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Dienstag, den 29. März 2005

Aktive Anstiftung zur Musikstreuung?  

CK - Washington.   In der heutigen Anhörung vor dem Obersten Bundesgerichtshof in Washington im Fall Metro Goldwyn Mayer, et al., v. Grokster, et al. legten die Richter Wert auf die Frage, ob der Verfolgungswahn der klagenden Medienfirmen nicht den kleinen Erfinder im Keim ersticke und damit den technischen Fortschritt behindere. Nach der Auffassung von SCotUSblog deuteten einige Richter an, dass der Fall an das Untergericht mit der Maßgabe zurückkehren könne, dort eine aktive Anstiftung zur illegalen Nutzung der P2P-Programme zu prüfen.

Die Medienfirmen argumentierten hingegen, dass die Anstiftung nicht der richtige Maßstab sei: Es komme allein auf das Geschäftsmodell an, und dieses sei hier auf Urheberrechtsverletzungen ausgelegt. Daraus solle die Haftung der Programmanbieter resultieren. Der kleine Erfinder habe nichts zu befürchten, solange er sein Werk nicht in ein rechtsverletzendes Geschäftsmodell einbringe.

Der heutige Termin wird augenblicklich in zahlreichen Veranstaltungen in Washington erörtert.


Dienstag, den 29. März 2005

Schlange im Morgengrauen  

MG - Washington.   Der Besuch des Supreme Court gehört für jeden Referendar zu den Höhepunkten eines Aufenthalts in Amerikas Hauptstadt. Dabei bietet sich nur selten die Gelegenheit, auch eine wegweisende Verhandlung für die nächsten Jahre mitzuerleben.

Heute gibt es gleich zwei: In der Sache Metro-Goldwyn-Mayers Studios Inc., et al. v. Grokster Ltd., and Streamcast Networks, Inc., Az. 04-480, geht es um die Frage, ob das Urheberrecht an Musiktiteln und Filmen durch die Peer to Peer-Technik verletzt wird; der Fall der National Cable & Telecommunications Association v. Brand X Internet Services, Az. 04-277, befasst sich mit der Regulierung des Internetzugangs.

Um sechs Uhr morgens stehe ich in einer langen Schlange, die sich bereits in der Nacht vor den Toren des obersten Gerichts gebildet hatte: Keine Chance! Dafür finde ich bei der Ankunft in der Kanzlei die Legal Times: Auf Seite 1 steht alles zu den Fällen.

Die Moral: Zum nächsten Termin werde ich bereits am Abend zuvor mit einem Schlafsack und viel Kaffee gehen.


Dienstag, den 29. März 2005

Keine Prozeßstandschaft ohne Urheberrecht  

ACP - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des neunten Bezirks hat am 25. März 2005 in der Sache Silvers v. Sony Picture Entertainment, Az. 01-56069, seine Rechtsprechung hinsichtlich der Einräumung einer gewillkürten Prozeßstandschaft für eine Urheberverletzungsklage unter dem Copyright Act von 1976 neu gefasst. Das Bundesberufungsgericht entschied en banc, dass die bloße Einräumung einer gewillkürten Prozeßstandschaft für eine Urheberverletzungsklage an einen Dritten, der selbst keinerlei Urheberrechte besitzt, mit dem Copyright Act nicht vereinbar ist.

Die Klägerin Nancy Silvers ist Verfasserin des Manuskripts des Fernsehfilms The Other Women. Der Arbeitgeber der Klägerin ist Inhaber der Urheberrechte. Die Klägerin hatte das Manuskript innerhalb ihres Arbeitsverhältnisses erstellt; das Werk fällt daher unter den Grundsatz des Work-for-Hire. Nachdem Sony Pictures den Film Stepmom veröffentlichte, verklagte Silvers Sony Pictures wegen Urheberrechtsverletzung. Zuvor hatte Silvers von ihrem Arbeitgeber das Recht übertragen bekommen, alle Ansprüche gegen Sony hinsichtlich der Filme The Other Women und Stepmom geltend zu machen. Eine Urheberrechtsübertragung hatte nicht stattgefunden.

Das Bezirksgericht gab der Klage von Silvers statt, das mit drei Richtern besetzte Bundesberufungsgericht bestätigte die Entscheidung und das Bundesberufungsgericht en banc, eine sogenannte Plenarsitzung mit allen Richtern des Bundesberufungsgerichts, hob die Entscheidung auf. Die Mehrheit der Richter war der Ansicht, dass der Wortlauf von §501(b) des Copyright Act die Befugnis zur Rechtsverfolgung nur solchen Personen ermöglicht, die im Zeitpunkt der Rechtsverletzung im Besitz von Urheberrechten sind.


Dienstag, den 29. März 2005

Nachname als Marke?  

SKe - Washington.  Am 24. März 2005 wurde vom Bundesberufungsgericht des landesweiten Bundesbezirks in der Sache Dr. Matthias Rath, Az.04-1419, bestätigt, dass blosse Nachnamen nicht als Marke eingetragen werden.

Der deutsche Kläger hatte seinem Eintragungsantrag den Besitz einer deutschen Marke zugrundegelegt. Dies reichte jedoch nicht für die Genehmigung des Antrags aus. Der Antrag wurde abgelehnt, da die beantragten Marken Rath und Dr. Rath blosse Nachnamen darstellten. Diese Ablehnung wurde mit §2(e)(4) des Lanham Act, 15 U.S.C. § 1052(e)(4) begründet, der solche Marken als nicht eintragungsfähig bezeichnet.

Selbst die Berufung vor dem Gericht für Markenangelegenheiten als auch diejenige vor dem Bundesberufungsgericht blieben erfolglos. Das Vorbringen des Klägers, dass die Lanham Act-Regelung im Widerspruch zu den Verpflichtungen der Vereinigten Staaten im Rahmen der Pariser Konvention stehe, wurde zurückgewiesen. Section 44 des Lanham Act, der die Pariser Konvention umsetzt, verlange nicht. dass eine Eintragung eines blossen Nachnamens durchzuführen ist.


Dienstag, den 29. März 2005

Befangenheit bei Beweiswürdigung  

MG - Washington   Arbeitnehmer haben in den USA nicht so viele Rechte wie in Deutschland - diese häufig gehörte Einschätzung gilt zumindest dann nicht, wenn es um den Schutz vor sexueller Benachteiligung geht. Hier gewährt die Equal Protection Clause auch bei einer gleichgeschlechtlichen Schlechterstellung besonderen Schutz. So hat das Bundesberufungsgericht des sechsten Bundesbezirks am 22. März 2005 in Sachen Barnes v. City of Cincinnati , Az. 03-4110,04-3320, das Urteil der Vorinstanz zugunsten eines transsexuellen Polizisten bestätigt, der seinen Arbeitgeber wegen der Ablehnung seiner Beförderung aufgrund fehlenden männlichen Aussehens verklagt hatte.

Die Richter hatten sich bei der Rechtsfindung insbesondere mit der wichtigen Frage beschäftigt, innerhalb welcher Grenzen einer Partei ein Anspruch auf eine Neuauflage des Verfahrens zustehe. Die beklagte Stadt Cincinnati hatte diese gefordert, da nach ihrer Ansicht die Jury einseitig die Beweislage zugunsten des Klägers gewertet hatte.

Das Gericht machte deutlich, dass die rechtswidrige Verwehrung des Anspruchs auf Neuauflage eines Prozesses generell einen Berufungsgrund darstellen kann. Ein Anspruch auf eine Neuauflage bestehe allerdings nur bei der Feststellung der Befangenheit der Richter oder der Jury.

Diese könne anhand der Beweiswürdigung nur dann festgestellt werden, wenn sie klar entgegen der Beweislage ausgefallen sei. Die Partei, die sich auf die Berufung beziehe, müsse diese auch nachgewiesen.

Solange die Jury jedenfalls einen Beweis gewürdigt und sich nachvollziehbar und unter Berücksichtigung aller Umstände für eine Seite entscheide, könne ihr keine Befangenheit unterstellt werden.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.