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Mittwoch, den 02. Juli 2008

Der lange Arm  

MJW - Washington.   Amerikanische Gerichte können lange Arme haben. Nach dem Prinzip der Long Arm Jurisdiction sind sie unter bestimmten Voraussetzungen auch für Klagen gegen auswärtige Beklagte zuständig. Mit der Reichweite befasste sich das Bundesberufungsgericht des District of Columbia in seinem Urteil vom 20. Juni 2008 in der Sache FC Investment Group LC and Lawrence Jay Eisenberg v. IFX Markets, Ltd., Az. 07-7037.

Die Kläger hatten Millionenbeträge in ein von einer Investmentfirma betriebenes Devisengeschäft investiert. Die Beklagte mit Sitz in London fungierte dabei als Makler. Später konnte die Investmentfimra den Klägern ihre eingezahlten Beträge nicht zurückzahlen. Die Kläger vermuteten, dass beide Firmen gemeinsame Sache gemacht haben, und klagten vor dem Bundesgericht erster Instanz des District of Columbia. Das wies die Klage wegen fehlender Zuständigkeit, Personal Jurisdiction, ab.

Zu Recht, urteilt der Court of Appeals. Nach dem Long-Arm-Statute für den Hauptstadtbezirk, DC Code §13-334(a), erstreckt sich die Gerichtsbarkeit hiesiger Gerichte auch auf auswärtige Firmen, wenn diese geschäftlich im Hauptstadtbezirk tätig sind. Bei der Anwendung der Vorschrift muss allerdings der Grundsatz des ordentlichen Verfahrens, Due Process, wie er aus dem fünften und dem vierzehnten Zusatzartikel der US-Verfassung folgt, berücksichtigt werden. Die geschäftlichen Kontakte im Gerichtsbezirk müssen regelmäßig und systematisch, continuous and systematic, sein. Wenigstens minimale Kontakte, Minimum Contacts, muss es geben. Nur dann ist es statthaft, einen Beklagten zuzumuten, sich vor einem ihm fremden Gericht zu verteidigen. Minimum Contacts im Hauptstadbezirk hatte die Beklagte in diesem Fall nicht. Sie betrieb lediglich eine Website, die in Washington auch abrufbar war. Das reicht noch nicht. Die Seite muss interaktiv sein und Bewohner des Hauptstadtbezirks müssen regelmäßig und systematisch darauf zugreifen. Gerade das zweite Merkmal war nicht erfüllt. Es gab nur einen Nutzer in Washington, solche einzelnen oder sporadischen Kontakte reichen nicht aus.

Vergeblich führen die Kläger noch spezielle Zuständigkeitsregeln ins Feld. DC Code §13-423(a)(1) greift nicht, ebensowenig 18 USC §1965 (d), eine Vorschrift des Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act.



Mahnungen in den USA  

.   Der Referendar soll täglich ein kurzes englisches Schreiben entwerfen, das dann korrigiert wird, damit er in Zukunft so schreiben kann, dass ein US-Anwalt ihn ernst nimmt. Die Aufgabe nimmt er ernst, nachdem er Anwalts- und Mandantenschreiben gesehen hat, die in Amerika höchstens ein müdes Lächeln hervorrufen.

Als erstes dichtet er ein Mahnschreiben von Firma D an Firma USA über eine Zahlungsforderung im Verzug. Gar nicht schlecht gemacht, gutes Englisch, völlig verständlich, auch für den Amerikaner. Nur stellt er ein Bein ins Gefängnis.

Aber nein, protestiert er, man muss doch Druck ausüben, Klage ankündigen, Frist setzen, Verzugszinsen und Anwaltskosten geltend machen. Vorsicht, meint der ausbildende Anwalt, in den USA nehmen Sie das Wort Druck gar nicht erst in den Mund. Denken Sie bei einer Mahnung an Amerikaner an Extortion, Blackmail und - bei Verbrauchern - an den Fair Debt Collections Practice Act.

Sie dürfen die außergerichtliche Forderung nicht so wie in Deutschland verfassen, selbst wenn Sie später einmal einen betrügerischen deutschen Auswanderer in den USA verfolgen sollten, der die freundliche Formulierung einer amerikanischen Mahnung völlig unterschätzt. Auch hier fängt der Fuchs den Hasen, doch Sprache und Methode sind ganz anders. Er mag Ihr Mahnschreiben ignorieren und erlebt eben später sein böses Erwachen. [Mahnung, Forderung, USA, Mahnschreiben, Verzug, Auswanderer, US-Anwalt]







CK
Rechtsanwalt u. Attorney Clemens Kochinke ist Gründer und Her­aus­ge­ber des German Ame­ri­can Law Journal in der Digitalfassung so­wie von Embassy Law. Er ist nach der Ausbildung in Deutschland, Mal­ta, Eng­land und USA Jurist, vormals Referent für Wirt­schafts­politik und IT-Auf­sichtsrat, seit 2014 zudem Managing Part­ner einer 75-jäh­ri­gen ame­ri­ka­nischen Kanzlei für Wirtschaftsrecht. Er erklärt deutsch-ame­ri­ka­ni­sche Rechts­fra­gen in Büchern und Fachzeitschriften.

2014 erschien sein Kapitel Vertragsverhandlung in den USA in Heus­sen/Pischel, Handbuch Vertragsverhandlung und Ver­trags­ma­na­ge­ment, und 2012 sein Buchbeitrag Business Nego­ti­ati­ons in Ger­ma­ny in New York, 2013 sein EBook Der ame­ri­ka­ni­sche Vertrag: Planen - Ver­han­deln - Schreiben.

Die meisten Mitverfasser sind seine hochqualifizierten, in das amerikanische Recht eingeführten Referendare und Praktikanten.