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Dienstag, den 06. Febr. 2007

US-Haftung des Staatsbetriebs  

.   Ein japanischer Austauschforscher wurde an der Universität Texas in geheime Entwicklungen eingeweiht und weihte später seinen Arbeitgeber darin ein, der darauf ein Lithium-Batterie-Patent anmeldete und sich nun gegen eine Klage der Uni in den USA mit der Einwendung der Immunität gegen die Ausübung der US-Gerichtshoheit nach dem Foreign Sovereign Immunities Act wehrt.

Die Entscheidungsbegründung in Sachen Board of Regents of the University of Texas System et al. v. Nippon Telephone and Telegraph Corporation, Az. 05-51432, vom 1. Februar 2007 erklärt, wieso dem japanischen Arbeitgeber diese Einwendung nicht zusteht und das Telekommunikationsunternehmen sich vor dem US-Gericht gegen diese Behauptungen verteidigen muss: Rechtswidriger Eingriff in Vertragsbeziehungen mit Dritten, unlauterer Wettbewerb, Missbrauch von Geschäftsgeheimnissen, Unterschlagung und Treuebruch.

Wegen der unerlaubten Handlungen tortious Interference, unfair Competition, Misappropriation of Trade Secrets, Conversion, Breach of a Confidential Relationship werden einfacher Schadensersatz, Strafschadensersatz, Gewinnabschöpfung und eine treuhänderische Übertragung des japanischen Patents verlangt, mithin actual and punitive Damages, Disgorgement of Profits, and a Constructive Trust over the Japanese Patent.

In einer Zwischenstufe seiner Prüfung geht das Bundesberufungsgericht des fünften Bezirks kurz auf die Haager Zustellungsübereinkunft ein, die Hague Convention on the Service Abroad of Judicial and Extrajudicial Documents in Civil or Commercial Matters. Den ermittelten Zustellungsfehler bestätigt das Gericht zugunsten der Beklagten, der die Kläger zunächst eine Fristversäumnis vorwarfen. Der Fehler zwang die Kläger jedoch zu einer übereinkunftskonformen Zustellung und gaben der Beklagten mehr Zeit zur Verteidigung.

Den Immunitätseinwand nach 28 USC §1604, a foreign state shall be immune from the jurisdiction of the courts of the United States and of the States, weist das Gericht zurück, weil NTT kein Organ des Staates im Sinne von §1603(b) FSIA darstellt. Es stellt fest:

NTT wurde nicht vom Staat zur Verfolgung hoheitlicher Ziele geschaffen, sondern steht gewerblich im unternehmerischen Wettbewerb. Der Staat beaufsichtigt NTTs Aktivitäten, abgesehen von einer Genehmigungsrolle, nicht aktiv. NTTs Personal muss nicht dem öffentlichen Dienst angehören. NTT genießt kein Marktmonopol. Zudem behandelt das japanische Recht NTT nicht als Staatsbetrieb wie beispielsweise den Sender NHK, der keine Gewinne erzielen darf und mit amtlich verordneten Mitteln finanziert wird. Japan hat NTT bei der Welthandelsorganisation auch nicht als Staatsbetrieb gemeldet.

Diese Prüfung darf nicht als mechanisches Abklopfen missverstanden werden und muss auch auf die internationalen Belange der USA im Kreis der Rechtsordnungen Rücksicht nehmen, macht die ausführliche Begründung deutlich. Die Entscheidung weist jedoch wertvolle Abwägungskriterien auf, die auch bei deutschen Unternehmen mit US-Aktivitäten in die Prüfung einbezogen werden müssen. So können gewisse deutsche Rundfunkanstalten mit GEZ-Finanzierung dem erwähnten NHK-Modell näher stehen als beispielsweise Telefonfirmen, nach amerikanischem Recht als Staatsbetrieb gelten und damit gegen manche Klagen in den USA immun sein.

Im Ergebnis wird NTT auf den unglücklichsten Weg verwiesen, nämlich vor das einzelstaatliche Gericht in Texas, da kein eine Bundeszuständigkeit begründendes Merkmal erkennbar ist. Um Patentansprüche geht es nicht, Souveränitätsfragen gibt es bei einem Nicht-Staatsbetrieb nicht, und der Joker, Diversity, greift nicht, weil auf der Gegenseite eine andere ausländische Partei sitzt: Diversity does not exist where aliens are on both sides of the litigation. Giannakos v. M/V Bravo Trader, 762 F.2d 1295, 1298 (5th Cir. 1985).







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.