• • Neuer Softwareentwickler bringt Wissen mit • • Geschwärzter Anwalt in Gerichtsakten • • Beweis der Zuständigkeit für Auslandsbeklagte • • Folge der unbewiesenen Online-Vertragsklausel • • Presseinterview abgebrochen: Haftet die Polizei? • • Markenamt sichert sein Onlinesystem • • Vertragsbruchklage ohne Jury abgeurteilt • • COVID: Unversicherter Umsatzverlust • • Neueste Urteile USA

Sonntag, den 26. Dez. 2021

Gerichtszuständigkeit für Internetzeitung

 
.   Der Revisionsentscheid Charles Johnson v. The HoffingtonPost.com Inc. vom 23. Dezember 2021 offeriert eine der gründlichsten Erörterungen der Merkmale für die Zuständigkeit eines US-Gerichts über Internetzeitschriften. Der Kläger aus Texas behauptet eine Verleumdung in einem Onlinebericht, den ein Verlag mit Eintragung in Delaware und Sitz in New York veröffentlichte. Er klagt in Texas. Der Verlag bestreitet jegliche Anknüpfung an das texanische Forum und damit die personal Jurisdiction.

Das Bundesberufungsgericht des Fünften Bezirks der USA in New Orleans prüft deren Merkmale nach dem Recht von Texas sowie diejenigen nach der Due Process-Klausel der Bundesverfassung. Der Kläger behauptet den Nexus, weil ihn die Beleidigung in Texas traf, das Blatt in Texas gelesen wird, seine Werbung auch an Leser in Texas gerichtet ist, die Werbung auch von texanischen Anbietern geschaltet wird, Daten von Lesern aus Texas geloggt werden und Waren vom Verlag nach Texas versandt werden.

Das Gericht bestätigt die Interaktivität des Onlineblattes, weil es Anmeldungen und Kommentare von Lesern gestattet. Danach richtet sich der Prüfungsmaßstab. Ohne physische Kontakte mit Texas entscheidet die Zielgerichtetheit der Zeitungsaktivitäten. Keins der behaupteten Merkmale zielt konkret auf Texas ab. Leser in Texas behandelt das Blatt wie alle anderen weltweit. Es nutzt nicht freiwillig das Privileg einer Geschäftstätigkeit in Texas, das es der dortigen Gerichtsbarkeit unterwerfen würde.

Das Gericht folgert, dass die genannten Faktoren keine universale Zuständigkeit überall herbeiführen, wo das Blatt gelesen werden kann.


Donnerstag, den 23. Dez. 2021

Neuer Softwareentwickler bringt Wissen mit

 
.   Der Revisionsentscheid Financial Information Technologies LLC v. iControl Systems USA LLC vom 22. Dezember 2021 betrifft die Nutzung von Softwarekenntnissen, die ein neueingestellter Softwareentwickler bei seinem Arbeitgeber in einem Programm umsetzte, das direkt mit dem profitablen Programm seines vorherigen Arbeitgebers konkurriert und dort zu Umsatzeinbußen führt. Dessen Geschäftsgeheimnisse sind von einer Vertraulichkeitsvereinbarung geschützt.

Der alte Arbeitgeber verklagte den neuen und gewann Schadensersatz, doch kein Vertriebsverbot. Das Bundesberufungsgericht des elften Bezirks der USA in Atlanta bestätigte das Urteil unter Verweis auf das anwendbare Geheimnisschutzrecht von Florida:
A "trade secret" is defined as follows: information, including a formula, pattern, compilation, program, device, method, technique, or process that:
(a) Derives independent economic value, actual or potential, from not being generally known to, and not being readily ascertainable by proper means by, other persons who can obtain economic value from its disclosure or use; and
(b) Is the subject of efforts that are reasonable under the circumstances to maintain its secrecy.
Es erklärt, dass Softwarecode in der Regel ein Geheimnis im Sinne des Gesetzes darstellt. Die Beklagte behauptete, dass das Programm jedem Fachmann erklärlich und nichts geheim ist. Solange nur eins der behaupteten Geheimnisse verletzt wurde, schreibt das Gericht, müsse das ganze Urteil Bestand behalten. Die von ihm analysierte und subsumierte EMailkorrespondenz belege, dass die Beklagte stets den neuen Entwickler einschaltete, wenn bei der Softwareentwicklung Probleme auftauchten, die der alte Arbeitgeber gelöst hatte. Zudem beweise das Bild einer passwortgesicherten Webseite der Klägerin im Besitz der Beklagten, dass das Wissen unbefugt zum neuen Arbeitgeber wechselte.


Dienstag, den 14. Dez. 2021

Geschwärzter Anwalt in Gerichtsakten

 
.   Kurz vor seinem Abgang ließ trump Untersuchungen seiner behaupteten Feinde mit einem Auskunftsbefehl an Google anstellen, die eine Zeitung zu einem Prozess über die Freigabe der Informationen aus Gerichtsakten veranlassten. Gerichtsakten sind öffentlich, und wenn sie als Ausnahme der Presse vorenhalten werden, muss die Zulässigkeit der Offenlegung nach der Pressefreiheitsgarantie der Verfassung und nach Common Law geprüft werden. Dessen Anforderungen stellte das Bundesgericht der Hauptstadtbezirks am 6. Dezember 2021 so dar:

(1) the need for public access to the documents at issue;
(2) the extent of previous public access to the documents;
(3) the fact that someone has objected to disclosure, and the identity of that person;
(4) the strength of any property and privacy interests asserted;
(5) the possibility of prejudice to those opposing disclosure; and
(6) the purposes for which the documents were introduced during the judicial proceedings.
Bei der Freigabe stieß das Gericht auf ein Problem mit der aufzuhebenden Schwärzung eines Anwaltsnamens. Solange dieser nicht durch die Aufhebung in Verruf gerade im Zusammenhang mit merkwürdigen Untersuchungen gerate, bestehe keine besondere Besorgnis. Die Entscheidung ist presserechtlich nützlich, weil sie schließlich im Fall In re Application of the The York Times Co. for Access to Certain Sealed Court Records auch die Pressefreihat nach der Bundesverfassung mit diesen Erwägungen durchprüft:
… courts have traditionally used the "experience and logic" test to determine whether such a right applies. … Under the "experience" prong, a court considers "whether the place and process have historically been open to the press and general public." … Meanwhile, under the "logic" prong, a court asks "whether public access plays a significant positive role in the functioning of the particular process in question."


Samstag, den 11. Dez. 2021

Beweis der Zuständigkeit für Auslandsbeklagte

 
.   Der Revisionsentscheid Good Job Games Bilişim Yazılım ve Pazarlama Anonim Şirketi v. Saygames, LLC vom 10. Dezember 2021 erklärt, warum ein US-Gericht die Zulässigkeit eines Ausforschungsbeweisverfahrens bei Prozessbeginn prüfen muss, wenn eine Auslandsbeklagte aus Belarus keine traditionellen Anknüpfungen an die USA besitzt, doch solche Nexusmerkmale über das Internet aufweisen könnte.

Der türkischen Klägerin fehlen solche Nachweise. Das Gericht ignorierte ihren Antrag auf Durchführung des auf Zuständigkeitsfragen beschränkten Jurisdictional Discovery-Verfahrens und wies die Klage ab. Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco gab ihm hingegen auf, die Klägerin nach weiterer Prüfung Zuständigkeitsmerkmale mit diesen Fragen ausforschen zu lassen:
GJG sought specific information from SayGames, including the downloads of, revenue derived from, and distribution agreements regarding Cannon Shot! in the United States; SayGames' efforts to advertise, market, license, commercialize, or profit from Cannon Shot! in the United States; and SayGames' ability to engage in country-specific distribution of Cannon Shot!, including the ability to choose distribution in the United States.


Freitag, den 10. Dez. 2021

Folge der unbewiesenen Online-Vertragsklausel

 
.   Der Revisionsentscheid Adaeze Duncan v. International Markets Live Inc. vom 10. Dezember 2021 betrifft Online-Vertragsbestimmungen, auf die der Online-Anbieter pocht. Die Klägerin bestätigte, durch Clicks ihre Zustimmung zu diversen Bedingungen erteilt zu haben. Doch gilt das auch für die Schiedsklausel, über die der Anbieter ihren Prozess vom ordentlichen ins Schiedsgericht verweisen lassen will? Er kann den geschlossenen Vertrag nicht vorlegen, sodass das Gericht den Prozess weiterbehandeln will.

Das Bundesberufungsgericht des Achten Bezirks der USA in St. Louis erklärt, dass die Klausel wie ein Vertrag durch Angebot, Annahme und Leistungsaustausch vereinbart sein muss. Hier ist die Klausel unbewiesen, und damit ist auch die Annahme unklar. Das gilt auch, wenn diese Sätze bestätigt wurden: "I have completely read and fully agree to the International Markets Live Inc. Policies and Procedures" und "I have completely read and fully agree to the International Markets Live Inc. Terms and Conditions." Das Untergericht muss den Prozess mit dem Ziel fortsetzen, die umstrittene Klausel und das Zustandekommen eines Vertrags zu ermitteln, bevor es entscheiden kann, ob der Prozess vor ihm oder dem Schiedsgericht fortgeführt wird.

Die Moral von der Geschicht für Verfasser von Online-Verträgen wie Terms and Conditions lautet:
(1) Die Erklärung der Annahme sollte ausdrücklich erfolgen.
(2) Die Bedienung dazugehöriger Zustimmungsschaltflächen sollte protokolliert werden.
(3) Der angenommene Vertrag sollte gespeichert werden, damit er als Beweis verfügbar ist.
(4) Kritische, verfahrensrelevante und möglicherweise überraschende Bedingungen sollten mit einer eigenen Schaltfläche zur nachweisbaren Zustimmung verbunden sein.


Donnerstag, den 09. Dez. 2021

Presseinterview abgebrochen: Haftet die Polizei?

 
.   Ein Polizist unterbrach das Gespräch eines Journalisten mit einem provokanten Demonstranten und wurde deshalb wegen des Eingriffs in die Pressefreiheit verklagt. Zwei Demonstrantengruppen wurden von der Polizei getrennt. Der Polizist sollte den Journalisten schützen und führte ihn zu seiner Sicherheit aus der Gefahrenzone. Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco beurteilte am 9. Dezember 2021 den Fall Saved Magazine v. Spokane Police Department.

Die Frage, ob der Polizist ein eindeutig bekanntes Recht des Journalisten nach dem First Amendment der Bundesverfassung verletzte, ist ausschlagebend. Der Revision ist kein Präzedenzfall bekannt, der dem Polizisten die Wahrnehmung des Gesprächsinhalts verböte, welcher seine Entscheidung beeinflusste. Auch die Stadt hafte nicht, weil der Polizist höchstens im Einzelfall von der ansonsten von der Stadtpolizei gewährten Zusicherung der Pressefreiheit abwich.


Mittwoch, den 08. Dez. 2021

Markenamt sichert sein Onlinesystem

 
Markensymbol R im Kreis
.   In der guten alten Zeit konnte jeder im In- und Ausland mit dem Online-System des Bundesmarkenamts arbeiten. Zuviel Betrug, vor allem aus China, veranlassten das Amt, ausländischen Anwälten die Mitwirkung im elektronischen Rechtsverkehr zu verbieten. Nun folgt ein erweiterter Identifikationszwang für Antragsteller, Rechtsanwälte und Mitarbeiter.

Beim Supreme Court erhält der zugelassene Anwalt seinen Onlinezugang in zwei Minuten. Beim Markenamt wird es umständlicher, doch nicht so kompliziert wie beim deutschen beA, dessen Anforderungen sich aus den Ausland fast nicht erfüllen lassen. Unter dem Titel Identity verification for trademark filers erklärt das Amt die Reichweite des neuen Systems sowie die Einrichtung eines verifizierten Zugangs.

Die notwendige Verordnung hat das Amt bereits verkündet. Am 14. Dezember 2021 erklärt es das System in einem ersten Webinar. Ab dem 8. Januar 2022 kann man sich bei dem privaten Dienstleister ID.me anmelden, und ab dem 9. April 2022 wird das System Pflicht. Staatseigene Verifizierungssysteme wie login.gov sind nicht zugelassen.


Dienstag, den 07. Dez. 2021

Vertragsbruchklage ohne Jury abgeurteilt

 
.   Der Kläger im Revisionsentscheid Eric Goss v. E.S.I. Cases & Accessories, Inc. vom 7. Dezember 2021 monierte als Vertragsverletzung das Vorenthalten einer vereinbarten Abfindung beim Ausscheiden aus dem beklagten Unternehmen, welches als Einrede die Verletzung eines Wettbewerbsverbots rügte. Zahlreiche EMails bewiesen dem Gericht, dass der Kläger seine Aktivitäten für ein ihm und seinem Bruder gehörendes Unternehmen konkurrierend nach dem Eintrtt bei der Beklagten fortsetzte.

Das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City bestätigte zunächst, dass die Beweise, die üblicherweise im Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, des US-Prozesses von beiden Seiten beigesteuert werden müssen, seine konkurrierende Tätigkeit nach der Einstellung bei der Beklagten fortsetzte. Damit verletzte er den Arbeitsvertrag, und dessen Kündigungsklausel verwehrt ihm die Abfindung bei Vertragsbruch.

Das Untergericht entschied, dass die Vorlage der Beweise an die Geschworenen für deren Subsumption nicht erfolge, denn es sei keine Vertragsklausel auslegungsbedürftig. Zudem enthalte der Sachverhalt keine widersprüchlichen oder unklaren Beweislage und erfordere deshalb keine Beweiswürdigung, für die die Jury zuständig wäre. Die Revision stimmte ihm zu:
Ambiguity "is defined in terms of whether a reasonably intelligent person viewing the contract objectively could interpret the language in more than one way." … As Goss was prohibited from engaging in "any outside business," his business activity on behalf of SGA while employed by ESI was sufficient to support his termination for cause.


Donnerstag, den 02. Dez. 2021

COVID: Unversicherter Umsatzverlust

 
.   Eine Sachschadenversicherungspolice, die die laut Klage auch von COVID bedeckte Oberflächen in einem Geschäft decken soll, ist im Revisionsentscheid Bridal Expressions LLC v. Owners Ins. Co. das zentrale Thema. Das klagende Geschäft erlitt wegen der Pandemieeinschränkungen Umsatzeinbußen und verlangt vom Versicherungsträger deren Ersatz, weil COVID-Partikel auch auf Tische, Theken und sonstige Einrichtungen fielen.

Die Klagebehauptungen klingen abstrus, aber der Fall beschäftigt selbst die Revision. Am 30. November 2021 entschied das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinnati mit lesenwerter Begründung, dass kein versicherter Sachschaden als "direct physical loss of or damage to Covered Property" entstand:
Throughout the coverage period, Bridal Expressions retained possession of its property and could put it to use. The company’s inability to use the property in the same way as it did before the pandemic--not unlike the situation faced by restaurants at the time--does not satisfy the policy's language. "A loss of use simply is not the same as a physical loss."
… Bridal Expressions … say that … the virus could alter physical property somehow, noting how biological agents might render products impure and how the virus might spread person-to-person through the air and on surfaces. Bridal Expressions never tied those points to its store. The complaint repeatedly says that the company’s measures were preventative, not reactive, when it comes to the virus entering the premises. The "possibility" of an event does not suffice to state a claim…


Montag, den 29. Nov. 2021

Durchgriff zur Zuständigkeit des US-Gerichts

 
.   Als ein Kunde eine vertragliche Haftungsfreistellung von seiner Lieferantin verlangte, verschmolz deren Muttergesellschaft diese mit einer anderen Tochter. Der Kunde behauptet, die vertragliche Gerichtsstandsklausel für Gerichte in Michigan sei nun auf die Mutter wie die zweite Tochter im Wege des Durchgriffs anwendbar. Das Gericht erstreckt seine Zuständigkeit auf die rechtsnachfolgende Tochter und fasst mit Blick auf die Mutter die für den Durchgriff erforderlichen Merkmale so zusammen:
Michigan courts consider several factors, but none is dispositive, and the list is not exhaustive. They include:
[I]f the parent and subsidiary share principal offices, if they share board members or executives, if all of the parent's revenue comes from the subsidiary's sales, if all capital is provided by the parent, if the subsidiary purchases supplies exclusively from the parent, if the subsidiary is seriously under-capitalized, if the parent regularly provided gratuitous services to the subsidiary, if the parent handled the subsidiary's payroll, if the parent directed the policies and decisions of the subsidiary, and if the parent considered the subsidiary's project to be its own.
Dominanz der Mutter über die Tochter lägen wie die strategische Kontrolle vor, behauptete die Kundin. Zudem seien die Steuererklärungen im Konzern konsolidiert und Büros würden geteilt, sodass die Mutter die Finanzrisiken der Töchter trüge. Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinnati entschied in H&H Wholesale Services Inc. v. Kamstra International BV am 24. November 2021 hingegen gegen die Ausübung seiner Gerichtsbarkeit, weil andere Durchgriffsfaktoren nicht nur behauptet, sondern auch als entscheidend bewiesen bewiesen sind:
… B&S showed that the remaining factors under Michigan law were unsatisfied, and H&H either failed to controvert these facts or merely responded with allegations in its complaint. For instance: B&S's affidavit said that Kamstra bought its own supplies, kept separate financial records, paid its share of taxes, had separate inventory and assets, was not wholly capitalized by B&S, generated its own revenue, and managed its own payroll. Likewise, B&S attached the stock-purchase agreement between Kamstra and Kafa, which showed that Kamstra sold its assets to Kafa for "book value" and that Kafa agreed to return any profits to Kamstra. Public corporate records at the time also showed that Kamstra had substantial assets during 2017 and into 2019, indicating that Kamstra was not left "underfunded" and that B&S did not liquidate Kamstra for "little or no consideration" as H&H alleged.


Dienstag, den 23. Nov. 2021

Neue Gefahren für eingetragene US-Marken

 
Markensymbol R im Kreis
.   Das Bundesmarkenamt setzt ab Dezember den Trademark Modernization Act, dessen ideologisches Ziel der rasante Anstieg betrügerischer Markenanträge aus China ist und der den Markenanmeldeprozess zeitlich strafft und mit Erschwerungen für alle Antragsteller und Markeninhaber aufwartet, um.

Die Verordnung mit dem Titel Changes To Implement Provisions of the Trademark Modernization Act of 2020, des Trademark Office vom 17. November 2021 setzt gesetzliche Vorgaben mit Wirkung vom 18. Dezember 2021 um. Die vorgeschriebene Verkürzung der Erwiderungsfrist auf Office Actions um drei Monate tritt erst ein Jahr später in Kraft.

Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt auf neuen Verfahrensregeln für die Löschung im Handel unbenutzter Marken. Sie gelten für in- und ausländische Markeninhaber. Wer drei Jahre lang seine Marke im ersten Zehnjahreszeitraum nach der Eintragung nicht nutzt, kann seine Marke ohne eigene Beteiiigung am Verfahren verlieren. Außerdem dürfen Dritte im Antragsverfahren gegen Anträge vorgehen, und das Markenamt darf die fehlerhafte Anmeldung von Rechtsanwälten ignorieren.


Mittwoch, den 17. Nov. 2021

EMailanschrift verrät treulose Vertragsausrede

 
.   Eine schadensersatzauslösende Treuepflichtverletzung im Vertragsverhältnis konnte die Klägerin im am 16. November entschiedenen Fall Plesha v. Bestline International Research Inc. mit einer EMailanschrift der Beklagten beweisen. Die Beklagte hatte behauptet, der anspruchsbegründende Vertrag zwischen den Parteien würde die Beklagte falsch bezeichnen und sei nicht von ihrem Aufsichtsrat genehmigt worden.

Die Vertragsverletzung durch Nichtzahlung vereinbarter Beraterhonorare hatte das Bundesgericht des Hauptstadtbezirks in Washington, DC bereits bejaht, als es sich dem Schadensersatzanspruch aus dem Implied Covenant of Good Faith and Fair Dealing zuwandte. Es stellte zunächst fest, dass die Parteienkorrespondenz widersprüchliche Aussagen über die Vertragswirksamkeit und -erfüllung enthielt.

Erst wollte sich die Beklagte für die mangelnde Erfüllung entschuldigen, dann den Vertrag auflösen und schließlich floh sie in die obigen Ausreden. Das darf ihr nicht gelingen, erklärt das Gericht, denn die behauptete falsche Firmierung finde sich in der EMailanschrift der Beklagtenkorrespondenz. Auf diese durfte die Klägerin vertrauen. Selbst wenn die Firmierung handelsregisterlich anders lautet, ist eine abweichende Firmierung bei der Verwendung im Verkehr als doing business as - oder d/b/a - anerkannt und bindend.

Pro-Tipp: d/b/a auch im Handelsregister anmelden, damit es keinen Ärger gibt.


Freitag, den 12. Nov. 2021

Kläger bevorzugen einzelstaatliche Gerichte

 
.   Oft haben Kläger in den USA die Wahl zwischen einzelstaatlichen Gerichten, die mit gegen Fremde voreingenommen Geschworenen besetzt sind, und Bundesgerichten der ersten Instanz, in denen die Richter die Geschworenen mehr auf Objektivität und Neutralität einschwören. Der Mindeststreitwert für die Bundesgerichte beträgt $75000. Der Revisionsentscheid Jefferson v. Mike Bloomberg 2020 Inc. vom 12. November 2021 erklärt, wie der Betrag bemessen wird, wenn die Klage auf $42000 plus diversen unbezifferten Schadensersatzposten lautet.

Die Beklagte ließ den Prozess vom texanischen Gericht ans Bundesgericht mit dem Nachweis verweisen, dass der Streitwert von der Klägerin in außergerichtlicher Korrespondenz mit mehr als $75000 beziffert wurde, davon bereits $10000 an Anwaltshonorar sowie mindestens $23000 an unsubstantiierten Schadensersatzforderungen für "lost wages, lost earning capacity, mental anguish, emotional pain and suffering, lost employment benefits, inconvenience, loss of enjoyment of life, damage to professional reputation, and other damages".

Das Bundesberufungsgericht des Fünften Bezirks der USA in New Orleans bestätigte das Untergericht in der Feststellung, dass allein die unbezifferten Ansprüche aus vorgelegten, vergleichbaren Verfahren den Wert über die gesetzliche Schwelle treiben. Die Klägerin hätte das texanische Gericht zur Feststellung eines Maximalwertes von $75000 veranlassen oder die Nachweise über den höheren Wert anfechten können. Beides unterließ sie, sodass das Gericht der Einschätzung der Beklagten folgen durfte.


Donnerstag, den 11. Nov. 2021

Die Praktikantin und das NDA

 
.   Aus der Praxis Gedanken für die externe Praktikantin zum ersten NDA:
Wenn Sie Anwältin sind, werden Sie merken, dass ein NDA nicht nur eine formale Routine ist. Stellen Sie sich vor, dass Sie ein Werk vertreten, das Teile für Satelliten herstellt, Diese Teile und das Herstellerwissen unterliegen der Ausfuhrkontrolle, weil der Staat nicht will, dass andere Länder diese Teile oder Kenntnis der angewandten Technik erhalten. Versicherungsunternehmen in einem anderen Kontinent, die die Satelliten versichern, möchten wissen, was hinter der Technik steckt, um Risiken abschätzen zu können. Flugzeugfirmen in anderen Ländern, die weitere Teile für Satelliten bauen, möchten die Technik anwenden. Industrieverbände erwägen, die Technik in Normen einzubinden. Neben Lizenzen und Lieferverträgen gilt es dann, NDAs zu verhandeln, die allen Anforderungen gerecht werden. Die Verhandlungen können sich über Monate hinziehen, erfordern vielleicht behördliche Genehmigungen und können für die Beteiligten eine teure Angelegenheit werden. Und was geschieht, wenn Klagen folgen, wozu Informationen als Beweismittel ins Ausland geschafft werden sollen? Wie behandeln die Ausfuhrkontrollen und NDAs diese Entwicklung? Sie beginnen im Praktikum mit einfachen NDAs, und irgendwann wird es richtig spannend.


Montag, den 08. Nov. 2021

Europäischer Kartellverstoß im US-Gericht

 
.   US-Gerichte prüfen nicht jeden Gesetzesverstoß und Sachverhalt, der seinen Anlass im Ausland findet. Der Revisionsentscheid Prevent USA Corp. v. Volkswagen AG vom 8. November 2021 betrifft deutsche und holländische Unternehmen mit Töchtern in den USA. Die Beklagte nahm vom Handel mit den Klägern Abstand, weil sie ihre Bedingungen nicht annehmen wollte, während die Kläger behaupten, die Beklagte nutze kartellrechtswidrig ihre starke Marktstellung aus.

Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinnati bestätigte die untergerichtliche Abweisung, weil der Sachverhalt Europa betrifft und dort zu klären ist. Der anwendbare Grundsatz Forum non conveniens erlaubt dem Gericht eine Ermessungsausübung zur Abweisung, selbst wenn formal eine Zuständigkeit des US-Gerichts besteht. Hier besteht sie, weil die Töchter in den USA sitzen und die Zustellung wirksam erfolgte.

Zeugen, Beweismittel und Sachverhalt verweisen nach Deutschland, wohin das Gericht die Parteien verweist. Dass das deutsche Recht nicht denselben Schadensersatz wie der amerikanische Sherman Act erlaubt, bewirke keine Ungerechtigkeit. Selbst der Umstand, dass die amerikanische Tochter nicht in Deutschland verklagt werden kann, schade nicht, weil das Gericht mit Gutachten feststellen konnte, dass auch deutsches Recht eine Mithaftung für den joint Tortfeasor kennt.


Freitag, den 05. Nov. 2021

Escheat: Beschwer des Mittelalters im 21. Jhd.

 
Escheat Grundsatz
.   Feudalherren gaben Land an ihre Truppen und Verwalter; sie behielten einen Anspruch auf Rückübertragung. An sie verfallen auch Geld sowie bewegliche Sachen, deren Eigner unauffindbar sind. Diesen Anspruch behalten als ihre Rechtsnachfolger auch die amerikanischen Kolonien, Staaten und der District of Columbia nach dem Escheat-Grundsatz.

Für Unternehmen bedeutet er eine besondere Bürde. Viele sind damit nicht vertraut, ihre Buchhaltung hat Herrenloses nicht im Griff, und sie erschrecken zu Recht, wenn sie eine Aufforderung zur Dokumentation, Schätzung oder pauschalen Abführung an den Staat erhalten.

Das mittelaterliche Escheat-System ist komplex, und selten finanziell so bedeutsam, dass sich ein Prozess lohnt, doch die Beklagte im Revisionsentscheid Siemens USA Holdings Inc v. Richard Geisenberger wagte ihn gegen den Staat Delaware und errang am 4. November 2021 vor dem Bundesberufungsgericht des Dritten Bezirks einen Teilerfolg. Das Gericht erklärt das Escheat-System gründlich und sehr lesenwert. Das Ergebnis ist sehr faktenabhängig und erfordert weitere Prüfung im Untergericht. Immerhin darf der Staat nicht zu viel pauschalisieren und Bedenken wegwischen.


Mittwoch, den 27. Okt. 2021

30 Jahre German American Law Journal

 
Nullnummer GALJ
.   Das GALJ begann auf Papier im Eigenverlag und Hein-Verlag, dehnte sich auf Disketten aus, fand sich im Internet vor dessen Öffnung für jedermann auf einem Gopher-Server, danach auf einem Webserver, und bietet sich seit 2003 auf einem Blogserver an. Anfangs war es ein Gruppenwerk von Anwälten in Washington mit Interesse am deutsch-amerikanischen Austausch über alle rechtlichen Themen. Dann wandelte sich der Inhalt hauptsächlich zu Erörterungen aktueller Entscheidungen und Gesetze von Anwälten, Referendaren und Praktikanten.


Dienstag, den 26. Okt. 2021

Onlinewerbung weicht von amtlicher Etikette ab

 
.   Der Revisionsentscheid Cohen v. Conagra Brands Inc. vom 26. Oktober 2021 behandelt das Haftungsrisiko, dem sich ein Hersteller aussetzt, der nach einer amtlichen Produktprüfung eine Etikette mit Produktkennzeichnungen erhält, und dann in der Online-Werbung mehr als die Etikette über das Produkt erklärt. Die Kläger behaupteten, dass eine organisch wirkende Produktwerbung falsch oder irreführend sei.

Sie verlieren mit der Behauptung, dass das Verbraucherschutzrecht ihres Staates dem Bundesrecht vorgehe. Der Ansatz stimmt oft, aber nicht immer, und das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco erklärt, dass das für diese Produkte geltende Bundesgesetz dem Staatsrecht vorgehe. Soweit die Etikette auf einer amtlichen Prüfung beruhe, was im Untergericht noch genauer zu klären sei, sei seine Aussage unanfechtbar.

Derselbe Grundsatz sei auch auf die Onlinewerbung der beklagten Herstellerin anwendbar, soweit die Werbung die Aussagen der Etikette wiederhole. Da die Produktdarstellung im Internet jedoch weiter gehe als die Etikette, gelte kein Vorrang des Bundesrechts und damit keine Preemption, sondern die behaupteten Verletzungshandlungen seien im Untergericht vollständig nach dem einzelstaatlichen Verbraucherschutzrecht durchzuprüfen.


Donnerstag, den 21. Okt. 2021

Die Böswilligkeit einer Verleumdung

 
.   Im Revisionsentscheid Peter Brimelow v. The New York Times Co. vom 21. Oktober 2021 erklärt das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City das Merkmal der Böswilligkeit, welches zu den Tatbestandsmerkmalen der Verleumdung zählen kann. Es ist erforderlich, wenn das Opfer eine Person des öffentlichen Interesses, public Figure, ist.

Der Kläger ging wegen fünf Zeitungsberichten gegen die beklagte Zeitung vor, die seine Webseite als von Hass animierte Publikation bezeichnete. Das Gericht stellt fest, dass er weithin als Buchautor und Journalist bekannt ist und damit eine public Figure darstellt. Somit ist actual Malice, Böswilligkeit seitens der Zeitung, als Tatbestandsmerkmal erforderlich.

Der Kläger muss dieses Merkmal beweisen können, und der Anspruch an diesen Beweis ist hoch, denn die Pressefreiheit ist ein geschütztes Grundrecht. Der Beweis erfordert, dass die Beklagte wissentlich oder grob fahrlässig Zweifel an der Richtigkeit der Berichterstattung hatte und diese Zweifel durch Handlungen und Äußerungen der Zeitung deutlich werden. Es reicht nicht aus zu beweisen, dass eine vernünftige Person ihren Bericht anders oder gar nicht veröffentlicht hätte.

In diesem Fall konnte der Kläger den Beweis der subjektiven Böswilligkeit bei einer Falschberichterstattung nicht erbringen, sondern allenfalls eine fahrlässig unrichtige oder schludrige Berichterstattung schlüssig behaupten. Letztere würde die Tatbestandsmerkmale der behaupteten Defamation nicht erfüllen, sodass die Klage schon im Frühstadium des Prozesses abzuweisen war.


Samstag, den 09. Okt. 2021

Neuer Schutz für Verlage in Aussicht?

 
.   Viele Zeitungsverlage genossen lange lokale Monopole, bis das Internet dominanten Verlagen das ganze Land digital eröffnete. In der Folge starben allerorten Zeitungen, während sich die überlebenden gegen Suchmaschinen und Aggregatoren verteidigen müssen. Verdient die traditionelle Presse mehr Schutz, fragt das Copyright Office in seiner Publishers' Protections Study, die am 12. Oktober 2021 im Federal Register veröffentlicht wird.

Das Amt erklärt die aktuelle Rechtslage, die beispielsweise keine Titel, Überschriften und Kurzausschnitte urheberrechtlich schützt. Der Schutz wird teilweise durch den Fair Use-Grundsatz wirtschaftlich ausgehöhlt, so von Aggregatoren und Suchmaschinen bei Zeitungsberichten, doch nicht bei Fernsehprogrammen. Der Schutz des Hot News-Grundsatzes war wirtschaftlich bedeutsam, doch ist er nach Änderungen des Urheberrechts von zweifelhafter Durchsetzbarkeit, stellt das Amt fest.

Die Studie geht auch auf benachbarte Rechte des Copyright ein, beispielsweise das Wettbewerbsrecht mit seiner australischen Ausgestaltung der Zwangslizenz und den amerikanischen Gesetzesentwurf des Journalism Competition and Preservation Act of 2021. Dann wendet sich das Amt einem langen Fragenkatalog zu, den es an die interessierte Öffentlichkeit mit der Bitte um detaillierte Antworten, Erfahrungsberichte und rechtlichen Kommentierungen richtet.


Donnerstag, den 30. Sept. 2021

Filmautor angestellt oder freiberuflich?

 
Copyright Symbol
.   Der Revisionsentscheid Horror Inc. v. Victor Miller vom 30. September 2021 betrifft die Einordnung eines Filmbuchverfassers als angestellt oder freiberuflich und die daraus resultierende vorhandene oder fehlende Berechtigung zur Kündigung einer Urheberrechtszession des Werkes an den Filmproduzenten. Nach §203 des Copyright Act darf die Abtretung vom ursprünglichen Urheberrechtsinhaber gekündigt werden.

Entscheidend ist, ob der Verfasser oder der Produzent, der ihn beauftragte, Inhaber des Urheberrechts war. Mit der Schöpfung des Werkes gehören beim Angestellten alle Rechte kraft Gesetzes nach dem Work Made for Hire-Grundsatz dem Arbeitgeber. Ohne einen Work Made for Hire-Vertrag verbleiben hingegen alle Rechte beim Freiberufler, Independent Contractor, der sie nach Belieben verwerten oder abtreten darf.

Der Produzent behauptete, dass die Mitgliedschaft des Verfassers in der Filmschaffendengewerkschaft und die Eigenbindung des Produzenten an deren Tarifvertrag die Angestellteneigenschaft bestätige. Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City sah darin hingegen lediglich ein Indiz, während alle sonstigen maßgeblichen Faktoren für eine freiberufliche Tätigkeit sprechen. Deshalb ist seine Kündigung nach §230 wirksam.


Dienstag, den 28. Sept. 2021

Haften Foren für Terrormord?

 
.   Der Revisionsentscheid Angel Colon v. Twitter Inc. klärt nach einem Massenmord durch einen von Terroristen inspirierten Täter ob die Tat Internetforen anzulasten ist. Die Hinterbliebenen verklagten Internetforen, auf denen sich nach den Klagebehauptungen Terroristen tummeln, denen sich der Mörder anschloss. Die Foren sollten haften, weil sie die Terrorkorrespondenz nicht unterbanden.

Das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA in Atlanta schloss sich am 27. September 2021 dem Untergericht in dessen Abweisung wegen mangelnder Schlüssigkeit an. Zwar hatte sich der Mörder als Soldat bezeichnet, und eine international aktive Terrorgruppe reklamierte die Tat als ihren Erfolg. Das Antiterrorgesetz Anti-Terrorism Act in 18 USC §2333(a) & (d)(2) schließe in seiner Definition des internationalen Terrorismus nicht die Handlungen und Unterlassungen der Internetforen ein.


Donnerstag, den 23. Sept. 2021

USA-Landesbericht für KuR

 
.   Der nächste Landesbericht USA für die Fachzeitschrift Kommunikation & Recht ist eingereicht. Die Themen reichen von neuen Entscheidungen des Supreme Court der USA in Washinngton, DC, zu Entwicklungen im Presserecht, Online-Account-Sperrrecht, Fotorecht und Verleumdungsrecht sowie der Haftung von Onlineforen für Veröffentlichungen ihrer Kunden.

Gliederung mit Themen


Dienstag, den 24. Aug. 2021

Verbotsverfügung ins Ausland: Aufhebung

 
.   Nach einer einstweiligen Verfügung wegen eines behaupteten Geheimnisschutzverstoßes erließ ein Gericht in Texas unter Beteiligung der Parteien eine einstweilige Verbotsverfügung, in die es auch eine per EMail geladene Partei im Ausland einbezog. Dies löste am 23. August 2021 den Revisionsentscheid im Fall Document Operations LLC v. AOS Legal Technologies Inc. zugunsten der Auslandspartei aus. Grundsätzlich ist die Vollstreckbarkeit solcher Verbote fragwürdig, und undurchsetzbare Entscheidungen darf ein Gericht nicht erlassen.

Darum ging es hier jedoch nicht. Das Bundesberufungsgericht des Fünften Bezirks der USA in New Orleans rügte mehrere Umstände, die von Präzedenzfällen abweisen: Die EMailzustellen wurde drei Tage vor dem Termin versandt. Der Termin hatte ein anderes Thema, nämlich das Ausforschungsbeweisverfahren, als die Einbeziehung der Auslandspartei. Das Gericht durfte Zustellungsbedenken nach internationalem Recht nicht als Verzicht werten. Die Revision schrieb:
AOS Japan did not participate whatsoever in the June 18 TRO hearing because of service of process concerns. The district court was aware of this reason for absence. Consequently, any interpretation of AOS Japan's silence as a factual concession on the injunction issue was unreasonable. On the date of this hearing, AOS Japan expected at most a 14-day TRO to issue without prejudice to the future opportunity to contest a potential preliminary injunction. Instead, AOS Japan received notice of an indefinite injunction via the district court’s order the following day. This action violated Rule 65(a)(1)'s notice requirement and mandates the preliminary injunction be VACATED and REMANDED.


Dienstag, den 17. Aug. 2021

Kabelsender mit Putin-bezahltem Reporter

 
.   Ein von trump gepriesener Kabelsender verklagte eine konkurrierende Journalistin, die einen Pressebericht aufgriff, nach dem ein Mitarbeiter des Senders auch freiberuflich für einen Putin-finanzierten russischen Propagandasender tätig ist. Die Journalistin folgerte, dass Putin den neuesten trump-rechten TV-Kanal in den USA finanziere, und diese Folgerung griff der Sender mit einer Verleumdungsklage im Fall Herring Networks Inc. v. Rachel Maddow als unwahr und herabwürdigend an.

Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco urteilte am 17. August 2021 über die untergerichtliche Abweisung im Frühstadium des Prozesses nach dem SLAPP-Gesetz. SLAPP erlaubt eine Verfahrensverkürzung, wenn die Presse- und Meinungsfreiheit durch eine Klage gefährdet werden, die offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Journalistin bestritt, dass der Unterschied zwischen den Tatsachen und ihrer Folgerung unwesentlich sei, und das Gericht stimmte ihr mit lesenswerter Begründung zu.
Disclaimer: Der Verfasser hatte für den Drittsender u.a. eine Markeneintragung verfolgt.


Samstag, den 14. Aug. 2021

Vermutung des freien Pressezugangs

 
.   Ein Presseverband fordert den Zugang zu Überwachungsaufnahmen aus dem Kapitol, das am 5. Januar 2021 von gewalttätigen trump-Horden überrannt wurde. Das Gericht lud die USA zur Stellungnahme ein, die sich gegen die Freigabeanträge nach der Pressefreiheitsgarantie und dem Common Law richtet. Die Verfassung stattet die Presse mit einer Vermutung des freien Zugangs zu staatlichen Daten aus, die nur in engen Grenzen verweigert werden dürfen.

Am 13. August 2021 entschied das Bundesgericht der Hauptstadt im Fall In re Application to Access to Certain Sealed Video Exhibits gegen die Freigabe von zwei Videos. Der Staat hatte die Freigabe von zehn Videos befürwortet, weil sie zum Teil in anderen Verfahren, beispielsweise Strafprozessen gegen die Aufrührer trumps, veröffentlicht wurden. Das Gericht bestimmte, dass die Vermutung deshalb greifen darf. Die nichtveröffentlichten Videos sind jedoch von nationalem Sicherheitsinteresse: Ihre Veröffentlichung würde Angreifer in die Lage versetzten, das Kapitol wieder anzugreifen. Es wandte sich dann dem Common-Law-Zugangsrecht mit folgenden Merkmalen zu:
(1) the need for public access to the documents at issue; (2) the extent of previous public access to the documents; (3) the fact that someone has objected to disclosure, and the identity of that person; (4) the strength of any property and privacy interests asserted; (5) the possibility of prejudice to those opposing disclosure; and (6) the purposes for which the documents were introduced during the judicial proceedings.
Hier sei der Bedarf nicht groß, weil bereits Unmengen veröffentlicht sind. Auch ohne Strafprozesse sei der Zugang zu den Videos aus Sicherheitsgründen eingeschränkt, sodass kein ungewöhnliches Vorenthalten vorliege. Der Staat habe haltbare Einwände behauptet. Das öffentliche Interesse an der Nichtvorwegnahme von Prozessbeweisen wiege schwer. Die Kapitolpolizei müsse kritische Sicherheitsinformationen der Öffentlichkeit vorenthalten dürfen, wenn die Gefahr von Angriffen bestehe. Nur der letzte Faktor spreche für die Freigabe, weil die Videos bereits vertraulich in Haftprüfungsterminen gezeigt wurden. Insgesamt sei die Abwägung mit fünf gegen einen Faktor vorzunehmen, bei der dem sechsten Faktor kein überwiegendes Gewicht zukomme.


Donnerstag, den 12. Aug. 2021

Silberlösungsverkauf als Religionsfreiheit

 
.   Im Revisionsentscheid Morningside Church, Inc. v. Leslie Rutledge vom 12. August 2021 verliert ein Fernsehpastor, der gegen COVID seine Silberlösung als Patentrezept anpreist und vertreibt, seine Klage gegen Justizministerien und Staatsanwälte aus mehreren Staaten, die ihre Bürger vor Irreführungen schützen und Untersuchungen ankündigten. Der Prediger klagte an seinem Wohnsitz und behauptete, die Beklagten unterlägen der örtlichen Gerichtsbarkeit, weil ihre Schreiben samt Auskunftsersuchen im dortigen Bezirk eintrafen.

Materiell behauptete der Quacksalber, die Religionsgarantie der Bundesverfassung schütze den Verkauf der Silberlösung, weil sie seine religiösen Ansichten konkretisiere. Er verliert, weil nach der lehrreichen Entscheidungsbegründung die Kontakte der Beklagten mit dem Gerichtsbezirk zu gering sind und nicht den Verfassungsanforderungen an die Rechtsstaatlichkeit genügen. Über das Recht der Ämter, gesundheitsschädigende Lügen zu verfolgen, musste sich das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis deshalb keine Gedanken machen.


Mittwoch, den 11. Aug. 2021

Rüge der Nacht-und-Nebel-Aktion diffamiert

 
.   Der klagende Abgeordnete soll in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Informationen aus dem Weißen Haus beschafft haben, um den Vorwurf trumps, Obama hätte sein Hochhaus und seine Wahlkampagne abgehört, zu bestätigen, schrieb die beklagte Zeitung. Sie korrigierte den Bericht, als der Abgeordnete den Vorwurf des Gebäudeabhörens und der Nachtaktion bestritt, zur selben Zeit, als dieser die Zeitung wegen Diffamierung verklagte.

Am 11. August 2021 entschied das Bundesgericht der Hauptstadt Washington, dass die Vorwürfe in der Klage schlüssig behauptet sind, sodass das Verfahren fortgesetzt werden darf. Die Entscheidungsbegründung erklärt im Fall Nunes v. WP Company LLC. auf 18 Seiten, dass die Klage die Tatbestandsmerkmale der Verleumdung enthält. Sie legt lehrreich dar, warum die Einreden der Zeitung nicht erfolgreich sein können. Die Unwesentlichkeit der Abweichungen von der Wahrheit sie nicht bewiesen, und Geschworene könnten bei der späteren Subsumtion entscheiden, dass die unterschiedlichen Darstellungen wesentlich seien und damit eine Verleumdung vorliege. Dasselbe gelte für das Rufschädigungserfordernis der Verleumdung. Diese richtet sich nach dem Recht von Washington, DC, mit folgender Definition:
(1) that the defendant made a false and defamatory statement concerning the plaintiff; (2) that the defendant published the statement without privilege to a third party; (3) that the defendant’s fault in publishing the statement amounted to at least negligence; and (4) either that the statement was actionable as a matter of law irrespective of special harm or that its publication caused the plaintiff special harm.


Mittwoch, den 28. Juli 2021

Hassgruppe ist diffamiert und verliert Spenden

 
.   Der beklagte Internetladen bietet Kunden eine Spendenmöglichkeit an, von denen unter anderen Empfänger ausgeschlossen sind, die Hass streuen. Der Laden verlässt sich bei der Einordnung auf die Hasskarte der mitbeklagten Bürgerrechtsgruppe, die die Kläger wegen ihrer Homosexualitätsfeindschaft als Hassgruppe einstuft. Der Revisonsentscheid Coran Ridge Ministries Media Inc. v. Amazon.com Inc. vom 28. Juli 2021 beurteilt die behauptete Religionsdiskriminierung und diffamierende Einordnung.

In Atlanta entschied das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA gegen die Klägerin. Die verfassungsgarantierte Meinungsfreiheit der Bürgerrechtsgruppe hebelt die Verleumdungsbehauptung aus. Die Bedeutung des Wortes Hass schillert in zahlreichen Facetten und lässt sich nicht als unwahr einordnen, wie es das anwendbare Diffamierungsrecht von Alabama verlangt. Zudem sind weder Merkmale der absichtlichen Schädigung noch der groben Fahrlässigkeit erkennbar.

Die Revision folgt dem Untergericht auch in der Beurteilung des behaupteten rechtswidrigen Eingriffs in die Religionsfreiheit, nachdem es ein Spannungsverhältnis zwischen diesem Grundrecht und der Meinungsfreiheit bestätigt. Selbst wenn man annähme, der Internetladen sei ein gesetzlich geschützter öffentlicher Raum, bliebe ein unzulässiger Eingriff in die Meinungsfreiheit insofern, als der Laden samt Kunden von der Klägerin zu Spenden an sie verpflichtet werden könnte. Das erlaubt die Verfassung nicht. Spenden fallen ohne Frage unter die Definition des geschützten Äußerungsrechts, erklärt es. Die Meinung besteht darin, dass der Laden bestimmte Empfänger bevorzugt und andere ausschließt.


Freitag, den 23. Juli 2021

Enteignet die Hinterlegungspflicht Verlage?

 
Copyright Symbol
.   Die Hinterlegungspflicht von Verlagen verlangt die Gratisübermittlung von zwei Exemplaren bester Qualität jeden Werks beim Copyright Office, um eine urheberrechtliche Eintragung zu erlangen. Das Urteil vom 23. Juli 2021 im Fall Valancourt Books LLC v. Perlmutter erklärt ausführlich die Rechtsgrundlagen der Hinterlegungspflicht nach der Bundesverfassung, dem Copyright Act und den amtlichen Richtlinien. Das Amt ist der Ansicht, dass diese Pflicht auch ausländische Verlage trifft, aber der Verfasser ist wegen seiner siegreichen Beteiligung an einem Fall gegen das Amt über diese Frage unter staatsvertraglichen Aspekten voreingenommen.

Vor dem Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks argumentierte der klagende Verlag aus Virginia, der Bücher auf Bestellung druckt, die Pflicht stelle eine verfassungswidrige Enteignung dar. Nach der Klageinreichung gewährte ihm das Amt eine Sonderlösung, indem der Verlag nur Digitalkopien einreichen müsste. Das Gericht stellt fest, dass damit der Rechtsstreit nicht erledigt ist, denn die Erstellung von Digitalexemplaren stelle eine zusätzliche Belastung des Verlags darf, der erst seine älteren Bücher suchen und scannen müsste.

Daher ist die Entscheidung der Verfassungsfrage weiterhin geboten. Das Gericht sieht in der Hinterlegungspflicht keine Enteignung, sondern einen Austausch von Werken für die Gewährung der urheberrechtlichen Eintragung nach dem Copyright Act, welche ihrerseits eine Voraussetzung für die Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche vor Gericht darstellt.

Soweit der Verlag darauf abstellt, dass die Enteignung jedenfalls dann vorliege, wenn das Amt die Hinterlegung mit Strafen durchsetzt, wenn ein Werk veröffentlicht wird, und damit kein freiwilliger Austausch wie bei der beantragten Eintragung des Urheberrechts vorliegt, weist das Gericht den Einwand zurück. Da die Eintragung nicht das Urheberrecht schafft, sondern dies nach dem Gesetz mit der Werkentstehung geschieht, verschaffe sich der Urheberrechtsinhaber freiwillig den Vorteil, den das Gesetz ihm biete. Die behauptete erzwungene Enteignung ohne staatliche Gegenleistung oder Entschädigung liege also auch in diesem Fall nicht vor.

Schließlich schlage auch das Argument fehl, die Pflicht schränke verfassungswidrig die Presse- und Meinungsfreiheit ein, weil die Pflicht inhaltsneutral sei und nicht unverhältnismäßig in die Rechte des Verlags eingreife. Dabei sei der staatlich gewährte Vorteil des Urheberrechtsschutzes zu berücksichtigen.


Donnerstag, den 22. Juli 2021

Welches Vertragsrecht ist anwendbar?

 
.   Das Bundesgericht in Bismarck muss bei nichtbundesrechtlich begründeten Ansprüchen das Recht des Staates, in dem es sitzt, einschließlich des dortigen Binnen-IPR anwenden, bestätigte in Northern Bottling Co. Inc. v. PepsiCo Inc. die Revision am 22. Juli 2021. Der Vertrag zwischen den Parteien gewährt nach dem Recht des Staates New York eine territoriale Vertriebsexklusivität, um die der Streit geht. Das IPR von North Dakota respektiert die vertragliche Rechtswahl.

Aber welches Recht gilt, wenn der Vertrag nur das Recht von New York bestimmt? Ist es das Vertragsrecht des Common Law? Oder das für gewerbliche Verhältnisse konzipierte Vertragsrecht des Modellgesetzes Uniform Commercial Code, den der Staat New York adoptierte und adaptierte und welches günstiger für die Klägerin wirkt?

Vor dem Bundesberufungsgericht des achten Bezirks der USA in St. Louis siegte die Beklagte. Die Klägerin hatte nicht nur auf das ungünstigere Common Law plädiert, sondern auch einen vergleichbaren, ungünstigen Präzedenzfall zitiert, der nach ihrer Auffassung das Ergebnis nach UCC und Common Law gleichsetzen sollte. Sie darf nicht in der Revision umschwenken. Nach dem Common Law von New York besteht keine Schutzpflicht der Beklagten für Verletzungen der Gebietsexklusivität durch Dritte, erklärt das Gericht schließlich.


Mittwoch, den 21. Juli 2021

Bösgläubiger Ausschluss aus Videoplattform

 
.   Die Einschränkung der Nutzung von Social Media-Konten nimmt vor Gerichten wie in der Politik neue Formen an. trump argumentierte, die Plattformen hätten zuviel Macht; ihnen müssten die Flügel gestutzt werden, weil sie seine Geistesblitze neutralisierten. Dem Kongress liegen Gesetzesvorlagen vor, diese Auffassung durch eine Änderung von §230 Communications Decency Act zu validieren. Die Gerichte vertreten hingegen die Auffassung, dass das Gesetz gilt und die Haftungsimmunität der Foren wirksam einschränkt.

Dagegen wandte sich der Revisionsantrag, der in die Entscheidung vom 21. Juli 2021 im Fall James Domen v. Vimeo, Inc. mündete. Freedom of Speech als Meinungsfreiheit sei nach dem Ersten Verfassungszusatz eine Garantie des Staats gegenüber dem Bürger, bestätigt die Rechtsprechung seit Ewigkeiten. Die Kläger wandten sich deshalb an die Nutzungsbedingungen mit der Behauptung, das beklagte Filmforum habe bösgläubig und diskriminierend ihr Konto geschlossen statt korrigierend die vom Forum kritisierten Filme der Kläger zu löschen.

Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City kommentierte die politische Entwicklung. Es schlug sich jedoch auf die Seite des geltenden Rechts. Die Nutzungsbedingungen des Forums verböten wirksam Bekehrungsvideos über Geschlechterrollen, die die Kläger vertragsverletzend eingestellt hatten. Welche Rechtsfolge, Ausschluss oder Löschung, das Forum wählt, falle in sein Ermessen. Eine Diskriminierung im Sinne von Bundes-Antidiskriminierungsgesetzen, dem New York Sexual Orientation Non-Discrimination Act oder dem California Unruh Act liege nicht vor.


Donnerstag, den 15. Juli 2021

Nicht so schnell, Markenzocker!

 
Markensymbol R im Kreis
.   Wer eine Marke in Zukunft nutzen will und auf der Intent to Use-Rechtsgrundlage des Lanham Act anmeldet, erhält nach der Prüfung des Bundesmarkenamts eine Genehmigung, der vom Anmelder der Nachweis der Verwendung im Verkehr zwischen den US-Staaten oder mit dem Ausland folgen muss. Im Revisionsentscheid Social Technologies LLC v. Apple Inc. erregte der Anmelder Aufsehen mit der Art und Weise, wie er diese Verwendung mit einer noch nicht entwickelten Software anfeuerte.

Als er erfuhr, dass Apple dasselbe Wort als Marke angemeldet hatte, beeilte er sich, den Nachweis durch das Inverkehrbringen von Software zu erbringen, indem er seinem Entwickler versprach, er würde Apple verklagen können, sobald die Software veröffentlicht werde. Dann würde die Kasse klingeln, und er solle sich schon einmal einen Lamborghini-Sportwagen aussuchen. Er brachte die Software tatsächlich heraus, wenn auch in einer fehlerhaften Fassung.

Apple ging mit einem Löschungsantrag gegen ihn vor und gewann im Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA am 13. Juli 2021 mit der Begründung, diese Art der schlampigen Verwendung erfülle nicht die gesetzlichen Anforderungen.

Die gutgläubige Verwendungsabsicht sei nachweislich nicht vorhanden gewesen. Der Anbieter bezweckte lediglich die schnelle Klage gegen Apple, während ihm bis zur letzten Minute eine durchdachte Software und selbst die notwendige Organisation zum Softwarehandel fehlte. Das Gericht stimmte Apple zu, dass das zusammengeschusterte Programm die Vorgaben verfehlt. Der Hauch von Bösgläubigkeit ist in der lehrreichen Begründung unverkennbar.


Mittwoch, den 14. Juli 2021

Unterwanderung durch Nazi verleumdet nicht

 
.   Der Revisionsbeschluss Glen Allen v. Heidi Beirich vom 13. Juli 2021 legt die Verleumdungsmerkmale bei Berichten einer Bürgerrechtsorganisation dar, die die Unterwanderung eines Stadtjustizamts durch einen Nazijuristen belegen. Sie zeigten die Verbindungen zwischen dem Kläger und der National Alliance auf und beeinflussten seinen Rauswurf aus dem Stadtamt.

Er verklagte die Organisation auf Schadensersatz wegen einer behaupteten Verleumdung und auf Aufhebung des Gemeinnützigkeitsstatus der Organisation. Das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks der USA in Richmond bestätigte die Klagabweisung, nachdem es in Bezug auf die Verleumdung die Wirkung gestohlener NA-Akten, die die Mitgliedschaft beweisen, erörterte. Beim Gemeinnützigkeitsstatus fehlt dem Kläger die Aktivlegitimation.

Der erste Verfassungszusatz schützt die Meinungsfreiheit und lasse einen Verleumdungsanspruch wegen der behaupteten Unterwanderung nicht zu. Soweit das Wort Unterwanderung/Inflitration eine harmlose Übertreibung darstelle, hatte das Untergericht recht. Die Wortwahl bei einer Meinungsäußerung sei im Zusammenhang zu würdigen und falle bei den Berichten nicht aus dem Rahmen. Der Parteihintergrund des Klägers sei bei seiner Beurteilung der Beteiligung an von der Partei gehasste Bürger bedeutsam. Das Wort besage nichts Nachteiliges über die Kompetenz des Klägers als Jurist. Die Klage war daher abzuweisen.


Dienstag, den 13. Juli 2021

Betrügerisches Fotomodell: 30-faches Honorar

 
.   Über eine Agentur engagierte die Beklagte das klagende Fotomodell für einen Tag und zahlte vertragsgemäß das Honorar von $3000 nach Rechnungserhalt. Die Klägerin verklagte sie auf $90000, weil sie sie nicht am Ende des Arbeitstages bezahlt hatte, wie es das Gesetz von Kalifornien bestimmt. Die Beklagte wandte Betrug ein, und die Klägerin verlangte die sofortige Abweisung nach dem SLAPP-Gesetz, das die Durchsetzung von Verfassungs- und gesetzlichen Ansprüchen stärken soll.

Im Fall Brighton Collectibles LLC v. Hockey entschied das zweite Revisionsgericht Kaliforniens am 24. Juni 2021 gegen den SLAPP-Einwand. Er könne nicht greifen, denn das Modell (1) … failed to show that the claim arose from protected conduct, and (2) even if she did, Brighton showed a probability of prevailing.

Ihre Erfolgsaussicht nach dem zweiten SLAPP-Merkmal fehle, denn die Merkmale eines Betrugs seien offensichtlich: (1) Hockey failed to disclose a material fact, (2) Hockey had a duty to disclose that fact, (3) Hockey intended to induce Brighton to rely on the fact, (4) Brighton justifiably relied on it, and (5) damages.

Die vorenthaltene wichtige Information bestehe darin, dass das Modell abweichend vom Agenturvertrag vergütet werden wollte. Sie war zur Offenlegung dieser bedeutsamen Tatsache verpflichtet, während die Beklagte von der üblichen Praxis der Zahlung nach Rechnungslegung ausgehen durfte. Der Schaden bestehe in der Strafbestimmung des Arbeitsschutzgesetzes mit einer Strafe von $90000 und den Kosten des Rechtsstreits. Mehr verlange das zweite Merkmale des SLAPP-Gesetzes nicht. Ohne Aussicht auf Erfolg greife der Einwand nicht, und die Klage bleibt wegen des Betrugs ohne Erfolg.


Montag, den 12. Juli 2021

Nackt im Umkleideraum und TV

 
.   Ein Photomodell zieht sich in einem Umkleideraum unter etwa 15 Kolleginnen und Helfern für eine Modeschau um und findet sich darauf im Fernsehen wieder. Sie verklagt den Filmproduzenten, der eine Serie im selben Hotel mit Aufnahmen einer Darstellerin vom Laufsteg und darum herum filmte, wegen der Verletzung ihrer intimen Privatsphäre und Fotorechte. Dieser beantragt die schnelle Abweisung nach dem Anti-SLAPP-Gesetz, das die Redefreiheit und auch Filmemacher und Presse schützen soll, wenn ein rechtswidriger Eingriff in die bundesrechtliche Verfassungsgarantie droht.

Das einzelstaatliche Revisionsgericht des zweiten Bezirks Kaliforniens gab dem Beklagten im Fall Kiara Belen v. Ryan Seacrest Productions, LLC im ersten Prüfmerkmal recht: Ein Eingriff droht. Die Beweislast kehrt damit um, und die Klägerin muss beweisen, dass sie eine überwiegende Aussicht auf Erfolg hat. Sie belegt, dass die Behauptungen des Beklagten, der Umkleideraum sei jedermann zugänglich gewesen und er habe durch Schilder und Ankündigungen auf die Filmaufnahmen hingewiesen, nicht ganz stimmen. Hinter dem offenen Raum gab es einen mit Wachen gesicherten, der ihm nicht offen stand. Photos belegen, dass keine Schilder aufgestellt waren.

Das Gericht lässt sich in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2021 auch von einer weiteren Unstimmigkeit leiten. Der Beklagte behauptete, die Klägerin sei nur im Hintergrund sichtbar; der Film konzentriere sich auf seine Schauspielerin. Die Beklagte konnte mit Filmausschnitten belegen, dass die sie zeigenden Aufnahmen mit Tonfetzen mokierend auf sie und ihre Nacktheit eingehen. Dies belege auch aus der Sicht des Gerichts, dass die Klägerin schlüssig einen Eingriff in die Privatsphäre ohne ihre Freizeichnungserklärung, Release, behaupte.

Sie habe auch die rechtwidrige Nutzung ihres Namens oder Bildnisses belegt; soweit ihr Name nicht genannt wurde, ist ihre Berühmtheit zu berücksichtigen. Auch weitere rechtwidrige Eingriffe habe sie in allen Merkmalen belegt, sodass die Aussicht auf Erfolg mehr als minimal erscheine und deshalb der SLAPP-Einwand nicht zur Abweisung führt.


Dienstag, den 06. Juli 2021

Forum warnt Leser vor Drittbeitrag: Haftung?

 
.   Im Zivilprozess Children’s Health Defense v. Facebook Inc. behaupete eine Antiimpfgruppe einen Verfassungsverstoß eines Forums, welches seinen angeblich wahren Beitrag über die Gefahr von Impfungen mit einer Warnung und einem Verweis auf amtliche Impfinformationen kennzeichnete. Das Forum soll haften, weil es die Meiungsfreiheit einschränke, Informationen rechtswidrig als falsch im Sinne des Markenrechts markiere, sich mit dem Staat verschworen habe und den Ruf der Gruppe schädige.

Die Entscheidung des Bundesgerichts für den nördlichen Bundesbezirk von Kalifornien in San Francisco erklärte zuerst die Verfassungsgrundsätze. Nicht ein privates Forum, sondern der Staat sei ihnen verpflichtet. Er darf kaum staatliche Eingriffe in die Meinungsfreiheit vornehmen, und seine Durchsetzungsakte müssen Verfassungsgeboten entsprechen. Das Forum habe nicht im Namen des Staates gehandelt, als es die Ansichten von Abgeordneten über gefährliche Impfaussagen zur Kenntnis nahm; seine Maßnahmen waren nicht vom Staat angeordnet worden. Dies verhindert auch eine Staatshaftungsfolge.

Soweit ein Abgeordneter laut denkt und die Haftungsimmunität von Foren nach $230 Communications Decency Act abzuschaffen droht, folgt keine Verschwörung zwischen Staat und Forum. Dass das Forum an die Weltgesundsheitsorganisation und das Bundesgesundheitsamt zur Förderung von Impfaktionen spendete, bildet auch keine Verschwörung. Falsch sind die Warnungen nach der Darlegung des Gerichts vom 29. Juni 2021 auch nicht, und den schlechten Ruf hat sich die Klägerin selbst zuzuschreiben, weil sie gefährlichen Unsinn verzapft.


Montag, den 28. Juni 2021

Monopolisierung des Sozialen Netzwerke-Markts

 
.   Das Bundeskartell- und verbraucherschutzamt in Washington, DC, behauptete eine Monopolisierung des Sozialen Netzwerke-Markts durch die Beklagte, die eine 60%-ige Marktbeherrschung rechtswidrig ausnutzte, indem sie starke Konkurrenten aufkaufe und die Interoperabilität mit anderen Netzwerken einschränke.

Das Bundesgericht des Hauptstadtbezirks in Washington, DC, wies die Klage im Fall FTC v. Facebook Inc. am 28. Juni 2021 mit langer Begründung im wesentlichen ab, weil das Amt den Markt unhaltbar definiert habe. Es räumt ihm das Recht zur Neuerhebung der Klage ein, für die es ihm gute Ratschläge erteilt. Eine eingeschränkte Interoperabilität sei nicht per se rechtswidrig.

Die Verletzung des Kartellgesetzes, Sherman Act, hänge von der Umsetzung dieser Einschränkung ab, über die das Amt weiter nachdenken sollte. Selbst dann ist zu bedenken, dass der Anspruch auf rechtliche Abhilfe verjährt sein kann, weil die Einschränkungen vor sieben Jahren erfolgten. Auch über die Definition des Marktes und die marktbeherrschende Stellung habe das Amt unzureichende Daten beigeschafft. Soweit das Amt den Kauf der Konkurrenz beklage, mag es im neuen Anlauf einen Anspruch durchsetzen können.


Sonntag, den 27. Juni 2021

Trotz NDA B2C plagiiert statt investiert

 
.   Zwei gravierende Schwächen weist das NDA im Fall Le Tote Inc. v. Urban Outfitters Inc. auf: Die Laufzeit für den Geschäftsgeheimnisschutz im Nondisclosure Agreement beträgt nur zwei Jahre, sodass die die Geheheimnisempfägerin das Geheimnis gleich darauf verwenden darf. Zudem enthält das NDA kein Wettbewerbsverbot, sodass dann auch ein konkurrierender Einsatz zulässig wäre. Aber die klagende Geheimniseignerin hat Glück: Die Beklagte stahl und setzte die offenbarten Geheimnisse schon vor Ablauf der zwei Jahre viermal erfolgreicher als sie selbst um.

Das Bundesgericht des Ostbezirks von Pennsylvania in Philadelphia erließ am 24. Juni 2021 eine lehrreiche Entscheidung nach dem Antrag der Beklagten auf Abweisung mangels Schlüssigkeit. Das NDA definiert hinreichend den Schutzumfang sowie den Zweck, der darin bestand, eine Investitition der Beklagten im Internethandel zu ermöglichen. Die Klägerin hatte auch ausreichende Schutzvorkehrungen getroffen, indem sie ihr Personal, Dritte und die Beklagte zum Geheimnisschutz wirksam verpflichtete, Dokumente als geheim kennzeichnete und den Austausch mit der Beklagten auf namentlich bezeichnete Personen beschränkte. Schließlich hatte sie die Beklagte sorgfältig nach dem Verhandlungsabbruch zur Rückgabe und Nichtnutzung verpflichtet.

Der Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung der Confidentiality ist auch schlüssig dargelegt: Die Beklagte hatte in Verhandlungen erklärt, dass sie dasselbe Geschäft niemals allein einrichten könnte und dass es sie $100 Mio. kosten würde, wenn sie es könnte. Die unerlaubte Verwendung der Trade Secrets folgt zumindest logisch und konkludent aus dem Umstand, dass die Beklagte kurz nach dem Abbruch der Verhandlungen mit der Klägerin dasselbe Geschätzmodell so erfolgreich realisierte, dass sie viermal schneller als die Klägerin wuchs. Die Beklagte setzte auch das nicht von der Stange bestellbare Logistiksystem der Klägerin ein.

Das Gericht erklärt zudem lesenswert, dass die Klägerin auch weitere schadensersatzfähige Ansprüche schlüssig behauptet hat: Eine Unterschlagung des Geschäftsgeheimnisses, einen Vertragsbruch sowie eine wettbewerbsrechtliche Verletzung. Nur der behauptete Anspruch aus unerlaubter Bereicherung scheitert, weil er lediglich hilfsweise greifen kann, wenn die Beklagte die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit des NDA anficht. Der Prozess wird daher fortgesetzt.


Donnerstag, den 24. Juni 2021

Im Internet beleidigt: $22,5 Mio. Schadensersatz

 
.   US-Gerichte lassen nicht jedes verrückte Geschworenenverdikt stehen, und schon die erste Instanz darf zu niedrige oder zu hohe Schadensersatzbeträge korrigieren. Im Revisionsentscheid Fredric Eshelman v. Puma Biotechnology, Inc. griff die Revision ein, als die Jury wegen einer vom Gericht bestätigten und von 198 Lesern im Internet entdeckten Rufschädigung einem Investor und Manager einen Schadensersatz von $22,5 Mio. zusprach.

Zuerst erläutert die Begründung vom 23. Juni 2021 den Anspruch dem Grunde nach. Der Kläger war klar diffamiert worden: Diffamation per se nach dem Recht von North Carolina. Sein Rücktritt war so in Verbindung zu einem Betrug eines Anderen gebracht worden, dass der Durchschnittsleser nur folgern konnte, der Kläger sei darin verwickelt, was nicht stimmt.

Die Höhe des Schadens hatte der Kläger nicht spezifiziert, der Jury lag kein Schadensgutachten vor, die Zahl der Leser war minimal, der Kläger wurde auch nach der Beleidigung hochange- und mit Ehrungen versehen, und der Betrag fällt im einzelstaatlichen Vergleich extrem hoch aus. Mit diesen Erwägungen gelangte das Bundesberufungsgericht des Vierten Bezirks der USA in Richmond zum Schluss, dass der Jury so bedeutende Fehler unterliefen, dass die Schadensbemessung vom Untergericht neu ermittelt werden muss.


Mittwoch, den 23. Juni 2021

Die fluchtende Schülerin darf's im Internet

 
.   Der Supreme Court in Washington, DC, entschied in Mahonoy Area School District v. B.L. fast einstimmig, dass eine Schule eine Schülerin nicht bestrafen darf, die sich im Internet fluchtend gegen eine gegen sie gerichete Sportteamauswahl aufregte. Ihr Wutausbruch löste keine Störungen des Schulbetriebs aus. Das Ergebnis vom 23. Juni 2021 ist kaum überraschend; vielmehr verwundert, dass die von der Schule ausgehende Vergeltung für die Ausübung der Redefreiheit nach dem Ersten Verfassungszusatz, First Amendment, bis zum höchsten Gericht der USA verfolgt werden musste.


Freitag, den 18. Juni 2021

EMails verloren: Strafende Klageabweisung

 
.   Im US-Prozess müssen die Parteien der Gegenseite ihre Beweise liefern und diese Beweise auch vor Verlust und Untergang bewahren. Sie müssen unternehmensintern alle Personen im Besitz von Beweisen anweisen, diese zu sichern. Verstoßen sie gegen diese Prozessregeln, folgen Sanktionen bis zur Deutung der fehlenden Beweise als nachteilig und gar zur Klagabweisung.

Der Revionsentscheid Winecup Gamble Inc. v. Gordon Ranch Lp behandelt eine Abweisung, die das Gericht wegen verlorener EMails anordnete, obwohl die Partei die IT-Abteilung regelgerecht zu ihrer Sicherung aufgefordert hatte. Die Frage vor dem Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco lautete, ob die Abweisung eine angemessene Rechtsfolge war. Am 18. Juni 2021 erklärte die Revision die Abweisung für zu drastisch:.

Die Rechtsfolge muss berücksichtigen, wie gravierend und vorsätzlich der Verlust oder eine Vernichtung von Beweisen ist. Hier war keine Absicht erkennbar. Die interne Beweisschutzverfügung erfolgte ordentlich. Die Beweisfrage konnte anhand anderer Beweismittel geklärt werden. Die von der Gegenpartei angeforderten EMails hätten nach anderen Prozessregeln auch vorenthalten werden dürfen, weil sie irrelevant waren. Die Rechtsfolge muss auf den Fehler zugeschnitten werden, schrieb das Gericht und hob die Abweisung auf.


Freitag, den 11. Juni 2021

Marken als Suchbegriffe illegal unterdrückt?

 
.   Der Revisionsentscheid 1-800 Contacts Inc. v. Federal Trade Commission vom 11. Juni 2021 weist überraschend einen neuen Weg bei der Beurteilung des vertraglichen Wettbewerbsverbots für die Nutzung von Marken der Klägerin als bezahlte Suchbegriffe in Suchmaschinen. Die Klägerin hatte Wettbewerbern verboten, ihre Marken als Suchbegriffe im Keyword Advertising zu schalten, und sie verpflichtet, Suchergebnisse zu ignorieren, die auf ihre Marke verweisen. Nur allgemeine Begriffe wie Kontaktlinsen dürfen die Konkurrenten verwenden.

In diesen als Trademark Settlement Agreements bezeichneten Vereinbarungen sah das Bundesverbraucherschutzamt einen Wettbewerbsverstoß, zumal die Klägerin in der Regel ihren Kunden höhere Preise für ihre Kontaklinsen als die Konkurrenten berechnet. Der Beschluss nach Section 5 of the FTC Act, 15 USC §45 löste enorme Verwirrung im Keyword-Advertising-Auktionsmarkt für bezahlte Suchbegriffe aus, die in- und ausländische Unternehmen berührt. Der Revisionsentscheid hebt den Beschluss im Kern mit dieser Begründung auf:
Although we hold that trademark settlement agreements are not automatically immune from antitrust scrutiny, the Commission's analysis of the alleged restraints under the "inherently suspect" framework was improper. We further hold that the Commission incorrectly concluded that the agreements are an unfair method of competition under the FTC Act. We therefore GRANT the petition for review, VACATE the Final Order of the Commission, and REMAND the case to the Commission with orders to DISMISS the administrative complaint.


Donnerstag, den 10. Juni 2021

Lizenzvertrag mit Indianerstamm: Hoheitsrecht

 
.   In die übernächste Auflage meines Buchkapitels über amerikanisches Vertragsrecht muss ich wohl Rechtswahl-, Gerichtsstands- und Hoheitsverzichtsklauseln mit Stämmen aufnehmen. Die vom Bund anerkannten Indianerstämme verlangen immer nachdrücklicher Klauseln mit ausschließlicher Wahl des Stammesrechts und der Stammesgerichtsbarkeit. Ist das mit Ihren Lizenzverträgen vereinbar?

Grundsätzlich gilt wie bei Staaten aus dem US-In- und Ausland, dass bei Souveränen die Staatenimmunität vollumfänglich gilt, wenn sie nicht vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt ist. Indianerstämme wie US-Einzelstaaten beharren auf ihrer Immunität, und der ausdrückliche, auf den Vertrag beschränkte Verzicht ist oft der einzige Mittelweg und ein akzeptables Verhandlungsergebnis.

Man kann sich nicht darauf verlassen, dass ein Gericht die kommerzielle Ausnahme kennt oder anerkennt. Und wenn ohne eine Änderung der Gerichtsstandsklausel ein Prozess vor einem Stammestribunal landet, ist mit der Anwendung der allgemeinen Grundsätze über geschäftliches Handeln als acta iure gestionis beim Vertrag mit Staat oder Stamm kaum zu rechnen. Der Vertrag mit Organen des Staates oder Stammes - und als Organe zählen viele - kann als hoheitlich, acta iure imperii, beurteilt werden, und dann ist die Ausübung der Gerichtsbarkeit mehr als unsicher.

Das Stammesrecht kennt auch nicht jeder. Je erfolgreicher die Stämme sind, desto detaillierter haben sie ihre prozessualen und materiellen Rechtsordnungen ausgestaltet. Es gibt je nach Stamm Tribunale, Schieds- und Mediationsstellen, Small Claims Court, Berufung und Revision. Materiell übernehmen manche Stämme subsidiär Teile des Rechts eines angrenzenden Einzelstaats. Da gilt oft der Vorbehalt seiner Vereinbarkeit mit Stammesrecht. Dieses kann sich wiederum in Ordinances und dergleichen bezeichneten Stammesgesetzen finden. Zudem veröffentlichen manche ihre Entscheidungen. Die Lektüre von Smoke Signals und anderen Stammesblättern ist dann zu empfehlen.

So wie man den König von Saudi Arabien nicht mit Fristsetzung und Klagedrohung zur Zahlung bewegt, muss man sich auch auf die verständlichen Empfindlichkeiten der Indianerstämme einrichten. Ihr Stolz wurde lange verletzt. Als heute wichtiger Kunde sitzen sie bei Vertragsverhandlungen oft am längeren Hebel.


Montag, den 07. Juni 2021

Foto unerlaubt im Museum: Copyright

 
.   Nur kurz zur Vervollständigung für die etwaige Suche nach relevanten Entscheidungen zum Urheberrecht: Lawrence Marano v. The Metropolitain Museum of Art vom 2. April 2021. Genaueres hatte ich bereits in der Zeitschrift Kommunikation & Recht im Juniheft 2021 erläutert. Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City entschied auf Fair Use nach 17 USC §107 bei der unlizenzierten Einbindung eines Gitarrenfotos in eine Museumsausstellung über Gitarren. Das Foto zeigt Musiker mit Frankenstein, einem einflussreichen Gitarrenmodell.

Die Kopie im Museum sei transformativ, weil die Gitarre im Vordergrund stehe, während der klagende Fotograf den unorthodoxen Musiker betone. Die Ausstellung verschmelze das Foto mit anderen Informationen über diese Instrumente eines Musikgenres. Das Museum habe damit etwas Neues und Weiterführendes geschaffen.

Dies sei transformierend. Zudem sei der Markt für das Foto nicht erkennbar eingeschränkt. Der Kläger meint, diese Abwägung verbiete Ansprüche aller Fotografen gegen kreative Museen. Das Gericht antwortet: Immer sei eine akribische Einzelfallwürdigung ohne Verallgemeinerung unverzichtbar.


Sonntag, den 06. Juni 2021

USA-Marken: Gebühren des Markenamts

 
.   Antragsgebühren fallen beim Markenamt in unterschiedlicher Höhe für die verschiedenen Antragsarten an. Die günstigste Gebühr von $250 gilt für den online eingereichten Antrag, der originär in den USA gestellt wird, also keine Erstreckung aus dem Ausland verlangt, und die standardisierten Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen des Amts verwendet. Auf Papier sind es gleich $500, die Erstreckung kostet $100 mehr und führt meist zu Rückfragen des Amts mit Office Actions, die wiederum mehr Anwaltsleistungen und damit Kosten auslösen, und die Abweichung von standardisierten WDVs hat dieselbe Wirkung.

Wird ein Antrag auf zukünftige Markennutzung gestellt, fällt eine zusätzliche Gebühr von $100 nach der vollständigen Prüfung des Markenamts beim Einreichen des Verwendungsnachweises an, der vor der Eintragung erforderlich ist. $125 kostet die Fristverlängerung um sechs Monate, wenn der Verwendungsnachweis nicht gleich eingereicht wird, nachdem der Antrag zur Eintragungszulässigkeit gereift ist.

Nach der Eintragung ist zwischen dem fünften und sechsten Jahr ein Verwendungsnachweis notwendig, der mit dem Antrag auf Unanfechtbarkeitserklärung verbunden werden darf. Für $425 erstarkt dann die Eintragung von einer Vermutung des stärkeren Rechts zur Rechtssicherheit für den Inhaber. Danach wird jeweils im Zehnjahrestakt ab der Eintragung eine Verlängerungsgebühr von $300 an.

Diese Gebühren des Patent and Trademark Office sind in der Current Fee Schedule veröffentlicht. Das Amt ändert sie regelmäßig. Die anwaltlichen Leistungen und Honorare richtet sich in der Regel nach dem Aufwand und steigen nicht unbedingt mit der Zahl der Klassen. Die Kosten bei einzelstaatlichen Markenämtern, die im internationalen Handel meist bedeutungslos sind, weichen von den obigen des Bundesmarkenamts ab.


Freitag, den 04. Juni 2021

Durchsetzung des Webseitenmarketingvertrags

 
.   Im Revisionsentscheid Don't Look Media LLC v. Fly Victor Ltd. vom 4. Juni 2021 stritten die Parteien um die Nichterfüllung eines Webseitenvertrags, nach dem Beklagte eine Domain nutzen, eine Webseite betreiben und bewerben sowie Einnahmen mit der Domaininhaberin teilen sollten. Durch die Beteiligung von Briefkastenfirmen sollen die Beklagten der Klägerin diese Einnahmen vorenthalten haben, und zwar derart deliktisch, dass ihre Handlungen dem Antimafiagesetz Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act unterfielen.

RICO enthält eine besondere Zustellungsregel, nach der die Klage in jedem Bundesgerichtsbezirk zugestellt werden darf, in dem die Beklagten zu finden sind. Diesen Ansatz sah die Klägerin auch als Zuständigkeitsregelung an, stellte die Klage den Beklagten in England zu und behauptete, das US-Gericht sei zuständig. Das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA beurteilte diese Regel hingegen als reine Zustellungsbestimmung, die zudem nicht im Ausland wirke, weil das Ausland keinen Bundesgerichtsbezirk darstelle.

Ohne Kontakte im Sinne einer regelmäßigen Geschäftstätigkeit der Beklagten mit den USA sei ohnehin keine Ausübung der amerikanischen Gerichtsbarkeit über die Beklagten ähnlich der örtlichen Zuständigkeit im deutschen Recht denkbar. Auch deshalb sei die Klage abzuweisen. Schließlich hätten die Beklagten mit falschem Antrag, doch inhaltlich richtig und erfolgreich argumentiert, eine vertragliche Rechtswahl- und Gerichtsstandsklausel verweise auf englisches Recht und die englische Gerichtsbarkeit. Die Entscheidung ist lehrreich und leicht verständlich begründet und bei Prozessen im Südosten der USA richtungsweisend.


Donnerstag, den 03. Juni 2021

Strafbarkeit ungezügelter Rechnernutzung

 
.   Der Computer Fraud and Abuse Act stellt zwei Arten von Hacking unter Strafe, die bei seinem Inkrafttreten bekannt waren: Die unberechtigte Zugangsverschaffung zu Rechnern sowie die unberechtigte Nutzung von Rechnern bei berechtigtem Zugang. Der Polizist im Supreme Court-Entscheid Van Buren v. United States vom 3. Juni 2021 rügte eine Haftstrafe von 18 Monaten wegen seiner berechtigten Rechnernutzung zur unberechtigten Einsicht in eine Kennzeichendatenbank für einen rechtswidrigen Zweck.

Das Oberste Bundesgericht der Vereinigten Staaten in Washington, DC, folgte seiner Logik nach der Analyse des komplexen Gesetzestextes: Der Gesetzgeber hatte ihn so formuliert, dass der zugangsberechtigte Nutzer nicht strafrechtlich verfolgt wird, wenn er nur gegen Arbeitsplatzrichtlinien verstößt und private EMails sendet oder Nachrichten im Internet liest, oder unter Verletzung von Facebooks Richtlinien ein pseudonymisiertes Konto einrichtet. Das Gericht sendet den Fall mit dieser Erklärung des Gesetzes ans Untergericht zurück:
In sum, an individual “exceeds authorized access” when he accesses a computer with authorization but then obtains information located in particular areas of the computer—such as files, folders, or databases—that are off limits to him. The parties agree that Van Buren accessed the law enforcement database system with authorization. The only question is whether Van Buren could use the system to retrieve license-plate information. Both sides agree that he could. Van Buren accordingly did not "excee[d] authorized access" to the database, as the CFAA defines that phrase, even though he obtained information from the database for an improper purpose. We therefore reverse the contrary judgment …


Samstag, den 29. Mai 2021

Nichtiges und angemessenes Wettbewerbsverbot

 
.   In vielen Einzelstaaten der USA gelten nachvertragliche Wettbewerbote mit entlassenenem Personal als wirksam, solange sie angemessen sind. Doch in Kalifornien erklärt ein Gesetz: [E]very contract by which anyone is restrained from engaging in a lawful profession, trade, or business of any kind is to that extent void. Der Revisionsentscheid Sandler Partners, LLC v. Masergy Communications Inc. beurteilt, ob das Untergericht ein Verbot deshalb als nichtig bezeichnen durfte oder oder eine Ausnahme gilt. Das Oberste Gericht Kaliforniens hatte solche Klauseln zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für per se nichtig bezeichnet.

Nach dem untergerichtlichen Urteil hatte das Obergericht jedoch die void per se-Auslegung auf Arbeitsverhältnisse und Unternehmensverkäufe beschränkt. Vertragsbeziehungen zwischen unverbundenen Unternehmen sollten hingegen der Auslegung der Rule of Reason unterliegen.

Diese erfordert, sagt das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA am 28. Mai 2021, eine Angemessenheitsermittlung. Sie sei faktenintensiv und vom Untergericht nun vorzunehmen. Das Vorbot sei nichtig, wenn es den Wettbewerb mehr einschränke als fördere. Die Klage habe plausibel dargestellt, dass das vereinbarte Wettbewerbsverbot angemessen sein kann.


Donnerstag, den 27. Mai 2021

Verzug bei Fehlermeldung an Hersteller

 
.   Ist eine Ware defekt, steht dem Kunden ein Schadensersatzanspruch gegen den Lieferanten nach dem in vielen Staaten adaptierten Art. 2 Uniform Commercial Code, einem Modellgesetz, zu. Im Revisionsentscheid Carhartt Inc. v. Innovative Textiles Inc. war der Artikel nach dem Recht von Michigan in Mich. Comp. Laws §440.2607(3)(a) zu prüfen. Es besagt: the buyer must within a reasonable time after he discovers or should have discovered any breach notify the seller of breach or be barred from any remedy.

Die Parteien streiten sich um die rechtzeitige Mängelrüge. Der Kunde hatte regelmäßig dem Lieferanten mitgeteilt, er würde die Feuerresistenz gelieferter Textilien mit laufenden Stichproben prüfen. Er meldete ihm jedoch erst 2016 Mängel in Lieferungen aus 2014. Das Untergericht lastete den Verzug dem Kunden an, ohne den Geschworenen die Beweise zur Würdigung und Subsumtion vorzulegen. Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinatti bestätigte am 27. Mai 2021, dass der Richter bei einer eindeutigen Faktenlage allein würdigen und subsumieren darf.

Hier war die Frage des angemessenen Rügezeitraums zur Meldung noch nicht vom Obergericht in Michigan beantwortet worden. Die Revision musste dessen wahrscheinliche Einschätzung prognostizieren und entschied, dass die Tatsachenfrage der reasonable Time im vorliegenden Fall so uneindeutig war, dass sie der Jury vorzulegen ist. Das Urteil wird daher aufgehoben und erneut dem Untergericht vorgelegt.


Dienstag, den 25. Mai 2021

Redefreiheit/Redezwang: Floridas SB 7072

 
.   Wem gehört ein Tweet? Darf ein Onlineforum Kunden und gar einen Präsidenten verbannen? Darf es Tweets oder Beiträge löschen? Die Antwort lautet immer ja. Steht dem nicht die Verfassungsgarantie der Redefreiheit und des Zensurverbots entgegen? Nein, denn der Staat verpflichtet sich gegenüber dem Bürger; die Verfassung verpflichtet keine Privaten zu dieser Garantie.

Florida will damit Schluss machen und hat bereits ein Gesetz SB 7072 in Kraft gesetzt, das Foren die Zensur verbietet und ihre Kunden und potentiellen Nutzer mit einem Schadensersatzanspruch gegen Foren belohnt - aber nur solchen Foren, deren verbundene Gesellschaften keinen mindestens 25 Acker großen Freizeitpark betreiben.

Sind Politiker betroffen, sind Foren einer Strafe von $25.000 oder $250.000 pro Tag ausgesetzt. Das Gesetz verpflichtet also Unternehmer zur Garantie der Redefreiheit, was gegen die Bundesverfassung verstößt. Zudem verletzt es §230 Communications Decency Act, der Foren von der Haftung für Inhalte Dritter entbindet, sie Beiträge löschen und Kunden entlassen lässt. Ihre Vertragsfreiheit wird ebenfalls eingeschränkt.

Das wird noch spannend, auch wenn es idiotischer nicht beginnen könnte. Die Alternative für Florida war eine Flugzeugentführung nach dem Minsker Modell. Man darf aber nicht gleich das ganze Pulver verschießen.


Freitag, den 21. Mai 2021

Spot ignoriert Werbeagentur: Urheberrecht

 
.   Der Revisionsentscheid Betty Inc. v. Pepsico Inc. vom 21. Mai 2021 erklärt, ob ein Werbespot urheberrechtswidrig das Werbekonzept einer Werbeagentur übernahm und deshalb sowie aufgrund eines konkludent geschlossenen Vertrags durch die Vorlage eines Spotentwurfs Schadensersatz auslöst. Die Agentur hatte ihre Vorlage dem Kunden präsentiert. Der Kunde soll ihr Konzept selbst für die Pausenwerbung bei einem Ballspiel umgesetzt haben. Das Gericht prüft zuerst, ob ein Urheberrecht besteht:
To succeed on a claim of copyright infringement, "two elements must be proven: (1) ownership of a valid copyright, and (2) copying of constituent elements of the work that are original." … The parties do not dispute the validity of Betty's copyright for its pitch materials. For the second element, "copying is proven by showing (a) that the defendant had access to the copyrighted work and (b) the substantial similarity of protectible material in the two works." … This case turns on the second part of the test: whether [the] commercial is substantially similar to the protectible expression in [the] pitch "in the eyes of the average lay observer."
Die schutzfähigen Elemente der Vorlage seien nicht kopiert worden. Das vorgeschlagene Thema sei wie die Szenensetzung nicht schutzfähig; beide seien Ideen. Copyright verlangt jedoch die ins Werk umgesetzte Idee. Selbst Ähnlichkeiten wie in beiden Werken das Konzept eines Tanzes und des musikalischen Stilwechsels seien so wenig schutzgeeignet wie die Idee der seit Neanderthalerzeiten bekannten Verteidigungsstellung eines Kämpfers. Ebenso schief liege die Klägerin bei der Behauptung eines Vertrages, führt das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City lesenswert aus.


Mittwoch, den 19. Mai 2021

Unerlaubtes Lied im Film: Ausstrahlerhaftung?

 
.   Ohne Lizenz der klagenden Musiker nahm ein Dokumentarfilmmacher deren Lied in einen Film auf, den die beklagten Internet-Streamanbieter ausstrahlen. Die Klage begehrt Schadensersatz wegen der Urheberrechtsverletzung. Die Beklagten pochen auf den entschuldigenden Fair Use-Grundsatz in 17 USC §107 des Copyright Act, den das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City im Fall Brown v. Netflix, Inc. am 18. Mai 2021 so zusammenfasst:
Section 107 of the Copyright Act provides that "the fair use of a copyrighted work … for purposes such as criticism, comment, news reporting, teaching (including multiple copies for classroom use), scholarship, or research, is not an infringement of copyright." …
We consider four "nonexclusive factors" in determining whether the use made of copyrighted material is "fair":
(1) the purpose and character of the use, including whether such use is of a commercial nature or is for nonprofit educational purposes; (2) the nature of the copyrighted work; (3) the amount and substantiality of the portion used in relation to the copyrighted work as a whole; and (4) the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work.
Das erste Merkmal passt zu einem Dokumentarfilm, der die vom Song charakterisierte Kunstform als Filmthema untersucht und im kulturellen Zusammenhang kommentiert. Der Song selbst erscheint weniger wichtig als die ihn tanzend interpretierende Person im Vordergrund. Zudem sind nur 8 von 190 Sekunden des Lieds zu hören. Es besteht ein angemessenes Verhältnis zwischen verletzender Wiedergabe und für den Dokumentarfilm notwendiger Nutzung. Der Schnippel entzieht dem Song und den Musikern auch keinen wirtschaftlichen Wert. In der Gesamtabwägung der Merkmale entschuldigt deshalb der Fair Use die Urheberrechtsverletzung.


Montag, den 17. Mai 2021

Klage enthüllt diskriminierende Webseite

 
.   Im Fall Laufer v. Alamac Inc. legt die Klägerin, die 557 ähnliche Schadensersatzprozesse betreibt, dar, dass ein Gasthaus mit seiner Webseite den Americans with Disabilities Act verletzt, weil es nicht behindertengerechte Eigenschaften des Anwesens beschreibt. Das Bundesgericht der Hauptstadt entschied am 17. Mai 2021 gegen sie, weil ihr mangels eines konkreten Schadens die Aktivlegitimation fehlt. Für diese reicht es selbst bei einer Gesetzesverfehlung nicht, dass die Verfehlung bewiesen werden kann. Sie erfordert auch eine konkrete, partikularisierte, akute oder unmittelbar drohende Schädigung als Folge der Verfehlung. Diese konnte die Klägerin nicht durch eine geplante, doch durch die Fehler vereitelte Reise mit Aufenthalt bei der Beklagten nachweisen. Ihre Absicht, irgendwann eine USA-Rundreise umzusetzen, reicht ebenso wenig wie das subjektive Gefühl der Herabsetzung, Entwürdigung und Vorenthaltung informationeller Rechte durch die mangelhafte Webseite, auch wenn das Gesetz gerade die Würde des Menschen garantieren will.


Mittwoch, den 12. Mai 2021

Crypto-Geld-Verleumdung und Markenverletzung

 
.   Konkurriende Crypto-Währungsfirmen behaupteten wechselseitig Unterstellungen der rechtswidrigen Markenverwendung und Verleumdungen durch solche Unterstellungen. Die Klage wegen der Verwendung der Klägermarke durch die Beklagten als natürliche und juristische Personen mündete im Fall Safex Foundation Inc. v. Safeth Ltd. in ein erst vorläufiges Verbot mit einer Restraining Order und einer Temporary Injunction, dann ein dauerhaftes Verbot mit einer Permanent Injunction ein, die die Urteilsbegründung vom 12. Mai 2021 leicht nachvollziehbar macht.

Ein vorläufiges Verleumdungsverbot erging ebenfalls, weil die Beklagten trotz der Prorogationsregel für Gesellschaften keinen Anwalt beizogen, entgegen der Gerichtsregeln keinen Verteidigungsschriftsatz einreichten und lediglich mit neun EMailnachrichten dem Gericht unterbreiteten, die angeblichen falschen Aussagen seien wahr. Die natürlichen Personen der beklagten und weiterhin nicht anwaltlich vertretenen juristischen Person hatten dem Bundesgericht der Hauptstadt in Washington, DC, erklärt, sie würden mit dem dauerhaften Verbot leben können, weshalb das Gericht im Einvernehmen mit der Klägerin das Verbot erließ.

Gegen die juristische Person könnte das Gericht nur ein Versäumnisurteil erlassen, wozu es lehrreich seine Zuständigkeit prüft und nur für die Marke, die bundesrechtlicher Natur ist, bejaht. Mangels der persönlichen Zuständigkeit in Bezug auf die Verleumdung nach dem Long Arm Statute, das auf eine Verleumdung im Gerichtsbezirk abstellt, kann es die Injunction nicht auf die beklagte Gesellschaft erstrecken.


Dienstag, den 04. Mai 2021

Haftungsimmunität schützt Forum nicht

 
Animieren zu riskantem Rasen als Produkthaftungsfehler
.   Das Bundesgericht folgte der Rechtsprechung und gewährte einem Forum die übliche Haftungsimmunität nach dem Communications Decency Act, doch die Revision sah statt einer haftungsbefreienden Veröffentlichung einen aus dem Design des Forums resultierenden Produkthaftungsanspruch, den der CDA nicht decke, und eröffnete damit am 4. Mai 2021 einen Klageweg, der bisher rundum von der Rechtsprechung abgelehnt wurde.

Die Eltern von bei einem Raserunfall verstorbenen Kindern verklagten das Forum, weil sein Design jugendliche Autofahrer zum Rasen animiere. Es biete einen Filter an, der die Geschwindigkeit in Forumsbeiträge einblende, und vermittele Nutzern den Eindruck, sie würden für geschwindigkeitsbezogene Beiträge Punkte erhalten. Das Forum wandte seine Haftungsimmunität für Veröffentlichungen Dritter nach §230 CDA ein.

Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco entschied im Fall Lemmon v. Snap Inc. jedoch, dass die Eltern nicht die Rolle als Internetinformationsforum rügten. Vielmehr richte sich die Klage allein gegen das Design des Forums und seiner zu Gefahren animierenden Funktionen. Mithin handele es sich bei den Ansprüchen um reiner Produkhaftungsansprüche, die der CDA nicht blockiere. Diese seien vom Untergericht erneut zu prüfen.


Montag, den 03. Mai 2021

Server in USA: Ausländerzuständigkeit?

 
.   Im Revisionsentscheid Hungerstation LLC v. Fast Choice LLCsollen die beklagten Ausländer Daten vom amerikanischen Klägerserver genommen und auf einen anderen, zufällig in den USA stehenden Server gelegt haben. Die Handlungen fanden im Ausland statt.

Die prozessuale Frage lautet, ob die im Ausland ansässigen Beklagten der amerikanischen Gerichtsbarkeit unterfallen. Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA in San Francisco verneinte sie am 29. April 2021. Erstens belege kein Präzedenzfall, dass ausländische Handlungen auf US-Servern zur Zuständigkeit in den USA führten.

Zweitens fehle es an der Zuständigkeit auch, wenn die US-Aktivitäten allein auf die Speicherung von Daten beschränkt seien. Selbst wenn die Klägerdaten durch ein eingetragenes amerikanisches Urheberrecht geschützt worden wären, folgt ohne weitere Anknüpfungsmerkmale keine örtliche Zuständigkeit der US-Gerichte.


Freitag, den 30. April 2021

Amerikanisches Gericht unzuständig für Ortsfremde

 
.   Der klagende Rechtsanwalt vertritt sich selbst und muss deshalb vom Gericht wie jeder Prorogationsunfähige besonders umfangreich belehrt werden. Klagemängel dürfen nicht gegen ihn ausgelegt werden. Daher ist die Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit des Gerichts im Sinne der personal Jurisdiction besonders lehrreich begründet. Sie geht auf alle Merkmale der Zuständigkeitsprüfung ein.

Im Fall Solon Phillips v. Montana Commission on Character and Fitness verklagte der in Maryland wohnende und im District of Columbia zugelassene Anwalt die Eignungskommission der Rechtsanwaltskammer von Montana im Washingtoner Gericht. Er behauptet, das Gericht sei zuständig, weil er sich in Washington auf die Zulassungserstreckung nach Montana vorbereitet habe und die Kammer Antragskorrespondenz an Personen in Washington sende. Er lebe in einem Vorort Washingtons im Staate Maryland. Eine Kommissarin sei als Rechtsanwältin zugelassen und habe Washington besucht.

Der Bundesgericht der Hauptstadt wies die Klage am 30. April 2021 mangels Zuständigkeit ab. Kein Merkmal der general Jurisdiction liege vor: Keine Niederlassung, keine Kundenbeziehungen, keine Verhandlungen oder Verträge, kein Personal verknüpfen die Kommission mit Washington. Auch die specific Jurisdiction ermangelt fallspezifisch aller erforderlichen Merkmale. Die Korrespondenz ging nach Maryland, nicht nach Washington. Die Kammer wirbt auch nicht um Antragsteller aus Washington für die Zulassung in Montana. Schließlich prüft das Gericht die verfassungsgebotenen Beziehungen zwischen Forum und Beklagten und findet keine.


Mittwoch, den 28. April 2021

Werbung für Überflüssiges illegal?

 
.   Aufgrund mehrerer verbraucherschutzrechtlicher Anspruchsgrundlagen ging der Kläger mit einer Sammelklage gegen einen Vermögensermittler vor. Er hatte zwei Werbebriefe erhalten und unterzeichnet zurückgesandt, als der Ermittler ihm mitteilte, wo und wie und wieviel er an Ansprüchen gegen den Staat wegen vergessenen oder verlorenen Vermögens besitzt, und anbot, diese gegen den Staat für eine Gebühr von 15% ihres Werts einzufordern.

Der Ermittler war erfolgreich; der Staat zahlte, doch der Kunde beglich nur die erste Rechnung. Nach Erhalt der zweiten Rechnung klagte er mit der Behauptung, der Ermittler hätte ihn nicht darauf hingewiesen, dass er seine Forderung auch selbst geltend machen konnte. Die Werbung enthielt schließlich jedes notwendige Detail. Diese unterschlagene Auskunft verletze Verbraucherschutzgesetze.

Im Revisionsentscheid Dominick Desimone v. U.S. Claims Inc. urteilte das Bundesberufungsgericht des dritten Bezirks der USA in Philadelphia am 28. April 2021. Die Werbeschreiben stellten Angebote in völliger Übereinstimmung mit den solche Ermittler regelnden Gesetze dar, erkannte es. Der Gesetzgeber rechnete damit, dass der Angesprochene anhand der konkreten Ausküfte selbst die Forderung beim Staat durchsetzen oder sich des Anbieters oder eines anderen Ermittlers bedienen würde. Dass der Gesetzgeber diese Alternativen nicht der verpflichtenden Werbung vorschrieb, stelle keine Irreführung von Verbrauchern durch den Dienstleister dar.


Montag, den 26. April 2021

Bauplan-Troll verliert Verletzungsklage

 
Copyright Symbol
.   Der Revisionsentscheid in Design Basics LLC v. Signature Construction Inc. beginnt mit der Erklärung, was ein Copyright Troll ist: jemand, der Eigentum an fremden Urheberrechten nur erwirbt, um damit Kasse durch Verletzungen Dritter zu machen, nicht um die erworbenen Rechte selbst auszuwerten. Das Gericht mag Trolls nicht, und mit dem Kläger fällt die Entscheidung fast leicht. Der Troll hatte Baupläne erworben und verklagt Nutzer gleicher oder ähnlicher Baupläne.

Zuerst stellt das Gericht fest, dass nur ein schwaches Urheberrecht an Bauplänen für normale Häuser bestehen kann. Deren wesentliche Elemente sind seit Jahrtausenden bekannt. Was darüber hinausgeht, genießt Schutz, den der Gesetzgeber kodifiziert hat. Bei jedem Kopieren ist zwischen der Kopie als Fakt und dem rechtswidrigen Kopieren zu unterscheiden. Das Gericht verweist in seiner Analyse auf die Rechtsprechung des Supreme Court und des Bundesberufungsgerichts des Zweiten Bezirks der USA in New York City.

Das Bundesberufungsgericht des Siebten Bezirks der USA in Chicago entschied am 23. April 2021 mit einer besonders lehrreichen Begründung, die die diffizilen Präzedenzfälle aufschlüsselt. Im Ergebnis bestätigt es, dass bei schwachen Urheberrechten die Behauptung einer rechtswidrigen Kopie durch substantial Appropriation mehr erfordert als nur eine wesentliche Ähnlichkeit - das übliche Kriterium. Unter diese Grundsätze subsumiert es die verschiedenen Baupläne. Funktionale Elemente sind nicht schutzfähig, und eine nahezu perfekte Identität der Pläne liegt nicht vor.


Mittwoch, den 21. April 2021

Reverse Confusion im Markenrecht

 
Markensymbol R im Kreis
.   Die Verwechslung von Marken als reverse Confusion spielt nach dem Bundesmarkenrecht, Lanham Act, eine Rolle, wenn ein bekanntes Produkt ein älteres, durch eine Marke bereits gekennzeichnetes und weniger bekanntes Produkt verdrängt. Am 20. April 2021 beurteilte das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks der USA diese Situation im Fall Ironhawk Technologies Inc. v. Dropbox Inc. Die in dieser Situation geltenden Merkmale unterscheiden sich etwas von denen der üblichen forward Confusion:
(1) strength of the mark; (2) proximity of the goods; (3) similarity of the marks; (4) evidence of actual confusion; (5) marketing channels used; (6) type of goods and the degree of care likely to be exercised by the purchaser; (7) defendant's intent in selecting the mark; and (8) likelihood of expansion of the product lines.
Wie im Normalfall ist auch bei der umgedrehten Verwechslung eine Abwägung zu treffen. Keins der Merkmale ist allein ausschlaggebend. Besonderes Augenmerk widmet das Gericht den Märkten der Parteien. Eine verkauft fast ausschließlich ans Militär; die andere im zivilen Markt. Es beurteilt die Märkte als vergleichbar, weil der Markeninhaber sich auch dem zivilen Markt zuwendet, selbst er dort nicht sonderlich erfolgreich ist.


Freitag, den 16. April 2021

Kein Handelsregistereintrag: Direktor verklagt

 
Ersparte Aufwendungen aus Nichtlieferung im Versäumnisurteil erklärt
.   Wenn ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen nicht jährlich eine Gebühr entrichtet und den Jahresbericht einreicht, wird die Firma gelöscht. Was mit einem Schadensersatzanspruch gegen die gelöschte Firma geschieht, erklärt das Versäumnisurteil im Fall BASF Corporation v. Savage vom 8. April 2021.

Die Klägerin ging gegen einen Direktor wegen einer Vertragsverletzung der Gesellschaft vor, und das Bundesgericht des Bezirks für Maryland gab ihr recht. Es erklärt die Rechtsgrundsätze und betont, dass einerseits die Direktoren in die vertraglichen Schuhe der Gesellschaft nach ihrer Löschung steigen, diese andererseits jedoch nicht persönlich für die Schuld haften.

Die Entscheidungsbegründung erklärt auch, dass ein Vertragsverletzunganspruch aus vereitelter Warenabnahme keinen Schadensersatz in Höhe des vereinbarten Umsatzes auslöst, sondern die ersparten Aufwendungen aus Nichtbelieferung zu berücksichtigen sind. Wenn der Prozess normal verlaufen wäre, wäre dies wahrscheinlich schon im Rahmen des Discovery-Ausforschungsbeweisverfahrens geklärt und mit veränderten Anträgen erledigt worden. Im Versäumnisverfahren kann das Gericht hingegen alles oder nichts gewähren.


Donnerstag, den 15. April 2021

Nachweis ausreichenden Markenwarenverkaufs

 
Markensymbol R im Kreis
.   Kaum 60 Flaschen seiner Mischung von Ketchup und Mayonaise verkaufte ein Markeninhaber in mehr als sechs Jahren, aber damit begründete er die Verwendung seiner Marke im Verkehr. Als er gegen einen Nachahmer wegen der Verwechslungsgefahr klagte, unterlag er gegen den späteren Anbieter, und das Gericht hielt den Umsatz für de minimis, sodass es die Marke löschte.

Das Bundesberufungsgericht des Fünften Bezirks der USA in New Orleans entdeckte auch keine Verwechslungsgefahr. Doch im Fall Perry v. H. J. Heinz Brands entschied es am 12. April 2012, dass das Gericht mit der Löschung zu weit gegangen war. Ob die 60 Flaschen ausreichen oder nicht, muss das Untergericht erneut prüfen.

Die Revision fand, dass die erste Instanz nicht gebührend die Versuche des Klägers, Herstellung und Vertrieb auszudehnen, würdigte und vorschnell annahm, er hätte nur eine Markenfalle aufgestellt, um erwartete Nachahmer auf Schadensersatz verklagen zu können. Zur Erhaltung einer Marke ist die Verwendung im Verkehr notwendig, und die Entscheidung hilft bei der Einschätzung, ob geringe Umsätze ausreichen.


Montag, den 12. April 2021

Schaden nach falschem Löschungsantrag

 
.   Immer hoffnungsloser wirken Schadensersatzansprüche, die auf der Behauptung eines falschen Löschungsantrags gegen Webseiten und Online-App-Läden beruhen. Einerseits entschuldigt die Rechtsprechung fehlerhafte Löschungsanträge, solange sie im wesentlichen den gesetzlichen Anforderungen des Digital Millennium Copyright Act entsprechen. Dies folge aus dem haftungsentlastenden §512(f) DMCA.

Anderseits sind Ansprüche nach sonstigem Recht, beispielsweise dem rechtswidrigen Eingriff in bestehende oder antizipierte Vertragsbeziehungen Dritter, ausgeschlossen, wenn sie in irgendeiner Weise auf einer falschen Behauptung von Urheberrechten beruhen. Andere Anspruchsgrundlagen können nicht neben dem DMCA bestehen, urteilen die meisten Gerichte.

Ein Beispiel ist der Beschluss des Bundesgerichts für den Mittelbezirk Kaliforniens im Fall Tine Bak LLC v. Selkaty Inc. vom 30. November 2020. Apple hatte auf eine Rechteverletzungsrüge hin eine Rezepte-App gesperrt und wollte sie erst nach einer Gerichtsentscheidung freigeben. Die am Streit beteiligten Unternehmen erwirkten im Gericht lediglich den Beschluss, dass ein DMCA-Fehler im Toleranzbereich des Gesetzes liege und das Gesetz andere Ansprüche präkludiere.


Samstag, den 10. April 2021

Gratis-Webinar und CAN-SPAM Act

 
Ist eine Einladung zum kostenlosen Webinar strafbarer Spam?
.   Knapp $44000 Strafe droht in den USA nach dem CAN-SPAM Act jeder unerwünschten EMail, die wirbt, ohne sich als werbend auszuweisen. Das Gesetz verbietet keine unerwünschte EMail, sondern reguliert ihre Betreffzeile, den Inhalt, die Bezeichnung als Werbung, die Abmeldemöglichkeit, die Absenderkennung und die Angabe einer Postanschrift des Absenders - alles zur Vermeidung der Irreführung von Empfängern. Die Federal Trade Commission ist für die Durchsetzung des Gesetzes, das auch Sonderregeln gegen Pornographie und Viren enthält, zuständig.

Als das Gesetz in Kraft trat, war der Begriff Webinar kaum bekannt. Werbende EMails und Webseiten florierten bereits, und nach dem Inkrafttreten stieg ihr Volumen. Das Gesetz klärt nämlich, welche EMail ohne besondere Vorkehrungen versandt werden dürfen: Einerseits Nachrichten im Rahmen bestehender Beziehungen, besonders Geschäftsbeziehungen, andererseits Geschäftsabwicklungspost wie Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferterminen. Absender müssen dabei inhaltlich sonstige Einschränkungen wie im Gesundheits- und Finanzwesen oder dem Inkasso beachten, die nicht im CAN-SPAM Act geregelt sind.

Kompliziert wird es bei Nachrichten dieser beiden Arten, wenn sie mit Werbung verbunden werden. Sind sie nach dem Gesetz zu kennzeichnen und mit der Opt-Out-Erklärung zu versehen? Die FTC stellt auf den primären Zweck der EMail ab. Bei 90% Transaktionsinformationen und dem Schlusssatz "Auf unserer Webseite finden Sie neue Produkte - Wir geben Ihnen 50% Rabatt!" liegt der primäre Zweck meist erkennbar im Bereich der Geschäftsabwicklung, also ohne CAN-SPAM-Einfluss. Auch bei bestehender Beziehung zum Empfänger fällt der primäre Zweck hingegen unter das Gesetz einem dominierenden Inhalt wie: "Wir stellen Ihnen unsere neue Dienstleistungen vor!"

Die Einladung zum kostenpflichtigen Webinar kann unter diese Grundsätze recht einfach subsumiert werden. Sie wirbt für ein geschäftliches Engagement. Beim Gratis-Webinar ist eine Abwägung erforderlich. Liegt das Ziel primär darin, den Empfänger über bestehende Beziehungen zu unterrichten, oder durch die Beziehungsvertiefung neue Umsätze zu schaffen? Die Unterrichtung über neue Produkte fällt nicht in den Bereich transactional, die Vertiefung dürfte zur Werbung gehören. Das Gesetz reguliert die commercial Message mit dieser entscheidenden Ausnahme in §3(2):
B) TRANSACTIONAL OR RELATIONSHIP MESSAGES.—The term "commercial electronic mail message" does not include a transactional or relationship message.
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Auch ein Gratisangebot kann eine Werbung für eine gewerbliche Leistung darstellen, sodass der CAN-SPAM Act greift. Die Leistung ist das Webinar. Wenn es nicht allein zur Erörterung der bestehenden Geschäfte oder Geschäftsbeziehungen dient, ist es gewerblich. Dann ist die Einladung Werbung mit allen ihren Folgen.


Dienstag, den 06. April 2021

Unerwünschter Anruf von Facebook

 
.   Wie einige andere Dienste erschleicht sich Facebook Nutzerinformationen, darunter Telefonnummern mit dem Versprechen, bei einem Kontenmissbrauch könne der Dienst den Nutzer warnen. Der Kläger im Entscheid Facebook v. Duguid verklagte Facebook wegen solcher Anrufe, die er als Nichtkunde nicht erwünscht, nach dem Telephone Consumer Protection Act of 1991.

Der Supreme Court of the United States in Washington, DC, stellte auf das Automatisierungserfordernis bei der Rufnummernwahl des Gesetzes ab und urteilte am 1. April 2021 gegen den Kläger. 47 USC §227(a)(1) erfordert einen Nummerngenerator, random or sequential number generator.

Die von Facebook angelegte Nummerndatenbank enthalte Kundendaten und entspreche nicht einem automatisierten System, das unbekannte Nummern anwähle. Das Gericht berücksichtigte haftungsentastend, dass die Kundennummer früher bereits an ein Facebook-Mitglied hätte vergeben sein können.


Montag, den 05. April 2021

Lang ersehntes Urteil: API-Kopie legal

 
.   Seit Jahren hofft die Softwareindustrie auf die heutige Entscheidung des Supreme Court of the United States in Washington, DC, im Fall Google LLC v. Oracle America Inc. um eine Urheberrechtsverletzung am API-Quellkode durch Google. Wird die wortwörtliche Kopie von 0,4% des Kodes trotz der Verletzung vom Fair Use-Grundsatz des Copyright Act entschuldigt?

Die Entscheidung vom 5. April 2021 setzt keine neuen Meilensteine, sondern bestätigt lediglich die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung. Eine Verletzung kann durch Fair Use nach 17 USC §107 entschuldigt sein und vermeidet den Schadensersatz. Das Gericht erörtert in seiner Begründung die vier gesetzlichen Faktoren, die die Rechtsprechung weiter ausgestaltet hat. Bei Software fällt die Beurteilung etwas anders als bei sonstigen Werken aus. Eine API-Kopie muss akkurat sein, während sich bei anderen Werken oft die Frage der Wesentlichkeit der Nachahmung auch bei leichten Abweichungen stellt.

Grundsätzlich soll das Urheberrecht die wirtschaftlichen Interessen von Kreativen bei leicht kopierbaren Werken schützten. Dagegen sind die Interessen der Allgemeinheit an der Weiterentwicklung durch das Aufbauen auf bekannten Werken abzuwägen. Fair Use berücksichtigt bei Software-APIs die Möglichkeit, neue Software mit bekannter zu verbinden.

Das Gericht stellt fest, dass Google sein Kopieren auf das absolute Minimum beschränkt hat und einen Riesenmarkt für Oracle und alle anderen aufbaut, die ein bekanntes Werk durch viele neue zum Wohle aller und des Gemeinwesens bereichern und erheblich in das API investiert haben. Die Abwägung der Faktoren führt deshalb zur Entlastung Googles.


Freitag, den 26. März 2021

Auf Foto basierendes Kunstwerk: Schadensersatz

 
.   Den Fair Use-Revisionsentscheid vom 26. März 2021 in The Andy Warhol Foundation for The Visual Arts, Inc. v. Lynn Goldsmith nehme ich in den nächsten Länderreport USA der Zeitschrift Kommunikation & Recht auf. Er behandelt die Frage, ob ein Künstler die Aufnahme einer Fotografin von einem Musiker in eine eigene Bilderserie aufnehmen darf, ohne eine Lizenz zu erwerben, oder ob die kreativen Weiterentwicklungen des Künstlers eine Urheberrechtsverletzung nach dem Fair Use-Grundsatz entschuldigen. Das einflussreiche Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA rückte ein wenig vom eigenen Präzedenzfall mit einer lehrreichen Entscheidung ab.


Donnerstag, den 25. März 2021

Gericht nimmt Domain - haftet Staat?

 
.   Der Revisionsentscheid France.com, Inc. v. The French Republic, verwirft die Klage eines amerikanischen Domaininhabers gegen Frankreich. Er hatte die Domain France.com registriert und vor einem Gericht in Frankreich gegen einen behaupteten Verletzer verteidigt. Das Gericht gestattete dem Staat die Intervention und übertrug ihm letzlich die Rechte an der Domain.

Der Kläger focht die Entscheidung vor einem US-Gericht an, das die Einrede der Staatenimmunität erst nach dem Beweisausforschungsverfahren Discovery prüfen wollte. Frankreich ging sofort in die Revision, und das Bundesberufungsgericht des Vierten Bezirks in Richmand erklärte am 25. März 2021 die Rechtslage. Im Rahmen seiner sachlichen Zuständigkeitsermittlung müsse das Untergericht sofort prüfen, ob die Einrede nach dem Foreign Sovereign Immunities Act greift.

Die Immunität sollte nach der Vorstellung des Klägers wegen zwei Ausnahmen entfallen. Das Gericht verwarf die Ausnahme der commercial Activity, die aus der gewerblichen Nutzung der Domain in den USA folgen sollte. Im Kern gehe es nicht um die Nutzung, sondern die Entwendung durch eine Einziehung. Diese sei gerichtlich verfügt worden, und ein Gerichtsurteil sei keine gewerbliche Handlung. Die zweite Ausnahme der behaupteten Enteignung greife ebenfalls nicht, weil das Gesetz auch eine hier nicht gegebene Verletzung des Völkerrechts erfordere.


Mittwoch, den 24. März 2021

US-Tochter feit vor Durchgriffshaftung

 
.   Die amerikanische Tochtergesellschaft einer schweizer Herstellerin versandte Telefaxwerbung an potentielle Kunden, und gegen beide Unternehmen ging ein Empfäger mit einer Sammelklage wegen des unerlaubten Versands nach dem Telephone Consumer Protection Act vor. Das Gericht wies die Klage gegen die Mutter materiell ab, und diese ging in die Revision mit dem Argument, auch der vom Kläger behauptete prozessuale Durchgriff aufgrund der Tochterkontakte zum Forumstaat sei rechtswidrig.

Eine Tochtergesellschaft wird in den USA zur Abwehr prozessualer wie materieller Gefahren eingerichtet. Nach dem Alter Ego-Grundsatz kann die Mutter prozessual in den USA greifbar werden, wenn auch keine sonstigen Zuständigkeitsmerkmale vorliegen. Materiell können die gegen die Tochter behaupteten Ansprüche gegen die Mutter durchsetzbar werden.

Die Tochter hatte gegen die Vertragspflicht zur Abklärung von Werbung mit der Mutter verstoßen, was beiden zum Vorteil gereicht, weil der Fehler die Einflussnahme der Mutter beschränkt und die Entscheidungsfreiheit der Tochter belegt. Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinatti gelangte im Fall Lyngaas v. Curaden AG am 24. März 2021 zum Schluss, dass die Merkmale des Alter Ego fehlen: first, the corporate entity must be a mere instrumentality of another; second, the corporate entity must be used to commit a fraud or wrong; and third, there must have been an unjust loss or injury to the plaintiff.

Die mere Instrumentality folge nicht automatisch aus einer Unterkapitalisierung der Tochter. Andere Merkmale wie die Beachtung gesellschaftsrechtlicher Formalitäten, der getrennten Buchführung und Finanzen seien beachtet worden, und Betrug sei den Firmen nicht vorzuwerfen. Eine gemeinsame Gläubigerschädigung komme grundsätzlich auch als Merkmal in Betracht und liege hier nicht vor.

Der Kläger hatte keinen Beweis erbracht, dass die Mutter die Entscheidungen der Tochter durch eigene ersetzt hätte, wie es beispielsweise bei Konzerndirektiven so schädlich ist. Das Gericht lehnt die Zuständigkeit nach diesem Grundsatz daher ab. Allerdings gelangt es mit weiteren Erwägungen zur Zuständigkeit nach normalen Prozessregeln; materiell gewinnt die Mutter, weil sie nicht in die Werbemaßnahme involviert war.


Dienstag, den 23. März 2021

Komplexer, doch wirksamer Online-Vertrag

 
.   Im Revisionsentscheid Emmanuel v. Handy Technologies, Inc. vom 22. März 2021 erstreckt das Bundesberufungsgericht des Ersten Bezirks der USA die neue Online-Vertragsrechtsprechung des Obersten Gerichts von Massachusetts aus dem Fall Kauders v. Uber Technologies, Inc., 159 N.E.3d 1033 (Mass. 2021). Die Klägerin hatte nach Zustimmungen zu Vertragsbedingungen auf einem Mobilgerät von der Beklagten angebotene Putzleistungen angefordert und erbracht. Sie war für die Kosten von Arbeitsmitteln als nichtangestellte Freiberuflerin ebenso wie für Steuern verantwortlich.

Sie klagte mit den Behauptungen der Vertrag sei nicht wirksam online zustande gekommen, und wenn doch, sei er sittenwidrig, unconscionable. Er verböte mit einer unwirksamen Schiedsklausel Sammelklagen. Sie bestritt nicht, dass sie auf mehreren Schaltflächen der Online-App ihre Zustimmung erteilt hatte und nicht die Möglichkeiten nutzte, nach oder beim Lesen der Vertragsbedingungen diese zu verweigern.

Die Revision in Boston erklärte, dass die Beweislast für den wirksamen Vertragsschluss beim Anbieter beklagten liege. Er habe auf angemessene Weise die Vertragsbedingungen verständlich erklärt und die Ablehnung angeboten. Aus den Gesamtumständen und den konkreten Belegen sei hinreichend die Annahme nach Kenntnisnahme nachgewiesen. Ob die Klägerin das Lesen der Bedingungen, insbesondere der Schiedsklausel, bestreite, sei nicht entscheidend. Ein Uberpassagier mag davon ausgehen, dass sich der ungelesene Vertrag allein auf den Transport beschränkt. Bei der vorliegenden Transaktion gab es jedoch Schulungen und mehrfache Belehrungen. Für eine Sittenwidrigkeit von Klauseln gäbe es keine Anzeichen.


Montag, den 15. März 2021

Lautere Berichterstattung als Einrede

 
.   Ausgangspunkte des presse- und verfahrensrechtlichen Revisionsentscheids Kinsey v. New York Times Co.:
1) Die Beklagte berichtete, dass sich ein Ministerialjurist in Washington, DC, unerwünscht einer Kollegin bei einem Umtrunk nach der Arbeit näherte.
2) Der klagende, in Maryland wohnende Jurist bestreitet das Wort unerwünscht und verklagte die Zeitung in New York.
3) Im Diffamierungsrecht von Washington, Maryland und New York gilt die Einrede der fairen Berichterstattung mit unterschiedlichen Merkmalen.
Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City bejahte am 15. März 2021 zunächst die Zuständigkeit der Bundesgerichte in New York, da die Beklagte in New York City sitzt und die Veröffentlichung von dort aus ausging und die weiteren erörterten Anknüpfungsmerkmale nicht den Ausschlag geben. Dann prüft es, nach welchem Recht die Wahl des anwendbaren Rechts erfolgen muss und bestimmt lesenswert, dass das der Beklagten günstigere Recht New Yorks gilt.

Schließlich nimmt es die materielle Anspruchsprüfung vor. Nach dem Fair Reporting Privilege ist eine Klage unzulässig, wenn die Presse sich auf gerichtliche Verfahrensinformationen verlässt und wahrheitsgemäß berichtet. Der Bericht muss im wesentlichen akkurat sein; kleinere Fehler werden verziehen, wenn die Hauptaussage den Kern korrekt widerspiegelt. Entscheidend ist die Sicht des Durchschnittslesers.

Die Parteien sind sich einig, dass das Wort in einer Zeugenerklärung verwandt und diese in einen Prozess eingeführt wurde. Strittig ist, ob der Bericht den Prozess so klar erwähnt, dass der Leser ihn und den prozessualen Zusammenhang versteht. An das konkrete Prozesszitat stellt das Gericht keine hohen Anforderungen. Hier kann der Leser nachvollziehen, dass die Zeugenerklärung im Rahmen eines Prozesses eine Rolle spielte. Das reicht für die Wirkung der Einrede. Deshalb ist die Klage abzuweisen.


Samstag, den 13. März 2021

Vom Dessousfoto in die Nachtklubwerbung

 
.   Die Klägerinnen im Revisionsentscheid Electra v. 59 Murray Enterprises Inc. ließen sich in Unterwäsche fotografieren und zeichneten die Aufnahmen für Dessouswerbung frei, fanden dann jedoch ihre Bilder in Nachtklubwerbung und klagten auf Schadensersatz. Nach dem Privatspärenschutzgesetz von New York, §§ 50, 51 Civil Rights Law, gehört zur Privatsphäre auch die Freiheit von unerlaubter gewerblicher Veröffentlichung, betonte das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City am 9. Februar 2021.

Soweit die beklagten Nachtklubinhaber keine Freigabe, Release, der als Fotomodelle und Schauspielerinnen tätigen Klägerinnen vorlegen können, kann das Gericht schnell entscheiden, dass Ansprüche durchsetzbar sind, die vom Untergericht weiter zu prüfen sind.

Auch bei den mit einer Release verbundenen Fotos prüft das Gericht, ob die Verwendung nicht über den erlaubten Rahmen hinausschießt. Die Releases erlauben den Fotografen jegliche gewerbliche Nutzung ohne weitere Vergütung. Die Nachtklubs sind keine Drittbegünstigten oder Vertragsparteien, bemerkt es. Sie müssten eigene Rechte durch Lizenz oder Zession besitzen. Selbst wenn eine Release ausufernd Rechte überträgt, kann ein Anspruch gegen Drittverwender bestehen. Der Anspruch nach §51 besteht zudem unabhängig vom Innehaben geistiger Eigentumsrechte.


Freitag, den 12. März 2021

Löschung enthomosexualisierender Filme legal

 
.   Ein Videomacher gründete eine Religion als Entsexualisierungsmission und richtete ein Konto bei einem Videodienst ein, wo er fast 100 bekehrende Videos einstellte. Der Dienst kündigte wegen Verletzung der Nutzerbedingungen sein Konto. Der Videograf klagte, und der Dienst wandt die Haftungsimmunität nach dem Communications Decency Act ein.

Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City entschied im Fall Domen v. Vimeo Inc. am 11. März 2021 gegen Kunden. Der Kunde erachtete die Regeln als Zensur, zumal die Filme auch der politischen Beeinflussung dienten, indem sie einen kalifornischen Gesetzesentwurf zum Verbot der Sexualitätsbekehrung angriffen.

Das Gericht erkannte, dass der Dienst im Verhältnis zu Inhalten Dritter haftungsimmun sei und zudem selbst einschätzen dürfe, welche Inhalte er lösche, weil sie diese gesetzlichen Merkmale aufwiesen: obscene, lewd, lascivious, filthy, excessively violent, harassing, or otherwise objectionable, whether or not such material is constitutionally protected. Das Gesetz sieht ein Ermessen des Dienstleisters bei der Durchsetzung seiner Regeln, beispielsweise Löschung von Inhalten oder Kontensperren, vor. Auch der Umstand, dass der Dienst Hassvideos anderer Anbieter nicht gelöscht hatte, ändert das Ergebnis nicht. Es liege in der Natur des Internets, dass bei gewaltigen Datenmengen keine Perfektion erwartet werden darf.


Dienstag, den 09. März 2021

Urteil von 1703 schützt Redefreiheit

 
.   Nachdem zwei Studenten das Recht auf Redefreiheit von ihrer Universität abgeschnitten wurde, als ihnen Uni-Sicherheitspersonal missionarische Reden verboten, verklagten sie die Uni auf eine Verbotsverfügung sowie symbolischen Schadensersatz. Die Uni hob die Einschränkung ihres Grundrechts auf und beantragte die Abweisung wegen Erledigung des Hauptanspruchs.

Ihr Schadensersatzanspruch sei so minimal, dass die Studenten die Aktivlegitimation verloren hätten. Der Supreme Court der USA in Washington, DC, zog einen Präzedenzfall aus England von 1703 heran und entschied am 8. März 2021 in Uzuegbunam v. Preczewski gegen die Uni.

Zwei Merkmale seien ausschlaggebend: Selbst wenn die Gefahr einer Wiederholung der Verletzung gebannt sei, verlange Art. III der Bundesverfassung einen durch Entschädigung ausgleichbaren Schaden. Der symbolische Schadensersatzanspruch auf nominal Damages bedeute einen Wert, der über seinen Geldwert hinausgehe. Bei einer behaupteten vollständig erfolgten Verletzung reiche er für die Bejahung der Aktivlegitimation aus.


Donnerstag, den 04. März 2021

Aggregator wegen Blogklaus verurteilt: $202.500

 
.   Wissenschaftliche Blogartikel sammelte ein Aggregator und vertrieb sie mit einer eigenen Zusammenfassung sowie Links zu einem gesperrten Bereich mit den vollständigen Berichten. Eine Bloggerin fand dort über 800 ihrer Berichte, die sie als HTML und RSS veröffentlicht hatte. Sie meldete 50 Artikel beim Urheberrechtsamt an, erfüllte damit eine Klagevoraussetzung und klagte erfolgreich für 27 Berichte den gesetzlichen Pauschalsatz ein, den die Geschworenen in ihrer Subsumtion des Urheberrechts mit je $7.500 festlegten.

Eine einfache Lizenz hätte den Schaden vermieden! Der Revisionsentscheid in Midlevelu, LLC v. ACI Information Group erläutert ausführlich die Anspruchsgrundlagen sowie die Einreden. Fair Use wird am 3. März 2021 besonders gründlich abgewogen, und die Faktoren sprechen für die Bloggerin. Die Einrede der Täuschung des Copyright Office durch im Antrag falsche Veröffentlichungsdaten zieht nicht.

Die Erwähnung von 800 Artikeln bei nur 50 eingeklagten vor der Jury schadet nicht, weil sie die Intensität der Rechteverletzung belegen, entscheidet das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA in Atlanta. Auch der Umstand, dass der Chef des Aggregators als Sachverständiger nicht zugelassen wurde, obwohl er beweisen wollte, dass die RSS-Veröffentlichung den Wunsch der Urheber auf freie Weiterverbreitung symbolisiere, widerstand der Revisionsrüge. Schließlich nützte dem Aggregator nicht, dass er sofort nach Erhalt einer Abmahnung alle Artikel löschte, zumal andere Dienste mittlerweile seinen Index als Quelle der Berichte auswiesen.


Sonntag, den 28. Febr. 2021

Themen im neuen KuR Landesbericht USA

 
.   Für Neugierige hier die Gliederung des nächsten Landesberichts USA für die Zeitschrift Kommunikation & Recht. Der Bericht erscheint im Märzheft 2021.
I.  Produkthaftung Online-Marktplätze
1.  Marktplatzhaftung Westküste
2.  Marktplatzhaftung Golfküste
II.  Plagiatshaftung
1.  Urheberrechtliches Plagiat
2.  Fair Use im Urheberrecht
3.  Markenplagiat Ware - Leistung
4.  Markenplagiat Leistung - Ware
5.  Domainplagiat
III. Werbungshaftung
1.  Rechtswidrige Influencerwerbung
2.  Schmerzensgeld für Hundeasche
IV.  Verleumdungen
1.  Grundrechtsverletzung
2.  Trumps Missverständnis
3.  Frühe Klagabweisung
V.  Anrufaufzeichnung
1.  Privacy-Gesetz
2.  Schutzwürdiges Interesse
VI.  Gesetzesänderungen


Freitag, den 26. Febr. 2021

Zustandekommen, Bruch des Vertrags in New York

 
.   Jeder Staat hat sein eigenes Recht, und es findet sich selten in Gesetzen. Der Revisionsentscheid Novak v. JPMorgan Chase & Co. beschreibt hilfreich die Merkmale des Zustandekommens von Verträgen, ihrer Merkmale und ihrer Verletzung, die in der Regel zu Schadensersatzansprüchen, nicht Leistungsansprüchen führen.

Wer hier oder bei BGB-Analoga im US-Recht mitliest, weiß, wie sehr man sich auf das Fallrecht verlassen muss. Und wenige Entscheidungen sagen ausdrücklich, welches Recht der über 55 Rechtsordnungen der USA ihnen zugrunde liegt. Das Bundesberufungsgericht des Zweiten Bezirks der USA in New York City schreibt am 26. Februar 2021 jedoch vorbildlich:
Under New York law, a breach of contract claim requires alleging: "(i) the formation of a contract between the parties; (ii) performance by the plaintiff; (iii) failure of defendant to perform; and (iv) damages." Orlander v. Staples, Inc., 802 F.3d 289, 294 … Formation requires "an offer, acceptance, consideration, mutual assent and an intent to be bound." Register.com, Inc. v. Verio, Inc., 356 F.3d 393, 427 … "[W]hether a binding agreement exists is a legal issue, not a factual one." Vacold LLC v. Cerami, 545 F.3d 114 … "The manifestation of mutual assent must be sufficiently definite to assure that the parties are truly in agreement with respect to all material terms."
Der Anspruch abzuweisen, weil keine Übereinstimmung über eine Bindungsabsicht vorlag. Wenn dieses Gericht nicht laufend die URLs verkündeter Entscheidungen ändern würde, wären diese leichter zugänglich. Tage nach der Verkündung sucht man sie besser in teuren Jura-Datenbanken oder kostenlosen wie Leagle.com.


Donnerstag, den 25. Febr. 2021

An der Grenze zur Amazon-Haftungsfreiheit

 
.   Ein australischer Online-Vertrieb arbeitet fast wie Amazon, aber erreicht doch nicht die Haftungsfreiheit, die amerikanische Gerichte Amazon und vergleichbaren Vertriebsorganisationen zusprechen. Der Revisionsentscheid Ohio State University v. Redbubble Inc. vom Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinatti vom 25. Februar 2021 betrifft das Markenrecht. Die Amazon-Haftungsfreiheit gilt für Waren von Drittanbietern, die über den Dienst online verkauft werden.

Der Unterschied liegt in diesem Fall darin, dass der beklagte Online-Vertrieb nicht nur Waren Dritter anzeigte, abrechnete, verpackte und versandte, sondern auch aktiv Produkte im eigenen Namen herstellen lässt und Anweisungen an Hersteller erstellt, wie für den Online-Vertrieb geeignete Waren aussehen sollten und welche Grafiken sie verwenden können. Das geht weiter als die Amazon-Praxis, und die Haftungsbefreiung gilt daher nicht.

Das Ergebnis erinnert ein wenig an Konzerndirektiven an amerikanische Tochtergesellschaften deutscher Muttergesellschaften, die die Mutter der materiellen und prozessualen Durchgriffshaftung aussetzen.


Mittwoch, den 24. Febr. 2021

Geschäftsbeziehungen offenlegen, Influencer

 
.   Die Federal Trade Commission in Washington, DC, ist als Bundesverbraucherschutzamt neben den Verbraucherschützern der Einzelstaaten - alle auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen - besorgt um die Irreführung von Verbrauchern durch Influencer und Affiliate-Beziehungen.

Sie unterstreicht ihre Bedenken auf einer den Influencern gewidmeten Webseite und mit Videos und PDF-Erklärungen, die alle im Business Center der FTC abgerufen werden können. Sie enthalten die Regeln, aber auch praktische Tipps.

Selbst kleinste Aufmerksamkeiten und vergütete Warenempfehlungen können eine Haftung bei fehlender Offenlegung auslösen. Die Offenlegung muss nicht kompliziert sein, sondern deutlich und unmissverständlich.


Dienstag, den 23. Febr. 2021

Comic-Charakter im Buch nachgeahmt

 
.   Urheberrecht schützt nicht nur Werke, sondern auch besonders erfolgreich und kontinierlich umgesetzte Charaktere. Der Revisionsentscheid Dubay v. Stephen King behandelt die behauptete Nachahmung einer Comic-Zeitschriften- und -Buch-Figur, die deren Verfasser in der Buchserie eines berühmten Autors und den daraus abgeleiteten Filmen mehrerer Anbieter wiederzufinden glaubte. Beide Charaktere unterhalten einen Bezug zu Zeitmaschinen.

Das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA in Atlanta bestätigte dem Kläger, dass er seinen Charakter kontinuierlich und ausgeprägt als guten Freund und Helfer entwickelte und nutzte. Dem Akteur des Beklagten fehlen hingegen Moral, Idealismus und Uneigennützigkeit. Der erste ist extrovertiert, der zweite introvertiert. Einer gilt als Held, der andere als Anti-Held, schreibt das Gericht am 23. Februar 2021.

Gegen die Behauptung des Klägers, die Werke seien visuell und literarisch ähnlich, ging der Beklagte mit einem Gutachten zur Analyze der substantial Similarity vor. Die Gerichte wiesen jedoch die Argumente des Klägers nach einer Gegenüberstellung der Charakterista der Helden lesenswert ab:
As DuBay sees it, the characters are substantially similar because they (1) have similar names, (2) interact with towers that are integral to time travel, (3) have bird companions, (4) are marked by knightly characteristics, (5) travel back in time to save a young boy who becomes a gunslinger, (6) wear Western garb, (7) survive a fictionalized Alamo, and (8) use knives. He also contends that Dane was the first character that combined these elements to create a distinctive character that King later copied.
We have recognized the pitfalls of scrutinizing each alleged similarity in isolation. … But by asking us to take a broader view of the characters, DuBay hurts rather than helps his case because this more holistic analysis further highlights the distinctiveness of each character. … As a result, these characters are surrounded by different stories and contexts, thereby rendering any similarities superficial.


Sonntag, den 21. Febr. 2021

Sieg für die Schiedsgerichtsbarkeit

 
.   Der Zwang einer Vertragsklausel zur Schiedsgerichtsbarkeit statt der ordentlichen Gerichtsbarkeit steht unter ständigem Angriff der Sammelklageindustrie, die auf die Geschworenen im Gerichtsprozess baut. Im Schiedsprozess entscheiden erfahrene Schiedsrichter, die nicht emotionsgeladene Schadensersatzbeträge zusprechen. Ein gewaltiger Sieg der Arbitration findet sich im Revisionsentscheid Marggieh Dicarlo v. Moneylion Inc. vom 19. Februar 2021 des einflussreichen Bundesberufungsgerichts des Neunten Bezirks der USA in San Francisco.

Die Klägerin wandte sich als Kreditnehmerin gegen die Schiedsklausel eines App-Vertrages für einen Kredit, den sie nicht bedienen konnte und der ihr wucherisch erschien. Sie rügte, dass ihr die Schiedsklausel das Recht auf Vertretung aller geschädigten Kunden des Kredit-App-Anbieters im ordentlichen Gericht zur Erzielung von Verbotsverfügungen versagte. Dieses Recht stehe ihr nach Sammelklagerecht und dem Recht Kaliforniens über die Vertretung öffentlicher Interessen durch eine Art des privaten Staatsanwalts offen und dürfe nicht abgeschnitten werden.

Das Gericht verkündete eine ausführliche Entscheidung, die die Verfolgung von Rechten im Schiedsverfahren und das Recht auf Durchsetzung allgemeiner Interessen erörtert. Verbotsverfügungen seien im Schiedsverfahren in mit dem Recht von Kalifornien vereinbarer Weise erzielbar. Die behauptete Einschränkung des Auftritts als private Attorney General durch die Schiedsklausel entspreche nicht der Auffassung der Klägerin. Die Klausel beschränke allein das Recht, die Ansprüche Dritter zu verfolgen. Die aus Verbraucherschutzgesetzen des Staates Kalifornien folgenden Ansprüche seien trotz der Schiedsklausel wirksam durchsetzbar. Im Ergebnis verletze daher die Klausel nicht die gesetzlichen Garantien kalifornischen Rechts.


Freitag, den 19. Febr. 2021

BGB-Begriffe im amerikanischen Recht: Vertragsrecht

 
.   Ich schreibe mal amerikanische Rechtsbegriffe und Fundstellen für einige BGB-Paragrafen auf. Ob ich dazu lange Lust habe, weiß ich noch nicht. Die laufende Analyse amerikanischer Urteile und Gesetze mit Bedeutung für meine Mandanten findet sich ja seit Vorinternetzeiten im German American Law Journal :: US-Recht auf Deutsch. Ein Ausschnitt vom Anfang. Weiter geht es bei Vertrag.us.

§119 BGB: Irrtum
Mistake:
Dahua Technology USA, Inc. v. Zhang (2021, Virginia, Massachusetts)
Restatement (Second) of Contracts § 153 (Am. Law Inst. 1981).

§123 BGB: Täuschung
Fraud, fraudulent Inducement, fraudulent Misrepresentation:
The Affiliati Network Inc. v. Joseph Wanamaker (2021, Florida)

§145 BGB: Angebot (auch Einbeziehung, Annahme)
Offer, Incorporation by Reference, Online Terms, Acceptance:
Brass Reminders Co., Inc. v. RT Engineering Corp. (2021, Kentucky)

§157 BGB: Vertragsauslegung
Contract Interpretation, Construction:
Clancy v. Jack Ryan Enterprises Ltd. (2021, Maryland)
Warner Bros. Pictures, Inc. v. Columbia Broad. System, Inc. (1954, Bundesrecht)


Donnerstag, den 18. Febr. 2021

Rechtswahlklausel folgenschwer ignoriert

 
.   Ein Vergleich gewährte dem Kläger im Revisionsentscheid Dahua Technology USA, Inc. v. Zhang eine monatliche Zahlung über 16 Monate, die laut Beweislage als Einmalzahlung vorgesehen war, und vereinbarte die Anwendbarkeit des Rechts von Virginia. Da die Beteiligten keinen Bezug zu Virginia besaßen, bat der Kläger um eine Erklärung. Die Beklagte ignorierte die Bitte. Der Kläger klagte dann das 16-Fache des mündlich vereinbarten Gesamtbetrages statt der durch 16 geteilten Summe ein.

Die Beklagte monierte einen Tippfehler bei der Einfügung des Gesamtbetrages an Stelle der monatlichen Teilzahlungen, ähnlich einer Irrtumsanfechtung nach §119 BGB. Der Kläger entgegnete, dass Virginia bei einem Irrtum ein hier nicht vorhandenes Betrugsmerkmal verlange. Die Beklagte forderte die Anwendung des Gerichtsstandsrechts von Massachusetts, das dieses Merkmal nicht kennt.

Am 17. Febuar 2021 entschied das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks der USA in Boston gegen das Recht von Virginia. Die Rechtswahlklausel beruhe auf keinem Bezug der Parteien zu Virginia. Dieser Bezug ist jedoch nach dem internationalen Privatrecht, Conflicts of Laws, des Forumstaats erforderlich. Damit ist die Klausel unanwendbar, und mangels einer anderen Vereinbarung zwischen den Parteien aus verschiedenen Ländern ist das Forumsstaatsrecht anwendbar, das auch ohne Betrugsmerkmal die Irrtumsanfechtung erlaubt.


Dienstag, den 16. Febr. 2021

Affiliate-Betrügern beim Vergleich vertraut

 
.   Darf man bei einem Vergleich mit einer Partei, der man Betrug vorwirft, dieser vertrauen, oder kann man den Vergleich anfechten, wenn sich herausstellt, dass der behauptete Betrüger auch bei der Anbahnung des Vergleichsschlusses betrog?

Der Revisionsentscheid The Affiliati Network Inc. v. Joseph Wanamaker betrifft diese Frage, nachdem ein Anbieter entdeckte, dass der beklagte Affiliate-Marketing-Manager Affiliates zur Internetwerbung einschaltete, die die Produkte betrügerisch oder irreführend bewarben, und dann einen Vergleich mit einer Zahlungsverpflichtung an den Gegner vereinbarte.

Am 16. Febuar 2021 entschied das Bundesberufungsgericht des Elften Bezirks der USA in Atlanta über die Anfechtung, die auf der Behauptung beruht, die gegnerischen Anwälte hätten im Beweisausforschungsverfahren, Discovery, wesentliche Informationen zurückgehalten, die den ursprünglichen Anspruch bewiesen.

Nach dem Recht von Florida darf man dem Gegner im Prozess nicht vertrauen, erklärte es. Bestimmte Handlungen unterliegen bekanntlich Sanktionen. Die Anfechtung des Vergleichs bei Betrugsvorwürfen sei jedoch nicht durch den späteren Nachweis von Unregelmäßigkeiten zulässig. Die Partei habe ihre eigenen Interessen selbst besser schützen müssen und darf sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen.


Sonntag, den 14. Febr. 2021

Ende der Urheberrechts- und Charakterezession

 
.   Um das Recht der Erben eines Autoren an von ihm abgetretenen Werken und berühmten Charakteren streiten im Prozess Clancy v. Jack Ryan Enterprises Ltd.ein Drittverlag und zwei von ihm mit seiner Frau inkorporierte Verlage. Die Erben wollen die Abtretung nach dem Copyright Act kündigen, und dazu muss festgestellt werden, wer die Urheberrechte an den Werken, den Charakteren und Weiterentwicklungen besitzt.

Das Bundesgericht für Maryland steigt tief und lehrreich in die Übertragung von Copyrights ein. Obwohl die Verlage und der Nachlass des Verfassers wirtschaftlich auf derselben Seite stehen sollten, entfalten sich Streitigkeiten, weil seine Kinder und Ehefrauen als Erben unterschiedliche Interessen verfolgen und unterschiedliche Nachlassansprüche besitzen.

Die Kernfrage der Beschlussbegründung berührt die Übertragung oder Rechteentstehung. Hat der Verfasser seine Werke im Auftrag seiner Verlage als Work Made for Hire geschrieben, oder war er ein Angestellter, dessen Rechte auf die Arbeitnehmer automatisch übergehen? In beiden Fällen handelt es sich nicht um eine Zession, die nach 17 USC §203 gekündigt werden kann.

In seiner Entscheidung erklärt das Gericht, dass bestimmte Werkrechte bei den Verlagen ankamen, während der Autor bestimmte Charactere aus den übertragenen Werken eigenständig und ohne Rechteabtretung in neuen Werken weiterentwickelte und in Buch und Film vermarktete. Es erklärt zudem, dass bei zu einer Kündigung der Zessionen entwickelte Derivate beim Empfänger verbleiben, während die Schaffung neuer Derivate dem Erben vorbehalten ist.

Nach diesem 89-seitigen Beschluss zur Würdigung von Rechtsfragen wären nun Beweiswürdigung und Subsumtion durch die Geschworenen der nächste Schritt im US-Prozess.


Samstag, den 06. Febr. 2021

EBook-Normenrechte wirksam unterlizenziert

 
Copyright Symbol
.   Ein eBook-Normensetzerverband erarbeitete mit seinen Mitgliedern die EPUB-Norm mit einer Ansammlung von Lizenzrechten an deren geistigen Eigentumsbeiträgen und unterlizenzierte das Ergebnis an das World Wide Web Consortium zur Weiterentwicklung. Als er mit einem zweiten Vertrag die Rechteübertragung und die eigene Auflösung versprach, wurde er von einem Mitglied wegen der Verletzung seines Urheberrechts verklagt.

Der Revisionsentscheid in OverDrive Inc. v. Open E-Book Forum vom 5. Februar 2021 bestätigt den Normensetzer in der Rechtmäßigkeit des Vorgehens. Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinatti erklärte, dass die von Mitgliedern erteilten Rechteeinräumungen alle Rechte an den Normenkomponenten und auch eine Unterlizenzierung an Dritte wie das WWWC zur ausdrücklich gestatteten Weiterentwicklung erfassten.

Soweit das Mitglied die Gefahr der zukünftigen Verletzung seiner Rechte durch einen beabsichtigten Asset-Transfer an das WWWC beseitigen möchte, indem das Gericht eine Verbotsverfügung erlässt, stellen die Gerichte die Unreifheit des Vorgangs fest: Das Fehlen eines messbaren Schadens bei einer nicht definitiven Vertragserfüllung steht der Ausübung der Gerichtsbarkeit entgegen. Ohne Standing nach Art. III der Bundesverfassung darf das Gericht nicht über ungelegte Eier entscheiden.


Freitag, den 05. Febr. 2021

Auslandsmarke im Inland ausgebeutet

 
Markensymbol R im Kreis
.   Der Revisionsentscheid Belmora LLC v. Bayer Consumer Care AG vom 2. Februar 2021 erklärt die rechtswidrige Ausbeutung einer Auslandsmarke durch einen Wettbewerber im Inland. Die Beklagte vertrieb mit der von der Klägerin im Ausland eingetragenen, berühmten Marke gekennzeichnete Produkte desselben Inhalts in den USA an mit der ausländischen Ware vertraute Verbraucher.

Sowohl das Markenamt als auch das Bundesberufungsgericht des Vierten Bezirks der USA in Richmond beurteilten die Nachahmung als unzulässige Ausbeutung, sodass die Marke der Beklagten in den USA zu löschen sei. Die Ausbeutung beruht neben der Wortmarke auch auf der Nachahmung der Verpackung und Anpeilung derselben Verbraucherkreise.

Das Untergericht wird jedoch angewiesen, die Verwirkung der Klägeransprüche und ihre analoge Verjährung zu prüfen. Das Obergericht bestimmte, dass bei Ansprüchen nach dem Bundesmarkengesetz, Lanham Act, im Einzelfall die Verwirkung nach dem Laches-Prinzip greifen kann.


Donnerstag, den 04. Febr. 2021

Online verlinkte Vertragsklausel wirksam

 
.   Die Parteien im Revisionsentscheid Brass Reminders Co., Inc. v. RT Engineering Corp. unterzeichneten keinen Vertrag, sondern ein Vorstellungsdokument, das auf online verlinkte Vertragsbedingungen verweist. Sie stritten sich, weil der Kläger eine Verpackungsmaschine bestellt hatte, die mit dem von ihm gelieferten Material nicht richtig funktionierte. Er verlangte sein Geld zurück.

Das Bundesberufungsgericht des Sechsten Bezirks der USA in Cincinatti verwarf am 4. Februar 2021 seine Behauptung, die Online-Klausel sei nicht Vertragsbestandteil geworden. Incorporation by Reference heißt der magische Begriff zur Einbindung externer Dokumente. Der Vertrag sei ohne besondere Unterschrift zustande gekommen, indem der Kläger eine Anzahlung leistete.

Der Kläger hatte sich nicht um seine Mitwirkungspflichten geschert, die online detaillierte Vorgaben für Dimension und andere Produktmerkmale vorgeben. Dass er die Vertragsklauseln nicht gelesen hatte, entschuldigt nichts. Falsche Dimensionen und uneinheitliches Material fallen in den Verantwortungsbereich seiner unterlassenen Mitwirkungspflichten, die der Maschinenbauer nicht durch seine erwiesene Hilfsbereitschaft nicht ausgleichen konnte oder musste.


Mittwoch, den 03. Febr. 2021

Teilverneinung der Welfenschatz-Zuständigkeit

 
.   Ausländische Staaten unterliegen der amerikanischen Gerichtsbarkeit nur, wenn Ausnahmen von ihrer Immunität greifen. Eine Ausnahme ist die Enteignung von Amerikanern im Ausland. Der Supreme Court-Entscheid in Federal Republic of Germany v. Philipp vom 3. Februar 2021 behandelt das Argument der in der Nazizeit übervorteilten Kläger, dass diese Ausnahme auch greift, wenn Menschenrechte durch den Zwangsverkauf von Kunst zu einem Drittel seines Wertes verletzt werden.

Der Oberste Bundesgerichtshof der USA untersuchte das anwendbare Zuständigkeitsgesetz, den Foreign Sovereign Immunities Act, und die Grundsätze des Völkerrechts. Nach seiner Auffassung sind Menschenrechtsfragen getrennt von der Enteignungsregelung zu beurteilen. Die Enteignung muss Ausländer betreffen und beurteilt sich nach dem inländischen Enteignungsrecht.

Zusammen mit der Sache Republic of Hungary v. Simon verwies er den Welfenschatzfall daher zurück an das Ausgangsgericht, das nun Staats­an­ge­hö­rig­keits- und andere Fragen klären muss, um über seine sachliche Zuständigkeit zu entscheiden.
[Die Kanzlei des Verfassers berät Staaten und ist an einem der Fälle beteiligt.]


Dienstag, den 02. Febr. 2021

Urheberschadensersatz bei Stoffplagiat

 
Copyright Symbol
.   Urheberrecht und Stoffmuster sind oft nicht einfach in Einklang zu bringen, doch einem Designer gelang es im Revisionsentscheid Desire LLC v. Manna Textiles Inc. am 2. Februar 2021. Erstens hatte er das Muster beim Copyright Office angemeldet. Zweitens ist es ein Original, und die Nachahmungen waren nur leicht veränderte Abklatsche.

Das Bundesberufungsgericht des Neunten Bezirks der USA stimmte deshalb einer Verletzung zu und musste nur noch die Verteilung der Schadensersatzansprüche auf eine Handelskette, die aus verschiedenen Bestellern, Herstellern, Nachahmern und Vertrieben bestand, gründlich durchprüfen. Lesenswert ist seine ausführliche Begründung der Gesamthaftung für den Schadensersatz innerhalb der Ketten statt kumulativen Schadensersatzfolgen für jeden Beteiligten.


Freitag, den 29. Jan. 2021

Zwangsmaßnahme wirkungslos gegen Ausländer

 
.   Sanktionen aus den USA wirken oft abschreckend, und sie entfalten durch Kontensperrungen unerwartete Folgen. Das gilt insbesondere bei den Finanzkontrollen des Office of Foreign Asset Controls und die Ausfuhrkontrollen mehrerer Ministerien. Der Fall Receiver For Rex Venture Group v. Banca Comerciala Victoriabank betrifft hingegen die zivilrechtliche Sanktionsdrohung eines Insolvenzverwalters, der nach einem Pyramidengeschäft die ins Ausland überwiesenen Betrugserlöse bei Banken in aller Welt einfrieren und Verletzungen ahnden wollte.

Vor Gericht verlor er die Vollstreckung der Sperre gegen eine Bank in Moldavien, die noch nach dem Erlass einer globalen Kontensperre hohe Beträge nach Russland transferiert hatte. Das Gericht verweigerte den Erlass einer Sanktion wegen Missachtung der Sperrverfügung, weil er keine Unterwerfung der Beklagten unter die Gerichtsbarkeit im Sinne einer örtlichen Zuständigkeit nachweisen konnte.

Der Receiver hatte die Verfügung der Bank zugesandt, diese aber nicht nach deren Ortsrecht anerkennbar und vollstreckbar gemacht. Damit war die Bank ihr - selbst bei einer wissentlichen Verletzung - nicht unterworfen. Auch der Weg über die Bankbeziehungen der Beklagten mit einer Korrespondenzbank in New York City reicht nicht, erklärte auch das Bundesberufungsgericht des vierten Bezirks der USA in Richmond am 29. Januar 2021 nach Prüfung des anwendbaren Long Arm Statute, mit dem die Gerichtsbarkeit über forumsfremde Beklagte herbeigeführt werden kann.


Dienstag, den 26. Jan. 2021

Funktionales Design ohne Schutz

 
Markensymbol R im Kreis
.   Mit der Einführung "Copying is usually legal. It is part of market competition. As a rule, unless a patent, copyright, or the like protects an item, competitors are free to copy it," beginnt die Revision in Ezaki Gliko Kabushiki Kaisha v. Lotte International America Co. die Begründung im Streit über den Designschutz für schokaladeumwickelte Gebäckstangen. Die japanische Erfinderin hatte kein Patent angemeldet, sondern berief sich auf den markenrechtlichen Schutz des Lanham Act, als sie gegen eine amerikanische Nachahmung vorging.

Designschutz endet, wo die Funktionalität beginnt. Funktionale Erfindungen sind nur mit einem Patent schützbar. Der Kern der Begründung des Bundesberufungsgerichts des dritten Bezirks der USA in Philadelphia vom 26. Januar 2021 betrifft die Funktionalität.

Diese erörtert das Gericht im Sinne einer Nützlichkeit, während die Klägerin eine Essentialität forderte. Nach einer lehrreichen Einführung in die Schutzsystematik des amerikanischen Rechts folgerte das Gericht, dass die Aufmachung nützlich ist und daher keinen Kopierschutz beanspruchen darf. (Ton)


Freitag, den 22. Jan. 2021

Zuständigkeit durch Webseiten Forumsfremder

 
Drastische Aufgabe der Gerichtsbarkeit in neuer Rechtsprechung
.   Führen Webseiten, die am Gerichtsort aufrufbar sind, zur örtlichen Zuständigkeit des Gerichts gegen den ortsfremden Betreiber? Die Gerichte haben unterschiedlich entschieden. Manche sagen ja, wenn die Seite interaktiv ist, beispielsweise wenn sie Bestellungen ermöglicht. Andere stellten auf die Zielgerichtetheit ab. Der Supreme Court meinte, der Beklagte müsse sich am Gerichtsort wie zuhause fühlen.

Das Bundesberufungsgericht der Hauptstadt ließ sich bei einer Klage gegen eine ausländische Luftfahrtgesellschaft vom Supreme Court leiten. Die Klägerin verlangte Schadensersatz wegen eines Unfalls in Asien von einer Firma, die in Asien fliegt und auch Hawai'i bedient. Sie betreibt eine Webseite, die auch im Gerichtsort Washington, DC, aufrufbar ist und Buchungen ermöglicht.

Im Fall Erwin-Simpson v. AirAsia Berhad reicht dieser Sachverhalt nicht als Fundament für die Ausübung der personal Jurisdiction aus. Ohne Zuständigkeit ist die Klage abzuweisen, entschied der United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit am 19. Januar 2021 in einer drastischen Aufgabe seiner alten Rechtsprechung:
… the proper inquiry "is not whether a foreign corporation's in-forum contacts can be said to be in some sense 'continuous and systematic,'" but rather whether the contacts "are so ‘continuous and systematic’ as to render [it] essentially at home in the forum State.” … This holding does not preclude the possibility that, under the facts of some future case, a corporation's online contacts could support general jurisdiction. … (reserving "the possibility that a corporation's pervasive virtual presence in a forum may be the linchpin for a finding that its business contacts are so continuous and systematic as to render it at home in the forum"). We hold only that, for online contacts alone to be enough, they would need to render the corporation "essentially at home" in the District, …
(Tondatei)


Dienstag, den 19. Jan. 2021

Weißes Haus bei Buchfreigabe bösgläubig

 
.   Jede Partei darf im amerikanischen Prozess von der Gegenpartei alle notwendigen Beweise im Discovery-Ausforschungsbeweis­verfahrensabschnitt fordern. Das gilt auch im Prozess des Weißen Hauses gegen einen Mitarbeiter, der als Geheimnisträger nach seinem Abtritt gegen den Willen des Präsidenten ein Buch veröffentlicht. Der Streit betrifft die vom Autor verlangte Freigabe sowie die Einziehung der Einkünfte.

Am 14. Januar 2021 entschied das Bundesgericht der Hauptstadt in United States v. Bolton die Frage, ob vor dem Antrag auf Urteil nach der Schlüssigkeitsprüfung gegen den Verfasser dieser zunächst die Gegenseite in der Discovery vernehmen dürfe. Relevant sei, dass der alte Arbeitgeber bei der Verweigerung der Freigabe böswillig gehandelt habe. Diese Einrede der unclean Hands sei urteilsentscheidend.

Das Gericht lehnte den Urteilserlass ab und verkündete seine Analyse: Der Autor habe recht. Die Einrede sei kritisch. Dagegen seien das Interesse des Weißen Hauses an der Geheimhaltung nachrichtendienstlicher Informationen abzuwägen. Deshalb gibt es dem Autor das Recht, schrittweise und nur in Abstimmung mit dem Gericht die zuständigen Geheimdienstler und Freigabeprüfer zu vernehmen. (Tondatei)


Freitag, den 15. Jan. 2021

Die vertraglich verkürzte Verjährung

 
.   Beim Vertragsentwurf empfiehlt sich oft die Verkürzung der gesetzlichen Verjährung. Doch ist sie wirksam, oder geht das Gesetz vor? Im Revisionsentscheid Cassandra Thompson v. Fresh Products LLC unterzeichneten Arbeitnehmer eine Verkürzungsklausel von sechs Jahren auf sechs Monate. Eine Arbeitnehmerin klagte viel später. Der Arbeitgeber rügte die Fristversäumnis.

Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks der USA in Cincinatti stellte am 15. Januar 2021 auf die Anspruchstypen ab. Manche Gesetze, wie hier mehrere Diskriminierungsgesetze, enthalten eigene Verjährungsregeln, die das Gericht als materielle Vorschrift ansieht und die nicht vertraglich abbedungen werden dürfen. Die entsprechenden Gesetze erklären im Zusammenhang die Notwendigkeit der langen Fristen: Vor einer Klage sind Vorverfahren abzuschließen.

Man kann nicht alle Gesetze über einen Kamm scheren, doch die Moral der Entscheidung lautet: Der Verzicht auf Klagerechte, beispielsweise auch in Vergleichen, muss unter Berücksichtigung der konkreten Gesetzeszwecke und darin vorgeschriebener Verfahrensregeln formuliert werden. Bei über 50 Rechtsordnungen in den USA ist das nicht einfach, und ein Restrisiko verbleibt auch bei großer Sorgfalt.


Donnerstag, den 14. Jan. 2021

Der knifflige Geist des Vertrages: Ein Risiko

 
.   Der Geist des Vertrages ist ein kniffliges Phänomen und findet sich oft als Anspruchsgrundlage namens good Faith and fair Dealing in Klagen. Das Opfer beklagt die Verletzung dieses Grundsatzes, und Richter und Schiedsrichter haben damit so ihre Schwierigkeiten. Wie findet man den Geist? Ein Merkmal ist oft eine behauptete Böswilligkeit. Den guten Geist greift man nicht, aber das Gegenteil lässt sich vielleicht entdecken, hofft der Kläger.

In der Praxis verlassen sich Richter und Schiedsrichter gern auf diese Rechtsgrundlage, wenn alle anderen Ansprüche nichts taugen, aber eine vollständige Klagabweisung nach ihrem Bauchgefühl nicht gerecht erscheint oder das Opfer halt irgendwas erhalten sollte. Vielleicht reicht als Irgendwas die Erstattung der Verfahrenskosten - ohne zu ahnen, dass sie schon im sechstelligen Bereich liegen.

Im Schlüssigkeitsbeschluss PeaceTech Lab Inc. v. Accelerate LLC erörtert das Bundesgericht der Hauptstadt am 12. Januar 2021 werden die Merkmale des Grundsatzes ausführlich, als eine gemeinnützige Gesellschaft einen Spender auf versprochene Spenden verklagt. Die Substantiierung des Geistes gelang der Klägerin nicht, als sie einfach Bösgläubigkeit behauptete. Die Verschleppung der Zahlungen allein und das Motiv der Einführung in die besseren Kreise Washingtons durch die Stiftung konkretisieren nicht den Geist. Der Anspruch ist unschlüssig.



Vertauschte Begriffe in zwei Marken verwechseln

 
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.   Ob die Marken NORTH 61 und 66⁰NORTH verwechselbar sind, beurteilte das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks in Washington, DC, am 13. Januar 2021 im Fall North 61 LLC v. Sjoklaedagerdin Hf.. Die Änderung der Reihenfolge von Zahl und Wort vermindert die Verwechslungsgefahr genauso wenig wie die Verwendung einer Marke in Verbindung mit einer amerikanischen Straße und einer isländischen Region. Das Markenamt hatte zu recht die Eintragung der neueren Marke nach § 2 Lanham Act und seiner üblichen Prüfung der Verwechslungsmerkmale aus dem Präzedenzfall In re E. I. DuPont DeNemours & Co., 476 F.2d 1357, 1361 (C.C.P.A. 1973) abgelehnt:
The Board first found that the parties' similar goods, services, channels of trade, and classes of consumers pointed to a likelihood of confusion. … Next, the Board determined that Sjoklaedagerdin's mark 66⁰NORTH is not conceptually or commercially weak. … Additionally, the Board determined that the marks are similar because "each combines the word NORTH with a two digit number in the sixties." … Lastly, the Board found the following DuPont factor to be neutral: length of time during and conditions under which there has been concurrent use without evidence of actual confusion.


Montag, den 11. Jan. 2021

Ausschluss aus Foren legal - und Parler

 
.   Ständige Rechtsprechung: Der Ausschluss von Forenmitgliedern ist legal, auch wenn eine Einschränkung der Redefreiheit, die widerrechtliche Verletzung von Vertragsbeziehungen mit Lesern, ein verbotenes staatsgleiches Handeln oder eine Monopolisierung behauptet wird.

Links zu Entscheidungsberichten

Grundsätzlich führen Vertragsverletzungen zum Schadensersatz, Monopolverletzungen zum dreifachen Schadensersatz, und ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung auf eine Wiederherstellung des vorherigen Stands zu nichts. Eine EV friert den jetzigen Zustand ein. Wenn ein Konto gelöscht oder ein Vertrag verletzt ist, lautet der Anspruch auf Schadensersatz. Vertragserfüllungsansprüche sind in den meisten Fällen nicht durchsetzbar.

Was erhofft sich Parler von diesem EV-Antrag wohl? Wenn der Dienst wirklich entgegen anderslautenden Medienberichten noch nicht abgeschaltet ist, hört sich das Gericht die Erklärung vielleicht an, bevor der AWS-Vertrag endet.


Samstag, den 09. Jan. 2021

Der Aufstand: Polizeifehler am Kapitol

 
.   Aus Europa erfährt der Verfasser, dass die Gründe für das Polizeiversagen vom 6. Januar 2021 im Kapitol nicht erklärt werden. Der Hauptfehler war die Fehleinschätzung der Bewegung aus trump-Sympathisanten. Der Angriff auf das Kapitol und die folgenden Todesfälle, Verletzungen und Sachbeschädigungen erklären sich großenteils aus der Verteilung der Polizeizuständigkeiten.

Washington, DC, ist kein Staat und darf nur seine eigene Metropolitan Police verwalten, aber nicht über den Einsatz der DC-Nationalgarde entscheiden. Die National Guard ist militärisch ausgestattet und kann zum Kriegs- und Nothilfeeinsatz verpflichtet werden, doch nur von der Bundesexekutive unter trump.

Am Kapitol darf die DC-Polizei nicht tätig werden, weil die zahlreichen Gebäude der Legislative in die Zuständigkeit der Capitol Police fallen. Für ein großes Areal um das Kapitol ist die Park Police zuständig. Beide sind Bundeseinheiten. Der Secret Service kann als uniformierter Bundesdienst überall eingreifen, doch seine Hauptaufgaben bestehen in der Gewährleistung der Sicherheit des Präsidenten sowie des Bargeldes. Andere Polizeidienste verschiedener Ministerien dürfen in Washington eingreifen, doch wiederum nicht auf Anweisung der Stadtverwaltung. Schließlich kennt jeder das Federal Bureau of Investigation. Das FBI des Bundes nimmt hauptsächlich Untersuchungen vor und wird nicht primär zur Gefahrenabwehr eingesetzt.

Am 6. Januar 2021 war der Angriff auf Personen und Anwesen im Zuständigkeitsbereich der Capitol Police sowie die Demokratie selbst gerichtet. Die DC-Polizei sah die Gefahr und durfte nicht eingreifen. Die DC-Stadtverwaltung erbat von trump die Zustimmung zum Einsatz der Nationalgarde, der sie verweigerte, während er wie ein Feldherr im Weißen Haus gebannt auf die Entwicklung an zahlreichen Bildschirmen starrte.

Die Nachbarstaaten Virginia und Maryland erkannten die Gefahr und boten ihre Nationalgardeneinheiten der DC-Regierung an, die sie annahm. Bis zum Einsatz vergeht Zeit, weil sich die Einheiten sammeln und rüsten müssen, bevor sie sich auf die Reise machen.

Nachdem die DC-Regierung den Notstand mit Sperrstunde ab 18 Uhr ausrief, konnte die DC-Polizei Aufrührer außerhalb des Kapitol- und Parkgeländes festnehmen.

Copyright Symbol
Neben den Zuständigkeiten gab es natürlich viele andere Gründe für diese Tragödie. Viele davon sind direkt auf trump zurückzuführen. Die ungleiche Behandlung von Sommerdemonstranten und trump-Aufrührern im November und Januar verletzt auch das Gerechtigkeitsgefühl des Verfassers, der fast alle friedlichen Demonstrationen gegen trump seit 2017 miterlebte und als Beobachter mit Anti-trump-Maske mitten durch die mit Samthandschuhen behandelte trumpski-Menge nach der Wahl radelte.


Montag, den 04. Jan. 2021

Zentralregistermeldung nach Firmengründung

 
Kein zentrales Handelsregister, sondern Erfassung auf Bundesebene
.   Jeder Einzelstaat in den USA hat ein Handelsregister. Es verschafft Firmeninhabern eine Haftungsbeschränkung auf die Kapitaleinlage, die minimal sein kann. Ein öffentlicher Glaube ist mit der Eintragung nicht verbunden, denn die eingetragenen Daten sind meist minimal und zeigen nicht die hinter der Firma stehenden Inhaber auf. Also eine Art Briefkastenfirma - Shell Company -, die konzeptuell als völlig legitim gilt.

Angespornt von anderen Nationen im Kampf gegen Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung sehen sich die USA dem Druck ausgesetzt, auch die Inhaber zu erfassen, wie sie es in internationalen Abkommen schon lange vom Rest der Welt verlangen. Jetzt ist das notwendige Bundesgesetz in Kraft getreten, das mit Verordnungen des Schatzamts umgesetzt werden muss. Die Beneficial ownership information reporting requirements im neuen Corporate Transparency Act verlangen nicht viel:

Inhaber von 25% oder mehr Eigentum an einer Gesellschaft oder ihre Kontrollpersonen müssen nach der Gründung Namen, Wohnsitzanschrift sowie Geburtsdatum und eine Identifikationsnummer mitteilen. Empfänger der Meldung ist das FinCEN-Amt im Schatzamt. Dieses kann eine Identifikationsnummer erteilen, die vielleicht irgendwann wie eine Handelsregisternummer nützlich werden kann. Aktualisierungen sind binnen Jahresfrist einzureichen, und der Zugang zu den Daten bleibt bestimmten Behörden vorbehalten.

Also weiterhin kein zentrales Handelsregister, keine Handelsregisternummer und kein öffentliche Glaube an akkurate Einträge.


Sonntag, den 03. Jan. 2021

Urheberrechtsreform: Chance oder Pleite

 
Copyright Symbol
.   Das von trump mit einem Veto belegte Monstergesetz mit knapp 6000 Seiten Gesetzestext im Consolidated Appropriations Act of 2021 ist letzlich in Kraft getreten. Im Urheberrecht enthält es eine teils kritisch beurteilte, teils gepriesene Änderung, die wie auch die Änderungen im Markenrecht - siehe Neugeregeltes Markenrecht im TM Act of 2020, Trademark Modernization Act of 2020 bringt Erschwernisse - gravierende Neuerungen bringen.

Das Copyright Office in Washington wird im neuen Copyright Alternative in Small-Claims Enforcement Act of 2020 gesetzlich verpflichtet, drei erfahrene Juristen einzustellen, die ein Small Claims Board bilden. Dieses Forum soll ein Schiedsverfahren für geringwertige Ansprüche bis $30.000 bieten, bei dem die Parteien jeweils die eigenen Kosten tragen. Fotografen, die oft Ansprüche von geringem Wert vor Gericht nur zu enormen Kosten verfolgen können, begrüßen diese Alternative zum Gerichtsprozess, der sich bei Ansprüchen unter $100.000 bis $200.000 kaum lohnt.

Im Schiedsverfahren sind Ansprüche auch bei fehlender, sonst zwingender Copyright-Anmeldung zulässig, doch sind sie auf $15.000 begrenzt. Kritiker bezweifeln die Rechtsstaatlichkeit des neuen Schiedsamts, vor das behauptete Urherrechtsverletzer wegen minimaler Verletzungen gezerrt werden können und vor dem sie einen erheblichen Verteidigungsaufwand befürchten. Der Begriff Small Claim passe auch nicht zu einem Schadensersatz von $30.000, wenn der Durchschnittsamerikaner nicht einmal $400 auf dem Konto habe.


Samstag, den 02. Jan. 2021

Muss Ministerium alle Fakten zu Akten nehmen?

 
.   Vom Finanzverkehr in Dollartransaktionen wurde ein russischer Unternehmer ausgeschlossen. Die OFAC-Abteilung im Schatzamt darf und tut das, wenn sie nicht auch noch das Vermögen beschlagnahmt. In Deripaska v. Treasury prüfte das Bundesgericht der Hauptstadt am 29. Dezember 2020 auf die Klage des Unternehmers hin, ob das Amt nicht seinen weiteren Vortrag über eine Reduzierung seiner Beteiligung am Energiesektor Russlands samt gesellschaftsrechtlichen Unterlagen zur Einschränkung seiner Stimmrechte in die Akte aufnehmen und zur Neubeurteilung berücksichtigen müsse. Er berief sich auf folgende Grundsätze zur Aktenergänzung:
The court will “not allow parties to supplement the record unless they can demonstrate unusual circumstances justifying a departure from this general rule.” … The D.C. Circuit has recognized three such unusual circumstances that permit a court to order supplementation:
(1) The agency deliberately or negligently excluded documents that may have been adverse to its decision; (2) the district court needed to supplement the record with “background information” in order to determine whether the agency considered all of the relevant factors; or (3) the agency failed to explain administrative action so as to frustrate judicial review.
Der Kläger verlor nicht unerwartet, denn OFAC ist nahezu allmächtig, und die Gerichte bestätigen die Sanktionen des Amts durchweg. Vor dem Erlass einer Sanktion ist die korrigierende Einwirkung möglich, aber oft ahnen ausländische Unternehmen nichts von Ermittlungen, bis eine Sanktion im Federal Register verkündet wird. Auch Dritte, deren Handelsbeziehungen durch Sanktionen gekappt werden, sind OFAC machtlos ausgeliefert und laufen Gefahr, bei Nichtbeachtung der Sanktionen selbst Einschränkungen zu unterfallen.


Freitag, den 01. Jan. 2021

Firma - Marke - Domain

 
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.   Beim Firmenkauf erhielt die Klägerin im Revisionsentscheid Wooster Floral & Gifts LLLC v. Green Thumb Floral & Garden Center Inc. den Firmennamen, doch nicht die Domain des Blumengeschäfts, den die Verkäuferin aufgegeben hatte. Die Beklagte erwarb diesen Domainnamen und leitete ihn auf die eigene Seite um. Die Klägerin behauptete die Verletzung ihrer Marken- und Domainrechte. Der Supreme Court von Ohio prüfte das einzelstaatlichen Markenrecht und das Bundesmarkenrecht sowie das einzelstaatliche Gesetz gegen Wettbewerbstäuschungen.

Am 15. Dezember 2020 bestätigte das Gericht in Columbus die Rechte an der Firmierung. Weder die Rechte noch die Namensbestandteile sind mit der Domain identisch. Entscheidend sei nach allen Anspruchsarten die Gefahr einer Kundentäuschung. Diese Gefahr bestehe nicht, weil die Webseite der Beklagten die Firmierung der Klägerin nicht verwende und jeder Kunde sofort an der Seite erkenne, dass er sich bei der Online-Präsenz der Beklagten befinde.

Die Klägerin besaß zudem kein Markenrecht am Domainnamen, weil er weder im Ohio- noch im Bundesmarkenregister eingetragen war und sie ihre vollständige Firmierung im Handelsverkehr verwendet, während die kürzere Domain nur allgemein übliche orts- und warenverweisende Worte enthalte.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.