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Mittwoch, den 22. Nov. 2006

Vioxx nicht als Sammelklage  

.   Der Versuch der Vioxx-Kläger in den USA, den Hersteller im Rahmen einer Sammelklage pauschal zu verurteilen, ist am 22. November 2006 mit der Entscheidung des erstinstanzlichen Bundesgerichts in Sachen In Re: Products Liability Litigation, Az. 1657, gescheitert.

Das Gericht weigerte sich auf Antrag des Herstellers Merck, die Klasse zu zertifizieren, weil ihre Mitglieder, die Tatsachen und die Ansprüche sehr unterschiedlicher Art sind.

Laut Richter Eldon Fallons 25-seitigem Urteil müssen sie nach geltendem, durch Präzedenzfälle belegtes Recht in Einzelverfahren beurteilt werden. Die bisher entschiedenen Fälle mit recht unterschiedlichem Ausgang bestätigen seine Einschätzung.


Mittwoch, den 22. Nov. 2006

WLAN-Emissionen speichern?  

.   Zuhause, im Cafe oder am Bahnhof können Daten wild durch's WLAN fliegen. Jeder kann sie empfangen, so mit den vom BSI ausgegebenen Programmen auf der BOSS-CD. Darf man die freigesetzten Daten auch speichern?

Ist Österrreich restriktiver als Deutschland? Dort wäre scheinbar nicht einmal der Einsatz der Programme gestattet. Darf der in Österreich gespeicherte Datenfluss in Deutschland gerichtlich verwertet werden? Oder in den USA? Wie sieht es mit Daten aus den USA in Deutschland oder Österreich aus?

Die Freisetzung privater Daten steht auf einer Seite der Münze, die Speicherung und Verwertung, insbesondere vor Gericht, auf der Kehrseite. Was meinen die Leser? Angesichts des morgigen Thanksgiving-Feiertags wird es hier keine Antworten geben, doch vielleicht finden sie sich in den Kommentaren.


Mittwoch, den 22. Nov. 2006

Foren haften natürlich nicht  

.   Der Oberste Gerichtshof von Kalifornien entschied in Sachen Stephen J. Barret v. Ilena Rosenthal, Az. S122953, am 20. November 2006 eine wichtige Frage zur Haftung für rechtswidrige Inhalte in Internet-Foren. Das Gericht in San Francisco bestätigte die Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs von Internetdienstleistern für den von dritter Seite beigesteuerten Inhalt nach dem Communications Decency Act of 1996, 47 USC §230(c)(1), und erstreckte das Privileg auf die Nutzer solcher Foren, die rechtswidrige Inhalte weiterverbreiten.

Wie ein Buchhändler nicht für die rechtswidrigen Buchinhalte haftet, haftet auch ein Internet-Forum oder Forumnutzer nicht für die rechtswidrigen Inhalte, die Dritte bereitstellen. Das Untergericht hatte jedoch die Haftung ausgedehnt. Es stellte Forennutzer Verlegern und Herausgebern gleich, die für rechtswidrige Inhalte haften. Der Sachverhalt betrifft keinen Verlag oder ISP, sondern eine natürliche Person, die kein Forum betreibt. Im Ergebnis kann sich das Opfer einer Internet-Verleumdung weiterhin nur an die Quelle, nicht Betreiber oder Nutzer eines Forums halten, in dem die Veröffentlichung erfolgt.

Die Beklagte hatte beleidigende und verleumderische Meinungen Dritter in zwei Newgroups veröffentlicht. Die erste Instanz sah die Beklagte als haftungsprivilegierten Distributor an. Das Berufungsgericht wich vom führenden Präzedenzfall Zeran v. America Online, Inc., 129 F.3d 327 (4th Cir. 1997), ab. Doch der Supreme Court verwarf seine Analyse. Er bestätigte das Haftungsprivileg für Internetdiensteanbieter. Er erstreckt es auf Personen ohne jegliche Kontrolle über Internetforen wie die Newsgroups. Ausschlaggebend ist, dass der Gesetzgeber aktive wie passive Nutzer von Internetdiensten schützen wollte.

Mit dem Haftungsprivileg wird die Meinungsfreiheit geschützt, hatte der Kongress bei Erlass des Gesetzes bestimmt. Der Preis dafür bestehe in der Gefahr, dass der Verleumdete oder Beleidigte sich nicht an den ISP wenden kann, in dessen Forum die rechtswidrige Äußerung erscheint. Auch eine Unterrichtung des ISP über rechtswidrige Inhalte könne keine ISP-Haftung oder eine Beseitigungspflicht auslösen, hatte das Gericht im Fall Zeran entschieden. Diese einer Zensur vorbeugende Auffassung ist nach dem neuen Urteil auch auf die wiederveröffentlichenden Nutzer von Foren anzuwenden.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.