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Freitag, den 28. Okt. 2016

Auffahrunfall: Jury glaubt Lokführer nicht  

.   Unterhaltsam beschreibt ein führender Richter in Kelham v. CSX Transportation Inc. den Auffahrunfall von Zügen und seine Bewertung durch Richter und Jury. Er führt in ihre Rollen im US-Prozess ein: Die Ge­schwo­re­nen sub­sumieren Recht und Fakten in der ersten Instanz; der Rich­ter ent­schei­det, was sie hören, sehen und lesen, und er weist sie in das Recht ein.

Die sechsseitige Revisions­entscheidung vom 27. Oktober 2016 liest sich wie eine Novelle und aus deutscher Sicht - ohne einen einzigen Paragrafen außer der be­haup­teten Anspruchs­grund­lage - kaum wie ein Urteil. Ein Meister wie Re­vi­si­ons­rich­ter Posner darf sich diese Freiheit nehmen.

Ein meilenlanger Zug musste halten; von hinten fuhr ihm ein anderer Zug auf. Der kla­gende Lok­führer fühlte sich von der Erschüt­terung nach vorn gestoßen und purzelte so, dass er einen Rück­grat­schaden erfuhr. Gutachter und Zeugen meinen, dass er beim Auffahr­unfall nicht nach vorn, sondern nach hinten hät­te purzeln müssen. Der Richter ließ ihren Vortrag vor der Jury im Tri­al-Ab­schnitt des Prozesses zu, obwohl der Kläger pro­testier­te.

Der Richter urteilte, die Jury solle sich selbst ein Bild machen; einen Rechts­grund zum Ausschluss der Gut­achter und Zeu­gen gäbe es nicht. Genauso ur­teil­te er in der Frage lang­jäh­riger Rücken­leiden und Medika­menten­ein­nah­men des Klä­gers. Richter Posner von Bundes­beru­fungs­gericht des sieb­ten Be­zirks der USA in Chi­ca­go be­stätigt den Unter­richter in al­len Ent­schei­dun­gen, die letzt­lich zu einem Juryspruch, Verdikt, zugun­sten der beklag­ten Eisen­bahn führten. Damit bestätigt er auch das abwei­sende Urteil des Un­ter­richters.


Freitag, den 28. Okt. 2016

Webdienstleister mit Menschenhandelswerbung verliert  

.   Das SAVE-Gesetz des Bundes verbietet Werbung für Men­schen­handel und -missbrauch im Internet, worunter auch sexuelle Dienst­leistungen fallen. In Backpage.com v. Lynch focht ein Inter­net­wer­bungs­dienst­leister den ihm drohenden staatlichen Eingriff an, da er sich nicht in der Lage sieht, jeg­liche ge­set­zes­widrige Werbung auf seinen Sei­ten zu un­ter­bin­den.

Kunden stellen ihre Werbung automatisiert ein, und der Anbieter hat nur be­grenz­te Kontrollmöglichkeiten. Am 24. Oktober 2016 folgte im Bundesgericht der Hauptstadt in Washington, DC, mit einer 21-seitigen Begründung eine lehr­rei­che Kla­ge­abweisung.

Der United States District Court for the District of Columbia führt den Leser durch die Prüfschritte der Eingriffskontrolle. Das wesentliche Merkmal für die Ab­wei­sung ist der noch nicht erfolgte staatliche Eingriff. Die abstrakte Nor­men­kon­trol­le hat der Supreme Court vor die Hürde eines erforderlichen, tatsächli­chen Scha­dens durch einen Eingriff gestellt. Diese Rechtsprechung hat er in den letz­ten Jahren im Hinblick auf die Aktivlegitimation, beispielsweise im Fall Spokeo v. Robins, siehe Haftung der Personensuchmaschine nach Kre­dit­schutzgesetz, ver­schärft, und das erstinstanzliche Gericht in der Hauptstadt wandte sie auf den Stop Advertising Victims of Ex­ploi­ta­tion Act of 2015 an.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.