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Mittwoch, den 31. Okt. 2018

Sammelklage wegen funktionsloser Software  

.   Das Unheil der Sammelklage zeigt der Revisionsbeschluss in Beaton v. SpeedyPC Software am 31. Oktober 2018. Der Kläger ließ seinen PC über das Internet gratis untersuchen und lud dann eine kostenpflichtige Pro­gramm­version zur Reparatur aufgezeigter Fehler herunter. Weil diese bei ihm nichts außer der Fehlerbestätigung tat, verklagte er im eignen Namen sowie dem al­ler ame­ri­ka­ni­schen Kunden den Hersteller aus dem Ausland. Das Gericht er­laub­te die Sam­mel­kla­ge für ihn und alle im Gerichtsbezirk wohnenden Kun­den nach dem Ver­brau­cher­schutz­recht des Bezirks sowie für alle Ame­ri­ka­ner nach Gewähr­leis­tungs­recht.

Als Softwareanbieter wünschte man sich die rasche Gelegenheit, selbst oder durch Gutachter die Funktionalität des Programmes dem Gericht erklären zu dürfen und notfalls beim Kunden die Fehler­ur­sa­che zu er­for­schen und zu be­he­ben. Doch nein, mit der Sammelklage ist der Hersteller nun in ein extrem teu­res und aufreibendes Verfahren eingebunden! Für einige hundertausend Dollar An­walts­kos­ten folgt nach dem be­stätigenden Revisionsbeschluss vom Bundes­be­ru­fungs­ge­richt des siebten Be­zirks in Chicago das Ausforschungsbeweis­ver­fah­ren, Dis­co­very. Dann dürfen An­trä­ge zu materiellen und prozessualen Fragen gestellt werden, die mög­li­cher­wei­se in einen Termin vor den Geschworenen münden.

Unter dem prozessualen Druck leidet der Ruf des Anbieters, da die unbe­nann­ten Sammelkläger erst über die Presse oder per Post auf das Verfahren hin­ge­wie­sen werden müssen, während die Kläger hoffen, dass sich der Be­klag­te zu einem Ver­gleich erpressen lässt. Dieser hat wenigstens in der Revision erreicht, dass die noch abschließend zu beurteilende Frage des lizenzvertraglich an­wend­ba­ren Rechts von Kanada vom Untergericht zu berücksichtigen ist. Mög­li­cher­weise ist es günstiger als das noch zu ermittelnde anwendbare Ge­währ­leis­tungs­recht des US-Forumsstaates. Beim Verbraucherschutzrecht ist er al­ler­dings an das des Kunden­staates gebunden.


Mittwoch, den 31. Okt. 2018

Schiedsklausel knebelt Au Pairs  

.   Eine Au-Pair-Hilfsorganisation verwandte einen Vertrag mit Au Pairs, der eine Schiedsklausel enthielt. Zwei Au Pairs verklagten sie. Das Gericht hielt die Klausel für prozessual und materiell sittenwidrig. Die Revision differenzierte am 30. Oktober 2018 in einer Begründung, die zahlreiche Merk­ma­le der Sittenwidrigkeit ausführlich erörtert. In Beltran v. Interexchange Inc. strich es einen Teil der Klausel, der die Klägerinnen übervorteilt, und ließ den Rest wirksam bleiben, sodass der Prozess zum Schiedsgericht wei­ter­ge­lei­tet wird.

Prozessual betrifft die Sittenwidrigkeit, Unconscionability, die Vertrags­spra­che, die angeblich unbekannte Bedeutung des Begriffs Arbitration und die Pla­zie­rung der Klausel am Ende des Vertrages. Da die deutsche Klägerin den Vertrag auch auf Deutsch er­hal­ten hatte und beide Klägerinnen ohnehin nur mit gu­ten Eng­lisch­kenntnissen als Au Pairs in Frage kamen, spielte die Sprache kei­ne Rol­le. Die Position der Klausel am Vertragsende war eher deutlich und vorteilhaft. Über die Bedeutung hätten sich die Klägerinnen informieren kön­nen, und bei Ver­trags­schluss, bezeugten sie, hatten sie den Vertrag ja ver­stan­den.

Die materielle Unconscionability wiegt schwerer. Das Bundesberufungsgericht des zehnten Bezirks der USA in Denver wog mehrere Kritierien ab: Schiedsort San Francisco, Rechtswahl, Kostenfolgen, Auswahl des Neutralen, Be­stim­mung des Schiedsforums. Nur das letzte Merkmal bevorzugt die Beklagte, stell­te es fest. Damit fällt je­doch nicht die gesamte Schiedsklausel. Es prüfte auch, ob die Klausel und der Vertrag insgesamt von der Sittenwidrigkeit ver­seucht sind. Weil das nicht der Fall ist, strich es das Merkmal der Forums­vor­ga­be und hielt die Klausel ansonsten aufrecht.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.