Diese Folgerung droht einer Kanzlei, die vom Mandanten vor dem Gericht in Virginia zur Haftung in Sachen Touchcom, Inc. v. Bereskin & Parr, herangezogen wird. Das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks entschied am 3. August 2009 zugunsten des Mandanten, nachdem das Bundesgericht in Virginia die Klage wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit abgewiesen hatte, weil es keinen Bezug zu Virginia feststellte.
Der Prozess wird nun im Instanzgericht fortgesetzt, wo auch die Frage des anwendbaren Rechts zu klären ist. Wenn es nach Conflicts of Laws-Regeln das Recht von Virginia sein sollte, würde hier ein für ausländische Patentanwälte bedenklicher Präzedenzfall gesetzt, der sich auch auf andere Dienstleister ausweiten könnte.
Beispielsweise könnten ausländische Rechtsanwälte, die Markenanträge beim US-Markenamt im IR-Verfahren einreichen, gezwungen werden, sich in Virginia gegen Haftungsansprüche zu verteidigen, weil das zuständige Amt dort sitzt. Wenn ihre Haftung nach dem Recht von Virginia beurteilt würde, wären sie einer einzelstaatlichen Rechtsordnung unterworfen, an die sie bei der Antragstellung oft nicht im Entferntesten gedacht haben.
Andere Anwälte könnten sich dem Zwang zur Verteidigung in Börsensachen in der Hauptstadt der USA ausgesetzt sehen, weil dort die SEC sitzt und der Mandant sie dort verklagt. Dasselbe ist bei einem Berufshaftungsanspruch wegen FDA-Angelegenheiten im benachbarten Maryland denkbar, weil die FDA dort die Akten bearbeitet.
Soweit Anwälte aus dem Ausland nach diesem Präzendenzfall vor einem Gericht in den USA wegen einer Berufshaftungsfrage verklagt werden, können sie nur hoffen, dass das US-Gericht den Fall nach dem Forum non conveniens-Grundsatz ins Ausland zurück gibt. Dieser Grundsatz erlaubte die bedingte Abweisung einer Klage zur Weiterverhandlung im Ausland. Vorausgesetzt ist ein viel engerer Bezug an Fakten oder Recht im Ausland.
Da ein deutsches Mandat durch die Rechtswahlbestimmung in einem Mandatsvertrag dem deutschem Recht unterworfen wird und das Mandat vermutlich einen engen Bezug nach Deutschland verweist und zudem die disziplinarische Aufsicht in Deutschland erfolgt, könnten deutsche, in den USA verklagte Rechtsanwälte oder vergleichbare Dienstleister auf die Anwendung dieser Doktrin auch bei Anwendung des Urteils aus Virginia hoffen.
Natürlich können sie bei entsprechenden Fakten auch im US-Prozess gewinnen. Doch gilt hier die American Rule: In der Regel keine Erstattung der Anwaltsgebühren im Falle des Obsiegens. Und die können teurer sein als der Streitwert.