Anders sieht es beim Vertrag bei einer Time is of the Essence-Klausel aus. Die meisten Verträge kennen sie nicht. Historisch stammt sie aus Immobilienverträgen. Wenn die Übertragung eines Grundstücks scheiterte, weil der Käufer zum Closing nicht genug Geld zusammenkratzen oder der Verkäufer kein rechtsmangelfreies Eigentum bereitstellen konnte, galt jetzt oder nie - also das Ende der Vertragsbeziehung mit den Rechtsfolgen einer Vertragsverletzung ohne Nachbesserungsoption.
Heute unterliegen bestimmte Vertragspflichten in vielerlei Verträgen einer Time is of the Essence-Klausel, beispielsweise oft in IP-Verträgen, die in ihrer Rechtsnatur mit Grundeigentumsverträgen verwandt sind. H1N1-Verzögerungen passen nicht dazu. Wer Vertragsbruchsfolgen vermeiden will, muss leisten, eine einvernehmliche Fristverlängerung mit der Gegenseite vereinbaren oder die Force Majeure-Klausel gründlich lesen.
Erfasst diese Klausel die Grippe als qualifizierte höhere Gewalt, einen Act of God? Das Muster in der Wikipedia spricht die Grippe beispielsweise nicht an, sodass eine Auslegung und Subsumtion erforderlich ist:
- A party is not liable for failure to perform the party's obligations if such failure is as a result of Acts of God (including fire, flood, earthquake, storm, hurricane or other natural disaster), war, invasion, act of foreign enemies, hostilities (regardless of whether war is declared), civil war, rebellion, revolution, insurrection, military or usurped power or confiscation, terrorist activities, nationalisation, government sanction, blockage, embargo, labor dispute, strike, lockout or interruption or failure of electricity [or telephone service]. No party is entitled to terminate this Agreement under Clause […] (Termination) in such circumstances.
If a party asserts Force Majeure as an excuse for failure to perform the party's obligation, then the nonperforming party must prove that the party took reasonable steps to minimize delay or damages caused by foreseeable events, that the party substantially fulfilled all non-excused obligations, and that the other party was timely notified of the likelihood or actual occurrence of an event described in Clause […] (Force Majeure).Wikipedia, Force Majeure, 3. Mai 2009; Lizenz
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Herausgeber des German American Law Journal in der Digitalfassung sowie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Malta, England und USA Jurist, vormals Referent für Wirtschaftspolitik und IT-Aufsichtsrat, seit 2014 zudem Managing Partner einer 75-jährigen amerikanischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-amerikanische Rechtsfragen in Büchern und Fachzeitschriften.
2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heussen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement, und 2012 sein Buchbeitrag Business Negotiations in Germany in New York, 2013 sein EBook Der amerikanische Vertrag: Planen - Verhandeln - Schreiben.
Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.