Die erste Verhandlung begann mit der Vorstellung der Richterin. Danach wurden zu jedem Termin die in Eisenketten gefesselten und orangefarbenen Overall gekleideten Angeklagten vorgeführt. In den ersten drei Verhandlungen stellt an diesem Morgen nur die Staatsanwaltschaft Anträge - die Vorfreude der Referendare auf filmreife Verhandlungsszenen verflog. Doch der nächste Fall wog in einer seiner vielen Etappen wieder alles auf: Versuchter gemeinschaftlicher Mord. Auf das Opfer wurden zwei Schüsse abgegeben. Der erste Schuss traf den Bauch und der zweite den Kopf des Opfers mit anschließendem Backendurchschuss. Das Opfer überlebte.
Nachdem die Jury, bestehend aus vierzehn Geschworenen, links von den Zuschauern eintrat und Platz nahm, belehrte die Richterin sie über die Anfertigung von Notizen, ihre Schweigepflicht, ihre Funktion und die der Richterin sowie den genauen Ablauf. Die Jury befindet über die Schuld der Angeklagten und entscheidet über das Vorliegen von Tatsachen. Eine Begründung ihrer Subsumtion ist nicht erforderlich.
Nach der Aufklärung schritt einer der beiden Staatsanwälte vor die Jury, schilderte eindrucksvoll den Fall und den Ablauf der Zeugenvernehmung. Dann verriet er das von ihm erwartete Ergebnis. Ihm folgten die beiden Anwälte der Beklagten. Sie erklärten der Jury ihre Sicht des Falles und plädierten auf unschuldig, bevor in Anwesenheit der Beklagten die Zeugenvernehmung durch den Staatsanwalt begann. Diese weist Unterschiede zum deutschen Strafprozessrecht auf. Der Zeuge nahm aus Zuschauersicht links neben der Richterin, die auf einem erhöhten Podium saß, und nicht in der Mitte des Gerichtssaales, Platz.
Die Zeugenvernehmung begann mit der Vernehmung zur Person durch den Staatsanwalt und nicht durch die Richterin. Auf allgemeine Fragen, die die Glaubwürdigkeit belegen sollen, folgten zielgerichtete Fragen über den Tathergang, wobei der Staatsanwalt vor dem Gerichtspodium auf und ab lief. Im Kreuzverhör standen die Zeugen jeweils den Verteidigern zur Verfügung - immer vereidigt und in Gefahr, bei einem falschen Wort selbst im Gefängnis zu landen.
Die Kontrolle des Verfahrens durch die Anwälte war eine interessante Beobachtung für die Referendarinnen. Die Richterin genießt jedoch einen nahezu königlichen Respekt, der seinen Weg aus dem englischen Recht in den amerikanischen Prozess fand. Sie wirkte wie die Herrin der prozessualen Gerechtigkeit, während die Anwälte für die materielle Gerechtigkeit verantwortlich schienen.