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Donnerstag, den 06. Juli 2006

Kein doppelter Schadensersatz  

TS - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks befand am 29. Juni 2006 in seiner Entscheidung Ruth Stern v. Internal Medicine Consultants et al., Az. 05-3504, dass eine wrongful Death-Klage unzulässig ist, wenn der Verstorbene im Todeszeitpunkt keinen Anspruch mehr auf Schadensersatz aus demselben Grund gehabt hätte.

Die beklagten Ärzte hatten fahrlässigerweise übersehen, dass der Verstorbene David Stern an Darmkrebs litt. Erst nach fast vierjähriger ärztlicher Behandlung wurde die Erkrankung entdeckt, die sich zu dieser Zeit schon im unheilbaren Endstadium befand. Die daraufhin von ihm erhobene Schadensersatzklage wegen medical Malpractice wurde im November 2002 durch einen Vergleich beendet: David erhielt $875.000 für die Abgeltung aller Schäden; im Gegenzug unterschrieb er eine Release, der die Beklagten von allen künftigen, auf der betreffenden Behandlung beruhenden Klagen freistellte. Nach Davids Tod im Jahre 2004 erhob seine Mutter Ruth Stern eine Schadensersatzklage nach §537.080 des Missouri Wrongful Death Statute, mit der sie weitergehende Schäden wie Beerdigungskosten und den Verlust ihres Sohnes geltend machte. Die Klage stütze sie auf die Behandlungsfehler.

Das Bundesberufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, das die Klage für unzulässig erklärt hatte. Als Begründung hierfür führte es an, dass Ruth Stern nicht - wie §537.080 des Wrongful Death Statute verlangt - habe darlegen und beweisen können, dass ihr Sohn zum Todeszeitpunkt noch einen durchsetzbaren Schadensersatzanspruch besessen hätte. Darüberhinaus hätten sich die Beklagten zu Recht auf die Verzichtserklärung berufen, der die Klage der Mutter ausgeschlossen habe. Denn den Beklagten stehen gemäß §537.085 des Gesetzes bei einer wrongful Death-Klage alle Einreden zu, die sie auch bei einer Klage des Verstorbenen hätten geltend machen können.

Die Argumentation der Klägerin, die Release könne nicht gegen sie geltend gemacht werden, da es sich bei den beiden Klagen um unterschiedliche Klagegegenstände handle, weil andere Schadenspositionen geltend gemacht wurden, wies das Bundesberufungsgericht zurück. Maßgeblich sei, dass hier beide Klagen auf demselben schädigenden Ereignis, hier medical Malpractice, beruhten.


Donnerstag, den 06. Juli 2006

Nur 10% bis zum Urteil  

.   Die meisten Klagen in den USA führen nicht zum Urteil, sondern zum Vergleich. Das Zivilprozessrecht gewährt dem Richter zahlreiche Möglichkeiten, das Verfahren vor der Entscheidung der Geschworenen abzubrechen. Die erste Hürde ist die Schlüssigkeitsprüfung. Nach der Beschaffung der Beweise im Parteibetrieb des Ausforschungsbeweisverfahrens, Discovery, dürfen die Parteien ein Summary Judgment beantragen, für das allein der Richter zuständig ist, weil die Jury zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingeschaltet ist.

Selbst wenn der Kläger diese Hürde nehmen kann und bereit ist, die hohen Kosten eines Trial, des Prozesses vor der Jury zu tragen, kann der Richter ihrem Verdikt vorgreifen und ein Urteil erlassen. Ein Beispiel für eine solche Entscheidung nach dem - üblicherweise theatralischen - Vortrag vor der Jury ist der Fall EnergyNorth Natural Gas, Inc. v. Century Indemnity Company et al., Az. 05-2149, mit der bestätigenden Revisionsentscheidung des Bundesberufungsgerichts des ersten Bezirks vom 28. Juni 2006.

Zwar hat der Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten die Gerichte ermuntert, das Verdict der Geschworenen abzuwarten, bevor der Richter ein Urteil aufgrund der Rechtslage erläßt, siehe Unitherm Food Systems, Inc. v. Swift-Eckrich, Inc., 126 SCt. 980 (2006). Doch gestattet er dem Richter ein Urteil nach Rule 50 der Federal Rules of Civil Procedure, bevor die Geschworenen zur Beratung gesandt werden. Dies gilt, wenn der Richter feststellt, dass die von der dem Urteilsantrag entgegentretenden Partei dargelegten Beweise rechtlich unzureichend sind. Mit anderen Worten: Die unterliegende Partei ist unter ihrer Beweislast zusammengebrochen.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.