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Donnerstag, den 18. Febr. 2016

Gerichtlicher Zwang zur Smartphone-Entsperrung  

JSP - Washington.   In Anschluss an den Terroranschlag in San Bernandino am 2. Dezember 2015, bei dem inklusive der Attentäter 16 Menschen getötet und wei­tere 21 verletzt wurden, wurde das IPhone eines der Attentäter beschlag­nahmt und ist Gegenstand der Verfügung des United States District Courts for the Central District of California vom 16. Februar 2016.

Den Ermittlungsbehörden sind die auf dem IPhone befindlichen offenen und verschlüsselten Daten nicht zugänglich, was sie auch im Kongress beklagten. Auf ihren Antrag erließ nun das Bundesgericht erster Instanz eine in Me­dien und Wahlkampf stark diskutierte Verfügung. Laut der Verfügung soll Apple:
1. die Funktion, dass die Daten auf dem Mobiltelefon nach mehreren Fehleingaben der Sicherungskombination gelöscht werden, unab­hängig davon, ob sie aktiviert ist oder nicht, abschalten;
2. dem FBI ermöglichen, dass es entsperrende Zahlenkombinationen nicht manuell eingeben muss, sondern andere elek­tri­sche Metho­den nutzen kann, um so zahlreiche Kombinationen auszu­probieren;
3. den Mechanismus ausstellen, der nach mehreren Fehleingaben eine Zwangspause vor einem neuen Eingabeversuch verordnet.
Das Gericht schlug Apple hierbei folgendes Verfahren vor, von dem Apple nach seinem Ermessen jedoch abweichen könne, wenn es die gleiche Wirkung habe: Apple soll dem FBI eine Software zur Verfügung stellen, die - ohne das vorhan­dene Betriebssystem zu verändern - in einer behördlichen Einrichtung oder bei Apple aufgespielt werden kann, aus dem Arbeitsspeicher läuft und die oben dargestellten Funktionen umsetzt. Das Gericht gab Apple ferner auf, dass die Software nur auf diesem genau bezeichneten Gerät laufen soll und Apple keine möglicherweise entstehenden Kopien behalten soll. Die Kosten seien von der Regierung zu tragen. Apple darf sich weigern, der Injunction Folge zu leisten, wenn deren Befolgung unverhältnismäßig wäre.

Hierauf versucht sich Apple wohl zu berufen, wie aus dem offenen Brief an Apple-Kunden des Vorstandsvorsitzenden Tim Cook vom 16. Februar 2016 hervorgeht, mit dem er eine öffentliche Diskussion anstoßen möchte. Juristen, Politiker, Unternehmen und Kunden sind gespannt, ob ein Widerspruch gegen die Verfügung erfolgreich sein kann und welchen Mitwirkungspflichten Her­steller in Zukunft unterliegen, wenn es um die Entsperrung oder Entschlüs­selung von Geräten und Daten im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen geht.


Donnerstag, den 18. Febr. 2016

Recht langsam - Technik schnell: Risiko  

.   Drei jeweils neue Verbreitungstechniken setzte die Beklagte in CBS Broadcasting v. FilmOn.com Inc. ein, nachdem ihr jeweils TV-Kon­zer­ne erfolgreich die Weiterverbreitung von TV-Inhalten verboten hatten, ob­wohl die Rechtsprechung der technischen Entwicklung hinterherhinkte und mal positive, mal negative oder auch regional unterschiedliche Entscheidungen über die Wirkung des Urheberrechts und seiner Ausnahmen für kabelfernseh­gleiche Internetdienste fällte.

Die jüngste Entscheidung vom Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City zeigte am 16. Februar 2016 deutlich die Risiken für innova­tive Unternehmer auf. Das Unternehmer setzte jeweils nach einem durch In­junc­tion oder Vergleich erzielten Ausstrahlungsverbot neue Techniken ein, mit denen es im rechtlichen Rahmen der kabelgleichen Anbieter zu bleiben hoff­te, galt jedoch letzten Endes nach einer Supreme Court-Entscheidung zwischen anderen Parteien, ABC v. Aereo Inc., 134 SCt 2498 (2014), als Urheber­rechts­verletzer.

Wegen der Verletzung alter Verbote wurde es daher mit Sanktionen belegt, die drastische Geldstrafen und Anwaltskostenerstattungen einschlossen. Die neue Entscheidung macht deutlich, welche Anforderungen an die Durchsetzbarkeit solcher Sanktionen gestellt werden. Selbst wenn das Recht unklar und im Flusse ist, kann ein Verbot als klar und eindeutig gelten:
A court may hold a party in contempt if (1) the order the party failed to comply with is clear and unambiguous, (2) the proof of noncompliance is clear and convincing, and (3) the party has not diligently attempted to comply in a reasonable manner.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.