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Dienstag, den 16. Juli 2019

$1,6 Mrd. oder $32 Mio. für Spam-Anrufe?  

Schadensersatzänderung in erster Instanz nach Geschworenenspruch
.   Zwei nicht angenommene Anrufe, die als Umfrage kon­zi­piert wa­ren, aber einen Film preisen sollten, erhielten die Klä­ger. Ihre Sam­mel­klage wirft zahlreiche Fragen nach dem Gesetz gegen un­er­wünsch­te An­ru­fe, Te­lephone Consumer Protection Act, auf, die auch die Scha­dens­er­satz­höhe nach einem Geschworenenspruch betreffen. Das Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des zehn­ten Bezirks der USA in St. Louis ent­schied in Ron Go­lan v. Free­Eats.com Inc. am 16. Juli 2019.

Zunächst bestätigte es, dass zwei Anrufe für die Bejahung einer Aktiv­le­gi­ti­ma­ti­on nach dem Spokeo-Präzendenzfall des Supreme Court über den mess­ba­ren er­forderlichen Schaden aus­rei­chen, weil das Ge­setz streng Spam-An­ru­fe ver­hin­dern soll. Außerdem bejahte es die Haftung des beklagten Call­cen­ters, das vom Film­ver­trieb als Dienstleister eingeschaltet war.

Am kritischsten für die Beklagten ist die Schadensersatzhöhe, die das Ge­setz mit $500 pro An­ruf fest­legt und hier zu insgesamt $1,6 Mrd. führ­te. Das Un­ter­ge­richt nahm die von den Geschworenen richtig berech­ne­te Sum­me zur Kennt­nis und kor­ri­gierte sie selbst auf $32 Mio. her­ab. Ein Ge­richt darf den Scha­dens­ersatz nach einem Jury-Verdict korrigieren, selbst wenn es - wie auch die Ober­ge­rich­te - in der Re­gel an ihre Beweiswürdigung ge­bun­den bleibt. Die Re­vi­si­on be­stätig­te die­se Kor­rektur, weil $1,6 Mrd. den Rah­men der Rechts­staat­lich­keit nach der Due Process-Klausel der Bundesverfassung verletzen:
To state the obvious, $1.6 billion is a shockingly lar­ge amount. Com­pa­re that to the conduct of ccAdvertising. It plausibly believed it was not violating the TCPA. It had prior con­sent to call the re­ci­pi­ents about religious liberty, and a predomi­nant the­me of Last Oun­ce of Cou­ra­ge is religious liberty. Moreover, on­ly the re­ci­pi­ents who vo­lun­ta­ri­ly opted in during the call heard the mes­sa­ge about the film. The call cam­paign was con­duc­ted for on­ly about a week. And the harm to the re­ci­pients was not severe - only about 7% of the calls ma­de it to the third que­sti­on, the one about the film. Un­der the­se facts, $1.6 bil­lion is "so se­ve­re and op­pres­si­ve as to be whol­ly dis­pro­por­ti­oned to the of­fen­se and ob­vious­ly un­rea­so­na­ble."







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.