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Montag, den 21. März 2011

Gerichts-, Amtsakten nicht geheim  

.   Ausländische Journalisten und Juristen ahnen oft nicht, dass in den USA Gerichtsakten jedermann zugänglich sind. Das ist die Regel. Ausnahmen gibt es natürlich. Beispielsweise können bestimmte Dokumente und Wortprotokolle als Verschlussachen durch eine protective Order auf Antrag der Parteien under Seal genommen werden.

Für Prozessparteien wird dies besonders bedeutsam, wenn im Rahmen der Erhebung von Beweisen im Ausforschungsbeweisverfahren, Discovery, Peinlichkeiten oder Geschäftsgeheimnisse erkundet werden. Peinlichkeiten lassen sich nicht verheimlichen. Trade Secrets können den erwünschten Schutz hingegen auslösen.

Und wie steht es um die Erwägungen des Gerichts vor einer Entscheidung? Für Parteien oder Dritte kann die Kenntnis solcher Informationen bedeutsam sein. Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks erklärte die Rechtslage am 18. März 2011 in Linda Yaman et al. v. United States Department of State et al., Az. 10-5136, als eine Mutter herausfinden wollte, welche Erkenntnisse ein amerikanisches Konsulat dazu bewegten, ihren Kindern keine unbeschränkten Pässe zu erteilen.

Der United States Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, der als zweithöchstes Gericht der USA gilt, erklärte dem Ministerium, dass es nach dem Administrative Procedures Act und Rechtsstaatsgrundsätzen sehr wohl zur Auskunft verpflichtet sein könnte. Dem Untergericht gab er eine Entscheidung als lesenswerten Präzedenzfall zur Hand, mit der das Bundessteuergericht verpflichtet wurde, seine eigenen Vorentscheidungen wie jedes andere Gericht offen zu legen.

Anhand seiner Leitlinien kann das vorschnell von einer Common Law-Ausnahme ausgehende untere Bundesgericht nun klären, ob wirklich eine Ausnahme von der Grundregel des freien Zugangs zu Gerichts- und Amtsakten nach dem Bundesrecht der USA greift.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.