CK • Washington. Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks verbot einer ausländischen Partei, den von ihr in Ekuador angestrengten Prozess weiterzuverfolgen. Am 1. Mai 2006 hob es die untergerichtliche Entscheidung in Sachen
E. & J. Gallo Winery v. Andina Licores S.A., Az. 05-16504, auf, mit der eine einstweilige Verfügung,
preliminary Injunction, zur Einstellung des ausländischen Verfahrens verweigert wurde.
Der zwischen den Parteien bestehende Vertriebsvertrag enthält eine Rechtswahlklausel, die den Vertrag und die Beziehungen der Parteien dem Recht von Kalifornien unterwirft. Eine Gerichtsstandsklausel bestimmt für die örtliche Zuständigkeit das für die Klägerin zuständige Gericht in Kalifornien.
Die Beklagte erhob dennoch eine Klage in
Ekuador und ließ die
Pflegschaft für die Klägerin anordnen, indem sie wider besseren Wissens behauptete, die Klägerin sei unerreichbar. Der Pfleger war eine frisch zugelassene Rechtsanwältin, deren Eignung die Beklagte dem Gericht mit eidlichen Erklärungen einer Aushilfe und eines Studenten bescheinigte.
Materiell berief sich die Beklagte auf ein 1997 aufgehobenes Diktaturgesetz mit summarischem Prozess und verkürztem Beweisverfahren. Das Gesetz bestimmte, dass Klagen vor dem Gericht am Sitz der örtlichen Unternehmens zu verhandeln sind, wodurch die Gerichtsstandsklausel ausgehebelt würde. Das aufgehobene Gesetz gestattete einen analogen Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch und verstieß gegen WTO-Recht.
Die Anwältin wurde am 1. September 2004 als Pflegerin eingesetzt, die Klageerwiderungsfrist auf den 9. September und die Beweisfrist vom 10. bis 17. September festgelegt. Am 3. September richtete die Anwältin eine Benachrichtigung ohne Hinweis auf das summarische Verfahren und ohne beigefügte Klageschrift an die Klägerin, die am 16. September eintraf. Im Termin am 9. September trug die Anwältin Einreden vor. Sie erwähnte die Gerichtsstandsklausel nicht. Am 16. September rief sie die Klägerin in den USA an, die sogleich ihren ekuadorischen Rechtsanwalt einschaltete. Dieser konnte jedoch nicht fristgerecht eingreifen.
Die Klägerin verklagte die Beklagte nun in Kalifornien. In diesem Prozess beantragte sie schließlich eine Verbotsverfügung gegen die Beklagte, das Verfahren in Ekuador weiterzuverfolgen. Während der weiteren Entwicklungen im US-Verfahren lief auch das ausländische Verfahren weiter. Dort wurde die Beklagte angewiesen, die Gerichtsstandsklausel zu beachten, doch reichte sie neue Klagen gegen die US-Partei und den Richter, der gegen die Beklagte entschieden hatte, in Ekuador ein.
Das Gericht begründet seine Entscheidung zugunsten einer Anti-Suit Injunction mit den außergewöhnlichen Umständen dieses Falles. Die Ermächtigung zu dieser Verfügung, die sich im späten Mittelalter aus dem Bestreben, die Macht klerikaler Gerichte einzudämmen, entwickelte, stammt aus dem Billigkeitsrecht, Equity, und ist mit größter Zurückhaltung zu benutzen, vgl. In re Unterweser Reederei GmbH, 428 F2d 888, 896 (5th Cir. 1970). Den Prozessbetrug und Missbrauch der Beklagten bezeichnet es als Paradebeispiel für die Anwendbarkeit dieser außergewöhnlichen Verbotsverfügung, die sich nicht gegen das ausländische Gericht, sondern eine Partei wendet.