver­pflich­tet hätten, an der Ermittlung der die Lizenzen überschreitenden Nutzung mit­zu­wir­ken, um den Schaden festzustellen.

Die Untersagung der Nutzung würde dem Anbieter keinen Nutzen bringen, wäh­rend sie dem Kunden im Gesundheitswesen und möglicherweise der All­ge­mein­heit einen schweren, nicht wieder gut zu machenden Schaden zu­fü­gen würde. Sein Ermessen übte das Bundesgericht daher zugunsten des Li­zenz­neh­mers aus.


Sonntag, den 05. Juni 2016

Ausländische Marke im Inland nachgeahmt  

Bildmarken, Regionaltracht
.   Zahlreiche Varianten des Marken­kon­flikts findet der Leser in der lehr­reichen Urteils­be­grün­dung in Pa­le­te­ria La Michoacana Inc. v. Productos Lac­teos Tocum­bo SA de CV vom 27. Mai 2016: die ver­let­zen­de, die verwässerende, die be­schreibende Marke und die Ver­wechs­lungs­gefahr, alles in Verbindung mit der Nut­zung einer ausländischen Marke im Inland ohne Lizenz und in der Annahme, sie sei im Ausland eine regi­onal verbreitete geographische Bezeichnung ohne be­son­de­ren Schutz.

Vor dem Bundesgericht der Hauptstadt Washington, DC, ver­teidigte seine Marken ein kalifornischer Eiskreme­her­stel­ler, der vor einem mexikanischen Hersteller der­sel­ben Ware in den USA aktiv war und eine Marke mit der Darstellung einer Da­me in Regionaltracht nutz­te, die die ausländische Firma für sich reklamierte, sowie Marken mit in den USA be­deu­tungslosen oder beschreibenden und damit nicht ein­tra­gungs­fä­higen Regi­o­nal­bezeichnungen einsetzte.

Am Ende gewinnen und verlieren in diesem Prozess beide Un­ternehmen, die den US-Markt mit ihren Marken teilweise zeitgleich aufbauten. Auch wenn der Anbieter aus dem Aus­land teilweise später in den USA ankam und ein kaum haltbares Qualitätssicherungssystem gegenüber seinen Li­zenznehmern unter­hielt, wird die Bildmarke mit der Re­gi­onaltracht dem älteren Nutzer ent­zo­gen. Das Gericht geht auf den Seiten 100 ff. auch detailliert auf den kaum vor­han­denen Schutz ausländischer Marken in den USA gegen­über Nachahmern ein, selbst wenn diese nicht gut­gläu­big han­deln.

Ausländische Marken, die irgendwann auch einmal in die USA gebracht werden sollen, sollte ihr rechtmäßiger Inhaber also möglichst früh in den USA anmel­den, was mit Amts­ge­büh­ren ab $225 recht erschwinglich ist. Eine Verwendung in den USA ist bei der Anmeldung noch nicht erforderlich.


Samstag, den 04. Juni 2016

Heimatstaat hört ausgewanderten Dissidenten ab  

Rotunda des Kapitols, Washington, DC
.   Seinen Heimat­sta­at verklagte der eingebürgerte ehe­ma­lige Asylant und Dissident in seiner neuen Heimat in Doe a.k.a Kidane v. Federal Democratic Republic of Ethi­opia, weil Äthiopien ihn mit einem Trojaner bespitzele und so in den USA den Omnibus Crime Control and Safe Streets Act of 1968, den Wiretap Act in 18 USC §2510, sowie den Common Law-Schutz vor Intrusion upon Seclusion ver­letze:
[I]n late 2012 or early 2013, Kidane's personal computer … "bec[a]me infected with clandestine computer programs known as FinSpy." … FinSpy is "a system for monitoring and gathering information from electronic devices, including computers and mobile phones, with­out the knowledge of the device's user." … It is allegedly "sold ex­clu­sively to government agencies and is not available to the ge­ne­ral pub­lic." … Kidane attributes the FinSpy infection of his com­puter to an email "sent by or on behalf of Ethiopia that was thereafter for­war­ded to" him by a third party.
The FinSpy software allegedly "took what amounts to complete con­trol over the operating system" of his computer. … According to the complaint, FinSpy contains "modules" for "extracting saved pass­words from more than 20 different" programs, "for … recording In­ter­net telephone calls, text messages, and file transfers trans­mit­ted through the Skype application," "for covertly re­cor­ding audio from a computer's microphone even when no Skype calls are taking place," "for recording every keystroke on the computer," and "for recording a picture of the contents displayed on a computer's screen." AaO 3.
In einer 36-seitigen Begründung erklärte das Bundesgericht der Hauptstadt am 24. Mai 2016, dass der Wiretap Act keinen Privatanspruch gegen den Staat ge­stat­te. Zudem sei nach dem Foreign Sovereign Immunities Act die Staatsimmunität der beklagten Republik von amerikanischen Gerichten zu respektieren.

Nach den Präzedenzfällen müssten bei einer Haftung wegen unerlaubter Hand­lung, Tort, der rechtswidrige Akt ebenso wie der Erfolg in den USA geschehen. Hier sei eine Wirkung in den USA zu verzeichnen, doch die Handlung des im­mu­nen Staates erfolgte wohl außerhalb der USA, sodass auch keine Immuni­täts­aus­nahme nach 28 USC §1605(a)(5) greife.


Freitag, den 03. Juni 2016

Ausländischer Beweisbeschluss zur Anschlussauskunft  

.   Ein Internetdienstleister erhielt den Beweisbeschluss eines englischen Gerichts zur Offenlegung eines Anschlussinhabers, den ein Eng­län­der wegen Verleumdung verklagen wollte. Der ISP verweigerte die Auskunft und erhob eine Feststellungsklage in Washington, DC, gegen den Engländer, um die Unwirksamkeit des Beschlusses in den USA erklären zu lassen. Der Ausländer erhob Widerklage auf Erlass eines amerikanischen Beweisbe­schlusses.

In Comcast Cable Communications LLC v. Hourani erließ das Bundesgericht der Hauptstadt einen lehrreichen Beschluss, der jedoch nicht überall auf Zu­stim­mung stößt. Nach dem Communications Act in 47 USC §661(1)(c) darf ein Ge­richt einen ISP zur Offenlegung verpflichten. Der ISP behauptete, erstens habe der An­schlussinhaber ihm die Mitwirkung verboten und zweitens sei dazu im inter­nationalen Verkehr ein Beschluss nach 28 USC §1782 erforderlich.

Diese Prozessregel erlaubt Gerichten und Parteien im Ausland die Beantragung eines us-gerichtlichen Beweisbeschlusses, siehe auch Kochinke, Journalistin im Ausland erhebt Beweis in den USA - Beweisvernehmung durch Partei in den USA für Auslandsprozess, mit weiteren Nachweisen. Das US-Gericht verbot dem ISP am 23. Mai 2016 die Mit­wirkung unter Ausübung seines Ermessens.

Die Auskunft sei angesichts der Opposition des Anschlussinhabers ohne Mit­wir­kung eines US-Gerichts bedenklich, und der Antrag des Engländers auf Erlass eines amerikanischen Beweisbeschlusses scheitere daran, dass der letzte be­hauptete Verleumdungsakt im Jahre 2014 stattfand, während der An­trag Aus­kunft über den Anschlussinhaber im Jahre 2015 verlangt. Der Ausländer sei als interessierte Person nach 28 USC §1782 antragsberechtigt, doch erfolglos.


Donnerstag, den 02. Juni 2016

Vermittlerlohn nach Handschlag verdient?  

.   Das Statute of Frauds gilt in England und den USA als Schrift­formerfordernis. Mit Betrug hat es nur indirekt zu tun. Im Fall Hersh­ko­witz v. Think Tech Labs, LLC wurde es einem Vermittler im Gericht in New York City zum Verhängnis. Er behauptete, ein Geschäft für die Beklagte erfolg­reich vermit­telt zu haben, indem er Tipps und Insiderinformationen beitrug.

Seine Klage auf eine Vergütung blieb am 1. Juni 2016 jedoch erfolglos, weil die Beteiligten keinen schriftichen Vertrag geschlossen hatten. Das Bundes­be­ru­fungs­gericht des zweiten Bezirks der USA erörterte in seiner kurzen, doch le­sens­werten Begründung das Zusammenspiel vom Statute of Fraud und dem Schuld­recht des Staates New York:
Section 5-701(a)(10) provides that the statute of frauds applies to "a con­tract to pay compensation for services rendered in … negotiating the purchase, sale, exchange, renting or leasing of any … business oppor­tunity." N.Y. Gen. Oblig. Law §5-701(a)(10). It further provides that "'[n]egotiating' includes procuring an introduction to a party to the transaction or assisting in the negotiation or consummation of the transaction." …
This definition of "negotiating" fairly encompasses the services that Hershkowitz claims he was hired to provide. During the November 2012 conversation that Hershkowitz alleges constituted his initial con­tract with defendants, Mehra told Hershkowitz that Think Tech was "in the door already" with Keller Williams, an important pro­spective client, but "need[ed] some reinforcing," to which Hersh­kowitz responded, "I know [Keller Williams's] buttons … and their lingo. That will be a big advantage."
Auch die Argumente, der Vermittler habe nicht als Makler gehandelt, und als Angestellter sei er vom Gesetz befreit, wies das Gericht überzeugend zurück. Es erklärte ihn auch zum Freiberufler, der nicht der Regelung für Personal unter­liegt. Jedoch gewann der Vermittler mit dem Argment eines Quasi-Contracts: Das Untergericht müsse erneut prüfen, ob die Parteien nicht aufgrund früherer Vermittlungsgeschäfte und Kommissionszahlungen eine gegenseitige Erwar­tung von Leistung und Gegenleistung entwickelt hätten, die noch zu einem fi­nanziel­len Ausgleich führen könnten.


Mittwoch, den 01. Juni 2016

Internetforum könnte für Vergewaltiger haften  

.   Der Communications Decency Act schützt Internetdienst­leis­ter einschließlich Forenbetreibern vor der Haftung für Rechtsverletzungen durch Nutzer der Dienste. Der Fall Jane Doe v. Internet Brands Inc. beant­wor­tet die Frage, ob der Dienstleister dennoch haften kann, wenn über den Dienst Beziehungen zwischen Dritten, hier Fotomodellen und zwei Porno­her­stel­lern, die ein Modell vergewaltigten, entstehen.

In diesem ungewöhnlichen Fall war unsicher - und vom Gericht als nicht aus­schlaggebend bezeichnet worden -, ob die Täter unmittelbar über den Model­may­hem.com-Dienst der Beklagten das Modell kontaktierten oder die Dame dort lediglich entdeckten und auf anderem Wege nach Florida lockten, wo sie sie mit Drogen betäubten, vergewaltigten und Aufnahmen als Pornoprodukte vertrieben.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Francisco ent­schied am 31. Mai 2016, dass die Haftungsimmunität nicht den behaupteten Tat­bestand der Verletzung der Sorgfaltspflicht zur Warnung der Dienstnutzer vor den gefährlichen Tätern als Haftungsgrundlage erfasst.

Ob ein dem Dienst vorzuwerfendes Failure to Warn-Versagen überhaupt vor­liegt, muss das Untergericht weiter prüfen. Dazu gehört auch die Behauptung, der Dienst hätte von den Tätern und ihrem verbrecherischen Geschäfstmodell gewusst. Die Einrede des CDA gilt jedenfalls nicht. Damit stellt die Entscheidung eine bedeutende Risikoerweiterung für Internetdienstleister dar, der sich ver­mut­lich nicht alle weiteren 12 Revisionsbezirke der USA anschließen werden.


Sonntag, den 29. Mai 2016

God@Heaven gerügt - Recht mit Archie und Veronica  

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Speicherchips
Schon vor der Freigabe des Internets für jedermann, lange vor dem Web und Google, gab es Recht im Netz sowie Archie und Veronica, um es zu ermitteln. Um 1992 war dieses Rechtsblatt auch im Netz. Gerügt wur­de auch schon - beispielsweise ein Konto unter God@Heaven…, weil der Benutzer einen Be­richt in 1000-Zeichen-Abschnitte zerhackte und einem Kollegen mit 1000 EMails sandte, weil nicht jede Uni einen FTP-Server besaß. Kein rechtsfreier Raum.

Im gestrigen Austausch mit dem Inhaber von God@Heaven… erfuhr ich, dass die Rüge vom Pentagon kam. Es hatte das Internet eingerichtet und ließ die Lehre mitspielen. Die Lehre wiederum interessierte sich für Materi­al, weshalb das German American Law Journal einen Gopher-Dienst ins Netz stellen durfte. Später folgte das Webangebot unter amrecht.com, dann 2003 das aktuelle Angebot im Blogformat.

1985 reichten 36 Kb RAM aus, um erste Fachberichte zu schreiben und auf einer Tonbandkassette zu speichern. Digitaler Versand war denkbar, aber Juristen fand ich im Internet nicht. Neben Naturwissenschaftlern und Bibliothekaren stieß ich im Netz als Rechtsverwandtesten immerhin auf einen an Jura interessierten Wirtschaftsprüfer. Vermutlich hatten bis 1995 mehr Juristen das German American Law Journal auf Floppy Disk - und der Druckfassung der German American Law Association - gelesen als im Internet. Als der Gopher-Dienst gal.md.edu:70 im Nirvana verschwand, war er nach der Entwicklung von http und Mosaic technisch obsolet.


Samstag, den 28. Mai 2016

Gilt Schiedsklausel in Online-Spiel-AGB auch für Dritte?  

.   Das Primat der Schiedsgerichtsbarkeit, Arbitration, in den USA bedeutet, dass sich auch Dritte auf eine Schiedsklausel berufen dürfen, wenn diese sie begünstigt. Der Supreme Court in Washington legt solche Klau­seln weit aus, während in San Francisco Gegenwind weht: Verbraucher, wie die Onlinespieler im Fall Geier v. M-Qube Inc., sollen eher nicht an ein Schieds­ge­richt verwiesen werden, wenn sie wegen rechtswidrig aufgedrängter Zu­satz­kosten vor ein ordentliches Gericht mit sympathisierenden Geschwo­re­nen und Sammel­klage­option ziehen wollen.

Obwohl der Supreme Court seine Position wiederholt und ausdrücklich auch im Verbraucherschutzrecht unterstreicht, wagt das Bundesberufungsgericht des neun­ten Bezirks der USA immer wieder Abweichungen. In diesem Fall galt die Schieds­klausel in den App-AGBs für den Onlinespieler als Verbraucher und den App-An­bieter sowie die Unternehmen, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung und den Abrechnungen erbringen.

Am 26. Mai 2016 entschied das Gericht unter Anwendung des Washingtoner ein­zelstaatlichen Rechts, das die in der Klausel unbenannten Dienstleister ge­gen die Klage des Verbrauchers gegen den Dienstleister ohne Einbeziehung des Spielanbieters möglicherweise den Schiedseinwand geltend machen dürfen.

In der Revisionsbegründung findet der Leser alle Merkmale für die Ermittlung der Drittbegünstigung der Dienstleister durch die AGB. Der Revisionsbeschluss gibt dem Untergericht jedoch die Prüfung der Fragen auf, ob die Verbraucher den AGB zustimmten und ob die beklagten Dritten auch wirklich Dienstleister des Spielanbieters sind.


Freitag, den 27. Mai 2016

Journalistin im Ausland erhebt Beweis in den USA  

Beweisvernehmung durch Partei in den USA für Auslandsprozess
.   Eine Amerikanerin fühlt sich von einer ausländischen Jour­na­listin verleumdet und verklagt sie in Hongkong. Die Journalistin muss nur die Wahrheit ihrer Charakterisierung der Klägerin als vulgär beweisen. Dazu be­an­tragt sie in den USA die Vernehmung deren Ex-Fahrers im Fall In re App­li­cation of Kate O'Keeffe im Rahmen der förmlichen Beweiserhebung. Nach 28 USC §1782 ist zu prüfen, ob:
(1) … the person from whom discovery is sought reside (or be found) in the district of the district court to which the application is made,
(2) … the discovery be for use in a proceeding before a foreign tri­bu­nal, and
(3) … the application be made by a foreign or international tribunal or any interested person … AaO 1.
Diese Regel der Bundesprozessordnung soll Prozesse im Ausland unterstützen, indem dortige Gerichte oder Parteien das US-Beweisverfahren durchführen. Ein Missbrauch wird durch Anwendung der Leitlinien vermieden, die der Supreme Court in Washington, DC, im Fall Intel Corp. v. Advanced Micro Devices Inc. ent­wickelt hatte. Das angerufene amerikanische Gericht muss unter Ausübung sei­nes Ermessens diese Faktoren ermitteln:
(1) whether the person from whom discovery is sought is a par­ticipant in the foreign proceeding;
(2) the nature of the foreign tribunal, the character of the pro­ceedings underway abroad, and the receptivity of the foreign go­vern­ment or the court or agency abroad to U.S. federal-court judicial assistance;
(3) whether the request conceals an attempt to circumvent foreign proof-gathering restrictions or other policies of a foreign country or the United States; and
(4) whether the request is unduly intrusive or burdensome. AaO 2.
Am 26. Mai 2016 entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City für den Journalisten. Den Antrag, durch den Fahrer zu be­weisen, dass die Klägerin wie von ihm berichtet, foul-mouthed, unflätig oder vulgär, rede, erklärte es für zulässig.

Seine Vernehmung, Deposition, erfolgt nun - höchstwahrscheinlich - wie üblich ohne Mitwirkung des Gerichts, sondern un­ter Leitung der Partei- und Zeugen­an­wälte mit Ziel, ein Wort- und ein Video­protokoll der Vernehmung dem Gericht in Hongkong vorzulegen.


Donnerstag, den 26. Mai 2016

Urheberrechtsamt will Gebühr für Online-Verstoßliste kappen  

.   Was hält der Bürger davon, die Gebühren für Meldungen von DMCA-Zustellungsempfängern von $105 oder $140 auf $6 zu reduzieren, fragt das Copyright Office am 25. Mai 2016. Gebühren werden durch Verordnung ge­regelt, und Verordungen erfordern die Mitwirkung der Öffentlichkeit nach dem Administrative Procedures Act.

Jeder Interessierte darf sich melden. Etwa 7000 Internetdienstleister sind von der Gebühr direkt betroffen. Sie können sich selbst - oder sich und weitere Per­sonen, nach unterschiedlichen Gebühren - anmelden, um die Haftungs­be­frei­ung bei Online-Verletzungen nach dem Digital Millennium Copy­right Act zu er­lan­gen. Opfer oder ihre mit Rechten ausgestatteten Vertriebsfirmen nutzen nach dem DMCA die Meldungen zur Zustellung von Take Down Notices.

Das Amt steht kurz vor der Vollendung einer digitalen Meldedatenbank und rechnet mit Jahreskosten von $41000. Verteilt auf 7000 Nutzer, meint sie, sollte eine Gebühr von $6 ausreichen. Zudem kann sie auf Gebühren für Nachträge und Änderungen verzichten. Nun ist die Öffentichkeit am Zug: Designation of Agent To Receive Notification of Claimed Infringement.


Mittwoch, den 25. Mai 2016

Zwingende Neuregelung im Online-Kaufrecht der USA  

.   Nicht der Bund, sondern die Gliedstaaten regeln das Ver­tragsrecht in den USA. Einheitlichkeit ist unerwünscht, doch für Ver­brau­cher und Arbeitnehmer trifft der Bund einige wenige Vorkehrungen, s. USA: Neue Regeln im Fernabsatz. Im Verbraucherschutzrecht verkündete am 24. Mai 2016 die Federal Trade Commission in Washington einen landesweit geltenden Verordnungsentwurf nach dem E-Warranty Act für den Handel.

Er betrifft die Transparenz der Garantiebestimmungen und -einschränkungen. Schon der Magnusson-Moss Warranty Act sollte dies durch deutliche Gestal­tun­gen erzielen. Der E-Warranty Act klärt das Verhältnis von im Internet abruf­baren Garantie- und Gewährleistungsbestimmungen zum Offline- und Online-Handel und regelt unter anderem, dass Hersteller Händlern ihre Klauseln nicht nur vor­geben dürfen, sondern auch online oder offline verfügbar machen müssen. Der Verbraucher muss sie bereits vor einem Kauf einsehen können.

Der Verordnungsentwurf liegt nun der Öffentlichkeit zur Stellungnahme vor: Rule Governing Disclosure of Written Consumer Product Warranty Terms and Conditions; Rule Governing Pre-Sale Availability of Written Warranty Terms, 81 Federal Register 100, 32680. Das Verbraucherschutzamt hofft, die Auswertung der Stellungnahmen, zu denen jedermann auch ohne besonderes Interesse berechtigt ist, bald auszuwerten, damit die Verordnung in 16 CFR Parts 701, 702 noch in diesem Jahr ain Kraft treten kann.


Dienstag, den 24. Mai 2016

Vertraglicher Verzicht auf Wertminderungsersatz  

.   Wertminderung als Diminution in Value ist ein seltenes Vertragsthema im US-Prozess, doch ausschlaggebend im Fall Gosiger Inc. v. Elliott Aviation Inc. Die Klägerin erwarb eine Flugzeugwartung von der Beklagten, die die Tragflächenstruktur beschädigte. Obwohl die Beklagte dies gleich reparierte, verlangte die Klägerin eine Wertminderung.

Die Parteien verhandelten erfolglos über einen Vergleichsbetrag, und die Klä­gerin klagte auf Erstattung des Wertverlustes mit dem Argument, der vertrag­liche Haftungsausschluss für Wertminderung in der Limitation of Liability-Klausel sei unanwendbar, weil die Beklagte durch ihre Mitwirkung an Ver­hand­lungen über einen Wertausgleich auf ihren Einwand konkludent verzich­tet ha­be. Außerdem sei sie für diesen Schaden versichert.

Am 23. Mai 2016 verwarf in St. Louis das Bundesberufungsgericht des achten Be­zirks der USA die Idee, eine die Vertragsrisiken übersteigende Versicherungs­deckung stelle einen Verzicht auf vertragliche Haftungsbeschränkungen dar. Ein Verzicht setze eine beidseitige Willenserklärung voraus. Der einseitige Erwerb einer Versicherung entspreche dem nicht.

Zudem setzte es sich mit der Limitation of Liability-Klausel im Verhältnis zu den vertraglichen Schadenshaftungsklauseln auseinander. Ohne Uneindeu­tig­keiten der Sprachregelungen gibt es nicht auszulegen, bestimmte es. Wenn eine Klausel alle denkbaren Schäden regelt und die nächste bestimmte Regu­lie­run­gen ausschließt und eine Rechtsfolge - Minderung - durch eine andere, näm­lich Nachbesserung oder Reparatur, ersetzt, sind sie nicht widersprüchlich und auch nicht auslegungsbedürftig, erklärte der United States Court of Appeals for the Eighth Circuit.


Montag, den 23. Mai 2016

Gericht für Sexsklaverei unzuständig  

.   Selbst wenn das Gericht den Antrag I want to get my job at the World Bank and punishment for those who want to turn me into MISTRES[S] / SEX SLAVE behandeln möchte, darf es nicht. Im Fall Gaur v. World Bank Group hatte die Klägerin nichts zur Zuständigkeit des Gerichts erklärt.

Allein deswegen, und ohne auf die Immunität der Weltbank und internationaler Organisationen einzugehen, musste das Bundesgericht der Hauptstadt ihre Kla­ge mangels Zuständigkeit abweisen: A district court lacks subject matter juris­diction [over a] complaint [that] "is patently insubstantial, presenting no fe­de­ral question suitable for decision." Seine kurze, klare Begründung am 18. Mai 2016 zitiert die wichtigsten Präzedenzfälle für die sua sponte-Abweisung von unsubstantiierten Klagen. Darin gewährt es der Klägerin die Befreiung von Ge­richts­kosten.


Sonntag, den 22. Mai 2016

Geldwäschebedenken behoben - Bank liquidiert  

.   In die FinCen-Kontrolle wegen Geldwäsche durch Banken führt das Urteil vom 20. Mai 2016 in Cierco v. Lew ein. Eine andorranische Bank war von der FinCen-Abteilung des Washingtoner Schatzamt der fortgesetzten Geldwäsche verdächtigt worden, und das Amt traf nach dem Patriot Act und dem Bank Secrecy Act erste Schritte, um die Bank vom Geldverkehr mit den USA auszuschließen, s. Notice of Finding That Banca Privada d'Andorra Is a Financial Institution of Primary Money Laundering Concern, 80 Fed. Reg. 13464, 13464, 13. März 2015; Imposition of Special Measure against Banca Privada d'Andorra as a Financial Institution of Primary Money Laundering Concern, 80 Fed. Reg. 13304, 13304, 13. März 2015.

Nachdem der Staat Andorra die Bank übernahm und liquidieren will, prüfte es, ob die Geldwäschegefahr damit behoben war. Da es davon ausging, wollte es seine Akte aufheben, doch hatten einige Bankeigner bereits Klage gegen das Amt erhoben, um die Umschuld der Bank feststellen zu lassen. Die Kläger be­fürchten, dass das Amt erneut gegen die Bank vorgehen kann, wenn es ihnen ge­länge, die staatliche Übernahme der Bank zu revidieren. Mit einer 20-sei­ti­gen, lehrreichen Begründung stellt das Bundesgericht der Hauptstadt jedoch die Erle­digung des Rechtsstreits durch die Rücknahme fest und weist die Klage ab.


Samstag, den 21. Mai 2016

Trojanerinfizierte Bank bekommt $620.187,36 erstattet  

.   Eine Fünfpersonenbank wurde trotz Sicherheits­vor­keh­run­gen ein Trojaneropfer. Nachts erfolgten zwei Über­weisungen vom Bankrech­ner nach Polen, von denen die Zentralbank eine aufhalten konnte. Wegen der zwei­ten wandte sie sich an ihren Versicherer, der Deckungsschutz für den Hackeran­griff als unversichertes Risiko verweigerte. In State Bank of Bellingham v. Banc­In­su­re Inc. erfährt der Leser mehr über die Police und Haftungs­aus­schlüs­se für IT-Risiken.

Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis prüfte die Klage wegen Vertragsverletzung und die Widerklage auf Feststellung des Haf­tungs­ausschlusses, der fehlenden Mitwirkung und der böswilligen Meldung beim Versicherungsaufsichtsamt im Wirtschaftsministerium von Minnesota. Die Revision bestätigte am 20. Mai 2016 die Forderung der Bank und wies die An­sprüche der Versicherung ab.

Die Entscheidungsbegründung setzt sich detailliert mit dem Konzept der paral­lelen Kausalität auseinander, die vertraglich, doch hier nicht wirksam, abbe­dun­gen werden kann. Selbst wenn eine gut gesicherte Rechneranlage der Aus­gangs­punkt der Überweisungen war und unter den Ausschluss von IT-Risiken fiel, zumal eine Angestellte einen Dongle über Nacht im Rechner vergaß, war der vorrangige, direkte Grund für den Ein­tritt der Versicherungsfalls die Straf­tat eines Hackers, die nicht vorhersehbare Folgen auslöste:
Even if the employees' negligent actions "played an essential role" in the loss and those actions created a risk of intrusion into Bel­ling­ham's computer system by a malicious and larcenous virus, the in­trusion and the ensuing loss of bank funds was not "certain" or "in­evi­table." The "overriding cause" of the loss Bellingham suffered re­mains the criminal activity of a third party. AaO 10.


Samstag, den 21. Mai 2016

Neues Gesetz trifft Arbeits- und Unternehmensrecht  

.   Das bombastisch Defend Trade Secrets Act genannte Gesetz regelt erstmals den Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Bundesrecht. Ein­zel­staatliches Recht will der Act nicht aushebeln, doch erlaubt er nun Klagen auch in Bundesgerichten. Eine sofortige Auswirkung betrifft Arbeitsverhältnisse. Ar­beit­geber müssen ihre Arbeitnehmer auf ein Whistle-Blower-Recht hin­wei­sen. Eine neue Haftungsbefreiung gilt nun beim Verrat von Trade Secrets durch ih­re Offenlegung gegenüber staatlichen Stellen. Diese Pflicht ist mit gesetz­li­chen Nachteilen für Unternehmen verbunden:
Notice.-
(A) In general
An employer shall provide notice of the immunity set forth in this sub­section in any contract or agreement with an employee that go­verns the use of a trade secret or other confidential information.
(B) Policy document
An employer shall be considered to be in compliance with the no­tice requirement … if the employer provides a cross-reference to a policy document provided to the employee that sets forth the em­ploy­er's reporting policy for a suspected violation of law.
(C) Non-compliance
If an employer does not comply with the notice requirement in sub­paragraph (A), the employer may not be awarded exemplary da­ma­ges or attorney fees … in an action against an employee to whom no­tice was not provided.
(D) Applicability
This paragraph shall apply to contracts and agreements that are en­ter­ed into or updated after the date of enactment of this subsec­tion.
Besondere Aufmerksamkeit ist nun beim Entwurf von Non-Disclosure Agree­ments und Confidentiality Agreements den materiellen und prozes­su­alen Re­gelungen des DTSA zu widmen, allerdings nicht mit demselben Zeit­druck wie bei den arbeitsrechtlichen Paragrafen. Das Verhältnis vom Bundesgesetz zu den einzelstaatlichen Regelungen über Geschäftsgeheimnisse, wie dem weithin ge­folgten Uniform Trade Secret Act, und dem Common Law Trade Secret-Schutz wird sich über die Rechtsprechung der kommenden Jahre klären.


Donnerstag, den 19. Mai 2016

Übertreibender Sicherheits-Meister im Markenrecht  

.   Eine sicherheitszertifizierte Absolventin des CISSP-Kur­ses gründete eine Sicherheitsuniversität und bezeichnete in der Werbung einen Aus­bil­der als CISSP-Master. Das Zertifizierungsinstitut griff den erfunde­nen Meistertitel mit den Argumenten an, er verwässere die Zertifizierungs­marke und verletze Markenrecht nach dem Lanham Act, 15 USC §1051. Im ersten Punkt verlor das Institut revisionsfest.

In Sachen International Information Systems Security Certification Consortium Inc. v. Security University LLC konzentrierte sich in New York City das Bun­desberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 18. Mai 2016 auf den zwei­ten Punkt, den die beklagte Universität samt ihrer Gründerin mit der Ein­re­de des nominative Fair Use anfochten:
We hold that the district court erred in considering source confusion to be the only type of confusion relevant in an infringement claim, and failing to give serious consideration to, for example, confusion as to sponsorship, affiliation, or connection. We hold that the district court further erred in failing to consider that a certification mark can be infringed by a duly certified individual. Finally, we hold that the district court erred in applying solely the Ninth Circuit's test for nominative fair use, instead of applying our Court's Polaroid test.
Das Gericht rügte in seiner 42-seitigen Begründung, dass das Untergericht den Fair Use an den Merkmalen des Bundesberufungsgerichts in San Francisco statt den in seinem Bezirks geltenden maß und hob das Urteil zugunsten der Uni­ver­si­tät auf. Es setzte folgende Leitlinien für die Prüfung im zweiten Bezirk, der die Staaten New York, Vermont und Connecticut erfasst:
[C]ourts are to consider (1) whether the use of the 1 plaintiff's mark is necessary to describe both the plaintiff's product or service and the defendant's product or service, that is, whether the product or service is not readily identifiable without use of the mark; (2) whether the defendant uses only so much of the plaintiff's mark as is necessary to identify the product or service; and (3) whether the defendant did anything that would, in conjunction with the mark, suggest sponsorship or endorsement by the plaintiff holder, that is, whether the defendant's conduct or language reflects the true or accurate relationship between plaintiff's and defendant’s products or services.


Mittwoch, den 18. Mai 2016

Gerichtsstandsklausel wird per Ermessen verwirklicht  

.   Am 17. Mai 2016 erklärte der Beschluss in LVAR LP v. Ber­mu­da Commercial Bank Ltd. die Wirkung einer Gerichtsstandsklausel, wenn das Gericht seine eigene Zuständigkeit bejahen kann. Die Wirkung der Klau­sel führt es zu der Analyse nach dem Forum non conveniens-Grundsatz mit einer Umkehr der Beweislast. Die Vermutung für den Verbleib im vom Kläger ge­wähl­ten zuständigen Forum wird aufgehoben. Der von der Klausel abwei­chen­de Kläger muss das Gericht überzeugen, sein Ermessen gegen die Durchset­zung der Klausel auszuüben, erläuterte in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA. Spricht die Klausel klar von einem bestimmten Fo­rum, und ist dieses ausdrücklich als ausschließliches Forum festgelegt, sind die Aussichten für die sich auf die Klausel berufende Partei günstiger. Oft ent­spre­chen aus Europa stammende, englisch- oder deutsch­sprachige Verträge nicht diesen Vor­gaben, doch in diesem Fall berief sich eine Partei aus Bermuda er­folgreich auf diese Forum Selection Clause. Die Klausel wirkt hier als Ver­zicht auf das gesetzliche Gericht. Zudem gilt sie hier auch für einen strittigen Pro­zess, obwohl sie vertraglich als Gerichtsstand für die Verwaltung eines Trusts be­stimmt war.


Dienstag, den 17. Mai 2016

Haftung der Personensuchmaschine nach Kreditschutzgesetz  

.   Der Supreme Court der USA entschied am 16. Mai 2016 den mit Spannung erwarteten Fall Spokeo Inc. v. Robins, in dem eine Per­so­nen­suchmaschine den Vorwurf der Verletzung des Bundeskredit­schutz­ge­set­zes durch die Veröffentlichung angeblich falscher Daten über den Klä­ger bestritt. Im Untergericht war sie erfolgreich, als das Gericht keine Aktiv­le­gi­timation ent­deck­te, doch in der Revision verlor sie.

Vom Obersten Bundesgerichtshof erfuhren die Parteien, dass die Revision ein Le­gitimationsmerkmal zur Schadensbehauptung übersehen hatte. Der Scha­den muss concrete and particularized sein. Die Revision hatte diese Un­ter­schei­dung nicht verstanden oder ignoriert und nur auf den behaupteten Par­ti­ku­lar­scha­den abgestellt. Lehrreich erläutert die Begründung nun diese Merk­ma­le in Bezug auf den Fair Credit Reporting Act of 1970, der primär Finanz­aus­kunf­teien und Inkassofirmen anspricht.

Das Gericht erörterte den Schaden, der im Internetzeitalter durch eine nicht auf Finanzen auslegte Auskunft folgt, sondern der Auskunft über allgemeine Per­sonendaten und die Beziehungen von Personen zueinander, die Finanz­daten nur indirekt erwähnt, folgen kann. Der Kläger fand in der Suchmaschine seinen Namen: His profile, he asserts, states that he is married, has children, is in his 50's, has a job, is relatively affluent, and holds a graduate degree. … According to Robins' complaint, all of this information is incorrect. AaO 6.

Wegen dieser Falschauskunft verklagte er die Suchmaschine auf Schadensersatz von ab $100 und formulierte sie als Sammelklage - vermutlich in der Hoffnung, damit einen für ihn lohnenderen Vergleich zu erzielen. Dieser Beschluss weist den Fall jedoch zu einer Weiterprüfung zurück. Nur wenn das Untergericht auch einen konkreten Schaden feststellt, geht der Prozess weiter.


Montag, den 16. Mai 2016

Verfasser verliert Klage gegen Eigenverlag  

.   Sein Buch Islam in the Heartland of America veröffentlichte der Autor aus Kansas in Hazim v. Schiel & Denver Publishing Ltd. bei ei­nem englischen Eigenverlag. Der Vertrag weist eine texanische Anschrift und Rechtswahl- und Gerichtsstandsklausel auf. Der Verlag lieferte nur ein Buch statt 250 und kündigte den Vertrag, als der Verfasser die Restlieferung stornierte. Der Autor klagte, weil der Publisher-on-Demand sein Werk weiterhin vertrieb:
Hazim sued S&D Ltd.--and its affiliated entities S&&D Book Group and S&D Publishers--for copyright and trademark infringement, breach of contract, unjust enrichment, tortious interference with the con­tract with his new publisher, unfair competition, and violations of the Texas Deceptive Trade Practices Act …
In New Orleans bestätigte das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks der USA die Abweisung der Klage gegen die englische Beklagte ebenso wie die mit­beklagten verbundenen Unternehmen in den USA. Die Entscheidungs­be­grün­dung vom 5. Mai 2016 führt gründlich in die Fragen der fehler­haf­ten Zustellung und der mangelnden Zuständigkeit der US-Gerichts für ein Unter­nehmen im Ausland ein, das keinen Bezug zum Forumsbezirk in den USA unter­hält. Sie be­legt, dass die oft behauptete Usurpierung der Gerichtsbar­keit auch von US-Ge­richten nicht verfolgt wird.


Sonntag, den 15. Mai 2016

Rohrstahlstaub zerstört $12-Mio-Turbine  

.   In Associated Electric & Gas Ins. v. BendTec Inc. baute Siemens in ein Kraftwerk eine Turbine mit Rohren von einem Subunternehmer ein. Stahlstaub aus den Rohren zerstörte die Turbinenblätter. Den Ersatz des Scha­dens forderte das Kraftwerk samt subrogierten Versicherern vom Rohrher­stel­ler.

Die Revisisionsbegründung vom 13. Mai 2016 klärt lesenswert die Frage, ob die Rohre unter die Verjährungsfrist von sechs Jahren für eingebaute, wertsteigernde Einbauten oder die Zweijahresfrist für zugeliefertes Material fallen. Beide be­ur­teilte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis nach dem Recht von Minnesota.

Bei der $12 Mio. teuren Turbine folgert es, dass die mit dem Anwesen durch den Einbau verbundene wertsteigernde Großanlage unter die lange Frist fällt. Die we­gen des Stahlputzstaubs defekten Rohre fallen hingegen unter die kurze Frist. Sie weisen Merkmale nach beiden gesetzlichen Regelungen auf und stel­len einen Grenzfall dar.

Einerseits sind sie nur eine Zulieferung und wurden nicht vom Hersteller, son­dern von Siemens eingebaut. Andererseits wurden sie Teil der Anlage und des Kraftwerks. Sie sind jedoch nicht wie die Turbine multifunktional in das An­we­sen integriert. Das Gericht behandelt sie daher wie eine Materiallieferung.


Samstag, den 14. Mai 2016

Deutscher Gerichtsstand im amerikanischen Prozess  

.   Der Revisionsbeschluss in SAP America Inc. v. Wellogix Inc. betrifft die Folgen der vertraglichen, nach Deutschland verweisenden Ge­richtsstandsklausel im amerikanischen Prozess, den die deutsche Partei ge­mein­sam mit ihrer US-Tochter als Einrede gegen eine Widerklage wegen Ge­schäfts­geheimnisverletzung erhob, nachdem sie selbst die US-Partei nach Pa­tentrecht verklagt hatte. Das Untergericht hatte die Verfahren getrennt und der Gerichtsstandsklausel Wirkung verliehen, indem sie das Verfahren nach dem Forum non conveniens-Grundsatz nach Deutschland verwies.

In New Orleans entschied das Bun­desberufungsgericht des fünften Bezirks der USA am 12. Mai 2016 mit ausführlicher Begründung mehrere Fragen: Die Pa­tentklage bedeutete keine Verwirkung oder einen Verzicht auf die Gerichts­standsklausel. Das Untergericht durfte die Verweisung vornehmen, obwohl seine sachliche Zuständigkeit unklar war und blieb. Es durfte auch nach Bun­desrecht statt nach einzelstaatlichem Recht über die Durchsetzung der Klau­sel entscheiden - einzelstaatliches Recht wäre nur auf die Frage der Aus­legung der Klausel anwendbar.


Freitag, den 13. Mai 2016

Staat erzwingt Selbstmord, bleibt im US-Recht immun  

Urteil über $2.79 Mrd. im Lichte der Act of State-Doktrin
.   In die Tiefen der Ausnahmen von Ausnahmen von der Staaten­immunität tauchte in Villoldo v. Computershare, Inc. am 12. Mai 2016 das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks der USA in Boston in der Prüfung eines $2.79 Mrd.-Urteils gegen Kuba wegen des vom Staat initiierten Selbstmords und Enteignung eines Kubaners, dessen Söhne in den USA erst das Urteil erstritten und nach einer Kehrwende des Untergerichts wieder verloren.

Im Kern betrifft die Revision die Verweigerung der Kostenerstattung eines Ver­mögensverwalters von eingefrorenem kubanischem Staatsvermögen in den USA. Die Verwalter gewannen letztlich gegen die Brüder und for­der­ten die Kos­ten­erstattung zu spät. Um festzustellen, ob die Forderung im Vollstreckungs­verfahren überhaupt zulässig ist, musste das Revisionsgericht prüfen, ob das Voll­streckungs­verbot gegen fremdes Staatsvermögen aus dem Foreign Sove­reign Immunities Act greift.

In der Regel genießen Staaten mehr Immunität in der Vollstreckung als im Hauptverfahren. Hier prüfte das Gericht die Act of State Doctrine, die Hand­lun­gen eines fremden Staates grundsätzlich auch in den USA respektiert. In die­sem Fall könnte sie bedeuten, dass das US-Gericht einen fremden Enteignungs­akt respektieren muss.

Allerdings gelten Ausnahmen, die das Gericht ausführlich erörtert, die darauf hin­auslaufen, dass eine entschädigungslose Enteignung im Ausland in den USA nur dann respektiert wird, wenn sich die für die Außenpolitik zuständige Exe­ku­ti­ve dafür einsetzt, die Handlung ausnahmsweise anzuerkennen. Daran fehlt es hier, und die 22-seitige Begründung erklärt lehrreich die Folgen für die extra­ter­ritorial Exception to the Act of State Doctrine, aaO 15. Dazu streift es auch die Entscheidung des Supreme Court in Bank Markazi v. Peterson vom 20. April 2016 an, aaO 16.


Mittwoch, den 11. Mai 2016

Zustellung an Anwalt im Inland statt Beklagte im Ausland  

.   Ein ausländischer Konzern soll in den USA verklagt werden. Die Kläger finden es leichter, die Klage seinem Rechtsanwalt in den USA zu­zu­stellen. Das Unternehmen lehnt dies auf Anfrage ab. Die Kläger verlangen die Kosten der Auslandszustellung im Prozess neben der Hauptforderung. In der Revision in Cox v. Koninklijke Philips NV verlieren sie doppelt:

Erstens fehlt dem Gericht trotz erfolgter Zustellung nach dem Long-Arm Statute von Kentucky, Ky. Rev. Stat. Ann. §454.210, die Zuständigkeit für die Person der Firma im Ausland, personal Jurisdiction, und zweitens birgt die verwei­gerte Zustellungs­annahme bei Auslands­beklagten kein Haftungsrisiko, erklärte in Cin­cinatti das Bundes­berufungs­gericht des sechsten Bezirks der USA am 10. Mai 2016. Die Federal Rule of Civil Procedure 4(d) enthalte auch keine Verpflichtung, unnötige Kosten zu vermeiden.

Der Anwalt vertrat die Beklagte, bei deren amerikanischer Tochter­gesell­schaft die Kläger arbei­teten und nach ihrer Behauptung Schäden wegen verheim­lich­ter Gesundheits­gefahren erlitten, die zu Ansprüchen aus Negligence, strict Li­ability, negligent Infliction of emotional Distress, Fraud, und fraudulent Con­cealment führten. Der United States Court of Appeals for the Sixth Circuit be­grün­det seine Entscheidung auf zehn leicht verständ­lichen Seiten. Die Kläger ge­win­nen in der Revision nur insofern, als das Gericht die Kosten­erstattungs­for­de­rung als nicht rechts­miss­bräuchlich bezeichnet und ihnen keine Strafe auf­erlegt.


Dienstag, den 10. Mai 2016

Risiko der Strafanzeige: $4 Mio.-Schadensersatzklage  

.   Ein Autovermieter zeigte einen Angestellten wegen Dieb­stahls­verdachts an, doch die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Die darauf erhobene Klage des Angestellten gegen den Arbeitgeber illustriert das Risiko einer Strafanzeige mit Ansprüchen aus rechtswidriger Verhaftung, Schä­digung ehelicher Pflichterfüllung, Verleumdung, fahr­lässiger Sorgfalts­pflicht­verletzung, vorsätzlicher Zufügung emotionaler Schäden und bös­wil­li­ger Straf­verfolgung. In Bailey v. Budget Rent a Car System Inc. gewinnt der Ar­beit­geber und der am amerikanischen Recht der unerlaubten Handlungen inter­es­sier­te Leser.

Die Entscheidung vom 29. April 2016 erklärt ungewöhnlich detailliert die Tat­be­standsmerkmale der Anspruchsgrundlagen mit gründlicher Subsumtion. Das Bundesgericht für Maryland verweigert den verlangten Schadensersatz von $4 Mio. als unschlüssig, gestattet dem Kläger jedoch mit einem Dismissal without Prejudice, die Klage erneut zu erheben.

Wenn sich die Ehefrau des Klägers am neuen Prozess beteiligten sollte, kann auch der Ehepflichten-Anspruch etwas schlüssiger erscheinen: Schadensersatz für ein Loss of Consortium kann nämlich nur der Ehegatte eines Opfers bean­tragen.


Sonntag, den 08. Mai 2016

Ausschluss der Öffentlichkeit: Rule 26(c) FRCP  

.   Die Öffentlichkeit einschließlich der Presse hat volle Ein­sicht in Prozesse samt den Akten. Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann ein Gericht eine Protective Order gewähren. Ein gutes Beispiel findet sich im Beschluss vom 6. Mai 2016 im Fall Kinney v. IBT Inc. vor dem Bundesgericht für Kansas.

Dort hatten die Parteien das Gericht überzeugt, dass Geschäftsgeheimnisse zu schützen waren. Aber auch persönliche Belange berücksichtigt der Beschluss. Deshalb erörtert es auch gesundheitliche Sachverhaltsfragen und den Umstand, dass die Parteien aus einem kleinen Ort stammen, wo jeder jeden kennt.

Eine Bloßstellung will das Gericht niemandem zumuten. Es nutzt sein Ermes­sen nach Rule 26(c) Federal Rules of Civil Procedure. Der 13-seitige Be­schluss selbst zieht jedoch deutliche Grenzen, die Personen ebenso wie die Materialien wie beispielsweise Wortprotokolle von Vernehmungen, die Kennzeichung ver­trau­licher Unterlagen und auch zeitliche Elemente betreffen.


Samstag, den 07. Mai 2016

Missachtung des Gerichts mit $70 Mio. geahndet  

.   In Angiodynamics Inc. v. Biolitec AG ignorierte ein deutsches Unter­nehmen Prozess­verfü­gungen eines US-Gerichts. Wegen dieser Miss­achtung setzt das Gericht eine ständig zuneh­mende, revisions­bestätigte Strafe von bis zu $70 Mio. gegen das Unter­nehmen fest.

Nach dem Erlass des Urteils focht die Partei die Fest­setzung der Sanktion mit der Rüge an, die Zustän­digkeit des Gerichts sei mit dem Urteil erloschen. Am 6. Mai 2016 unterlag sie vor dem Bundes­berufungs­gericht des ersten Bezirks der USA in Boston. Der Revisions­beschluss bestätigte das Unter­gericht mit einer Be­schrei­bung der verfügungs­widrigen Hand­lungen, die voll­streckungs­vereiteln­de Vermögens­verlage­rungen zwischen Deutsch­land und Öster­reich umfassen.

Seine 23-seitige Begrün­dung erör­tert dann die Zustän­digkeit des Gerichts für Con­tempt of Court-Ver­fügun­gen und die Wirkung des Ver­zichts der sanktio­nier­ten Partei auf diese Rüge in den ersten Revisionen. In einer Fuß­note erklärt es, dass eine Ermessens­ausübung zugunsten einer Sanktionen­re­duzie­rung ange­sichts der absicht­lichen und fort­gehenden Miss­achtung unange­bracht wäre.


Freitag, den 06. Mai 2016

Exklusivvertriebsvertrag aus Gewohnheitsrecht?  

.   In den USA werden Vertriebsfirmen wenig geschützt, doch gibt es Ausnahmen wie das Gesetz 75 in Puerto Rico. Dort behauptete ein Händ­ler trotz fehlenden Allein­vertriebs­vertrages einen Exklusivi­tätsschutz, weil der Hersteller seine Produkte auf der Insel fast nur über ihn vertrieb und bei Hin­wei­sen auf Graumarkt­verkäufe durch Firmen vom US-Festland versprach, ihnen nach­zugehen. Der Hersteller erklärte hingegen schriftlich, dass ein Allein­ver­triebs­vertrag nicht bestehe, und vermerkte auf jeder Rechnung seine Auffas­sung.

Drei Jahre nach diesem Schreiben begann der Hersteller, andere Inselhändler zu beliefern, und der Händler klagte wegen Verletzung seines Allein­vertriebs­rechts. Der Hersteller wandte die dreijärige Verjährungsfrist des Geset­zes 75 ein. Vor dem Bundes­berufungs­gericht des ersten Bezirks der USA in Boston, das auch für Puerto Rico zuständig ist, gewann er.

Im Fall Trafon Group Inc. v. Butterball LLC erklärte es am 4. Mai 2015, dass die stetigen Hinweise auf den Rechnungen, auch wenn der Händler sie igno­rier­te und nicht wahrnahm, jedes Vertrauen in eine gewohnheitsrechtliche Exklu­sivi­tät aushöhlten. Das Gesetz schütze Händler vor jeglicher unbegrün­deten nach­teiligen Verän­derung eines Vertriebs­vertrags. Das Schreiben hätte frist­ge­recht als solche Verän­derung behauptet werden können, doch griff bei Klag­er­he­bung bereits die Verjährung aufgrund des Zeitablaufs. Die zwischen­zeitli­chen Liefe­rungen erfolgten wirksam unter dem Vorbehalt der Rechnungs­vermerke und erlaubten keinen Vertrauens­schutz.


Donnerstag, den 05. Mai 2016

Wettbewerbsbehindung durch Kundenrabatte?  

.   In Eisai Inc v. Sanofi Aventis U.S. LLC klärt das Bun­des­be­rufungsgericht des dritten Bezirks die Wirkung von Kundenrabatten an Kran­kenhäuser auf das Kartellrecht. Am 4. Mai 2016 stellte es in Philadelphia fest, dass die Rabatte entgegen der Auffassung der Klägerin, sie beeinflussten durch Fear, Uncertainty and Doubt unlauter die Marktteilnehmer, keine Blockade der Krankenhäuser für Wettbewerber auslösten.

Soweit die Wettbewerber, die auch Krankenhäuser beliefern möchten, Schaden erleiden, weil sie preislich nicht mithalten können, handelt es sich um kein ge­setz­lich bedeutsames Ergebnis. Die Krankenhäuser erhalten ver­trag­lich eine Ra­battzusage, ohne jedoch Abnahmepflichten zu unterliegen. Weder der Sherman Act noch der Clayton Act helfen dem Wettbewerber, erläutert das Gericht mit einer 28-seitigen Begründung.


Mittwoch, den 04. Mai 2016

Bürge knüpft Hoffnungen an Kartelleinrede  

.   In Knauf Insulation Inc. v. Southern Brands Inc. fand sich die US-Tochter eines deutschen Herstellers in der Revision wieder, als Bürgen ihres schlecht zahlenden Kunden ein Urteil anfochten, das sie zur Zahlung seiner Schulden verpflichtet. Das Gericht klärte zunächst, dass die Bürg­schafts­erklärung und die damit verbundene Gerichtsstandsklausel wirken.

Die Argumente, das Urteil ignoriere scheinbar eine Gutschrift von $1,3 Mio. und die Bürgschaft sei wegen behaupteter Kartell­beteiligung der Liefe­rantin nichtig, prüfte es mit einer lesens­werten Schilderung des Rechts. Die $1,3 Mio.-Einrede taugt nichts, weil sie nicht im Klageantrag oder einer Aufrechnung geltend ge­macht wurde, sondern isoliert in einer eidlichen Erklärung auf­tauch­te. Die Kar­tell­beteiligung könnte theoretisch zu einer Argumentations­kette füh­ren, die die Bürgschaft als Knebelvertrag darstelle, auch wenn weder für eine Sit­tenwidrig­keit noch eine Kartell­mitwirkung Anzeichen vorlägen.

Dennoch prüfte das Bundes­berufungs­gericht des siebten Bezirks in Chicago - immer für interes­sant zu lesende Begrün­dungen gut - am 3. Mai 2016 aus­führ­lich die Verjährung der Knebel­vertrags­einrede samt der gegen sie angeführten Verjährung und der gegen die Verjährung behaupteten Hemmung. Eine Hem­mung entdeckt es nicht, auch nicht nach dem equitable Estoppel-Grund­satz, dem letzten Hoffnungs­schimmer der Bürgen.


Dienstag, den 03. Mai 2016

Vielversprechendes Beklagtenverzeichnis  

.   In Tyrone Hurt v. Country of Germany wird der Leser enttäuscht, nachdem das Parteienverzeichnis Spannung aufbaut. Auf zehn Sei­ten stimmt der Kläger ihn auf die Parteien, vom Land Deutschland über 100 Senatoren bis zum INTERNATIONAL CRIMINAL COURT (1946)(Hague, Germany), ein. In Richmond widmete das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks der USA am 2. Mai 2016 seiner Entscheidung nicht einmal zehn Zeilen, wenn man von der Liste der Vorentscheidungen im Untergericht absieht:
Tyrone Hurt appeals the district court’s order dismissing these actions pursuant to 28 USC §1915(e)(2(B) 2012). We have reviewed the records and find no reversible error. Accordingly, we deny leave to proceed in forma pauperis and dismiss the appeals for the reasons stated by the district court. … We dispense with oral argument because the facts and legal contentions are adequately presented in the materials before this court and argument would not aid the decisional process.
Das Ergebnis ist für Querulantenklagen typisch: Keine reversiblen Fehler, keine Kostenbefreiung, keine Anhörung, sofortige Abweisung nach Aktenlage. Trotz­dem eine spannende Primärquelle.


Montag, den 02. Mai 2016

Neue Regeln für den Amicus vom Supreme Court  

.   Der Supreme Court in Washington, DC, ist für das Prozess­recht an den Bundesgerichten zuständig. Am 28. April 2016 sandte er einen Schwung Änderungen an den Kongress, damit sie noch in diesem Jahr wirk­sam werden. Sie betreffen die
Bei den Übermittlungsschreiben vom 28. April befinden sich die Änderungen, die in der Vorgabe von Seiten, Schrifttyp und Darstellung oft an Pixelzählerei erinnern. Wichtige Änderungen betreffen die Teilnahme von Prozess­un­be­tei­ligten an Prozessen, die dem jeweiligen Gericht sachverständig rechtliche und faktische Einschätzungen als Amici Curiae vortragen.

Der Amicus genießt oft weniger Einfluss als er erhofft, doch in bestimmten Fra­gen, vor allen des internationalen und des IT-Rechts, schließt er mit dem Ami­cus Brief manchmal ausschlaggebend Wissenslücken des Gerichts und der Par­teien.


Sonntag, den 01. Mai 2016

Urteilsvollstreckung entwertet = Sachbeschädigung?  

Banken bedienen Kuba, entwerten Ansprüche Dritter
.   Haften Banken als Verschwörer, wenn sie Guthaben eines Sta­ates an diesen auskehren und damit die Hoffnungen Dritter zerschlagen, die den Staat verklagen und in seine Guthaben vollstrecken möchten? In Villoldo v. BNP Paribas S.A. behaupteten die Kläger, die Banken hätten die Finanz­kon­trol­len, die sich international auf OFAC-Kontrollen erstrecken und auch deutsche Unternehmen treffen, ignoriert, kubanisches Vermögen trans­fe­riert und damit ihre Ansprüche entwertet.

In New York City entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 29. April 2016 gegen die Klageansprüche nach dem bundesrechtlichen Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act, 18 USC §1962, sowie dem Recht des Staates New York. Nach RICO muss ein Kläger belegen: "(1) a violation of the RICO statute, … (2) an in­jury to business or property; and (3) that the in­ju­ry was caused by the violation of Section 1962.” Cruz v. FXDirectDealer, LLC, 720 F.3d 115, 120 (2d Cir. 2013), aaO 3.

Das Gericht erkannte in der Hoffnung auf eine Urteil gegen Kuba weder Busi­ness noch Property und setzte sich in seiner Begründung insbesondere mit dem Sachen-Merkmal auseinander: This court has made clear that a mere “ex­pec­tation” cannot constitute “business or property” under RICO. Die Kläger hat­ten ein Versäumnisurteil gegen Kuba erst erzielt, nachdem die gerügten Bank­rechts­verstöße beendet waren: Ein Urteil wäre eine Sache, ein Prozess ist es nicht.


Samstag, den 30. April 2016

Android-ID als Personendaten unerlaubt versandt  

.   Videonutzerdaten unterliegen einem strengen Datenschutz. Der Fall Yershov v. Gannett Satellite Information klärte am 29. April 2016, ob Betrachter von Videos in der Android-Telefon-Zeitungsapp USA Today mit der Be­hauptung klagen dürfen, die Weitergabe der Android-ID eines Mobilgeräts mit Ver­bindungs- und Ortungs­da­ten an einen Dritten, hier Adobe, verletze den Vi­deo Privacy Protection Act of 1988, Pub.L.No. 100-618, §2, 102 Stat. 3195, 18 USC §2710.

Den Sachverhalt erörterte in Boston das Bundesberufungsgericht des ersten Be­zirks der USA ebenso gründlich wie die rechtliche Analyse und Folgerung. Merk­würdigerweise griff der Verlag in der Schlüssigkeitsrüge nicht das Tat­be­stands­merkmal eines Videoladens an, der bei einem Online-Angebot nach Prä­ze­denz­fällen noch hinterfragt werden darf. Das Gesetz richtet sich näm­lich an Lä­den, nachdem ein Supreme Court-Richterkandidat durch Aus­künf­te über sei­ne Vi­deovorlieben, die ein Laden Journalisten eröffnete, bloß­gestellt wurde; s. Koch­inke, Kundendaten folgenlos im Konzern verschoben.

Da dieses Merkmal nicht gerügt wurde, setzte sich das Gericht mit den anderen Tatbestandsmerkmalen des Gesetzes auseinander, darunter auch der Tatsache eines Gratisangebots, das darauf angelegt ist, Benutzerdaten zu sammeln und wirtschaftlich zu verwerten, und der Eignung der Geräte­nummer als per­sön­li­ches Identifikationsmerkmal. Die Entscheidung ist von weitreichender Bedeu­tung für App-Anbieter, die Video integrieren, und Big-Data-Verwalter und -Ver­arbeiter.

In Atlanta sehen die Kollegen der Bostoner Richter die Android-Geräte­nummer anders und beurteilen den Kunden nicht als Abonnenten im Sinne des Ge­set­zes, s. Kochinke, Android-Nutzer ohne Videodatenschutz. In Kalifornien wur­de eine Klage nach demselben Gesetz abgewiesen, weil Netflix die Informati­o­nen mit einem Passwort schützt, s. Kochinke, Schadensersatz wegen Film­em­pfeh­lungen: Datenschutz, Kochinke, Länderreport USA, Kommunikation und Recht 11/2015, S. 707. Eine Synthese dieser Entscheidungen bieten einen Einstieg in die Frage der Anwendbarkeit des Videokassettengesetzes auf den Datenschutz bei digitalen Medien.


Freitag, den 29. April 2016

Vergleich über $84.412 ist wertlos  

Wie Profis Vergleiche in den USA verhandeln
.   Eine Universität und ein Berater streiten sich in AU & Associates Inc. v. Howard University um ein Honorar. Im Prozess verteidigt sich die Uni mit dem Argument, die Leistungen seien nicht erbracht worden. Der Berater verweist hingegen auf ein Vergleichsangebot der Uni mit einer Zahlung der Ho­norarrechnung über $84.412 in vier Raten.

Das Bundesgericht der Hauptstadt verwies die Parteien am 27. April 2016 auf eine Kernbestimmung des Beweisrechts. Nach Rule 408 der Federal Rules of Evidence sind Vergleichsverhandlungen zur Erledigung eines Streits nicht be­weisgeeignet. Es führt auch die Details dieser Regel aus und erklärt an­schau­lich, dass weder die Verhandlungen noch Lösungsvorschläge wie Preis und Ra­ten­zah­lung unter Rule 408 FRE fallen.

Grundsätzlich markieren die Parteien alle Vergleichskorrespondenz mit einem entsprechenden Hinweis und einigen sich oft vor der Aufnahme von Ver­hand­lungen auf die Anwendbarkeit dieser Regel. Warum die Einigung? Weil das Bun­desbeweisrecht nicht unbedingt dem einzelstaatlichen Beweisrecht in den über 50 Rechtskreisen der USA entspricht.

Man weiß ja nie, wo eine angedrohte Klage einschlägt. Und jeder Staat hat seine eigene Gerichtsbarkeit und sein eigenes Prozessrecht, siehe Kochinke, Grund­wis­sen USA-Recht: Gerichtsbarkeiten.


Mittwoch, den 27. April 2016

Beklagte setzen Schadensersatz höher als Kläger an  

Vorteil im Sammelklageprozess angestrebt
.   Seit wann verlangen Beklagte mehr Schadensersatz als Klä­ger? Seit dem CAFA-Gesetz, das Sammelklagen mit einem Mindestwert von $5 Mio. auf Beklagtenantrag an ein Bundesgericht verweist, nachdem die Klage von den Klägern im klägerfreundlicheren einzelstaatlichen Gericht erhoben wurde. In Pazol v. Tough Mudder Inc. ging es am 26. April 2016 um die Berech­nung des Streitwerts, der sonst in den USA kaum eine Rolle spielt.

Der Prozess betrifft eine Schadensersatzforderung für Teilnehmer an einem Ex­tremsportereignis. Der Veranstalter verlegte den Ort mehrfach - zum Schluss um 79 Meilen - und verursachte laut den vier Klägern zusätzliche Unter­brin­gungs- und Fahrtkosten. Die Kläger konnten deshalb nicht teilnehmen, und der Ver­an­stalter erboste sie, indem er ihnen nach seinen AGB die Erstattung der An­melde­gebüh­ren verweigerte. Die Kläger gingen nach Verbraucherschutzrecht im Na­men aller Gleichgeschädigten vor und errechne­ten einen Schadensersatz von weniger als $5 Mio.

In Boston prüfte das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks der USA die Be­hauptung der Beklagten, der Streitwert übersteige $5 Mio. Die Beweislast legte es den Beklagten auf, während das Untergericht allein auf die schlüssige Dar­le­gung des Wertes abgestellt und den Fall zum Bundesgericht zugelassen hatte.

Nach einer lehrreichen Begründung folgerte es, dass die Parteien den Prozess nicht im als objektiver geltenden Bundesgericht weiter verfolgen dürfen. Das einzelstaatliche Gericht muss den Wert weiter prüfen und auch untersuchen, ob die Schiedsklausel der AGB greift und die Parteien vor ein Schiedsgericht zwingt.


Dienstag, den 26. April 2016

Mitarbeiter des ISP kopieren Fotos - haftungsbefreit  

.   Wer ist ein User im Sinne des Digital Millennium Copyright Act, der Kommunikations­dienstleister und Webforen von der Haftung für Urhe­ber­rechtsver­letzungen befreit, wenn der Dienst­leister auf Zuruf die verletz­ten Werke entfernt? Der Revisions­beschluss in BWP Media USA Inc. v. Clarity Digital Group LLC geht dieser Frage nach, als 75 Fotos unbe­rechtigt von Mitar­beitern eines ISP auf dessen Forums­seite veröf­fent­licht wurden. Der Rechte­in­ha­ber glaubt, die DMCA-Im­muni­tät greife in diesem Fall nicht.

Das Bundes­berufungs­gericht des zehnten Bezirks der USA in Denver prüfte die Defi­nition des User im Gesetz und fand am 25. April 2016, dass er keiner Ausle­gung bedarf und die Recht­sprechung ihn nicht als ausle­gungs­bedürf­tig ange­sehen habe. Ein User ist ein Be­nutzer eines Dienstes - eine Zurech­nung im Sin­ne eines Ver­tre­ters, Agent, folgt aus dem Begriff nicht, wenn der Be­nut­zer wie hier ein Dienst­leistungs­vertrags­verhält­nis zum ISP unter­hält, auf­grund dessen er Artikel für ein Forum des ISPs liefert und dafür ver­gütet wird.

Ein Angestelltenverhält­nis führt zu einem an­deren Ergeb­nis, weil dann das Wis­sen um die Rechts­widrig­keit der Foto­verwen­dung dem ISP als eige­nes Wis­sen zu­gerechnet würde. Selbst wenn der Benutzer ein Vertreter oder Schein­vertreter des ISP wäre, würde daraus nicht unbe­dingt eine immuni­täts­feind­liche Ange­stell­ten­po­sition folgen, erklärte das Gericht. Eben­falls wies es den Gedan­ken zu­rück, die Mitar­beiter hätten die Fotorechte auf Anweisung des Betrei­bers ver­letzt - im Gegen­teil, dieser hatte ausdrücklich Urheber­rechts­verlet­zungen in den Bei­trägen unter­sagt und dafür lizen­zierte Fotos zur Verfü­gung ge­stellt.

Zudem war der ISP nicht vorsätz­lich blind für Rechts­verlet­zungen und besaß kei­ne eigene Kennt­nis von ihnen. Da der ISP die Bilder nach dem Ein­gang einer Take Down Notice prompt ent­fernte, greift auch in diesem Fall die Haftungs­be­freiung des DMCA.


Montag, den 25. April 2016

Beim Recyling von Urananlage verletzt: Produkthaftung?  

.   Einen Spezialisten für Uranwerksanierung verklagten Ar­bei­ter seines Subunternehmers, die asbestverseuchte Kondensatoren zerlegten und dabei Schaden erlitten, nachdem die Geräte vom Generalunternehmer auf Schadstoffe untersucht und zum Subunternehmer transportiert worden waren. Bestimmte Gefahrteile hatte der Spezialist schon entfernt; was sich in Inneren der Geräte befand, konnte niemand wissen. Die Vertragskette zwischen den Un­ternehmen verlangt von jedem höchste Vorsicht. Konnte der General­unterneh­mer das Risiko für die Arbeiter vertraglich abwälzen?

Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks der USA in Cincinatti ent­schied am 22. April 2016 in Upton v. BNFL Inc. gegen die Arbeiter. Die ver­trag­lichen Regelungen sind wirksam. Ansprüche aus unerlaubter Handlung schei­tern an Verschulden und Kausalität. Selbst wenn der Generalunternehmer Schad­stoffe entfernt hatte und seine Prüfungen keine offensichtlichen Schad­stoffe feststellten, waren alle weiteren mit dem Geräterecycling beschäf­tig­ten Un­ter­nehmen hinreichend vor weiteren Risiken gewarnt.

Schließlich erörterte der United States Court of Appeals for the Sixth Circuit auch den behaupteten Produkthaftungsanspruch. Dessen verschuldenslose Haftung, strict Liability, greift beim Schaden, den der Hersteller tragen muss. Im Recyc­ling kann man je­doch nicht vom Hersteller sprechen, entschied das Gericht, wenn das Produkt ein hal­bes Jahrhundert früher von einem unbeteiligten Her­steller erworben wurde und heute der Ge­ne­ralunternehmer als Recycling­spe­zi­alist den Auftrag zur Entfernung von An­la­gen annimmt. Auch im Verhältnis zu den Arbeitern seines Subunter­nehmers gilt er nicht als Haftender eines Produkt­haftungsanspruchs.


Samstag, den 23. April 2016

Manager konkurrieren mit Arbeitgeber, schulden ihm $3,6 Mio.  

.   Ein Topmanager und ein Ingenieur etablierten eine Firma, die Ersatzteile für die Produkte ihres holländischen Arbeitgebers in Konkurrenz mit ihm verkaufte, wurden entlassen und erfolgreich auf $3,6 Mio. Schadenser­satz verklagt, und gingen gegen das Urteil mit zwei Erklärungen vor, die die Recht­mäßigkeit ihrer Wettbewerbshandlungen belegen sollten: Sie hätten nur die Angebote angenommen, die Kunden ihres Arbeitgebers, einer USA-Toch­ter­gesellschaft, als zu teuer abgelehnt hätten.

Zudem hätten sie die Ersatzteile durch Reverse Engineering ohne Zugriff auf die Baupläne ihres Arbeitgebers hergestellt, also ohne seine Rechte zu verletzen. Am 22. April 2016 entschied in Nedschroef Detroit v. Bemas Enterprises das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks der USA in Cincinatti gegen sie. Das Urteil behält Bestand. Zunächst sei die Preisunterbietung ein klassisches Merkmal des Wettbewerbs. Sie schade direkt dem Arbeitgeber, der seine Preise kaum halten könne, wenn andere sie unterböten.

Die Behauptung der Eigenentwicklung konkurrierender Ersatzteile scheitere an der Tatsachenlage. Der Arbeitgeber habe die Unterlagen stets als vertrauliches Ge­schäfts­geheimnis ausgezeichnet. Ein Zeuge der Muttergesellschaft begutachtete die Konkurrenzprodukte und beurteilte sie als genauso gut wie die Originale, was sich nicht allein durch ein zulässiges Reverse Engineering erkläre. Schließlich überzeugten Be­weise, dass sich der Manager die Pläne mit den schützenden Markierungen habe kopieren lassen.


Freitag, den 22. April 2016

Gesetzgeber löst entschiedenen Fall anders  

.   Ein Staat verlor einen US-Prozess, doch war das Urteil aus Staatsimmunitätsgründen nichts wert, bis der Kongress ein Sondergesetz ver­ab­schiedete, das die Vollstreckung in das Vermögen der Zentralbank des Sta­ates erlaubte. Die obsiegenden Kläger hatten bereits über Italien und Luxem­burg Dol­larkonten seiner Zentralbank einfrieren lassen. In Bank Markazi v. Peterson fragte die iranische Zentralbank den Supreme Court, ob das Sondergesetz verfassungsvereinbar ist.

Der Oberste Bundesgerichtshof in Washington, DC, entschied am 20. April 2016 gegen die Bank, allerdings mit erheblichem Bauchgrimmen in der Minder­mei­nung. Die Entscheidung bedeutet nämlich einen Teilverzicht auf die Kompe­tenz der Gerichte, Fragen des geltenden Rechts abschließend zu entscheiden.

Kurz nach der Gründung der USA hatte sich der Supreme Court dieses Vorrecht, das heute logisch erscheint, damals jedoch ein Novum darstellte, im Fall Marbury v. Madison erstritten, den jeder Jurastudent im ersten Semester lernt. Seinen Verzicht erklärte das Gericht mit Blick auf den The Iran Threat Reduction and Syria Human Rights Act of 2012 so:
Article III of the Constitution establishes an independent Judiciary with the province and duty … to say what the law is in particular cases and controversies. Marbury v. Madison, 1 Cranch 137, 177. Necessarily, that endowment of authority blocks Congress from requir[ing] federal courts to exercise the judicial power in a manner that Article III forbids. Plaut v. Spendthrift Farm, Inc., 514 U.S. 211, 218. Although Article III bars Congress from telling a court how to apply pre-existing law to particular circumstances, Robertson v. Seattle Audubon Soc., 503 U.S. 429, 438-439, Congress may amend a law and make the amended prescription retroactively applicable in pending cases, Landgraf v. USI Film Products, 511 U.S. 244, 267-268; United States v. Schooner Peggy, 1 Cranch 103, 110.


Mittwoch, den 20. April 2016

Gleiches Recht für Snowboarder und Transgender  

Unternehmen, Staat zur Gleichbehandlung verpflichtet
.   Snowboarder verlangen gleiches Recht in den Bergen. Ein Transgenderfall gewährt eine Neubetrachtung des Rechts, die gewählte Toilette zu benutzen. Am 19. April 2016 fielen wichtige Entscheidungen in beiden Fällen. Der erste betrifft die Pflicht zur Gleichbehandlung durch Unternehmen, die sta­at­licher Aufsicht unterliegen. Reicht eine Gewerbegenehmigung aus, sie dem Staat gleichzustellen, den die Verfassung zur Gleichbehandlung zwingt?

In Wasatch Equality v. Alta Ski Lifts behaupteten Snowboarder, dass ein mit Zugangsrechten zu staatlichen Gebirgen ausgestattetes Unternehmen sie nicht von Strecken ausschließen dürfe, die es für Skiläufer reser­vie­re. Das Bun­des­be­rufungsgericht des zehnten Bezirks der USA in Denver prüfte den fünf­ten und den vierzehnten Verfassungszusatz zur Constitution und ent­schied, dass diese Grundrechte vom Staat, nicht Unternehmen garantiert wer­den. Allein die staat­liche Genehmigung und Aufsicht stellten das Unter­neh­men nicht dem Staat gleich.

In G. G. v. Gloucester County School Board verlangte hingegen eine Trans­gender-Person das Recht, die nicht biologisch prädestinierte Schultoilette be­nut­zen zu dürfen. Die Schule ist staatlich, also gelten die Verfassungsgarantien. Das konservativste Bundesberufungsgericht der USA entschied im vierten Bezirk in Richmond gegen die Kreisverwaltung, die allein auf die biologische Zuord­nung abstellen wollte. Die Schulverwaltung hatte die Title X-Rechte aus 20 USC §1681(a) und die Equal Protection Clause der Ver­fas­sung beachtet. Das Unter­ge­richt hatte mit einer zu strengen Prüfung fehler­haft den Antrag auf Zulassungs­verfügung zur Wahltoilette verweigert.

Zu erwähnen ist, dass auch Unternehmen einer Gleichbehandlungspflicht un­terliegen, doch leitet diese sich aus zahlreichen Gesetzen, nicht der Bun­des­ver­fassung ab. Die Gleichbehandlungspflicht betrifft neben Religion, Geschlecht oder Herkunft auch andere Merkmale. Eine Gleichstellung von Skifahrern und Snowboardern folgt daraus generell nicht.


Sonntag, den 17. April 2016

Prozessgericht widmet VW-Prozessen Sonderseite  

.   Jedes Prozessdetail gehört an die Öffentlichkeit, lautet der amerikanische Grundsatz, und besonders interessante Prozesse verdienen eine eigene Gerichtswebseite. Nicht nur das - bei Superprozessen wird der Presse die Teilnahme auch durch Konferenzschaltung, so am Termin vom 21. April 2016, ermöglicht. Im VW-Prozess verkündete das Bundesgericht für den nördlichen Bezirk Kaliforniens deshalb:
In re: Volkswagen "Clean Diesel" MDL
15-MD-2672-CRB (JSC)
Due to the level of interest in this case, this web page has been created to notify journalists and interested members of the public of important news and information about access to proceedings and to case information.

FOR THE PROCEEDING
ON APRIL 21, 2016:
Journalists who wish to listen to the status conference by telephone may do so by calling CourtCall at (866) 582-6878.
Die Wortprotokolle, Beschlüsse und Schriftsätze bietet der United States Court for the Northern District of California in San Francisco natürlich auch an. Nur wenige Ausnahmen gelten vom Öffentlichkeitsgrundsatz. Selbst die vertrauliche Behandlung von Geschäftsheimnissen erfordert besondere Anträge und wird generell eher abgelehnt als gestattet.


Samstag, den 16. April 2016

Fast erreichte Quote so gut wie perfekte Leistung  

.   Deutsche Unternehmen leisten in den USA oft mehr als sie vertraglich müssen. Zwar gibt es das Konzept der vollständigen Leistung, aber eine etwas geringere Leistung bedeutet nicht unbedingt eine Vertragsverletzung. In New York City illustrierte der Fall Nature's Plus Nordic A/S v. Natural Organics Inc. am 15. April 2015 das Konzept der substantial Performance als Ge­gen­stück zur strict Performance.

Der Fall betrifft eine Verkaufsquote zum Erhalt eines Exklusivvertriebsrechts. Die Quote von $600.000 wurde um knapp $3.000 unterschritten. Die Parteien stritten sich um die unterschiedliche Einschätzung von strict und substantial, wenn die Vertragserfüllung an eine Bedingung, Condition precedent, geknüpft ist.

Hier entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA, dass die 99 Prozent überschreitende Leistung ausreiche, um das Exklusivrecht zu erhalten.


Freitag, den 15. April 2016

Donnerstag, den 14. April 2016

Rarer Anspruch im Urheberrecht  

.   Eine Rarität rührten in Flo & Eddie Inc. v. Sirius XM Radio Inc. die Parteien an: einzelstaatliches Urheberrecht in New York, Kali­for­nien und Florida. Vor dem Bundesurheberrecht besaßen einige Staaten ein sol­ches Recht aus Präzedenzfällen und Gesetzen. Dies soll nach der Ver­fas­sung des Bundes überleben, soweit es nicht das Bundesrecht aushöhlt.

Da das Bundesrecht weit geht, sind erfolgreiche Ansprüche aus einzel­staat­li­chem Copyright sehr selten. In diesem Fall geht es um eine Lücke beim Recht der öffentlichen Aufführung von Musikwerken, die die Beklagte im Radio und In­ter­net ausstrahlte und die vor 1972 geschaffen wurden.

Das in diesen Fragen kompetente Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City sieht sich überfordert. Es findet keinen klaren Präze­denz­fall der einzelstaatlichen Gerichte. Daher legt es die Rechtsfrage am 13. Ap­ril 2016 dem obersten Gericht New Yorks zur Prüfung vor - nicht ohne je­doch zu­nächst den Leser in diese wichtige Materie des IP-Rechts sorgfäl­tig einzu­wei­hen.


Mittwoch, den 13. April 2016

Kundenabwerbung folgt Personalabwerbung: Schadensersatz  

.   Die Abwerbung von Kunden kann Konkurrenten einander schadensersatzpflichtig machen. Die rechtliche Grundlage ist die rechtswidrige Einwirkung auf Vertragsbeziehungen Dritter. In St. Jude Medical SC Inc. v. Bio­sense Webster Inc. gab es eine Viererbeziehung: Ein Anbieter medi­zini­scher Geräte stellte einen Vertriebsmitarbeiter mit einem Drei­jahres­vertrag an, und er betreute unter anderem einen Großkunden.

Der Konkurrent warb den Mitarbeiter im ersten Anstellungsjahr ab. Kurz darauf wechselte der Großkunde zum Konkurrenten. Der erste Hersteller ver­klag­te den Konkurrenten und den ehemaligen Mitarbeiter auf Schadensersatz. Am 12. April 2016 entschied das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA, dass das Urteil zugunsten des Klägers auf den Ersatz des Großkundenverlustes sei­ner Prüfung standhält.

Zunächst begründete das Gericht die Wirksamkeit der Gerichtswahlklausel im ersten Arbeitsvertrag. Die Rüge, die Klausel stelle kein Verhandlungsergebnis dar, verwarf es mit dem Hinweis, dass dies nicht notwendig sei, solange die Parteien den Vertrag nicht unlauter oder unter Umgehung zwingender Be­stim­mungen schlossen.

Die Vertragsdauer von drei Jahren erklärte es für wirksam - anders sei es bei einem Wettbewerbsverbot. Schließlich erläuterte es, dass der Schadensersatz auch beim rechtswidrigen Eingriff in einen Arbeitsvertrag den verlorenen Ge­winn erfassen könne, nicht nur den Verlust der Arbeitskraft.


Dienstag, den 12. April 2016

Vertrauen der Suchmaschine in die Redefreiheit  

.   Ein US-Staat warf einer Suchmaschine vor, durch die Rei­hung von Ergebnissen das Böse zu fördern, und verlangte Einfluss auf Ände­run­gen, die das Gute schützen. Als die Reaktion ihn enttäuschte, drohte er mit Klage und Anklage und forderte Beweise über Unternehmensaktivitäten. In Google Inc. v. Hood ging das Unternehmen im Vertrauen auf seine Rede­frei­heit erfolgreich mit einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen den Staat vor, unterlag jedoch in der Revision.

Am 8. April 2016 erging vom Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks der USA in New Orleans ein Entscheid, der einerseits das Vertrauen in die Rede­frei­heit sowie die Haftungsbefreiung von Kommunikationsdienstleistern stärkt, andererseits aus prozessualen Gründen dem Staat Recht gibt.

Die Bundesgerichte dürfen dem Einzelstaat der USA Handlungen verbieten, die direkt in die von der Verfassung geschützten Rechte eingreifen. Das Gericht er­örtert die Präzedenzfälle und entscheidet gegen den Anbieter. Der Staat hatte lediglich eine Untersuchung eingeleitet. Ein Eingriff ist noch nicht erfolgt, und die Androhung entfaltet keine Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit.


Sonntag, den 10. April 2016

Honorarfreie Anwälte: Erfolglos gesucht  

.   In Baker v. Deslausiers erhoben die Kläger ohne anwalt­li­chen Beistand, pro se, Klage beim Bundesgericht und beantragten dann die Bei­ord­nung eines Anwalts. Nachdem das Verfahren 18 Monate ausgesetzt war, er­ließ der United States District Court for the District of Kansas einen kurzen, doch lesenswerten Beschluss, mit dem er die Kläger um Geduld bat.

Ihm gelang es nicht, einen Anwalt beizuordnen. Zwar ist er dazu nach 28 USC §1915(e)(1) ermächtigt, doch weder der Richter noch sein Magistrat oder Ge­richts­ver­walter konnten trotz persönlicher Anstrengungen einen Anwalt über­zeugen, ein unvergütetes Mandats in einem komplexen Fall anzunehmen. Sie wollen weiter suchen. Zur kostenlosen Beiordnung dürfe ein Anwalt nicht verpflichtet werden, Mallard v. United States District Court, 490 U.S. 296 (1989).

Das Gericht legte am 4. April 2016 die Rechtsgrundlagen der Beiordnung ebenso wie die etwaige Kostentragung durch den Staat dar. Denkbar erscheint ihm, dass die Kläger beim etwaigen Obsiegen eine Anwaltshonorarerstattung beantragen dürfen, doch sicher ist es sich nicht.

Wenn man bedenkt, dass allein das Beweisausforschungsverfahren im US-Pro­zess leicht sechsstelligen Honorare verursacht, sind die Schwierigkeiten des Ge­richts nachzuvollziehbar. Rechtsanwälte sind schließlich keine Prozess­finan­zie­rer und können auch nicht ohne Kosten und Einkünfte eine kom­pe­tent arbei­ten­de Kanzlei unterhalten.


Samstag, den 09. April 2016

Klage in Europa, dann USA wegen Geheimnisbruchs  

.   In In re: Orange SA verlangte ein Telekommu­ni­ka­ti­ons­konzern vom Revisionsgericht in San Francisco eine Zwangsmaßnah­me ge­gen das Untergericht: Es sollte eine dort anhängige Klage abweisen, weil ent­sprechend einer vertraglichen Gerichtsstandsklausel bereits ein Prozess in Paris zum selben Streit zwischen ihm und einem amerikanischen Softwarehaus an­hängig war.

Der Zwang des Mandamus ist unbeliebt, weil er das Untergericht auf die Palme bringt. Hier sollte er eine Ermessensausübung umkehren: Sollte das Unter­ge­richt die Klage nicht nach Frankreich verweisen, obwohl es unbestritten zustän­dig war? Grundsätzlich steht bei Auslandssachverhalten, -beweisen, -zeugen und -sprachen sowie fremdem Recht dieser Weg offen, doch erfordert er vom Gericht eine Abwägung zahlreicher Faktoren. Einer der Faktoren besteht hier in der vertraglichen Wahl französischen Rechts.

Am 8. April 2016 verwarf das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA den Mandamus-Antrag. Neben anderen Faktoren sprachen gegen die Zwangs­maßnahme, dass die Antragsstellerin den Prozess in Kalifornien oder Paris gewinnen könnte und ihr auch in den USA nach einem Urteil der weitere Rechtsweg einschließlich der Revision offen stehe. Der Untergericht hatte den Verweisungsantrag nach dem Forum non conveniens-Grundsatz ermessens­ge­recht beurteilt. Der Prozess wird also auch in den USA weitergeführt.

Inhaltlich spricht die 17-seitige Revisionsbegründung auch wichtige Fragen der Geheimhaltungsvereinbarung, Non-Disclosure Agreement, und der Verletzung des Computer Fraud and Abuse Act, 18 USC §1030, und verwandter Gesetze an.


Freitag, den 08. April 2016

Die Lehre vom leeren Footer: Footer füttern?  

.   EMailanschriften und -footer sind unzuverlässig und leicht zu fälschen. Auch echte Mandanten können leere Fußzeilen verwenden, gerade wenn sie sich mobil melden. Betrüger setzen sie auch gern ein. Soll man als An­walt wirklich alles wichtig Erscheinende dort verzeichnen?

Nach Erfahrungen mit Betrügern, die sich per Fax, Scan oder Post Mandatsver­träge zusenden lassen, um sie dann mit gefälschtem Inhalt Dritten zu Betrugs­zwecken zuzuleiten, sollte man eigentlich auf den ordentlichen Briefkopf ver­zichten. Den Footer kann man leicht anpassen und auf das Minimum beschrän­ken - der Korrespondent hat ja bereits die EMailanschrift. Den Rest findet er im Internet.

Komische Welt. Nicht nur die Transparenz leidet darunter. Sie animiert auch, manche Post einfach zu ignorieren, selbst wenn sie nicht als Junk entfiltert wird. Einziger Trost: Eine verfolgte Betrügerin erhielt vier Jahre Gefängnis.


Dienstag, den 05. April 2016

Briefkastenfirma ganz normal in den USA  

.   In den Nachrichten wirkt der Begriff Briefkastenfirma so schlimm. In den USA und vielen anderen Ländern steht er hingegen für etwas ganz Normales. Das gilt auch in Steueroasen wie Barbados, die die Steuer­ver­meidung ebenso wie Drogenprofite vermeiden und zum Schutz der eige­nen Reputation Informationsaustauschabkommen mit vielen Ländern unter­halten und mit Leben füllen.

Der Zweck der Briefkastenfirma besteht nicht in der illegalen Steu­erhinterzie­hung oder legalen -vermeidung. In den USA bieten manche Orte eine derart gute Gesellschaftsrechtsordnung, dass es einfach Sinn macht, dort den Eintra­gungs­sitz mit einem Briefkasten zu unterhalten, gleich wo der Ver­waltungs- oder Ge­schäfts­sitz liegen soll. Ein Beispiel ist Delaware, das wegen ge­richt­licher Kom­pe­tenz und Zügigkeit bekannt ist.

Neben den Konzernen kommen natürlich auch die Krauter und Betrüger dort­hin, weil die Kleinen die Großen nachahmen, ohne wirklich einen Vorteil zu erfah­ren, und weil die Betrüger sich im Schatten der Reichen wohler fühlen.

Auch wer nicht in einem Fremdstaat in den USA einen Gründungssitz unterhält, kann eine Briefkastenfirma vor Ort unterhalten, meist beim eigenen Rechtsan­walt, der sich um die ordentliche gesellschaftsrechtliche Wartung kümmert, da­mit die Haftungsbeschränkung einer Corporation keinen Schaden nimmt. Der Geschäftssitz kann dann im Industriegebiet liegen. Völlig legal.

Wer als Eigentümer hinter einer Corporation steckt, ist allerdings bei bösen Brief­kastenfirmen wie bei Firmen am Geschäftssitz meist auch verschleiert, durch eine alte Form des Datenschutzes. Das Ge­sell­schaftsrecht verlangt in den meisten US-Staaten nicht die Offenlegung der Eigen­tümer, sondern immer die des zustellungsbevollmächtigten Registered Agent und oft des Managements.

Steuersparend ist an amerikanischen Briefkastenfirmen nichts. Zu sehr sind sie in ein dichtmaschiges Netz aus Meldepflichten und in die Steuersysteme des Bun­des, der Einzelstaaten, der Kreise und der Städte eingeflochten. Nur die Gründung und Wartung sind billig, und die dafür notwendigen Informationen sind minimal.


Montag, den 04. April 2016

Dollarüberweisung von OFAC eingefroren  

.   Schlimmer kann es kaum werden, denken viele, deren Dol­larüberweisungen vom amerikanischen Schatzamt eingefroren wurden, nur weil die Transaktion auf Dollar lautet und vom OFAC-Amt als verdächtig oder sanktionenverletzend angesehen wird. Doch kann es schlimmer werden. Wer das Freigabeformular Application for the Release of Blocked Funds ah­nungs­los ausfüllt, kann in die nächste Falle trapsen und wegen missverständ­licher, als falsch erachteter Angaben strafrechtlich verfolgt werden:
ATTENTION IS DIRECTED TO 19 U.S.C. §§ 1592 AND 1595A, 18 U.S.C. § 545, 18 U.S.C. § 1001, 50 U.S.C. APP. § 16, AND SECTION 701 ET SEQ. OF THE RELEVANT PART OF 31 CFR FOR PROVISIONS RELATING TO PENALTIES. AaO S. 1.
Das wäre noch schlimmer als der Verlust des Geldes, denn bei Falscherklä­run­gen gegenüber dem Bund gibt es keine Kavaliersdelikte - und verzeihbare Schutzbehauptungen gibt es in den USA schon als Konzept nicht. Die Freigabe nach 31 CFR Part 501 ist immer komplizierter als das einfache Formular glauben macht. Gerade bei Transaktionen mit Embargostaaten sollte man das Formular nicht als Hilfe, sondern als Falle ansehen und nicht leichtfertig ausfüllen.

Oft gehört zum Freigabeantrag auch politischer Flankenschutz, dessen Kosten man neben den üblichen Anwaltshonoraren in der Kriegskasse bereitstellen sollte. Selbst wenn die Transaktionen vollständig zwischen nichtamerikani­schen Beteiligten abgewickelt wurden und nur die Zahlung in der Dollar­wäh­rung erfolgen sollte, ist selten mit einer schnellen Lösung zu rechnen. Das gilt erst recht in einem Wahljahr, in dem jeder Sachbearbeiter angesichts der außen­politischen Bedeutung der OFAC-Sanktionen den Kopf in den Sand steckt.


Sonntag, den 03. April 2016

Zuviel Gehalt für Überstundenlohn nach NYLL und FLSA  

.   NYLL und FLSA bestimmen den Ausgang des arbeitsrecht­lichen Prozesses in Rivera v. Anjost Corp. um die verweigerte Überstun­denvergütung eines Angestellten. Arbeitsrecht ist einzelstaatliches Recht, aber bei der Überstundenregelung gilt auch Bundesrecht, hier das New York Labor Law und der Fair Labor Standards Act. Beide setzen zum Schutz von Arbeits­kräften voraus, dass ein Mindestgehalt nicht überschritten ist und keine höher­wertigen, in der Praxis oft schwer bestimmbare Aufgaben bearbeitet werden.

Im Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City gab es in diesem Fall eine Klärung des ersten Merkmals, als der Arbeitnehmer beklagte, sein Gehalt sei variabel, weil er manchmal am Samstag arbeite und dafür ein zusätzliches Tagesgehalt erhalte. Es sei daher nicht auf einer gesetzlichen Geh­altsbasis, Salary Basis, vergütet, sondern auf einer variablen Grundlage, die ihn in den Schutzkreis von NYLL und FSIA einreihe.

Am 1. April 2016 entschied das Gericht gegen ihn. Angesichts der Qualifizierung seiner Tätigkeit sei er ein exempt Employee, den die Gesetze nicht ansprächen, und sein Gehalt habe als Salary im Sinne der Gesetze zu gelten und sei immer zu hoch ausgefallen. Daher könne er keine gesetzliche Überstundenvergütung beanspruchen.


Samstag, den 02. April 2016

Beweis in USA für deutschen Prozess versagt  

.   Parallel zu Klagen in den USA und Deutschland gegen den­selben Patentverletzer begann die Klägerin in Andover Healthcare Inc. v. 3M Co. ein Beweisbeschaffungsverfahren in den USA, um ein für sie ungünsti­ges Gutachten im deutschen Prozess zu entkräften. Nach 28 USC §1782 darf ein US-Gericht sein Ermessen zur Beschaffung von Beweisen für einen Prozess im Ausland ausüben:
Section 1782 provides that a district court "may order [a person] … to produce a document or other thing for use in a proceeding in a foreign or international tribunal." … The district court's authority to order production is not limited "to material that could be discovered in the foreign jurisdiction if the material were located there." Intel Corp. v. Advanced Micro Devices Inc., 542 US 241, 260 (2004).
Da der Supreme Court in Washington in dieser Entscheidung den Unter­gerich­ten keine kon­kre­ten Vorgaben zuleitete, musste das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks in St. Louis am 31. März 2016 selbst ausführlich die Anfor­derungen an die Beweisbeschaffung für den deutschen Prozess prü­fen. Im Er­geb­nis beurteilte es die Abweisung des Antrags der privaten Partei aus meh­re­ren Gründen als rich­tig. Das Gericht hat sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt, auch wenn eini­ge Faktoren für die Beweisverfügung sprachen.


Freitag, den 01. April 2016

Geheimzahl XXX-XX-XXXX spült Cash in Staatskasse  


Formularliste im Bild
.   Die geheimste Zahl in den USA ist die Steuernummer, gemeinhin als Social Security Number bekannt. Früher wurde sie locker herausgegeben. Seit es Hacker gibt, hütet man sie wie einen Schatz. Ausländer verwirrt das, da sie ihre Nummer veröffentlichen müssen. Nun wird es immer notwendiger, eine amerikanische Steuernummer zu besitzen.

Zahlreiche Vorgänge erfordern sie, sonst darf ein Kunde nicht bezahlen, eine Bank ein Erbe nicht auszahlen, eine Immobilie nicht verkauft werden - oder eine neue US-Tochterfirma darf kein Personal einstellen. Da nützt die aus­län­dische Tax-ID nichts - eine amerikanische muss beschafft werden. Zu al­lem Überfluss hat der Kongress dem Finanzamt die Mittel stark gekürzt. Der Erwerb der Steuernummer wird zum teuren Hürdenlauf.

Immer weniger Finanzbeamten dürfen Nachfragen beantworten. Gleichzeitig stieg die Zahl der Formulare zur Beantragung von Steuernummer oder Unbe­denklichkeitsbescheinigung. Die Liste reicht vom SS-4 über das W8-BEN bis zu Subformularen für bestimmte Zwecke - alle mit schwer verständlichen An­wei­sungen, die im internationalen Kontext wenig nützen.

Wenn am Flughafen die Sicherheitskontrolle für einen Bonus von $85 für den Staat beschleunigt werden kann, sollte ein schneller, doch kostenpflichtiger Erwerb der Steuernummer und -bescheinigungen auch denkbar sein. Am 1. April 2016 soll daher ein $500-Programm beginnen, das eine Vorzugsbehandlung garantiert.

Selbst ausländische Pässe werden im Fast Track Tax-ID-System als Identi­täts­bescheinigungen anerkannt, wenn sie mit einem Steuernummernachweis aus einem FATCA-Land vorgelegt werden. Beide Dokumente müssen durch eine vom zuständigen Landgericht ausgestellte Apostille verifiziert sein.


Donnerstag, den 31. März 2016

Online-Dienst vermittelt Rechtsfrage an Gegner  

.   Ein Anwalt nutzte einen Kurierdienst zur Zustellung einer $2,5-Mio.-Klage aus Florida an den Beklagten in Saudi Arabien. Der Beklagte wandte sich an eine Online-Anwaltsvermittlung, um sich über die Klage schlau zu machen, und diese sandte die Anfrage an den Klägeranwalt. Der bedankte sich, erklärte den Interessenskonflikt und legte dem Gericht die Anfrage als wei­teren Zustellungsnachweis vor. Dieses erließ ein Versäumnisurteil.

Erst dann meldete sich der Beklagte mit einem Wiedereinsetzungantrag. Er ver­lor. Das Gericht ging von einer zulässigen Zustellungsart und der tatsäch­li­chen Vermittlung der Kenntnisnahme von der Klage aus. Die Revision führt zu einer lehrreichen Begründung, die auch auf die Unterschiede zwischen der Zu­stel­lung nach der Haager Übereinkunft, die beispielsweise für Deutschland gilt, und sonstigen Methoden eingeht.

In De Gazelle Group, Inc. v. Tamaz Trading Establishment hob das Bundes­berufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta - auch für Florida zustän­dig - am 30. März 2016 das Urteil auf. Das Untergericht hatte einen rever­siblen Fehler begangen: Der Anwalt hatte die gerichtliche Erlaubnis zur Einschal­tung eines Kuriers erst nach erfolgter Zustellung eingeholt. Das Gericht hätte sie nach Fed.R.Civ.P. 4(f)(3) nicht erteilen dürfen. Die Zustellung war daher unwirksam. Ohne sie fehlte dem Gericht die personal Jurisdiction. Ohne Gerichtsbarkeit kein wirksames Urteil!


Mittwoch, den 30. März 2016

Haften Anwalt und Zeitung wegen Rufmords?  

.   Ein Anwalt reichte bei Gericht eine Zeugenaussage ein, die er auch einer Zeitung zuleitete. Diese berichtete dann über Probleme der Pro­zesspartei mit Drogen, und diese Person verklagte den Anwalt und die Zeitung wegen ihrer Verleumdung. Beide Beklagten beanspruchten jedoch ein Haftungs­privileg.

Am 29. März 2016 beurteilte in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in Tacopina v. O'Keefe das absolute Privileg des Anwalts, der im Prozess Aussagen einreicht, unter Verweis auf die gefestigte Praxis, und ging dann auf das fair reporting Privilege der Zeitung ein. Nach dem New York Civil Rights Law §74 sind Klagen gegen die lautere und wahre Prozess­berichterstattung unzulässig.

Der United States Court of Appeals for the Second Circuit führte aus, dass die Prozessbeschreibung nicht auf die Goldwaage gelegt werden darf. Zeitungs­artikel sind naturgemäß zusammenfassend und können subjektive Ele­mente enthalten. Geringfügige Unrichtigkeiten schaden nicht, wenn die Veröf­fent­lichung im wesentlichen akkurat ist:
[N]ewspaper accounts of legislative or other official proceedings must be accorded some degree of liberality. Holy Spirit Ass'n for Unification of World Christianity v. N.Y. Times Co., 399 NE2d 1185, 1187 (NY 1979).


Dienstag, den 29. März 2016

Drei Zeilen im Rollfenster: Unwirksame AGB  

.   Gegen eine Klage ging ein Internetanbieter in Sgouros v. TransUnion Corp. mit der Schiedseinrede nach seinen AGB vor. Er verlor, und die Revisionsbegründung stellt lehrreich die Varianten des Vertragsschlusses und -Layouts im Internet dar. Hier hatte der klagende Kunde eine Schaltfläche mit einer Zustimmungserklärung zur Einholung einer Kreditauskunft im Fen­ster bedient. Sie befand sich neben einem Rollfenster, das drei Textzeilen an­zeigte und höchstens vermuten ließ, dass beim Scrollen AGB sichtbar würden.

In Chicago erörterte das Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA am 25. März 2016 die Merkmale des Vertragsschlusses, zu denen Kenntnis vom Vertragsinhalt, notfalls durch Hinweis auf eine durch Verknüpfung, Druck­fas­sung oder Postzusendung angebotene Vertragsfassung, gehöre. Solche Lösun­gen nutzte der Anbieter nicht, sondern beschränkte sich auf die mit dem nicht­ver­traglichen Hinweis beschilderte Schaltfläche und ein in seiner Bedeutung uneindeutiges Fenster mit Textfetzen.

Ist diese Entscheidung bedeutsam für Webseiten-AGB in den gesamten USA? Jein. Das Gericht ist für den siebten von dreizehn Revisionsbezirken zuständig. Seine Urteile entfalten keine USA-weite Bindungswirkung nach dem stare deci­sis-Grundsatz. Zudem gilt beim Sachverhalt nur das Recht von Illinois. Anderer­seits erklärt das Gericht, dass dieser Staat bestimmt nicht der einzige in den USA sein will, der solche Schlampigkeit als vertragsauslösend anerkennt. Dazu zieht es zahlreiche Urteile zur Abgrenzung vom vorliegenden Sachverhalt heran.

Im Ergebnis kann die Begründung daher als nützliche Synopse der Rechtslage auch über Illinois hinaus gelten.


Montag, den 28. März 2016

Mit der Stimme des Volkes gegen E-Brett-Imitate  

.   Zählt der Erfinder der Hoverboard genannten Motorized Self-Balancing Vehicles auf die Stimme des Volkes mit dem Antrag auf eine Untersuchung der Einfuhren konkurrierender Imitate durch die International Trade Commission in Washington? Der Antrag wurde am 24. März 2016 ver­kündet. Mit der Notice of Receipt of Complaint; Solicitation of Comments Rela­ting to the Public Interest im Federal Register, Bd. 81, Nr. 56, S. 16214, lud das Amt die Öffentlichkeit und andere interessierte Parteien ein, ihm Bedenken über Sicherheit, Gesundheit und sonstige Auswirkungen der Imitate mitzuteilen.

Neben den üblichen Erwägungen der Patentverletzung nach §337 Tariff Act of 1930 geht es hier also um weitere Bedenken, die das erwartete Einfuhrverbot für die konkurrierenden Bretter zahlreicher benannter Hersteller und Vertriebs­unternehmen begründen könnten.


Sonntag, den 27. März 2016

Patent vorgegaukelt: Schadensersatz im Franchise  

.   In The Original Brooklyn Water Bagel Co. Inc. v. Bersin Bagel Group LLC hatte ein Gebäck­franchise­anbieter ein Patent auf ein Wasser­imitat aus New York vorge­gaukelt, bis ihm ein Vergleich mit dem Bund als Pa­tent­aufsicht den Riegel vorschob und ihn zum Schadens­ersatz an den Staat sowie zur Unter­lassung verpflich­tete. Ein Franchise­nehmer verklagte ihn nun wegen Franchise­betrugs, und der Anbieter rügte, der rechts­kräftige Vergleich ver­biete nach dem res judicata-Grundsatz einen weiteren Prozess.

In Atlanta entschied am 25. März 2016 das Bundesberufungs­gericht des elften Bezirks der USA gegen ihn. Da die eine Klage im Bundes­gericht, die weitere im einzel­staat­lichen Gericht von Florida erhoben wurde, musste das Gericht die Anwend­barkeit des Anti-Injunction Act prüfen. Nach diesem Gesetz sollte das Bundes­gericht auf Antrag des Patentver­letzers dem Franchise­nehmer die Klage verbieten und dem Staats­gericht die Zuständig­keit entziehen. Der Vergleich bezweckte die Erledigung aller patent­rechtlichen Ansprüche.

Der Anti-Injunction Act verlangt von Bundes­gerichten Respekt gegenüber den einzel­staat­lichen Gerichten, erklärte die Revision. Hier betrifft sie die Rechts­krafter­streckung des Vergleichs. Nach dem einzel­staat­lichen Recht liege keine res judicata vor, da sich Parteien, Sachverhalt und Rechts­fragen anders als im ersten Verfahren darstellen. Ein­deutig gehe es hier nicht um Patent­recht, sondern Täuschung im Franchise.

Die 16-seitige Entscheidungsbegründung erörtert lehr­reich diese Merkmale im Rahmen der parallelen Gerichts­barkei­ten in den USA und paral­leler Verfah­ren mit unter­schied­lichen Anspruchs­grund­lagen, Sachverhalten und Parteien.


Samstag, den 26. März 2016

Furchtbares FBAR  

US-Bewohner mit Konto in Deutschland müssen aufpassen
GFH - Washington.   Wer in den USA lebt und dort auch Steuern zahlt, hat zur­zeit den 18. April 2016 als regulären Abgabetermin für Steuererklärungen für das Jahr 2015 vor Augen. Genauso wichtig aber ist der 30. Juni als letzter Termin für den sognannten Report of Foreign Bank and Financial Accounts für US-Steuer­zahler mit Bankkonten außerhalb der USA, so in Deutschland. Auf einem sol­chen Konto können verschiedenartige Zahlungen einfließen, zum Beispiel Divi­denden aus deutschen Geldanlagen, Mieteinnahmen aus einem geerbten Haus oder auch Honorare für Dienstleistungen, die an deutsche Kunden erbracht werden. Das Konto in Deutschland kann zu einem Fallstrick werden, wenn der Steuerzahler versäumt, fristgemäß seine FBAR-Meldung bei der US-Steuerbe­hörde IRS einzu­reichen. Im schlimmsten Fall drohen vernichtende Geldstrafen und strafrecht­liche Verfolgung.

Die Grundregel für FBAR-Meldungen ist Folgende: Wenn die jeweils höchsten Kontostände aller ausländischen Konten in ihrer Gesamtheit an mindestens einem Tag im Vorjahr den Gegenwert von $10.000 überschritten haben, dann muss ein FinCEN Report 114 elektronisch abgegeben werden. Das kann über eine Webseite des US-Finanzministeriums erfolgen. Ist die Schwelle über­schritten, dann müssen alle Konten angegeben werden, auch diejenigen, auf denen sich an keinem Tag des Jahres $10.000 befanden.

Die Schwere der Folgen bei Nichteinhaltung hängt von den Umständen ab: Wurden alle in den USA steuerpflichtigen Einnahmen, die auf einem Konto eingegangen sind, ordnungsgemäß auf der Steuererklärung angegeben, dann kann es ausreichen, das Versäumte in einer delinquent FBAR Submission nach­zuholen. Entdeckt der IRS dagegen unversteuerte Einnahmen auf dem Konto, dann kann bei Feststellung von vorsätzlichem Verhalten als Strafe der höhere Betrag von entweder $100.000 oder 50% der Summe der höchsten Kontostände anfallen. Dazwischen gibt es viele Abstufungen.

FBAR-Regeln existieren schon seit den frühen 1970er Jahren, aber erst seit eini­gen Jahren greift der IRS mit strengen Kontrollen und drakonischen Strafen durch. Ein Motiv dürften schweizer Konten der Superreichen sein, die ihre Ein­künfte seit Jahrzehnten vor dem IRS verstecken, aber auch kleine Steuer­zah­ler ohne unlautere Absichten können mit voller Härte getroffen werden. Wer ein Versäumnis entdeckt hat, sollte sich schnellstmöglich fachlich beraten las­sen, denn es gibt Amnestieprogramme zur Schadensbegrenzung. Diese sind jedoch komplex und sollten nicht ohne professionelle Hilfe eingeleitet werden.

Der IRS vermeldete jüngst, dass im vergangenen Jahr 1.163.229 FBAR-Meldungen eingereicht wurden, was einen Rekord darstellt. Die Botschaft ist bei Steuer­zah­lern mit ausländischen Konten angekommen.


Freitag, den 25. März 2016

Emissionsschadensklage gegen Entwicklungshilfe  

.   Emissionen eines mit Entwicklungshilfe errichteten Strom­werks haben ihr Dorf verseucht, beklagen Inder im Fall Budha Ismail Jam v. IFC und verlangen Abhilfe sowie Strafschadensersatz von der in Washington, DC, ansässigen International Finance Corporation, einem Arm der Weltbank. Am 24. März 2016 verkündete das Bundesgericht der Hauptstadt ein abwei­sen­des Urteil.

Die 13-seitige Begründung ist aus völkerrechtlicher Perspektive einfach und überzeugend. Die für Staaten geltende Immunität wird auch auf internationale Organisationen angewandt, in der Regel aufgrund internationaler Abkommen und in den USA zudem nach dem International Organizations Immunities Act, dem Gegenstück zum Foreign Sovereign Immunities Act.

Auf die materiellen Umwelt- und sonstigen Schäden sowie die Ausgleichs- und Strafschadensersatzforderungen, compensatory and punitive Damages, darf der United States District Court for the District of Columbia daher nicht eingehen.


Donnerstag, den 24. März 2016

Imitierte Auslandsmarke verwirrt Migranten in den USA  

.   Eine in Mexiko eingetragene Marke wird in den USA von einer US-Firma mit fast gleicher Verpackung für ihr Imitat des in Lateinamerika verkauften Medikaments verwandt und wird von Migranten in den USA mit dem Original verwechselt. In Belmora LLC v. Bayer Consumer Care AG ging die schweizer Markeninhaberin gegen die US-Firma vor, die dieselbe Marke in den USA eingetragen hatte, und erwirkte deren Löschung.

Das Untergericht hob die Löschung auf und wies den Anspruch wegen rechts­widriger Assoziierung der Imitatmarke nach §43 Lanham Act, 15 USC §1125, ab. A 23. März 2016 revidierte das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks der USA in Richmond diese Entscheidung.

Die amerikanische Firma setzte in ihrer Vermarktung ihr Produkt dem mexika­ni­schen Original gleich und richtete sie an spanischsprachige Migranten in den USA. Die schweizer Firma bewies die Verwechslung im Markt durch Kunden sowie Groß- und Einzelhändler. Das Bundesmarkenamt stand der schweizer Firma im Prozess bei und argumentierte unter anderem, dass die Löschung den Verpflichtungen der USA nach Art. 6bis der Pariser Übereinkunft entspricht.

Die 35-seitige Entscheidungsbegündung stellt lehrreich die Rechtsgrundlagen für die Durchsetzung ausländischer Marken gegen amerikanische Marken- und Produktimitate dar.


Mittwoch, den 23. März 2016

Eierhandel mit Russland im US-Gericht  

.   Welche Treue- oder Sorgfaltspflichten obliegen den Pro­zess­parteien, die sich in Interlink Group Corp. USA Inc. v. American Trade and Finan­cial Corp. um ihre Ansprüche aus einem gemeinsamen Eierhandel mit Russland streiten? Sind sie Partner eines Joint Ventures, wenn sie verein­ba­ren, dass eine Firma die Eier beschafft und die andere die Eier exportiert? Oder schul­den sie sich ohne Partnership besondere Treuepflichten als Geschäftsherr und Vertreter?

Lehrreich klärte in New York City am 22. März 2016 das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA diese Fragen auf. Es erklärt die Parteien, die sich mündlich geeinigt hatten, doch schriftlich mit einem Non-Compete Agreement auseinandergingen, für Partner, die gemeinsam zur gleichen ordentlichen Er­bringung ihrer Leistungen ohne grobe Nachlässigkeiten verpflichtet waren.

Die Klägerin dringt daher nicht mit ihrem Schadensersatzanspruch für einfache Schlechtleistungen durch. Andererseits darf die Beklagte ihre Widerklage im Un­tergericht weiterverfolgen. Sie hatte eine Klage mit Dritten angezettelt, die das Joint Venture mit $2 Mio. Schadensersatz gewann, von dem sie Hälfte bean­sprucht.

Die Revision gewährt ihr das Recht, diesen Anspruch zu verfolgen, weil das Un­ter­gericht ohne hinreichende Beweiserörterung geglaubt hatte, die schrift­liche Vereinbarung über das Auseinanderbrechen des Joint Ventures habe den An­spruch zum Erlöschen gebracht. Dabei durfte das Untergericht nach dem an­wend­baren Recht von New Jersey vertragsexterne Beweise verwerten. Es durfte nur nicht implizieren, dass solche Beweise eine Rolle spielten, sondern muss deutlich machen, worauf seine Würdigung beruht. Das Urteil zeigt auch das Risiko auf, sich Partner zu nennen, wenn kein rechtliches Partnership im Sinne einer OHG beabsichtigt ist.


Dienstag, den 22. März 2016

Millionenbürgschaft des Mieters als Strafe  

.   In 136 Field Point Circle Holding Co. v. Invar Int'l Holding, Inc. verbürgte sich eine Gesellschaft für eine $1Mio.-Sicherheit, die die Aufgabe von Mieträumen durch ihre Gesellschafter gegenüber dem klagenden Vermieter sichern sollte. Als sie fällig wurde, behauptete die Bürgin, der Betrag stelle eine unzulässige Vertragsstrafe dar, weil er in keinem vertretbaren Ver­hältnis zum monatlichen Mietzins von $25.000 stehe.

In New York City entschied das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA am 21. März 2016 gegen die Bürgin. Sie hatte in der Bürgschaft auf alle Ein­reden und Einwendungen verzichtet, selbst die der Nichtigkeit und Nichtdurch­setzbarkeit der Bürgschaft. Die Klausel ist drastisch und deutlich:
The Guarantor hereby absolutely, unconditionally and irrevocably guarantees to Purchaser … the full, complete and timely payment, performance and satisfaction of each and every one of the liabilities and obligations of either or both of the Razinskis under the Trans­action Documents [including the Lease]… It is expressly understood and agreed that this is a continuing guarantee and that the obli­ga­tions of the Guarantor under this Guarantee is and shall be abso­lute under any and all circumstances, without regard to the validi­ty, regularity or enforceability of the Transaction Documents [inclu­ding the Lease]…


Mittwoch, den 16. März 2016

Kommission von $766200: Lohn; $900000: Strafe  

.   Neben einer Kommission von $766.200 erhielt die Klägerin in Flannigan v. Vulcan Power Group LLC $900.000 als Strafschadensersatz we­gen eines Vergeltungsschlags, $300.000 als Ausgleichsschadensersatz und $191.560 als Vertragsstrafe nach §215 des New York Labor Law. Sie verklagte ihren Arbeitgeber, weil er ihr eine Kommission für Ausfuhren in den Irak versprochen, doch nicht gezahlt hatte.

Der Arbeitgeber meinte, der Anspruch sei wegen mangelnder Loyalität verwirkt. Am 15. März 2016 klärte in New York City das Bundesberufungsgericht des zwei­ten Bezirks der USA die Rechtslage und bestätigte das ein Verdict, Geschwore­nen­spruch, umsetzende Urteil vollständig.

Die kurze Begründung von zehn Seiten ist lehrreich in der Darlegung der An­spruchs­grundlagen. Wichtig ist auch, dass das Gericht einen Kommissions­an­spruch einem Gehaltsanspruch gleichstellte, der nach dem Labor Law einge­klagt werden kann. Eine Vertragsstrafe ist nach US-Recht verboten; hier handelt es sich um die vergleichbaren liquidated Damages - neben den punitive Da­mages und den compensatory Damages. Letztere sind aufgeteilt in Scha­dens­ersatz wegen der Nichtzahlung und wegen der Vergeltungsmaßnahme des Ar­beitgebers.


Dienstag, den 15. März 2016

Adoption von Erwachsenen nach US-Recht  

MH - Washington.   Durch die Adoption wird ein Eltern-Kind-Verhältnis zwi­schen dem Annehmenden und dem Kind begründet, ohne dass es auf die biolo­gische Abstammung des Kindes ankommt. Die Adoption begründet denselben Status, den auch biologische Eltern gegenüber ihren Kindern haben. Anders als in Deutschland ist in den USA oft eine Namensanpassung nicht zwingend.

Jeder Bundesstaat der USA regelt sein eigenes Adoptionsrecht. Geht es um die Frage, ob auch Erwachsene - Adults über 18 Jahre - adoptiert werden können, hilft ein Blick in den jeweiligen Code des Bundesstaats.

Die Statutes der Hauptstadt Washington gestatten allen Erwachsenen, sowohl minderjährige als auch erwachsene Personen zu adoptieren:
§ 16–303
A person, whether a minor or an adult, may be adopted.
§ 16–304(f)
A person over eighteen years of age may be adopted, on the petition of the adopting parent or parents and with the consent of the prospective adoptee, if the court is satisfied that the adoption should be granted.
Bei Erwachsenen ist allerdings neben dem Antrag auf Adoption die Zustimmung der zu adoptierenden Person erforderlich. Außerdem muss die Person sechs Mo­nate bei ihren zukünftigen Adoptiveltern gelebt haben, bevor die Adoption wirksam sein kann.

Der Code of Virginia ist strenger als das DC-Recht strenger und erlaubt nicht jeder Person, eine erwachsene Person zu adoptieren:
§ 63.2-1243
Adoption of certain persons eighteen years of age or over
A petition may be filed in circuit court by any natural person who is a resident of this Commonwealth (i) for the adoption of a stepchild eighteen years of age or over to whom he has stood in loco parentis for a period of at least three months; (ii) for the adoption of a close relative, as defined in § 63.2-1242.1, eighteen years of age or older; (iii) for the adoption of any person eighteen years of age or older who is the birth child of the petitioner or who had resided in the home of the petitioner for a period of at least three months prior to becoming eighteen years of age; or (iv) for the adoption of any person eighteen years of age or older, for good cause shown, provided that the person to be adopted is at least fifteen years younger than the petitioner and the petitioner and the person to be adopted have known each other for at least one year prior to the filing of the petition for adoption.
Daraus folgt, dass neben weiteren Voraussetzungen für alle Fälle ein besonderer persönlicher Bezug erforderlich ist, zum Beispiel eine verwandtschaftliche Be­ziehung, die auch Neffen und Nichten erfasst. Zwar begründet die Adoption ein Eltern-Kind-Verhältnis, so dass die Beteiligten rechtlich eine Familie werden, eine Namensänderung durch den Adoptierten ist aber weder nach DC-Recht noch nach den Statuten von Virginia zwingend.


Sonntag, den 13. März 2016

US-Anwalt besser erreichbar  

.   Mit der heutigen Zeitumstellung wird der US-Anwalt eine Stunde früher für Europäer erreichbar. Erst wenn Mitteleuropa ebenfalls zur Sommerzeit wechselt, wird wieder der normale Zeitunterschied von sechs Stunden gelten. Bis zum 27. März 2016 ist es in Washington 10 Uhr morgens, wenn es 15 Uhr in Berlin ist.


Samstag, den 12. März 2016

$4 Mio. Strafe nach bestrittener Iranausfuhr  

.   Das amerikanische Wiederausfuhrverbot erregt immer wie­der die Gemüter. In Epsilon Electronics Inc. v. OFAC bestätigte das Bundesge­richt der Hauptstadt eine OFAC-Strafe von $4,073 Mio. nach einer Ausfuhr von Elektronik nach Dubai. Das Office of Foreign Assets Controls beschlagnahmt oft Dollarbeträge allein aufgrund des Dollarbezugs zu den USA, selbst wenn die zugrundeliegende Transaktion die USA nicht berührt und die Waren weniger als 10% amerikanische Teile enthalten.

Dieser Fall ist bemerkenswert, weil die Güter als Autoelektronik nach Dubai ex­portiert werden durften und OFAC nicht nachweisen konnte, dass sie von dort in den Iran gelangten. OFAC wusste jedoch von Internetangeboten, dass diesel­ben Güter in Teheran erhältlich waren, während ihre Ausfuhr dorthin verbo­ten war. Zwischen der Webseite mit dem Angebot und der Klägerin bestand laut der Ab­teilung des amerikanischen Schatzamts zumindest ein mittelbarer Bezug. OFAC sah darin eine Verletzung des International Emergency Economic Powers Act, 50 USC §1701–07 und der Iranian Transactions and Sanctions Regulations, 31 CFR Part 560.

Die Klägerin beantragte die Aufhebung der Sanktion und verlor. Das Gericht wand­te sich ihren zahlreichen Argumenten auf 21 Seiten lesenswert zu, nach­dem es klärte, dass Gerichte nur in extrem geringen Umfang zur Neuprüfung des Sachverhalts im Bereich außenpolitischer Entscheidungen der Exekutive berechtigt sind. Mit keinem Argument drang die Klägerin durch. Das ist nicht unüblich.

Die Entscheidungsbegründung vom 7. März 2016 macht nicht ersichtlich, dass die Klägerin auch die politischen Wege eingeschlagen hatte. Vielleicht hatte sie sich allein auf den nahezu verschlossenen Rechtsweg verlassen.


Donnerstag, den 10. März 2016

Zeitung diffamiert, Rapper verliert  

.   Die Diffamierung durch Zeitungen und andere Medien hat andere Rechtsfolgen als die Verleumdung zwischen anderen Personen. Der Fall Prakazrel Michel v. NYP Holdings Inc. macht das deutlich, indem er le­sens­wert die Anforderungen an Diffamierungsklagen in den USA erörtert. Hier lag eine falsche Berichterstattung vor, die den Ruf eines Rappers erschütterte:

Er habe sich für ein Konzert verpflichtet und sei nicht aufgetreten. Dennoch erhält er keinen Schadensersatz, entschied das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta am 7. März 2016. Die Pressefreiheit ist in der Bundesverfassung besonders geschützt. Das läuft darauf hinaus, dass ein ein­facher Fehler von Medien nicht zur Haftung führt.

Der Rapper hätte gewonnen, wenn er eine böswillige Falschdarstellung bewie­sen hätte. Das Gericht gestattet ihm jedoch, die Klage neu auszuformulie­ren und auch die Böswilligkeit vorzulegen. Deshalb weist es das Untergericht an, die Klage nur without Prejudice abzuweisen.


Mittwoch, den 09. März 2016

Anforderungen an Facebook-Kontoabgabe  

.   Ein Streit zwischen Musikmanagern löste eine Anspruchs­kette aus, die am 8. März 2016 in der Prüfung der Forderung der Über­tragung eines Facebook-Kontos kulmi­nierte. In Emerald City Manage­ment LLV v. Kahn erklärte das Bundes­berufungs­gericht des fünften Bezirks der USA in New Orleans, dass das Unter­gericht im einst­weiligen Verfah­ren alles falsch ent­schieden hatte.

Jeder Jurastudent weiß, dass im einstweiligen Verfahren der Status Quo einge­froren wird. Eine Über­tragung ginge zu weit. Aber soweit kommt das Gericht gar nicht. Es muss eine Aussicht auf Erfolg im Haupt­verfahren bestehen, die es nicht ermitteln kann.

So setzt die Anspruchsgrundlage der Marken­verletzung, auf die sich das Unter­gericht stützte, nach dem Lanham Act die Verwen­dung der Marke im Verkehr voraus. Da das Facebook-Kon­to inakti­viert wurde und damit unerreichbar ist, kann eine solche Verwen­dung nicht vorliegen. Zwar setzt eine andere behaup­tete Anspruchs­grundlage keine derartige Verwen­dung voraus, aber auf die war die fehler­hafte Über­tragungs­verfü­gung nicht gestützt worden. Daher wurde sie aufgehoben.


Sonntag, den 06. März 2016

US-Gericht umgeht nicht einen deutschen Prozess  

.   Im Fall In re Elvis Presley Enters. LLC erklärte das Bun­des­gericht in New York City der amerikanischen Partei, die in München eine deut­sche Plattenfirma nach ihrer Ansicht erfolglos verklagt hatte, warum sie nun nicht die ihr in Deutschland fehlenden Beweise im Beweisverfahren gegen eine amerikanische verbundene Gesellschaft der deutschen Beklagten erhält.

Das deutsche Gericht hatte bereits die Beklagte zur Umsatzauskunft verurteilt, doch hielt die Klägerin die erteilte Auskunft für unzureichend. Daher ersuchte sie nach 28 USC §1782 in einem Beweisausforschungsverfahren zur Unter­stüt­zung eines ausländischen Prozesses das US-Gericht um eine Beweis­ver­fügung gegen die verbundene Gesellschaft in den USA.

Am 2. März 2016 legte der United States District Court for the Southern District of New in einer ausführlichen Begründung die Merkmale des Anspruches samt ihrer Auslegung durch den United States Supreme Court im Präzedenzfall Intel Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc., 542 U.S. 241, dar. Unter anderem wegen der Nichtausschöpfung aller Möglichkeiten des deutschen Prozessrechts wies er den Antrag ab.


Samstag, den 05. März 2016

Schadensersatz nach 20 Jahren Popcorn-Konsum  

.   20 Jahre lang verzehrte der Kläger in Stults v. American Pop Corn Co. täglich drei Tüten Popcorn, nachdem er jeweils das Aroma nach dem Öffnen einsog und das Getreide in der Mikrowelle briet. Deshalb wurde er lungenkrank, behauptete er und verklagte zahlreiche Popcorn- und Aromaher­steller.

Am 4. März 2016 erging in St. Louis die abweisende Revisionsentscheidung. Auf 14 Seiten erklärte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA lehr­reich die Würdigung widersprüchlicher Gutachten, die behauptete Verlet­zung der implizierten Herstellerzusicherung der Ungefährlichkeit des Produkts und den Kausalitätsbeweis.


Freitag, den 04. März 2016

Verstecktes Opt-Out: $18,2 Mio. Schadensersatz  

.   Das Schadensersatzurteil über 18,2 Mio. in FTC v. Commerce Planet Inc. wegen einer versteckten Opt-Out-Option nach einer vierzehn­tägigen Gratisprobe einer Ebay-Vermittlungssoftware überprüfte in San Fran­cisco das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA. Am 3. März 2016 bestätigte es den Schadensersatz dem Grunde und der Höhe nach.

Der Anbieter gestattete Kunden die Gratisnutzung der Software als neues Ge­schäftsmodell und versteckte die Opt-Out-Option, bei deren Nichtausübung die Kreditkarte der Kunden monatlich mit Gebühren belastet wurde, die zu einem Gesamtumsatz von $36,4 Mio. führte. Der Untergericht hatte revisionsfest eine Gutachteraussage, die meisten Kunden seien nach §5(a) des FTC Act getäuscht worden, und weitere Faktoren gewürdigt, um die Hälfte des Umsatzes als Scha­densersatz festzulegen.

Der United States Court for the Ninth Circuit hob jedoch das vom Bundes­ver­braucherschutzamt, Federal Trade Commission, erzielte Urteil auf. Das Unter­gericht hatte nämlich rechtsfehlerhaft die Frage der gemeinschaft­lichen, joint and several, Haftung des Geschäftsführers des Unternehmens im Verhältnis zur Haftung seiner Kollegen beurteilt, die sich bereits vor dem Prozess mit der FTC auf einen Vergleich geeinigt hatten.

Das Untergericht darf den Schadensersatz neu festlegen, indem es den er­kann­ten Betrag als joint and several Liability identifiziert oder eine zum kon­kreten Gewinn proportionale Haftung auferlegt.


Donnerstag, den 03. März 2016

Kein Schadensersatz für ehrlichen Kunden  

.   Schummler nutzen gratis mehr Internetzugang als ihr bezahltes Kontingent, während der ehrliche Kunde gleich ein höheres Limit abonniert, behauptete der klagende Rechtsanwalt in Polsky v. Dish Network Service LLC. Er plädierte auf Schadensersatz, weil der beklagte Internet­dienstleister den tatsächlichen Verbrauch der Schummler nicht kontrol­liert: Diese erhielten somit dieselbe Leistung wie er, nur billiger.

Am 2. März 2016 entschied in New Orleans das Bundesberufungsgericht des fünf­ten Bezirks der USA gegen ihn. Es verglich die überstrapazierenden Inter­netnutzer mit Kunden im Restaurant, die ihr kleines Glas nachfüllen, wenn der Gastwirt nicht hinschaut.

Weder das Vertragsrecht noch das Recht der unerlaubten Handlung oder ein Verbraucherschutzgesetz gewährt dem ehrlichen Kunden, der gleich ein großes Glas - oder den teureren Internetdienst - bestellt, Schadensersatz, urteilte es.


Dienstag, den 01. März 2016

Sachliche Zuständigkeit im Bundesgericht  

.   Wie zur Kolonialzeit bleiben die einzelstaaat­lichen Gerichte der USA primär zuständig. Doch die Bundes­gerichte gestat­ten Klagen über Bundes­recht sowie - zur Ver­meidung xeno­phobischer Urteile - bei Parteien aus unter­schied­lichen Staaten, wenn sie einen Mindest­streit­wert behaupten, siehe Kochinke, Grundwissen USA-Recht: Gerichtsbarkeiten.

In Gwendolyn Spence v. Ford Motor Company verfehlte die Klägerin beide Alter­nativen der sachlichen Zustän­digkeit. Ihre Klage behaup­tete zwar inhalt­lich einen Streit um geistige Eigentums­rechte, die als Patent-, Urheber­recht- oder Bundes­marken­angelegen­heiten im Bundes­recht existieren.

Aber der Complaint ermangelt eines Vortrags zu einem solchen Tatbestand. Außerdem hatte die Plaintiff keinen Streitwert genannt, sodass ein federal Court auch bei Parteien aus mehr als einem Staat nicht über die Diver­sity Juris­diction zuständig sein kann. Die Klage wies das Bundes­berufungs­gericht des vierten Bezirks der USA in Richmond am 29. Februar 2016 daher wegen fehlender Subject-Matter Juris­diction ab.


Montag, den 29. Febr. 2016

Doppelter Schadensersatz für Sammelkläger  

.   Wichtige Lehren erlaubt der Sammelklage-Revisions­beschluss im Apple-EBook-Preiskartellverfahren In Re: Elec. Books Antitrust Litigation vom 17. Februar 2016. Einen nach Einlegung der Revision abge­schlos­senen Vergleich, den das Untergericht angemessen fand, rügte ein Anwalt. Der Beschluss erklärt:
a. Der Vergleich darf auch während der Revision abgeschlossen werden, selbst wenn die erste Entscheidung nur die Haftung dem Grunde nach betrifft.
b. Ein Vergleich, der 200% des Schadens ersetzt, darf vom Richter als angemessen beurteilt werden, nachdem der Richter eine durch­schnitt­liche Schadensersatzquote von 56% bis 69% für gerecht befindet.
c. Ein Vergleich mit einem Schadensersatz von $400 Mio. plus $50 Anwaltskostenerstattung ist angemessen, um die Kläger zu ent­schädigen und den zahlreichen klagenden Staaten und Sonsti­gen die Verfahrenskosten zu ersetzen.
d. Ein Vergleich darf mehrere Entschädigungsstaffelungen enthalten, die jeweils unter der Bedingung des Ausgangs der Revision stehen.
e. Die Bewertung des Vergleichs folgt den Grinnell-Faktoren aus einem maßgeblichen Präzedenzfall:
 (1) the complexity, expense and likely duration of the litigation;
 (2) the reaction of the class to the settlement;
 (3) the stage of the proceedings and the amount of discovery completed;
 (4) the risks of establishing liability;
 (5) the risks of establishing damages;
 (6) the risks of maintaining the class action through the trial;
 (7) the ability of the defendants to withstand a greater judgment;
 (8) the range of reasonableness of the settlement fund in light of the best possible recovery;
 (9) the range of reasonableness of the settlement fund to a possible recovery in light of all the attendant risks of litigation.
f. Das Gericht darf den Wert der Rüge eines Berufskritikers, professional Objector, diskontieren: In the class action settlement context, “professional objectors” are lawyers who “file stock objections to class action settlements”—objections that are “[m]ost often … nonmeritorious”—and then are “rewarded with a fee by class counsel to settle their objections.” AaO 8.
Das Gericht war sich zu gut, den rügenden Anwalt einen Erpresser zu nennen, der sich seine Rüge entweder vom beklagten Unternehmen oder den anderen Sammelklägern abkaufen lassen wollte.


Sonntag, den 28. Febr. 2016

Kanzleiwechsel in Hawaii: Zugerechneter Interessenskonflikt  

.   Nach dem Recht von Hawaii stritten sich die Parteien in Reading International Inc. v. The Malulani Group Ltd. um die Zurechnung eines Interessenskonflikts, der dem Kanzleiwechsel eines Rechtsanwalt einer Partei zu einer Kanzlei folgte, die die Gegenpartei vertreten hatte und erneut vertritt. Der Prozess betrifft die Vollstreckung eines Vergleichs aus einem abge­schlossenen Verfahren, an dessen Ende der wechselnde Anwalt nicht mehr be­teiligt war. In Kalifornien erging die Revisionsentscheidung über den Konflikt und seine Zurechnung am 25. Februar 2016.

Ein Konflikt besteht nach dem hawaiianischen Anwaltsstandesrecht, entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Francisco, weil der wechselnde Anwalt eine Partei vertreten hatte und seine neue Kanzlei sei­ner­zeit und wieder die andere Partei. Auch seine interne Abschottung vom neuen Prozess vermeidet den Konflikt nicht.

Die weitere Frage lautet, ob der Konflikt des neuen Partners der Kanzlei zuzu­rechnen ist. Er ist es, erklärte das Gericht mit ausführlichen Nachweisen, und die Kanzlei darf deshalb keine der Parteien prozessual vertreten. Außerdem klärte es, dass der zulässige Verzicht auf die Konfliktsrüge nicht erklärt war oder impli­ziert werden durfte.


Samstag, den 27. Febr. 2016

Marktzugang unabhängiger Filmemacher im Cable Act  

.   Welche Hindernisse schaffen Kabelprogrammanbieter ein Vierteljahrhundert nach dem Inkrafttreten des Cable Act, der den Zugang unabhängiger Filmemacher zum Markt verbessern sollte? Diese Frage stellt das Bundesnetzamt, Federal Communications Commission, mit Verweis auf Hindernisse vertraglicher und sonstiger Art in ihrem Projekt Promoting the Availability of Diverse and Independent Sources of Video Programming, veröffentlicht im Bundesanzeiger, Federal Register, vom 29. Februar 2016, Bd. 81, Heft 39, S. 10241 ff., mit dem sie eine Untersuchung zum Ausräumen von Hindernissen einleitet.

Vom Bündelzwang bis zu Knebelverträgen sind dem Amt zahlreiche, in der Projektverkündung benannte Praktiken bekannt, für die sie weitere Belege und Hinweise aus der Öffentlichkeit erhofft. Sie will den Regulierungsbedarf ermitteln, indem sie unabhängige Filmemacher auffordert, ihr die Bedeutung der Kabelnetze auch angesichts der heutigen, zahllosen Alternativen zur Filmvermarktung im Internet sowie die erlebten Hinternisse bis zum 30. März 2016 mitzuteilen.


Freitag, den 26. Febr. 2016

Auch Versicherer wollen ums Haus drohnen  

.   Bis zu sieben Metern will ein Versicherer an Häuser heran­fliegen, um vermutlich Schadensaufnahmen effizient und ungefährlicher als mit Leitern anzufertigen. Das darf er nicht ohne Sondergenehmigung des Bun­des­luft­fahrt­aufsichtsamts, Federal Aviation Administration in Washington, DC.

Wer in den USA Drohnen gewerblich einsetzen möchte, muss eine Ausnahme­genehmigung nach § 333 des Federal Aviation Act einholen. Der Antrag, der der öffentlichen Kommentierung nach dem Administrative Procedures Act unter­liegt, wurde im Bundesanzeiger, Federal Register, Bd. 81, Heft 37, S. 9578, am 25. Februar 2016 unter dem Titel Petition for Exemption; Summary of Petition Re­ceiv­ed; Liberty Mutual Insurance Company bekannt gegeben.


Freitag, den 26. Febr. 2016

Anwaltliche Scheinvollmacht für $200-Mio.-Vergleich  

.   Einen Vergleich über $207.500 Schadensersatz focht der Klä­ger in Wang v. IBM mit dem Argument an, er habe seinem Rechtsanwalt nur für einen Vergleich über $200 Millionen die Vertretungsvollmacht erteilt. Der Vergleich sei unwirksam. Als er verlor, focht er den Beschluss an, mit dem das Gericht auf eine Beweisaufnahme über die Vertretung verzichtete.

Am 23. Februar 2016 erließ das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City eine lesenswerte Begründung, die neben der prozessualen Frage lesenswert die Vollmacht und Scheinvollmacht des Anwalts erläutert - eine in amerikanischen Entscheidungen seltener auftretende Fragestellung.

Im Ergebnis fand es, dass der Anwalt zur Zustimmung zum Vergleich bevoll­mächtigt war, nachdem das Gericht feststellte, dass dieser seinen Mandanten über die Aussichten eines $200 Mio.-Vergleichs unterrichtet hatte und jener ihm Vollmacht für ein abweichendes Ergebnis erteilt hatte. Selbst die Weigerung des Mandanten, die schriftliche Ausfertigung des Vergleiches zu unterzeichnen, machte den Vergleich nicht unwirksam.


Dienstag, den 23. Febr. 2016

16,5 Cents pro Sammelkläger  

.   Auf die Nase erhielt es der Sammelkläger, der für sich $1.000 und die anderen Sammelklagemitglieder 16.5 Cents einklagen wollte. Dabei hatte er so eine klevere Idee: Ein Inkassoschreiben enthielt die nach Bundes­recht verlangte Telefonnummer, aber nicht den nach New Yorker Recht auch erforderlichen Namen der Person am Apparat. Dafür sollte die Inkasso­firma haften.

Die Inkassoforderung selbst ist auch verrückt, aber rechtswirksam: Sie weist darauf hin, dass sie nach Ablauf der Verjährungsfrist erhoben wird, doch auch - in Großbuchstaben - dass der Schuldner selbst diese Einrede geltend machen muss. Das Bundesgericht wies die Klage als rechtsmissbräuchlich ab, sodass dem Gericht die sachliche Zuständigkeit fehlte. Am 22. Januar 2016 entschied die Revision erneut.

In New York City beschloss das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA im Fall Gallego v. Northland Group Inc. mit einer lesenswerten Be­gründung, dass die Zuständigkeit auch bei extrem schwachen Argumenten und Rechtsgrundlagen bestehen kann. Es zitiert dazu die Rechtsprechung des Supreme Court der USA und anderer Revisionsgerichte. Im Ergebnis hob es die Entscheidung zur Neubeurteilung auf: Die Klasseneignung der Klage darf nicht bestätigt werden. Wenn nur 16,5 Cent auf jeden Beteiligten entfallen, ist die Sammelklage kein geeignetes Vorgehen.


Montag, den 22. Febr. 2016

KFZ-Hersteller verletzen Schallplattenschutzgesetz  


Diagramm zum AHRA
.   Tantiemen­ein­treiber ver­klag­ten in Alliance of Artists and Recor­ding Com­panies Inc. v. General Motors LLC KFZ-Her­stel­ler und -Zu­lie­ferer wegen der in Autos ein­ge­bauten Multi­media­geräte, auf die keine Tan­tie­men gezahlt werden und denen bestimmte Kopier­schutz­einrich­tungen fehlen.

Am 19. Februar 2016 erließ das Bundesgericht der Hauptstadt eine lehrreiche Entscheidung im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung: Der Prozess geht weiter. Das Gericht stellte hinreichende Merkmale des Audio Home Recording Act of 1992, der den Schallplattenvertrieb vor der DAT-Tonband­konkurrenz schützen sollte, in den KFZ-Systemen fest.

Bis in die 80-er Jahre kauften Verbraucher analoge Originaltonträger. Dann kam die digitale Technik auf, und die Musikvertriebswirtschaft erkämpfte sich neue Kopierschutzgesetze. Die 30-seitige Beschluss­begründung erklärt die Gesetzes­entwicklung und die Reichweite des AHRA im amerikani­schen Urheberrecht und in seiner Anwendung auf Geräte, die keine Rechner oder Multimedia-Aufnah­me­geräte sind.


Samstag, den 20. Febr. 2016

Kein Weg ins US-Gericht durch Rechtswahl  

.   Zum Trend, Prozesse mit Ausländern aus den US-Gerichten zu halten, passt der Beschluss in Perdue Foods LLC v. BRF S.A. vom 19. Februar 2016. Ein Vertrag macht mit einer Rechtswahlklausel das Recht des Staates Maryland anwendbar. Allein auf dieser Grundlage zog die amerikanische Vertragspartei die brasilianische ins amerikanische Forum. Dieses fand auf die Rüge der Brasilianer keine Zuständigkeit, die sich aus seiner Liste zahlreicher Faktoren ergeben könnte:
In the business context, these factors include whether the defendant "maintains offices or agents in the forum state;" "owns property in the forum state;" "reached into the forum state to solicit or initiate business;" "deliberately engaged in significant or long-term business activities in the forum state;" or "made in-person contact with the resident of the forum in the forum state regarding the business relationship." … We also consider "whether the parties contractually agreed that the law of the forum state would govern disputes;" "whether the performance of contractual duties was to occur within the forum;" and "the nature, quality and extent of the parties' communications about the business being transacted.
Der einzige für die Klägerin sprechende Faktor ist die Rechtswahlklausel in einem Markenabgrenzungsvertrag. Alle anderen Faktoren liegen nicht vor. Das reichte dem Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks der USA in Richmond nicht, um die Gerichtsbarkeit über die forumsfremde Beklagte auszuüben, wie es auf 13 Seiten lehrreich erklärte.


Freitag, den 19. Febr. 2016

Zuständigkeit für Firma am Eintragungssitz  

.   Darf ein Gericht am Eintragungssitz eines Unternehmens seine Gerichtsbarkeit über die Firma als Beklagte ausüben? Nicht in jedem Fall, beispielsweise wenn der Klagegegenstand nichts mit dem Staat zu tun hat, ent­schied am 18. Februar 2016 in Brown v. Lockheed Martin Corp. in New York City das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA mit einer lesens­werten Revisionsbegründung, die sich auf die Unterscheidung von general Jurisdiction und specific Jurisdiction im Rahmen der personal Juris­diction, entfernt vergleichbar mit der örtlichen Zuständigkeit, konzentriert:
A state has such general jurisdiction over its residents; an out‐of‐state plaintiff may sue a resident even for conduct that occurred elsewhere. In contrast, a state may exercise specific jurisdiction even over non‐residents when the state has a particular interest in or connection to the dispute, as for example where the suit arises from the non‐resident's actions in the state.
Der Fall betrifft einen Anspruch aus unerlaubter Handlung ohne Berührung des Forumsstaats. Der Kläger glaubte, die Gerichtsbarkeit dürfe am Registrierungsort ausgeübt werden.

In den USA ist eine Corporation bei dem Handelsregister eines Einzelstaates registriert. Zusätzliche Eintragungen erfolgen meist mit einer License to do Business in Staaten, in denen zur Anerkennung der Haftungsbeschränkung für dortige Handelsaktivitäten die weitere Eintragung erforderlich ist. Das Gericht prüfte auf 52 Seiten, wie sich die weitere Eintragung auf die Zuständigkeitsbestimmungen auswirkt.


Donnerstag, den 18. Febr. 2016

Gerichtlicher Zwang zur Smartphone-Entsperrung  

JSP - Washington.   In Anschluss an den Terroranschlag in San Bernandino am 2. Dezember 2015, bei dem inklusive der Attentäter 16 Menschen getötet und wei­tere 21 verletzt wurden, wurde das IPhone eines der Attentäter beschlag­nahmt und ist Gegenstand der Verfügung des United States District Courts for the Central District of California vom 16. Februar 2016.

Den Ermittlungsbehörden sind die auf dem IPhone befindlichen offenen und verschlüsselten Daten nicht zugänglich, was sie auch im Kongress beklagten. Auf ihren Antrag erließ nun das Bundesgericht erster Instanz eine in Me­dien und Wahlkampf stark diskutierte Verfügung. Laut der Verfügung soll Apple:
1. die Funktion, dass die Daten auf dem Mobiltelefon nach mehreren Fehleingaben der Sicherungskombination gelöscht werden, unab­hängig davon, ob sie aktiviert ist oder nicht, abschalten;
2. dem FBI ermöglichen, dass es entsperrende Zahlenkombinationen nicht manuell eingeben muss, sondern andere elek­tri­sche Metho­den nutzen kann, um so zahlreiche Kombinationen auszu­probieren;
3. den Mechanismus ausstellen, der nach mehreren Fehleingaben eine Zwangspause vor einem neuen Eingabeversuch verordnet.
Das Gericht schlug Apple hierbei folgendes Verfahren vor, von dem Apple nach seinem Ermessen jedoch abweichen könne, wenn es die gleiche Wirkung habe: Apple soll dem FBI eine Software zur Verfügung stellen, die - ohne das vorhan­dene Betriebssystem zu verändern - in einer behördlichen Einrichtung oder bei Apple aufgespielt werden kann, aus dem Arbeitsspeicher läuft und die oben dargestellten Funktionen umsetzt. Das Gericht gab Apple ferner auf, dass die Software nur auf diesem genau bezeichneten Gerät laufen soll und Apple keine möglicherweise entstehenden Kopien behalten soll. Die Kosten seien von der Regierung zu tragen. Apple darf sich weigern, der Injunction Folge zu leisten, wenn deren Befolgung unverhältnismäßig wäre.

Hierauf versucht sich Apple wohl zu berufen, wie aus dem offenen Brief an Apple-Kunden des Vorstandsvorsitzenden Tim Cook vom 16. Februar 2016 hervorgeht, mit dem er eine öffentliche Diskussion anstoßen möchte. Juristen, Politiker, Unternehmen und Kunden sind gespannt, ob ein Widerspruch gegen die Verfügung erfolgreich sein kann und welchen Mitwirkungspflichten Her­steller in Zukunft unterliegen, wenn es um die Entsperrung oder Entschlüs­selung von Geräten und Daten im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen geht.


Donnerstag, den 18. Febr. 2016

Recht langsam - Technik schnell: Risiko  

.   Drei jeweils neue Verbreitungstechniken setzte die Beklagte in CBS Broadcasting v. FilmOn.com Inc. ein, nachdem ihr jeweils TV-Kon­zer­ne erfolgreich die Weiterverbreitung von TV-Inhalten verboten hatten, ob­wohl die Rechtsprechung der technischen Entwicklung hinterherhinkte und mal positive, mal negative oder auch regional unterschiedliche Entscheidungen über die Wirkung des Urheberrechts und seiner Ausnahmen für kabelfernseh­gleiche Internetdienste fällte.

Die jüngste Entscheidung vom Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City zeigte am 16. Februar 2016 deutlich die Risiken für innova­tive Unternehmer auf. Das Unternehmer setzte jeweils nach einem durch In­junc­tion oder Vergleich erzielten Ausstrahlungsverbot neue Techniken ein, mit denen es im rechtlichen Rahmen der kabelgleichen Anbieter zu bleiben hoff­te, galt jedoch letzten Endes nach einer Supreme Court-Entscheidung zwischen anderen Parteien, ABC v. Aereo Inc., 134 SCt 2498 (2014), als Urheber­rechts­verletzer.

Wegen der Verletzung alter Verbote wurde es daher mit Sanktionen belegt, die drastische Geldstrafen und Anwaltskostenerstattungen einschlossen. Die neue Entscheidung macht deutlich, welche Anforderungen an die Durchsetzbarkeit solcher Sanktionen gestellt werden. Selbst wenn das Recht unklar und im Flusse ist, kann ein Verbot als klar und eindeutig gelten:
A court may hold a party in contempt if (1) the order the party failed to comply with is clear and unambiguous, (2) the proof of noncompliance is clear and convincing, and (3) the party has not diligently attempted to comply in a reasonable manner.


Dienstag, den 16. Febr. 2016

Schneller in die USA: Global Entry  

.   Auch Deutsche dürfen nun am Global Entry-Einreise­verfah­ren teilnehmen, um schneller in den USA zu gelangen. Bisher galt dies für eine Versuchs­gruppe, jetzt für alle Deutschen. Das Heimatministerium verkündete am 10. Februar 2016 sein Dekret Expansion of Global Entry Eligibility to All Citizens of the Federal Republic of Germany, in dem es die Voraus­setzun­gen und Anfor­derungen darstellt.

Wer am EasyPass-Verfahren teilnimmt und eine Prüfung durch die Bundes­poli­zei bestanden hat, darf die Teilnahme am US-System beantragen. Deutsch­land und die USA haben sich auf gemeinsame Bedingungen geeignet, in deren Folge auch Amerikaner den Easy Pass beantragen dürfen.

Die Details sind im Bundesanzeiger, Band 81, Heft 30, S. 7822, nachzulesen.


Montag, den 15. Febr. 2016

Schuldet gedopter Radler Sponsor-Erstattung?  

.   Die Post förderte als Sponsor einen siegreichen Doping-Rad­fahrer. Schuldet er mit seiner Firma die Erstattung von Fördergeldern? Als Rechts­grundlage erörterte das Bundesgericht der Hauptstadt am 12. Februar 2016 in US ex rel. Landis v. Tailwind Sports Corp. die Verletzung von Vertragspflichten.

Der Vertrag verbietet Doping und Unmoralisches. Die Klage erhob im Namen der geschädigten US-Post ein Teamkollege des Gedopten. Der Beschluss von 31 Sei­ten Länge prüft für Sportrechtler lesenswert die Anspruchsarten:
… [T]he five counts that remain …[:] Four of these counts relate to direct false claims, while the other alleges a series of reverse false claims. Direct false claims cause the United States to remit money directly to claimants, whereas reverse false claims facilitate the improper withholding of money or property to which the United States is legally entitled. Compare 31 U.S.C. § 3729(1)-(2)(2006), with id. § 3729(a)(7)(2006). Direct and reverse false claims are mirror images of one another - both result in a loss to the Government.
Die Ansprüche wegen direkten Vertragsbruchs überleben die Schlüssig­keits­prü­fung. Die reverse Claims werden hingegen abgewiesen, weil der Vertrag in sei­ner Klausel über die Rechtsfolgen eine Erstattungspflicht neben den sonsti­gen vertraglichen Rechtsfolgen nicht vorsieht und sie sich nicht aus allgemeinem Vertragsrecht ableiten lässt.


Sonntag, den 14. Febr. 2016

Konservativster von neun Richtern verstorben  

.   De mortuis nihil nise bene - das wird man bei Antonin Scalia, dem rechtesten der neun Supreme Court-Richter nicht erleben. Zu sehr hatte sich der Oberintellektuelle der juristischen Spitzen der USA aus der Mitte wegbewegt und in letzter Zeit in Mindermeinungen auch seine konservativen Mitstreiter verunglimpft.

Die Auswirkungen auf das Recht können erstaunlich sein. Zuerst stellt sich die Frage nach den bereits verhandelten Fällen. Dann folgt die Riesenfrage nach dem Abbau der Bundeskompetenzen. Schließlich muss man abwarten, wen Präsident Obama als Nachfolger Scalias vorschlägt und ob er seinen Kandidaten durch den mit ihm auf Kriegsfuß stehenden Senat bringen kann.

Die erste Frage ist leicht zu beantworten: Die acht verbleibenden Richter werden entscheiden, was sie können, und bei einem Patt die Entscheidung verschieben, bis ein Kollege nachrückt. Die Antwort auf die zweite Frage steht in den Sternen.

Seit 1937 hat der Bund Kompetenzen gewonnen, auch mit Gesetzen, die der Gründer der Kanzlei des Verfassers für Präsident Roosevelt schrieb, beispiels­weise bei der Banken- und der Börsenaufsicht. Seither versucht die Rechte, allen voran Scalia, diese Kompetenzen zurückzuschrauben und große Teile den Einzelstaaten zurückzuübertragen. Wird das dem Supreme Court ohne Scalia weiterhin gelingen?


Samstag, den 13. Febr. 2016

Kuckucksei-Software verboten, Vergleich erzielt  

.   Darf ein Softwareanbieter andere Software als vom Kunden verlangt installieren? Solche und andere Tricks eines Anbieters verfolgte und erklärte das Bundes­verbraucher­schutz­amt im Fall Federal Trade Commission v. General Workings Inc. (Also Doing Business as Vulcun); Analysis of Proposed Consent Order To Aid Public Comment. Nach einer Unter­suchung erzielte sie einen Vergleich mit dem Anbieter, der am 12. Febuar 2016 der Öffent­lich­keit zur Kommen­tierung vorgelegt wurde, bevor er wirksam werden kann. Eingaben der Öffent­lichkeit müssen berück­sichtigt werden und könnten den Vergleich schei­tern lassen. Er sieht ein Verbot für zahl­reiche Täuschungs­methoden beim An­bieten und Instal­lieren von Software­programmen ebenso wie die voll­stän­dige Aufklärung der Verbraucher vor einer Installation vor.


Donnerstag, den 11. Febr. 2016

Offenlegungspflichten beim IT-Börsengang  

SR-Washington.   In Medina v. Tremor Video, Inc. behaupten die Kläger im Rahmen einer Sammelklage die Verletzung der kapitalmarkrechtlichen Offenlegungspflicht aus 17 C.F.R. § 229.303(a)(3)(ii). Dort ist folgendes geregelt:
Describe any known trends or uncertainties that have had or that the registrant reasonably expects will have a material favorable or unfavorable impact on net sales or revenues or income from continuing operations. If the registrant knows of events that will cause a material change in the relationship between costs and revenues (such as known future increases in costs of labor or materials or price increases or inventory adjustments), the change in the relationship shall be disclosed.
Die Beklagten, ein Netzwerkanbieter für Online-Werbung und seine Emissions­partner, hätten im Antrag zur Börsenzulassung und im Emmissionspro­spekt drei wesentliche Trends und Unsicherheiten pflichtwidrig nicht veröffentlicht. Nach Auffassung der Kläger sei es versäumt worden, über Trends zur demo­graphischen Preisgestaltung und programmatischen Anzeigekäufen zu infor­mieren. Daneben hätten die Beklagten nicht über Unsicherheiten im Zusam­men­hang mit Verzögerungen bei im Voraus gekaufter Werbung aufgeklärt.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirkes der USA in New York City be­stätigt in seiner Entscheidung vom 8. Februar 2016 die Klageabweisung des Unter­gerichtes. Die Auslassung der von den Klägern genannten Informationen sei zwar grundsätzlich geeignet, eine Pflichtverletzung zu begründen, aller­dings nur wenn der Emittent tatsächlich Kenntnis von diesen Informationen besaß. Den Klägern sei es in ihrer Klage nicht gelungen aus­reichend darzu­le­gen, dass die Beklagten die streitgegenständlichen Trends und Unsicher­heiten tatsächlich kannten und dennoch nicht offengelegt haben.

Das Berufungsgericht bestätigt auch die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrags auf Klageänderung. Dieser konnte zurückgewiesen werden, da auch in der beabsichtigten Änderung die Kenntnis der Beklagten nicht glaubhaft be­hauptet wurde.

Die Entscheidung erging ohne Beteiligung einer Jury als Summary Order, da im US-Prozess eine Jury-Beteiligung unterbleiben kann, wenn keine streitigen Tatsachen vorliegen, die eine Beweiswürdigung erfordern.


Mittwoch, den 10. Febr. 2016

Viel Vertrauen in Russlands Gerichte  

.   Kanadier klagen in den USA gegen Russen - und das US-Gericht verweist die Klage trotz eigener Zuständigkeit nach Russland. Wie kann das geschehen? Der Forum non conveniens-Grundsatz erlaubt dem Gericht, bei der Anwendbarkeit ausländischen Rechts und dem Vorliegen anderer Faktoren die Verweisung zu verfügen.

Kürzlich erfolgte deshalb der Verweis an die ägyptischen Gerichte, als Streit, Recht, Fakten, Parteien und Zeugen hauptsächlich Ägpten betrafen; s. Kochin­ke, Klage­verweisung ins unsichere Ausland. Doch auch, wenn eine Partei eine starke Verbindung zu den USA besitzt, kann die Verweisung erwogen werden. Hier wies das kanadische Diamantenschürfunternehmen verbundene Akti­vi­täten in Colorado nach - und auch ein Konkursverfahren, nachdem der rus­sische Vertragspartner ihm nicht die versprochene Schürflizenz übertragen hatte.

In der Revisionsbegründung des Bundesberufungsgerichts des zehnten Bezirks der USA in Denver vom 9. Februar 2016 findet der Leser im Fall Archangel Dia­mond Corp. Liquidating Trust v. OAO Lukoil eine ausführliche Darlegung der Merkmale und privaten und öffentlichen Interessensabwägungen, die die Forum non conveniens-Doktrin anwendbar machen. In der Revision stellte das Gericht fest, dass die Verweisung nicht auf einer rechtsfehlerhaften Ermessen­ausübung beruhte.

Auch der Vertrauensvorschuss für die russische Gerichts­barkeit wird bestätigt.


Dienstag, den 09. Febr. 2016

Erstaunte Referendare: Alles anders in USA  

.   An der Ostküste ein regnerischer Tag und drohendes Unheil. Dazu rüttelt das Recht in den USA an den Fundamenten des Wissens der Refe­rendare:

Vollmachten: Nicht üblich.
Anwaltliche Vertretungsanzeige mit Vollmacht: Nicht bekannt.
Power of Authority: Nein. Wenn schon, dann Power of Attorney. Hat nichts mit Anwalt zu tun.
Prokurist? Unbekannt.

Die Power of Attorney, PoA, wird selten verwandt, meist als Special Power of Attorney. Sie setzt eine Person als Vertreter ein. Bei Grundstücksgeschäften gibt es sie beispielsweise, weil die Rolle einer eine Übertragungsurkunde, Deed, unterzeichnenden Person nachweisbar sein muss. Diese mit der Deed dem Grundbuchamt zu überlassende Vollmacht wird in der Regel vom Notary Public beglaubigt.

Ansonsten haften die Vertreter für ihre Erklärung, bevollmächtigt zu sein. Das gilt für Laien ebenso wie Rechtsanwälte in den USA, nur mit dem feinen Un­terschied, dass Anwälten neben der Haftung auch der Entzug der Anwalts­zulas­sung droht. Wenn jemand eine Allgemeine Anwaltsvollmacht zugunsten des Verfassers als Rechtsanwalt und Attorney at Law sehen sollte, kann er daher ziemlich sicher davon ausgehen, dass es sich um eine Fälschung handelt. Drohende Sanktionen dieser Art lassen in den Rechtsordnungen der USA die allgemeine Vollmacht überflüssig erscheinen.


Sonntag, den 07. Febr. 2016

Open Source unter Generalverdacht  

.   Ein sachverständiger Zeuge behauptet Unsinn über Open Source Software - und das Gericht fällt darauf rein. Sein Server verkündet seine Entschei­dun­gen mit der Apache Open Source Software, die für ihre Zuverläs­sig­keit berühmt ist. In 21st Capital Corp. v. Onodi Tooling & Engineering Co. sieht der Leser, welche Vorstellungen auch von Sachverständigen verbreitet werden:
Open source code is basically, a group of people on the internet, and they're kind of anonymous people that work together to create, you know, a particular program or develop some software together through, you know, collaborating on the internet, and you have no idea who these people are. AaO Fn. 13.
Diese Irreführung des Gerichts ist bedeutsam, weil jeder Laie an der Sachver­halts­darstellung feststellen kann, dass die eingesetzte Datenbank nicht ein­gestellt worden war, die für die Bestätigung von Finanztransaktionen notwen­digen Benutzerbestätigungen auf einer Finanzwebseite zu erfassen. Ohne diese Einstellung könnte kein Programm eine bessere Leistung erbringen.

Abgesehen davon ist auch die Anonymitätsbehauptung haarsträubend. Bei Open Source Software stehen identifizierte oder im Internet auffindbare Ex­per­ten öffentlich für die Qualität ihrer Arbeit ein und stellen sich der konstruk­tiven Kritik ihrer Experten-Kollegen und Nutzer. Anonymität passt eher zu gewerb­licher Software, die der Kunde von Unternehmen erwirbt, die mit ihrem guten Ruf für die Qualität bürgen, ohne den einzelnen Programmierer zu nennen.

Dieser wird meist vor dem Kunden hinter Support-Dienstleistern versteckt. Zudem bieten die Open Source Software-Programmierer die für Nutzer vorteil­hafteren Lizenzen, die jedem gestatten, die Programme nach eigenen Vorstel­lungen zu nutzen und gar an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.


Samstag, den 06. Febr. 2016

Mobilfunk in der U-Bahn: Unbezahlter Einbau  

.   $65 Mio. sollte der Einbau von Mobilfunkanlagen in der Washingtoner U-Bahn kosten, und eine Technikfirma nahm einen Bauvertrag eines Konsortiums von Mobilfunkanbietern als Subunternehmer unter der An­nahme an, es würde eine Zahlungsbürgschaft beschaffen. Erst als sein direkter Konsortialauftraggeber als General Contractor pleite ging, forderte die Firma die Police der Payment Bond-Bürgschaft an und entdeckte, dass sie lediglich $5 Mio. abdeckte.

Zu diesem Zeitpunkt standen bereits unbeglichene Rechnungen von über einer Million Dollar aus. Die Firma wandte sich mit ihrer Forderung an das kapital­star­ke Konsortium. Als es die Zahlungspflicht bestritt, klagte sie vor dem Bun­des­gericht der Hauptstadt, das am 5. Februar 2016 in Intelect Corporation v. Cellco Partnership GP über die Schlüssigkeit der Klage entschied.

Die Klägerin hatte eine große Zahl von Anspruchsgrundlagen vorgelegt, die lehrreich die zu erwägenden Gründe aus Vertragsrecht und dem Recht der un­erlaubten Haftung illustrieren - vom Vertrauensschutz bis zum rechtswidrigen Vorenthalten von Informationen. Einige weist es als unschlüssig ab, andere überleben, und bei einem Anspruch darf noch eine klarstellende Nach­besse­rung der Klage folgen.


Freitag, den 05. Febr. 2016

Frau zapt Firmenemailkonto ihres Mannes an  

.   Der Stored Communications Act schützt digitale Kommuni­kations­daten, beispielsweise EMail. Im Scheidungsstreit erinnerte sich eine Frau, dass ihr Mann ihr vor Jahren Zugang zu seinem Firmenemailkonto ge­währt hatte. Sie hatten die Firma gemeinsam aufgebaut, und im Scheidungs­prozess wollte er ihren Wert herunter-, sie hingegen wollte ihn herauf­spielen. Die passenden Beweise fand sie nun in seiner EMail.

In Atlanta entschied in einem zweiten Prozess das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks, ob dieser Eingriff die Firma zu Schadensersatz, möglicherweise gar Strafschadensersatz, berechtigen würde. Die Firma hatte die Ehefrau nach dem SCA in 18 USC §2510 verklagt und gewonnen, doch hatten die Geschwo­renen der Firma nach ihrer Subsumtion keinen Schadensersatz zugesprochen.

Nach dem Jury-Verdikt änderte der Richter das Ergebnis, sprach Schadensersatz zu und wies den Anspruch auf Strafschadensersatz sowie die Erstattung von An­waltskosten ab. Der Revisionsbeschluss vom 4. Februar 2016 in Vista Marketing, LLC v. Terri A. Burkett enthält eine lesenswerte Darlegung der Rolle von Richter und Geschworenen, ebenso wie die Auslegung des SCA.

Die Revision erklärte, dass nach diesem Gesetz nur die Geschworenen den Schadensersatz bestimmen dürfen. Deshalb ist der Richterspruch aufzuheben und ein Urteil entsprechend dem Verdikt zu erlassen.


Donnerstag, den 04. Febr. 2016

Was folgt dem Geschworenenspruch? Wichtiges.  

.   Lehrreich wie wenige ist die Revisionsbegründung in Kodak Graphic Communications Can. v. E.I. du Pont de Nemours vom 3. Februar 2016. Die Presse verfasst Prozessberichte, sobald sie einen verrückten Geschwo­renen­spruch vernimmt. Was folgt, ignorieren viele. Doch wird es dann erst span­nend, denn es muss ein Urteil folgen - oder eine von vier Beschluss­varian­ten:

Wird die Jury für verrückt erklärt, folgt ein New Trial mit einer neuen Jury. Ein Additur ist notwendig, wenn die Jury den Schadensersatz zu niedrig festsetzte, ein Remittitur, wenn er zu hoch ist. Die letzte Option des Richters ist das Judg­ment Non Obstante Veredicto, oft auch Judgment as a Matter of Law genannt. Siehe auch Kochinke, Der US-Prozess - Urteile im Zivilprozess.

In New York City prüfte das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA gleich mehrere prozessuale Varianten sowie materielle Rechtsfragen von oft prak­tischer Bedeutung durch. Die prozessierenden Wirtschaftsgiganten konnten sich den Aufwand eines umfassenden Verfahrens nach dem Geschworenen­abschnitt leisten, und ihnen ging es um viel Geld. Andere können von ihrem Streit dank einer gut formulierten und nachvollziehbaren Entscheidung lernen.


Donnerstag, den 04. Febr. 2016

Euro-Export: Lästige Flugverspätungsklagen  

.   Reisen bildet. Es ist mit Erlebnissen verbunden. Erlebnisse sind mal gut, mal nicht so gut. Sie gehören zum allgemeinen Lebensrisiko. Das gilt auch für Flugverspätungen. Amerika verbietet Fluglinien, Fluggäste unnötig auf Pisten sitzen zu lassen und verspricht gesetzlichen Schadensersatz. Europa überbietet Amerika. Daher treffen bei amerikanischen Anwälten immer wieder europäische Anfragen nach Entschädigungen für Fluggäste ein. Dabei haben US-Gerichte schon lange und deutlich erklärt, dass die europäischen Versprechen hier nicht immer eingelöst werden können. Außerdem scheinen die meisten Europäer zu ignorieren, dass Klagen in den USA viel teurer als in Billigjustizländern wie Deutschland mit seinen unterbezahlten Anwälten sind.

Es würde daher nicht wundern, wenn die am 2. Februar 2016 in der Revision entschiedenen Klagen über europäische Entschädigungen nur von glücks­spieler­artigen Sammelklageanwälten oder von solchen Rechtsanwälten erhoben wurden, die dem Druck von Mandanten mit Großaufträgen nachgaben. Wie zu erwarten, gaben sich die Anwälte enorme Mühe, kreativ die europäischen An­spruchsgrundlagen im amerikanischen Prozess zu verkaufen.

Ihre ausgefeilten Argumente sind lesenswert, wurden jedoch vom Bundes­beru­fungs­gericht des siebten Bezirks der USA in Chicago abgeschmettert. Dieses nahm sich gleich zwei Fälle vor, die es unter Hans-Peter Baumeister v. Deut­sche Lufthansa AG und James Varsamis v. Iberia zusammenfasste. Dabei spie­len Code Sharing-Verträge und Ersatzflugzuweisungen eine Rolle, die nach Kläger-Auffassung die europäischen Regeln auch auf die USA erstrecken sollten.


Dienstag, den 02. Febr. 2016

Rechtswidriges Bauchgefühl bei Ausschreibung  

.   Im amerikanischen Baurecht muss man das AIA kennen; es bietet Musterverträge für Bausachen und Leitlinien für Ausschreibungen an. In Demien Construction Co. v. O'Fallon Fire Protection District stritten sich die Parteien nach einer Ausschreibung um die Bedeutung der Leitlinien des Ar­chi­tekturverbandes. Diese besagen, dass in der Regel das preisgünstigte Ange­bot, Bid, ausgewählt wird. Doch sind Abweichungen zulässig, wenn die Bieter darauf hingewiesen werden.

Obwohl sich die öffentlichrechtliche Beklagte in den Ausschreibungsunterlagen dieses Recht vorbehielt und den AIA-Regeln folgte, klagte der Bieter mit einer Amtshaftungsklage nach 42 USC §1983: Die gegnerische Feuerwehrverwaltung habe nicht seins, das günstigste Bid, angenommen, sondern ein anderes. Das könne nur auf Bauchgefühl und einer fehlerhaften Ermessensausübung beru­hen. Sie habe seine Rechte nach dem 14. Verfassungszusatz verletzt.

Am 1. Februar 2016 entschied das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks in St. Louis gegen den Bidder. Die Entscheidungsbegründung bringt Bauherren Erleichterung. Der Anspruch setzt die Verletzung eines legitimate Claim of Entitlement und damit einen Schaden voraus. Der Claim of Entitlement sollte nach Auffassung des Klägers in seinem Eigentumsrecht an der Vertragszu­tei­lung bestehen; dazu wollte er das einzelstaatliche Vertragsrecht und die AIA-Richtlinie als Auslegungshilfe heranziehen.

Das Gericht wies dieses Argument letztlich zurück, weil kein Vertrag besteht. Auf­grund des Ermessensvorbehalts in der Ausschreibung konnte keiner der Bieter ein geschütztes Property Right an der Zuteilung erwerben. Der Rechts­grund­satz, dass erfolglose Bieter kein privates, geldwertes Recht, dass das Recht anerkennt, haben, bleibt bestehen: …"unsuccessful bidders" do not have "private, pecuniary interests which the law will recognize and enforce"; State ex rel. Mid-Mo. Limestone, 962 SW2d 441.


Sonntag, den 31. Jan. 2016

Unternehmerprotest mit Schilderordnung gestoppt  

.   Eine Firma mit 100 Arbeitnehmern wandte sich gegen die von der Stadt geplante Enteignung ihres Geländes zugunsten eines Univer­si­tätsausbaues mit einem 120 Meter langen Protestbanner, das die Stadt unter Hinweis auf die städtische Schilderordnung mit einem Strafzettel beantwor­tete. Die Firma klagte ihre gewerbliche Redefreiheit ein. In Central Radio v. City of Norfolk gewann sie am 29. Januar 2016 einen beachtlichen Sieg.

Vor dem Bundesgericht verlor die Firma, weil es die Schilderordnung für eine ortsangemessene Einschränkung der Redefreiheit hielt. Das Urteil hielt der Revision stand, doch hob es der Supreme Court der USA auf; s. 135 S. Ct. 2893 (2015), gestützt auf Reed v. Town of Gilbert. Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks der USA in Richmond prüfte nun, wie die zwischenzeitlich geänderte Schilderordnung und die vorherige wirken.

Die alten Regeln begrenzten nicht nur Ort und Gestaltung von Schildern, son­dern auch den Inhalt der gewerblichen Rede, stellte es fest. Sie verletzten das vom Supreme Court aufgestellte Prinzip. Die neue Ordnung erlaubt jedoch den Firmenprotest in der erfolgten Art, sodass die Klage erledigt ist. Der Schadens­ersatz­anspruch beurteilt sich an der Rechtslage zur Zeit der Berufungs­ein­legung, also aufgrund der seinerzeit bestehenden Verletzung des Ver­fassungs­rechts auf Redefreiheit.


Samstag, den 30. Jan. 2016

Friedensvertrag bedeutet nicht Rechtsfrieden  

.   Manche Staaten schließen Abkommen mit anderen, um Rechtsfrieden zu finden. Abgesehen davon, dass der Begriff in den USA kaum verstanden wird, ist seine Wirkung auch nicht über einen Friedensvertrag zu erzielen, wie am 29. Januar 2015 der Revisions­beschluss in Simon v. Republic of Hungary verdeut­lichte.

In Washington, DC, überprüfte das Bundesberufungsgericht der Hauptstadt eine Klageabweisung. Naziopfer und -enteignete verklagten Ungarn vor dem Bun­des­gericht der Hauptstadt. Das Gericht wies die Klage wegen der Staats­immuni­tät nach dem Foreign Sovereign Immunities Act ab.

Die Revision gelangte jedoch zum Ergebnis, dass der Friedensvertrag die Immu­ni­tätsschranke des FSIA nicht greifen lässt, während die Enteignungsaus­nahme des FSIA wirken kann. Die konkrete Anwendung dieser Ausnahme ist nach weiterer Tatsachenermittlung im Untergericht zu klären.

Ein schlechter Tag für Ungarn und Staaten, die vom Friedensvertrag Rechts­sicher­heit oder Rechts­frieden und als Souverän die Abweisung wegen ihrer Staats­immunität erwarten!


Freitag, den 29. Jan. 2016

Hirntumor des Schiedsrichters: Angefochtener Schiedsspruch  

.   Nicht nur wegen der Kostenentscheidung ist das Urteil in Zurich Am. Ins. Co. v. Team Tankers A.S. bemerkens­wert, sondern auch wegen der Anfechtung des Schieds­spruchs wegen eines tödlichen Gehirn­tumors, den ein Schieds­richter im Schieds­verfahren entdeckte, doch den Parteien nicht offen­legte. In New York City entschied das Bundes­berufungs­gericht des zweiten Bezirks der USA am 28. Januar 2016 den Streit.

Der Schiedsprozess betraf eine Verunreinigung von Chemika­lien beim Trans­port. Das Schieds­tribunal sprach keiner Partei die Schieds­kosten zu, doch verlangte die Klägerin nach dem Voll­streckungs­verfahren vor dem ordent­lichen Gericht nach der New York Convention und dem Federal Arbitration Act eine Kosten­erstattung für das Folge­verfahren. Diese Forderung wies das Gericht mit dem Hinweis auf die American Rule zurück. Nach ihr trägt jede Seite im amerikanischen Prozess die eigenen Kosten. Die von ihm erörterten Anfor­derungen an die Ausnahmen von der Regel konnte es nicht erkennen.

Die Anfechtung des Schiedsspruchs wegen Corruption or Misbehavior im Sinne des FAA, 9 USC §10(a), blieb erfolg­los. Zwar kann das Gericht nicht aus­schließen, dass der Schieds­richter gegen Pflichten des Schieds­vertrages verstieß, indem er seine Krank­heit verheim­lichte. Doch stellt dies keinen Anfechtungs­grund nach dem FAA dar, erklärte es.


Donnerstag, den 28. Jan. 2016

Anwalt im Waffenhandel hat unreifen Anspruch  

.   Waffenausfuhren unterliegen zahlreichen Kontrollen. Als Waffe gilt viel mehr als Bürger oder Unternehmen erwarten. Guter Rechtsrat ist unverzichtbar. Deshalb nimmt die ITAR-Verordnung zum Arms Export Control Act den anwaltlichen Rat bei der Vermittlung von Waffengeschäften begrenzt von der Verboten aus: …[A]ctivities by an attorney that do not extend beyond the provision of legal advice to clients, 22 CFR §129.2(b)(2)(iv).

Am 26. Januar 2016 verkündete das Bundesgericht der Hauptstadt im Fall Goldstein v. United States Department of State eine aufschluss­reiche Klage­abweisungs­begründung. Auf 29 Seiten erklärt sie die Beein­trächti­gung anwalt­licher Dienst­leistungen durch die Verord­nung bei Vermitt­lungsge­schäften, die der klagende Rechts­anwalt als verfassungs­widrig gerügt hatte.

Die Abweisung erfolgte, weil dem Anwalt noch keine Verletzung vorge­worfen worden war: The Court agrees that Plaintiff lacks standing and that this case is not yet ripe and therefore will grant Defendants’ motion to dismiss. Das Gericht schloss sich der Auf­fassung des zustän­digen Ministe­riums, die Klage sei unschlüssig, nicht an. Das Urteil liefert Argumente für die Verfassungswidrigkeit diverser Exportkontrollgesetze.


Mittwoch, den 27. Jan. 2016

Gut gegen unehrliches Personal versichert  

.   Versicherungsklauseln werden gegen den Versicherer ausgelegt. Die versicherte Gebäudeverwaltung in EMCOR Group, Inc. v. Great American Insurance Co. behauptete einen Auslegungsbedarf in ihrer Police zum Schutz vor Employee Dishonesty, also vor von unehrlichem Per­sonal verursachten Schäden. Sie verlangte Deckungsschutz für Zeiträume vor dem Versicherungs­beginn, als sie noch die Deckung durch einen anderen Anbieter besaß.

Eine spätere Police der Beklagten versprach die Deckung für den Zeitraum, der durch any prior Insurance versichert war. Die Begründung des Bundes­beru­fungs­gerichts des vierten Bezirks der USA in Richmond vom 26. Januar 2016 erklärt lehrreich diese Aspekte des Versiche­rungsver­trags­rechts.

Es untersuchte vor der Anwendung der Auslegungsregel, ob überhaupt Ausle­gungs­bedarf vorliegt. Das Wording der Klausel sei nicht unein­deutig, unam­bi­guous, stellte es fest, denn any prior Insurance beziehe sich nur auf die Kette von Policen dieses Versi­cherers. Ohne Lücke oder Unein­deutig­keit gebe es keine Auslegung, und der Versicherungs­nehmer dürfe sich nicht auf die genannte Regel berufen.


Dienstag, den 26. Jan. 2016

Abgelehntes Angebot erledigt Sammelklage nicht  

JSP - Washington, DC.   In dem Fall Campbell-Ewald Company v. Jose Gomez entschied der Supreme Court der USA am 20. Januar 2016, dass ein ausge­schlagenes Vergleichs­angebot nicht zu einer Erle­digung des Rechts­streits in der Haupt­sache führt und dass für einen Auftrag­nehmer einer staat­lichen Ein­rich­tung nur begrenzt Immu­nität gegeben ist.

Die US-Marine hatte die Klägerin beauftragt, einen SMS-Vertei­ler zur Anwer­bung von Rekru­ten einzu­richten. Interes­sierte junge Erwach­sene zwischen 18 und 24 Jahren sollten, nach­dem sie ausdrück­lich ihr Einver­ständnis erteilt hatten, per SMS Werbung und Infor­mationen über die Navy erhalten. Der Beklagte erhielt, obwohl er nicht der Ziel­gruppe ange­hörte und nach seinen Angaben nie sein Einver­ständnis zum Erhalt von SMS erklärt hatte, dennoch diese Werbe­nach­richten.

Gomez reichte eine Sammelklage auf Grundlage des 47 USC §227(b)(1)(A)(iii) im Telephone Consumer Protection Act ein und ver­langte Schaden­sersatz. Die im Ausgangs­verfahren Beklagte machte dem Kläger ein Vergleichs­angebot, das der klägeri­schen For­derung fast voll­ständig entsprach. Sie wollte die Kosten des Klägers, mit Aus­nahme seiner Anwalts­kosten, die nicht von dem TCPA als Scha­den zu ersetzen seien, tragen und für jede Nach­richt, die der Kläger nach­weis­lich erhalten habe, $1.500 zahlen.

Der Supreme Court entschied nun, dass das ausgeschlagene Angebot nichts daran ändere, dass der ursprüng­liche Streit so fort­bestehe, als sei ein solches Angebot nicht gemacht worden. Solange die Firma es ledig­lich bei dem Ver­gleichs­angebot belasse und keine Zahlung tätige, führe dies nicht zur Erle­digung der Haupt­sache. Diese Wertung entspreche der Rule 68 Federal Rules of Civil Procedure, aus deren Wortlaut nicht folge, dass ein zurück­gewiesenes Vergleichs­angebot zu einer Erledi­gung des Rechts­streits führe.

Weiter stellte der Supreme Court fest, dass ein Auftragneh­mer des Staates nur im begrenzten Maß von dessen Immu­nität profitiere, auch wenn dieser nicht dem TPCA unterliege. Wenn ein Auftrag­nehmer Bundes­recht verletzt und die Anwei­sungen des Auftrag­gebers nicht befolgt, ist er voll verant­wortlich.


Montag, den 25. Jan. 2016

Schutz des Anwaltsgeheimnisses im Beweisverfahren  

.   Im Discovery-Ausforschungsbeweisverfahren dürfen die Parteien sich gegenseitig umfassend Beweise abfordern, aber durch das An­walts­geheimnis geschützte Beweise unterliegen besonderem Schutz. In Federal Trade Commission v. Staples Inc. erörterte das Bundes­gericht der Hauptstadt die Ausnahmen, nach denen Anwaltsvermerke offenzulegen sind.

Das klagende Kartellkontrollamt beantragte ein Verschmelzungsverbot für die beklagten Unternehmen, die ihrerseits vom Amt im Beweisverfahren Dokumen­te verlangten. Das Amt verweigerte in der Discovery etwa 850 anwaltliche Ver­merke, weil diese von der Attorney Work-Product-Ausnahme erfasst seien. Das Gericht lehnte am 21. Januar 2016 die Ausnahmen zur Ausnahme ab.

Eine Verweigerung kann bei zwei Arten von Attorney Work-Product durch­bro­chen werden: Bei Vermerken über Tatsachen und bei Vermerken mit einer Wür­digung der Rechtslage und resultierenden Empfehlungen. Dieser Fall betraf nur Faktensammlungen im Sinne der Rule 26(b)(3)(A) Federal Rules of Civil Procedure.

Das Gericht darf ihre Herausgabe anordnen, wenn ein wesentliches Bedürfnis, substantial Need, für die Informationen besteht und ein Härtefall vorliegt: Nur mit undue Hardship könnte die fordernde Partei die Fakten selbst sammeln. Selbst dann sind nach Rule 26(b)(3)(B) FRCP Vermerke auszunehmen, die Ein­drücke, Folgerungen, Bewertungen und Strategien enthalten. Beide Merkmale waren hier nicht belegt. Deshalb entschied das Gericht für das Amt.


Sonntag, den 24. Jan. 2016

Meldung von Wahlgeldern: Transparenz v. Redefreiheit  

.   Seit mehr als 100 Jahren versuchen die USA eine Abwägung von Trans­parenz und Wahlkampfspenden: Geht ein uneingeschränktes Peti­tionsrecht als Ausdruck der Redefreiheit dem Bestreben vor, die Geldflüsse vor Wahlen dem Bürger bekannt zu geben? In van Hollen v. Federal Election Com­mission vom 21. Januar 2016 findet der Leser eine umfassende Dar­stel­lung der historischen Bestrebungen und der gegenwärtigen Rechts­lage, die von mehre­ren neuen Präzedenzurteilen des Supreme Court geprägt wird.

Das Bundesberufungsgericht des Bezirks der Hauptstadt beur­teilte als zweit­höchstes Gericht des USA die Verfassungs­verein­barkeit einer Verord­nung der FEC, die den Bipartisan Campaign Reform Act mit Restrik­tionen für Unter­neh­men und Gewerkschaften umsetzt.

Das Gesetz enthält diverse Aussagen zur Zweckbindung der Meldepflichten für Wahl­kampf­gelder im Rahmen des Transparenzgebots. Das Gericht lehnte auf 28 lehrreichen Seiten einen ergebnisorientierten Purposivism ab und bezeich­nete die Verord­nung als verfassungs­gemäß.


Samstag, den 23. Jan. 2016

Klageverweisung ins unsichere Ausland  

.   Wenn ein Gericht sich für zuständig erachtet, darf es den­noch die Klage dorthin verweisen, wo engere Bezie­hungen zum Sach­verhalt, zu Parteien, zu Zeugen, zum anwend­baren Recht oder zur Sprache bestehen. Das erfor­dert vom Gericht eine Ermessens­entschei­dung. Die Unsicher­heiten des All­tags braucht das Gericht nicht, die Gerech­tigkeit der Rechts­ordnung und seiner Gerichts­barkei­ten muss es hin­gegen sehr wohl berücksich­tigen.

Im Fall Bahgat v. Arab Republic of Egypt bestätigte das Bundesberufungs­gericht des zweiten Bezirks der USA in New York City die ordent­liche Ausübung des Ermes­sens durch das Unter­gericht. Dieses hatte eine Klage nach dem Forum non conveniens-Grund­satz nach Ägypten verwiesen. Die Revision erklärte am 22. Januar 2016 unter anderem, dass die dor­tigen Ge­richte in ihrer Rechts­an­wen­dung die erforder­lichen rechts­staat­lichen Qualitäts­anforde­rungen erfüllen.


Freitag, den 22. Jan. 2016

Datenbanken rasant, ausgiebig ausgesaugt: Computerbetrug?  

.   Ein Kunde von Kreisverwaltungen sog aus ihren Grund­buch­daten­banken mit einer eigenen Software die Daten ab, statt die vom Dritt­dienst­leister der Kreise, der die Datenbanken einrich­tete, bereit­gestellte Kun­den­soft­ware zu ver­wenden. Der Kunde zahlte den Kreisen ihre Gebüh­ren für ein unbe­grenztes Konto, doch aufgrund des Ein­satzes der eigenen Software konn­ten die Kreise nicht die beim Speichern und Drucken anfal­lenden Sonder­gebühren in Rechnung stellen.

Der Dienstleister verklagte den Kunden, der die Daten en masse abrief und in Indien auswerten ließ, nach dem Computer Fraud and Abuse Act wegen Betrugs. Das Bundes­berufungs­gericht des siebten Bezirks der USA in Chicago unter­such­te die Merk­male des Computer­betrugs in seiner Entschei­dung in Fidlar Technologies v. LPS Real Estate Data Solutions am 21. Januar 2016 ausführ­lich und lehrreich. Die vom Kunden entwickelte Soft­ware ver­folgte nach seiner Fest­stellung legitim den Zweck der schnel­leren und massen­haften Daten­sammlung, den die auf manuelle Besuche ausge­richtete Software des Dienst­leisters nicht anbot. Der Kunde wies sich in seiner Soft­ware stets mit seinem Kunden­konto aus und täuschte weder die Kreise noch den Dienst­leister.

Die seitens der Kreise einge­setzte Server­software konnte zwar nicht erkennen, wie lange der Kunde die Daten­verbindung unterhielt, und deswegen nicht nach der Zeit abrechnen, aber bei einer unbe­grenzten Zugangs­berechtigung des Kun­den kann dies keine Rolle spielen. Dafür hatte er bezahlt, und es fehlen sowohl Schaden als auch Täuschung. Ein Betrüger hätte ein billigeres Konto eingerichtet.

Zudem sprach interne Korrespondenz des Dienstleisters gegen eine erfolgte Täuschung. Mitar­beiter hatten erklärt, dass Web-Harvesting oder Web-Scraping - was auch für die laufend aktuali­sierte USA-Urteils­liste des Ver­fassers erfor­der­lich ist - durch eine simple Klausel in den Lizenz­bedingungen untersagt werden könnte. Das Unter­nehmen tat dies nicht, sondern tole­rierte diese Praxis.


Donnerstag, den 21. Jan. 2016

Gilt die Zulassung in New York City auch in New York?  


Zulassungsurkunde New York City Bundesrevisionsgericht
.   Am 11. 1. 2016 stellte der Clerk of the Court die Zulassungsurkunde für den Ver­fasser zum United States Court of Appeals for the Second Circuit aus. Dieses Bundesrevisionsgericht sitzt in New York City. Der Verfasser sitzt hingegen in der Hauptstadt der USA, Washington, DC, und braucht die neue Anwaltszulassung nur für Bundes­revisions­verfahren in der zweiten Stadt der USA. Was besagt die Urkunde letztlich?

Jeder Staat der USA hat parallel zur dreistufigen Bundesgerichtsbarkeit seine eigene Gerichtsbarkeit, die im Staat New York kurioserweise unten mit dem Supreme Court beginnt und oben beim Court of Appeals endet. In der Bun­desgerichtsbarkeit ist der United States Supreme Court der Oberste Bun­desgerichtshof, mit Sitz in Washington, DC.

Das Revisionsgericht des zweiten Bundesbezirks ist für New York und zwei Nachbarstaaten zuständig, hat aber nichts mit der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeit zu tun. Die einzelstaatliche Zulassung ist Sache der einzelstaatlichen Anwalt­schaf­ten, oder beim Verfasser der Kammer und des Court of Appeals im District of Columbia, der immer noch kein Staat ist. Die Zulassung zum Gericht in New York City bedeutet also keine Zulassung für die Gerichte des Staates New York, sondern eine Zulassung im dortigen zweiten Bundesbezirk einschließlich New York zu dessen Revisionsgericht. Washington, DC beheimat gleich zwei Revisionsgerichte des Bundes, und die Zulassung im zweiten Bezirks im Nordosten ist manchmal praktisch.


Mittwoch, den 20. Jan. 2016

Jetzt wieder Perserteppiche - nur zahlen bleibt schwer  

.   Der Implementation Day kam und brachte neue Regelun­gen für den Handel mit dem Iran. Die amerika­nischen Ausfuhr- und Finanz­kontroll­bestim­mungen betref­fen weiter­hin auch das Ausland, einschließ­lich Deutschlands. Am I.D. wurden bestimmte Sank­tionen gegen den Iran aufge­hoben und andere ge­lockert. Perser­teppiche dürfen wieder gekauft werden. 400 Sanction Busters werden ihre Verlet­zungen ver­geben.

Der Finanzhandel bleibt eingeschränkt, und zwar auch mit Wirkung für Dritt­länder. Wer aus Deutsch­land mit Personen auf der gekürzten schwarzen OFAC-Liste Geldge­schäfte macht, kann auch heute noch in den USA ver­folgt werden.

Das Schatzamt in Washington hat am 16. Januar 2016 zur Vermei­dung von Missver­ständnissen eine Klar­stellung mit einem Ver­zeichnis der auf der Denial List verblei­benden Personen mit neuer Such­funktion veröf­fent­licht: List of Persons Identified as Blocked Solely Pursuant to Executive Order 13599.


Montag, den 18. Jan. 2016

Internetbetrug: Affinity, Franki & die Phnom Penh Bank  

.   Die USA feiern, aber Internetbetrüger drängen auch am Martin Luther King Day: Die Unterschrift eines deutschen Judge beweise die Echtheit von Kran- und Bagger-Fahrzeugbriefen im deutsch-amerikanischen Handel. Der Anwalt habe die Anzahlung von einer halben Million bereits erhalten und solle sie flugs nach Phnom Penh weiterleiten. Über die Hinter­legungsbedingungen bestehe Einigkeit.

Das Spielchen klingt dumm, wären da nicht die täuschend nachgemachten Webseiten der angeblichen Verkäuferin Frankigruppe und der Maklerin Affinity Investments mit gut imitierten EMailanschriften, die bereits mehr als acht Kanzleien in die Irre geführt haben.

Eine Rufschädigung dieser Unternehmen und des angeblichen Kran­käufers im Wohngebiet von Potomac, Maryland, stört die Betrüger nicht. Die Kanzleien sollen, bevor der Citibank-Scheck platzt, vom Anderkonto Gelder transferieren. Suchmaschinen zeigen die Verbindungen noch nicht auf. Vielleicht schämen sich die Opfer. Besser wäre der Weg zum Staatsanwalt und IC3.GOV.


Sonntag, den 17. Jan. 2016

Statt $944.583 Honorar nur $466.028: Revidiert  

.   Voller Stolz, eine chinesische Firma in den USA zum Vergleich animiert zu haben statt in China klagen zu müssen, beantragte ein Sammel­kläger­anwalt eine Honorar­beteili­gung von 25% des Vergleichs­betrags von $3.78 Mio., mithin $944.584. Als das Gericht ihm nur $466.028 gewährte, folgte die Revision in San Francisco.

Dort entschied das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA im Fall McGee v. China Motors am 15. Januar 2016 zu seinen Gunsten. Dazu musste die Revi­sion einen richter­lichen Ermessens­miss­brauch bejahen. Diesen führt es detail­liert und lesens­wert aus. Der richter­liche Kosten­ansatz igno­rierte das Präze­denzfall­recht in mehreren Punkten.

Weil der Fall komplex war und das Risiko eines Prozesses im Ausland barg, doch erfolg­reich abge­schlossen wurde, hoffte der Anwalt auch auf einen Bonus. Wäh­rend die Revi­sion die Herab­setzung des Hono­rars aufhob, wollte sie den Bonus nicht bei der noch unter­entwickel­ten Beweis­lage für eine Anhe­bung beurteilen. Der Prozess wurde folglich mit entspre­chenden Leit­sätzen an das Unter­gericht zurück­verwiesen.


Samstag, den 16. Jan. 2016

Verlorenen Einsatz in Internet-Glücksspiel einklagen?  

.   Zwei Glücksspieler und ihre Mütter verklagen Glücks­spiel-Veran­stalter, die Internet-Gambling anboten. Die Söhne verloren ihren Einsatz und berufen sich auf uralte Gesetze, die es ihnen gestatten, ihren verlo­renen Einsatz von mehr als $50 klage­weise zurückzu­fordern. Die Mütter klagen für den Fall, dass ihre Söhne ver­lieren, aufgrund der gesetzlichen Regel, dass jeder­mann den Gewinner verklagen darf, wenn der Ver­lierer nicht binnen von sechs Monaten geklagt hat.

Vor dem Bundesberufungsgericht des siebten Bezirks der USA in Chicago verlie­ren alle. Das Gericht stellt in Sonnen­berg v. Amaya Group Holdings Ltd. am 15. Januar 2016 fest, dass die Gesetze heute weniger rele­vant sind - die mora­lische Haltung zu Glücks­spielen hat sich seit dem Präze­denzfall von 1904 geändert. Die Söhne verlieren schon, weil sie ihre Klage zu spät einge­reicht haben.

Die klagenden Mütter fallen unter den Begriff jedermann, doch verlie­ren sie eben­falls. Jeder­mann sollte Gewin­ner verkla­gen können, um das Glücks­spiel auszu­rotten. Hier konnte das Gericht jedoch keinen Gewin­ner ausmachen. Die Internet-An­bieter sind keine Gewinner, da sie die Gewinne den anderen Teil­nehmern auszahlen. Sie selbst streichen höch­stens Gebüh­ren ein. Das alte straf­recht­liche Glücks­spiel­verbot, das die Kläger zusätz­lich zitieren, greift nicht, weil es keinen zivil­recht­lichen Anspruch einräumt, erklärt das Gericht lesens­wert.


Samstag, den 16. Jan. 2016

Darf Prediger mit Megafon tönen, wo und wann er will?  

.   Die Redefreiheit erlaubt viel, auch den auf Plätzen und an Straßenecken allgegenwärtigen amerikanischen Prediger. Doch darf er, und wenn ja, wo und wann, laut tönen? Eine kalifornische Strandgemeinde hatte das Geplärre satt und verbot Megafone in der Nähe des Rathauses und von Schulen und Strand.

Der Prediger focht das Verbot an. Auf der Grundlage des ersten Verfassungs­zusatzes, der die Rede-, Petitions- und Religionsfreiheiten schützt, gewann er. Doch am 14. Januar 2016 musste er in Steve Klein v. City of Laguna Beach eine Niederlage einstecken.

Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA in San Francisco erklärte lesenswert die strittigen Tatsachen, die Verfassungs­grundlagen samt zulässigen Grenzen der Redefreiheit und das unter­gerichtliche Ergebnis. Das Untergericht hatte auch die Erstattung der Prozess­kosten geprüft und gegen den Prediger entschieden. Diesen Beschluss bestätigte das Gericht nun mit weiterer Erläuterung.


Donnerstag, den 14. Jan. 2016

Falschdarstellung durch Softwarehersteller  

SR - Washington.   Ein Softwarehersteller, der die Verschlüsselungs­standards seiner Software gegen­über Verbrau­chern falsch dar­stellt, verstößt gegen §5 des Federal Trade Commission Act. So sieht es das Bundes­verbraucher­schutz­amt FTC der USA und bittet die Öffent­lichkeit am 12. Januar 2016 um ihre Ein­schät­zung. Der Hersteller fand mit einem Vergleich eine bessere Löung als der VW-Konzern in dem bis­herigen Ver­fahren rund um den VW-Dieselskandal.

In dem Fall FTC v. Henry Schein Practice Solutions, Inc. hatte ein Hersteller einer Praxis­verwaltungs­software für Zahn­ärzte damit geworben, dass die Daten­ver­schlüs­selung seiner Software den Industrie­standards entspreche und den Ärzten helfe, die Sicherheits­erforder­nisse des Health Insurance Portability and Accounta­bility Act zu erfüllen. Tatsäch­lich erfüllte die Software dessen Anfor­derungen nicht.

Die Federal Trade Comission begann ein Untersuchungs­verfahren und über­mittelte dem Software­hersteller einen Klage­entwurf. Der Hersteller reagierte mit einem Vergleichs­vorschlag zur außer­gericht­lichen Eini­gung. Dem Hersteller aus Utah gelang es, das Amt von seinem Vorschlag zu überzeugen, den die Kommis­sion unter Vorbehalt annahm.

Der Vorbehalt beruht auf dem Administrative Procedures Act, der die Beteili­gung der Öffent­lich­keit vorschreibt. Jedermann darf den Vergleich bis zum 4. Februar 2016 beim Amt kommen­tieren. Der entgül­tige Abschluss des Ver­gleiches, der zu einer Ein­stellung des Ver­fahrens führen würde, hängt von einer abschließen­den Bewer­tung der Kommission unter Berück­sichtigung der Kommen­tare ab.


Mittwoch, den 13. Jan. 2016

Incorporation ohne Anwaltshonorar  

.   Wer sparen muss, kann sich seine Corporation selbst bas­teln und nur die Handelsregister-, Registered Agent- und Druckerkosten zah­len. Für eine nor­ma­le Corporation sind mindestens folgende Informationen zu sammeln:
USA Gesellschaft - Gründung

1) Name der Gesellschaft:

2) Bevorzugtes Ende des Firmennamens (rechtlich gleich):
a) Corp.
b) Inc.
c) Co.
d) Ltd.

3) Gesellschafter / Eigentümer
Eine Person kann Alleineigentümer sein. Eine Gesellschaft kann eben­falls der Eigentümer sein.
Nur Vor- und Nachname oder Firma:
a) eine Person oder eine Gesellschaft?
b) mehrere Personen (nur Vor- und Nachnamen)?
c) Anteile bei mehreren Personen (nur Vor- und Nachnamen)?

4) Gesellschaftskapital: $1.000,00 (tausend Dollar) oder mehr?

5) Aufsichtsrat / Directors
Diese müssen keine Eigentümer sein, haben wenige Aufgaben, sind nicht angestellt, und sind leicht zu ersetzen. Am besten drei Per­so­nen: Sie plus 1 oder 2 Personen des Vertrauens (Familie?)
Vor- und Nachname:
Vor- und Nachname:
Vor- und Nachname:

6) Geschäftsführung / Officers
Diese sind keine Eigentümer, haben mehr Aufgaben, tragen Ver­ant­wor­tung für das Tagesgeschäft, können angestellt sein oder nicht, sind leicht zu ersetzen: Sie plus 1 oder 2 natürliche Personen Ihres Ver­trau­ens
Vor- und Nachname:
Vor- und Nachname:
Vor- und Nachname:

7) Steuerjahr: Kalenderjahr, wenn nicht anders gewünscht.

8) Sitz: Staat oder District of Columbia (Hauptstadt)

9) Registered Agent: Name, Sitz

10) Aktien: Eine Klasse, keine besonderen Bedingungen

11) Bylaws - Statuten: Standard (später durch Beschluss veränderbar)

12) Bank:

13) Corporate Book, ein oder zwei Prägesiegel, Aktienzertifikate: Stan­dard

14) Aktienzahl: Am Günstigten ist die maximale Zahl von Aktien in­ner­halb des untersten Gebührenrahmens (10000 oder 100000, je nach Staat,) als genehmigte Aktien. Ausgegeben werden nur wenige. Der Rest verbleibt für Kapitalerhöhungen oder Investoren.

15) Aktienpreis: Er errechnet sich aus der Summe des beabsichtigten Kapitals geteilt durch die Zahl der auszugebenden Aktien, z.B. $10.000 / 1 : Preis je Aktie: $10.000. Oder $10.000 / 100: Preis je Aktie: $100.
Ein Notar wirkt bei der Gründung nicht mit. Da gibt es nichts zu sparen. Das Anwaltshonorar kann man sich ersparen. Allerdings bringt die Registrierung allein nicht mehr als einen Mantel. Die Gesellschaft kann erst handeln, wenn auch die weiteren Gründungsschritte im initial Meeting abgeschlossen, um­ge­setzt und dokumentiert werden.


Dienstag, den 12. Jan. 2016

Besichertes IP im Konkurs, Lizenz verloren  

.   Nach dem Konkurs eines Verschlüsselungs-Chipent­wicklers streiten sich ein Kredit­geber und ein Lizenz­nehmer um die Rechte am Chip. Der Kredit­geber hatte sich die Rechte als Sicher­heit für ein Darlehn ein­räumen lassen. Später erwarb der Lizenz­nehmer neben der Lizenz eine Abtre­tung aller Weiter­ent­wick­lungen des Chips.

Das Urteil vom 11. Januar 2016 des Bundesberufungs­gerichts des sechsten Bezirks der USA im Fall Cyber Solutions International LLC v. Pro Marketing Sales Inc. ist von hoher prak­tischer Bedeu­tung. Entschei­dend ist, dass die Abtre­tung an den Lizenz­nehmer nach dem anwend­baren Recht von Michi­gan erst einmal das Ent­stehen der IP-Rechte beim Lizenz­geber voraus­setzt. Zu diesem Zeit­punkt waren die Rechte samt den auf alten aufbau­enden bereits mit der Kredit­sicher­heit belastet.

Deren Bedingungen erlaubten die Zession ebenso wie eine Lizenz nicht ohne die hier man­gelnde Zustim­mung des Kredit­gebers. Viel­leicht hätte der Lizenz­nehmer etwas retten können, wenn er statt einer Abtre­tung einen Work Made for Hire-Vertrag ver­langt hätte, bei dem das Recht beim Auftrag­geber ent­steht und eine Abtretung vermeidet. Das bespricht das Urteil beim vor­liegenden Sach­verhalt nicht, doch ist die Begrün­dung von 19 Seiten Länge in viel­facher Hinsicht lehr­reich.


Sonntag, den 10. Jan. 2016

Der untreue Detektiv: Anklage abgewiesen  

.   Ein betäubter FBI-Detektiv wird in seinem Auto mit Nar­ko­tika gefunden, während als Beweis in einem Unter­suchungs­verfahren be­schlag­nahmte Narko­tika verschwun­den sind. Die Staats­anwalt­schaft vermutet eine Beweis­unter­schlagung und bean­tragt, eine Anklage gegen Drogen­händler zu­rück­nehmen zu dürfen. Dies ist nur mit gerichtlicher Zustimmung zuläs­sig: The govern­ment may, with leave of court, dismiss an indict­ment, information, or complaint… Rule 48(a) Federal Rules of Criminal Procedure.

In USA v. Borges steht der Antrag unter dem Vor­behalt der späteren Neuanklage, also handelt es sich um Dismissal without Prejudice. Das Bundes­gericht der Haupt­stadt der USA in Washington, DC, erläu­terte am 31. Dezember 2015 die auf den Vorbehalt anwendbaren Grund­sätze: Rule 48 beabsichtigt to allow courts to consider the public interest, fair admini­stration of criminal justice and preser­vation of judicial inte­grity.

Wenn der Angeklagte dem Vorbehalt widerspricht, muss das Gericht nach höchst­gericht­licher Recht­sprechung ent­scheiden, ob der Vorbehalt ein rechts­widriges Damoclesschwert über dem Haupte des Ange­klagten bedeutet: The principal object … is … to protect a defendant against prosecutorial harassment, e.g. charging, dismissing, and recharging …, US v. Rinaldi, 34 US 22, 29 n.15 (1977). Nur bei außer­gewöhn­lichen Umständen kann der Vorbehalt erlaubt werden. Diese konnte das Gericht angesichts des Evidence Tampering durch den untreuen Detektiv nicht fest­stellen, wie es lehrreich auf zehn Seiten aus­führt. Die Anklage wird des­halb bedin­gungslos aufgehoben.


Samstag, den 09. Jan. 2016

Auslieferung nach Finnland: Hemmungsidee  

.   Ein findiger Finne gilt als flüchtig, wird in den USA als auslieferbar beurteilt - s. In re Liuksila, 2014 WL 5795244, - und kommt auf eine Idee. Er verteidigt sich mit dem Argument, seine Abwesen­heit von Finnland habe nicht die übliche Wir­kung der Verjäh­rungshem­mung ent­falten können. Er sei näm­lich regel­mäßig bei der finni­schen Bot­schaft in Wash­ington zu finden gewesen. Außer­dem habe er nach der Anklage mit dem zustän­digen Detektiv in Finnland korres­pondiert und sogar einen Besuch bei seinem näch­sten Heimat­urlaub ange­kündigt. Dazu legt er dem US-Gericht sogar eine eid­liche Erklä­rung des Detektivs vor.

Hemmung wegen Abwesenheit, wie es das Fallrecht vorsieht, wirke also nicht, und mittler­weile sei die ihm vorge­worfene Straftat verjährt. Die ameri­kanische Staats­anwalt­schaft sieht das anders. Die schlaue Idee wirke nicht, denn entschei­dend sei die Abwesen­heit vom die Auslie­ferung beantra­genden Staat. Die Motive für die Abwesen­heit und der Rück­kehr­wille spielten keine Rolle. Nach den amerika­nischen Präzedenz­fällen sei also die Hemmung einge­treten.

Am 6. Januar 2016 stimmte das Bundesgericht der Hauptstadt der Staatsanwalt­schaft im Fall USA v. Liuksila zu. Nach dem Leit­fall McGowen v. United States, 105 F.2d 791 (D.C. Cir. 1939), durfte sich das Gericht allein auf die Abwesen­heit bei der Hemmungs­beurtei­lung stützen. Das gilt auch, wenn der Flüchtige, wie hier, sich ordentlich im Heimat­staat abmeldet, dem Staat jeder­zeit seine Erreichbar­keit mitteilt, mit den staat­lichen Ämtern Kontakt behält und nach der Straf­anklage mit ihnen frei­willig kooperiert.

Zwar habe der Angeklagte aus diesen Fakten eine neuartige These gebastelt, doch passe zu seinen Umständen und Argumenten kein Präze­denzfall, der die Hemmung aufheben könne. Der Ausliefe­rungsbe­schluss bleibe in Kraft. Doch bleibt der Ange­klagte weiter­hin ohne Kaution auf freiem Fuss, nachdem er seinen Pass abge­geben hatte.


Samstag, den 09. Jan. 2016

Schadensersatz bei vergleichender Werbung  

.   Auch in den USA ist nicht jede vergleichende Werbung erlaubt. In Reed Constr. Data Inc. v. McGraw-Hill Cos. findet der Leser die Anspruchs­grund­lagen aus Marken-, Kartell- und einzel­staat­lichem Recht, die einen angeb­lich falschen oder irre­führen­den Ver­gleich von Bau­daten zweier Ver­lage betref­fen. In New York City erklär­te das Bundes­berufungs­gericht des zweiten Bezirks der USA am 7. Januar 2016 die Anspruchs­merk­male auf sieben Seiten.

Beim Markenanspruch nach §43 Lanham Act muss das Falsch­sein allein oder eine Irrefüh­rung in Ver­bindung mit der Verbraucher­perspek­tive bewie­sen sein. Hier lag keine wesent­liche falsche Dar­stellung vor, und die Ver­braucher sind derart spezia­lisierte Experten, dass sie durch unwesent­liche Über­treibungen nicht beein­flusst werden.

Der Anspruch wegen eines Monopolisierungs­versuchs kann nicht bestehen, wenn die Wesent­lich­keit nach Marken­recht nicht vorliegt. Eine falsche oder irre­füh­rende Aussage darf ohne Haftungsrisikio de minimis, unwesentlich, sein. Schließ­lich fand das Gericht auch keinen halt­baren Anspruch nach dem Recht der uner­laubten Hand­lung über die rechts­widrige Ein­wirkung auf die Geschäfts­erwartun­gen eines anderen, tortious Inter­ference with prospec­tive economic Advan­tage.


Donnerstag, den 07. Jan. 2016

Haftung nach Firmenhandel; Server im Müll  

.   Raffiniert ging der M&A-Mittler vor: Er warb bei Firmen, dass er einen Aufkäufer vermitteln könne. Wenn sie anbissen, emailte er zahl­reiche Firmen an und bot ihnen diese Targets an. Eine Firma entdeckte, dass er sie unge­fragt als Käufer angab und ver­klagte ihn. Sie erhielt mehr als sie erwar­ten durfte. Der Ver­mittler war auch prozes­sual dumm.

Im Beweisausforschungsverfahren erhielt das Gericht den Eindruck, er versage seine Mit­wirkung. Das führt zu Malus­punkten und im Fall Peter Kiewit Sons' Inc. v. Steven West zu einer sechs­stelligen Strafe in Form der Überbürdung gegne­rischer Anwalts­kosten auf ihn. Zudem verur­teilte ihn das Gericht wegen der Namens­nennung nach Marken­recht zu einer Schadens­ersatz­zahlung in der Höhe seines bewie­senen Gewinns von $124.910. Diesen verdrei­fachte das Gericht, weil der Beklagte vermut­lich öfter als im Beweis­verfahren offengelegt das Marken­recht verletzt hatte.

In der Revision bestätigte das Bundesberufungs­gericht des achten Bezirks der USA in St. Louis am 6. Januar 2016 diese Entschei­dungen. Schließ­lich hatte der Beklagte seinen Server - statt dessen Daten­inhalte im Discovery-Verfahren der Gegenseite zu überlassen - zum Müll gegeben und war im Gericht unglaub­würdig aufgetreten. Seine Erklä­rung, die Haupt­platine des Servers sei ausge­brannt, glaubte ihm niemand. So multi­plizierte der schlaue Firmen­händler sein Risiko. Doch die Prozess­regeln sind klar:
Rule 37. Failure to Make Disclosures or to Cooperate in Discovery; Sanctions
(e) Failure to Preserve Electronically Stored Information. If electronically stored information that should have been preserved in the anticipation or conduct of litigation is lost because a party failed to take reasonable steps to preserve it, and it cannot be restored or replaced through additional discovery, the court:
(1) upon finding prejudice to another party from loss of the information, may order measures no greater than necessary to cure the prejudice; or
(2) only upon finding that the party acted with the intent to deprive another party of the information's use in the litigation may:
(A) presume that the lost information was unfavorable to the party;
(B) instruct the jury that it may or must presume the information was unfavorable to the party; or
(C) dismiss the action or enter a default judgment.


Donnerstag, den 07. Jan. 2016

Wildwasser - Haftungsverzicht - Klage nach Unfall  

.   Vor der gefährlichen Wildwasserbootsfahrt unterschrieb die Urlauberin einen Haftungsverzicht. Dann ertrank sie im reißenden Strudel. Ihr Sohn verklagte wegen Betruges und nachlässiger Missachtung von Sorgfalts­pflichten den Veranstalter. Können diese ihre Haftung ausschließen? In Espinoza v. Arkansas Valley Adventures erklärte das Bundes­berufungs­gericht des zehnten Bezirks der USA in Denver am 5. Januar 2016 die Rechts­lage:
The only question in this appeal is whether Colorado law permits private parties to enforce a contract like this. Under Colorado common law, it's long settled that courts will not give effect to contracts purporting to release claims for intentional, knowing, or reckless misconduct[…] But claims of negligence are a different matter. Colorado common law does not categorically prohibit the enforcement of contracts seeking to release claims of negligence. Instead, and at the most general level, the Colorado Supreme Court has instructed courts to weigh four factors when deciding whether to give effect to agreements along these lines: "(1) the existence [or nonexistence] of a duty to the public; (2) the nature of the service performed; (3) whether the contract was fairly entered into; and (4) whether the intention of the parties is expressed in clear and unambiguous language." […]
Von den ersten beiden Faktoren hängt die Entschei­dung ab. Dienst­leister zur Daseinsvorsorge wie Strom- und Wasserwerke können ihre Haftung nicht frei­zeichnen lassen, nicht­essentielle hin­gegen wohl. Doch der Kläger meint, das das Staats­gesetz von Colo­rado Urlaubs­dienst­leister zu besonderer Sorgfalt auf Flüssen zwinge und sie damit den essen­tiellen Anbie­tern gleich­stelle. Damit setzt sich das Gericht ausführ­lich ausein­ander, um im Ergebnis die Wirk­samkeit des Verzichts und auch die Recht­mäßigkeit seines Zustande­kommens zu bejahen.


Mittwoch, den 06. Jan. 2016

Darf US-Gericht russischen Staatsakt aufheben?  

.   Wie weit geht die Comity zwischen souveränen Nationen? Wenn der russische Staat seine Rechte an einer Vodka-Marke per Dekret und Vertrag an ein Staatsunternehmen abtritt, damit es in den USA stärkere Rechte beanspruchen darf, darf das amerikanische Gericht diese Akte für nichtig erklären? In Fed. Treasury Enter. Sojuzplodoimport v. Spirits Int'l B.V. hatte das Untergericht in New York City dieses Recht mit Bedenken beansprucht.

Am 5. Januar 2016 bezeichnete das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA diese Bedenken als berechtigt – und zudem als ausschlaggebend. Jeder Souverän muss die Staatsakte seiner Kollegen respektieren. Das Untergericht war zu weit gegangen, wie der United States Court of Appeals for the Second Circuit ausführt:
The Decree and Assignment were indisputably acts of a foreign government. The declaration of a United States court that the executive branch of the Russian government violated its own law by transferring its own rights to its own quasi-governmental entity (FTE) would be an affront to the government of a foreign sovereign. Even an inquiry into whether Russian law permitted the Assignment is a breach of comity. "So long as the act is the act of the foreign sovereign, it matters not how grossly the sovereign has transgressed its own laws." Banco de Espana v. Fed. Reserve Bank of N.Y., 114 F.2d 438, 444 (2d Cir. 1940).


Dienstag, den 05. Jan. 2016

Apple gewinnt wichtige Runde gegen Samsung  

.   Apple geht es nicht nur um Geld, sondern auch das Stoppen der infamen Nach­ahmung von paten­tierten iPhone-Funktionen durch Samsung. Am 4. Januar 2015 veröffent­lichte in Washington, DC, das Bundes­sonder­gericht für Patent­sachen neben dem Weißen Haus die Voraus­setzungen einer Verbots­verfügung wie folgt:
A party seeking a permanent injunction must demonstrate:
(1) that it has suffered an irreparable injury; (2) that remedies available at law, such as monetary damages, are inadequate to compensate for that injury; (3) that, considering the balance of hardships between the plaintiff and defendant, a remedy in equity is warranted; and (4) that the public interest would not be disserved by a permanent injunction.
In Apple Inc. v. Samsung Electronics Co. Ltd. analysierte der United States Court of Appeals for the Federal Circuit diese Merkmale und gelangte am 16. Dezember 2015, anders als das erst­instanz­liche Bundes­gericht in Kali­fornien, zum für Apple gün­stigen Ergebnis. Das Monopol eines Patent­inhabers sei im öffent­lichen Inter­esse aufrecht­zuerhalten; die Härte eines Verbots würde Samsung in gerech­ter Weise treffen; die Verletzungs­handlungen seien vorsätz­lich gewesen, und der Schaden erscheine unabänderbar und nicht allein durch Geld ersetz­bar. Die Minder­meinung ist ganz anderer Auffas­sung, was die Begrün­dungen beson­ders lesens­wert macht.


Montag, den 04. Jan. 2016

Selbstkritik im Disziplinarvermerk nicht beweisgeeignet  

.   Im amerikanischen Prozess darf jede Partei von der anderen ihre Unterlagen und sonstigen Beweise verlangen. Doch gelten Ausnahmen. Ob die internen Vermerke nach der Auswertung eines Unfall­verlaufs von dem beklagten Verkehrs­betrieb dem klagenden Nach­lass eines Unfall­opfers vorzu­legen sind, illust­riert lesens­wert der Discovery-Beschluss in Felder v. Wash­ington Metro­politan Area Transit Authority vom Bundes­gericht der Haupt­stadt Washington.

Am 31. Dezember 2015 prüfte es zunächst, ob die einen Diszip­linarver­merk for­dernde Partei dessen Relevanz im Ausfor­schungs­beweis­verfahren darge­legt hatte. Als es sich von der Rele­vanz über­zeugt hatte, unter­suchte es, ob die Ausnahme des self-evaluation Privilege greift. Sie wirkt, weil der Vermerk mit dem Ziel der zukünf­tigen Unfall­vermeidung ver­fasst wurde.

Die Self-Evaluation soll die kritische Unter­suchung von Vorfällen fördern, ohne die Betei­ligten mit einem Auge auf einen etwaigen Prozess schielen zu lassen, was ihre Bewer­tung weniger präven­tiv ausfallen lassen würde. Das gilt für Ärzte bei der Auswer­tung einer Ope­ration ebenso wie eine U-Bahn nach einem Unfall.

Routiniert, doch scheinbar salo­monisch entschied das Gericht einer­seits für die Offen­barung des Vermerks, anderer­seits die Schwär­zung aller Aussagen, die eine Sach­verhalts­erfassung über­schreiten. Die Self-Evaluation bleibt deshalb auf Antrag der beklagten Bahn geschützt.


Sonntag, den 03. Jan. 2016

$160 Mio. Kanzleischulden: Haftet Bank der Sozia?  

.   Ihre eigene Kanzlei zu verklagen, versprach der Ex-Sozia nichts. Die Kanzlei hatte $160 Mio. Schulden und wurde liquidiert. Sie verklagte daher die Bank, die die Kanzlei finanzierte. Sie war wie andere Partners animiert worden, Einkünfte zu stunden und von der Bank Darlehen zugunsten der Kanzlei aufzunehmen.

Die Klage begründet sie mit einer Verschwörung der Bank mit dem Kanzlei­management: Der Verschwörer hätten den Nicht­managern der Kanzlei Finanz­daten vorent­halten, darunter auch die Verlet­zung von Darlehns­klauseln und den Eintritt der Über­schuldung. Am 22. Dezember 2015 verlor die Klägerin in Sandza v. Barclays Bank PLC vor dem Bundes­gericht der Haupt­stadt Wash­ington.

Die Abweisungsbegründung führt den Leser in die Anspruchs­grund­lagen bei einer Verschwö­rung, die Anwend­barkeit eng­lischen Rechts in den USA, die Sub­sumtion der klägerischen Wider­sprüche in der Sach­verhalts­dar­stellung und die Schlüssig­keitsan­forderungen ein. Sie legt auch die Umstände der Kanzlei­finanzierung durch Kredite dar. Die Lehre für den Managing Partner lautet: Keine Kredite, stets Transparenz.


Samstag, den 02. Jan. 2016

Verfassung deckt Tattoo als Rede  

.   Filme, Bücher, Musik, Gemälde und Reden genießen den Schutz der Redefreiheit. Ihre Schaffung und ihr Vertrieb dürfen vom Staat kaum einge­schränkt werden. Der Fall Buehrle v. City of Key West untersucht, ob auch der Betrieb von Täto­wierungs­läden diesem beson­deren Schutz unterliegt. In Key West unter­warf die Stadt solche Läden einem Numerus clausus, den ein Tattoo-Künstler anfocht, nachdem sie ihm eine Gewerbe­genehmigung versagte.

Das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta entschied am 29. Dezember 2015 gegen die Stadt. Zuerst erklärte es, dass das Verbot der Bundes­verfassung in den ersten und 14. Verfassungs­zusätzen für Täto­wierungen wie bei anderen künst­lerischen Entfal­tungen gilt. Die Verbote wenden sich gegen Schranken, die die Einzel­staaten der USA und ihre weiteren öffent­lichrecht­lichen Körper­schaften durch Gesetz oder Verordnung setzen.

Dann wandte es sich dem Grad der Schrankenstärke zu. Der Level of Scrutiny bestimmt nach höchst­gericht­licher Recht­sprechung den Prüf­maßstab. Bei Eingriffen in die gewerb­liche Rede­frei­heit ist der Prüfungs­grad weniger streng als bei privater Rede. Die Stadt sieht ein Tattoo als Rede an, doch sein Auf­bringen nicht. Das Gericht wies diese Differen­zierung zurück: The First Amendment protects the artist who paints a piece just as surely as it protects the gallery owner who displays it, the buyer who purchases it, and the people who view it. See Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479, 482 (1965).

Im zweiten Prüfschritt untersuchte der United States Court of Appeals for the Eleventh Circuit den städ­tischen Eingriff in das verfas­sungsgaran­tierte Recht: A municipality may regulate protected artistic expression only if the regulation (1) is justified without reference to the content of the regulated speech, (2) is narrowly tailored to serve a significant governmental interest, and (3) leaves open ample alternative channels for communication of the information. Die Beschluss­begründung erörtert lehr­reich das Ergeb­nis zugunsten des Betreibers.


Samstag, den 02. Jan. 2016

Schock: Unschuldsvermutung in den USA  

.   So stolz sind Amerikaner auf die Unschuldsvermutung in ihrem Strafrecht, dass sie meinen, im Ausland gälte guilty until proven inno­cent. Deutsche wundern sich hingegen, wie die Presse in die Herbei­führung einer Voreingenommenheit der Öffentlichkeit und der Geschworenen durch den Perp Walk eingebunden wird. Menschenwürde? Steht nicht in der US-Verfa­ssung, sondern höchstens und selten in einer einzelstaatlichen, wie der der Bundeshauptstadt Washington.

In Unschuldsvermutung und Presseberichterstattung in den USA geht Julia Blees dem provozierten Bias durch Perp Walk als Ausgangspunkt ihrer Betrach­tungen zur Unschuldsvermutung in den USA nach und gelangt zu einer er­nüch­ternden Feststellung. Trotz ihres Stolzes auf ein innocent until proven guilty werden Amerikaner nur durch eine beweisrechtliche Unschulds­ver­mutung geschützt. Was die deutsche Presse einer persönlichkeits­rechtlichen Haftung aussetzen würde, fordert die amerikanische Politik von der ihrigen.


Freitag, den 01. Jan. 2016

Alle Jahre wieder - neue Zulassung  


Certificate of Good Standing
.   Immer wieder neu muss eine Zulas­sung beantragt werden, wenn man als Rechts­anwalt in einem anderen Staat der USA auftritt. Eine landes­weite Zu­lassung gibt es nicht, außer beim Supreme Court und drei weiteren Bundes­gerichten.

Jeder Staat verwaltet seine eigene Anwalt­schaft über das jeweils höchste einzelstaat­liche Gericht und die regio­nale Bar Association. Erst mit einer einzel­staatlichen Zu­lassung ist auch die Zulassung zu den vielen Bundes­gerichten zu erlangen. Auch diese verlangen in jedem Staat eine neue Zulassung, für das ein Certificate of Good Standing vorgelegt werden muss, das die Grund­zulassung und ihren Beibehalt bescheinigt.

Änliches gilt im Gesellschafts­recht. Jede Corporation oder LLC wird in einem Staat gegründet. Wird sie in anderen Staaten tätig, muss sie sich dort erneut zulassen - auch mit einem Certificate of Good Standing.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.