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Freitag, den 02. März 2007

Vermutung im US-Recht  

MM - Washington.   Im Rahmen zweier Schadensersatzklagen gegen die Tabakindustrie hatte das Revisionsgericht in der Sache Leslie J. Grisham et al. v. Philip Morris U.S.A., Inc. et al., Az. S132772, am 15. Februar 2007 grundlegende Fragen hinsichtlich der Beweisführung zu entscheiden.

Die ursprünglichen Klagegründe wurden dabei zum einen mit der Gesundheitsschädigung in Form von Atmenbeschwerden zum anderen auf die wirtschaftlichen Belastungen bedingt durch die Sucht gestützt. Der oberste kalifornische Gerichtshof hatte nun zu klären, ob generell von der Kenntnis über die Folgen des Rauchens ausgegangen werden kann, so dass die Klage nicht mit dem Vertrauen auf die Unbedenklichkeit des Zigarettenkonsums begründet werden kann. Die Kenntnis ist dabei ausschlaggebend für den Beginn der Verjährung möglicher Schadensersatzansprüche.

Grundsätzlich kennt das amerikanische Recht bindende wie auch widerlegbare Vermutungen, Presumption . Jede widerlegbare Vermutung, rebuttable Presumption, wirkt sich entweder auf die Darlegungslast, Burden of Producing Evidence, oder die Beweislast, Burden of Proof, aus, die in der Regel auf grundlegenden logischen Folgerungen beruhen und die die Ermittlung des Sachverhalts erleichtern. Ähnlich wie im deutschen Recht gelten Tatsachen, für die die Vermutungsregelung einschlägig ist, als gegeben, solange kein Gegenbeweis hierfür erbracht wird.

Bindende Vermutungen, conclusive presumption , sind weniger als Darlegungsregelungen, sondern vielmehr als Bestimmungen des materiellen Rechts anzusehen, die nicht widerlegbar sind. Solche Vermutungen finden sich selbst im Common Law wieder.

Der Supreme Court of California stellte fest, dass es keine spezielle Vermutung im Rahmen des Verjährungsrechts, Statute of Limitations, gibt, ab welchem Zeitpunkt dem Raucher ein solches Wissen unterstellt wird, insbesondere nachdem das Tobacco Immunity Statute, Stats. 1997, ch. 570, §1, aufgehoben worden war.

Jedoch ist von der widerlegbaren Vermutung auszugehen, dass ein Kläger die Folgen des Rauchens grundsätzlich kennt. Folglich führt eine Klage nur zum Erfolg, solange die Kläger ihr Vertrauen auf die Bedenkenlosigkeit oder ihre Unkenntnis hinsichtlich ihrer Sucht darlegen können und ihre Klagen innerhalb der Verjährungsfristen erheben.

Konsumieren sie aber Tabakwaren trotz Kenntnis der damit verbundenen Risiken, handeln sie in eigener Verantwortung. Demnach ist es Aufgabe des Klägers darzulegen, warum er seine Sucht erst später aufgedeckt und den Anpreisungen der Tabakindustrie weiterhin vertraut hatte. Im vorliegenden Fall fehlt eine solche hinreichende Darlegung, so dass dies aufgrund der Vermutung zu Lasten der Kläger geht.







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.