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Donnerstag, den 16. Febr. 2006

Kommission verloren  

.   Ein Unternehmer bringt einem anderen einen Großkunden und erwartet einen Finderlohn. Ohne ihn geht es auch, und die beiden Unternehmen kontrahieren direkt miteinander. Der geprellte Finder klagt wegen eines deliktischen Eingriffs in Geschäftserwartungen, ungerechtfertigter Bereicherung, Vertragsbruchs wegen der Umgehung eines Wettbewerbsverbots und Geheimhaltungsgebots sowie behaupteter Unterschlagung auf Schadensersatz.

Im Fall APG, Inc. v. MCI Telecommunications Corporation, Az. 02-1120, erörtert das Bundesberufungsgericht des ersten Bezirks am 8. Februar 2006 anschaulich diese Ansprüche und bestätigt bis auf den Bereicherungsanspruch, unjust Enrichment, die Klagabweisung. Die Bereicherung muss vor dem Untergericht neu verhandelt und je nach Fallentwicklung den Geschworenen, Jury, zur Beurteilung vorgelegt werden.

Das Gericht sprach dem Berufungskläger ausnahmsweise auch die Erstattung der halben Berufungsverfahrenskosten zu.


Donnerstag, den 16. Febr. 2006

Studentische Selbstverteidigung  

HF - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des District of Columbia hatte am 10. Februar 2006 in der Sache Alan V. Washburn v. Michael Lavoie, et al., Az. 04-7158, im Rahmen der Prüfung der Klageansprüche vor ihrer Vorlage an die Geschworenen, Jury, über eine geltend gemachte Rufschädigung des Berufungsklägers durch die Berufungsbeklagten zu entscheiden.

Die Parteien leben in Nachbarhäusern mit einer gemeinsamen Außenwand. Der Berufungskläger, ein Rechtsanwalt, beklagte sich mehrfach bei der zuständigen Verwaltung der Universität, welche die Berufungsbeklagten besuchen, über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Berufungsbeklagten schriftlich und sandte Ablichtungen seiner Schreiben an die Vermieter der Studenten. In einem seiner Schreiben erklärte er, die aus dem Studentenhaus kommenden Geräusche in seinem Haus auf Tonband aufgenommen zu haben und daher beweisen zu können.

In einer von der Universitätsverwaltung angeforderten Stellungnahme der Studenten bezeichneten sie die Tonbandaufzeichnungen für als mit dem Gesetz unvereinbar. Diese Aussage wiederholten sie mündlich gegenüber einer Nachbarin, die beide Parteien als mögliche Zeugin angesprochen hatten.

Der Anwalt verklagte die Studenten vor dem erstinstanzlichen Bundesgericht des District of Columbia auf Ersatz seiner tatsächlichen Schäden, compensatory damages, in Höhe von $1,5 Millionen und Strafschadensersatz, punitive damages, in Höhe von $6 Millionen wegen Rufschädigung.

Er begründete seine Klage damit, dass die Aussage, er verstoße durch die Tonbandaufnahmen gegen geltendes Recht, nicht der Wahrheit entspräche und geeignet sei, seinen Ruf als Rechtsanwalt zu schädigen. Das Gericht wies die Klage ab mit der Begründung, die Aussage der Berufungsbeklagten sei nicht geeignet, den Ruf des Berufungsklägers zu schädigen. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil.

In seiner Begründung setzt sich das Berufungsgericht jedoch nicht mit der vom erstinstanzlichen Gericht angeführten fehlenden rufschädigenden Wirkung der Aussage auseinander. Vielmehr unterstellt es das Vorliegen einer solchen und spricht den Studenten insoweit ein Selbstverteidigungsrecht zu. Voraussetzung dieses im District of Columbia anerkannten Rechts auf Selbstverteidigung ist zum einen, dass eine Information im Raum steht, die wichtige Interessen des sich selbst Verteidigenden erheblich beeinträchtigt und zum anderen, dass die rufschädigende Aussage erfolgt, um die beeinträchtigten Interessen dem gesetzlichen Schutz zuzuführen.

Diese Voraussetzungen sieht das Gericht als erfüllt an. Das bedeutende Interesse der Berufungsbeklagten, disziplinarische Maßnahmen seitens der Universität und eine gerichtliche Verfolgung zu verhindern, sei durch das Verhalten des Berufungsklägers nachvollziehbar beeinträchtigt worden. Den Studenten habe daher das Recht zur Verteidigung gegen die vom anwaltlichen Nachbarn geäußerten Beschuldigungen zugestanden, dessen rechtlichen Rahmen sie nicht überschritten hätten.

Das Berufungsgericht verneint ferner das Vorliegen eines böswilligen Verhaltens der Studenten, das grundsätzlich geeignet sein kann, das Recht auf Selbstverteidigung aufzuheben. Insoweit sei der Berufungskläger der ihm obliegenden Beweislast nicht hinreichend nachgekommen. Die Bezeichnung seines Verhaltens als illegal oder gegen das Gesetz verstoßend, sei aus Empfängersicht laienhaft und nicht als Expertenurteil aufzufassen. Ferner fehle es auch an einer vom Kläger behaupteten ausschweifenden Kundgabe dieser Aussage, da die Aussage allein gegenüber Personen erfolgte, die bereits vom Berufungskläger über die Streitigkeiten zwischen den Parteien aufgeklärt worden waren.

Das Gericht illustriert im Rahmen seiner Entscheidungsbegründung ausführlich die genauen Voraussetzungen für das Bestehen eines Selbstverteidigungsrechts und die strengen Anforderungen an eine Aufhebung des Selbstverteidigungsrecht durch böswilliges Verhalten des Rufschädigers und vermittelt so einen verständlichen Einblick in diese Materie.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.