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Mittwoch, den 27. Jan. 2010

Rollenspiele im Gefängnis  

HS - Washington.   Elfen, Zwerge, Drachen und Menschen treffen sich zu geheimnisvollen Abenteuern - jedoch nicht mehr im Waupun Gefängnis in Wisconsin. Das Rollenspiel Dungeons & Dragons, bei dem eine Gruppe von Insassen in die Rolle von fiktiven Charakteren schlüpft und dabei verschiedene inszenierte Abenteuer durchlebt, wurde dort von der Gefängnisleitung verboten und alle zugehörigen Bücher und auch handschriftliche Manuskripte beschlagnahmt.

Nach der Stellungnahme des mitverklagten Gang-Spezialisten und Mitglied der Gefängnisleitung, Bruce Muraski, stelle das Rollenspiel eine Bedrohung für die Sicherheit der Einrichtung dar, da die Bildung von Gangs zu befürchten sei und die Gefangenen sich in eine alternative Realität flüchteten. Mit 20 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Gangbildung in Gefängnissen ist Muraski ein angesehener Experte.

Hiergegen wendet sich einer der Insassen und bringt in dem Rechtsstreit Singer v. Raemisch, et al., Az. 07-3400, 15 Stellungnahmen von Mithäftlingen und Rollenspiel-Experten als Beweismittel vor. Nach diesen Stellungnahmen fördere das Spiel keinerlei Gangbildung, sondern sei dagegen geeignet, Häftlinge zu rehabilitieren und von der Mitgliedschaft in Gangs und unerwünschten Aktivitäten fernzuhalten. Es sei ihnen noch nie zu Ohren gekommen, dass D&D zu Gang-Verhalten geführt habe.

Der Prozess vor dem Bundesberufungsgericht des siebten US-Bezirks entscheidet sich an einer Beweislastverteilung. Dem Kläger ist es nicht gelungen, qualifizierte Beweismittel vorzubringen, die die Stellungnahme Muraskis widerlegen. Dieser kommt aufgrund seiner Erfahrung als Mitglied der Gefängnisleitung ein besonderer Stellenwert zu, der nicht mit einfachen Gegendarstellungen angegriffen werden könne.

Die Richter erkennen zwar am 25. Januar 2010, dass die Gefangenen ebenfalls viel Erfahrung hätten, was das Leben in Gefängnissen anbelangt; doch stammen diese Erfahrungen von der verkehrten Seite der Gitterstäbe und seien daher nicht gleichwertig.

Im Übrigen seien die Stellungnahmen der Rollenspiel-Experten, die einen Zusammenhang mit einer Gang-Bildung in der Vergangenheit dementierten, ungeeignet, eine Zukunftsprognose zu stützen, um die es ja hier gehe. Nach Auffassung des Gerichts könnten die Insassen immer noch andere, nicht verbotene Spiele spielen - zum Beispiel Schach.


Mittwoch, den 27. Jan. 2010






CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.