Der werbende Internet-Fragebogen wandte sich an potenzielle Mandanten und andere Personen, die in einer Beziehung zu Mandanten oder Produktgeschädigten standen. Er wurde von den Klägern nach dem Ausfüllen per EMail an die Kanzlei gesandt, und zwar nach einem Hinweis mit bestätigender Schaltfläche, dass der Versand keine Mandatierung darstellt. Die Kanzlei legte aus Haftungsgründen besonderen Wert auf die Nichterteilung eines Mandats. Das Gericht berücksichtigte neben der Kanzleiabsicht auch die Auffassung der Kläger. Diese könnten trotz der Hinweise glauben, sie dürften mit dem Formular eine Mandatsbeziehung anbahnen und bereits im Vorfeld auf eine vertrauliche Behandlung hoffen, da die Kanzlei ja für Mandate diese Werbung mache.
Das Berufungsgericht griff zu dem drastischen Mandamus, weil es eine neue Situation zu beurteilen hat: Mandantenwerbung im Internet verbunden mit der vertraulichen Mandantenauskünften und einem über eine Schaltfläche erklärten Rechtsverzicht. Die Mandanten sahen die Werbung und das Formular als Weg zum Anschluss an das Sammelklageverfahren an.
Soweit die Auffassungen der Kanzlei und der Mandanten auseinanderfallen, dürfen die Mandanten nicht schlechter gestellt werden, als wenn sie sie mit der Kanzlei persönlich in Verbindung getreten wären und Auskünfte erteilt hätten. Zudem war auch keine Rede von einem ausdrücklichen Verzicht auf die anwaltliche Schweigepflicht. Es gibt auch keine klage Aussage der Kanzlei, eine Mandantierung unter allen Umständen abzulehnen. Nach anwendbarem Fallrecht durften die Mandanten daher von der Vertraulichkeit ausgehen, so wie sie auch dem Mandanten gewährt würde, der nicht über das Internet mit dem Anwalt verkehrt.
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Herausgeber des German American Law Journal in der Digitalfassung sowie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Malta, England und USA Jurist, vormals Referent für Wirtschaftspolitik und IT-Aufsichtsrat, seit 2014 zudem Managing Partner einer 75-jährigen amerikanischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-amerikanische Rechtsfragen in Büchern und Fachzeitschriften.
2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heussen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement, und 2012 sein Buchbeitrag Business Negotiations in Germany in New York, 2013 sein EBook Der amerikanische Vertrag: Planen - Verhandeln - Schreiben.
Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.