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Donnerstag, den 26. Juli 2018

Die Norm als Gesetz: Darf man sie zitieren, kopieren?  

Copyright Symbol
Fair Use
.   Gesetze sind vogelfrei - jeder darf sie zi­tie­ren oder kopieren. Normen hingegen sind urheber­ge­schützt. Sie schaffen Sicherheit und Kompatibilität - 220 Volt oder DIN A4 - und werden mit erheblichem Aufwand von In­du­strie­ver­ei­ni­gungen erarbeitet und als Standard vereinbart. Nach dem Urheberrecht entscheidet allein der Urheber über die Ver­brei­tung - gegen oder ohne Entgelt. Was gilt, wenn ein Gesetz auf eine Norm verweist oder sie integriert? Verliert sie den Schutz nach dem Copyright Act?

In American Society for Testing v. Public.Resource.Org Inc. lag die­se Frage der Revision vor. Ein gemeinnütziger Verein kopierte, kommentierte und ver­brei­tete unentgeltlich die Normen einiger Verbände. Ein Verband ver­klag­te ihn, denn die Norm sei zwar gesetzlich als verbindlich zitiert, doch das Ur­he­ber­recht be­ste­he weiter, und eine Verbreitung durch Dritte ohne Lizenz sei rechts­widrig. Das Bundesberufungsgericht des Hauptstadtbezirks ver­kün­dete eine lehr­rei­che Ent­scheidung, aber es ging der Hauptfrage aus dem Weg, indem es einer­seits an­nahm, dass ein Urheberrechtsschutz vorliege, andererseits die Fair Use-Aus­nahme wirken könne.

Zuerst erklärte es, dass es nicht auf die verfassungsrechtliche Argumente des Beklagten eingehen würde, er fördere die Meinungsfreiheit durch einen ver­bes­serten Zugang zu verbindlichen Regeln. Wenn eine Lösung im Gesetz zu finden sei, sei das Grundrecht nicht zu prüfen. Das Gesetz enthalte eine aus­führliche Regelung für die rechtmäßge Nutzung fremder Werke durch die Fair Use-Vor­schrift. Diese habe das Untergericht unzureichend geprüft, als es für den Kläger urteilte. Die Revionsbegründung erörtert detailliert die Fakten, die unter die Merk­male von Fair Use einzuordnen seien, und übertragt dem Untergericht die Subsumtion.

Die für Industrieverbände und die Öffentlichkeit bedeutsame Frage bleibt damit zunächst ungeklürt. Bei jedem Zitat und Sachverhalt muss eigens geprüft wer­den, weil das Gericht keine grundsätzliche und allgemein an­wend­bare Lösung verkündet.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.