CK • Washington. Ziemlich schockierend, was der
Oberste Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten im Verlauf einer Woche entscheidet. Zuerst das Enteignungsurteil in Sachen
Kelo v. New London, Az. 04-108, vom vergangenen Donnerstag, das den Kommunen wie nie zuvor gestattet, Enteignungen
zugunsten anderer Privater vorzunehmen.
Heute, am 27. Juni 2005, kommt es dann Schlag auf Schlag:
-
Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc. v. Grokster, Ltd., Az. 04-480:
Angriff auf die P2P-Technik und
Verunsicherung der Software-Programmierer durch Erstreckung des Urheberrechts zugunsten der Musik- und Filmvermarkter -
nota bene nicht unbedingt der Musik- und Filmemacher, die ihre Marktschreier nicht durchweg unterstützen.
-
McCreary County v. American Civil Liberties Union of Ky., Az. 03-1693: Konfuses Verbot des Aufstellens religionspreisender Statuen in öffentlichen Gebäuden. Verwirrung im ganzen Land. Was meint das Gericht eigentlich?
-
Castle Rock v. Gonzales, Az. 04-278: Kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf polizeiliches Einschreiten zur Vollstreckung gerichtlicher Abschreckungs-Verfügungen gegen nachstellende Personen.
-
National Cable & Telecommunications Assn. v. Brand X Internet Services, Az. 04-277: Kabelinternetanbieter brauchen ihre
Netze Wettbewerbern nicht zu öffnen, anders als Telefonanbieter. Da die Telefondienste eine Befreiung von dieser Pflicht erwarten, wird mit dem Untergang der kleinen Internetanbieter, einem Duopol von Kabel- und Telefonriesen und einem Preisanstieg für Broadband-Kunden gerechnet, was mit weniger Innovation durch Dritte einhergehen dürfte.
Sein Pensum für diese Gerichtsperiode hat das Gericht damit geschafft und gleichzeitig bestätigt, dass ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzuziehen ist. Jeder Amerikaner wird heute überrascht sein, zumindest von einigen Ergebnissen, und die Fundamentalisten der USA dürften in ihrer Verbitterung über das Gerichtswesen bestärkt worden sein. Das dürfte den Ruf nach fundamentalistischen
Richter noch lauter erschallen lassen. Da erfreut die Nachricht, dass der Vorsitzende Richter William Rehnquist nicht abdankte. Er gilt zwar als erzkonservativ, aber verbohrt ist er nicht, und das erz-Prädikat passt heute auch nicht mehr.