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Sonntag, den 01. Dez. 2019

Bei Twitter angekreidet: Schadensersatz  

.   Das Urteil in Illoominate Media Inc. v. CAIR Foundation betrifft die Haftung einer als verschwörungsphantasierend bekannten twitternden Klägerin, die von einer anderen Twitternutzerin wegen Regelverstößen an­gekrei­det wurde, woraufhin Twitter das Konto der Klägerin sperrte und ein Schaden aus an­geb­li­ch rechtswidrigem Eingriff in Geschäftsbeziehungen mit Dritten, nämlich den Lesern der Klägerin, entstand.

Das Bundesgericht im Südbezirk von Florida prüfte die Tatbestandsmerkmale der behaupteten Tortious Interference, die auf bestehende und erhoffte Ver­trä­ge und auch Geschäftsbeziehungen einwirkt. Es wies die Klage schon al­lein we­gen des Man­gels an Geschäftlichkeit der Beziehungen zwischen Twit­ter­schrei­bern und -le­sern ab. Dabei stellte es auf die nichtidentifizierten Le­ser in ihrer Ge­samt­heit ab.

Denkbar wäre ein solcher Eingriff, wenn ein Anbieter und ein konkreter Kunde ihr Geschäft über Twitter abwickeln und ein Konkurrent dieses unterminiert. Die Klä­ge­rin behauptet vorsichtshalber auch, dass die Mel­dung an Twitter ihre Ver­trags­be­zie­hungen mit Twitter rechtswidrig störe. Das Gericht erkennt, dass Twit­ter kei­ne Kon­to­er­halts­ver­tragspflicht versprochen hat; deshalb kann die Meldung keinen rechts­wi­dri­gen Eingriff bedeuten.

Das Urteil vom 19. November 2019 erörtert unnötigerweise auch die Haf­tungs­be­frei­ung von Internetforen in §230 Communications Decency Act und ver­mischt da­bei die Merk­ma­le der Absätze 1 und 2; an dieser Erörterung sollte sich kein Leser orientieren. Siehe dazu die Landesberichte USA vom Verfasser in Kommunikation & Recht mit den obergerichtlichen Entscheidungen zum CDA und die Analyse von Eric Goldman, Notifying Twitter of TOS Violations Isn't Tortious Interference - Illoominate v. CAIR.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.