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Mittwoch, den 19. April 2006

Umgehung durch Microsoft  

.   Vorsitzender Richter Mark Wolf am Bundesgericht in Boston annullierte gestern mit harschen Worten einen Versuch von Microsoft, das amerikanische Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, als Alternative zum Verfahren nach E.U.-Recht zu verwenden, um an gewünschte Unterlagen der Konkurrenz zu gelangen. Die auf der Webseite des Gerichts nicht angebotene zwölfseitige Entscheidung vom 17. April 2006 ist ein Beispiel für die Zurückhaltung amerikanischer Gerichte im internationalen Verkehr. Allerdings ist die Zurückhaltung nicht offensichtlich, weil nur wenige Parteien finanziell in der Lage sind, die Ausnahmen zum Blankovorlagegebot nach den Regeln der Discovery vor Gericht auszufechten.


Mittwoch, den 19. April 2006

Merkmale der Dritthaftung  

KW - Niederkassel.   In Sachen Stoneridge Investment Partners, LLS v. Scientific-Atlanta, Inc.; Motorola, Inc., Az. 05-1974, stellte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 11. April 2006 drei Grundsätze zur Dritthaftung der Beklagten als Mitwisser oder Anstifter einer Bilanzfälschung auf.

Charter Communications, Inc., schloss mit den Beklagten einen Vertrag über die bedarfsgerechte Lieferung von TV-Boxen. Sie zahlte $20 mehr pro Box, die in Form von Werbegebühren von den Verkäufern an Charter zurückgezahlt werden sollten. Der Kläger behauptete, dass diese Regelung den Cash-Flow in der Bilanz im 4. Quartal 2000 um $17 Mio. erhöhte, obwohl diese keine wirtschaftliche Grundlage darstellte. Zudem wurden in der Bilanz die $20 pro Box als zusätzliche Werbeeinnahmen ausgewiesen. Die Kläger verwiesen darauf, dass die Analysten die Bilanz als Grundlage für Aktienempfehlungen verwenden würden. Damit läge ein Verstoß gegen 15 USC §78j(b) vor. Das Berufungsgericht wies die Klage ab.

Das Berufungsgericht stellte drei Grundsätze auf, nach denen eine Haftung der Anstifter oder Mitwisser nicht vorläge. Erstens gelte die kategorische Erklärung des Obersten Bundesgerichtshofs der Vereinigten Staaten in Washington, dass ein privater Kläger eine Klage nach 17 CFR §240.10b-5 wegen Handlungen, die nicht von §10b-5(a) bis (c) verboten sind, nicht gegen den Beklagten durchsetzen kann. Zweitens sei eine Anordnung nicht irreführend im Sinne des §10(b), es sei denn es läge eine Falschangabe oder eine unterlassene Offenbarungspflicht vor. Drittens bedeute das Wort manipulative in §10(b), dass ein Beklagter, der keine Falschangabe abgegeben hat oder konkret bei der Täuschung mitgewirkt hat, regelmäßig als Anstifter gelte, und somit nicht unter §10(b) falle.

Im vorliegenden Fall hatte Charter alle Finanzberichte und Presseartikel selbst veröffentlicht. Die Beklagten waren hieran nicht beteiligt. Daher traf sie keine Pflicht, den Investoren nähere Informationen bezüglich der Bilanzen zu geben. Zudem würde eine andere Auffassung zu ausufernden Pflichten der Geschäftspartner führen und Unsicherheiten für diese bedeuten.


Mittwoch, den 19. April 2006

Ein L mehr oder weniger  

.   Im Streit um einen Domainnamen mit einem L mehr oder weniger verzichtete der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington mit Beschluss vom 17. April 2006 darauf, die Revision nach dem Antrag, certiorari, anzunehmen. Damit bleibt das Urteil des Bundesberufungsgerichts des vierten Bezirks im Streit Jerry Falwell et al. v. Christopher Lamparello, Az. 05-980, zwischen dem Sektenführer Falwell und dem Sektenkritiker Lamparello mit dem Domainnamen fallwell.com bestehen. Das Urteil ließ beide Domains nebeneinander bestehen und bereichert damit das amerikanische Recht der Domainnamen.



DNA entlastet nicht  

.   Ein DNA-Test ergab, dass keine Spuren vom Vergewaltigungsopfer zu den mutmaßlichen Tätern führen, doch hat die Staatsanwaltschaft die Strafgeschworenen, Grand Jury, davon überzeugen können, dass Sportler der Duke Universität angeklagt werden müssen.

Der Skandal in Sachen State of North Carolina v. Collin Finnerty, Reade W. Seligmann, Az. 06CRS4331-36, weist Rassen- und Klassenaspekte auf und ist seit Wochen Thema Nummer eins in allen Nachrichten.


Mittwoch, den 19. April 2006

Gerichtsbarkeit bei Buchvertrag  

KW - Niederkassel.   In Sachen Mary E. Bonner Johnson v. Richard W. Woodcock, Az. 05-2192, bestätigte das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks am 7. April 2006 bei einem Buchvertragsverhältnis und einem abgebrochenen Kontakt zum Forumstaat, dass Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gerichts im Sinne von Personal Jurisdiction ein hinreichender bestehender Kontakt zwischen diesem Staat und Beklagtem sei.

Johnson unterstützte Woodcock in den 70er Jahren bei der Veröffentlichung eines Buches. Woodcock erhielt hierfür 90% und Johnson 10% der Lizenzgebühren. Auch nachdem Woodcock 1977 aus Minnesota wegzog, blieben beide bis 1989 in geschäftlicher Verbindung. Seit den frühen 80er Jahren lebte Woodcock nie wieder in Minnesota, und veröffentlichte dort lediglich bei einem Verlag zwei Bücher. 1997 schloss Woodcock mit Mitverfassern, darunter einem aus Minnesota, einen Veröffentlichungsvertrag bezüglich einer Drittauflage.

Hiergegen erhob Johnson Klage im Bezirk von Minnesota wegen Vertragsbruchs. Das Bezirksgericht wies die Klage wegen fehlender Zuständigkeit ab. Dies bestätigte das Berufungsgericht. Personal jurisdiction läge nur dann vor, wenn zwischen dem Staat und dem Beklagten ein hinreichender Kontakt bestehe, etwa wenn der Beklagte den Schutz des Staates in Anspruch nähme. Dieser Kontakt müsse entweder zum Zeitpunkt der widrigen Handlung, der Klageerhebung oder in einer angemessenen Zeit nach Eingang der Klage bestehen.

Weiterhin trage hierfür der Kläger die Beweislast, wobei das Gericht für die Überprüfung fünf Fallgruppen aufgestellt hat. Der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington unterscheide zudem zwischen Specific Jurisdiction, die nur vorläge, wenn die Streitigkeit aus einem früheren Kontakt mit dem Staat herrühre, und General Jurisdiction, bei der ein durchgehender Kontakt mit dem Staat bestehen müsse.

Johnson machte geltend, dass die Streitigkeit aus der Beziehung stamme, die beide in Minnesota entwickelten. Hierzu führte das Berufungsgericht aus, dass der entscheidende Zeitrahmen überschritten sei. Auch der telefonische Kontakt, die Herkunft eines der Koautoren aus Minnesota und die Veröffentlichung der beiden anderen Bücher rechtfertigten nicht die Zuständigkeit des Gerichts.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.