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Samstag, den 10. April 2021

Gratis-Webinar und CAN-SPAM Act

 

.   Knapp $43000 Strafe droht in den USA nach dem CAN-SPAM Act jeder unerwünschten EMail, die wirbt, ohne sich als werbend auszuweisen. Das Gesetz verbietet keine unerwünschte EMail, sondern reguliert ihre Betreffzeile, den Inhalt, die Bezeichnung als Werbung, die Abmeldemöglichkeit, die Absenderkennung und die Angabe einer Postanschrift des Absenders - alles zur Vermeidung der Irreführung von Empfängern. Die Federal Trade Commission ist für die Durchsetzung des Gesetzes, das auch Sonderregeln gegen Pornographie und Viren enthält, zuständig.

Als das Gesetz in Kraft trat, war der Begriff Webinar noch unbekannt. Werbende EMails und Webseiten florierten bereits, und nach dem Inkrafttreten stieg ihr Volumen. Das Gesetz klärt nämlich, welche EMail ohne besondere Vorkehrungen versandt werden dürfen: Einerseits Nachrichten im Rahmen bestehender Beziehungen, besonders Geschäftsbeziehungen, andererseits Geschäftsabwicklungspost wie Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Lieferterminen. Absender müssen dabei inhaltlich sonstige Einschränkungen wie im Gesundheits- und Finanzwesen oder dem Inkasso beachten, die nicht im CAN-SPAM Act geregelt sind.

Kompliziert wird es bei Nachrichten dieser beiden Arten, wenn sie mit Werbung verbunden werden. Sind sie nach dem Gesetz zu kennzeichnen und mit der Opt-Out-Erklärung zu versehen? Die FTC stellt auf den primären Zweck der EMail ab. Bei 90% Transaktionsinformationen und dem Schlusssatz "Auf unserer Webseite finden Sie neue Produkte - Wir geben Ihnen 50% Rabatt!" liegt der primäre Zweck meist erkennbar im Bereich der Geschäftsabwicklung, also ohne CAN-SPAM-Einfluss. Auch bei bestehender Beziehung zum Empfänger fällt der primäre Zweck hingegen unter das Gesetz einem dominierenden Inhalt wie: "Wir stellen Ihnen unsere neue Dienstleistungen vor!"

Die Einladung zum kostenpflichtigen Webinar kann unter diese Grundsätze recht einfach subsumiert werden. Sie wirbt für ein geschäftliches Engagement. Beim Gratis-Webinar ist eine Abwägung erforderlich. Liegt das Ziel primär darin, den Empfänger über bestehende Beziehungen zu unterrichten, oder durch die Beziehungsvertiefung neue Umsätze zu schaffen? Die Unterrichtung über neue Produkte fällt nicht in den Bereich transactional, die Vertiefung dürfte zur Werbung gehören. Das Gesetz reguliert die commercial Message mit dieser entscheidenden Ausnahme in §3(2):
B) TRANSACTIONAL OR RELATIONSHIP MESSAGES.—The term "commercial electronic mail message" does not include a transactional or relationship message.
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Auch ein Gratisangebot kann eine Werbung für eine gewerbliche Leistung darstellen, sodass der CAN-SPAM Act greift. Die Leistung ist das Webinar. Wenn es nicht allein zur Erörterung der bestehenden Geschäfte oder Geschäftsbeziehungen dient, ist es gewerblich. Dann ist die Einladung Werbung mit allen ihren Folgen.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.