CK • Washington. Das Gewohnheitsrecht des Bundes spielt relativ selten eine Rolle. In Sachen
Lien Hyunh et al. v. Chase Manhattan Bank et al., Az. 05-55091, ist es ebenso entscheidend wie der Umstand, dass den Klägern beim Entstehen ihrer Ansprüche jeder Bezug zu den USA fehlte. Die Kläger versuchten mit einer Sammelklage, amerikanische Banken zur Auszahlung von Guthaben zu veranlassen, die sie am Ende des amerikanisch-vietnamesischen Krieges auf vietnamesischen Konten besassen.
Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks griff am 28. September 2006 auf das Common Law des Bundes und das Regelwerk des Restatement (Second) of Conflicts of Laws §142 (1988) bei der Beurteilung der Verjährung und des anwendbaren Rechts zurück. Im Zusammenhang mit der Klasse der jetzt in den USA wohnhaften Kläger dieser Class Action war auch ihre Nationalität zum Zeitpunkt der Entstehung der geltend gemachten Ansprüche bedeutsam.
Soweit die Ansprüche nach einer Verweisung nach dem Recht Kaliforniens einer Verjährung nach dem Recht Vietnams unterliegen, begingen die Kläger einen schwerwiegenden Verfahrensfehler. Sie konterten die gutachtliche Erklärung der Beklagten zum Verjährungsrecht mit dem Antrag, das Gericht solle sich selbst schlau machen.
Das verwundert, weil ausländisches Recht wie eine Tatsachenfrage zu beweisen ist und ein Gutachten üblicherweise nicht durch judicial Notice ersetzt wird. Da dem Berufungsgericht somit kein Beweis vorlag und in diesem Verfahrensstadium, das der deutschen Revision entspricht, die Beweiserhebung unzulässig ist, konnte das Gericht das behauptete unrichtige Gutachten der Beklagten gegen keinen Gegenbeweis abwägen - oder vielmehr: beurteilen, ob das Untergericht in der Abwägung einen Fehler begangen hatte.
Das Gericht prüfte zudem die im internationalen Zusammenhang bedeutsame Frage, ob eine örtlicher Bezug amerikanischer Gerichte zu dem im Ausland entstandenen Sachverhalt vorliegt - wie er heute immer öfter auch bei versuchten Klagen Deutscher vor US-Gerichten zu prüfen ist. Für Kalifornien, wo die meisten betroffenen Vietnamesen nach dem Entstehen der Ansprüche ihren Wohnsitz nahmen, verneint es den verfahrensrelevanten Bezug. Das New Yorker Recht könnte einen Bezug zum Sachverhalt besitzen, doch setzt es eine Verjährungsfrist von sechs Jahren.
Ob unter Gutglaubensaspekten eine Verjährungsdurchbrechung, equitable Tolling, denkbar ist, reißt das Gericht ebenfalls an. Doch ist unstrittig, dass die Kläger seit dem Ende des Vietnamkriegs Kenntnis vom behaupteten Vertragsbruch besassen und gegen die Banken vorgehen konnten. Eine Ausnahme würde das Gericht berücksichtigen, wenn die Kläger vertrieben, gefangen und als Kriegs- oder Verfolgungsfolge in ihrer Entfaltung und Rechtsverfolgung unfrei gewesen wären, was hier nicht einmal behauptet wird. Die von der Klägern geltend gemachte mangelnde Vertrautheit mit der englischen Sprache und dem amerikanischen Recht lässt das Gericht nach fast 30 Jahren Untätigkeit nicht gelten.