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Samstag, den 08. Aug. 2020

Erpressung im Sammelklageprozess  

.   Schon auf den ersten Blick wirkt das Sammelklagemodell wie eine Einladung zur Erpressung, und Tag und Nacht werben kreative Sam­mel­kla­ge­kanzleien um Mandanten und Kriegskassenfinanciers, um nach einer Kla­ge­er­hebung die Beklagten - meist erfolgreiche Unternehmen - mit ne­ga­ti­ver Pres­se zu diskreditieren, bis sie hoffentlich durch eine Vergleichsbetrags­zah­lung nach­ge­ben. Der Revisionsentscheid Theodore Frank v. Target Corp. behandelt eine Erpressungsvariante nach dem Vergleich.

Die normale Erpressung durch Sammelklagen ist strafrechtlich, wenn auch nicht moralisch oder ethisch, unbedenklich. Das Geschäftsmodell der Vergleichs­block­ade, welches das einflussreiche Bundesberufungsgericht des siebten Be­zirks der USA in Chicago am 6. August 2020 erörtete, ist auch nicht unbedingt straf­rechtlich bedeutsam. Doch das Gericht folgerte, dass die Erpressungs­zah­lung zu einer zivilrechtlichen Herausgabe des Erlöses an die Sammel­kläger­grup­pe verpflichten kann.

Hier nahmen Mitglieder dieser Gruppe das Recht wahr, gegen den vereinbarten Vergleich durch Revisionsanträge vorzugehen, die sie gleich nach Erhalt einer Sonderzahlung an sie persönlich zurücknahmen. Das Gericht unterschied zwi­schen uneigennützigen Vergleichsgegnern, die ihre Bedenken im Interesse aller ver­fol­gen, und solchen, die hinter dem Rücken der Gruppe ihre Rücknahme von Ein­wen­dungen von einer verheimlichten Zuwendung aus dem Gruppentopf ab­hängig machen. Mit der Entscheidung will es keine gutgläubig erhobenen Rü­gen vereiteln:
Good-faith objectors should be able to say specifically why the class or a part of it has been deprived of the fair, reasonable, and ad­equa­te settlement to which it is entitled. By definition, such ­ob­jec­tors expect to be able to improve the class's position, whether by com­promise or favorable judgment, for which equitable com­pen­sa­ti­on is available. See Fed. R. Civ. P. 23(e)(5)(B) advisory committee's note ("Good-faith objections can assist the court …. It is legitimate for an objector to seek payment for providing such assistance under Rule 23(h).") AaO 21.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.