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Samstag, den 15. Jan. 2005

Streitwert gering  

CK - Washington.   Die Kreisverwaltung hatte bei der Straßenmessung nicht bedacht, dass die Straße im Laufe der Jahre um einige Fuss seitwärts gewandert war. So fand sich eine Luftmessstation, die auf Kreisland entstehen sollte, plötzlich sechs Fuß weiter auf dem Acker der Klägerin.

Diese klagte im einzelstaatlichen Gericht, und die Beklagte ließ den Fall an das erstinstanzliche Bundesgericht verweisen. Das Bundesgericht wies den Fall ab, weil der Mindeststreitwert für seine Zuständigkeit von $75.000 unerreicht blieb, wie es von Amts wegen feststellte.

Die Parteien versuchten nun, das Bundesberufungsgericht des achten Bezirks davon zu überzeugen, dass der Streitwert erreicht werden kann, wenn man nicht nur den Wert der betroffenen Fläche von 6x12 Fuß berücksichtigt, sondern die Behinderung des Zugangs zum gesamten Acker, der einen Wert von fast $7 Mio. besitzen dürfte.

Im Urteil James Neff Kramper Family Farm Partnership v. IPB, Inc., Az. 03-1870, vom 7. Januar 2005, schildert das Gericht anschaulich, bildhaft, humorvoll und lehrhaft, wie der Streitwert nach den Zuständigkeitsregeln der Bundesprozessordnung zu ermitteln ist. Die reklamierten Werte kann es nach der Beweislage nicht bestätigen. Der gesunde Menschenverstand belegt einen Schaden von $22,50, doch ist der Menschenverstand nicht rechtlich verbindlich.

Die die Beweislast tragenden Parteien trugen nichts besseres vor, sodass das Gericht die Streitwerdehürde nicht als genommen ansehen darf. Daher verweist es den Fall an das Untergericht mit der Maßgabe zurück, ihn an das einzelstaatliche Gericht zurückzusenden. Am liebsten hätte das Gericht den Fall als zu trivial abgewiesen, doch fehlt ihm dazu die sachliche Zustädigkeit.


Samstag, den 15. Jan. 2005

Vorvertrag verbindlich  

CK - Washington.   Im Rahmen von Vertragsverhandlungen können verbindliche Vorverträge zustanden kommen, die auch verletzt werden und zu Schadensersatzpflichten führen können, selbst wenn der Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrages nicht zustande kommt, entschied am 7. Januar 2005 das Bundesberufungsgericht des Bundesbezirks in Sachen Stewart Lamle v. Mattel, Inc., Az. 04-1151.

Lamle hatte ein Spiel patentiert, und Mattel hatte sich für eine Lizenz interessiert. In den Vertragsverhandlungen wurde vereinbart, dass Mattel die Lizenzrechte erhalten sollte. Ein schriftlicher Lizenzvertrag sollte noch erstellt werden. Bevor er zustande kam, gab Mattel das Projekt auf. Das Gericht stellte fest, dass schon die mündiche Vereinbarung ausreichen kann, vertragliche Verbindlichkeiten zwischen den Beteiligten herbeizuführen, die auch verletzt werden können. Das Untergericht muss nun die weiteren Tatsachenfragen ermitteln, auf die die Erkenntnisse des Berufungsurteils anzuwenden sind.

Das Urteil stellt eine nützliche Einführung in die Rechtsfragen mündlich abgeschlossener Verträge und der Risiken dar, die aus Verhandlungen resultieren. Ob ein Vertrag vorliegt, folgt aus den Umständen der Verhandlungen und den von den Beteiligten manifestierten Absichten. In diesem Fall hatten die Parteien ihren Wunsch, einen verbindlichen mündlichen Vertrag zu schließen oder zu vermeiden, so uneindeutig ausgedrückt, dass ihre Absichten im weiteren Verfahren erst durch Auslegung der Umstände ermittelt werden müssen.


Samstag, den 15. Jan. 2005

Geschlechtsverkehr erlaubt  

CK - Washington.   Eine Revolution im Staat Virginia, der sich Old Dominion nennt und archaisches Recht verteidigt: Der Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten genießt dort ab heute Verfassungsschutz.

Im Fall Muguet S. Martin v. Kristopher Joseph Ziherl, Az. 040804, entschied das oberste Gericht des Staates am 14. Januar 2005, dass Martin eine Klage gegen Ziherl wegen deliktischer Geschlechtskrankheitsübertragung durch Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten weiterverfolgen darf. Im Fall Zysk v. Zysk, 239 Va 32, 404 SE2d 721 (1990), war entschieden worden, dass Teilnehmer an einer gesetzeswidrigen Handlung sich nicht gegenseitig aus deliktischer Haftung verklagen dürfen. Virginias Code §18.2-344 bedroht derartigen Verkehr mit Strafe.

Das Gericht stellte fest, dass die Strafdrohung im Lichte der Entscheidung Lawrence v. Texas, 539 U.S. 558 (2003), des Obersten Bundesgerichtshofes der Vereinigten Staaten in Washington verfassungsmäßig unhaltbar ist:
We find no principled way to conclude that the specific act of intercourse is not an element of a personal relationship between two unmarried persons or that the Virginia statute criminalizing intercourse between unmarried persons does not improperly abridge a personal relationship that is within the liberty interest of persons to choose.
Damit die neuen Freiheiten in Virginia nicht ausarten, betonte das Gericht:
It is important to note that this case does not involve minors, non-consensual activity, prostitution, or public activity. The Lawrence court indicated that state regulation of that type of activity might support a different result. Our holding, like that of the Supreme Court in Lawrence, addresses only private, consensual conduct between adults and the respective statutes' impact on such conduct. Our holding does not affect the Commonwealth's police power regarding regulation of public fornication, prostitution, or other such crimes.


Samstag, den 15. Jan. 2005

Samstag, den 15. Jan. 2005

Lexmark gegen wiederbefüllte Tonerpatronen  

ACP - Washington.   Das Bundesberufungsgericht des sechsten Bezirks hat am 26. Oktober 2004 eine vorläufige Verfügung gegen einen sogenannten Aftermarket-Hersteller von wiederbefüllten Druckerpatronen wegen Verletzung der Anti-Umgehungsvorschriften des DMCA aufgehoben.

Lexmark International verkauft Tonerpatronen mit integriertem Mikrochip, der die Inbetriebnahme einer wiederbefüllten Patrone unterbindet. Der Mikrochip enthält zwei Programme, ein Toner Loader (TL) und ein Printer Engine (PL) Programm, die die Kommunikation der Patrone mit dem jeweiligen Drucker kontrollieren.

Static Control Components, Inc. hatte das TL Programm kopiert, um einen eigenen SMARTEK Chip herzustellen, und an Firmen verkauft, die wiederbefüllte Tonerpatronen für Lexmark-Drucker anbieten.

Das Gericht hat nun die erstinstanzliche Entscheidung verworfen, dass das TL Programm urheberrechtlich schutzfähig sei. Lexmarks Experten konnten das Gericht nicht überzeugen, dass das TL Programm vom Schutzumfang des Copyright Act erfasst sei. Das Gericht stellte klar, dass bloße Ideen und Methoden der Inbetriebnahme nicht geschützt sind.

Überdies machte es deutlich, dass der SCC-Chip die Umgehungsvorschriften des DMCA nicht verletze. Judge Sutton legte in seiner Entscheidungsbegründung dar, dass der Authentifizierungsvorgang von Lexmark nicht Zugang zu dem TL Programm kontrolliere, weil der Zugang auch durch andere Mittel herbeigeführt werden kann.

Das Gericht erteilte Firmen wie Lexmark durch diese Entscheidung eine deutliche Absage, den DMCA in Zukunft nicht zur Erzeugung von Monopolen für hergestellte Güter zu missbrauchen.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.